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Ähnlich wie in seinem erfolgreichen ersten Buch beschreibt der Schweizer Martin Ebner auch diesmal humorvoll bis satirisch die unterschiedlichen Sichtweisen von Jägern, Landwirten, Wanderern und anderen Naturnützern sowie Politikern, denn die gemeinsame Nutzung des Naturraumes stellt alle Beteiligten immer wieder vor große Herausforderungen und bringt oft Fehlverhalten oder absonderliche gesetzliche Regelungen mit sich. Der begeisterte Jäger und Mitarbeiter von Arbeitsgruppen wie "Wild und Umwelt" verfasst auch Beiträge für die Zeitschrift "Jagd & Natur" und ist daher versiert im Aufspüren von Problemen, die sich rund um Jagd, Natur, Wildtiere, aber auch um Haustiere und die involvierten Menschen auftun.
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Seitenzahl: 212
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Martin Ebner
Humorvolle und kritische Geschichten rund um Menschen, Tiere und die Jagd
Leopold Stocker VerlagGraz–Stuttgart
Umschlaggestaltung:
DSR Werbeagentur Rypka GmbH, 8143 Dobl, www.rypka.at
Umschlag-Illustrationen:
istockphoto.com/animatedfunk (Wolf) bzw. istockphoto.com/dedMazay (Schaf)
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www.stocker-verlag.com
ISBN 978-3-7020-1956-3eISBN 978-3-7020-2049-1
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© Copyright by Leopold Stocker Verlag, Graz 2021
Layout: Ecotext-Verlag Mag. G. Schneeweiß-Arnoldstein, Wien
Repro: DSR Werbeagentur Rypka GmbH, 8143 Dobl
Vorwort für Nichtjäger
Vorwort für (Wild-)Tiere
Vorwort für Jäger
Fürs Sofa geboren
Von Fröschen und Bambis
Das Krokodil oder „Jägersprache sprichwörtlich“
Heulende Wölfe – seufzende Schafe
Auf vier Tatzen ins Paradies
Im Schlaraffenland
Die Politik schaltet sich ein
Nichts gelernt
Mut zu neuen Ideen
Pest oder Cholera?
Wir schaffen das!
Wildschweinschwemme
Seifenblasen statt Bienen
Jägerlatein
Mit Kanonen auf Entenjagd
America first
Europäer etwas bescheidener
Das Ende der Entenkanonen
Schöne Bescherung
Wir Alten
Meister Bockert
Form 14, dreifach
Löwen aussetzen
Vom Affen gebissen
Streifschüsse zu Weihnachten
Die guten alten Zeiten
Erinnerungen sind flüchtig
Statistiken lügen meistens nicht
Doch das Niederwild leidet …
Die Jagd ist heute überreguliert
Von Nützlingen und Schädlingen
Tempi passati
Vom Wildbret …
… zum Haar in der Suppe
Die Geschichten vom bösen, lieben Wolf …
… und vom armen Fuchs
Früher der Adler, heute der Wolf
Die Zukunft ist vegan …
… oder gehört dem Metzgermeisterverband …
… oder den Wölfen …
… oder uns Jägern
Winkelried
Seufzende Lämmer, klagende Kitze
Sind Sie schon tot?
Voll krass
Hightech-Jagd
Artenschutz für alle
Arche Noah
Jäger, ledig, sucht
Beinkleider
Radio Eriwan
Jäger gesucht
Bums vorbei
Von Märchen, Wölfen und der Jagd
Das Rotkäppchen
Von Romulus und Remus …
… bis zu M118
Gar lustig ist (war) die Jägerei
Rettet die Weidgerechtigkeit die Jagd?
Ein Blick in die Kristallkugel
Zurück in die Zukunft
Dickhäuter
Rauchzeichen
Begehrte Friedhofsblumen
Grässlich schön
Waldweihnachten
Das Schwein
Ich Esel
Macht Schluss um 13 Uhr
Abtauchen
Kabellose Kackmaschine und WeiHei
Gelb ist das neue Grün
Sankt Hubertus und der Regenbogen
Erzählung
Jägersprache
Redewendungen
Portrait
© Martin Ebner
Ein treuer Begleiter durch dick und dünn
Sie sind kein Jäger, aber jemand, der Tiere gerne hat und sich für Geschichten rund um Menschen, (Wild-)Tiere und Jäger interessiert? Dann haben Sie genau das richtige Buch in der Hand. Reich bebildert, mit zahlreichen Kurzgeschichten zu all den kleineren und größeren „Tragödien“, die sich tagtäglich im Umfeld von Mensch und Tier abspielen. Und wenn Sie auch noch der Meinung sind, ihre Lachfalten im Gesicht sollten wieder einmal etwas aktiviert und trainiert werden, dann müssen Sie unbedingt weiterlesen.
Mögen Sie die Jagd und die Jäger? Hm, etwas skeptisch, aber grundsätzlich ja? Dann sind Sie in guter Gesellschaft mit der Mehrheit unserer Bevölkerung. Gemäß einer Umfrage des Deutschen Jagdverbandes sind rund 80 % der Deutschen davon überzeugt, dass die Jagd notwendig ist, um Wildbestände zu regulieren und Wildschäden in Feld und Wald vorzubeugen. In der Schweiz und Österreich liegen die Werte ähnlich hoch. Und wenn Sie jetzt denken, eigentlich weiß ich gar nicht genau, was Jägerinnen und Jäger so machen, dann ist das nicht erstaunlich. Denn etwa zwei Drittel der Bevölkerung haben keinen Kontakt zu Jägern. Das ist nicht verwunderlich, da der Anteil der Weidfrauen und Weidmänner an der Gesamtbevölkerung nur etwa 0,45 % beträgt.
Denken Sie jetzt aber nicht, dass ich Sie mit meinen humorvollen Geschichten über heulende Wölfe, seufzende Schafe und anderes Getier für die Jagd indoktrinieren möchte. Beileibe nicht, denn Tiergeschichten bleiben Tiergeschichten, auch wenn da und dort ein grün gekleidetes Männchen oder Weibchen oder gar noch etwas Gewichtigeres, beispielsweise ein Politiker, in einer der Erzählungen vorkommt. Aber, und das sei zugegeben, wenn Sie am Ende dieses Buches etwas mehr über Jagd und Jäger wissen, dann würde mich das sehr freuen. Denn leider endet dieses Wissen bei manchen Zeitgenossen immer noch in der Kindheit beim ach so süßen Bambi-Film von Walt Disney: Jagd bedeutet dort böse, schießwütige Jäger, die ohne Gewissensbisse Bambis Mutter umbringen, und reißende Hunde, welche die Tiere des Waldes zu Tode hetzen.
Also: Machen Sie sich auf zur Spurensuche durch meine Geschichten und Erzählungen, lesen Sie, was Frösche und Bambis gemeinsam haben, weshalb in unseren Breitengraden Löwen ausgesetzt werden sollten, warum Bache Angela ihre Mit-Waldbewohner mit dem Schlachtruf „Wir schaffen das“ dazu auffordert, alle Menschen aus ihrem Lebensraum zu vertreiben, und was man als Jäger im Umgang mit naturfremden Urbanen alles „Voll krass“ erleben kann. Viel Lesefreude!
© Martin Ebner
Bambis sind sooo süß!
Ja, ich weiß, ihr Wild-, Haus- und Nutztiere habt es mit uns Menschen nicht immer leicht. Ersteren machen wir nicht nur den Lebensraum streitig, ihr werdet auch noch zu unserer Beute. Als Hunde und Katzen, der Menschen Lieblinge, landet ihr in unseren Breitengraden zwar nicht auf einem Teller, dafür müsst ihr für allerhand Ersatzbedürfnisse herhalten: Kinderersatz, Partnerersatz und Ersatz gegen die Einsamkeit. Und ihr Nutztiere? Euch geht es am miesesten: Ihr werdet gehalten und gezüchtet für ein kurzes Leben, volle Leistung und mageren Speck.
Allzu gerne würde sich deshalb die „dumme Kuh“, anstatt sich ein kurzes Leben lang tagtäglich 30 Liter Milch abpumpen zu lassen, in ein Wildrind in freier Wildbahn verwandeln. Das Hähnchen, bevor es auf dem Grill landet, möchte sehnlichst ein Adler sein und das Hausschwein, bevor sein Speck im Rauch hängt, als Wildschwein durch die Maisäcker streifen. Mit anderen Worten: Nutztiere möchten gerne Wildtiere sein. Und das trotz aller Gefahren, die auf sie in der freien Natur lauern. Doch ein Entrinnen aus der „Obhut“ der Menschen gibt es nicht (mehr). Die Verweigerung, sich diesen untertan zu machen, hätte vor Tausenden von Jahren geschehen müssen, als die Menschen Wildtiere in Besitz nahmen und domestizierten. Heute ist es dazu zu spät. Und deshalb beendet ein Hähnchen nach etwa 30 Tagen seine Mast, unfreiwillig natürlich, und wird anschließend industriell geschlachtet. In Deutschland sind das jeden Tag rund 3 Millionen Tiere, die „ihren Kopf verlieren“, in der Schweiz 30.000, die zu Poulets oder Chicken Nuggets verarbeitet und anschließend gegessen werden.
Auch Haustiere essen Nutztiere, denn der Mensch bevorzugt die feinsten Stücke und überlässt den Rest seinen Lieblingen. Und so verzehren Hunde und Katzen saftiges Rind- und Hühnerfleisch, angereichert mit Vitaminen und Spurenelementen, welche für weiße Zähne, gesunde Knochen und ein glänzendes Fell sorgen sollen. Es soll auch Menschen geben, die ihren Stubentigern Rindsfilet servieren, selber aber vegetarisch leben. Deshalb geht es euch Haustieren eigentlich wie im Paradies, außer jenen, die als Streuner unterwegs sind, an Fettleibigkeit leiden, aus Qualzuchten stammen oder auf dem Schoß von Frauchen oder Herrchen vor Langeweile fast krepieren. Sei’s drum: Haustier sein ist kein übler Job.
Kommen wir noch zu den Wildtieren. Bei euch stehen das Fressen und die Erhaltung der Art zuoberst auf dem Tagesprogramm. Alles andere ist Zugabe. Dass euer Leib von Jägern als super Bio-Produkt ganz ohne Antibiotika und Schlachtstress verkauft wird, ist euch zwar nicht entgangen und ehrt euch. Aber ehrlich: Ob ihr am Ende eures Lebens im Rachen eines Wolfes, im Fang eines Luchses, an einer Wildkrankheit oder im Gewehrfeuer eines Jägers endet, ist euch einerlei. Hauptsache, man hat stets genug zu fressen, die eigene Art stirbt nicht aus und die Großraubtiere inklusive der Jäger machen es zum Schluss rasch und möglichst schmerzlos. Dass dazwischen geheult, geseufzt, geklagt, geblasen oder geschreckt werden muss, ist der Preis für das doch einigermaßen schöne Leben, das ihr in der freien Natur verbringen könnt.
© Martin Ebner
Hunde sind die Lieblinge der Menschen.
Über all das und noch vielmehr wird in den Geschichten dieses Buches geschrieben. Wenn ihr diese gelesen habt, seid ihr definitiv in der Lage, euch in eurem nächsten Leben – weshalb sollen nur Menschen eine zweite Chance bekommen – als Tiere das auszusuchen, von dem ihr schon lange geträumt habt. Nur eines möchte ich euch empfehlen: Werdet nicht ein Mensch.
Selbstverständlich sind Jäger auch Menschen. Aber sonst sind sie doch recht speziell und haben in diesem Buch eine besondere Behandlung verdient: Sie laufen in grünen Gewändern oder Camouflage-Kleidung im Wald herum und sitzen stundenlang auf Hochsitzen. Sie stellen Wildtieren nach, obschon die industrielle Nutztierproduktion genügend Fleisch zur Ernährung anbietet. Sie machen Wildtiere zu ihrer Beute, weiden diese aus und finden, dass ihnen das alles sehr viel Freude bereitet. Irgendwann seien wir Jäger – behaupten zumindest die Jagdgegner – im Verlaufe der Evolution in der Entwicklung stehen geblieben. Nicht etwa geistig, wie böse Zungen kundtun könnten, sondern in unserem Verhalten. Denn heute brauche es keine Jäger und Sammler mehr, welche ihre Nahrung draußen in Wald und Feld zusammensuchen. Vielmehr mache es die moderne Wirtschaft möglich, dass jeder Mensch, der gerne ein Stück Fleisch verzehren möchte, dieses vakuumiert und blutleer beim Großverteiler einkaufen kann. Und wolle er das nicht, dann bleibe ihm immer noch die vegetarische oder gar vegane Variante der Ernährung.
Ja, wir Jäger sind eine verschwindend kleine Minderheit, so um die 0,45 % an der Gesamtbevölkerung. Dafür mit vielen Privilegien. Wenn wir die anspruchsvolle Jagdprüfung bestanden haben, können wir mit einer Waffe durch Wald und Flur streifen, ohne gleich einen Großeinsatz der Polizei zu riskieren. Zwar bezahlen wir für diese Vorzugsbehandlung – und das nicht zu wenig – und unterziehen uns einer strengen Reglementierung unseres Tuns, doch als Gegenleistung winkt uns bei der Ausübung unseres Handwerks die große Freiheit. Aber auch ein gewisses Unverständnis der „normalen“ Bevölkerung für unser Machen: „Wie kann man nur Tiere töten, von denen man behauptet, dass man sie liebe, hege und pflege? Wie kann man von einem unvergleichlichen Naturerlebnis schwärmen und gleichzeitig mit blutbefleckten Händen seine Beute zur Kühlkammer bringen? Wie kann man in einer hellen Winternacht stundenlang auf einem Hochsitz auf den Fuchs warten und dann mit leeren, aber klammen Händen nach Hause fahren?“ Doch, man kann, und zwar deshalb, weil man ein Jäger ist. Das verstehen natürlich Nichtjäger des 21. Jahrhunderts meist nicht. Müssen sie auch nicht, wir wünschen nur, dass sie uns und unser Tun akzeptieren.
Jetzt sind wir beim springenden Punkt angelangt: Wir Jäger fühlen uns von unseren lieben Mitmenschen oftmals unverstanden. Da lesen wir doch kostenlos zu jeder Tages- und Nachtzeit auf den Straßen überfahrene Tierkadaver zusammen, wir retten im Frühjahr Rehkitze vor den Mähmaschinen und sorgen dafür, dass die hungrigen Mäuler von Reh, Hirsch & Co. den Förstern nicht noch den letzten Waldbaum kahlfressen. Und dann müssen wir lesen und hören: „Jäger sind Mörder“. Das geht natürlich an die Substanz, und manch einer aus unserer grünen Gilde hat deshalb die Flinte ins Korn geworfen, oder, noch schlimmer, ein jagdliches Burnout erlitten. Das ist jedoch definitiv keine gute Lösung, weder für uns Jäger noch für die Jagd. Genießen wir deshalb unser Handwerk in vollen Zügen. Heulen wir mit den Wölfen – diesen etwas erfolgreicheren Beutegreifern als wir es sind – die uns wieder einmal ein Stück Rotwild vor der Nase weggefressen haben. Und seufzen wir mit den Beamten – das sind ja auch nur Menschen – welche uns zum x-ten Mal darauf aufmerksam machen, dass wir Form 14, dreifach (in der EU die Verordnung Nr. 931/2011 betreffend den Nachweis über die Rückverfolgbarkeit von Wildbret sowie die Verordnung Nr. 853/2004, Anhang III, Abschnitt IV zur Bescheinigung der kundigen Person) endlich, bitte, bitte endlich, richtig ausfüllen sollen.
Oder auf Neudeutsch: Take it easy. Für jene unter uns, die bei dieser „Selbstfindung“ etwas Startschwierigkeiten haben, ist dieses Buch der ideale Einstieg. So quasi eine Anleitung mit vielen spannenden, auch satirischen Geschichten zur Bewältigung des jagdlichen Alltags und des Umgangs mit urbanen Normalos.
Hunde schafft man nicht einfach an, Hunde kauft man auch nicht wie eine Hose im Kleidergeschäft. Oftmals ist es Liebe auf den ersten Blick, grad so wie bei uns Menschen. Aber nicht nur der verführerische Welpenblick zählt, auch Größe und vorgesehener Verwendungszweck sind entscheidend. Suche ich einen Hund zur Rattenbekämpfung, taugt ein Deutscher Schäferhund wenig, ein Jack Russel Terrier wird sich aber voll in seinem Element fühlen. Soll mein Zukünftiger dagegen meinen Speisezettel bereichern – keine Angst, jetzt folgt kein Rezept zum Braten von Hundewelpen – beispielsweise mit Trüffeln, dann drängt sich eher ein Trüffelhund der Rasse Lagotto Romagnolo auf als ein Englischer Mops. Oder suche ich ein umweltfreundliches Verkehrsmittel, mit dem ich mich jeden Tag zur Arbeit fahren lassen kann, dann würde ich eher zu einem Husky-Schlittenhund raten, als zu einem Rehpinscher. Und wie bei uns Menschen schlummern in Hunden Fähigkeiten, die sich erst nach Monaten entfalten und die im besten Fall aus einem tapsigen Fellbündel den super Begleiter fürs ganze Leben machen, im schlechtesten jedoch eine Nervensäge. Wir sehen: Bevor wir einen vierpfotigen Hausfreund unser eigen nennen können, braucht es eine ganze Reihe von Entscheidungen.
© Martin Ebner
Auf der Fuchsdecke ist es kuschelig!
Auch in unserem Hundehaushalt war es wieder einmal soweit: Sanja, die allerbeste aller Hundedamen – über Kleinigkeiten wie Biskuits vom Salontisch klauen kann man bei so viel Qualität getrost hinwegschauen –, war in die ewigen Jagdgründe hinübergewechselt. Deshalb wollten wir für ihren „Neffen“ Bosco eine neue Partnerin suchen. Diese sollte nicht nur den über die Jahre verkümmerten Spieltrieb des Rüden wieder wecken, sondern ihm in seinen alten Tagen im gemeinsamen Kessel etwas Wärme geben. Die Hauptanforderung an die Neue (aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Rudelführers): Es sollte ein nichtjagender Jagdhund sein. Ein schwieriges Unterfangen und ein Widerspruch in sich selbst.
Die Anzeige in einer Jagdzeitschrift „Tigerdackel zu verkaufen“ stach sofort in die Augen. Wenn ein gewöhnlicher Dackel schon als unerschrocken gilt, würde so ein dackeliger Tiger wohl vor nichts zurückschrecken und als Wachhund bestens taugen. So war es auch: Zwar die Kleinste im Wurf, hing sie den Geschwistern ständig an Rute und Behang und unserem Bosco kroch sie nach der ersten Nase zu Nase Begrüßung furchtlos zwischen den Läufen hindurch.
Der Handel war rasch perfekt, umso mehr, als die schöne, langhaarige, schwarz-graue Dame Ginger hieß. Da machte es bei mir gleich klick: Ginger, Ginger Rogers war doch die Diva des amerikanischen Films. Die Nichtjägerin, Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin, die nicht nur fünfmal verheiratet gewesen war, sondern unzähligen Männern den Kopf verdreht hatte. Letzteres hätte die erste Warnung für mich sein müssen. Die zweite war der Umstand, dass Ginger als 13. Hund in mein Leben trat. Mann ist zwar aufgeklärt und nicht abergläubisch, trotzdem ist es nicht ratsam, einen 13. Welpen anzuschaffen, einen 13. Partner zu ehelichen und an einem 13. weitreichende Entscheide zu treffen. Und so nahm das Schicksal seinen Lauf. In der ersten Nacht stundenlanges Heulen aus dem Zwinger und eine Reklamation der Nachbarin wegen Nachtruhestörung. In der zweiten leises Wimmern neben dem Bett, in der dritten der erfolgreiche Umzug auf die Bettdecke und in der vierten wohliges Rudelschlafen. Damit konnte die Integration in die Familie erfolgreich abgeschlossen werden.
Tagsüber war sich Ginger, wie es sich für Diven gehört, nicht zu schade, die meiste Zeit auf dem Stubensofa zu verbringen, eingekuschelt in die Fuchsfelldecke. Schön erhöht, damit die Aktivitäten der Rudelmitglieder leicht überwacht werden konnten. Da lag sie dann und träumte vor sich hin. Leises Zucken zeigte jeweils die erste Traumphase an, dann wurde es wilder. Dem lauten Schlafbellen nach zu schließen, jagte sie wilde Tiere von mindestens Elefantengröße über und unter der Erde. Und wenn sie nach siegreicher Schlacht aufwachte und mit stolzem Blick in die Runde schaute, war jedermann sofort klar: Unsere Diva mit den langen Wimpern, Ginger von der Fuchshöhle, ist fürs Sofa geboren und hat der von den Vorfahren geerbten Jagdpassion abgeschworen.
Kaum ein Tag vergeht ohne die Radiomeldung „Tiere auf der Fahrbahn“. Das kann ein Rind sein, das sich vor dem Metzgermesser aus dem Staub gemacht hat, oder ein Wildtier, welches auf seinem Wechsel durch die Kulturlandschaft irgendwo eine Straße überqueren will. Kritisch wird es auf Autobahnen, wo ein Flüchten aus der Gefahrenzone wegen der Zäune meist nicht möglich ist, oder auf Landstraßen, die an Wälder angrenzen.
Und so kommt es, wie es kommen muss: In der Schweiz werden jedes Jahr um die 15.000 größere Säugetiere Opfer des Verkehrs, darunter rund 8.000 Rehe. In Deutschland kracht es 268.000-mal im Jahr, dabei haben die Rehe den höchsten Anteil mit rund 40 %. Im Durchschnitt findet alle zwei Minuten eine Kollision mit einem Säugetier oder Vogel statt. Außer massivem Blechschaden kommen auch Menschen zu Schaden. Insgesamt betrugen in der BRD im Jahr 2018 die wirtschaftlichen Schäden durch Wildunfälle über 750 Millionen Euro. Das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass es durchaus zu einem Duell zwischen einem 100-Kilo-Keiler und einem Smart kommen kann. Da hilft dann kein Elchtest mehr.
Geholfen wird den Fröschen und Kröten im Frühjahr, wenn diese das tun, was auch wir Menschen zur Arterhaltung machen – sich paaren. Hunderte von freiwilligen Helferinnen und Helfern stellen in der Nähe von Laichplätzen die Straßen entlang Abschrankungen aus Plastik oder Draht auf, welche den Amphibien das Überqueren der Straße verunmöglichen. Die Tiere werden entlang der Zäune geleitet und fallen in Gruben, werden dort eingesammelt und in Kesseln aus der Gefahrenzone gebracht.
Doch nicht nur der Straßentod lauert, nein, auch Langschnäbel wie Graureiher haben längst entdeckt, dass sich in den Krötengruben nicht nur leckere, sondern auch zahlreiche Froschschenkel ansammeln. Was bedeutet, dass es frühmorgens jeweils zu einem Wettlauf zwischen Retterinnen und Fressenden kommt. Ganz nach dem Motto „Wer hat den Frosch zuerst im Fang?“
Jetzt stellt sich für uns Weidmänner und Weidfrauen natürlich die Frage, weshalb Frösche und Kröten, diese teils warzigen, unterkühlten Wesen, bei uns Menschen mehr Sympathien erhalten als Rehe, Wildschweine, Füchse und Hasen? Weshalb springen Hundertschaften von Retterinnen und Rettern frühmorgens aus ihren Federn, um die Lurche vor dem Plattwalzen zu bewahren? Ja, warum stehen nicht reihenweise Mitfühlende am Straßenrand, um Bambi und Co. vor den Autos zu retten? Sondern nur ab und zu eine Blechtafel, welche auf einen Wildwechsel hinweist. Ist es die Chance auf den küssenden Froschkönig, der sich in einen veritablen Prinzen verwandeln könnte? Oder das Wissen, dass eine Erdkröte nach ihrer Wanderung zum Laichplatz einige tausend Eier ablegen wird, um den Fortbestand der Art zu sichern? Ich weiß es nicht, klar ist aber, dass es so nicht weitergehen kann. Denn auch eine Rehgeiß mit zwei Kitzen in der Tracht lebt gerne, genauso wie Frosch und Co.
© Martin Ebner
Sind Frösche knuddeliger als Bambis?
Hilfe für unsere jagdbaren Wildtiere kommt jetzt aus Skandinavien, wo jährlich mehrere Tausend Rentiere dem Straßenverkehr zum Opfer fallen. Das ist natürlich ein Wirtschaftsfaktor, denn Rentiere gehören jemandem, nicht wie unsere herrenlosen Wildtiere, für die wir Jäger noch etwas bezahlen müssen, damit wir sie aus Feld und Wald in unsere Gefriertruhe bugsieren können. Unter dem Slogan „Sei sicher, werde gesehen“ wird bei den Nordländern ein hell reflektierender Spray angeboten, mit dem man Tiere besprühen kann, um deren Sichtbarkeit auch bei Dämmerung und Dunkelheit zu gewährleisten. Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wie der Spray auf den Balg, die Decke oder die Schwarte eines Wildtieres kommt. Innovative Ideen sind gefragt. Beispielsweise Patronen, die anstelle von Bleifrei-Geschossen Farbkugeln verschießen. Oder die Installation von Spraydosen mit Selbstauslöser an Zwangswechseln. Oder bei der Rehkitzrettung das gefundene Kitz mit einem Strahl aus der Dose einnebeln. Gemäß Werbung ist die Wirkung am besten, wenn Bein oder Schwanz – Letzteres geht natürlich nur bei Füchsen und Wildschweinen – markiert werden, da diese ständig in Bewegung sind. Und noch einen Vorteil hat dieser reflektierende Spray für uns Jäger, insbesondere für jene, welche nachts den Sauen nachstellen: Landwirte können damit ihre Kühe, Ponys und Schafe anschreiben, damit uns Jägern beim Einsatz von Nachtsichttechnik oder im Lichte unserer Surefire-Lampen das Ansprechen einfacher fällt.
Die Jägersprache und zahlreiche Redewendungen mit Wildtieren haben Eingang in unsere Alltagssprache gefunden, ohne dass wir uns groß Gedanken über deren Herkunft machen. Die Weidmannssprache – nicht zu verwechseln mit dem Jägerlatein – ist zwar eine tote Sprache, denn neue Wortschöpfungen gibt es keine. Sie ist jedoch eine sehr bildhafte Ausdrucksform. Nehmen wir beispielsweise die Ohren unserer Wildtiere. Bei den Rehen sind es die Lauscher, bei den Feldhasen die Löffel, beim Fuchs das Gehör und beim Wildschwein die Teller. Oder das Maul: Beim Reh der Äser, beim Fuchs der Fang und beim Wildschwein das Gebrech.
Leider scheint die Jägersprache, zumindest in Schweizer Jagdgefilden, langsam, aber sicher auszusterben. Klar, man wünscht sich noch Weidmannsheil und bestätigt dieses mit Weidmannsdank – die Smartphone-Wischer-Generation verkürzt diese Ausdrücke auf Wei-Hei oder WmH und WeiDa bzw. WmD –, doch am Aserfeuer, wenn über die Erlebnisse des reicherfüllten Jagdtages berichtet wird, beherrscht oftmals unsere Umgangssprache das Geschehen. So kann man etwa hören: „Dä rise cheibe Cheib isch cheibemäßig de Cheib ufgcheibet. Drum han i nur de wiisi Arsch gseh.“ Der eine oder andere, dem sich ob dem Gesagten sämtliche Magennerven aktivieren und der noch mit einem letzten Hauch an weidmannssprachlicher Seele gesegnet ist, wird zwar einwenden, man könne das auch etwas weidmännischer schildern: „Eine starke Rehgeiß sei hochflüchtig den Hang hoch gewechselt. Deshalb habe er nur den weißen Spiegel sehen können.“ Doch den „Cheibe-Cheib-Erzähler“ stört das meist wenig.
Volksschullehrer Christian Müller, seit Generationen von Schülerinnen und Schülern liebevoll „das Krokodil“ genannt – seine hervorragenden pädagogischen Fähigkeiten stehen im krassen Gegensatz zu seiner äußeren Erscheinung mit den weit herausstehenden „Fangzähnen“ im Oberkiefer –, ist ein wandelndes Sprichwörter-Lexikon, und seine fünfminütige, morgendliche Kopfrechnungslektion unter dem Motto „Morgenstund hat Gold im Mund“ ist legendär. Eines Tages meinte er, an Schüler Hubertus gewandt: „Du willst doch mal als Jäger in die Fußstapfen deines Vaters treten, wie wäre es mit einem Kurzvortrag über jagdliche Redewendungen?“ Hubertus war begeistert und kurze Zeit später stand er vor der Klasse, mit Jägerhut, grüner Kluft und Jagdstiefeln.
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Krokodile können auch sanftmütig wirken.
„Es war vor sechs Wochen“, begann Hubertus, „als Nathalie neu in unsere Klasse kam. Nach kurzem Ansprechen war ich mir sicher: Einem solch zierlichen Schmalreh mit derart langen, schlanken Läufen und einem wohlgeformten Spiegel wirst du nie mehr begegnen. Mir war klar: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Deshalb galt es, unserem Klassen-Macho Fritz den Brunftplatz nicht mehr zu überlassen. Natürlich hatte ich bereits Wind bekommen, dass er sich bei Nathalie als Platzhirsch aufspielen wolle. Aber anstatt die Flinte ins Korn zu werfen oder diese an den Nagel zu hängen oder gar das Hasenpanier zu ergreifen, wollte ich mir diesmal die Gelegenheit nicht mehr durch die Lappen gehen lassen. Schlau wie ein Fuchs, bevor Fritz überhaupt Lunte riechen konnte, spitzte ich mein Gehör und klopfte den Hasen aus dem Busch. Dabei dachte ich: Jetzt ziehe ich dem Fritz das Fell über die Ohren. Natürlich soll man das Fell des Bären nicht verkaufen, bevor man ihn erlegt hat, aber diesmal war ich mir sicher, wo der Hase im Pfeffer liegt. Ich schöpfte also einen Schluck Powerdrink als Zielwasser, nahm Fritz aufs Korn und gab ihm eins hinter die Löffel. Und schon konnte ich ihn zur Strecke legen. Mein Schmalreh, das dem Brunftkampf zugeschaut hatte, wusste sofort: Das ist ein Kerl aus echtem Schrot und Korn.“
Die Klasse trommelte Beifall, Nathalie errötete bis über beide Ohren, Hubertus ging zu seinem Platz, und Lehrer Müller hob den rechten Daumen: „Eigentlich hast du mit diesem Vortrag die Bestnote Sechs verdient. Trotzdem gibt es nur eine Fünf plus, das Ganze ist zu sexistisch, das passt nicht mehr in die heutige Zeit.“ „Aber, Herr Krokodil (Gekicher) … ääh, Herr Müller …“ Weiter kam er nicht, denn Müller unterbrach ihn: „Nur eine Fünf wegen Lehrerbeleidigung.“ Die Pausenglocke beendete weitere Diskussionen. Nathalie wartete draußen auf Hubertus und teilte mit ihm einen roten, pausbackigen Apfel. Als die Schüler ins Klassenzimmer zurückkamen, konnten sie an der Wandtafel lesen: „Sag einem Krokodil erst, dass es hässlich ist, wenn du den Fluss überquert hast.“