Von der Ostseeriviera zu grünen Wintersportorten: Deutschlandtourismus in Zeiten des Klimawandels - Gabriele M. Knoll - E-Book

Von der Ostseeriviera zu grünen Wintersportorten: Deutschlandtourismus in Zeiten des Klimawandels E-Book

Gabriele M. Knoll

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Beschreibung

Tropische Temperaturen an deutschen Küsten im Sommer – schneefreie Skipisten in den Mittelgebirgen und Alpen im Winter. Der Klimawandel verändert den Tourismus – das ist gewiss! Er wirkt sowohl auf das touristische Angebot als auch auf die Nachfrage. Zudem können touristische Dienstleistungen selbst den Klimawandel verschärfen. Gabriele M. Knoll beleuchtet das Phänomen Klimawandel aus touristischer Sicht. Dabei berücksichtigt sie gleichermaßen Forschung, Trends und Strategien von Politik und Verbänden sowie einzelner Destinationen in Deutschland. Darüber hinaus stellt sie konkret Verlierer und Gewinner der aktuellen Klimaveränderung vor und zeigt auf, wie Destinationen mit den verändernden Rahmenbedingungen umgehen. Daraus lassen sich viele Anregungen für die Praxis ableiten.

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Dr. Gabriele M. Knoll

lehrt Ökologie und Nachhaltigkeit im Tourismus an der Hochschule Rhein-Waal in Kleve sowie Tourismusmanagement an den Standorten Düsseldorf und Köln der Hochschule Fresenius sowie im Fernstudiengang Tourismus- und Eventmanagement dieser Hochschule.

Sie hat bei diversen Tourismusprojekten im In- und Ausland mitgearbeitet und ist Autorin touristischer Fach- und Lehrbücher sowie zahlreicher Reiseführer.

Gabriele M. Knoll

Von der Ostseeriviera zu grünen Wintersportorten

Deutschlandtourismusim Zeichen des Klimawandels

Umschlagabbildung: © Rike_ · iStockphoto

Abbildungen im Buch: 1 | ©Deutscher Wetterdienst), 2 | © Ulf Köhler/Deutscher Wetterdienst, 3 | © Flip 16 · iStockphoto, 4 | © Gabriele M. Knoll, 5 | © Gabriele M. Knoll, 6 | © Janny2 · iStockphoto, 7 | © borchee · iStockphoto, 8 | © MichalLudwiczak · iStockphoto, 9 | © Stefan Dangel, 10 | © Gabriele M. Knoll, 11 | © Jutta Wenner-Chiandetti, 12 | © Lars Ewering, 13 | © Gabriele M. Knoll, 14 | © Danilo Hartung, 15 | © Charly Ebel, 16 | © josefkubes · iStockphoto, 17 | © Gabriele M. Knoll

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

1. Auflage 2020

© UVK Verlag 2020

– ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Internet: www.narr.de

eMail: [email protected]

CPI books GmbH, Leck

ISBN 978-3-7398-3027-8 (Print)

ISBN 978-3-7398-8027-3 (ePDF)

ISBN 978-3-7398-0012-7 (ePub)

Inhalt

Vorwort

Der Klimawandel

Wann kann man davon sprechen?

„Land unter“ in Sicht– Weltweite Trends des Klimawandels

Die heiß diskutierte 2 °C-Grenze– aus der Geschichte des Klimawandels in Deutschland seit der Industrialisierung

Auswirkungen des Klimawandels in Deutschland aktuell

Allgemeines– Wetter extrem bis zur Naturkatastrophe

Der Klimawandel geht an die Substanz

Städte– ein „heißes Pflaster“

Klimawandel und Gesundheit

Neue Belastungen für den Körper

Nicht zu unterschätzen– das Wohlbefinden der Gäste

Der Klimawandel beeinflusst das Reiseverhalten

Unser Reiseverhalten fördert auch den Klimawandel

Politik und Institutionen nehmen sich des Themas an– Erste Reaktionen im Deutschlandtourismus

Die Branche setzt neue Prioritäten

Deutsche Destinationen exemplarisch– Touristiker reagieren bereits auf den Klimawandel

Küstenregionen und ihr Hinterland– Naturgewalten ausgesetzt

Flusslandschaften– Nicht immer alles im Fluss

Mittelgebirge– Problemwälder machen kreativ

Hochgebirge– Schneekanonen sind keine Dauerlösung

Wohin könnte die Reise gehen? Denkanstöße für ein verantwortungsvolles Tourismusmanagement im Zeichen des Klimawandels

Anmerkungen

Literatur

Links zu Destinationen (Kap. 5)

Stichwörter

Vorwort

Tourismus leidet – weltweit unterschiedlich – unter den Folgen des Klimawandels, aber er trägt auch gleichermaßen mit vielen seiner Erscheinungsformen und den damit verbundenen Aktivitäten zu seinem Fortschreiten bei. Der Klimawandel beeinflusst die Angebots- wie die Nachfrageseite. Von den globalen Entwicklungen lässt sich der Deutschlandtourismus nicht abkoppeln.

Manche Destinationen hierzulande gehören mit ihren natürlichen Angeboten jetzt schon absehbar zu den Verlierern, da der Klimawandel bereits heute dem Geschäft schadet. Aber auch bei den Gewinnern im Deutschlandtourismus gibt es durch den Klimawandel durchaus auch unerwünschte Effekte.

Dieses Buch soll aus der Forschung rund um den Klimawandel wesentliche Trends für Deutschland zusammenfassen, die für den Tourismus relevant sein können. Zudem werden bereits existierende Strategien vorgestellt, auf diese Veränderungen mit einem angepassten, zukunftsfähigen touristischen Angebot zu reagieren. Mit neuen Kooperationen und viel Kreativität lassen sich manche der neuen Herausforderungen meistern.

Zum einen soll dieses Buch Anregungen für die Praxis in den unterschiedlichsten Arten von Destinationen geben, zum anderen aber auch schon eine Vorbereitung für Studierende des Tourismusmanagements sein, denn dieser Komplex wird ihre Berufstätigkeit wesentlich prägen – und das nicht nur in deutschen Destinationen. Viele der Strategien werden übertragbar sein.

Klimaschutz und Klimaanpassung sind die „Gebote der Stunde“ bzw. der Zukunft – und dies gilt auch für den Tourismus.

Wachtendonk, Juni 2020

Gabriele M. Knoll

1Der Klimawandel

1.1Wann kann man davon sprechen?

Klimaänderungen gehören zur Erdgeschichte und von Natur aus hat der Globus diese in sehr langen Zeiträumen erlebt; von vielen 100.000 bis zu Millionen von Jahren, in denen es hierzulande auch tropische Verhältnisse gab, in denen die Wälder, aus denen einmal Braunkohle entstehen sollte, prächtig gedeihen konnten. Die letzten großen Klimaänderungen in Europa waren die Kaltzeiten bzw. Eiszeiten, in denen die Gletscher aus Skandinavien und dem Alpenraum u. a. im wahrsten Sinne des Wortes halb Deutschland unter eine bis zu 1.000 m dicke Eisdecke legten.

Klimawandel, natürliche Klimaschwankung, Klimaänderung, Einflüsse des Menschen auf das Klima – wie lassen sich diese Begriffe unterscheiden bzw. abgrenzen? In welcher Beziehung stehen Wetter und Klima?

Wetter bezeichnet den aktuellen Zustand einer Kombination atmosphärischer Elemente (Klimaelemente wie Strahlung, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, Niederschläge, Temperatur, Wind, Verdunstung, Bewölkung) an einem bestimmten geographischen Ort und die sich dort in der Atmosphäre abspielenden Vorgänge. Mit Hilfe einer längeren, mindestens 30 Jahre dauernden systematischen Wetterbeobachtung auf der Basis von regelmäßigen Messungen lässt sich das Klima für einen Ort, eine geographische Region bestimmen; es wird von der geographischen Breite und der Höhenlage geprägt.

Wissen | Wetter, Witterung und Klima

„Das Wetter beschreibt die kurzfristigen Ereignisse und Veränderungen der meteorologischen Erscheinungen. Die Witterung hingegen ist die sich im jahreszeitlichen Rhythmus wiederholende charakteristische Abfolge dieser Erscheinungen. Das Klima ist der über einen längeren Zeitraum beobachtete mittlere Zustand der meteorologischen Ereignisse.“1

Ändert sich das Klima in geringerem Umfang, spricht die Meteorologie von einer Klimaschwankung. So handelt es sich beispielsweise bei der Erhöhung der globalen Temperaturen um etwa 0,3 bis 0,6 °C seit dem Ende des 19. Jahrhunderts um eine Klimaschwankung. Auch wenn hierbei schon die Einflüsse und Mitwirkung des Menschen (Kap. 1.3) wissenschaftlich erwiesen sind, so gibt es auch natürliche Klimaschwankungen. Letztere können u. a. durch starke Vulkanausbrüche, durch Veränderungen in den Strahlungsmengen, die von der Sonne auf die Erde abgegeben werden, oder durch große Veränderungen bei den Platten der Erdkruste (plattentektonische Vorgänge) und damit der Verteilung von Land und Meer ausgelöst werden. Eine junge Klimaschwankung ist die kleine Eiszeit, die zwischen 1520 und 1860 in den Alpen für ein starkes Wachstum der Gletscher und Vorstöße bis an die Waldgrenze gesorgt hat. Während dieser Zeit sanken die Durchschnittstemperaturen in Europa gerade einmal um 1 bis 1,5 °C und diese relativ geringe Temperaturabnahme führte schon zu Ernteausfällen und Hungersnöten.

Bei Abweichungen ab 5 °C plus oder auch minus handelt es sich nach wissenschaftlicher Terminologie um eine Klimaänderung, die sich auch als Klimawandel bezeichnen lässt. Betrachtet man die aktuellen Vorgänge auf dem Globus und in der Atmosphäre, muss man von einer Klimaschwankung bzw. präziser einer Klimaerwärmung sprechen. Soweit, dass wir uns in Zeiten einer Klimaänderung oder eines Klimawandels befinden, ist es streng wissenschaftlich noch nicht; aber über die Begriffe zu philosophieren und daraus zu schließen, dass da nach den Definitionen im Deutschen noch kein Handlungsbedarf, keine Verantwortung abzuleiten wäre, zeugt von Ignoranz gegenüber den offensichtlichen Trends. „Nahezu alle Klimaexperten sind heute davon überzeugt, dass die Klimaerwärmung des 20. Jahrhunderts großenteils anthropogenen Ursprungs ist und dass sich diese Erwärmung bis weit in das 21. Jahrhundert hinein fortsetzen wird, wenn die Masse der Treibhausgase in der Atmosphäre weiter ansteigt.“2 Klimawandel bzw. climate change aus der Perspektive der ökologischen wie sozialen Nachhaltigkeit betrachtet, nimmt ohnehin – zumindest theoretisch – auch heute schon jeden sogar in seiner Rolle als Tourist in die Pflicht (Kap. 4.1).

Wissen | Vom Umgang mit den Zahlen rund um den Klimawandel

In den Zahlen, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel genannt werden, stecken – wie es der gesunde Menschenverstand ohnehin vermutet – viele Unsicherheitsfaktoren. Zum einen basieren die Werte auf Beobachtungen sowie Schätzungen und Berechnungen durch die verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen. Zum anderen lassen sich wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse nicht für alle Regionen unseres Globus verallgemeinern.

Es ist nicht Aufgabe dieses Buches, einen Beitrag zu der Erforschung des höchst komplexen Klimawandels zu liefern. Es beschränkt sich darauf, Grundzüge und wesentliche Trends anzudeuten, über die sich die Wissenschaft einig ist und soweit sie heute schon für den Tourismus in Deutschland relevant sind bzw. es in absehbarer Zukunft sein werden. Daraus mögen die Touristiker ihre Strategien ableiten und die verschiedenen Anregungen, die es aus Planung und Praxis bereits gibt, in ihre Arbeit einbeziehen – in das Tagesgeschäft, die Planungen für die nächste Saison sowie die Mitgestaltung einer den zukünftigen Anforderungen gewachsenen Destination!

1.2„Land unter“ in Sicht – weltweite Trends des Klimawandels

„Land unter“ in Sicht – diese Behauptung gilt nicht für eine ferne Zukunft, die viele Millionen von Küstenbewohnern bedrohen könnte. Geschätzt 150 Millionen Menschen leben weltweit in Metropolregionen am Meer. „Bis zum Jahre 2080 könnte nach diesen Projektionen der Meeresspiegelanstieg eine Gefährdung von über 100 Mio. Menschen durch Überschwemmungen der Küstenregionen herbeiführen, mit der Folge von Massenmigrationen ganzer Bevölkerungsgruppen.“3 Die Behauptung „Land unter“ ist jedoch heute schon für viele Zeitgenossen traurige bis Existenz vernichtende Realität.

Ein bedrohter Großraum, der zahlreiche attraktive wie viel besuchte Destinationen umfasst, ist die Inselwelt des südlichen Pazifiks. Die besondere Bedrohung dieser Inseln liegt an ihren oftmals geringen Höhen. Gabriele KERBER4 hat den Inselstaat Kiribati untersucht.

Die meisten der 33 Inseln des Staates ragen als Atolle nur um wenige Meter aus dem Ozean heraus. Sie bestehen aus Korallenschutt und Sand, die durch intakte Korallenriffe als Schutzwälle eine gewisse Sicherheit erhalten. Werden diese Schutzringe durch negative Einflüsse des Menschen – Abwässer, Fäkalien, Gewinnung von Baumaterial oder Zerstörung für Häfen – zerstört, kann die Erosion kaum gehindert die Meeresküsten, die Strände angreifen. Die Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs sind buchstäblich noch tiefgreifender: Das Grundwasser der Inseln versalzt, damit geht zunehmend das Trinkwasser für Mensch und Tier verloren und die Vegetation leidet darunter, manche Arten sterben schneller aus als andere. Die Pflanzenwelt – inklusive der Nutzpflanzen der Bevölkerung – wird geschädigt.

Diese Prozesse werden durch einen Anstieg des Meeresspiegels natürlich noch verstärkt. Auch wenn hierfür unterschiedliche Werte von renommierten Klimaforschern geschätzt werden; die einen erwarten bis zum Ende des 21. Jahrhunderts einen globalen Anstieg zwischen 17 und 82 cm, andere zwischen 50 und 140 cm, wenn nicht noch höher5, so ist die Bedrohung bzw. der Untergang der flachen Inseln deren traurige Perspektive.

Dabei sind heute bereits auf zahlreichen Inseln Kiribatis Verluste von Stränden auf den windzugewandten Seiten zu beobachten, während im Gegenzug auf den Leeseiten bei rund einem Drittel der Inseln Sedimente neu abgelagert werden – die Inseln scheinen zu wandern. Dieses Phänomen ist auch schon seit Jahrhunderten an den Inseln der Nordseeküste zu beobachten und auch hier ein akutes Problem (Kap. 4.1).

Klimaflüchtlinge von den Inseln Kiribatis gibt es schon heute, aber es ist aktuell auch noch eine Destination, die mit typischem Südsee-Image wirbt.6

Wissen | Vom Pazifik zur Nordsee – eine übertragbare Empfehlung der Biologin Gabriele Kerber

„Wichtig ist, nicht zu warten, sondern jetzt mit den Maßnahmen anzufangen, auch wenn die Datenbasis nicht immer vollständig ist und es immer noch Neues zu lernen gibt. Denn es hat sich gezeigt, dass kulturell adäquate, kurzfristige Anpassungsmaßnahmen, die die langfristige Zukunft mit im Blick haben, die wissenschaftliche Unsicherheit über das Kommende reduzieren können und die Möglichkeit geben, aus Fehlern zu lernen. Wiederbewertungen bereits durchgeführter Maßnahmen und angemessene Korrekturen machen eine sinnvolle und langfristige Anpassung möglich. Das limitierende Element bei diesem Ansatz dürfte allerdings die durchgängige und langfristige Finanzierung sein.“7

Solche Entwicklungen wie in der pazifischen Inselwelt sind nicht nur Geschehnisse in weiter Ferne aus deutscher Sicht (Kap. 2.2). Der Meeresspiegelanstieg durch den Rückgang polarer Eiskappen betrifft beispielsweise auch die Nordsee und ganz besonders ihre an den deutschen Küsten flachen Bereiche.

Ein Teil des Meeresspiegelanstiegs ist hier noch ein Erbe aus der letzten Eiszeit und damit ganz ohne Einfluss des Menschen verursacht. Während der letzten Eiszeit gab es gar keine Nordsee, denn der Meeresspiegel des Atlantiks lag bis zu 120/150 m unter dem heutigen. Durch eine flache Landschaft hätte man trockenen Fußes nach England wandern können. Seit der späten Weichseleiszeit steigt mit dem Zurückweichen und Schmelzen der Gletscher aus dem Norden der Meeresspiegel – „anfangs etwa ein Meter im Jahrhundert, später langsamer bis zu jeweils etwa 25 Zentimetern in den letzten drei Jahrhunderten“8. Durch das aktuelle, vom Klimawandel geförderte schnellere Abschmelzen der polaren Eismassen steigt weltweit der Meeresspiegel, was sich in flachen Meeresbereichen naturgemäß stärker auswirkt. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass die Erwärmung des Meereswassers durch höhere Lufttemperaturen auch die obersten Wasserschichten verändert: Das Volumen des Meereswassers wird größer und der Meeresspiegel bekommt noch einen weiteren Impuls anzusteigen – was sich in wärmeren Klimazonen noch stärker auswirken kann, um den Bogen zurück in den Pazifik zu schlagen.

Andere Auswirkungen des allgemeinen Temperaturanstiegs durch den Klimawandel9 auf unseren Globus, auf den Land- wie in den Meeresbereichen, sollen nur kurz angesprochen bzw. ihre mögliche Relevanz für den Tourismus angedeutet werden.

Extremwetterereignisse schaffen Fakten innerhalb von Minuten

Wetterextreme, die ebenso zu den Zeichen eines Klimawandels gehören, haben bereits in den letzten Jahrzehnten auch in Deutschland gesamt, regional oder nur lokal den Alltag inklusive das Reiseverhalten vieler Menschen beeinflusst. Dazu können Stürme, Überschwemmungen, Starkregenereignisse, Hitzeperioden samt Dürren, aber auch Schneemassen gezählt werden. Nicht minder vielfältig sind die Beeinträchtigungen, die sich daraus für den Tourismus ergeben können.

Aus der breiten Palette einige Beispiele: Stürme mit umstürzenden Bäumen gefährden den fließenden wie ruhenden Verkehr, beschädigen Gebäude und touristische Infrastruktur. Überschwemmungen treffen insbesondere in den Tälern der Mittelgebirge die bevorzugt in direkter Flussnähe liegende Campingplätze, aber ebenso Fernradwege durch die Auen. Niederschlagsmassen können auch lokal als Starkregenereignisse für eher kleinräumige Überschwemmungen mit den üblichen Auswirkungen sorgen.

Prognosen sagen, so wie es auch durch die persönliche Wahrnehmung hitzegeplagter Zeitgenossen bestätigt wird, die Hitzeperioden und Dürren nehmen an Häufigkeit und Intensität zu. Der XXL-Sommer 2018 kann da als überzeugendes Beispiel gelten, das jedoch aus streng wissenschaftlicher Sicht allein noch nicht reicht. Doch als Vorbote und Teil eines Trends werden ähnliche Hitzesommer folgen, ohne eine Kristallkugel zu befragen – siehe Sommer 2019! Der Sommer 2003 ging als rekordverdächtig in die deutsche Wettergeschichte ein und der Sommer 2018, der mit entsprechend hohen Temperaturen von April bis Oktober dauerte, machte ihm diesen Rang schon streitig. Schließlich ging das Jahr 2018 als das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 ein, so der Deutsche Wetterdienst.

1 | Das Jahr 2018 war mit 10,4 °C Durchschnittstemperatur das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881.

Für das Jahr 2018 lag die Durchschnittstemperatur in Deutschland mit 10,4 °C um 2,2 °C über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Gegenüber der Vergleichsperiode 1981 bis 2010 betrug die Abweichung nach oben 1,8 Grad.10 Damit wurde die heiß diskutierte 2 °C-Grenze (Kap. 1.3) in Deutschland schon einmal geknackt. Das lässt sich jedoch erst einmal als eine Einzelerscheinung verbuchen; schaut man auf die Entwicklungen seit dem Ende der 1980er-Jahre, ist da ein klarer Trend zu beobachten.

Trockenheit bis hin zur Dürre in Klimazonen, für die diese Erscheinungen nicht typisch sind, können ein weiteres Indiz für den Klimawandel sein. Der Jahrhundertsommer 2018 zeigt dies in Deutschland auf nicht minder überzeugende Weise. Im gesamten Jahr fielen nur 75 % der üblichen Niederschlagsmenge und eine extreme Trockenheit herrschte von Februar bis November. Mögen 75 % auf den ersten Blick doch ein nicht so bedenkliches Minus bedeuten, relativiert sich die Zahl angesichts der monatelangen Hitzeperiode wieder.

Die Dürre, die das Wirtschafts- und Alltagsleben in selten erlebter Weise betraf – bis hin zu steigenden Benzinpreisen, da Tankschiffe von den Nordseehäfen nur eingeschränkt ins Binnenland verkehren konnten, schlug sich auch auf den Tourismus nieder. Die extrem niedrigen Wasserstände in Flüssen und Seen beeinträchtigten oder bremsten Ausflugs- und Kreuzfahrtschiffe auf den Flüssen noch bis weit in den Herbst hinein. Ausflugsschiffe auf Stauseen fanden auch nicht mehr genügend Wasser unter dem Kiel.

Unter solchen Wetterbedingungen steigt die Gefahr, dass stehende Gewässer umkippen ( Box). Dabei leisten Massen an Badegästen und Wassersportlern, u. a. mit ihren Sonnenschutzmitteln auf der Haut und anderen Hinterlassenschaften im Wasser, ebenso einen kleinen Beitrag zur Eutrophierung. Diese Belastungen werden noch stärker durch den Besucheransturm in einer Hitzewelle und den fehlenden Wassernachschub in einer eventuell damit verbundenen Dürre.

Wissen | Eutrophierung – Gewässer kippen um

Industrielle, gewerbliche und häusliche Abwässer sowie das Einschwemmen von Düngemitteln aus der Landwirtschaft bringen Fließ- und vor allem Stillgewässern einen Überschuss an Nährstoffen. Vor allem Nitrate und Phosphate steigern das Wachstum des Planktons, was wiederum zu einem erhöhten Sauerstoffverbrauch und zur Bildung von Faulschlamm – der Eutrophierung – führt. Als schlimmste Folge wird das Leben im Gewässer absterben und der See wegen Sauerstoffmangels „umkippen“.

Hitze und Trockenheit und damit fehlender Nachschub an möglichst sauberem Wasser verstärken die Eutrophierung.

Die Gefahr eines Sauerstoffmangels kann auch große Gewässer betreffen. So sperrte das polnische Gesundheitsministerium im Sommer 2018 mehrere Strände der Ostsee wegen der giftigen Blaualgenpopulationen, die sich unter den Wetterbedingungen besonders stark entwickelt hatten. Blaualgen stellen ein Gesundheitsrisiko dar.11

Mehr Sommerhitze als es guttut

Die negativen Auswirkungen von extremen Hitzephasen auf die Gesundheit sind vielfältig (Kap. 3). Kinder, Kranke, ältere Personen und Frauen sind stärker als Männer davon betroffen. Die körperlichen Belastungen werden oftmals noch dadurch verstärkt, dass bei hohen Temperaturen nicht genügend getrunken wird. Unter solchen ungewohnt extremen Temperaturen steigt die Sterblichkeit: Für das Jahr 2003 wurden ca. 70.000 Hitzetote in Europa, in Deutschland allein 20.000 bis 30.000 geschätzt, für 2018 ermittelte das Robert-Koch-Institut allein für Berlin und Hessen insgesamt 1.200 hitzebedingte Sterbefälle12 – natürlich gibt es zu diesen Werten eine hohe Dunkelziffer.

Doch Extremwetter muss sich nicht nur in Hitze, Dürre und sintflutartigen Regenfällen niederschlagen, es können auch meterhohe Schneemassen sein. Der Jahresbeginn 2019 hat Extremwetter in den Bayerischen Alpen mit Schnee in ungekannten Höhen gezeigt: Lawinen bedrohten Siedlungen und Straßen, es folgten Sperrungen von Straßen durch Waldgebiete, in denen Bäume unter ihrer Schneelast zusammenzubrechen drohten. Orte waren deshalb von der Außenwelt abgeschlossen, die Versorgung der Einwohner und Gäste war zeitweise unterbrochen. Die touristische Infrastruktur wurde durch solche Schneemengen und die sich daraus ergebenden Gefährdungen stillgelegt: Skipisten und Loipen gesperrt, Bergbahnen und Lifte mussten ihren Betrieb einstellen. Dächer drohten unter der weißen Last einzustürzen, besonders gefährdet waren diejenigen von großen Hallen – oftmals Sportstätten.

2 | Nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter können Wetterextreme auftreten und mit solchen Schneemassen selbst den Wintertourismus von der An- und Abreise bis zum Pistenbetrieb ausbremsen, wie im Januar 2019 geschehen.

Auswirkungen extremer Wetterlagen lassen sich bereits heute auf die Ökosysteme beobachten, Flora und Fauna werden beeinflusst, teilweise schon geschädigt. Als besonders touristisch relevant darf man den Wald mit seiner Erholungsfunktion, seinem ökologischen und ästhetischen Wert bezeichnen. Was wäre Tourismus in den Mittelgebirgen ohne – auf den ersten Blick zumindest – intakte Wälder? (Mehr zum Thema Kap. 2.2)

Von unschätzbarem Wert: der Wald

Auch für das Hochgebirge spielt der Wald in den entsprechenden Höhenstufen eine wichtige Rolle für Natursportarten und Erholung. Werfen wir einen kurzen Blick auf die Regionen oberhalb der Baumgrenze, in die Höhenstufen von Fels und Eis, in denen sich der Klimawandel mit anderen gefährlichen – zum Glück noch einzelnen – Ereignissen schon heute zeigt. Bergstürze hat es in der jüngeren Geschichte zwar immer schon gegeben, doch die klimatischen Veränderungen lassen befürchten, dass sie in Zukunft häufiger passieren könnten, wie es auch schon beim nachfolgenden Beispiel aus den Schweizer Alpen prognostiziert wird.

Ein aktuelles Beispiel ist der Bergsturz vom 23. August 2017 im Schweizer Kanton Graubünden. Eine Felsflanke vom Piz Cengalo in den Bergeller Alpen stürzte als ein Fels-, Schutt- und Wassergemisch von mehr als drei Millionen Kubikmeter ins Bondasca Tal. Acht Wanderer wurden unter den Fels- und Schuttschichten begraben und noch im tiefer gelegenen Dorf Bondo wurden mehrere Häuser zerstört. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich ähnliche Vorgänge hier in gleichem Ausmaß durchaus auch in nächster Zukunft wiederholen können. Ein wichtiger Auslöser für diese Naturkatastrophe ist das in den Alpen verbreitete Tauen des Permafrosts. Das permanente Eis in den Felsen hält Felswände und Berghänge wie ein Kitt zusammen. Tauen die oberen Schichten eines Hangs auf, wird er instabil und die Schwerkraft wirkt auf die locker gewordenen Teile eines Bergs – Steinschlag, Murenabgänge bis hin zu großen Bergstürzen werden in Bewegung gesetzt. Diese Vorgänge finden im Sommer statt und können, wie es das Beispiel Val Bondasca gezeigt hat, Wanderer und andere Natursportler in der Hochgebirgslandschaft treffen.

Das bereits seit dem 19. Jahrhundert verstärkt fortschreitende Schmelzen der Gletscher in den Alpen bedeutet u. a. auch einen Rückgang des Trinkwassers und wird sich eines Tages auf die Versorgung der Bevölkerung und Touristen niederschlagen. Verschwinden Gletscherzungen, hinterlassen sie Mondlandschaften aus Geschiebe und Material von Steinschlägen bis Bergstürzen. Dies bedeutet recht unattraktive Landschaftsbilder während des Sommers, wenn kein Schnee mehr die Schutthänge verdeckt – als Wanderer stellt man sich andere Naturkulissen vor! Gletscherskigebiete für den sommerlichen Skilauf werden sich zunehmend in Wasser auflösen – so wie Gletscher vielleicht auch mit Eishöhlen oder anderen Möglichkeiten, in das Innere eines Eisstromes zu kommen, die derzeit noch als Attraktionen während des Sommers besucht werden können.

Zusammenfassend lassen sich aus den Ergebnissen der Klimaforschung der letzten Jahrzehnte – so RAHMSTORF/SCHELLNHUBER13 – bereits zu jenem Zeitpunkt einige Kernaussagen machen, die als gesichert gelten und nicht mehr umstritten sind. Die Konzentration von CO2 ist seit ca. 1850 stark angestiegen; verantwortlich ist dafür der Mensch, in erster Linie durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe, in zweiter Linie durch das Abholzen von Wäldern. Damit wird die Mitte des 19. Jahrhunderts als Beginn der Industrialisierung bezeichnet, die wiederum als Ausgangspunkt für die 2 °C-Grenze (Kap. 1.3) gesetzt wurde. Kohlendioxyd ist ein klimawirksames Gas, das den Strahlungshaushalt der Erde verändert. Ein Anstieg der CO2-Konzentration führt zu einer Erwärmung der oberflächennahen Temperaturen zu Lande wie zu Wasser. Das Klima hat sich in Deutschland während des 20. Jahrhunderts deutlich erwärmt; in Deutschland um ca. 1 °C, global dagegen nur um 0,6 °C.

Wissen | Aktueller Klimawandel mit kritischem Tempo

„Die letzte vergleichbar große globale Erwärmung gab es, als vor ca. 15 000 Jahren die letzte Eiszeit zu Ende ging: Damals erwärmte sich das Klima global um ca. 5 °C. Doch diese Erwärmung erfolgte über einen Zeitraum von 5000 Jahren – der Mensch droht nun einen ähnlich einschneidenden Klimawandel innerhalb eines Jahrhunderts herbeizuführen.“14

1.3Die heiß diskutierte 2 °C-Grenze – aus der Geschichte des Klimawandels in Deutschland seit der Industrialisierung

Bevor es möglich ist, bestimmte Klimawerte als Ausgangspunkt des aktuellen Klimawandels zu bezeichnen, sollte man erst einmal einen kurzen Blick in die Geschichte der systematischen Wetterbeobachtung werfen. Wesentliche Erfindungen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts waren dafür technische Grundlage: das Barometer zum Messen des Luftdrucks und das Thermometer, das die Temperaturen zunächst mit Hilfe der Ausdehnung von Alkohol maß. Erste Klimaaufzeichnungen auf deutschem Boden sind für die Zeit um 1700 überliefert. Ein erstes europaweites meteorologisches Messnetz errichtete die Societas Meteorologica Palatina – die Pfälzische Meteorologische Gesellschaft – mit Sitz in Mannheim zwischen 1781 und 1792. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden ebenso staatliche Wetterdienste in Königreichen und Herzogtümern Deutschlands gegründet.15

Einheitlich und weitgehend kontinuierlich findet seit 1881 eine regelmäßige Wetterbeobachtung statt, die damit die Ausgangslage schafft, auf deren Basis aktuelle Veränderungen sichtbar werden. Seit ca. 60 Jahren werden systematisch in einem Netz von Messstationen in Deutschland täglich Daten zu Temperatur, Niederschlag, Schneehöhe, Luftdruck, Wind, Sonnenscheindauer, Wolken und Strahlung, so genannte Klimaelemente, gesammelt.

Folgendes lässt sich daraus für die Entwicklung der Temperaturen im Zeitraum 1881 bis 2014 ableiten:16

»Die Temperatur stieg im Sommer um 1,2 °C, im Winter um 1,1 °C und damit im Jahresdurchschnitt um 1,3 °C.

»Im Westen Deutschlands stiegt die Temperatur etwas stärker als im Osten.

»Der durchschnittliche Temperaturanstieg in Deutschland war größer als derjenige auf der Erde insgesamt.

Wissen | Rund um Temperaturen17

Sommertag

Die Tageshöchsttemperatur erreicht mindestens 25 °C.

Hitzetag

Die Tageshöchsttemperatur erreicht mindestens 30 °C.

Tropennacht

Die Tiefsttemperatur fällt während des Tages (24 Stunden) nicht unter 20 °C.

Frosttag

Die Tiefsttemperatur des Tages (24 Stunden) liegt unter 0 °C.

Eistag

Die Tageshöchsttemperatur bleibt unter 0 °C.

Welche Entwicklungen lassen sich für diesen Zeitraum bei den Niederschlägen beobachten? Sie haben von 1881 bis 2014 um 10,2 % zugenommen, verglichen mit dem langjährigen Mittel von 1961 bis 1990. Im Winter stieg die Niederschlagsmenge um 26 % – dabei mehr im Westen Deutschlands als im Osten mit seinem ohnehin trockeneren kontinentalen Klima. Im Sommer gab es dagegen 0,6 % weniger Niederschläge.18

Für die Berechnung von Klimagrößen nehmen die Wissenschaftler drei aufeinanderfolgende Jahrzehnte zur Basis, so waren es die Jahre 1961 bis 1990, die als so genannte Normalperiode (s. o.) galten. Auf Grund der Klimaerwärmung wird diese Zeit jedoch nicht mehr von allen Meteorologen als repräsentativ für das aktuelle Klima angesehen, mit dem neuen Vergleichszeitraum 1981 bis 2010 ist man näher an den aktuellen Trends.

Der XXL-Sommer 2018

Wie steht es um die Werte, die jüngsten Daten aus dem Rekordjahr 2018 mit seinem XXL-Sommer? Der Deutsche Wetterdienst bietet die gewünschten Ergebnisse von 2.000 Messstationen aus jenem Jahr, das als das – derzeit – wärmste und sonnigste seit den Wetteraufzeichnungen ab 1881 gilt: „Von April bis November verliefen alle Monate ausnahmslos zu warm, zu trocken und sonnenscheinreich.“19 Schon der Januar 2018 war ungewöhnlich mild, jedoch sehr niederschlagsreich vor allem im Südwesten. Einen Hauch Winter gab es im Februar und März. Anfang April schaltete das Wetter innerhalb weniger Tage gleich von Winter auf Sommer um und dieser April sollte auch noch gemeinsam mit dem Mai die wärmsten Frühlingsmonate seit 1881 bringen. Gleichzeitig startete eine der größten Trockenheiten der deutschen Klimageschichte für den größten Teil des Landes – schwere Gewitter, oft mit Hagel und sintflutartigem Regen suchten vor allem den Süden und Westen Deutschlands heim. Der Juli und der August zeigten sich als eine der längsten und stärksten Hitzeperioden: „Dazu erlebten die Menschen im Juli und August eine der längsten und gewaltigsten Hitzeperioden. Sommerlich warme Tage mit viel Sonnenschein und katastrophale Regenarmut zogen sich bis in den November hin. Erst im Dezember ging die Dürre mit ergiebigen Niederschlägen zu Ende.“20

Bei der wichtigen Rolle, die gerade die Temperaturwerte selbst mit ihren Zahlen hinter dem Komma in der aktuellen Diskussion um Klimaerwärmung bzw. Klimawandel spielen ( S. 26), ist ein Blick auf ihre seriöse Ermittlung nach international geltenden Standards sinnvoll.

Wissen | Korrekte Temperaturmessung in der genormten Wetterhütte21

Internationaler Standard gibt vor, wie eine solche Wetterhütte auszusehen hat, wo sie stehen darf und in welcher Höhe die Lufttemperatur gemessen wird. Korrekter wäre es eigentlich, von einem Wetterhüttchen zu sprechen, denn die „Hülle“ des Thermometers, heute in der modernsten Form oftmals ein elektronischer Sensor, wird nicht von einem Wetterbeobachter betreten. Über drei Stufen vor dem nach Norden ausgerichteten Türchen kann er einen Blick auf die abzulesenden Werte werden.

Das Thermometer muss sich in einer Höhe von zwei Metern über dem Erdboden befinden. Die Wetterhütte stellt den erforderlichen Schatten für das Thermometer dar. Ihre Wände besitzen Lamellen, so wird die kleine Hütte gut durchlüftet und kann auch die Umgebungstemperatur widerspiegeln, weil sich keine Hitze in ihr stauen kann und die Werte verfälschen. Aus diesem Grund ist die Wetterhütte auch weiß angestrichen, damit sie die Wärmestrahlung der Sonne reflektiert.

Einige herausragende Werte aus dem Jahr 2018 seien noch genannt, um dieses Rekordjahr, das wärmste seit 1881, weiter zu beschreiben. „Mit 10,4 Grad Celsius (°C) lag im Jahr 2018 der Temperaturdurchschnitt um 2,2 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Gegenüber der Vergleichsperiode 1981 bis 2010 betrug die Abweichung nach oben 1,8 Grad. 2018 übertraf damit den bisherigen Rekordhalter 2014 um 0,1 Grad.“22 Der heißeste Ort war Bernburg an der Saale mit 39,5 °C – natürlich im Schatten gemessen – am 31. Juli. Den Negativrekord 2018 stellte Reit im Winkl am 28. Februar mit -22,1 °C auf.

Zu der Jahrhunderthitze kam 2018 noch eine extreme Trockenheit hinzu, die von Februar bis November das Wettergeschehen prägte; diese zehn aufeinanderfolgenden Monate waren nach dem statistischen Durchschnitt alle zu trocken. Insgesamt fielen im Jahr 2018 mit rund 590 Litern pro Quadratmeter (l/m2) nur 75 Prozent seines Klimawertes von 789 l/m2 – auch hier ein rekordverdächtiger Wert seit 1881. Beachtliche regionale Unterschiede stecken in dem Durchschnittswert dieser Niederschlagsmenge. Im Oberallgäu und Südschwarzwald fielen örtlich über 1800 l/m2, während an manchen Stationen in Sachsen-Anhalt und Thüringen gerade einmal rund 250 l/m2 gemessen wurden. Dies spiegelt u. a. auch die üblichen Unterschiede zwischen maritimem und kontinentalem Klima wider (Kap. 2.2), aber auch ungewöhnliche Großwetterlagen. Die größte Regenmenge an einem einzigen Tag, dem 12. Juni, fiel in Mauth-Finsterau im Bayerischen Wald mit 166,5 l/m2, die man als Extremwetterereignis verbuchen dürfte. Extreme Niederschläge im Winter sind auch möglich, so gab es in Balderschwang im Oberallgäu am 13. Februar mit 142 cm die höchste Schneedecke abseits der Berggipfel 2018.23 Doch das sollte im Januar 2019 mit dem Schneechaos in Oberbayern schon wieder „Schnee von gestern“ sein und in fünf Landkreisen der Katastrophenfall wegen extremer Gesamtschneemengen gelten ( Abb. 2)!