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Alles im Griff - natürlich mit Köpfchen!
Unsere Gehirne sind überlastet. Wir wollen zu viele Ziele erreichen, müssen täglich mit Komplexität umgehen und sind dabei ständig online. Das Ergebnis: Wir fühlen uns dauergestresst und unzufrieden.
Dr. Karolien Notebaert nimmt unser Leben unter die neurowissenschaftliche Lupe. Die sympathische Bestsellerautorin zeigt, dass Glück ein Zustand ist, den wir selbst gestalten können. Sie erklärt alltagsnah, welche Faktoren unser Glücksempfinden beeinflussen und wie wir unsere Gedanken in die richtigen Bahnen lenken.
Wissenschaftlich fundiert, einfühlsam und humorvoll lässt sie uns begreifen: Das beste Glück ist selbstgemacht!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 331
Vita Autorin
Die Neurowissenschaftlerin Dr. Karolien Notebaert arbeitete zehn Jahre in der Forschung, bevor sie sich selbstständig machte. Seither bringt sie mit ihrer Science und Leadership Academy neueste Erkenntnisse aus der Hirnforschung in Unternehmen und an interessierte Privatpersonen. Sie unterrichtet an der Goethe Business School in Frankfurt, wo sie bereits mehrfach für ihre Arbeit ausgezeichnet wurde. Sie ist erfolgreich als Speakerin, ob Key-Note, TEDxTalk oder bei Greator (ehemals GedankenTanken) und hält darüber hinaus Kurse mit über 10.000 Teilnehmer:innen auf Insight Timer, der weltweit größten kostenlosen Meditations-App mit etwa 18 Mio. Nutzer:innen. Ihr erstes Buch Drei Tage, zwei Frauen, ein Affe und der Sinn des Lebens wurde auf Anhieb zum Spiegel-Bestseller.
Inhalt
Unsere Gehirne sind überfordert. Wir wollen zu viele Ziele erreichen, müssen täglich mit Komplexität umgehen und sind dabei ständig online. Das Ergebnis: Wir fühlen uns dauergestresst und unzufrieden. Da kommen gut gemeinte Ratschläge zu Selbstoptimierung und Selfcare gerade recht. Wann sollen wir denn dafür auch noch Zeit haben?!
Von Achtsamkeit bis Zeitmanagement: Dr. Karolien Notebaert nimmt gängige Methoden der Selbstoptimierung unter die neurowissenschaftliche Lupe. Die sympathische Bestsellerautorin zeigt, welche Techniken nachweislich funktionieren, welche nicht - und was wir stattdessen tun können, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen und Selbstwirksamkeit zu empfinden. Am Ende dieser unterhaltsamen Lektüre mit zahlreichen lebensnahen Beispielen wissen Leser*innen, wie sie ihre Lebenszufriedenheit steigern - nämlich mit Hirn!
Karolien Notebaert
Vom Glück der richtigen Gedanken
Was uns wirklich glücklich macht – eine verblüffende Reise in unser Gehirn
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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter www.dnb.de abrufbar.
© 2024 Ariston Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Alle Rechte vorbehalten
Redaktion: Desirée Šimeg
Illustrationen: Karolien Notebaert
Umschlaggestaltung: Guter Punkt GmbH & Co. KG
Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
ISBN: 978-3-641-31715-7V001
Inhalt
Prolog
Teil I Selbstregulation als Kernkompetenz für ein glückliches Leben
1 Emotionen, der Kern deines Lebens
2 Dein Denken führt zu deinem Schicksal
3 Sei der Meister deiner Emotionen
4 Hör auf, den weißen Bären zu bekämpfen
5 Gestalte deine Lebensqualität mit deinen Gedanken
6 Wie ein proaktiver Besuch bei Tante Gertrude zu größeren Glücksgefühlen führen kann
7 Schalte deine Gedanken aus – egal, was du denkst
8 Kultiviere einen ungestörten Geist
Teil IIEin glückliches Leben selbst gestalten
9 Schöpfe Kraft aus der Natur
10 Das Glück, das wir gemeinsam schaffen
11 Biete Hilfe und Unterstützung an
12 Sei dankbar für … alles
13 Nutze die Kraft der Liebe und Vergebung
14 Besinne dich auf die wichtigen Dinge in deinem Leben
Schlusswort
Eine Auswahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen
Prolog
Es ist 9:00 Uhr morgens. Nach einer erholsamen Nacht öffnest du die Augen und fühlst dich ausgeschlafen und fit für den Tag. Warte eine Sekunde … hier stimmt etwas nicht. Fangen wir also noch mal von vorne an.
Du bist seit 5:00 Uhr morgens wach, nach einer sehr unruhigen Nacht mit deinem jüngsten kranken Kind, das die ganze Nacht gehustet hat. Doch es gibt gute Nachrichten: Deine Tochter ist fieberfrei, sie kann in die Kita gehen, und du musst deinen Arbeitstag nicht in letzter Minute umorganisieren. Du atmest einige Male tief ein und aus. Es scheint dir aber nicht zu gelingen, deine Energie wieder aufzufüllen, du fühlst dich erschöpft. Funktioniert diese tiefe Atmung wirklich, und wie viele Sekunden sollte das Ausatmen noch mal dauern?
Du kämpfst dich durch den Arbeitstag und versuchst, dich zu konzentrieren, aber du schaffst es nicht, deine Post-its von »Zu erledigen« zu »Erledigt« zu verschieben. Du versuchst dich mit positiven Selbstgesprächen zu motivieren, weil du mal ein Buch zum Thema »Wie man ein positives Arbeitsethos fördert« gelesen hast. Mit etwas Mühe kannst du dir einen positiven Tag vorstellen, und kurz huscht ein Lächeln über dein Gesicht.
O Mist! Dein Chef will, dass du den Artikel über Freddy, den schnellsten Hamster der Welt, neu schreibst. Nicht spannend genug. Nicht auf den Punkt gebracht. Was hast du noch mal gelernt, wie man in einer solchen Situation ruhig und positiv bleibt? Irgendwann beschließt du, dass es heute nur darum geht, den Tag zu überstehen. Die Post-its kleben fest unter »Zu erledigen«.
Endlich Feierabend! »Aber was gibt es denn zu feiern?«, wunderst du dich. Ach ja, heute Abend steht ein Date mit deinem Partner an. Mit ein paar Kindern, die durchs Haus rennen, und zwei Vollzeitjobs ist euer Sexleben nicht mehr existent, und dein Körper fühlt sich an, als wäre er zehn Jahre älter, als er tatsächlich ist. Eure Beziehung hat ihren Funken verloren und auch auf deinen Laufschuhen im Kleiderschrank sammelt sich immer mehr Staub an.
Der Abend in Zweisamkeit vergeht, und schließlich ist es Zeit, ins Bett zu gehen. Meditation soll ja helfen, Stress abzubauen und die Schlafqualität zu verbessern. Klingt nach einer guten Idee … oder doch nicht? Am Ende entscheidest du dich lieber für die »Glas-Wein-Strategie«. Oder besser die »Zwei-Gläser-Wein-Strategie«, um dich zu beruhigen und danach ins Bett zu fallen. Damit schläfst du bis mindestens 3:00 Uhr morgens. Du kannst dich nicht daran erinnern, dass es ein Seminar gab, in dem dir dieser »Trick« beigebracht wurde.
Kommt dir so ein Tag bekannt vor? Es ist keine Überraschung, dass die häufigsten psychischen Probleme der heutigen Zeit Depressionen, Angstzustände, Stress, Burn-out und Sucht sind. Allen gemeinsam ist ein emotionales Ungleichgewicht, das sich nachteilig auf unser Lebensglück auswirkt. In einer Welt, die mehr denn je darauf ausgerichtet ist, viel zu viele Ziele zu erreichen, mit Komplexität umzugehen und ständig online zu sein, ist unser Gehirn überfordert. Das Ergebnis: Wir haben eine Welt geschaffen, in der sich die Menschen dauerhaft gestresst und unzufrieden fühlen.
In den letzten Jahren hat sich der Fokus deutlich verlagert, weg von der reinen Leistung hin zur Entwicklung eines emotional gesunden und ausgeglichenen Lebens. Eine gute Work-Life-Balance in Kombination mit Selbstverwirklichung und Lebensglück ist für viele Menschen zu einem zentralen Thema geworden. Um ein glückliches Leben führen zu können, ist emotionales Wohlbefinden von entscheidender Bedeutung. »Emotionales Wohlbefinden« bedeutet, dass man sich mit sich selbst und seinem Leben wohlfühlt und in der Lage ist, seine Emotionen auf gesunde und konstruktive Weise zu regulieren. Dazu gehören eine positive Lebenseinstellung, ein Gefühl für Lebenssinn und die Fähigkeit, mit Stress und schwierigen Situationen umzugehen. Wenn wir uns emotional ausgeglichen fühlen, ist es wahrscheinlicher, dass wir positive Beziehungen zu anderen Menschen haben, angesichts von Herausforderungen widerstandsfähig sind und eine höhere Lebensqualität genießen.
Es gibt eine Vielzahl von Büchern und Seminaren, die Vorschläge machen, wie wir unser emotionales Wohlbefinden und damit unser Lebensglück positiv beeinflussen können. Doch was davon sind Mythen, und was verbessert wirklich die Lebenszufriedenheit? Muss man fünfmal ein- und ausatmen, um sich besser zu fühlen? Muss man seine Gefühle benennen, um sich zu beruhigen? Sollte man jeden Abend mindestens drei Dinge aufzählen, für die man dankbar ist, um zufriedener mit seinem Leben zu sein? Wie bekommt man Ruhe im Kopf? Lassen sich Sorgen im Kopf ausschalten? Lass uns gemeinsam schauen, was die Wissenschaft zu diesen und anderen Fragen zu sagen hat!
In diesem Buch wird die Wissenschaft des emotionalen Wohlbefindens und des Lebensglücks aufgezeigt und mit konkreten Alltagsanwendungen abgeschlossen, die du gerne ausprobieren kannst. Dies ist kein Buch darüber, was du (nicht) tun solltest, sondern es vermittelt dir die Wissenschaft des emotionalen Wohlbefindens und Glücks und zeigt dir, wie du deine Lebensqualität steigern kannst, wenn du diese Wissenschaft in dein tägliches Leben integrierst. Einige Anwendungen werden dich vielleicht mehr ansprechen als andere. Ich lade dich ein, der Wissenschaft eine Chance zu geben und zu beobachten, wie sich deine Lebenszufriedenheit, während du die eine oder andere Anwendung ausprobierst, verändert.
Als ich mit dem Schreiben dieses Buchs begann, wurde mir klar, dass ich viele der Erkenntnisse und Anwendungen, die ich darin beschreiben wollte, nicht oder zu wenig in meinem eigenen Leben umsetzte. Dasselbe galt auch für viele meiner Freunde, die ich bereits für die »Wissenschaft des Glücks« begeistern konnte. Daher beschloss ich, während des Schreibprozesses wissenschaftliche Erkenntnisse konsequent in meinen Alltag zu integrieren – und so einige Menschen in meinem Umfeld wollten dies ebenfalls tun. In jedem Kapitel berichte ich daher in einer persönlichen Anmerkung, wie sich die Umsetzung verschiedener Maßnahmen auf unser Glück auswirkte und wie sich unsere Leben entfalteten.
In diesem Buch habe ich, wenn passend zum Lesefluss, genderneutrale Begriffe benutzt. Dies war jedoch nicht immer möglich. An diesen Stellen habe ich mich schließlich entschieden, nicht zu gendern und die traditionelle Form zu benutzen, um ein nahtloses Leseerlebnis zu gewährleisten. Mein Wunsch ist es, dass sich alle Personen in diesem Buch gesehen und wertschätzend angesprochen fühlen. Außerdem habe ich mich für das »du« entschieden, da dieses Buch sich mit unseren tiefen Gefühlen beschäftigt. Ich hoffe, mit dieser Ansprache die Distanz zwischen Leser und Inhalt zu verringern. Möge diese Reise für alle, die die Seiten dieses Buches durchqueren, bereichernd sein.
Teil I Selbstregulation als Kernkompetenz für ein glückliches Leben
1 Emotionen, der Kern deines Lebens
Was sagt die Wissenschaft?
Emotionen und deren Funktionen
Unsere bewussten Handlungen und Verhaltensweisen sind für etwa 40 Prozent unseres Glücks verantwortlich. Wie wir uns fühlen, ist dabei nur zum Teil das Ergebnis dessen, was außerhalb von uns passiert. Viel wichtiger ist das, was in uns passiert: unsere Emotionen. Es gibt keinen Aspekt, der für die Qualität und den Sinn unserer Existenz wichtiger ist.
Doch woher kommen unsere Emotionen eigentlich, und warum sind sie so wichtig? Wir alle wissen, was eine Emotion ist – und doch ist es eine Herausforderung, sie klar zu definieren. Der Psychologe James Gross definiert eine Emotion als ein vielschichtiges Ganzkörperphänomen, das lose gekoppelte Veränderungen in den Bereichen des subjektiven Erlebens (Gedanken und Gefühle), des Verhaltens und der zentralen und peripheren Physiologie beinhaltet. Anders gesagt: Emotionen sind eine Sammlung von Gedanken, Gefühlen und körperlichen Empfindungen. Sie sind Teil des täglichen Lebens und spielen eine wichtige Rolle bei vielen Funktionen, die für unser Überleben und auch für unsere Lebenszufriedenheit unerlässlich sind.
Emotionen beeinflussen unsere Entscheidungsfindung: Wir fühlen uns zu Situationen hingezogen, die positive Emotionen auslösen, etwa die Gelegenheit, Zeit mit einem guten Freund zu verbringen. Auf der anderen Seite wollen wir uns aus Situationen zurückziehen, die negative Emotionen auslösen, zum Beispiel Zeit mit einem Kollegen zu verplempern, der sich häufig beschwert. Die adaptive Funktion von Emotionen hilft uns, uns in der Welt zurechtzufinden. Daher meiden wir Situationen, die eine potenzielle Bedrohung darstellen. Wenn wir Angst empfinden, sind unsere Sinne geschärft und unsere Muskeln darauf vorbereitet, sich schnell von der Bedrohung wegzubewegen oder diese zu bekämpfen. Unser Herz-Kreislauf-System ist so eingestellt, dass es die großen Muskelgruppen, die bei der Flucht oder beim Kampf zum Einsatz kommen, mit mehr Sauerstoff und Energie versorgt. Emotionen liefern uns zudem die nötige Energie, etwas zu unternehmen (motivierende Funktion). Wir fühlen uns mit Menschen verbunden, die Freude in uns auslösen, und wir reagieren wütend, wenn wir oder andere ungerecht behandelt werden, was wiederum zu korrigierenden Maßnahmen führen kann. Dies ist noch eine weitere Funktion von Emotionen, nämlich die soziale. Emotionen ermöglichen es uns, anderen mitzuteilen, wie wir uns fühlen und was wir wollen, und sie helfen uns, diese Gefühle und Intentionen bei anderen zu beobachten und zu erkennen.
Das Duchenne-Lächeln
Wusstest du, dass dein Gesicht mehr als 40 Muskeln enthält? Diese ermöglichen eine Vielfalt an sogenannten Mikroausdrücken oder Mikroexpressionen, die vor allem durch die Forschung des Psychologen Paul Ekman bekannt wurden. Neben seinem Beruf als Wissenschaftler arbeitete er als Berater für Polizeibehörden und Anti-Terrorismus-Einheiten und erkannte die wahren Emotionen bei Menschen, unabhängig davon, was diese erzählten. Mikroexpressionen sind kurze (1/25 bis 1/5 einer Sekunde!), subtile und unwillkürliche Gesichtsausdrücke, die die wahren Emotionen einer Person verraten können. Zum Beispiel wird Überraschung durch hochgezogene Augenbrauen ausgedrückt, was zu horizontalen Falten auf der Stirn führt, und der Mund kann leicht geöffnet sein. Die mikroskopischen Gesichtsausdrücke beim Lächeln sind das Anspannen der Muskeln an der Seite des Mundes, kombiniert mit einem Zusammenziehen der Muskeln an den Augenwinkeln, wodurch sich diese zu »Krähenfüßen« zusammenziehen. Dieses echte Lächeln ist auch als »Duchenne-Lächeln« bekannt.
Generell sind wir sehr gut darin, ein echtes von einem falschen Lächeln zu unterscheiden (Nicht-Duchenne-Lächeln), bei dem die Krähenfüße in den Augenwinkeln nicht vorhanden sind. Außerdem wird das Duchenne-Lächeln mit selbst berichteter Freude und Vergnügen in Verbindung gebracht; laut einer Studie aktiviert es dieselben Hirnregionen wie die Empfindung einer positiven Emotion. Ein Nicht-Duchenne-Lächeln kann hingegen dazu dienen, eine negative Emotion zu verbergen, die wahrscheinlich von anderen (unbewusst) wahrgenommen wird. Untersuchungen belegen, dass Menschen, die ein echtes, authentisches Lächeln zeigen, als vertrauenswürdiger und positiver angesehen werden als Menschen, die ein falsches Lächeln zeigen.
Kannst du den Unterschied zwischen dem Duchenne-Lächeln und dem Nicht-Duchenne-Lächeln auf der folgenden Zeichnung erkennen?
Mimik und Mikroexpression
Hast du schon einmal eine Situation erlebt, in der eine Person dir sagte, dass sie mit deiner Entscheidung einverstanden sei, aber irgendwie hattest du das Gefühl, dass die verbale Zustimmung nicht mit der Art und Weise übereinstimmte, wie diese Person dich ansah? Es ist durchaus möglich, dass ihre Mimik dir eine ganz andere Geschichte erzählte als ihre Worte. Das heißt: Wir können zwar kontrollieren, was wir sagen, aber wir können nicht verhindern, dass Mikroexpressionen auftreten. Diese enthalten viele Informationen darüber, wie wir uns wirklich fühlen, und werden mithilfe des Facial Action Coding System (FACS), eines Systems zur Beschreibung menschlicher Gesichtsbewegungen anhand ihres Erscheinungsbilds, sowie der Körpersprache interpretiert. Interessanterweise zeigte eine Studie mit sehenden und blinden Sportlern, dass viele Gesichtsausdrücke angeboren sind. Eine Person, die blind geboren ist, zeigt zum Beispiel dieselbe Mimik beim Gewinnen und beim Verspüren von Freude wie eine Person, die nicht blind ist. Wie gut wir diese Mikroexpressionen erkennen können, ist individuell verschieden, doch dies soll eine Fähigkeit sein, die man trainieren kann.
Das Ausdrücken und Erkennen von Emotionen durch Gesichtsausdruck, Stimmlage und Körperbewegungen hat eine wichtige soziale Funktion. Diese Fähigkeit ermöglicht es uns, Gefühle zu verstehen, uns in andere einzufühlen und soziale Beziehungen aufzubauen. Empathie wird die Fähigkeit genannt, die Gefühle anderer zu verstehen und zu teilen, zum Beispiel wie sich eine Freundin fühlt, wenn sie eine schwierige Zeit durchmacht. Das kann dazu führen, dass wir ihr Hilfe anbieten, uns ihre Geschichte anhören oder sie umarmen. Durch diese Handlungen zeigen wir ihr, dass wir sie sehen und verstehen, was unsere soziale Bindung stärken kann. Wenn wir uns in andere einfühlen, verhalten wir uns möglicherweise auch so, dass sie davon profitieren, was als prosoziales Verhalten bezeichnet wird. Dieses Thema wird ausführlich in Kapitel 11 besprochen. Wenn neue Nachbarn einziehen, laden wir sie vielleicht auf einen Kaffee ein. Wenn eine Kollegin Stress hat, hören wir ihr zu oder bringen sie zum Lächeln. Dies kann den sozialen Zusammenhalt und die Zusammenarbeit fördern und trägt zum Wohlbefinden des Einzelnen sowie der Gemeinschaft bei.
Emotionen und Erinnerungen
Emotionen spielen zudem eine wichtige Rolle bei der Konsolidierung und dem Abruf von Erinnerungen. In der Regel führen Lebensereignisse, die eine Emotion auslösen, zu einem erhöhten Erregungs- und Aufmerksamkeitszustand, der zu einer besseren Gedächtnisbildung und einem besseren Abruf führen kann, was zum Beispiel in der Werbung häufig genutzt wird: Anzeigen oder Spots mit emotionalem Inhalt werden eher in Erinnerung behalten als solche, die lediglich Informationen über ein Produkt vermitteln.
In einer neueren Studie wurde der Einfluss von Emotionen auf die Erinnerung an neutrale Reize untersucht. Den Testpersonen wurden Bilder von neutralen Gesichtern und Häusern gezeigt, gefolgt von emotional erregenden Szenen. Eine Woche später testeten die Forscher, wie gut die Personen die Bilder wiedererkennen konnten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Bilder, die mit einem Zustand emotionaler Erregung einhergingen, deutlich besser erkannt wurden als jene, die nicht mit emotionaler Erregung einhergingen. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass emotionale Erregung die Prozesse beeinflusst, durch die Gedächtnisspuren später konsolidiert werden, und die Verankerung im Gehirn verbessert.
Was jedoch die Forschung zu Augenzeugenaussagen betrifft, so ergeben die wissenschaftlichen Erkenntnisse ein gemischtes Bild. Menschen, die Zeugen eines Verbrechens oder Unfalls werden, erleben in der Regel starke negative Emotionen wie Angst oder Stress. Um einzuschätzen, ob ihre Aussagen glaubwürdig sind oder nicht, ist es wichtig zu verstehen, inwiefern diese starken Emotionen die Erinnerungsbildung an das Verbrechen oder den Unfall beeinflussen. Während bestimmte Studien zeigen, dass die Erinnerung an belastende Ereignisse tendenziell genauer ist, haben andere Untersuchungen ergeben, dass unerwartete Ereignisse, die mit Angst und einem Gefühl der Gefahr einhergehen, stärker verzerrt und falsch wiedergegeben werden als emotionsneutrale Ereignisse. Dies wurde durch ein in der Psychologie bekanntes Experiment aus dem Jahr 1987 bestätigt. Die Versuchspersonen wurden gebeten, sich eine Reihe von Dias anzusehen, auf denen eine Abfolge von Ereignissen dargestellt war, z. B. ein Kunde, der ein Restaurant betritt und eine Bestellung aufgibt. In einer Version des Experiments trat ein harmloses Ereignis ein (z. B. der Kunde bezahlte das Essen mit einer Kreditkarte). In einer anderen Version fand ein emotional erregenderes Ereignis statt (z. B. der Kunde zog eine Pistole und überfiel den Kassierer). Nach dem Betrachten der Dias wurden die Personen gebeten, sich an Details der Szene zu erinnern. Die Ergebnisse zeigten, dass die Personen, die das emotional erregende Ereignis (den Raubüberfall) miterlebt hatten, sich schlechter an periphere Details erinnern konnten als die Personen, die das nicht emotionale Ereignis (die Kreditkartenzahlung) gesehen hatten. Periphere Details beziehen sich auf Elemente der Szene, die nicht direkt mit dem emotional bedeutsamen Ereignis zusammenhängen, aber dennoch in der Umgebung vorhanden sind. Zu diesen Details gehören z. B. das Aussehen von Umstehenden oder anderen Objekten im Hintergrund, die besondere Gestaltung oder Einrichtung des Restaurants, die Kleidung, die die Personen in der Szene tragen, alle zufälligen Handlungen oder Ereignisse, die gleichzeitig mit dem Hauptereignis stattfinden (z. B. andere Kunden, die Essen bestellen, Kellner, die Getränke servieren). Eine Person, die Zeuge eines Raubüberfalls war, kann sich beispielsweise genau daran erinnern, dass der Kunde eine Waffe zog und Geld verlangte, aber sie hat möglicherweise Schwierigkeiten, sich an Details zu erinnern, wie z. B. die Kleidung der anderen Kunden oder die Farbe der Wände im Restaurant.
Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass das Vorhandensein eines emotional bedeutsamen Reizes, wie z. B. einer Waffe, das Gedächtnis für bestimmte Details einer Szene beeinträchtigen kann. Es wird vermutet, dass sich negative Emotionen durch Stresshormone nachteilig auf die Konsolidierung unserer Erinnerung an alltägliche Ereignisse auswirken können.
Nicht zuletzt spielen Emotionen eine wichtige Rolle für unser Wohlbefinden und unsere psychische Gesundheit. Zum einen werden positive Emotionen wie Glück und Zufriedenheit mit einem besseren psychischen Wohlbefinden und höherer Widerstandsfähigkeit in Verbindung gebracht. Auch negative Emotionen haben hier eine wichtige Funktion: Als Reaktion auf eine Bedrohung des eigenen Wohlbefindens können sie dazu führen, dass wir unser Umfeld, unsere Gefühle und/oder unser Verhalten ändern. Doch um zu verstehen, was wir tun können, um unsere Emotionen und das daraus resultierende Verhalten zu beeinflussen, müssen wir erst mal herausfinden, wie Emotionen überhaupt entstehen.
Entstehung von Emotionen
Emotionen entstehen typischerweise in der Interaktion zwischen uns selbst und unserer Umwelt. Die folgende Abbildung zeigt das Modell der Emotionserzeugung von James Gross. Demnach beginnt eine Emotion mit der Bewertung externer oder interner Reize. Ein externer Reiz kann etwas sein, das eine Person zu uns sagt, zum Beispiel wenn jemand uns negatives Feedback gibt. Ein spontaner Gedanke an eine Person ist hingegen ein interner Reiz. Sobald wir diesen internen oder externen Reiz bewerten, lösen wir eine Reihe von Verhaltens-, Erfahrungs- und physiologischen Reaktionstendenzen aus. In Bezug auf das Beispiel mit der Person, die negatives Feedback gibt, könnte sich unser Herzschlag erhöhen, wir könnten uns verletzt fühlen und den Impuls verspüren, etwas Verletzendes zu erwidern. Diese Reaktionstendenzen können moduliert werden oder nicht, was der manifesten emotionalen Reaktion die endgültige Form gibt. Wir könnten zum Beispiel unseren Impuls, selbst etwas Verletzendes zu sagen, zügeln und uns aus der Situation zurückziehen oder aber unseren Gefühlen in dem Moment freien Lauf lassen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass Emotionen als kurze, schnell vorübergehende und intensive Gefühlszustände, Gedanken und körperliche Empfindungen infolge eines äußeren oder inneren Reizes gelten. Wenn eine Emotion länger anhält, sprechen wir von Stimmungen. Angenommen, du erhältst ein unerwartetes negatives Feedback, dann reagierst du vielleicht mit einer negativen Emotion wie Enttäuschung oder Frustration. Diese ist in der Regel nur von kurzer Dauer – es sei denn, du denkst ständig daran! Wenn du hingegen eine schwierige Trennung durchmachst, erlebst du womöglich eine Phase, die dominiert ist von deprimierten Gefühlen, das wäre eine Stimmung. Im Rahmen dieses Verständnisses betrachte ich Lebensglück nicht als eine Emotion, sondern als eine Stimmung oder sogar als langfristigen emotionalen Zustand, der sich aus vielen emotionalen Tendenzen und Reaktionen ergibt und daraus, wie wir mit diesen umgehen.
Das Modell von Gross wird häufig als theoretischer Rahmen für die weitere Erforschung von Emotionen und Emotionsregulation verwendet, wie auch hier in den ersten Buchkapiteln, wo wir das Thema Selbstregulation anschauen. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, zu erwähnen, dass Emotionen in Interaktion mit der Umwelt entstehen. Sie sind sowohl ein zwischenmenschlicher als auch ein intrapersoneller Prozess. Unsere Emotionen lassen sich also nicht von unserem sozialen Umfeld trennen. Wir fühlen uns glücklich, weil wir einen tollen Abend mit einem Freund hatten. Wir fühlen uns einsam, weil wir Gesellschaft vermissen. Wir sind stolz, weil wir die Präsentation gemeistert und unsere Nervosität erfolgreich bewältigt haben. Wir lieben eine Person, der wir nahestehen. Wir sind neidisch, weil wir glauben, dass es jemand anderem besser geht als uns. Wir verstehen und teilen Emotionen mit anderen, was ein wichtiger Teil der Empathie ist. Wir schämen uns, weil wir in einer Besprechung etwas Ungewöhnliches gesagt haben.
Wie du an den vielen Beispielen in diesem Buch sehen wirst, sind Emotionen ein vitaler Teil unseres sozialen Lebens, und unser soziales Leben ist ein entscheidender Teil unserer Emotionen. Diese beiden sind untrennbar miteinander verwoben. Außerdem regulieren wir unsere Emotionen oft in einem sozialen Kontext: Wir sprechen mit einem Freund, wenn wir traurig sind. Wir fühlen uns durch die Anwesenheit eines geliebten Menschen besser. Wir heben unsere Laune, indem wir mit einem Freund lachen. Wir verarbeiten ein schwieriges Lebensereignis, indem wir mit einem Therapeuten sprechen. Wir umarmen unser Kind, wenn es sich niedergeschlagen fühlt, um es zu beruhigen.
Wenn wir uns das Modell der Emotionserzeugung ansehen, gibt es verschiedene Faktoren, die wir aktiv verändern können, um unsere Emotionen und unser Lebensglück positiv zu beeinflussen. An erster Stelle steht die Wahl der Situation: Wir gehen auf Menschen und Situationen zu oder meiden sie, je nachdem wie sich dies emotional auswirken würde. Macht dir das Mittagessen mit dem Bekannten, der sich häufig beschwert, keinen Spaß? Dann kannst du beschließen, diese Person nicht mehr zum Mittagessen zu treffen. Wenn das nicht geht, kannst du eine Änderung der Situation in Betracht ziehen. So kannst du beim Mittagessen mit deinem meckernden Gesprächspartner von deinem letzten Urlaub erzählen oder ihn gezielt nach seinem schönsten Urlaub fragen, also die Gesprächsführung übernehmen und so das Jammern vielleicht etwas reduzieren.
Manchmal kannst du nicht verhindern, dass dir negative Ereignisse widerfahren, die dich mit negativen Emotionen zurücklassen und deine Lebensqualität beeinträchtigen. In solchen Situationen ist es von größter Bedeutung, zu verstehen, wie du deine Emotionen (flexibel!) regulieren kannst. Selbstregulation ist die Fähigkeit, unsere Emotionen zu erkennen und zu regulieren, sodass wir ein besseres emotionales Wohlbefinden und Zufriedenheit erreichen. Sie wird vor allem bei negativen Emotionen wie Stress angewandt, aber auch für das Stärken positiver Emotionen. Ich werde immer wieder auf das Thema Emotionsregulation zurückkommen.
Wissenschaft im Alltag
Ansteckende Emotionen
Hast du schon mal die Erfahrung gemacht, dass du zu lachen beginnst, wenn du andere Menschen lachen siehst? Kein Wunder, denn Emotionen sind ansteckend! Emotionale Ansteckung liegt vor, wenn die Emotionen und das damit verbundene Verhalten einer Person ähnliche Emotionen und Verhaltensweisen bei anderen auslösen, die sich in der Nähe oder in Kontakt mit ihr befinden. Das kann durch Gesichtsausdrücke, indirekte menschliche Interaktionen und/oder die Beobachtung des Verhaltens anderer Menschen passieren. Wenn uns also jemand anlächelt, ist die natürliche Reaktion, dass wir zurücklächeln, um uns der Emotion der anderen Person anzupassen.
Die Wissenschaft hat gezeigt, dass Menschen instinktiv dazu neigen, sich an den emotionalen Zuständen auszurichten, die sie bei Interaktionen wahrnehmen. Wenn du also eine Wohnung mit fröhlichen Menschen teilst, wird sich dies wahrscheinlich positiv auf deine Emotionen auswirken. Wenn du dir eine Wohnung mit jemandem teilst, der ständig in negativer Stimmung ist, kann es sein, dass du dich niedergeschlagen fühlst. Wenn dein Partner zu Hause ständig von seinem Handy abgelenkt ist, ist es wahrscheinlicher, dass auch du dich häufiger ablenken lässt. Menschen, die im Büro positive Emotionen zeigen, arbeiten besser zusammen, haben weniger Konflikte und fühlen sich leistungsstärker.
Auch für die Kunden deines Unternehmens ist dies von Bedeutung. Eine Studie ergab, dass die wahrgenommene Qualität der Dienstleistungen in einem Unternehmen durch lächelnde Mitarbeiter beeinflusst werden konnte. Jüngste Studien weisen darauf hin, dass Emotionen, die in Online-Nachrichten vermittelt werden, Einfluss auf die Emotionen der User haben. Da Homeoffice für viele von uns zu einem Teil des Geschäftsalltags geworden ist, hast du vielleicht auch schon die Erfahrung gemacht, dass die Emotionen, die Menschen während eines Online-Meetings ausdrücken, Einfluss darauf haben, wie du dich fühlst. Wenn du eine Gruppe von Menschen siehst, deren Gesichter Interesse oder sogar Freude ausdrücken, ist es sehr wahrscheinlich, dass du dich wesentlich besser fühlst, als wenn sie Langeweile zeigen.
Wie kannst du diese Erkenntnisse nutzen, um deine Lebenszufriedenheit zu steigern?
Wähle bewusst (soziale) Situationen, in denen es wahrscheinlicher ist, positive Emotionen zu erleben, wann immer dies möglich ist. Du kannst dich bewusst entscheiden, etwas mehr Zeit mit einer guten Freundin, mit der du viel Spaß hast, zu verbringen. Du kannst dir überlegen, eine Person, die sich ständig bei dir beschwert, öfter zu vermeiden.Sei die Person, die ihre Mitmenschen mit positiven Gefühlen ansteckt. Begrüße die Menschen um dich herum mit einem Lächeln. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass diese ebenfalls mit einem Lächeln reagieren und ihre emotionale Ansteckung an dich zurück- oder an andere weitergeben.Auch wenn du die Mimik anderer nicht kontrollieren kannst, so kannst du doch deine eigene kontrollieren. Ein Lächeln bei der Begrüßung oder die Bemerkung, dass es schön sei, Freunde oder Kollegen zu sehen, ist ein guter Anfang, um eine positive Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle wohlfühlen.Wenn du mit der Familie ein schwieriges Thema besprechen musst, hast du die Wahl, ob du dieses Gespräch mit einer positiven oder negativen Einstellung angehst. Das allein wirkt sich vielleicht nicht direkt auf die Lösung aus, kann aber eine positive Atmosphäre schaffen und alle Beteiligten motivieren.Bessere Emotionswahrnehmung
In folgendem Video wird genauer gezeigt, wie wir ein echtes von einem falschen (oder sozialen) Lächeln unterscheiden können:
Das Erkennen echter Emotionen bei deinen Mitmenschen kann dir helfen, die wahren Motivationen anderer zu verstehen, was zum Aufbau bedeutsamerer Beziehungen beitragen kann. Im Allgemeinen werden Menschen, denen dein Bestes am Herzen liegt, häufiger in einer Weise handeln, die für dich und die Entwicklung deines Lebens von Vorteil ist. Wenn du die wahren Emotionen bei anderen besser erkennst, kann dies eine wertvolle Entscheidungshilfe sein, wie du mit dieser Person umgehst.
Eine persönliche Anmerkung
Mehr lächeln
»Dein Gesicht drückt in Ruhe eine mürrische Emotion aus.« Obwohl ich Ähnliches schon früher gehört hatte, traf mich dieses ehrliche Feedback einer Kollegin, nachdem ich eine Keynote auf der Bühne gehalten hatte. Sie gab mir den Rat, häufiger zu lächeln. Ich achte seitdem viel mehr auf meinen Gesichtsausdruck, besonders wenn ich vor einer Gruppe stehe. Mir ist aufgefallen, dass ich den letzten Jahren auf der Bühne viel mehr lächle, dass meine Zuhörer viel engagierter sind und mich öfter anlächeln, was bei mir wiederum mehr positive Emotionen und ein größeres Selbstvertrauen auslöst.
Wenn ich einen Freund, Kollegen oder Kunden treffe, versuche ich, ihn mit einem echten Lächeln zu begrüßen, selbst am Telefon. Ein Lächeln, das man nicht sehen kann, hört man nämlich trotzdem! In der Regel erwähne ich dann im Gespräch, wie schön es sei, von der Person zu hören, und am Ende bedanke ich mich für ihre Zeit und ihre Unterstützung, falls das zutreffend ist. Eine positive Stimmung bei einem Telefonat bedeutet nicht, dass die Herausforderungen, die man währenddessen bespricht, nicht ernst genommen werden. Es bedeutet nur, dass ich dazu beitragen will, eine positive Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle Beteiligten wohlfühlen.
Ich lächle aber nicht nur bei Menschen, die ich kenne, sondern oft auch bei Menschen, die ich gar nicht oder nicht so gut kenne. Wenn ich im Supermarkt meine Einkäufe bezahle, begrüße ich die Kassiererin mit einem Lächeln, und wenn sie mir einen guten Tag wünscht, erwidere ich diesen Wunsch, während ich ihr kurz in die Augen sehe. Mit dieser einfachen Botschaft und der Tatsache, dass ich der Person in diesem Moment meine volle Aufmerksamkeit schenke, möchte ich ihr das Gefühl geben, gesehen zu werden, und hoffe, dass ich damit irgendwie meine Dankbarkeit für ihre Arbeit zum Ausdruck bringen kann.
Emotionen detektieren
Vor einigen Monaten habe ich einen Test zum Duchenne-Lächeln gemacht, um zu sehen, ob ich ein echtes von einem falschen Lächeln unterscheiden kann. Mir ist aufgefallen, dass ich am Anfang etwas mehr Zeit brauchte, um zu erkennen, ob ein Lächeln unecht war oder nicht. Nach der Hälfte des Tests brauchte ich schon viel weniger Zeit und bemerkte, dass es viel einfacher geworden war, das echte Lächeln zu erkennen. Das motivierte mich, mehr darüber herauszufinden, wie ich meine Fähigkeit trainieren konnte, Emotionen anhand von nonverbalen Signalen und Mikroausdrücken zu erkennen. Bei meinen Nachforschungen stieß ich auf einen Intensivkurs, der die Fähigkeiten, echte Emotionen bei Menschen zu erkennen, verbessern sollte. Anfangs war ich überrascht, wie kurz Mikroausdrücke wirklich sind. Es bedurfte einiger Übung, um die Erkennung dieser kurzen Veränderungen im Gesichtsausdruck zu verbessern. Ich war beeindruckt, wie trainierbar die visuelle Wahrnehmung ist und wie schnell ich mein Bewusstsein für diese kurzen Gesichtsausdrücke schärfte. Nach Abschluss des Kurses bin ich mir nicht sicher, ob ich Mikroausdrücke viel besser erkennen kann oder ob ich mir der Gesichtsinformationen bewusster geworden bin, die ich schon vorher – vielleicht intuitiv – genutzt habe. Das Ergebnis ist jedoch, dass ich das Gefühl habe, viel mehr Informationen über den Zustand einer Person während der Interaktion mit ihr zu erhalten. Neben dem Inhalt eines Gesprächs denke ich, dass ich die wahre Botschaft, die Menschen vermitteln wollen, besser verstehen kann.
Peter, einer meiner Freunde, ist Berater an einer renommierten Wirtschaftsschule. Er hat diesen Kurs schon vor einigen Jahren absolviert und führt viele positive Entwicklungen in seinem Leben darauf zurück, darunter viele Meilensteine in seiner Karriere. Er ist nun in der Lage, in zwischenmenschlichen Beziehungen emotionale Signale besser zu interpretieren, Missverständnisse zu vermeiden und generell die Kommunikation zu verbessern. Im Job muss Peter oft Projekte in Unternehmen verkaufen und konnte durch seine neuen Fähigkeiten seine Formulierungen und Herangehensweisen während des Verkaufsgesprächs elegant anpassen. In der Beziehung zu seiner Frau lernte er, negative Emotionen, die mit allgemeiner Müdigkeit zusammenhingen, von denen zu unterscheiden, die mit ihrer Beziehung zu tun hatten. Auch wenn seine Frau den Grund für die Emotion nicht direkt ansprach, lernte er schnell, ihre Gefühlsausdrücke besser zu interpretieren. Dies führte dazu, dass er in der Lage war, effektivere Strategien in seiner Kommunikation mit ihr anzuwenden. Wenn er merkte, dass ihre Emotionen mit etwas zusammenhingen, das in ihrer Beziehung passiert war, lud er sich selbst dazu ein, über das Geschehene zu reflektieren, was ihm dabei half, ein konstruktives Gespräch zu beginnen und die emotionale Verbindung zu seiner Frau zu stärken. Durch seine Schulung im Lesen von Gefühlsausdrücken erkennt er aber auch emotionale Zustände bei seinen Kunden schneller.
Wusstest du, …
… dass der Name Duchenne-Lächeln eine besondere Herkunft hat? Es ist nach Guillaume Duchenne benannt, einem französischen Neurologen und Psychologen, der im 19. Jahrhundert lebte. Er war als Duchenne de Boulogne bekannt und leistete große Beiträge zum Verständnis der Mimik und ihrer Verbindung zu den zugrunde liegenden Emotionen. Mit seinen Forschungen wollte er den Unterschied zwischen einem echten und einem unechten Lächeln klar erkennen. Durch elektrische Stimulation der Gesichtsmuskeln untersuchte er die Anatomie der Gesichtsausdrücke. Das Duchenne-Lächeln wird übrigens auch »Muskel der Freude« genannt, das von der Aktivierung der Muskeln gekennzeichnet ist, welche die Mundwinkel anheben und gleichzeitig die Augenfalten verursachen.
Interessant zu wissen: Nach ihm wurde auch die im Kindesalter am häufigsten auftretende muskuläre Erbkrankheit benannt. Diese Krankheit hat er bereits im 19. Jahrhundert beschrieben.
2Dein Denken führt zu deinem Schicksal
Was sagt die Wissenschaft?
Vom Denken und Fühlen
Warum bist du heute schon aufgeregt, obwohl dein wichtiges Meeting erst morgen stattfindet? Weil du daran denkst, es beschäftigt dich mental. Warum machst du dir Sorgen, obwohl du hier und jetzt nichts tun kannst? Weil deine Gedanken dich an das erinnern, was dich beunruhigt. Warum fühlst du dich vor einer Präsentation nervös, obwohl du noch gar nicht auf der Bühne stehst? Weil deine Gedanken an das Präsentieren und an das Stehen auf der Bühne aktiv sind. Denk an das letzte Mal, als du viel gelacht hast oder viel Spaß hattest. Allein der Gedanke an diesen Moment kann dazu führen, dass du auf der Stelle eine schöne Emotion erlebst.
Unsere Gedanken beeinflussen signifikant, wie wir uns fühlen, sowohl im negativen als auch im positiven Sinne; sie können sehr mächtig sein. Indem wir sie beeinflussen, können wir unsere Lebensqualität verändern. Was in unserem Leben passiert, können wir nicht immer kontrollieren, aber wie wir mental mit diesen Ereignissen umgehen, können wir entscheiden. Aber wie können wir das tun?
Unser Gehirn produziert durchschnittlich 50000 bis 70000 Gedanken pro Tag. Diese Schätzung kann jedoch je nach mentaler Aktivität, emotionalem Zustand und äußeren Reizen variieren. Viele Gedanken laufen unbewusst ab, dennoch haben sie großen Einfluss darauf, welche Emotionen wir erleben und wie wir handeln. Das Modell der Emotionserzeugung von Gross besagt, dass eine Emotion mit der Bewertung eines internen oder externen Reizes beginnt (siehe Kapitel 1). Diese Bewertung umfasst unsere Gedanken, mit denen wir bewusst oder unbewusst der Außenwelt eine Bedeutung geben.
Kognitives Priming
Lass uns ein kleines Experiment durchführen. Schau dir kurz aufmerksam die folgende Abbildung an:
Vervollständige jetzt so schnell wie möglich dieses Wort:
_AHL
Welches Wort kommt dir als Erstes in den Sinn? Es ist sehr wahrscheinlich, dass du gerade das Wort zu ZAHL vervollständigt hast. Das bloße Anschauen von einer Abbildung mit Zahlen beeinflusst, was du als Nächstes sehen wirst.
Bei meiner Lehrtätigkeit führe ich dieses Experiment oft durch, um den Zuhörern zu zeigen, dass das, was wir draußen sehen, im Grunde das ist, was in unserem Kopf passiert. Die eine Hälfte meiner Zuhörer erhält vorab ein Bild mit einer Wahlurne, die andere Hälfte ein Bild mit Zahlen. Wie du dir denken kannst, rufen jene Personen, die die Wahlurne gesehen haben, WAHL, während die anderen ZAHL schreien. Das nennt sich »Priming«, ein psychologisches Phänomen, bei dem die vorherige Exposition gegenüber einem bestimmten Reiz (das Bild einer Wahlurne oder Zahlen) die Verarbeitung und Interpretation der nachfolgenden Reize (das unvollständige Wort _AHL) durch das Gehirn beeinflussen kann.
Priming-Effekte können bei verschiedenen kognitiven Prozessen beobachtet werden, darunter Wahrnehmung, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Entscheidungsfindung. Der Begriff »kognitiv« bezieht sich auf alle Aspekte, die mit der Verarbeitung von Informationen und dem Erwerb von Wissen zusammenhängen. Dieses Phänomen zeigt die Verflechtung und den Einfluss früherer Erfahrungen und Informationen auf unsere nachfolgende kognitive Verarbeitung und unser Verhalten. Vereinfacht ausgedrückt: Was wir in der nahen und fernen Vergangenheit erlebt haben, kann einen starken Einfluss darauf haben, wie wir die Welt heute sehen und erleben.
Emotionales Priming
Doch nicht nur kognitive Prozesse können durch Priming verändert werden, sondern auch Emotionen. Emotionales Priming bezieht sich auf den Prozess, durch den die Exposition gegenüber einem emotionalen Stimulus nachfolgende emotionale Reaktionen oder Urteile beeinflusst. Wenn sich jemand beispielsweise einen traurigen Film ansieht, kann dies dazu führen, dass er sich danach einfühlsamer oder emotional sensibler fühlt. Emotionales Priming wird häufig in experimentellen Studien verwendet, um Emotionen hervorzurufen und deren Einfluss auf die weiteren mentalen Prozesse zu untersuchen.
Emotionales Priming kann auf verschiedene Weise erfolgen, etwa durch visuelle Reize (z. B. Bilder oder Videos), auditive Reize (z. B. Musik oder Geräusche) oder durch verbale oder schriftliche Sprache. Der emotionale Priming-Effekt kann die Wahrnehmung, das Gedächtnis, die Entscheidungsfindung und das gesamte emotionale Erleben einer Person beeinflussen. Wenn zum Beispiel jemand durch aufmunternde Musik mit positiven Emotionen angeregt wird, ist es wahrscheinlicher, dass er nachfolgende Ereignisse oder Informationen auf positive oder optimistische Weise interpretiert. Umgekehrt kann eine Person, die durch belastende Bilder mit negativen Emotionen angeregt wird, dazu neigen, nachfolgende Ereignisse in einem negativen Licht wahrzunehmen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Auswirkungen des emotionalen Primings subtil sein können und von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden, darunter individuelle Unterschiede, persönliche Erfahrungen und der Kontext, in dem das Priming stattfindet. Außerdem kann es sowohl kurzfristige als auch potenziell länger anhaltende Auswirkungen auf emotionale Zustände und Verhaltensweisen haben.
Der unbewusste Einfluss von visuellen Reizen auf unsere Emotionen wurde zum Beispiel mit der Aufgabe »Fearful Face Task« gezeigt, während die Testpersonen in einem MRT-Scanner lagen. Ein Magnetresonanztomograf (MRT) ist ein medizinisches Bildgebungsgerät, das mithilfe von starken Magneten und Radiowellen detaillierte Bilder von den inneren Strukturen des Körpers, einschließlich der Organe, Gewebe und Knochen, erzeugt. Er wird häufig zur Diagnose und Überwachung verschiedener Krankheiten eingesetzt, da er hochauflösende Querschnittsbilder ohne ionisierende Strahlung erzeugen kann, oder um Strukturen und Funktionen des Gehirns sichtbar zu machen. Die Testpersonen bekamen bei diesem Experiment Bilder von ängstlichen Gesichtern gezeigt, was normalerweise zu einer erhöhten Aktivierung der Amygdala führt, einer kleinen mandelförmigen Ansammlung von Kernen, die sich im Schläfenlappen des Gehirns befindet, sowohl in der linken als auch in der rechten Gehirnhälfte. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen und wird besonders mit Stress-, Angst- und Furchtreaktionen in Verbindung gebracht. Daneben sahen sie auch Bilder von neutralen männlichen und weiblichen Gesichtern. Die Bilder in der »Fearful Face Task« wurden entweder lang genug präsentiert, um bewusst wahrgenommen zu werden, oder so kurz und verdeckt, dass die Personen sie gar nicht bewusst bemerkten. Die Ergebnisse zeigen, dass nicht nur bewusst betrachtete ängstliche Gesichter eine Amygdala-Aktivierung auslösen, sondern auch Gesichter, die von den Personen nicht bewusst verarbeitet wurden. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit anderen Studien, die zeigen, dass die Amygdala als Reaktion auf Reize ohne bewusste Verarbeitung aktiviert werden kann, also dass Reize Stress- oder sogar Angstgefühle auslösen können, ohne dass wir sie überhaupt richtig wahrnehmen.
Die Hebbsche Lernregel
Der Priming-Effekt beruht auf den Netzwerken, die in unserem Gehirn gebildet werden. Dessen Bausteine sind Neuronen oder Gehirnzellen, von denen ein ausgewachsenes Gehirn etwa 86 bis 100 Milliarden hat. Jedes Neuron kann sich mit mehr als tausend anderen Neuronen verbinden, was das menschliche Gehirn zu einer sehr komplexen Ansammlung von neuronalen Verbindungen macht. Diese Verbindungen werden, neben anderen Faktoren wie etwa der genetischen Ausstattung, durch unsere Erfahrungen gebildet. Die Fähigkeit, zu lernen und sich an neue Erfahrungen zu erinnern, ist ein Kern unserer Existenz. Es ist weithin anerkannt, dass Erinnerungen durch die Verstärkung der neuronalen Verbindungen gebildet und gespeichert werden, wenn Neuronen gemeinsam aktiv sind. Dieses Prinzip ist als Hebbsche Lernregel bekannt: Wenn miteinander verbundene Neuronen während eines bestimmten Ereignisses zeitlich sehr nahe beieinander aktiv werden, verstärkt sich ihre Verbindung, und es bildet sich eine »Erinnerung« an dieses Ereignis. Mit anderen Worten: Neuronen verdrahten sich miteinander, wenn sie gemeinsam feuern (engl. What fires together, wires together).
Auf das _AHL-Priming-Beispiel übertragen: Im Laufe des Lebens wird das Bild einer Wahlurne oft gleichzeitig mit dem Wort Wahl präsentiert, sowohl in der Außenwelt als auch intern im Kopf als Gedanke. Dies führt dazu, dass wir lernen, dass das Bild einer Wahlurne mit Wahl verwandt ist. Je öfter wir diese Verbindung wahrnehmen oder je öfter wir diese Kombination innerlich wiederholen, desto stärker werden das Bild und das Wort in unserem Gehirn miteinander verbunden. Neuronen verdrahten sich miteinander, wenn sie gemeinsam feuern. Folglich aktiviert das bloße Sehen des Bildes einer Wahlurne nicht nur die neuronale Repräsentation der Urne, sondern teilweise auch das Wort Wahl. Dies ist die Grundlage des Lernens. Ein anderes Beispiel: Wenn wir eine neue Sprache lernen, etwa Französisch, kann es sein, dass uns das französische Wort cuisine