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Anna fühlt sich in der Toskana schon wie zu Hause. Seit Neuestem darf sie sogar als Reporterin für den »Gazzettino Fontenaia« nach spannenden Geschichten im Ort suchen. Dass sie dabei ausgerechnet beim Dorffest über eine tote Winzerin stolpert, war aber nicht geplant. Und auch Commissario Vico Martinelli gefällt es ganz und gar nicht, dass Anna ihm schon wieder bei einem Mordfall dazwischenfunkt.
Doch da der Mörder - der noch am Tatort verhaftet werden konnte - kein Italienisch spricht, bittet Martinelli Anna zähneknirschend als Dolmetscherin um Hilfe. Was Anna beim Verhör über die Vergangenheit und Zukunft des alten Weinguts erfährt, weckt nicht nur ihre Instinkte als Reporterin, sondern auch ihren Sinn für Gerechtigkeit ...
ÜBER DIE SERIE
»Vino, Mord und Bella Italia!« ist eine gemütliche Italien-Krimi-Serie mit Schauplatz Toskana. In dem malerischen Städtchen Fontenaia erbt Anna Wagner nicht nur die alte Villa ihrer Nonna, sondern stolpert auch über den ein oder anderen Mord. Sehr zum Missfallen des Commissario Vico Martinelli, der es überhaupt nicht leiden kann, wenn sich eine Amateurin in seine Fälle einmischt. Doch schon bald hat Anna viele neue Freunde in dem Ort gefunden, die ihr bei der Spurensuchen und der Jagd auf Verbrecher tapfer zur Seite stehen.
Wer Italien und die Toskana liebt, bei Krimis gerne selbst miträtselt und La Dolce Vita zu genießen weiß, wird von dieser Serie begeistert sein.
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Seitenzahl: 182
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Anna fühlt sich in der Toskana schon wie zu Hause. Seit Neuestem darf sie sogar als Reporterin für den »Gazzettino Fontenaia« nach spannenden Geschichten im Ort suchen. Dass sie dabei ausgerechnet beim Dorffest über eine tote Winzerin stolpert, war aber nicht geplant. Und auch Commissario Vico Martinelli gefällt es ganz und gar nicht, dass Anna ihm schon wieder bei einem Mordfall dazwischenfunkt.
Doch da der Mörder – der noch am Tatort verhaftet werden konnte – kein Italienisch spricht, bittet Martinelli Anna zähneknirschend als Dolmetscherin um Hilfe. Was Anna beim Verhör über die Vergangenheit und Zukunft des alten Weinguts erfährt, weckt nicht nur ihre Instinkte als Reporterin, sondern auch ihren Sinn für Gerechtigkeit …
»Vino, Mord und Bella Italia!« ist eine gemütliche Italien-Krimi-Serie mit Schauplatz Toskana. In dem malerischen Städtchen Fontenaia erbt Anna Wagner nicht nur die alte Villa ihrer Nonna, sondern stolpert auch über den ein oder anderen Mord. Sehr zum Missfallen des Commissario Vico Martinelli, der es überhaupt nicht leiden kann, wenn sich eine Amateurin in seine Fälle einmischt. Doch schon bald hat Anna viele neue Freunde in dem Ort gefunden, die ihr bei der Spurensuchen und der Jagd auf Verbrecher tapfer zur Seite stehen.
Anna schlängelte sich beschwingt durch das Gedränge. Sie hatte schon einige unterhaltsame Interviews geführt, aber ein oder zwei weitere Zitate mit Foto und vor allem ein Kommentar des Bürgermeisters zum jährlichen Dorffest würden ihren Artikel abrunden. Der warme Sommerabend war erfüllt von Musik, Lachen und dem rhythmischen Stampfen und Klatschen von Jung und Alt. Die Feierlichkeiten hatten nicht nur die Einwohner Fontenaias, sondern auch viele Touristen angezogen. Die Tische und Bänke reichten schon lange nicht mehr für alle Feiernden aus, darum holten die Anwohner lachend Möbel aus ihren Häusern, setzten sich und schwatzten weiter. Würziger Geruch von gegrilltem Fleisch und frisch gebackener Oliven-Focaccia zog durch die Straßen und lockte die bunte Menge an, die köstlichen Speisen und Getränke zu probieren. Am Stand des da Giovanna bildete sich eine lange Schlange.
»Ciao, Giovanna«, rief Anna. »Lucas Salsiccie, riechen herrlich!«
»Aber natürlich! Er ist schließlich der beste Koch von hier bis Pisa.« Die pausbäckige Wirtin hob die Hände. »Und das ist das beste Fest, das Fontenaia je hatte.«
»Braucht ihr noch Hilfe?«
»No, grazie. Raffaella ist gleich hier und übernimmt die Abendschicht. Du hast dir deinen Feierabend verdient und kannst dich um deine Interviews kümmern.« Unter Lucas Protest schnappte Giovanna eine Bratwurst vom Grill, steckte sie auf einen Holzspieß und reichte sie ihr. »Viel Erfolg für den großen Artikel!«
Anna knipste noch ein Foto von der Wirtin in ihrem weißen Kleid mit Blumenmuster. Die morgige Titelstory für die Online-Ausgabe des Gazzettino Fontenaia gehörte ihr. Anna gefiel der Gedanke, ihre Urlaube in Fontenaia zu verbringen, Land und Leute kennenzulernen und nach und nach das Haus ihrer Großeltern renovieren zu können. Allerdings musste sie noch »einen Aufreißer« für die Story liefern. Sie verschluckte sich. Nur wenige Schritte entfernt verabschiedete sich der Lokalredakteur Adriano Rossi von Bürgermeister Massimo Franco – oder Il Ciccione, wie ihn alle wegen seiner Leibesfülle nannten. Anna ballte die Fäuste. Sie hatten ausgemacht, dass sie das Interview führen würde. Das sollte ihr Knüller werden nach seiner provokanten Festrede.
Anna entdeckte Rossi, der sie zu einem runden Stehtisch winkte und Wein bestellte. »Ein toller Abend. Unser Herr Bürgermeister ist völlig aus dem Häuschen. Das Fest hat doppelt so viele Besucher wie das Frühlingsfest in Castel Bianco. Du weißt ja, wie wichtig ihm dieser Kleinkrieg mit unserer Nachbargemeinde ist.« Rossi grinste.
»Das war mein Interview. Was hat er dir angeboten, damit du das schreibst?« Sie knallte ihr Handy auf den Tisch.
Rossi machte eine beschwichtigende Geste. »Ich schreibe gar nichts. Der Artikel gehört dir, wie abgemacht. Ich genieße gerne das Fest ohne Arbeit. Aber ich habe die Gelegenheit genutzt, um Franco zu erzählen, dass du jetzt für mich arbeitest. Er ist ziemlich an die Decke gegangen. ›Eine Deutsche mit ein paar italienischen Genen. Die wird alles verdrehen. Hat keine Ahnung von der Kultur‹ undsoweiter undsoweiter. Das kannst du doch wunderbar in deinen Artikel einbauen.« Rossi wirkte sehr zufrieden.
»Was? Jetzt hat er mich erst recht auf dem Kieker. Seine peinlichen nationalistischen Parolen hätten schon gereicht.«
»Ein bisschen mehr Drama ist gut für die Klickzahlen.« Rossi zuckte die Achseln. »Du wolltest den Job, ragazza.« Anna holte Luft, aber Rossi sprach bereits weiter. »Wir werden uns schon noch zusammenraufen. Dem Bürgermeister sind einfach die vielen ausländischen Touristen ein Dorn im Auge. Sie stören das Bild seiner friedlichen toskanischen Kleinstadt. Beim Fest passen sie ihm gerade noch in den Kram, aber danach sollen sie so schnell wie möglich wieder verschwinden.«
»Immerhin bringen ihm die bösen Fremden ordentlich Geschäft! An seinem Honigstand stehen die Leute Schlange.« Anna deutete auf den Verkaufstresen mit dem Slogan Franco-Honig – Etwas Süßes geht immer.
»Hm, daraus ließe sich doch eine Schlagzeile für die Druckausgabe am Montag machen: Süß und sauer – die beiden Seiten des Massimo Franco?« Rossi nahm zwei Gläser Weißwein von der Bedienung entgegen. »Grazie, mia cara. Anna, den musst du probieren. Der Vermentino ist meine neue große Liebe.«
Das leichte Apfelaroma und der vollmundige Geschmack der strohgelben Flüssigkeit besänftigten sie. Warum sich den Abend verderben lassen? »Ich werde noch Vico Martinelli interviewen, ob es irgendwelche Vorkommnisse gab, Taschendiebstähle oder so was.«
»Gute Idee. Vielleicht ist unser schweigsamer Commissario dir gegenüber etwas redseliger.«
»Anna!« Die tiefe Männerstimme gehörte zu Loris, der sich einen Weg zu ihrem Tisch gebahnt hatte. Der junge, braungebrannte Italiener sah blendend aus in seinem weißen Hemd und der modischen Chino. Sie konnte immer noch nicht fassen, dass er ihr persönlicher Haus- und Hof-Handwerker war. »Ich hatte gehofft, dass ich dich hier finde. Ich könnte morgen vorbeikommen und mit den ersten Reparaturen anfangen.«
Anna merkte, wie ihre Wangen heiß wurden. Das war sicherlich der gute Weißwein. »Das … wäre großartig, aber morgen ist Sonntag.«
Loris zuckte die Achseln. »Chi ha tempo, non aspetti tempo – Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Unter der Woche habe ich andere Aufträge. Außerdem müssen wir es dem Padre ja nicht verraten.«
»Dann sehr gern. Magst du auch einen Wein?« Sie hielt ihr Glas in die Höhe.
»Vielleicht später. Lass uns lieber tanzen gehen.« Er reichte ihr galant die Hand.
»Loris, wir sind hier, um zu arbeiten«, tadelte Rossi mit einem breiten Grinsen.
»Sklaventreiber. Außerdem müssen Anna und ich morgen den ganzen Tag schuften.« Loris lächelte sie an und ihr Herz schlug unvermittelt schneller. Sie konnte später noch Interviews führen. Je mehr die Leute getrunken hatten, desto offener wurden sie. Lachend ließ sie sich von Loris durch die Menge in die Mitte des Dorfplatzes ziehen.
Anna war so glücklich wie schon lange nicht mehr. Sie genoss den Moment mit allen Sinnen. Die Musik, die Gerüche, die Farben der untergehenden Sonne und die Wärme des lauen Abends. Ein Kribbeln lief über ihren ganzen Körper. Es fühlte sich nicht mehr wie Urlaub an, sondern viel mehr wie Heimat. Sie sollte …
Ein lang gezogener Schrei zerriss die Nacht. Binnen Sekunden waren Musik und Gespräche erstorben. Der gesamte Platz war wie eingefroren – in vollkommene Stille und Bewegungslosigkeit. »Polizia«, schrie plötzlich jemand.
»Was war das?«, stieß Anna aus und ließ Loris los. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und blickte sich mit klopfendem Herzen um. Menschen liefen durcheinander. Ein bulliger Mann rempelte sie an.
Loris zog die Brauen zusammen. »Es kam von dort hinten.«
Anna verschwendete keinen weiteren Gedanken, sondern spurtete wie eine Hindernisläuferin durch die Menge in die Dunkelheit.
Commissario Vico Martinelli hörte den spitzen Schrei. Eine Frauenstimme, vermutlich mittleren Alters. Das war kein abgebrochener Schuhabsatz, sondern ein Notfall. Er stellte sein Wasserglas ab und sprintete los. Der Lärm seiner Trillerpfeife trieb die Menschen vor ihm auseinander. Hinter ihm ertönten weitere Pfiffe. Seine Kollegen Flavia Passerini und Marco Simonetti waren auch unterwegs.
»Woher kam der Schrei?«, rief er einem jungen Mann an einem Pizzastand zu. Der Verkäufer zeigte erschrocken in eine Seitenstraße.
Vico bog um die Ecke der engen und düsteren Gasse. Für eine Sekunde stockte ihm der Atem. Er zog seine Waffe. »Polizia! Keine Bewegung! Lassen Sie das Messer fallen!«
Vor einem offenen Kleinlaster lag eine Frau regungslos auf dem Boden. Schwarze Haare, Blumenkleid, blutverschmiert. Über ihr kniete ein Mann. Blond, schlank, heller Hautton und stark geweitete Augen. In der rechten Hand hielt er ein langes Messer. Die Klinge war ebenso voll Blut wie sein weißes Hemd.
»Ich habe gesagt, fallen lassen!«, brüllte Vico erneut. Was tat dieser Idiot? Der Mann begann, wild mit dem Messer herumzufuchteln und schrie etwas in einer fremden Sprache. Deutsch? Vico konnte kein Wort verstehen.
Im Augenwinkel nahm er Flavia wahr, die sich ebenfalls mit gezückter Waffe im Schatten der anderen Gassenseite entlangschob. Hinter sich hörte er laute Rufe und Marcos Trillerpfeife. Weitere Personen waren das Letzte, was er jetzt brauchen konnte. Im selben Moment sprang ihm jemand in den Weg. Um ein Haar hätte Vico reflexartig abgedrückt.
»Nein, nicht schießen!« Die junge rotblonde Frau hatte sich mit ausgebreiteten Armen vor den Angreifer gestellt. Genau in seine Schusslinie. Anna Wagner, was zu Teufel hatte sie hier zu suchen? Schon bei seinem letzten Fall war sie ihm in die Quere gekommen.
»Verschwinden Sie, er hat ein Messer!« Mit zwei Schritten war er bei ihr, griff ruppig nach ihrem Arm und zog sie zur Seite, damit Flavia wieder freie Schussbahn hatte.
Anna Wagner wehrte sich aus Leibeskräften, aber Vico drehte ihr den Arm auf den Rücken.
»Sind Sie irre?« Vico keuchte.
»Nein, nicht, er sagt … er braucht Hilfe.« Die Stimme von Anna Wagner überschlug sich.
Sein Griff wurde eine Spur leichter. »Wie bitte?«
»Er spricht Deutsch … also Österreichisch. Wir sollen einen Krankenwagen rufen.«
Vico reagierte prompt. »Sagen Sie ihm, er muss das Messer fallenlassen.«
Sie nickte, schüttelte seine Hand ab und schrie die Übersetzung dem blutverschmierten Mann zu, der mit weit aufgerissenen Augen schwankend vor dem Kleinlaster stand. Mit beschwichtigenden Gesten bewegte Anna sich bedächtig in dessen Richtung und sprach in einem ruhigen Tonfall auf ihn ein.
Vico hatte den Finger noch immer am Abzug und stellte erleichtert fest, dass sie sich seitlich der Schusslinie der beiden Polizisten hielt. Ohne die zwei aus den Augen zu lassen, griff er sein Funkgerät und forderte Unterstützung und einen Notarzt an.
Er verstand zwar nicht, was Anna Wagner sagte, aber es schien zu funktionieren. Er atmete erleichtert aus. Die Körperhaltung des Mannes erschlaffte und er bückte sich, um das Messer hinzulegen. Im selben Moment flammte hinter Vico ein Blitzlicht auf. Er biss die Zähne zusammen, als der Kerl aufschrie und erneut in Angriffsstellung ging.
»Marco, scheuch die verdammten Idioten fort«, schrie Vico über seine Schulter.
»Versuche ich ja! Aber es sind zu viele.« Marcos Stimme klang verzweifelt.
Vico zuckte zusammen, als sein Trommelfell durch das sekundenlange Schrillen einer Trillerpfeife gepeinigt wurde. Anna Wagner ließ sich davon nicht beeindrucken und tat ihr Bestes, in gebückter Haltung weiter zu vermitteln.
»Er soll das Messer hinlegen und dann langsam die Hände über den Kopf heben.«
Anna übersetzte auch das, und nach einigen bangen Sekunden folgte der Mann schließlich den Anweisungen. Im nächsten Augenblick stürmte Flavia nach vorn, zwang den Angreifer in die Knie und legte ihm Handschellen an.
Vico steckte die Waffe weg und rannte zu dem am Boden liegenden Opfer. Sofort hockte sich auch Anna Wagner daneben.
»Kein Puls.«
»Keine Atmung. Wir müssen sie wiederbeleben. Ich beatme, Sie übernehmen das Herz.«
Noch ehe Vico zur Reanimation ansetzen konnte, trafen zwei Sanitäter ein. Er war dankbar für die professionelle Unterstützung. Allerdings hatte er wenig Hoffnung, dass die Frau noch zu retten war. Vico zog Anna Wagner mit sich und atmete tief durch. Die Gerüche nach Essen und Sommer waren plötzlich wieder präsent, doch in der Nase hatte er noch immer den metallischen Gestank des Blutes. An manchen Tagen hasste er seinen Job.
Anna saß mit einer Decke über den Schultern auf einer Weinkiste. Irgendjemand hatte ihr ein Getränk in die Hand gedrückt. Sie hatte noch nicht einmal daran genippt. Wie in Trance starrte sie auf die Blutflecken auf ihrem Kleid.
»Signora Wagner?« Die Stimme von Vico Martinelli schreckte sie auf.
»Lebt sie?« Anna wusste die Antwort schon, bevor er den Kopf schüttelte. Das sonst so perfekte Äußere des Commissario sprach Bände. Seine Gardeuniform war ebenfalls verschmutzt und sein schwarzes Haar zerzaust.
»Wegen vorhin …«
Anna winkte ab. »Sie haben nur Ihre Arbeit gemacht. Schon okay, dass Sie mich so grob weggezogen haben.«
»Also eigentlich haben Sie mal wieder eine Polizeiaktion behindert und ich sollte Sie …«
Anna fuhr nach oben. Die Decke fiel hinunter. »Wie bitte? Ich habe Ihnen den Hintern gerettet.«
Vico hob die Hand und sprach ruhig weiter. »Und deshalb werden wir die Sache auf sich beruhen lassen.«
Anna blieb die Luft weg bei dieser Unverschämtheit. Polizist hin oder her, was dachte sich der Kerl eigentlich!
»Vic!« Flavia Passerini kam auf sie zu. »Kann ich dich bitte kurz sprechen?«
Martinelli ließ sich von seiner Kollegin zur Seite ziehen. Das war Anna durchaus recht. Sie hatte genug. Duschen, sie wollte jetzt nur noch duschen und ein Glas Grappa. Einen von dem Selbstgebrannten ihres Opas, den sie im Barschrank im Wohnzimmer gefunden hatte.
Ihr Handy vibrierte. Rossi. Er hatte es schon mehrfach versucht. Sicherlich wollte er von ihr brandheiße Informationen für eine gute Story. Sie drückte den Anruf weg.
»Signora Wagner«, sagte Martinelli. »Wir würden Ihnen gern die Gelegenheit geben, unsere Ermittlungen weiter zu unterstützen.«
Anna schnaubte. »Wie bitte? Ich dachte, ich wäre eine Behinderung?«
»Ihre Sprachenkenntnisse sind durchaus passabel und Sie könnten für die öffentliche Sicherheit …«
»Passabel? Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?« Anna hob die Decke auf und warf sie auf die Kiste. Es war Zeit zu gehen.
Flavia Passerini trat neben den Commissario und bedachte ihn mit einem strengen Blick, ehe sie sich ihr zuwandte. »Was der Boss meint: Wir bekommen heute keinen Dolmetscher mehr, aber der Typ will reden. Und die ersten vierundzwanzig Stunden sind bei einem Mordfall entscheidend. Wir bitten Sie daher, uns zu helfen. Das wolltest du doch gerade sagen, nicht wahr, Vic?«
Martinelli zog die Augenbrauen hoch und öffnete den Mund, nickte dann aber nur.
Die Polizistin lächelte Anna freundlich an. »Signora Wagner, Sie würden uns und den Einwohnern von Fontenaia wirklich einen großen Dienst erweisen. Sie können sich in der stazione di polizia frisch machen und bekommen etwas Sauberes zum Anziehen.«
»Ich soll bei der Befragung des Österreichers übersetzen? Dem Mörder dieser armen Frau?« Anna war entrüstet.
Vico schnalzte mit der Zunge. »Solange er nicht zweifelsfrei überführt ist, ist er …«
Flavia hob die Hand und lächelte Anna aufmunternd an.
Sie hätte am liebsten abgelehnt, aber konnte sie diese Bitte ausschlagen? Außerdem züngelte durch das Grauen des gerade Erlebten mit einem Mal die altbekannte Neugier. Sie war Reporterin und die Worte des Mörders wurden ihr auf einem Silbertablett serviert. Was konnte schon schiefgehen?
Vico betrachtete seufzend seine Gardeuniform. Er hatte sie lange nicht getragen, aber der Bürgermeister hatte ihn und seine Kollegen für das Dorffest darum gebeten. Korrekter: Er hatte es ihnen befohlen. In Rom hatte Vico sie immer mit Stolz ausgeführt. Hier hatte er sich damit fehl am Platz gefühlt. Er stopfte sie rasch in eine Plastiktüte für die Reinigung und ging in das Büro seiner Kollegen.
»Was wissen wir?«
»Die Tote heißt Lucia Monti.« Flavia reichte ihm einen Ausdruck aus dem Strafregister. »Keine Eintragungen.«
»Ihr gehört …«, Marco korrigierte sich. »Ihr gehörte ein kleines Weingut oben am Hügel, wenn man Richtung Monte Nosti fährt. Schon ihr Vater hatte jedes Jahr einen Stand auf dem Fest. Familientradition.« Marco nahm sich ein Grissino. »Bevor ihr Mann bei einem Autounfall ums Leben kam, waren wir öfter dort. Aber meine Frau mag in letzter Zeit nicht mehr hinfahren. Sie sagt, Lucia ist etwas komisch geworden.« Er tippte sich mit der Gebäckstange gegen die Stirn.
Vico war ausnahmsweise dankbar, dass Marco nach zwanzigjähriger Dienstzeit Fontenaia und seine Bewohner deutlich besser kannte als er und Flavia. »Und der Verdächtige?«
Flavia reichte ihm Ausweispapiere. »Daniel Steiner. Österreichischer Staatsbürger aus Linz. Wir haben bei der dortigen Polizei angefragt, aber die Antwort wird bis morgen früh warten müssen.«
»Irgendwelche Zeugen?«
Marco schüttelte den Kopf. »Wir haben die Leute am Stand und etliche Passanten befragt. Lucia Monti war wohl den ganzen Tag zwischen ihrer Theke und den Stehtischen davor unterwegs, um möglichst viel Kundschaft für ihren Wein zu begeistern.« Marco studierte seinen Notizblock. »Einer der Angestellten hat beim Ausschank geholfen, Filippo Baldi. Komischer Typ, aber er hat ausgesagt, dass im Kleinlaster, vor dem Lucia getötet worden ist, der Wein gelagert wurde. Sowohl Filippo Baldi als auch Lucia Monti hatten regelmäßig Nachschub daraus geholt.«
»Was meinst du mit komisch?«, wollte Vico wissen.
Marco schnalzte mit der Zunge. »Irgendwie schüchtern, scheint mir etwas zurückgeblieben zu sein. Kann einem nicht in die Augen schauen und so.«
Vico nickte. »Kannte er den Österreicher?«
»Ja. Er war wohl ein paarmal auf dem Weingut, aber Baldi wusste nicht, warum.«
Vico klopfte mit dem Finger an seine Lippen. »Könnt ihr diesen Baldi bitte herbringen, ich möchte mich nachher mit ihm unterhalten. Mal sehen, ob wir übereinstimmende Geschichten bekommen.«
»Geht klar, Boss.« Flavia salutierte.
»Sonst noch irgendwelche Hinweise, die mir bei Steiners Befragung helfen könnten?«
»Der Schrei kam vermutlich vom Opfer. Wir haben versucht, Augenzeugen zu finden, aber bisher ohne Erfolg. Niemand, mit dem wir gesprochen haben, hat etwas Ungewöhnliches beobachtet. Lucia Monti hatte mit einem Pärchen aus Lucca geredet und wollte ihnen gerade ein paar Flaschen Sangiovese aus dem Laster holen. Kurz darauf haben sie den Schrei gehört.«
»In Ordnung. Gebt an die Presse eine Anfrage nach Augenzeugen heraus. Dieser Rossi wird sowieso etwas darüber schreiben. Dann kann er uns wenigstens unterstützen. Vielleicht meldet sich doch noch jemand.« Vico griff sich einen Notizblock und das Aufnahmegerät. »Wo ist Signora Wagner?«
»Ich bin hier.«
Die junge Deutsche mit den rotblonden leicht gelockten Haaren lehnte in der offenen Bürotür. Im künstlichen Licht wirkte ihre Haut fast weiß. Sie trug eine Leggings und einen Sweater mit dem Spruch »Life is great!«, den ihr Flavia geliehen hatte.
»Signora Wagner, es geht los.«
Anna nahm am Tisch neben dem Commissario Platz. Ihnen gegenüber saß Daniel Steiner. Offensichtlich war auch ihm erlaubt worden, sich frisch zu machen. Er trug nun einen etwas zu großen Jogginganzug mit Polizeiemblem. Sein Gesicht war aschfahl und er machte einen gehetzten Eindruck. Anna spürte ein Drücken im Magen. Sie war noch nie bei einer Vernehmung dabei gewesen – und schon gar nicht als inoffizielle Übersetzerin.
Martinelli startete das Aufnahmegerät. »Signor Steiner, Sie haben auf einen Anwalt und einen professionellen Dolmetscher verzichtet.«
Der junge Mann nickte, nachdem Anna übersetzt hatte. »Hören Sie, ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen. Ich bin gerne bereit, Sie in dem Fall zu unterstützen. Sollten Sie allerdings irgendwelche komischen Fragen stellen, werde ich umgehend einen Anwalt einschalten.« Sein Atem roch nach Alkohol und Anna musste sich konzentrieren, um möglichst wortgetreu ins Italienische zu übersetzen. Der Commissario ließ Steiner währenddessen keine Sekunde aus den Augen.
»In Ordnung. Alles, was gesagt wird, wird aufgenommen. Signora Wagner, bitte bestätigen Sie, dass Sie das, was Sie hier hören, vertraulich behandeln. Das ist eine Befragung und keine Pressekonferenz.«
»Sì, naturalmente«, erwiderte Anna pikiert. Hielt er sie für eine Klatschreporterin?
»Und Sie werden exakt übersetzen, was wir sagen – nichts hinzufügen, nichts weglassen.«
Warum hatte sie nur zugestimmt zu helfen? Dieser Martinelli behandelte sie von oben herab wie eine Dienstmagd – oder Volontärin, was ungefähr auf das Gleiche herauskam.
Der Commissario wandte sich an den Verdächtigen und klärte zunächst die Formalitäten. Der junge Mann war zweiunddreißig und kam aus Linz. »Signor Steiner, bitte erzählen Sie mir, was heute vorgefallen ist.«
Daniel Steiner sprach schnell und Anna musste ihn immer wieder unterbrechen, um das Gesagte zu übersetzen. Auch Martinellis Ermahnung, langsamer zu reden, verpuffte. Steiner war in Italien, um Weingüter als mögliche Investitionsobjekte für seinen Vater aufzuspüren. Das machte er offenbar regelmäßig in ganz Europa.
»Woher kennen Sie Signora Monti?«
Er verzog den Mund und fuhr gönnerhaft fort. »Ich habe mir ungefähr zwei Dutzend Weingüter angesehen. Und das der Montis hat mich in allen Belangen überzeugt.
»Sie haben ihr also ein Angebot gemacht?«
»Korrekt. Ich habe meinem Vater empfohlen, den ganzen Hof zu kaufen.«
Martinelli schien überrascht. »Und sie hat die Offerte angenommen?«
Steiner verschränkte die Arme. »Lucia wollte etwas Bedenkzeit, aber sie hätte schon noch zugestimmt.«
Anna fand die überhebliche Art abstoßend. Wieso nannte er sie beim Vornamen? Standen sich die beiden näher als er zugab? Wie hoch war das Angebot? Hoffentlich stellte Martinelli zumindest eine der Fragen, die ihr so sehr auf den Lippen brannten.