Von Trümmern und Träumen -  - E-Book

Von Trümmern und Träumen E-Book

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Beschreibung

Ein Pianist ist tot und eine Frau begegnet sich selbst. Wortwörtlich. Eduard und Irina haben sich nichts mehr zu sagen und eines heißen Sommers in den 70ern erzählt Beate eine Geschichte, deren Ausgang noch niemand kennt. Was tun, wenn die Träume in Trümmern liegen? Sieben Augsburger Autoren gingen der Frage auf den Grund. So entstand diese besondere Anthologie mit sehr persönlichen Texten: Expeditionen in die Vergangenheit, ins Innere der Seele und ans andere Ende der Welt. Sieben Gratwanderungen zwischen Scheitern und Neubeginn.

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Seitenzahl: 249

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Inhalt

Zur Einstimmung

von Ingrid Hopp

Nur eine Nacht

von Ingrid Hopp

Flüchtig

von Gisela Janocha-Huber

Wendekreise und Windrose

von Silvia Falk

Chronik einer Auslöschung

von Kerstin Herzog

Aus lauter Liebe

von Rike Hauser

Troika mit Karamasow

von Pia Weißenborn

Im Hinterhof

von Andreas Kölker

Über die Autoren

Nachwort

von Katharina Maier

Zur Einstimmung

von Ingrid Hopp

Rot

das Sofa

aus unseren Kindheitstagen.

Ein kuscheliges Stück Heimat.

Erinnerungen.

Wer braucht schon ein rotes Sofa?

Besaßen die Brüder Karamasow eines oder der legendäre Pianist, der zum Mordopfer wurde? Oder stand eines im Flüchtlingsheim? Sicher fand man es nicht auf fernen, menschenleeren Kontinenten.

Aber irgendwo geisterte es herum, das rote Sofa. Vielleicht in den Träumen aus fernen Kinder- und Jugendtagen. Und auf Reisen verwandelte sich das Sofa auch gerne in ein rot gepolstertes Zugabteil, in dem überraschende Begegnungen stattfanden …

Sieben Autoren – sieben Geschichten von Trümmern und Träumen.

Sie erzählen vom Leben, vom Scheitern, von Obsessionen, von schönen und weniger schönen Erinnerungen – und manchmal kommt ein rotes Sofa darin vor …

Nur eine Nacht

von Ingrid Hopp

Luise stand hier im Stockfinstern. Aber sie hatte keine Angst im Dunkeln, und der Mief in diesen Räumen war für sie wie ein Hauch von Geborgenheit. Es musste jetzt schon Mitternacht sein. Lange Zeit hatte sie sich völlig still verhalten. Die Vorstellung war längst vorüber. Kurz nach dem Ende war sie von ihrem Platz im Parkett mit einer fast schlafwandlerischen Sicherheit die seitlichen Treppen zur Bühne hochgestiegen, als wäre es die größte Selbstverständlichkeit. Sie war zwischen die schweren, dunklen Vorhänge geschlüpft und hatte sich versteckt. Niemand hatte sie bemerkt.

Jetzt schlich sie sich vorsichtig aus den wallenden Stoffbahnen hervor und allmählich erkannte sie im spärlichen Licht die Umrisse des Flügels auf der anderen Seite. Langsam bewegte sie sich durch das unwirkliche Halbdunkel auf das rote, samtene Sofa in der Mitte der Bühne zu, das eine magische Anziehungskraft auf sie ausübte. Das Sofa und der Flügel – es waren die wichtigsten Requisiten für die heutige Gala gewesen, in der sich die „Neuen“ des Theaters in kurzen Szenen, Tänzen oder Liedern vorgestellt hatten. Jetzt, da das Sofa nicht mehr leuchtend rot wirkte, sondern im spärlichen Licht einen eher bräunlichen Farbton angenommen hatte, erschien es Luise noch anheimelnder, und mit einem unbeschreiblich wonnigen Gefühl kuschelte sie sich schließlich in die weichen Polster. Der Spruch von ihrem heutigen Kalenderblatt kam ihr in den Sinn, der von einem gewissen Henry Thoreau stammte, von dem sie noch nie gehört hatte. Aber der Spruch gefiel ihr: „Die Zeit ist nur der Fluss, in dem ich angle.“

„Merkwürdig“, dachte sie, „wieviel Zeit schon verflossen ist seit damals, als ich das kleine Mädchen mit den hochgebundenen Rattenschwänzchen war.“ So viel Zeit war vergangen, dass selbst ihre beiden Töchter keine kleinen Mädchen mehr waren und sie inzwischen schon Großmutter war. Und doch erschien ihr das Damals, an das sie sich nun erinnert fühlte, so nah, als wäre es erst gestern gewesen.

Ungefähr sieben Jahre alt musste sie gewesen sein. Sie hatte eine Zahnlücke in den Vorderzähnen, aber das störte sie nur selten. Höchstens, wenn sie vor dem Spiegel lachen musste, aber das vergaß sie auch sofort wieder, denn es gab viel wichtigere Dinge. Zum Beispiel „Peterchens Mondfahrt“. Das hatte sie bei Nachbarn im Fernsehen anschauen dürfen. Es war noch schwarzweiß, und ihre Familie hatte überhaupt kein Fernsehgerät. Danach wollte sie unbedingt Astronaut werden. Auf dem Mond würde keiner mehr zu ihr sagen: „Erst die Arbeit, dann das Spiel!“

„Arbeit – Arbeit – Arbeit“, dröhnte es in ihrem Kopf. „Am Anfang steht das A“, dachte sie in einem Anflug von Sarkasmus und plötzlich wusste sie, woher das Unbehagen gekommen war, als sie zum ersten Mal diesen Spruch als Motto der heutigen Theatergala gelesen hatte. Doch als sie gedankenverloren über die Armlehne des samtweichen Sofas strich, überkam sie eine Welle von Glück und Zufriedenheit. Sie schloss die Augen und plötzlich hörte sie, wie aus weiter Ferne die ersten Takte des Walzers „An der schönen blauen Donau“ erklangen … Sie war wieder das kleine Mädchen, das zuerst ganz brav auf dem braunen Samtsofa der Nachbarin saß und das etwas später aufstand und wie entfesselt zu den Walzerklängen tanzte. Und das A hieß nun Amalia Angerer, saß am Klavier, und die Welt war wundervoll …

Für Luise war es ein Geschenk zu einer Zeit, als noch immer viele Häuser der Stadt in Trümmern lagen, obwohl seit dem Kriegsende schon mehr als ein Jahrzehnt verstrichen war. Immer, wenn sie mit ihren Hausaufgaben fertig war und die Mutter es erlaubte, war sie die Treppen zur Wohnung unterhalb hinabgestiegen und hatte an der Tür geläutet. Sie war zu Amalia in die Wohnung gehuscht, hatte ein leises „Grüß Gott“ gehaucht, sich ganz still hingesetzt und zugehört, denn Amalia musste viel üben für ihre Auftritte im Theater und anderswo. Wenn sie fertig war mit ihrem Programm, spielte sie oft einen Walzer für Luise und beide lachten gelegentlich vor lauter Freude ganz laut in die Musik hinein …

Irgendwann an einem grauen Winternachmittag, als es schon ganz früh zu dämmern begonnen und Luise vergeblich nach dem Mond Ausschau gehalten hatte, da hatte Amalia eine Kerze angezündet und die „Mondschein-Sonate“ für sie gespielt. Still und friedlich hatte sich die Abendstimmung wie ein schützender Mantel über die beiden gelegt. Auf einmal hatte Luise wieder den Geruch von Apfelschalentee in der Nase, den sie damals zusammen getrunken hatten.

*

Vor der Wohnungstür im ersten Stock steht sie im nachtdunklen Hausgang. Sie hört, wie die Haustür aufgeht, und gleich darauf wird es hell, weil jemand den Lichtschalter gedrückt hat. Die Schritte von unten sind ihr vertraut. Es ist ihr Großvater, der nach Hause kommt. Auf dem Treppenabsatz oberhalb taucht plötzlich ihre Mutter auf. „Was fällt dir ein, so spät nach Hause zu kommen! Ich warte schon ewig auf dich!“

Luise zuckt zusammen, aber sie hat keine Ahnung, ob die Mutter sie oder den Großvater meint, der inzwischen neben ihr steht. „Musst du das Kind so erschrecken?“ Die sanfte, dunkle Männerstimme tönt durch den Hausgang. „Außerdem solltest du sie später studieren lassen, wo sie doch so gescheit ist.“ Luise gibt dem Großvater die Hand und steigt mit ihm die Treppen hinauf. Als sie die Dachwohnung betreten, stehen zwei große Koffer und einige vollgestopfte Kartons im Vorraum.

Die Mutter steht am Herd und rührt im großen Suppentopf. „Morgen ziehen wir um“, sagt sie. „Hier ist nicht genug Platz für uns alle.“ Luises kleiner Bruder sitzt auf dem Boden und wirft mit lautem Krachen den Turm aus Holzbausteinen um. Sie setzt sich zu ihm und versucht, den Turm wieder aufzubauen. Aber da kommt die Mutter mit einer großen Schachtel und räumt die Bausteine hinein. Sie zieht dem Bruder einen Mantel an und sagt zu Luise: „Komm jetzt!“

Unten im Hof steht das dunkelrote Auto ihres Onkels. Er lädt Koffer und Schachteln in seinen Kofferraum. Luise steht in ihrem dunkelroten Wintermantel daneben und ist völlig sprachlos. Eine Kutsche aus Eis fährt zum Hoftor herein, kommt auf sie zu und bleibt direkt vor ihr stehen. Der Nikolaus steigt aus und hebt Luise in die Kutsche hinein. Es sitzt schon ein Mann mit einem zerzausten Bart darin. Er hat einen großen Sack bei sich, aus dem ein Bein herausguckt, das in einem geringelten Strumpf und einem roten Lackschuh steckt. Der Mann hat eine Rute in der Hand und schaut grimmig drein. Ein beklemmendes Gefühl steigt in Luise hoch. Da setzt sich der Nikolaus neben sie und nimmt seinen Bart und seine Mütze ab. Erst jetzt erkennt sie, dass es der Großvater ist. Der bärtige Kerl ist auf einmal verschwunden. Die schneeweißen Rosse stampfen mit den Hufen und als der Großvater „Hü“ ruft, galoppieren sie los. Es geht hoch durch die Luft über die ganze Stadt hinweg, an den Wolken und den Sternen vorbei. Als die luftige Fahrt zu Ende ist, bleibt die Kutsche vor einem rosarot gestrichenen Häuserblock stehen. Ihre Mutter ruft aus einem der Fenster: „Luise, wo bleibst du denn so lange? Komm schon.“

Luise steigt aus und steht schon auf der Stufe zur Haustür, da dreht sie sich noch einmal um und will der Kutsche nachwinken. Aber die ist wohl geschmolzen und stattdessen steht ein weißer VW-Kombi mit einer goldenen Ährenkrone in einer großen Pfütze in der Hofeinfahrt. Sie werden einen Familienausflug mit ihrem Vater machen. Die Tür zum Laderaum ist offen und eine Matratze liegt auf dem Boden. Ihr Onkel sitzt darauf und singt zu seiner Gitarre. Sie klettert hinein und ihre Mutter setzt den Bruder neben sie und steigt selber vorne beim Vater ein. Sie singen ein paar Lieder und ihr Onkel spielt dazu. Aber plötzlich hat Luise das Gefühl, auf einem schwankenden Schiff zu sitzen. Die hintere Tür öffnet sich und sie sieht, dass die Pfütze von vorhin zu einem riesigen, dunkelbraunen See angewachsen ist. Das Wasser schwappt in den Laderaum und reißt sie mit. Wie wild fuchtelt sie mit den Armen herum und will um Hilfe schreien, aber da kommt ihr Vater auf einem Floss angefahren und zieht sie aus dem Wasser. Ihr tropfnasses Sommerkleid hängt an ihr herunter, und als sie das Ufer erreichen, sitzt ihre Mutter da und sagt: „Luise, was hast du denn schon wieder gemacht! Komm, wir bringen dich zurück.“

Auf einmal stehen sie vor einem großen Haus mit einer riesigen Treppe und einem großen Eingangsportal. Eine Klosterfrau empfängt sie und nimmt sie an der Hand. „Komm mit mir“, sagt sie zu Luise. Sie steigen zusammen die Treppe hinauf, bis sie in einem großen Saal ankommen, in dem viele Liegen stehen, auf denen Kinder einen Mittagsschlaf halten. Als Luise zu den großen Fenstern hinausschaut, entdeckt sie in der Ferne auf den Bergen im Sonnenschein ein Märchenschloss mit vielen Türmchen. Blütenblätter taumeln durch den Sommerwind, die auf einmal zu Schneeflocken werden. Groß und dicht fallen sie vom Himmel und lassen das Schloss in der Flockenpracht verschwinden. Da fällt Luise ein, dass ihr Vater sie abholen wollte. Sie rennt aus dem Liegesaal, die Treppen hinunter und aus dem Haus hinaus. Hohe Schneewehen haben sich neben dem Tor aufgetürmt, die Landschaft ist versunken unter einer weißen Decke und keine Straße ist mehr zu sehen. Aber sie ist ganz sicher, dass ihr Vater gleich da sein wird. Sie wird ihm entgegengehen. Drüben beim Nebengebäu de sieht sie einen Schlitten. Sie stapft hinüber und setzt sich darauf. Sofort geht es bergab, und nach jedem Hügel, über den sie fährt, fliegt sie ein Stück weit durch die Luft und landet ganz weich wieder im flaumigen Weiß. Bald sieht sie den Bahnhof auftauchen und da kommt auch schon ihr Vater auf sie zu. „Wenn der Zug kommt, fahren wir nach Hause! Morgen ist Weihnachten“, sagt er zu ihr. Neben ihrem Vater sitzt sie im Abteil und versucht, in der nächtlichen, tief verschneiten Landschaft etwas zu erkennen. Dicke Schneeflocken fliegen unaufhörlich vor den Fenstern vorüber und auch Zimtsterne und Weihnachtskugeln. Oft müssen sie umsteigen. Einmal sitzen sie in einer Bahnhofswirtschaft mit vielen anderen durchgefrorenen, übernächtigen Reisenden. Der Vater kauft Kartoffelsuppe mit Würstchen und Luise ist froh, dass es ihr beim Essen wieder wärmer wird. Aber schon stehen sie wieder auf einem windigen Bahnsteig und hören schnaubend den nächsten Zug einfahren. Die Fahrt durch die winterliche Nacht kommt ihr endlos vor. Doch auf einmal hält der Zug und Luise steigt aus.

Sie findet sich in einer Art Park wieder. An herbstlichen Büschen und Bäumen vorbei läuft sie auf eine kleine Halle zu. Als sie hineingeht, liegt hinter einem großen Glasfenster ihre Großmutter, ganz ruhig und friedlich. Sie hört die Stimme ihrer Mutter sagen: „Oma schläft jetzt, sie schläft für immer.“ Als Luise aus der Halle hinaustritt, scheint die Sonne. Sie geht an einer Reihe von Gräbern entlang. Vor einem grünen Grabstein bleibt sie stehen. Der Vater liegt dort begraben. Ihr Bruder steht neben ihr und hat die kleine Schwester an der Hand. Unvermittelt hört sie ihre Mutter rufen: „Luise, komm jetzt.“ Aber Luise rennt einfach los. Ein Berg taucht vor ihr auf. Da will sie hinauf. Über eine Geröllhalde kämpft sie sich nach oben, immer höher und höher. Endlich hat sie es geschafft! Sie ist oben. Sie sieht nicht zurück, sondern genießt den Ausblick auf ein wunderschönes Tal. Ein großer Fluss schlängelt sich hindurch und an seinen Ufern gibt es Weinberge, die die Hügel emporklettern. Sie wandert in die kleine Stadt hinunter und am Marktplatz steigt sie in ihren roten VW-Käfer. Als sie den Wagen durch die Landschaft lenkt, betrachtet sie die Pappeln am Straßenrand, deren goldgelbe Blätter im Herbstwind tanzen und wie funkelnde Taler aus einem Märchen wirken. Immer weiter und weiter fährt sie. Sie stellt das Radio an. Da durchzuckt sie der Gedanke, dass sie in die Schule muss. Die Kinder werden schon da sein. Sie stellt ihr Auto auf dem Hof ab und hastet die Treppen hinauf. Völlig außer Atem kommt sie im Klassenzimmer an und Anja sagt zu ihr: „Fräulein, warum rennst du denn so?“

„Keine Ahnung“, antwortet Luise und legt einen Stapel Schulhefte aufs Pult. Die Kinder packen gerade ihre Sachen aus, als die Tür aufgeht. Der Schulrat kommt herein. Luise fällt ein, dass sie nichts für den Unterricht vorbereitet hat, sie hat nicht einmal eine Tasche dabei. Sie muss hier weg. Sie wendet sich zum Fenster und klettert hinaus. Wie auf unsichtbaren Stufen steigt sie in der Luft hinunter auf den Schulhof und fährt mit ihrem Auto weg, immer weiter, bis ans Meer … Aus der Ferne hört sie die Stimme ihres Mannes: „Luise, komm nach Hause, ich warte auf dich …“

*

„Aber ich bin doch zu Hause!“, murmelte Luise im Halbschlaf. Sie wollte sich gerade noch einmal umdrehen, da wäre sie beinahe von der Couch gefallen, die ihr vor einigen Stunden noch so angenehm erschien. Jetzt aber fröstelte sie. Irritiert sah sie sich um. Wo war sie eigentlich?

Im schummrigen Licht der Notbeleuchtung erkannte sie wieder den Flügel. Ganz allmählich kehrte die Erinnerung an den gestrigen Abend zurück. Sie musste wohl auf dem Sofa eingeschlafen sein. Ihr war kalt und sie wollte heim. Wie spät war es überhaupt? Ihre Handtasche musste irgendwo sein. Als sie sie gefunden hatte, kramte sie nach ihrem Handy, denn auf ihrer Armbanduhr konnte sie beim besten Willen nichts erkennen. Es war 05:15 Uhr. Jetzt fiel ihr ein, dass ihr Mantel noch in der Garderobe hängen musste. Ob sie um diese Zeit überhaupt hier herauskam? Na ja, versuchen konnte sie es immerhin. Wie zum Abschied streichelte sie noch einmal über den Samt, packte ihre Tasche und ging langsam auf die Treppe zu, die ins Parkett hinunterführte. Wie war sie nur auf die Idee gekommen, einfach hier im Theater zu bleiben? Sie schüttelte den Kopf und lächelte. Das sah ihr ähnlich! Konnte auch nur passieren, weil ihr Mann nicht dabei war.

Langsam tastete sie sich vorwärts. Die Türe, die aus dem Zuschauerraum hinausführte, war glücklicherweise nicht verschlossen. Noch bevor sie in der Garderobe nach ihrem Mantel suchte, huschte sie in die Toilette. Sie betrachtete sich im Spiegel des Waschraums, versuchte, ihre völlig ruinierte Frisur wieder halbwegs in Ordnung zu bringen und mit dem Lippenstift etwas Farbe und Lebendigkeit in ihr Gesicht zu zaubern. Sie fühlte sich schon ein wenig wacher, als sie ihren Mantel vom Garderobenhaken holte und überzog. Jetzt fiel ihr auch wieder ein, dass es hier irgendwo eine Art Notausgang gab, durch den man aus dem Theater gelangen konnte. Vor Jahren hatte sie einmal bei der Statisterie mitgewirkt, und wenn es länger dauerte und der Pförtner nicht mehr da war, dann hatten sie das Theater durch diesen Ausgang verlassen. Ihr Weg führte sie hinunter in die Theaterkantine und durch einen langen Gang vorbei an Küche und Abstellräumen endlich zum ersehnten Ausgang. Unwillkürlich fielen ihr die Worte „Sesam, öffne dich!“ ein, als die Türe hinter ihr ins Schloss fiel und sie im frischen klaren Herbstmorgen im Freien stand. Die Stadt war um diese Zeit fast vollkommen ruhig – Sonntagmorgen vor sechs.

Sie hatte Lust, ein paar Schritte zu gehen und die morgendliche Ruhe zu genießen, um erst wieder einmal zu sich zu kommen. Was hatte sie bloß alles zusammengeträumt in dieser Nacht! Wie merkwürdig, dass einen Erlebnisse so lange begleiteten, auch wenn man gar nicht mehr wirklich daran gedacht hat. Die Geschichte mit dem unfreiwilligen Bad in einem Moorsee irgendwo in den Bergen, wo zwischen dem Schilf unzählige blaue Libellen im Sonnenlicht tanzten. Sie war ins Wasser gefallen, als sie im Sommerkleidchen mit ihrem Vater einmal kurz auf einem Floß gefahren war. Das war an einem Sonntag passiert, als ihre Eltern sie im Sanatorium besucht und einen kleinen Ausflug mit ihr gemacht hatten. Damals durfte sie nicht in die Sonne gehen und hatte ein striktes Sportverbot. Sie war ein kleines Mädchen von zehn oder elf Jahren zu dieser Zeit. Später hatte sie studiert, war Lehrerin geworden. Dass sie wieder einmal von einem Schulratsbesuch geträumt hatte, obwohl sie schon seit mehr als drei Jahrzehnten nicht mehr im Schuldienst und vor zwanzig Jahren freiwillig aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden war, fand sie irgendwie absurd. Woher kam der Druck, unter dem sie anscheinend immer noch stand? Alles erschien ihr rätselhaft, wie schon so oft, und Nachdenken war nicht immer hilfreich. Und so hörte sie auf das Zwitschern der Vögel, genoss das Heraufziehen eines neuen Tages und freute sich auf die Tasse Kaffee, die sie zu Hause trinken würde. Wenig später bestieg sie ein Taxi, weil sie keine Lust hatte, in der Morgenkühle noch weiter zu wandern oder auf die erste Straßenbahn zu warten. Die Wärme im Fahrzeug war angenehm und auch die mühelose Schnelligkeit, mit der sie ihrem Ziel näherkam. Taxi am Sonntagmorgen: freie Straßen und viele abgeschaltete Ampeln. Und daheim ein warmes Bett, in dem sie sich erst einmal richtig ausschlafen konnte. Ihr Mann kam erst gegen Abend von seiner Reise zurück. Er würde bestimmt fragen, wie es im Theater war. Was sollte sie ihm bloß erzählen?

Flüchtig

von Gisela Janocha-Huber

Ich muss Ihnen was erzählen. Darf ich hoffen, es interessiert Sie?

Freilich, dazu müssen Sie erst wissen, worum es geht. Es geht ums Thema der Zeit: Flucht und Vertreibung. Es stimmt schon, jeder hat alles Populäre mehrfach dazu gesagt. Trotzdem – hier geht es um mehr. Was Ihnen wichtiger ist, das Flüchtlingsheim oder das Private daran, entscheide ja nicht ich.

Da ist das Ehepaar Irina und Eduard Binder. Er hat ein Mietshaus mit vier Parteien geerbt. Immerhin –, sagt seine Frau, Alleinerbin eines über Generationen gewachsenen Kapitals aus Grundstücksgeschäften. Sie lehrt „schöne Gesundheit“, ist engagiert und überzeugt, nicht Wirtschaftlichkeit bestimme ihre Arbeit, sondern der Spaß daran.

Eduards Erbe ist ein Kostenfaktor. Zwar hat auch die Immobilie seiner Eltern schon Generationen zuvor gesehen, immer wieder verbesserten und erweiterten sie ihr Heim. Was lief nur falsch bei ihnen – Irinas stumme Frage steht im Raum wie ein Ball, den man nicht fängt. Eduard sinnt nicht länger nach Antworten, Taten werden den Ausgleich schaffen. Nur, Eduard ist kein Handwerker, er ist Sozialpädagoge und Leiter des Flüchtlingsheims um die Ecke, und wenn es sein muss, auch nachts zur Stelle. Gerade in einer Nacht voller Ereignisse rüttelt etwas an seinem Bewusstsein. Wie es dazu kam, das will ich erzählen.

1

In Heimstetten, gut achtzig Kilometer südöstlich von seinem heutigen Zuhause, liegt Eduards Erbe. Oft kommt er her, sieht nach dem Rechten und hat zu tun, das Haus wird nicht jünger. Steuerlich pauschal begünstigt sind gerade mal sechs Nachschau-Fahrten im Jahr. Zum Winter muss die Wasserleitung im Garten vor Frost geschützt werden, Zählerstände wie Unordnung sind besser fotografiert als beschrieben, obwohl Eduard immer mal wieder zweifelt an der Beweiskraft seiner Fotos vor Gericht, sollte es je zu einem Ernstfall kommen.

Das Haus mit seinem Buschwerk, die Umfriedung des Anwesens, trotz Arbeit und Kosten, für Eduard lebt es, das Vermächtnis seiner Eltern. Kein Haus in der Umgebung hat großzügige Balkone wie dieses und keines in der Straße drei Etagen, alles niedere Häuschen. Mit Stolz beschaut er den zartbeigen Verputz, die neuen Fenster in Schokobraun – es sieht einfach gut aus, wenn auch noch Mörtelreste übermalt gehören bei den obersten Mietern. Was es alles zu erledigen gab, bis die Wohnungen neu in Schuss waren! Auch Irina half mit, kontrollierte jede Kontobewegung exakt, was anstrengend genug war für sie. Insgeheim gibt er es ja zu, bis heute ist es nicht gerade seine Stärke, jeden Euro zu überwachen, und Irinas Schule war und ist kein Spaß.

Heute geht es um den Garten, um die Bäume, und – um Kosten. Mehr Sorgfalt verdienen sie, seine Zwetschgen-, Apfel- und Birnbäume. Sein Vater konnte das, er schnitt sie selber, Eduard kennt sich nicht recht aus damit. Letzte Woche gab es auf einem Flohmarkt einschlägige Sachbücher. Nur, was nützt das, das ist zu detailliert, Fachbegriffe wie Kronenaufbauschnitt, Pflanzschnitt, Erziehungsschnitt, wen soll das nicht überfordern, wie die rechte Zeit finden, für den Rückschnitt im Herbst, keinesfalls unter minus vier Grad, wo der Herbstschnitt doch besser ist als der Sommerschnitt, schon wegen möglicher Infektion. Oft ist aber auch der Sommerschnitt besser ─ und ja nicht schneiden ─ reißen! Denn Reißwunden heilen besser. Alles anders als bei uns. Der Mensch ist gar nicht das bessere Tier, wir sind die schlechteren Pflanzen, weil ohne Erziehungsschnitt. Was nun sein Erziehungsschnitt ist oder werden sollte, weiß Eduard nicht so genau, er weiß nur, wollte er all das beherrschen, hätte es nach seinem gescheiterten Germanistikstudium noch Agrarwirtschaft plus Biologie gebraucht. Wäre er nicht Sozialpädagoge geworden, müsste er das heute sehr wahrscheinlich bedauern.

Seine Unkenntnis rät zum professionellen Schnitt, das gibt wieder mehr Obst. Wenn Irina auch keinen Wert darauf legt und die Mieter sowieso nicht ernten, oft hebt er selbst faulige Äpfel auf. Einzig seine Flüchtlinge im Heim freuen sich, kocht Schwester Jacoba mit ihnen Kompott, ein Spaß für die Kleinen aus Afghanistan und Syrien. Der Baumpfleger lohnt sich, Irina kann nichts dagegen haben.

Sträucherschneiden ist für Eduard kein Problem. Aus dem Holzschuppen holt er seine neue Gartenschere, ein Werbegeschenk. Da fällt ihm die kleine Mulde von damals ein, ein Igel kam heraus geschlüpft, und als kleiner Eduard fand er, das stachlige Wesen brauche dringend ein Bad. Auf ein Holzbrettchen geschoben, trug er das Tier vorsichtig zum großen Steintrog voller Wasser und versenkte den Igel. Der rollte sich zusammen, Eduard erschrak, hob schnell das Brettchen hoch, legte es ins Gras und der Igel lief davon. Ob er je nochmal zu sehen war, oder ob Eduard gar des Igels Tod verursachte – er erinnert sich nur daran, dass er seinen Eltern kein Wort davon sagte. Damals muss das Wetter wie heute gewesen sein, fast wolkenloser Himmel, windstill und warm. Er genießt den Mai und den vertrauten, alten Holzschuppen, der erneuert gehört und Geld kosten wird.

„Herr Binder!“ Frau Frisch, die neue Mieterin. Jung und barfuß kommt sie in den Garten, Eduards ganze Hoffnung auf die richtige Wahl diesmal, noch ein Mietnomade wäre Irina nicht zu erklären, wenn sie auch keine Zeit hatte für einen Blick auf die Selbstauskunft von Frau Frisch, sechsundzwanzig Jahre, geschieden, Krankenschwester im örtlichen Klinikum. Ihr geht es um einen neuen Anschluss für die Waschmaschine im Keller. Die Teile hätten sie schon besorgt, Frau Frischs Bruder erledige die Installation. Ein Wasserschaden wäre fatal für Eduard, er riskiert nichts, Handwerker sind teuer, die Kosten trägt das Haus nicht. Irina hätte Recht, würde sie ihm das vorwerfen; Eduard installiert den Anschluss selbst.

2

Anna Frisch ist glücklich über Eduards Hilfe. Überhaupt, ihre neue Wohnung, der große Garten und Herr Binder. Er ist einfach toll, nicht so ein Muffliger wie ihr voriger Vermieter, der hat sie kein einziges Mal angeschaut, egal, wie lange das Gespräch gedauert hat. Wie angenehm dagegen ist Herr Binder. Frau Binder hat Anna Frisch noch nicht kennengelernt, nicht einmal beim Abschluss des Mietvertrags. Nächstens wird sie darauf achten, ob er einen Ehering trägt, und sie wird im Telefonbuch nach seinem Eintrag schauen. Vielleicht gibt es ja gar keine Frau Binder, oder nicht mehr, vielleicht ist er ebenfalls geschieden, allein wohl kaum, gepflegt wie er aussieht, das blaugrün karierte Hemd mit Silbereffekt ist top und die dunkle Hose lässig. Das passt einfach, leicht meliertes Haar, groß, nicht gerade magersüchtig, aber ohne Bauch.

Der Anschluss in der Waschküche ist installiert. Eduard sperrt die Kellertüre ab und geht die blaue Steintreppe hoch. Er ist froh über sein gutes Gefühl, dazu ist die neue Mieterin ganz hübsch und ungezwungen in ihren Shorts. Vielleicht heiratet sie bald wieder nach ihrem kurzen Ehegastspiel. Ihre Tierfiguren im Gras, die Lämpchen an den Bäumen, es sieht schon jetzt nach einer Kinderschar aus. Er selbst hofft nicht mehr darauf, zu einer Untersuchung war Irina nicht zu bewegen.

Eduard überlegt, ins Flüchtlingsheim zu fahren oder gleich nach Hause, Irina überarbeitet ihre Referate für die Veranstaltung nächste Woche, er will nicht stören. Es gibt ja immer etwas Neues, dermatologische Produkte, medizinische Erkenntnisse. Nicht zu vergessen die esoterische Schiene, ein unerschöpfliches Gebiet. Dabei müssen auch gleich die Häuser inspiziert werden, jedes Wellness-Center ist anders.

Eduard schätzt das Engagement seiner Frau und er mag es, wenn sie belebt zurückkommt nach einer Tagung, wie sie es nennt. Er glaubt an ihren Erfolg. Eine gute Figur abzugeben, ist leicht für Irina, die hat sie, und sie hat Charme, der ankommt und überzeugt, sie kann auch einmal nichts sagen, Zwist übergehen. Erstaunlich, wie achtbar sie sich Fremden, Kunden gegenüber, zeigt.

Eduard geht die Einfahrt entlang zum Tor. Frau Frisch winkt und ruft aus dem Küchenfenster, Eduard erschrickt über ihren unerwartet vertraulichen Dank.

3

Eduard besorgt einen kleinen Strauß – Vergissmeinnicht mit Schleierkraut – und fährt heim. Das Haus liegt in einer verkehrsberuhigten Zone, zurückversetzt, von Weitem ist nur eine Mini-Allee exotischer Sträucher zu sehen. Neulich witzelte ein Gast „eine Einfahrt wie ein Minister“, eine Ministerin, dachte Eduard. Ohnehin ist das Haus einige Nummern zu groß. Wer braucht einen begehbaren Kleiderschrank, wozu muss die Heizung versenkt sein, wenn gewonnener Platz gar nicht genutzt werden kann. Eduard gefällt der knallrote und halbrunde Lacktisch direkt an der Dielenwand, nein, keine Diele, eine Halle ist das, etwas für Empfänge, und von Zeit zu Zeit gibt es sie. Irina feiert gerne.

Eduard steckt die Schlüssel ins Etui und legt es auf den Lacktisch. Irina telefoniert. Im Abstellraum sucht Eduard nach einer Vase, er schaut auf die Rosenthal-Sammlung und überlegt, welche Irina aussuchen würde. Er wickelt das Sträußchen aus, entsorgt das Papier, füllt Wasser in die kleinste Vase, stellt sie auf das Tischchen neben der Couch. Er geht in die Küche, schaut in den leeren Kühlschrank und setzt Teewasser auf. Irina telefoniert. Eduard ist hungrig und geht einkaufen, zwei Döner und zwei Flaschen Weißbier. Und seine Lieblingsschokolade, schwarz mit Chili.

4

Nach seinem Einkauf fährt Eduard eine kleine Schleife, vorbei am Flüchtlingsheim, ein restauriertes Fabrikgebäude mit fünf Stockwerken. Er weiß, seine Auszeichnung „bestgeführtes Flüchtlingsheim im Bezirk“ verpflichtet, und er hofft, die Dinge werden ihm nicht entgleiten. Wieder ist das leidige Thema Abfall ein Problem, die Tageszeitung brachte einen Artikel samt Foto über sein Heim. Die Leute gewöhnen sich nicht daran, Müll wegzuräumen, Hausmeister und Praktikanten sind eindeutig angehalten, die Container im Auge zu behalten, Verstöße gegen klare Anweisungen sind der Leitung unverzüglich zu melden.

Dabei gab es zunächst keine großen Probleme, mal Rangeleien, keine Tätlichkeiten. Beneidenswert, die Flüchtlinge und ihr Glaube, ihre Ahnungslosigkeit von den Kämpfen im Sozialausschuss, geht es nur um das Sozialticket für Bus und Straßenbahn. Eduard fährt achtsam vorbei am Heim. Momentan scheint alles in Ordnung, nur ein Kinderroller liegt im Gras. Einige der Fenster sind geöffnet, etwas scheint neu in der obersten Etage, ein weißer Vorhang, gedreht zu einem Dreieck.

5

Irina sitzt am Schreibtisch und blättert im dicken Esoterikbuch, das Handy zwischen Ohr und Schulter. „Klar werde ich auch was Esoterisches erzählen. – Wenn du wüsstest, wie‘s bei mir zugeht heute – doch, ich hab‘ schon was gefunden.“

„Aber bitte nicht zu platt, das können wir uns nicht leisten.“

„Nur fundiert“, lacht Irina und beginnt mit ihren Slogans. „Der hier ist gar nicht so übel: Wenn du nicht dein Unterbewusstsein beherrschst, wird es ein anderer tun. Wie finden Sie das, Herr Doktor?“

„Nicht schlecht. Aber zu anspruchsvoll.“

„Oder das: Meine Tage sind von Freude und sinnvollen Aktivitäten erfüllt. Ich entdecke meine Lebensaufgabe durch den Blick nach innen, nicht nach außen. – Nun?“

„Passt. Passt perfekt.“

„Eins hätte ich noch, vielleicht so zum Abschluss des Tages: Geld ist etwas Wunderbares. Ich verwende es weise zum Wohle meiner selbst.“

„Darauf muss ich jetzt aber nichts sagen.“

„Und wenn wir zuvor die Harvard-Forscher bringen? Bis die Parallele Computer und Gehirn erforscht ist, das hat sehr wohl mit Geld zu tun, das kostet, bis –“

„Na, ich weiß nicht …“

„Hör doch, um Informationen abzuspeichern, muss auch im Gehirn erst mal ein Speicherplatz gefunden sein, und dafür muss der Mensch sechs Stunden wach sein, sonst ist das weg. Gelöscht, verstehst du, gelöscht ist es aber auch, überfrachtet man das Gehirn gleich wieder neu mit Informationen. Ich wette, wenn wir Vergesslichkeit erklären, das gibt eine Punktlandung.“

„Ich wette ja gar nicht dagegen, wenn du meine Produkte genauso anpreist.“

„Nicht nur deine Produkte sind mir wichtig!“

„Freut mich. Aber das mit dem Geld, das lässt du besser. – Wie ist eigentlich der Altersschnitt?“

„Weiß ich nicht, mindestens sechzig.“ Irina steht auf und sucht im Regal nach weiterer Lektüre. Dabei sieht sie in der Einfahrt Eduards Auto.

„Gut“, sagt sie, „bis dann, an der großen Säule – ich freu mich schon.“

„Bis morgen. Ich freu mich.“

6

In Bio war sie in der Schule nicht gerade top, zu viel Stoff, aber das mit dem neuronalen Netz, Baumkronen, die dem menschlichen Gehirn ähneln oder umgekehrt, ist ihr wieder eingefallen. Interessant. Die Hausarbeit von damals könnte noch im Keller sein.