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Es tut mir auch leid, dass sich die Erlösung der Menschheit nicht plötzlich vollzieht. Es wird eine Phase des Leids geben, bis alle Menschen erlöst sein werden. Es wird glücklicherweise kein reflektiertes Leid sein; die Leute werden nicht zum Nachdenken kommen. Sie werden besinnungsfrei im Strom der großen Ereignisse mitschwimmen. Und die Phase wird kurz sein. Ein paar Wochen vielleicht, bis die letzten Menschen erlöst sind. Was ist das schon gegen die Äonen an Leid, die dem Menschen ohne diesen Eingriff bevorstehen würden? Mit reiner Beißkraft werden wir die Menschheit und die Säugetiere befreien. Ausgeschwärmt sind meine Helfer in alle Erdteile; jeder mit genug Serum unterwegs, um hunderte Tiere und zuletzt sich selbst zu Heilsbringern zu machen, die den Biss der Erlösung zu Menschen und Säugetieren bringen. Ein Biss hat einem Mythos zufolge zur Entfernung des Menschen aus dem Paradies geführt. Ein Biss wird ihn jetzt wieder in das heilste der Paradiese befördern - ins Nirwana.
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Seitenzahl: 142
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„Der Weg führt zum Ziel“, verkündete der Gläubige und blickte fromm. „Der Weg ist das Ziel“, sprach der säkulare Pragmatiker und blickte ernst. „Das Weg ist das Ziel“, dachte der Leichenwäscher und lächelte.
Das Taubenhaus
Sad Haustauben
Das Weg ist das Ziel
Stadtratssitzung zum Zombieproblem
Interview mit einem Zombie
Interview mit einer Zombiehorde
Dekadente Zombies
Zombiealphabet
Kirche zum heiligen Zombie
Das Zombie-Manifest
Aufzeichnungen
1 Tag
Es scheint, dass ich der einzige Überlebende bin. Alle anderen Menschen sind mutiert. Wie es dazu kam, weiß ich nicht. Aber als ich heute Morgen aufwachte, wusste ich, dass alles anders war. Ich stand auf, blickte aus dem Fenster und sah draußen die Zombies herumrennen.
Ein oberflächlicher Betrachter hätte keinen Unterschied zu gewöhnlichen Menschen festgestellt, aber da ich immer genau hinsehe, fielen mir sofort die Unterschiede zum Normalverhalten auf. Ich erkannte, dass diese Kreaturen fremd waren. Fremd und gefährlich.
Auch meine Frau und das Kind sind mutiert. Mir ist es gelungen, sie in einem fensterlosen Raum einzusperren, ohne dass ich gebissen wurde. Sie schrien herum und wehrten sich, aber ich habe es geschafft. Danach habe ich das Taubenhaus verbarrikadiert, dann gegessen und eine Liste mit den Vorräten erstellt. Der Proviant müsste so an die fünf Tage reichen. Später Fernsehen geschaut, bis ich müde wurde.
Ich putze mir noch die Zähne, ich will ja ein zivilisierter Mensch bleiben; danach ab ins Bett.
2 Tag
Schlecht geschlafen, was nicht erstaunlich ist angesichts des Schreckens, der losgebrochen ist. Die Lage ist hoffnungslos. Ich bin der einzige Mensch inmitten von herumlaufenden Dingern. Die Dinger, die mal meine Frau und Tochter waren, rennen herum und schreien. Sie schlagen an die Türe; gieren nach was zum Fressen.
Ich öffnete heute die Haustür. Draußen war alles ruhig. Die Biester sind wohl am Tag träg. Vögel sangen, Mücken schwärmten; so, als ginge sie die menschliche Katastrophe nichts an. Ich wagte mich ein paar Schritte hinaus. Eine tote Taube lag ein paar Meter von der Tür entfernt. Ich nahm vom Küchentisch eine alte Zeitung, um den Kadaver nicht mit bloßen Fingern anfassen zu müssen, und brachte dann den toten Vogel ins Haus. Nachfolgend verbarrikadierte ich wieder die Tür. Ich lauschte an der Tür zum Gefangenenzimmer. Ungefähr eine Stunde hielt ich mein Ohr an die Türe. Alles ruhig. Die Dinger hatten sich wohl in der Nacht verausgabt mit ihrem Schreien und Randalieren. Ich riskierte es, drehte den Schlüssel um, öffnete die Türe einen
Spalt und warf den toten Vogel hinein. So was fressen diese Dinger doch. Danach schloss ich die Türe sofort wieder und versperrte sie. Das war auch gut so, denn die Dinger, die meine Aktion bemerkt hatten, warfen sich gegen die Türe. Sie schrien und tobten eine Weile, dann hielt wieder Stille Einzug.
Den Rest des Tages schaute ich Fernsehen. Ich hoffe, heute Nacht kann ich besser schlafen als letzte Nacht.
3 Tag
Ich fühle mich wie gerädert; die ganze Nacht habe ich mich hin- und hergewälzt.
Wenn ich überleben will, muss ich die Zombies besser kennenlernen. Ich muss wissen, wie sie reagieren, womit ich sie abschrecken und wie ich sie töten kann.
Den ganzen Vormittag an der Türe gelauscht. So eine Art Weinen und Flüstern war zu hören. Die Dinger scheinen miteinander zu kommunizieren. Die sind intelligenter als ich dachte. Das verschlechtert meine Lage. Einzeln sind die Dinger schon gefährlich, aber wenn sie sich auch noch absprechen und gemeinsame Aktionen planen können, dann sieht es sehr, sehr schlecht für mich aus.
Zu Mittag gegessen. Die Vorräte reichen nicht mehr lange. Am Nachmittag wieder an der Türe gelauscht. Zuerst noch Flüstern, dann Stille.
Am Abend Fernsehen geschaut. Jetzt werde ich ins Bett gehen. Ich bin todmüde.
4 Tag
Wieder schlecht geschlafen.
Es konnte so nicht mehr weitergehen. Ich musste aktiv werden. Also beschloss ich, die Zombies zu untersuchen. Ich suchte einen Knüppel und wurde in der Küche fündig. Mit ihm bewaffnet ging ich zum Zombiezimmer. Ich lauschte an der Türe. Kein Laut zu hören. Mit all meinem zusammengenommenen Mut öffnete ich die Tür. Es stank nach Fäkalien. Ich ging in den Raum und schlug mit dem Knüppel auf meine untote Frau ein, die aufgesprungen war, als sie mich bemerkte.
Sie ging zu Boden. Man kann diese Dinger bewusstlos schlagen, stellte ich erleichtert fest. Der Kindzombie saß zusammengekauert in einer Ecke. Ich drohte ihm mit der Keule, während ich mit der anderen Hand das Bein meiner Zombiefrau umfasste und sie aus dem Zimmer schleifte. Nachdem ich den Raum wieder versperrt hatte, widmete ich mich dem Frauenzombie.
Ich schnitt ihr die Kleider vom Leib, um sie besser untersuchen zu können. Danach fesselte und knebelte ich sie, damit sie mich nicht beißen konnte. Ich sondierte den nackten Körper des Zombies genau, um Bisswunden zu finden. Denn sie musste gebissen worden sein, weil sie sich ja verwandelt hatte. An ihrer Schulter wurde ich fündig. Eine kleine Stelle, fast unsichtbar, hatte ihr den Tod gebracht.
Ich ließ meine Frau liegen und beschloss, mich dem Kinderzombie zu widmen. Ich öffnete die Türe und schlug ihm die Keule auf den Kopf. Er leistete erstaunlicherweise keine Gegenwehr. Ich schleppte den Körper auf den Küchentisch, entkleidete und fesselte ihn. Ich suchte nach dem Biss, ich untersuchte sehr gründlich. Die Arme, die Beine, den Rücken, ohne fündig zu werden. Und …
Ich reinigte den Küchentisch, weil er von Blut und Sperma verschmutzt war. Bluten können die Dinger.
Danach zu Abend gegessen und Fernsehen geschaut.
Ich bin sehr erschöpft.
5 Tag
Ich habe geschlafen wie ein Baby. Endlich. Ich fühlte mich frisch und ausgeruht.
Ich nahm ein Frühstück ein. Danach schaute ich zu den Zombies. Ich lauschte an der Tür, hörte nichts, absolut nichts. Ich öffnete die Tür und sah, dass sich die Zombies aus ihrer Fesselung befreit haben mussten. Der Kinderzombie lag auf dem Boden und rührte sich nicht. Das Gesicht wies eine seltsame Färbung auf. Der erwachsene Zombie hatte sich mit dem Strick, den ich zum Fesseln verwendet habe, aufgehängt. Ich stach mit einem Messer auf ihn ein, aber er rührte sich nicht. Sauerstoffmangel kann die Dinger also erledigen. Gut zu wissen.
Mittag: Ich esse jetzt meine letzte Ration und danach werde ich die Sicherheit des Taubenhauses verlassen. Ich werde versuchen, irgendwo etwas zu essen und einen neuen Unterschlupf zu finden. Vielleicht treffe ich bei meiner Suche auf weitere Überlebende.
Eine sehr gefährliche Welt erwartet mich da draußen.
Gott steh` mir bei.
Ein zweites Heft wurde im Taubenhaus entdeckt. Es scheint eine Fortsetzung des ersten Heftes zu sein. Es bestehen aber Zweifel daran, dass es wirklich von derselben Person verfasst wurde.
Auffällig ist, dass der Verfasser nach der Zahlenangabe (bei der Nummerierung der Tage) einen Punkt macht. Im ersten Teil wurde der Punkt systematisch nicht gesetzt. Somit besteht die Möglichkeit, dass es sich bei diesem Text um einen nicht authentischen Bericht handelt. Dennoch sei der Text an dieser Stelle kurz vorgestellt. Der Leser möge ihn mit der gebotenen Skepsis zur Kenntnis nehmen.
6. Tag
Ich bin zurückgekehrt.
Als ich gestern das Haus verließ, kam ich nicht weit. Die Dinger sind überall. Auch am Tag laufen sie herum. Ich versteckte mich im Schilf am Ufer des Flusses. Da lag ich, bis die Nacht einbrach. Im Schutze der Dunkelheit bewegte ich mich Richtung Stadt. In gebückter Haltung, dann wieder robbend, arbeitete ich mich vorwärts. Fast wäre ich einer Zombiegruppe in die Arme gerobbt. Doch ich bemerkte sie gerade noch rechtzeitig und legte mich in ein Gebüsch in der Nähe eines Kinderspielplatzes. Ich traute mich kaum zu atmen. Den Knüppel fest umklammernd, bereit sofort loszuschlagen, falls ich entdeckt worden wäre, lag ich die ganze Nacht in diesem Gebüsch. Voller Angst und wilder Gedanken.
Bei Dämmerung fasste ich wieder Mut. Ich kroch aus dem Gebüsch und schlich zum Haus meiner Eltern. Besser gesagt meiner ehemaligen Eltern, denn die waren natürlich auch schon infiziert. Ich bin der Sohn von keinem mehr.
Allein.
Ich erreichte das Haus. Das Eindringen war kein Problem, da ich wusste, wo meine Eltern einen Schlüssel für den Notfall deponiert hatten. Den holte ich mir, entsperrte und öffnete ganz vorsichtig die Türe. Auf Zehenspitzen schlich ich in den Keller, da ich wusste, dass da Vorräte zu finden sind.
Im Untergeschoss angekommen machte ich das Licht an. Neben Vorräten fand ich noch eine Axt. Ich nahm sie an mich. Nachdem ich die Vorräte in einen Sack gepackt hatte, wollte ich das Haus wieder verlassen. Während ich die Treppe nach oben ging, sah ich, dass mein ehemaliger Vater an der Türe stand.
Er starrte mich an und wollte nach etwas greifen, aber ich war schneller. Der Schlag der Axt erwischte ihn am Bauch. Der Zombie fiel nach hinten. Mit weiteren Schlägen zerstörte ich seinen Kopf.
Meine einstige Mutter musste den Lärm gehört haben. Sie stand plötzlich vor mir. Ich schlug mit dem Beil so lange auf sie ein, bis sie in Stücken vor mir lag.
Meine Kleidung war voller Blut. Ich zog sie aus. Dann nahm ich den Sack und das Beil und machte mich auf den Rückweg.
Es war schon hell, auf der Straße befanden sich einige Zombies, aber ich schaffte es, zum Taubenhaus zurückzukehren, ohne gesehen zu werden. Gerade noch rechtzeitig. Ich sah, wie Gestalten vor der Türe standen und sich Eintritt verschaffen wollten. Was diesen auch gelang. Ich Idiot hatte gestern bei meinem Aufbruch die Türe nicht versperrt. Ich wollte ja nicht zurückkehren. So musste ich mit ansehen, wie die Zombies ins Taubenhaus eindrangen.
Ich begann zu flennen wie ein kleines Kind. Die ganze Enttäuschung brach aus mir heraus. Ich war so kurz davor wieder in die Sicherheit des Taubenhauses zu gelangen und nun das.
Schließlich fasste ich mich wieder. Ich legte den Sack mit den Vorräten ins Schilf, nahm die Axt in beide Hände und schlich mich zur Tür des Taubenhauses. Zitternd stand ich da.
Ich musste sie überraschen. Ich stieß die Tür auf und sah, dass ein Frauenzombie mein Tagebuchheft in der Hand hielt, ein Kinderzombie stand daneben. Ich erkannte sie sofort.
Es waren meine ehemalige Schwester und ihre Tochter.
Die Zombies verlieren offenbar ihr Gedächtnis nicht ganz. Irgendetwas treibt sie zu den Plätzen, die sie aus ihrem Leben kannten.
Als mich die Zombies sahen, wichen sie zurück. Ich fuchtelte wild mit der Axt herum. Es gelang mir, sie zu dem Zimmer zu drängen, in dem die beiden anderen toten Zombies lagen. Die noch lebenden Zombies drängten sich in eine Ecke.
Ich versperrte die Tür, schlich noch einmal nach draußen, um den Sack mit den Vorräten zu holen. Danach verbarrikadierte ich das Taubenhaus.
7. Tag
Die Zombies randalierten in ihrem Zimmer und gierten nach Fleisch. Die ganze Nacht schlich ich im Haus herum. Im Dunkeln. Ich traute mich nicht, das Licht anzumachen. Wenn die Dinger draußen gesehen hätten, dass hier noch ein lebender Mensch ist, dann würden sie das Haus gestürmt haben.
Ich war erschöpft, doch ruhelos. Ich war verzweifelt und doch fühlte ich eine nie gekannte Erregung in mir. Als es Tag wurde, fand ich den Mut, die Zombies zu überwältigen. Ich startete einen Überraschungsangriff. Ich schlug sie mit dem Holzknüppel bewusstlos bevor sie imstande waren zu reagieren.
Ich fesselte sie, brachte Knebel an und schnitt ihnen mit einem Messer die Kleidung vom Leib. Dann setzte ich mich hin und erholte mich erst einmal.
Der erwachsene Zombie fing nach einiger Zeit an zu zucken. Der Kinderzombie lag nur da. Nackt und gefesselt. Ich streichelte beide. Das Fleisch des erwachsenen Zombies war warm, das des Kinderzombies kalt. Die Hauttemperatur ist bei Zombies wohl individuell verschieden.
Ich beschloss, die Nacht über bei den Zombies zu bleiben, weil ich hier Licht machen konnte, ohne dass es von außen gesehen würde. Ich zündete zwei Kerzen auf einem Leuchter an.
Als ich das ruhige Licht, das von der Kerzenflamme ausging, betrachtete, überkam mich eine Leichtigkeit. Im Gefühl, dass alles gut werden würde, streichelte ich den erwachsenen Zombie wieder. Es erregte mich.
Als ich mich erholt hatte, beschäftigte ich mich mit dem Kinderzombie. Ich streichelte den bewegungslosen Körper.
Ich bin ein Zombieficker.
8. Tag
Ich wurde gebissen. Ich war nicht vorsichtig genug. Der Knebel des großen Zombies war verrutscht, als ich mich mit seinen Brüsten beschäftigte. Er biss sofort zu.
Ich war geschockt und ein paar Sekunden wie gelähmt. Dann besann ich mich, holte die Axt und zertrümmerte dem Ding den Schädel.
Soll ich mich umbringen oder soll ich abwarten, bis ich zum Zombie mutiere? Beide Möglichkeiten lassen mich grausen. Ich will leben, aber ich will nicht zu einer seelenlosen Kreatur werden.
Ich habe Angst.
9. Tag
Ich lebe noch. Stundenlang bin ich herumgerannt in der Erwartung meines unmittelbar bevorstehenden Todes. Die dunkelste Verzweiflung hielt mich während der Nachtstunden in ihren Klauen. Als die Sonne aufging, begann ich erste Hoffnung zu schöpfen. Vielleicht verschont mich ja dieser Virus, dachte ich in einem Moment, im nächsten zweifelte ich wieder.
Gegen Mittag war ich mir dann sicher, dass ich dem grausamen Schicksal der Zombiewerdung entgangen bin. Ich bin davongekommen. Ich bin immun. Ich habe das Heilmittel gefunden:
Wer Sex mit den Zombies hat, dem kann das Virus nichts anhaben. Mit diesem Wissen kann ich der Retter der Menschheit sein. Wenn ich Überlebende finde, dann werde ich ihnen mitteilen, wie man sich schützen kann.
Die Macht des Virus kann gebrochen werden.
Ich bin davon überzeugt, dass die Tauben die Seuche gebracht haben. Ich konnte die Viecher nie leiden. Diese Luftratten schleppen überall Seuchen ein. Eklige Viecher.
Ich weiß nicht, wie lange die Immunisierung vorhält. Zur Sicherheit war ich noch mal bei den Zombies und hatte Sex mit ihnen. Im Zombiezimmer riecht es nach Verwesung.
Maden krabbeln auf den beiden Dingern herum, die einmal meine Frau und Tochter waren, aber wenn man der einzige Mensch ist, der die Menschheit retten kann, darf man nicht zimperlich sein.
10. Tag
Ich habe mich noch einmal an den toten Zombies immunisiert. Es war unheimlich. Ihre toten Augen starren mich die ganze Zeit an. Ich bin aus dem Zimmer gegangen, aber es half nichts. Es ist so, als dränge ihr Blick durch die Wände. Ihre Augen hängen in den Mauern.
Draußen streifen die Zombies immer noch auf der Suche nach Beute herum, aber ich muss jetzt das Haus verlassen, denn ich habe die ganze Situation gründlich durchdacht und bin zum Schluss gekommen, dass es meine moralische Pflicht ist, Überlebende zu suchen und mit ihnen eine neue Zivilisation aufzubauen.
Die Seuche darf nicht das Ende des Menschentums sein.
Ich werde jetzt die Menschheit retten.
1. Eintrag
Ich habe mich versteckt, seit die Seuche ausgebrochen ist. Versteckt im Keller meines Hauses. Ich will nicht, dass sie mich finden. Wer weiß, was sie mit mir anstellen würden?
Ernährt habe ich mich hauptsächlich von Frühstücksfleisch in Dosen. In guten Zeiten hatte ich glücklicherweise Vorräte angelegt, um für einen Krieg oder eine Naturkatastrophe gewappnet zu sein.
Ich war immer ein vorsichtiger und vorausplanender Mensch. Es kann ja immer zu Verknappungen kommen, da ist vieles vorstellbar. Dass die Seuche ausbricht, damit habe ich damals nicht gerechnet. Aber sie ist ausgebrochen. Mein ganzes bisheriges Leben liegt in Stücken.
Ich war immer ein genügsamer Mensch. Die Taubenzucht war mein einziges Steckenpferd, das auch finanziell zu Buche schlug. Ich leistete mir viermal im Jahr den Kauf von Rassetauben. Ich kaufte nur die besten Tauben, und die bekamen nur das Beste zum Fressen. Warum auch nicht? Als lediger Englischlehrer konnte ich mir das leisten. Auch investierte ich viel Zeit in Hege und Pflege.
Die Tauben waren mein Ein und Alles.
Wie begann dieser Albtraum? Die schrecklichsten Dinge beginnen immer harmlos. Ich bastelte im Schuppen hinter dem Haus an meinem Fahrrad herum, ein Platten im Hinterrad. Immer hat mein Hinterreifen einen Platten, nie der leichter zu reparierende Vorderreifen.
Ich legte einen Schraubenzieher wohl etwas ungeschickt auf das Schränkchen, in dem ich Taubenfutter aufbewahrte. Jedenfalls fiel er hinter dasselbe. Immer fallen mir die Dinge hinten runter, nie vorne.
Ich kniete mich auf den Boden und tastete hinter dem Schrank herum. Plötzlich spürte ich einen Schmerz. Ich zog die Hand schnell zurück. Sie blutete. Ich wollte die Ursache meiner Verletzung ausfindig machen und zog zu diesem Zwecke das Schränkchen von der Wand weg. Eine fette Ratte huschte durch den Raum und verschwand durch ein Loch in der Wand.
Ich war geschockt. Eine Ratte hatte mich gebissen. Ich fühlte mich schummrig.
Ich rannte ins Haus, wusch die Wunde aus und klatschte meine Jod-Vorräte zur Desinfektion darauf. Ich war aufgewühlt, lief von einem Zimmer ins andere. Ich spürte, dass dieser Biss alles anders gemacht hatte. Nach einiger Zeit bekam ich stechende Kopfschmerzen. Ich übergab mich mehrmals.
Ich fühlte mich fiebrig und legte mich ins Bett. Schlaf konnte ich bis zum Morgen nicht finden. Schwitzend warf ich mich in meiner Bettstatt hin und her. Erst gegen Morgendämmerung fiel ich in einen unruhigen Schlaf.