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Vom Aufbäumen und Aufwachsen handelt dieser Band mit Gedichten, zwischen 1992 und 2016 entstanden, die das Alltägliche besonders und das Außergewöhnliche zum Thema des Alltäglichen machen. Wie das zugeht? Der lyrische Sprachklang Mathilde Schrumpfs flüstert und summt, bewahrt Wortschätze. Die Verletzlichkeit, Hellhörigkeit und Klarsicht des Kindes hat diese Autorin nie eintauschen wollen. Das braucht Mut und ist ungewöhnlich in unserer Zeit, die sich mit Vernunft ebenso wappnet wie mit Unvernunft. Die Wahrheit der Dichtung aber liegt darüber: Wenn es gelingt, sie zu erahnen, ist das ein Glück. Bleiben oder Gehen heißt es oft im Lieben. Doch ist der Versuch, Hingabe oder Verschwendung zu dosieren, manchmal vergeblich, sind die Sinne erst einmal geweckt. Den Zauber zwischenmenschlicher Anziehung zu entschlüsseln – das vermag auch Dichtung nicht. Aber sie kann ihn besingen, Verluste beklagen, ihr Recht fordern. Über die Jahre wachsen Selbstvertrauen und Gelassenheit, wo Aufregungen der Jugendzeit oft in Verzweiflung stürzten. Nicht Kühle oder Abstand sind an ihre Stelle getreten, sondern Einsicht in die Wandelbarkeit dessen, was die Dinge uns bedeuten. Was einmal furchtbar wichtig war, schmerzhaft, erscheint nun in milderem Licht: nicht abgetan, doch verheilt. Ein Glücksfall auch, wenn das Unbedingte jugendlichen Wollens sich allmählich entspannt. Mathilde Schrumpf spürt in der Gefühlslandschaft der Kindheit und Jugend die Renitenz auf, die unwiederbringlich verloren schien, doch noch immer funkelt, lockt und sich ins Fäustchen lacht – zwischen Aufbäumen und Aufwachsen.
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Copyright: © 2020 Mathilde Schrumpf
www.epubli.de
Titelbild unter Verwendung eines Fotos von Pixabay https://pixabay.com/
Glück ist ein Kaudrops, Blau-
Das Kind kann nichts
Ich möchte fortgehn von der Schmach
Man sah an einem Frühlingstag
Tegel
Mephistos Morgenlied
Um Kindesbeine ziehen Mütter
Auf geneigter Ebene
Spürst du
Empfand es dich
Du kannst gehen
auf bäumen aufwachsen
Geschundene Wiesen gewundene Krisen
Und während die Weltmeere ihre Arbeit verrichten
Die knickrige Frau sprach, ich koste zuviel
Selbstgespräch vor der Abreise nach Frankfurt/M.
Sonnenwende
Klein sein
Das ist der Mutter Sünde
Gekonnt verlernt
Es ist die Zwölf
Plan B.
Geschweige, denn
Haut so hell, dass keine Göttin
Wie lässt man so ein Schätzchen
Du wirst von mir
Erster Montag im Oktober
Ich finde meinen Standpunkt nicht
Eine Liebe lass ich stehn
Im Stich, im wilden Bienenstich
Geh nach Hause
Wir haben gelernt und begegnen nicht länger
Es ist so still, dass
Im achtzehnten Jahrhundert
Der Wackerschluck (frei nach „The Jabberwocky” von Lewis Carroll)
beern schmeckt´s, zergeht im Mund
und wer´s verletzt, verliert
Glück ist ein Kühlschrank voll
schenkt Kinderträume hin und wieder
Wochen enden lang
Glück spielt Klavier mit guten Händen
zu teilend Schwarz und Weiß
in reinem Kontrapunkt.
dafür
drei Pflaumen lila-blau
zu groß für sein Maul
Und schrei mich nicht an
Du hast doch auch nichts an
Meinst du, man hört den Unterschied?
Du hast doch auch nicht an
Teller gedacht
schneller gelacht
Wie ich wissen soll, was du mir machst? Mag ich nicht fragen.
Das ist keine Lüge
ich hab´s nur noch nicht fertig
immer fehlt was oder ist was zu viel
bestimmt war ich mal
ehrlich
wirklich
Wenn eins redet wahrt andres Geduld
Gesagtes dem Schweigen
Gelassnes dem Leiden
immer ist eines dem andern was
schuld.
zielloser Worte
aus deinem roten Mund
von Blicken, Düften, Irresein
von ächzend engem Ungemach.
Die Liebe blieb
ein Bruchstück deiner meiner
der Sehnsucht Ufer.
Der Moment
in dem sich Unerreichbarkeit erkenntlich zeigt
zerdrückt das Herz mir.
Wer gibt nach?
Ich möchte leben wie das Wetter leuchten
aus grauer Wucht blassrosa Blitze schlagen
bis sich in Gallengurgelsaft ertrunken
schmerzheißes Wollen lässt zu Grabe tragen.
Ich möchte fortgehn von der Schmach
Maus reinem doten Und.
in Deutschlands fernem Osten
den Klempnermeister Rudolf Klag
ganz jämmerlich verrosten.
Es hat auch keiner nachgesehn,
ob man ihm helfen kann,
ein Mann rief beim Nachhausegehn
die Müllbehörde an.
Die kam dann gleich im Sauseschritt
mit Telefon, das funkt,
und nahm den Rudolf doch nicht mit:
ihm fehlt der grüne Punkt.
Lärm, der du bist im Himmel
wolkengeboren, aber nicht von Gott
musst mir meinen Schreibtisch doch lassen stehn
und meinen Witz um dessen Mut du mich beneidest
und dessen Sprache dir nichts sagt.
Fielst ab vom Werk des Menschen
der Pyramiden plante, Opernhäuser
zum nächsten rasend lasergleich
und über allem nicht bedacht
Folgen der Eile die ihn griff.
Dichtung
für alles offen
macht dich zum Anlass meiner Kunst
mein Wort sei Lamm dem Lärm,
Abdruck ins Negativ, sei Stille
dringlich wie Stahl
wie Wasser weich
und listig wie die Taten des Odysseus.
Dem Drohenden geselle ich das andere auch
nach meiner Vorstellung und meinem Willen
und meine
um meinetwillen:
Nur die Ruhe.