Vermögensverwaltung 2.0: Das 1x1 der Robo-Advisors - Rüdiger Götte - E-Book

Vermögensverwaltung 2.0: Das 1x1 der Robo-Advisors E-Book

Rüdiger Götte

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Beschreibung

Eine Theorie besagt, dass wir selbst das, was direkt vor unserer Nase passiert, nicht wahrnehmen, wenn sich in unserem Vokabular keine passenden Worte dafür finden. Rüdiger Götte stellt uns in seinem vorliegenden Buch das Vokabular bereit, damit wir die faszinierende Finanzinnovation der Robo-Advisors nicht nur wahrnehmen können, sondern sie auch gewinnbringend für uns nutzen können. Dazu führt er zunächst in die Grundlagen der Robo-Advisors ein – Funktionsweise, Sicherheit, genutzte ETFs etc. – und gibt uns alle nötigen Informationen zur Entscheidungsfindung, ob ein Investment über einen Robo-Advisor in der jeweiligen persönlichen Gesamtsituation sinnvoll ist oder nicht. Es schließt sich eine systematische Auswahlhilfe an, wie man den passenden Robo-Advisor für sich findet, ergänzt durch eine Übersicht der wichtigsten Robo-Advisor-Anbieter.

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Seitenzahl: 273

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ibidem Verlag, Stuttgart

Vorwort

Roboter können nicht nur Helfer im Haushalt und in der Industrie sein, sondern auch bei der Geldanlage. Das „neue“ Zauberwort in der Finanzwelt heißt Robo-Advisor (kurz Robo). Sie bringen einen großen Vorteil mit sich: Lästige Bankgänge können eingespart werden, denn die Beratung erfolgt bequem von zu Hause aus, PC, Smartphone oder Laptop genügen. Robo-Advisors sind – vereinfacht ausgedrückt – Computerprogramme, die mithilfe eines Algorithmus das Anlageprofil (oder Chance-Risiko-Profil) des Anlegers ermitteln und dazu passsende Anlagevorschläge machen. Dabei folgt der Robo-Advisor einem einfachen und standardisierten Muster. Zunächst wird der Kunde durch einem automatisierten Beratungsprozess geführt. Im Rahmen dieses Prozesses stellt der Robo-Advisor ausführliche Fragen zu Vermögen, Risikobereitschaft, Anlagezielen usw., ähnlich wie es ein menschlicher Bankberater tun würde.

Anhand der Antworten auf diese Fragen ermittelt der Robo-Advisor in Millisekunden das Anlageprofil des Anlegers. Er checkt nicht nur das Chance-Risiko-Profil, sondern ermittelt auch die passende Anlagestrategie und die Produkte zu ihrer Umsetzung. Die Anlagevorschläge werden in der Regel über börsengehandelte Fonds – ETFs – umgesetzt. Diese Fonds bilden einen bestimmten Index ab und sind günstiger als ein von Menschen verwalteter Fonds. Je nach Anbieter können auch Aktien, Anleihen, aktiv gemanagte Fonds, Rohstoffe oder Immobilien zum Einsatz kommen. Ist der Kunde mit dem Anlagevorschlag des Robo-Advisors einverstanden, schließt er einen Vertrag ab. Auf dieser Basis verwaltet der Robo-Advisor das Geld des Anlegers.

Robo-Advisors sind also digitale Vermögensverwalter. Sie können bereits bei einer Anlagesumme von wenigen Hundert Euro eingesetzt werden. Sie können damit auch Anlegern mit kleinem Geldbeutel Zugang zu einer professionellen Vermögensverwaltung, Kostenvorteile und ein hohes Maß an Transparenz bringen. So ist es kein Wunder, das manch einer in der automatisierten und digitalisierten Vermögensverwaltung die goldene Zukunft sieht. Aber ist dem auch so? Es ist das eine, im Internet Kleidung zu bestellen und dabei algorithmisierten Kombinationsvorschlägen zu folgen. Einer Maschine sein Vermögen anzuvertrauen ist eine völlig andere Sache. Das Aufsehen um die Robo-Advisors erinnert an die Anfänge der Investmentfondsindustrie vor rund 50 Jahren. Damals ging es darum, Privatanleger für eine meist aktienorientierte Geldanlage zu gewinnen. Heute gibt es in Deutschland mehr als 9.000 zum Vertrieb zugelassene Investmentfonds – eine Zahl, die für ihren Erfolg spricht. Robo-Advisors wird ein kräftiges zukünftiges Wachstum prognostiziert, weshalb sich nicht nur Start-ups auf das Thema stürzen. Auch immer mehr Banken arbeiten fieberhaft entweder an eigenen Robo-Advisors oder beteiligen sich an jungen Online-Vermögensverwaltungen.

Sind Robo-Advisors die bessere Alternative zum klassischen Vermögensberater alter Schule? Viele sagen: „Wohl kaum.“ Ihnen fehlt die Fantasie, um sich vorzustellen, dass hier eine ernst zu nehmende Konkurrenz für die klassische Vermögensbetreuung erwächst. Man möchte ihnen zurufen: „Das habt ihr auch gesagt, als die börsennotierten Indexfonds (ETF) das Licht der Welt erblickten. Heute verwalten diese Fonds Vermögen über Billionen Euro.“ Es ist also höchste Zeit, um sich die digitalen Vermögensverwalter einmal genauer anzuschauen: Wer sind sie? Was können sie? Welche Kosten sind mit ihnen verbunden? Wie werde ich Kunde? Wie finde ich den besten Robo für mich? Welche Anbieter haben Substanz? Dies sind Fragen, denen Sie sich stellen müssen, wenn Sie sich mit Robo-Advisors beschäftigen wollen – und dieses Buch wird Ihnen dabei helfen. Es ist ein Ratgeber, der Sie in die Welt der Robo-Advisors einführt. Erfahren Sie auf den nächsten Seiten, was es mit den Robo-Advisors auf sich hat!

 

Für die freundliche Unterstützung bei dieser Arbeit möchte ich Diplom-Ingenieur Hans-Jürgen Götte danken.

In diesem Buch wurden teilweise Bezeichnungen verwendet, die eingetragene Warenzeichen sind; diese unterliegen als solche den gesetzlichen Bestimmungen. Sämtliche Daten, Formeln und Ausführungen in dem vorliegenden Buch wurden mit größter Sorgfalt recherchiert und zusammengestellt. Dennoch können weder Verlag noch Autor sich für deren Richtigkeit verbürgen; jegliche Haftung seitens Verlages oder Autor für die Richtigkeit der in diesem Buch gemachten Angaben ist daher ausgeschlossen.

 

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Einleitung

2. Vorhang auf – Grundlagen, Daten & Fakten zu Robo-Advisors

2.1 Was ist ein Robo-Advisor?

2.2 Robo-Advisor: So geht's!

2.3 Sesam öffne dich! – Mindestanlage und Sparplan mit Robo-Advisors

2.4 Wie verwalten Robo-Advisors mein Geld?

2.4.1 Was ist Rebalancing?

2.4.2 Die Anlagestrategie der Robo-Advisors

2.4.3 Grundkurs ETFs

2.4.3.1 ETF-Namen entschlüsseln

2.4.3.2 Währungsrisiko

2.5 Robo ist nicht gleich Robo

2.5.1 Was leistet ein Robo-Advisor für mich? – Service-Stufen der Robos

2.5.2 Welche Lizenz hat mein Robo-Advisor? – Die rechtliche Einordnung

2.5.2.1 Wer haftet bei einer „falschen“ Beratung?

2.5.2.2 Die dunkle Seite der Robo-Advisors

2.6 Weniger Gebühren, mehr Rendite! Die Kosten der Robo-Advisors

2.7 Rendite aus der Maschine – die Performance der Robo-Advisors

2.7.1 Der schwarze Schwan – wie verhalten sich Robo-Advisors in Krisenzeiten?

2.8 Blackbox? Robo-Advisors während der Anlage

2.9 Kündigung – das Ende

2.10 Schutz und Sicherheit des Geldes: Wer hat Zugriff auf das bei Robo-Advisors hinterlegte Geld?

2.11 Für wen eignet sich die Anlage in Robo-Advisors?

2.12 Blick in die Kristallkugel – wie werden sich Robo-Advisors in Zukunft entwickeln?

2.13 Die Gretchenfrage: Robo-Advisor, ja oder nein?

3. Wie finde ich den richtigen Robo-Advisor für mich?

3.1 Was Sie bei der Auswahl eines Robo-Advisors unbedingt beachten sollten

3.1.1 Robo-Advisors im Test

3.2 Vergleichsportale: Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen?

3.3 Kunde werden – die Roadmap

4. Steckbriefe einiger Robo-Advisors

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Natürlich macht die Digitalisierung des Lebens auch vor der Finanzbranche nicht halt. Sie verändert zurzeit auf vielen Ebenen – Kommunikation mit den Kunden (immer mehr geht über das Internet) oder den Zahlungsverkehr (z. B. Online-Konten) – das traditionelle Geschäft der Banken. Eine der spannendsten Entwicklungen auf diesem Gebiet sind sicherlich die Robo-Advisors, also die digitale Vermögensverwaltung. Dabei handelt es sich um eine umfassende, transparente Vermögensverwaltung für den kleinen Geldbeutel.

So unterschiedlich wie die Robo-Advisor-Anbieter sind, so verschieden sind auch das Angebot, die Kosten, der Service, die Mindestanlagesummen und die Sicherheit. Zudem gibt es auch große Unterschiede bei den angebotenen Anlagestrategien. Damit Sie sich im Dschungel der Robo-Advisors nicht verirren, habe ich dieses Buch geschrieben. Denn ich bin davon überzeugt, dass Robo-Advisors gekommen sind, um zu bleiben – und sie werden sich ein kräftiges Stück vom Anlagekuchen nehmen!

Wie bei jeder Geldanlage gilt auch hier: Wer einen Robo-Advisor nutzen möchte, muss sich vorab intensiv damit beschäftigen, um ihn zu verstehen. Ansonsten droht ein Debakel. Im ersten Teil des Buches wird erklärt, was hinter Robo-Advisors steht. Sie werden erkennen, dass Robo-Advisors Geldanlagen nach Lehrbuch betreiben. Das bedeutet unter anderem, dass sie die Kundengelder breit streuen. Mit den Informationen dieses Kapitels können Sie entscheiden, ob ein Investment mit Robo-Advisors für Sie infrage kommt. Und dann stehen Sie vor der Frage, wie Sie den passenden Robo-Advisor finden. Anhand eines praktischen Beispiels zeige ich auf, wie Sie aus den mittlerweile 30 verschiedenen Robo-Advisors den richtigen für sich auswählen. Anschließend erkläre ich, wie Sie ein Konto mit einem Robo-Advisor eröffnen, wie Sie also Kunde werden. Das Buch schließt mit einer kurzen Vorstellung der wichtigsten Robo-Advisors am Markt ab. Mit diesen Informationen sind Sie gut gerüstet, um den für Sie geeigneten Robo-Advisor zu finden.

2. Vorhang auf – Grundlagen, Daten & Fakten zu Robo-Advisors

Roboter sind Stars zahlreicher Hollywood-Blockbuster, sei es als liebenswürdiger Druide in Star Wars oder als verliebte Müllpressmaschine WALL-E in einem Pixarfilm. Nun schicken sich Roboter an, die Finanzwelt auf den Kopf zu stellen. Sie übernehmen immer mehr Funktionen, die früher durch Menschen ausgeführt wurden. Einige glühende Anhänger der Roboter gehen sogar so weit zu sagen: Roboter demokratisieren die Geldanlage, weil durch sie auch Kleinanleger Anlagen tätigen können, die zuvor nur Großanlegern offenstanden. Einige gehen sogar noch ein Stück weiter und sagen: Robo-Advisor entzaubern die Anlageberatung, weil sie zeigen, dass das eigentlich eine sehr simple Angelegenheit ist. So ist es nicht verwunderlich, dass die Wachstumsraten der Robo-Advisors in den letzten Jahren enorm waren und immer wieder neue Anbieter auf den Markt drängen. Denn Robos betreiben eine kostengünstige Geldanlage nach Lehrbuch1. Das heißt, dass sie die Kundengelder sehr breit und nach einem nach den Bedürfnissen des Anlegers zugeschnittenen Risikoprofil investieren.

Auf den folgenden Seiten werden Sie lernen:

Was ist ein Robo-Advisor?

Robo-Advisor: So läuft es ab!

Wie verwalten Robo-Advisors mein Geld?

Ist mein Geld bei Robo-Advisors in sicheren Händen?

Aus dieser kleinen Aufzählung erkennen Sie vielleicht schon die Intention dieses Kapitels: Ich möchte Ihnen alle Informationen an die Hand geben, die Sie benötigen, um sich entscheiden zu können, ob ein Robo-Advisor zu Ihnen passt – oder eben nicht.

2.1 Was ist ein Robo-Advisor?

In den Augen vieler Menschen ist das Thema Geldanlage kompliziert und langweilig. Denn sonst würden sie das Ersparte nicht bei einer Nullverzinsung auf dem Sparkonto oder einfach auf dem Gehaltskonto liegen lassen. Genau an diese Menschen richten Robo-Advisors ihr Angebot: Geldanlage soll Spaß machen, wenig kosten, auf die individuellen Bedürfnisse eingehen und natürlich ganz einfach vom Sofa aus möglich sein. Robo-Advisors (kurz Robo) sind digitale Geldberater. Dabei steht „Robo“ für die maschinelle Automation und „Advisor“ für die Anlageberatung. Allerdings ist ein Robo-Advisor keine Maschine in Beratergestalt, sondern vielmehr eine Software-Applikation (Computerprogramm) und darauf ausgelegt, Geld zu verwalten. Viele Menschen, die Robo-Advisors zum ersten Mal nutzen, staunen darüber, was mit ihnen alles möglich ist. Folgender Vergleich bringt es auf den Punkt: Die Vermögensverwaltung von Banken gleicht den gezeichneten Plänen eines Hauses. Robo-Advisors hingegen bieten von diesen Plänen ein 3-D-Modell an, welches man begehen kann.

Der erste Schritt zur Nutzung eines Robo-Advisors ist die Vorstellung. Der Robo-Advisor fragt nach der Anlagesumme, der gewünschten Anlagedauer und dem Ziel bzw. Zweck der Anlage. Anschließend möchte er wissen, welches Risiko der Kunde einzugehen bereit ist. Seine Neugier ist danach aber noch nicht gestillt. Er erkundigt sich nach dem Vermögen, nach Krediten, der Einkommenssituation, finanziellen Kenntnissen und bisherigen Erfahrungen mit Geldanlagen. Vielleicht werden Sie von den detaillierten Fragen abgeschreckt. Aber es steckt ein Grund dahinter: Der Robo-Advisor muss Sie als potentiellen Kunden kennenlernen, um Ihnen dann die richtigen Empfehlungen geben zu können. Mit den Informationen erstellt der Robo-Advisor einen Anlagevorschlag. Hierbei handelt es sich zumeist um breit gestreute Portfolios, die überwiegend aus ETFs bestehen. ETF ist die Abkürzung für Exchange Traded Funds, also für börsennotierte Indexfonds. Sie bilden passiv einen bestimmten Index ab.

Ist der Kunde mit dem Anlagevorschlag einverstanden, schließt er einen Vermögensverwaltungsvertrag ab. Von nun an verwaltet der Robo-Advisor das Depot des Kunden. Zunächst legt er das Kundengeld so an, wie er es dem Kunden vorgeschlagen hat. Wenn sich die ursprünglichen Gewichte der einzelnen Bausteine (Aktien, Anleihen) durch Kursänderungen an den Finanzmärkten verschieben, stellt er anhand klarer Regeln die Anfangsgewichtung (z. B. zwischen Aktien und Anleihen) wieder her. Dies wird als Rebalancing bezeichnet. Manche Robo-Advisor tauschen abhängig von der Marktentwicklung gar Fonds aus oder verändern die ursprüngliche Gewichtung der einzelnen Bausteine im Kundendepot. Ziel dieser Maßnahmen ist es, das Risiko im Kundendepot konstant zu halten. Klingt vielversprechend? Stimmt, aber auch hier gilt:

Man darf bei der Geldanlage kein Träumer sein, sonst geht’s schief.

Also, Augen auf! Ich möchte gleich mit einem Missverständnis aufräumen: Viele meinen, dass es sich bei Robo-Advisors um eine Art künstlicher Intelligenz (Abk. KI)2 handelt. Die am Markt vorhandenen Robo-Advisors haben damit (noch) nichts zu tun. Sie sind also nicht in der Lage, selbstständig zu lernen, und können somit auch nicht aus „Gelerntem“ selbstständig Rückschlüsse ziehen und Entscheidungen treffen. Hierzu bedarf es immer noch des Eingreifens des Menschen.

Darum sagen Kritiker: Bisher setzen die meisten Robo-Advisor-Anbieter nur auf lange bekannte Algorithmen zur Auswahl von ETFs und bauen eine kundenfreundliche Nutzeroberfläche – und dann nennen sie dies, weil es hip klingt, Robo-Advisor. Dabei handelt es sich aber nur um ein hübsch verpacktes, mathematisches Produkt. Dem halten die Befürworter ein Gleichnis aus der Vergangenheit entgegen. Vor ein paar hundert Jahren war die Muskatnuss so teuer, dass die Pflücker Hosen ohne Taschen tragen mussten, damit sie das teure Gewürz nicht stehlen konnten. Nur Privilegierte konnten sich das Gewürz leisten. Heute dagegen sind Muskatnüsse quasi für jedermann erschwinglich. So etwas ähnliches könnte auch durch Robo-Advisors passieren, weil diese die Vermögensverwaltung für kleine Geldbeutel möglich machen. Schließlich findet man mithilfe eines Robo-Advisors schnell und einfach mit nur wenigen Mausklicks eine auf die Bedürfnisse des Anlegers abgestimmte Auswahl an Wertpapieren. Sie bieten einen einfachen Einstieg in die Geldanlage.

Die Welt ist nicht schwarz oder weiß. Ich bin davon überzeugt, dass es auch bei der Geldanlage kein „Entweder-Oder“ gibt, sondern ein „Sowohl-Als-Auch“. So werden Robo-Advisors am Markt bestehen bleiben.

2.2 Robo-Advisor: So geht's!

Ein deutsches Sprichwort sagt: „Wer eine Leiter hinaufsteigen will, muss mit der untersten Sprosse anfangen.“ Was ist also der Startpunkt, die unterste Sprosse? Zunächst sollten wir uns mit dem Begriff Vermögensverwaltung auseinandersetzen, weil es sich bei Robo-Advisors um digitale Vermögensverwaltung handelt.

Bei der klassischen Vermögensverwaltung (auch Finanzportfolioverwaltung oder Asset-Management genannt)trifft ein Portfoliomanager (oder Vermögensverwalter) Anlageentscheidungen für das Vermögen des Kunden. Der Portfoliomanager kann dabei natürlich nicht willkürlich handeln. Er ist an einen Rahmen gebunden: die Anlagestrategie

Als Anlagestrategie werden die Vorgaben bezeichnet, nach denen ein Vermögensverwalter seine Investmententscheidungen trifft, d. h. das Geld des Anlegers verwaltet. Die Anlagestrategie des Kunden gibt beispielsweise Maximalgrößen für Aktien- oder Anleihequoten vor. Dementsprechend ist der Vermögensverwalter zu Beginn verpflichtet, Informationen über die persönlichen und finanziellen Verhältnisse, Kenntnisse und Erfahrungen mit Wertpapiergeschäften sowie über die Anlageziele einzuholen, um mit dem Kunden zusammen eine Anlagestrategie zu erarbeiten.

Zudem ist im Rahmen der Geeignetheitsprüfung festzustellen, ob die strategische Ausrichtung der Vermögensverwaltung mit der Anlagestrategie des Kunden vereinbar ist, ob die gewählte Anlagestrategie und die damit verbundenen Anlagerisiken für den Kunden finanziell tragbar sind und ob er mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen die Chancen und Risiken der Anlagestrategie verstehen kann. Das für Sie vielleicht Überraschende: Diese Analyse ist schon im Hintergrund passiert. Denn zur Feststellung der Geeignetheit dienen dem Vermögensverwalter die oben genannten Angaben des Kunden zu dessen Anlageziel, Anlagehorizont, Risikoneigung, Alter, Einkommen, Vermögen usw.

Ist die Hürde Geeignetheitsprüfung genommen, geht es an die konkrete Abwicklung der Vermögensverwaltung. Hierzu eröffnet der Kunde ein Wertpapierdepot bei einer Bank und gibt dem Vermögensverwalter eine Vollmacht für das Depot, auf Grundlage derer dieser Käufe und Verkäufe für den Kunden entsprechend der zuvor festgelegten Anlagerichtlinien tätigen kann. Fortan kümmert sich also der Vermögensverwalter um das Geld des Kunden. Dabei wendet er folgende allgemeine Grundsätze an:

Hoch diversifiziertes Portfolio: Der Portfoliomanager investiert das Kundengeld in viele verschiedene Anlageklassen. Die Auswahl der Anlageklassen erfolgt dabei nicht durch den Kunden, sondern durch den Vermögensverwalter.

Laufende Portfolioanpassung: Das Portfolio, das heißt die Aufteilung des Vermögens, wird laufend an die Marktsituation angepasst.

Passende Anlagestrategie: Da die Risikoneigung unterschiedlich ist, werden auch die Strategien auf die persönlichen Anlagewünsche des Kunden abgestimmt.

Regelmäßige Berichte: Der Vermögensverwalter ist verpflichtet, den Kunden regelmäßig über die Entwicklung seiner Geldanlage zu informieren.

Kann ein Robo-Advisor dies auch leisten? Dieser Frage gehen wir jetzt nach und sehen uns dazu die Funktionsweise eines Robo-Advisors an.

Abb. 1: Funktionsweise eines Robo-Advisors

Vermögensanlage ist im Kern Vertrauenssache. Um Vertrauen aufzubauen, muss man sich kennenlernen. Deshalb muss der Robo-Advisor, wie ein seriöser Arzt, zunächst eine Anamnese durchführen und erkennen, wen er vor sich hat. Jede gute Vermögensverwaltung beginnt mit Fragen und Zuhören. Denn nicht jede Kapitalanlage ist für jeden Anleger geeignet. Deswegen versucht der Robo-Advisor, ein individuelles Anlegerprofil zu erstellen. Zum Anlegerprofil gehören Anlageziel, Anlagehorizont, Risikoneigung, Alter, Einkommen, vorhandenes Vermögen und Verbindlichkeiten sowie die Erfahrungen und Kenntnisse am und über den Kapitalmarkt. Aus diesen Daten lässt sich u. a. die Risikotragfähigkeit abschätzen, ein wesentliches Element des Anlegerprofils.

Um das Anlegerprofil zu ermitteln, stellt der Robo-Advisor ähnliche Fragen, wie es ein Bankberater im Rahmen einer Vermögensverwaltung tun würde. Damit nichts vergessen wird, arbeitet der Robo-Advisor wie ein Pilot vor dem Start und der Landung eine Checkliste mit Fragen ab. Beispielsweise stellt er folgende Fragen:

Wie lange soll das Geld angelegt werden?

Welches Ziel verfolgen Sie mit Ihrer Anlage?

Welchen Anlagehorizont haben Sie?

Wie sieht es mit der persönlichen Risikoneigung aus?

Wie sieht es mit Ihren Vermögensverhältnissen aus?

Welche Wertpapiererfahrungen haben Sie?

In welchen Anlagen haben Sie Kenntnisse erworben bzw. schon gehandelt?

Wie hoch ist Ihr frei verfügbares Einkommen?

Die Beantwortung dieser Fragen ist ein kniffliger Punkt. Vor allem die Ermittlung der Risikobereitschaft des Kunden bereitet oftmals Schwierigkeiten. Der Aufwand, mit dem Robo-Advisors versuchen, das individuelle Risikoprofil der Kunden herauszufinden, unterscheidet sich gewaltig. Die größte Mühe gibt sich Investify. Dort bekommen Anleger in spe 24 Fragen gestellt. ROBIN und quirion fallen jeweils nur drei Fragen ein, um eine Vorstellung von der Risikoneigung ihres Kunden zu bekommen. Andere Robo-Advisors nutzen Kategorien wie mäßig oder stark risikobereit. Weitere stellen konkrete Fragen, etwa: Wie würden Sie reagieren, wenn die Märkte um 10 % nachgeben? Das Problem: Abhängig davon, wie der Kunde über Renditen und Risiken befragt wird, gibt er seine Antworten. So zeigen viele Versuche, dass viele Anleger ihre ursprünglichen Angaben zur eigenen Risikofähigkeit überarbeiten, wenn ihnen hohe Renditen in Aussicht gestellt werden. So werden Anleger dazu verleitet, ein höheres Risiko einzugehen als sie tatsächlich zu tragen bereit sind3. Denn jede Anlagestrategie ist ziemlich schnell zum Scheitern verurteilt, wenn der Anleger nicht mehr gut schlafen kann, sobald sein Depot um einen gewissen Prozentsatz schwankt. Robo-Advisors können nicht wie ihre menschlichen Kollegen durch gezielte Nachfragen die wirkliche Risikobereitschaft des Anlegers herauskitzeln. Um dieses Problem zu entschärfen, bemühen sich Robo-Advisors nicht nur, auf mögliche hohe Renditen aufmerksam zu machen, sondern versuchen auch, die damit einhergehenden Risiken zu verdeutlichen. Aber auch der Anleger kann selbst dazu beitragen, dass er nicht in diese Falle tappt, indem er sich an folgende Regel hält: 100 minus Lebensalter sollte der Anteil risikobehafteter Anlagen (wie Aktien) sein. Ein Sechzigjähriger sollte also maximal einen 40 %tigen Aktienanteil in seinem Portfolio haben. Anleger sollten die Fragen zum Risiko mit Bedacht beantworten und gegebenenfalls ein niedrigeres Risiko angeben als sie wirklich zu tragen bereit sind. Die Risikobereitschaft bestimmt nämlich die Aufteilung in Aktien und Anleihen des Depots und die Anlagestrategie des Robo-Advisors. Je geringer das gewünschte Risiko, desto mehr investiert der Robo-Advisor in Anleihen. Hat der Anleger eine hohe Risikoneigung angegeben, wird vermehrt in Aktien investiert. Je höher die Anlagedauer, umso mehr Aktien mischen die Robo-Advisor dem Portfolio zu, weil Aktien auf lange Sicht bei einem vertretbaren Risiko deutlich mehr Rendite versprechen.

Natürlich wertet der Robo-Advisor nicht nur die Fragen zum Risiko aus, sondern auch alle anderen gestellten Fragen, z. B. zu Wertpapiererfahrungen. Aus allen Antworten erstellt der Robo-Advisor das Anlageprofil (Chance-Risiko-Profil) des Kunden. Dieser Prozess ist das Herzstück der Robo-Advisors. Denn ein ausgeklügelter Algorithmus checkt nicht nur das Anlageprofil des Kunden, sondern errechnet in wenigen Millisekunden auch die passende Anlagestrategie mit entsprechenden Produkten – und zwar auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Ein Algorithmus ist kein Hexenwerk. Hinter dem Wort „Algorithmus“ steht folgendes simples Muster: Wenn dieses oder jenes passiert, dann musst du dieses oder jenes tun.

 

Was ist ein Algorithmus?

Viele merken es nicht, aber Algorithmen begegnen uns täglich, sowohl auf der Arbeit als auch in der Freizeit. Die Einsatzgebiete von Algorithmen sind sehr vielfältig: Im Navigationssystem zeigen sie uns den kürzesten Weg, kontrollieren unseren Satzbau in Textverarbeitungsprogrammen oder empfehlen uns einen passenden Partner beim Online-Dating.

Im Allgemeinen versteht man unter einem Algorithmus eine eindeutige Handlungsvorschrift, die Schritt für Schritt ausgeführt werden muss, um ein Problem zu lösen bzw. eine Aufgabe zu bewältigen. Mit anderen Worten: Ein Algorithmus ist eine Handlungsanweisung, quasi ein Rezept, um ein bestimmtes Problem zu lösen. Dabei wird häufig eine „Wenn-Dann-Formel“ verwendet: „Wenn“ eine bestimmte Eingabe erfolgt, „dann“ wird eine bestimmte Handlung bzw. Vorgehensweise ausgelöst. Beispielsweise bilden die in einem Kochrezept aufeinander folgenden Handlungsanweisungen zur Zubereitung einer Mahlzeit in ihrer Gesamtheit einen Algorithmus.

Mit der Berechnung des Body-Mass-Index (BMI) lässt sich die genaue Vorgehensweise eines Algorithmus leicht veranschaulichen. Um den BMI auszurechnen, wird Folgendes benötigt:

Eingabe (Anfangszustand): Gewicht und Körpergröße

Der Algorithmus errechnet mittels der Formel den Body-Mass-Index.

Ausgabe (Endzustand): berechneter BMI

Aus dem Beispiel sind folgende Eigenschaften eines Algorithmus ableitbar:

Eindeutigkeit: Der Algorithmus muss eindeutig beschrieben sein.

Ausführbarkeit: Jeder Einzelschritt des Algorithmus muss ausführbar sein.

Endlichkeit: Die Beschreibung des Algorithmus muss endlich sein. Der Algorithmus muss also irgendwann fertig werden.

Terminierung: Der Algorithmus muss nach endlich vielen Schritten enden und ein Ergebnis liefern.

Determiniertheit: Der Algorithmus muss bei gleichen Eingaben stets das gleiche Ergebnis liefern.

Determinismus: Zu jedem Zeitpunkt der Ausführung eines Algorithmus, muss der nächste Rechenschritt klar vorgegeben sein. Das heißt, nach Abschluss eines einzelnen Schrittes muss immer klar sein, welches der nächste Schritt ist.

Zeit ist ein kostbares Gut. Deshalb führt der Algorithmus im Stillen die Geeignetheitsprüfung durch. Hierzu nutzt er den gewonnenen Datenschatz aus den gestellten Fragen. Er überprüft, ob die vorgeschlagene Anlagestrategie und die damit verbundenen Anlagerisiken für den Kunden finanziell tragbar sind und ob er mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen die Chancen und Risiken der Anlagestrategie verstehen kann. Der Robo-Advisor checkt natürlich im Rahmen der Geeignetheitsprüfung noch mehr ab, u. a.:

Passen die empfohlenen Anlageprodukte (z. B. Auswahl der ETFs) zu den Anlagezielen des Kunden?

Deckt sich das Risiko der Anlage mit der Risikobereitschaft des Kunden?

Erfüllt die Anlagestrategie den gewünschten Zweck? Möchte der Kunde z. B. für den Ruhestand vorsorgen oder soll das eingesetzte Kapital schnell wieder verfügbar sein?

Passt die Anlagestrategie zu den sonstigen Angaben des Kunden?

Besteht der Kunde die Geeignetheitsprüfung, geht es weiter. Besteht der Kunde nicht, bricht der Robo-Advisor ab, der Kunde kann ihn also nicht weiter nutzen.

Henry Ford erklärte einmal: „Der größte Feind der Qualität ist die Eile.“ Schenken wir den Algorithmen also noch etwas mehr Beachtung. Sie sind schließlich die DNA der Robo-Advisors. Das ist allerdings nicht ganz einfach, denn Robo-Advisors lassen sich nicht in die Karten schauen. Die Algorithmen werden genauso behütet wie die geheime Coca-Cola-Rezeptur. Aber bei der genaueren Analyse lässt sich dennoch Erstaunliches entdecken. Die Handlungsvorschrift für die meisten Algorithmen besteht aus fest vorgegebenen Regeln, die – einmal implementiert – bei den gleichen Eingaben immer wieder zu den exakt gleichen Ausgaben führen.

Um den Algorithmen auf die Spur zu kommen, muss man das Pferd von hinten aufzäumen. Nehmen wir dazu an, wir möchten einen Robo-Advisor selbst bauen. Zunächst erstellen wir Musterportfolios4, die jeweils unterschiedliche Risikoneigungen haben, von hoch (hoher Aktienanteil) bis niedrig (hoher Anleiheanteil). Um nicht unendlich viele Portfolios zu erstellen, orientieren wir uns an der gängigen Risikoneigung der Anleger. Je nach wissenschaftlicher Studie kann man schon mit drei unterschiedlichen Portfolios die Risikoneigung fast aller Anleger mehr oder minder genau abbilden. Um nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen – mit den Portfolios –, kreieren wir noch eine Anlagestrategie, die wir über die Musterportfolios stülpen. Sie soll die Intention der Portfolios kurz und knackig beschreiben – hauptsächlich aus Marketinggründen, um Anlegern die Ausrichtung der Portfolios schnell nahezubringen. Die Strategien werden z. B. chancen- oder sicherheitsorientiert genannt. Im letzten Schritt müssen wir uns die Fragen, welche wir den potenziellen Kunden stellen wollen, ausdenken. Mit diesen Fragen ermitteln wir den Kenntnisstand und die Erfahrungen mit Wertpapieren, die finanzielle Situation, die persönliche Risikobereitschaft usw. des potenziellen Kunden. Die Fragen werden so gestellt bzw. konzipiert, dass die Antworten zielgerichtet auf eine Anlagestrategie führen. Hierdurch ist es möglich, einen Algorithmus einzusetzen. Er wird so definiert: „Wenn Fragen 1, 2, 3 mit X beantwortet worden sind, dann wähle die Anlagestrategie Y aus.“ Im nächsten Schritt wird dem potenziellen Kunden eines der vorher festgelegten Musterportfolios zugeordnet. Hierzu greift uns wiederum der Algorithmus unter die Arme: „Wenn Anlagestrategie Y, dann wähle Portfolio Z aus.“

Dieses Beispiel ist zwar stark vereinfacht, zeigt aber den generellen Aufbau eines Robo-Advisors. Die Robo-Advisors bieten Anlegern vorgefertigte Musterportfolios (und keine individuellen Portfolios), die auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse konzipiert wurden, an. Welches Portfolio für den Anleger davon infrage kommt, wird anhand des Fragebogens ermittelt. Dies bezeichnet man auch mit dem englischen Satz „matching people with portfolios“. Dieses Vorgehen der Robo-Advisors greift auf ein altbewährtes Konzept zurück, beispielsweise hält die Modeindustrie für ihre Kunden auch nur bestimmte Konfektionsgrößen parat. Diese passen vielen Leuten relativ gut, aber sie passen nicht perfekt. So ähnlich ist es mit den Musterportfolios der Robo-Advisors.

Die Unterschiede zwischen den Musterportfolios der verschiedenen Robo-Advisors sind beachtlich. Sie reichen von schlicht bis ausgetüftelt. Beispielsweise bietet der Robo-Advisor fintego fünf Portfolios mit unterschiedlichen Risikoprofilen an. Dagegen wirft der Robo-Advisor Ginmon zehn Portfolios mit unterschiedlichen Risikoprofilen ins Rennen (Stand 13.01.2021)5. Jeder Robo-Advisor bedient seine Kunden anders6.

Man könnte jetzt meinen: Je größer die Anzahl der hinterlegten Portfolios ist, desto genauer können die Anbieter das Portfolio auf den Anleger bzw. Kunden abstimmen. Das muss aber nicht zwingend besser als eine einfache Lösung mit wenigen Portfolios sein. Es ist wie bei den Schuhherstellern: Es gibt große Marken, die nur ganzzahlige Schuhgrößen (wie 40, 41, …) anbieten, andere bieten auch halbe Größen (wie 40,5, 41, 41,5 …) an und wiederum andere sogar drittel Größen (wie 40 1/3; 40 2/3; 41 …). Welcher Schuh Ihnen am besten passt, hängt vom Schnitt des Schuhs ab und nicht von der Anzahl der Schuhgrößen.

Vielleicht rümpft der eine oder andere von Ihnen jetzt die Nase, weil die Robo-Advisors Musterportfolios einsetzen. Hier ist jetzt eine neue Art des Denkens gefragt. Wie wir später noch sehen werden, kaufen die Robo-Advisor diese Musterportfolios nach und packen die enthaltenen Wertpapiere in ein Depot, das dem Anleger gehört. Somit verwaltet der Robo-Advisor strenggenommen nur das Musterportfolio und überträgt die Änderungen auf die Depots der Kunden, welche das gleiche Musterportfolio gewählt haben. So können die Robo-Advisors ihre Dienste deutlich günstiger anbieten als herkömmliche Vermögensverwalter.

Um die Kosten noch weiter zu drücken, werden die Musterportfolios mit ETFs (s. S. here ff.) bestückt. Dabei bilden die ETFs Aktienlisten nach, sogenannte Indizes wie den DAX, S&P 500 oder den Weltaktienindex MSCI World. Somit ermöglichen ETFs dem Robo-Advisor, mit einem Wertpapier kostengünstig in ganze Märkte zu investieren, also eine breit diversifizierte Anlage. Mit einem ETF erzielt der Robo-Advisor genau so viel Rendite wie die breite Masse der Aktieninvestoren, d. h. wie der Index, den der ETF abbildet. ETFs können – wie eine Aktie – jederzeit an der Börse gehandelt werden. Da das Prinzip der ETF sehr einfach ist, braucht es keine teure Fondsverwaltung. Deshalb fallen nur geringe Gebühren für die Verwaltung von ca. 0,3 % p.a. (per annum, pro Jahr) an, wobei die günstigsten ETFs schon ab 0,03 % p.a. zu haben sind. Diese Fondskosten (Verwaltungsgebühr) werden nach der Ermittlung vom Fondsanbieter direkt aus dem Fondsvermögen des ETFs entnommen.

Es ist wichtig, an dieser Stelle zu erwähnen, dass ein Robo-Advisor kein autonom handelnder Roboter ist. Er ist lediglich ein webbasiertes Beratungsinstrument. Hinter jedem Robo-Advisor stehen Menschen aus Fleisch und Blut, welche z. B. die Musterportfolios entwerfen. Ebenfalls ist der Algorithmus, nach dem ein Robo-Advisor handelt, von Menschenhand programmiert.

Leonardo da Vinci sagte einmal: „Die Zeit verweilt lange genug für denjenigen, der sie nutzen will.“ Also lassen Sie uns die Zeit nutzen und den nächsten Schritt tun. Jetzt ist nämlich der Zeitpunkt gekommen, an dem der Robo-Advisor dem Kunden den Anlagevorschlag bzw. die -strategie mitteilt – natürlich in einer entsprechend aufbereiteten Form. Dazu dienen eine Allokations-Grafik, Simulationen einer erwarteten zukünftigen Wertentwicklung usw. Der Anlagevorschlag enthält aber noch mehr, nämlich eine strategische Asset-Allokation, d. h. eine geeignete Auswahl an Anlageklassen (z. B. Aktien oder Anleihen) und deren Gewichtung zueinander, mit denen der Anleger seine Ziele erreichen kann. Dies bleibt aber nicht auf einer theoretischen Stufe stehen, also z. B. „Investiere 50 % deines Anlagekapitals in Renten, 30 % in Immobilien und 20 % in Aktien“. Nein! Der Robo-Advisor geht noch ein Stückchen weiter7. Er empfiehlt auch gleich die passenden Produkte, also ETF XY, mit denen sein Vorschlag umgesetzt werden kann.

Die meisten Robo-Advisor-Anbieter setzen bei ihrer Produktauswahl bewusst nur auf ETFs, um die einzelnen Anlageklassen möglichst risikodiversifiziert abzubilden und die Fondskosten niedrig zu halten, sodass sie trotz ihrer zusätzlichen Vergütungsgebühr noch relativ günstig sind. Natürlich haben die Robo-Advisors deutlich höhere Kosten als ein reines ETF-Portfolio, aber meistens sind sie deutlich günstiger als die klassische Vermögensverwaltung durch eine Bank bzw. aktiv gemanagte Fonds.

Der Anleger sollte den Anlagevorschlag und dessen Umsetzung mit einem Portfolio bestehend aus ETFs oder Fonds genaustens studieren. Das ist ein weiterer Grund, warum Anleger ein gewisses Grundwissen mitbringen sollten, wenn sie Robo-Advisors nutzen. Denn sie sollten den Anlagevorschlag wirklich verstehen können. Viele Robo-Advisors bieten dem Anleger im Rahmen der grafischen Simulation des Anlagevorschlages die Möglichkeit, verschiedene Punkte individuell zu kalibrieren. So kann sich der Anleger beispielsweise für mehr oder weniger Risiko entscheiden, d.h. weitere Anlageklassen (z. B. Aktien, Renten, Rohstoffe usw.) hinzunehmen oder abwählen. Oder er kann die Gewichtung der Anlageklassen zueinander ändern und Anlageinstrumente – also bestimmte ETFs – nach eigenem Geschmack austauschen, um die für ihn optimale Aufstellung zu finden. Der Robo-Advisor unterstützt den Anleger in dieser Findungsphase. So können die Anleger mit nutzerfreundlichen Vergleichstools verschiedene Szenarien durchspielen und mögliche Auswirkungen der Veränderung der Depotzusammensetzung in Echtzeit simulieren. Wie Architekten mittels Software einen Hausbau simulieren und das Aussehen des Hauses in jedem Stadium darstellen können, können sich die Anleger über die Online-Applikation realistisch über die künftigen Folgen ihres Tuns ins Bild setzen. Ebenfalls leuchten Warnhinweise auf, wenn die neue Zusammenstellung nicht mehr dem eingangs ermittelten Anlegerprofil entspricht, und erst nach expliziter Genehmigung des Anlegers ordnet der Robo-Advisor dem Anleger das für den angepassten Anlagevorschlag notwendige neue Risikoprofil zu.

Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass sich der Kunde visuell mit den Unterschieden zwischen verschiedenen Anlagevorschlägen auseinandersetzen muss und so seine individuellen Präferenzen finden kann. Der Anleger darf aber niemals das Risiko aus den Augen verlieren. Dies geschieht leicht, weil er am Computerbildschirm nur eine Simulation vor Augen hat. Diese kann einen starken Kursrutsch nicht vorhersehen und so unter Umständen den Anleger dazu verleiten, mehr Risiko einzugehen als er gemäß seines Anlagezieles oder -horizontes aushalten kann.

Natürlich ist es für den Kunden bei automatisierten Robo-Advisors schwierig, Verständnisprobleme zum Anlagevorschlag zu äußern und Nachfragen zu stellen. Um dieses Problem etwas zu entschärfen, bieten viele Robo-Advisors eine „persönliche Beratung“ über Video-Chat oder Telefon an. Hat der Anleger sein Portfolio nach seinen Wünschen und im Rahmen seines Risikoprofils ermittelt, muss er nur noch den Kauf-Button drücken und der Robo-Advisor übernimmt fortan die Verwaltung seines Vermögens. Der Anleger erteilt dem Robo-Advisor damit das Mandat, die vom ihm ausgewählte Anlagestrategie für ihn umzusetzen. Der Anleger muss allerdings noch eine „Hürde“ überwinden, bevor er sich zurücklehnen und den Robo-Advisor für sich arbeiten lassen kann. Diese „Hürde“, welche der Robo-Advisor dem Kunden nicht abnehmen kann, ist die Eröffnung eines Depots und Verrechnungskonto (oder Depotverrechnungskonto genannt)8 bei der jeweiligen Partnerbank. Wie bei jeder Kontoeröffnung ist hierzu eine Identifizierung via Postident-Verfahren oder Videochat nötig. Robo-Advisors stellen in der Regel alle Unterlagen, die dafür erforderlich sind, im Zuge der Anmeldung online. Außerdem muss der Anleger ein Referenzkonto9 festlegen. Das ist meist das Girokonto.

Abb. 2: Geldfluss zwischen Robo-Advisor und Anleger

Zur weiteren Sicherheit wird das Depot bei der Partnerbank des Robo-Advisor-Anbieters geführt. Das Geld liegt also nicht bei „irgendeinem“, vielleicht noch unbekannten Robo-Advisor-Anbieter, sondern bei einer deutschen, lizenzierten Bank. Der Robo-Advisor-Anbieter hat zudem auch zu keinem Zeitpunkt Zugriff auf das Geld des Kunden, d. h. der Robo-Advisor kann der Bank nur Anweisungen geben, um Umschichtungen des Depots durchzuführen. Denn nur die Bank ist berechtigt, Käufe und Verkäufe im Depot des Anlegers vorzunehmen – natürlich auf Weisung des Robo-Advisors. Alle daraus resultierenden Verkaufserlöse werden auf das Verrechnungskonto eingezahlt. Prinzipiell gehen alle Verkaufserlöse des Portfolios und Einzahlungen des Anlegers zunächst auf das Verrechnungskonto10. Auf diesem Konto „wartet“ das Geld so lange, bis der Robo-Advisor es investiert oder der Kunde eine Auszahlung auf sein Referenzkonto veranlasst. Auszahlungen vom Verrechnungskonto gehen ausschließlich auf das Referenzkonto des Anlegers.

Im Normalfall liegt immer etwas Geld auf dem Verrechnungskonto, welches vom Robo-Advisor gerade nicht investiert wurde. Denn nur in den seltensten Fällen ist ein Anleger voll investiert. Ein gewisser Prozentsatz an Liquidität hält der Robo-Advisor meistens vor, um z. B. Chancen am Finanzmarkt kurzfristig ergreifen zu können, oder als Sicherheitspuffer bei einem schwachen Börsenumfeld. Darum ist es wichtig, dass das auf dem Verrechnungskonto liegende Geld geschützt ist. Bei Banken in Deutschland oder der EU beträgt die gesetzliche Einlagensicherung bis zu 100.000 € pro Kunde. Somit ist die Sicherheit des Verrechnungskontos gewährleistet.

Ist dieser Schritt erledigt, d. h. sind Verrechnungs-, Referenzkonto und Depot eröffnet, wird der Kunde aufgefordert, den vereinbarten Betrag auf das Verrechnungskonto zu überweisen. Anschließend wird der Anlagebetrag in das entsprechende Portfolio investiert.

Immanuel Kant stellte trefflich fest: „Es gibt nur eine Ausflucht vor der Arbeit: andere für sich arbeiten zu lassen.“ Genau das passiert jetzt: Der Robo-Advisor arbeitet für den Kunden. Er überprüft regelmäßig das Depot – gibt es deutliche Wertänderungen bei den einzelnen Positionen, muss er handeln. Denn wenn einzelne Anlagen im Depot über Gebühr an Wert gewinnen oder verlieren, ändert sich der ursprüngliche Chance-Risiko-Mix im Portfolio des Anlegers. Dies balanciert der Robo-Advisor aus, indem er Gewinner-Anlagen verkauft und dafür Verlierer zukauft. Dieses Vorgehen nennt sich Rebalancing (s. S. here