Wahres Hundeglück im Doppelpack - Julie Leuze - E-Book

Wahres Hundeglück im Doppelpack E-Book

Julie Leuze

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Beschreibung

Franzi, die Protagonistin, träumt von einem Zweithund, und so zieht die kleine Struppi ein. Wie die Familie mit zwei Hunden zurechtkommt, wie Ersthund Sirius reagiert, welche Probleme in der Mehrhundehaltung auftauchen können und ob das Leben mit zwei Fellnasen in der Summe ein großes Glück oder doch eher eine große Herausforderung darstellt (oder beides) - das ist das Thema des neuen Buches von Autorenteam Julie Leuze und André Henkelmann nach ihrem Titel "Die Kunst, einen Welpen zu bändigen". Das Element Stammtisch für Mehrhundehalter ermöglicht es den Autoren, die verschiedensten Hund-Hund-Konstellationen mit ihren spezifischen Problemen darzustellen, ohne auf den roten Faden im erzählerischen Buchteil verzichten zu müssen.

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Seitenzahl: 204

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Impressum

© eBook: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

GU ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Projektleitung: Anita Zellner

Lektorat: Jens van Rooij

Korrektorat: Annette Baldszuhn

Bildredaktion: Petra Ender, Natascha Klebl (Cover)

Covergestaltung: ki 36 Sabine Krohberger Editorial Design, München

eBook-Herstellung: Laura Denke

ISBN 978-3-8338-8115-2

1. Auflage 2021

Bildnachweis

Coverabbildung: Stocksy

Illustrationen: Shutterstock

Fotos: Anna Auerbach, Getty Images, iStockphoto, mauritius images, stock.adobe.com, Stocksy, Traumstoff, Trio Bildarchiv

Syndication: www.seasons.agency

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wir wollen Ihnen mit diesem E-Book Informationen und Anregungen geben, um Ihnen das Leben zu erleichtern oder Sie zu inspirieren, Neues auszuprobieren. Wir achten bei der Erstellung unserer E-Books auf Aktualität und stellen höchste Ansprüche an Inhalt und Gestaltung. Alle Anleitungen und Rezepte werden von unseren Autoren, jeweils Experten auf ihren Gebieten, gewissenhaft erstellt und von unseren Redakteur*innen mit größter Sorgfalt ausgewählt und geprüft.

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GRÄFE UND UNZER VERLAG Grillparzerstraße 12 81675 München

Wichtiger Hinweis

Die Informationen und Empfehlungen in diesem Buch beziehen sich auf gesunde und charakterlich einwandfreie Hunde. Es gibt Hunde, die aufgrund mangelhafter Sozialisierung und schlechter Erfahrungen mit Menschen in ihrem Verhalten auffällig sind und eventuell zum Beißen neigen. Solche Hunde sollten nur von Hundekennern gehalten werden.

Trotz aller Sorgfalt und Genauigkeit können weder Verlag noch Autoren Garantien oder Haftungen für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden übernehmen, die durch die Anwendung der vermittelten Sachverhalte und Methoden entstehen können. Für jeden Hund ist ein ausreichender Versicherungsschutz zu empfehlen.

VORWORT

Manchmal ist das große Glück ganz klein, und manchmal kommt es … nicht allein!

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

nachdem Julie bereits das Vorwort für »Die Kunst, einen Welpen zu bändigen« geschrieben und Sie darin mit ihrer ganz persönlichen Geschichte auf den Titel eingestimmt hat, freue ich mich, diese Aufgabe für unser zweites gemeinsames Buch übernehmen zu dürfen. Bevor Sie also mit der Lektüre beginnen, möchte ich Ihnen erzählen, wie es dazu kam, dass wir uns diesmal für das Thema »Mehrhundehaltung« entschieden haben – und welche Umstände dabei eine tragende Rolle spielten.

Während Julie und ich in unsere Arbeit an »Die Kunst, einen Welpen zu bändigen« vertieft waren, reifte in mir mehr und mehr der Wunsch, selbst einen kleinen Welpen großzuziehen. Mein Australian-Shepherd-Rüde Monsieur befand sich damals in der Übergangsphase zum Senior, und ich spielte schon länger mit dem Gedanken, meinen Traum vom »Hundeglück im Doppelpack« Wirklichkeit werden zu lassen. Dieser Wunsch ließ mich nicht mehr los, und ich hatte zunehmend das Gefühl, dass nun der richtige Zeitpunkt gekommen war: Meiner inneren Stimme folgend, fand ich eine bezaubernde, schneeweiße Golden-Retriever-Hündin, die wir – denn sie ist unser Familienhund – Wolke nannten. Mit zarten acht Wochen holten wir sie vom Züchter ab, und unsere Reise begann.

Dieses Mal hatte ich mich bewusst für eine etwas ruhigere Rasse entschieden, da Hütehunde wie mein Monsieur in vielerlei Hinsicht recht hohe Anforderungen an ihre Menschen stellen: Sie lernen ziemlich schnell, was Fluch und Segen zugleich sein kann. Sie haben meist einen starken und ausdauernden Bewegungsdrang, und sie wollen natürlich auch mental gefordert werden. All diese Punkte erschienen mir damals, als ich auf der Suche nach meinem Ersthund war, als spannende Herausforderung, die mich reizte und der ich mich unbedingt stellen wollte.

Heute kann ich sagen, dass meine damalige Entscheidung für einen Hütehund eine meiner besten war, da ich auf diesem Weg meinen treuen Wegbegleiter Monsieur gefunden habe. Seinen Ansprüchen, so hoffe ich zumindest, bin ich gerecht geworden, und er ist mir zutiefst ans Herz gewachsen. Die beiden Charaktereigenschaften »treu« und »friedvoll« beschreiben ihn wohl am besten.

Als die Wahl dann auf unsere goldige Zweithündin Wolke fiel, wollte ich mich eigentlich zurücklehnen – in der Annahme, »die Kleine läuft einfach so mit«. Im Nachhinein muss ich allerdings sagen, dass dem nicht so war. Das erste gemeinsame Jahr war doch herausfordernder, als ich dachte. Das lag jedoch nicht daran, dass ich die Rasse unterschätzt hatte, sondern vielmehr an der Mehrhundehaltung selbst!

Über meine Arbeit als Hundetrainer hatte ich zwar schon viele Menschen mit mehreren Hunden professionell beraten und begleitet, doch selbst hatte ich bis dahin immer »nur« einen Hund an meiner Seite. So war diese Erfahrung für mich persönlich neu, und es ist generell etwas ganz Besonderes, wenn man zwei Hunde zusammenbringt, die plötzlich im gleichen Haushalt leben und dort als möglichst harmonisches Team »funktionieren« sollen. Denn jeder Hund hat seine ganz eigene Persönlichkeit mit individuellen Bedürfnissen, die man berücksichtigen muss.

Ich finde, diese Tatsache ist eine der größten und interessantesten Herausforderungen in der Mehrhundehaltung. Eine meiner ersten Aufgaben bestand darin, die kleine, ungestüme Wolke an Monsieur zu gewöhnen, der sich seinem Alter entsprechend zunehmend nach Ruhe sehnte. Das war gar nicht so einfach, denn Wolke versuchte mit überschwänglicher Freude und unendlicher Ausdauer, den alten Herren zum Spielen zu animieren, was Monsieur mehr und mehr missfiel. Da es meinem Australian Shepherd vom Typ her oft schwerfällt, sich abzugrenzen, war ich also gefordert, ihn in seinen Bedürfnissen zu unterstützen und die Kleine in ihren zwar fröhlichen, aber etwas zu intensiven Impulsen zu bremsen.

Nach und nach lernte Wolke, mit unserem angehenden Senior umzugehen, und man konnte beobachten, wie auch er die Zweisamkeit mit ihr zunehmend genoss. Immer häufiger lagen die beiden jetzt eng aneinandergekuschelt nebeneinander – so einträchtig und friedlich, dass es uns fast zu Tränen rührte. Und das ist bis heute so geblieben!

Als Wolke bei uns einzog, hatte Julie zwar bereits zwei Hunde, stand jedoch mit ihrer Mischlingshündin Mona aus dem Tierschutz und ihrem Border Collie Loki in Sachen Mehrhundehaltung auch noch ganz am Anfang. So kam es, dass wir uns neben dem Thema »Welpenerziehung«, um das sich unser erstes Buch im Schwerpunkt dreht, fortan auch intensiv über die Herausforderungen der Mehrhundehaltung austauschten. Und so entstand fast wie von selbst die Idee für unser zweites Buch »Wahres Hundeglück im Doppelpack«, das Sie gerade in Ihren Händen halten.

Sowohl Julie als auch ich merkten recht schnell, dass das Leben mit zwei Hunden noch einmal ganz andere Fragen aufwirft als der Alltag mit nur einem Vierbeiner und dass es dabei einiges zu beachten gibt! Viele anfängliche Schwierigkeiten bekommt man aber mit ein paar Tipps und Tricks schnell in den Griff, oder sie entstehen erst gar nicht. Wer sie kennt und von Anfang an konsequent umsetzt, stellt wichtige Weichen für eine glückliche Zukunft – und genau das ist unser Ziel!

Wir möchten Ihnen mit diesem Buch also einen Ratgeber an die Hand geben, der Sie bei allen wichtigen Fragen rund um die Mehrhundehaltung praxisnah unterstützt und Ihnen hilft, mögliche Probleme rechtzeitig zu erkennen und zu lösen. Parallel dazu liefern wir Ihnen wieder zu allen Kapiteln amüsant-unterhaltsame Geschichten, in denen Sie sich bestimmt hier und da wiedererkennen – und die Ihnen, das ist zumindest unser Wunsch, immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Sie können unseren Erzähl-Ratgeber von vorn nach hinten durchlesen oder quer durch die Kapitel stöbern, wenn bestimmte Themen Sie ganz besonders interessieren. Begeben Sie sich nun mit uns auf die wundervolle Reise zum Hundeglück im Doppelpack!

PS:

Und natürlich grüßen Sie auch ganz herzlich Julies Loki (alias Sirius) und Struppi (alias Mona) sowie Andrés Hunde Wolke und Monsieur.

Grundlagen FÜRS LEBEN MIT ZWEI HUNDEN

LIEBE AUF DEN ERSTEN KLICK

Gedankenverloren sitze ich am Schreibtisch vor dem PC, während mein Border Collie, müde von einer langen Gassirunde im Wald, friedlich schläft. Eigentlich sollte ich jetzt an meinem Roman arbeiten, doch vorhin im Wald flog wie ein Vögelchen eine Idee herbei, und sie setzte sich auf meine Schulter und ließ sich nicht mehr vertreiben.

Ich stütze das Kinn auf die Faust.

ALLER GUTEN DINGE SIND ZWEI?

Um ehrlich zu sein, fliegt das Ideen-Vögelchen jeden Tag herbei, und das schon seit einigen Wochen. Weshalb diese Idee fast schon ein Plan ist, allerdings einer, von dem mein Mann und mein Sohn nicht das Geringste ahnen und von dem ich nicht weiß, ob er gut oder total bescheuert ist.

Ich meine, ernsthaft jetzt: ein zweiter Hund?!

»Oh ja«, flüstert mir das Ideen-Vögelchen auf meiner Schulter sehnsüchtig ins Ohr. »Ein zweiter Hund wäre doch wunder-, wunderschön! Überleg bloß mal, wie glücklich Sirius wäre, wenn er einen Artgenossen hätte. Es wäre immer jemand zum Spielen da, zum Kontaktliegen, zum gemeinsamen Schnüffeln und zum Rangeln. Hach …«

Diesem Argument kann ich wenig entgegensetzen. Denn natürlich stimmt es, dass ein zweiter Hund für unseren Sirius eine wunderbare Sache wäre, weil Artgenossen eben für alle Lebewesen toll, ja sogar unverzichtbar, sind. Nicht umsonst freut Sirius sich wie ein Schneekönig über jeden Hund, der ihm über den Weg läuft!

Okay, nicht über jeden.

Der unfreundliche Rüde ein paar Häuser weiter zum Beispiel ist Sirius’ persönlicher Feind, und mit Welpen kann unser Border Collie – mit anderthalb Jahren ist er ja selbst noch ziemlich grün hinter den Ohren – auch nicht viel anfangen. Aber grundsätzlich sind ihm Hundebegegnungen doch sehr willkommen, es gibt kaum etwas Schöneres für unsere Fellnase, als mit einem tierischen Kumpel über die Wiesen zu toben.

»Und ein Zweithund wäre ja nicht nur für Sirius schön«, zwitschert das Ideen-Vögelchen hinterlistig weiter. »Sondern auch für dich selbst! Du liebst doch Kinder und Tiere. Stell dir nur mal vor, wie herrlich es wäre, wenn deine kleine Familie immer größer und bunter würde …«

»Keine Angst, wir sind nur Freunde und wollen nicht zu sechst bei euch einziehen.«

Viele offene Fragen

Dieses verdammte Vögelchen! Es weiß ganz genau, wie es mich kriegt.

Ich grummele eine Weile vor mich hin, und irgendwann seufze ich und gebe mich geschlagen, schließe meinen Roman und öffne stattdessen eine der vielen Tierhilfe-Seiten im Internet.

Verzweifelte Augen blicken mir entgegen. Es gibt so viele Hunde, denen es schlecht geht, im In- und Ausland, in Käfigen und Betonzwingern, in Tierheimen und Tötungsstationen, und ich schwöre mir selbst: Wenn wir uns wirklich einen zweiten Hund ins Haus holen, dann wird es keiner vom Züchter sein, sondern einer aus dem Tierschutz!

Womit die erste der zahlreichen Entscheidungen, die noch zwischen mir und meinem zukünftigen Zweithund stehen, bereits getroffen wäre.

Super! Nun muss ich bloß noch klären,

… ob es ein zweiter Rüde oder lieber eine kastrierte Hündin sein soll,

… ob wir einen Welpen nehmen sollten oder lieber einen älteren Hund,

… ob wir uns auf das Abenteuer einlassen können, einen Hund aus dem Ausland zu adoptieren, oder ob wir unser neues Familienmitglied doch besser in einem deutschen Tierheim aussuchen,

… ob der Hund groß sein soll (was gut zu Sirius passen würde) oder lieber kleiner (was gut zu mir passen würde)

… und, das wird eine kleine Herausforderung: wie ich meinen Plan möglichst schonend meiner Familie beibringe!

Ein pikantes Missverständnis

Besser gesagt, meinem Mann. Denn unser Sohn ist nicht das Problem, der wird begeistert sein; welcher Sechsjährige wäre nicht gern stolzer Zweihundebesitzer? Tim hingegen dürfte schwerer zu überzeugen sein. Und als ahnte der Liebste in seinem fernen Büro, dass zu Hause gerade etwas im Busch ist, ruft er just in diesem Augenblick an.

»Oh, hallo«, sage ich mit schlechtem Gewissen, während meine Augen auf eine besonders süße Hündin geheftet sind. Sie ist klein, struppig und cremeweiß, ganz anders als Sirius, aber ebenso bezaubernd, und sie ist in einem Shelter in Portugal aufgewachsen. Nun ist sie zwei Jahre alt, und niemand hat sich je für sie interessiert. Niemand! Noch nie! Armes Mäuschen, denke ich, und mein Herz fliegt ihr entgegen.

»Du klingst irgendwie komisch«, sagt Tim, der mich viel zu gut kennt. »Was ist los?«

»Wie? Nichts! Gar nichts.«

»Komm schon.« Er wartet.

Ich schlucke hart.

Und dann platze ich heraus: »Ich muss dir etwas sagen.«

»Aha?« Der Liebste klingt leicht beunruhigt. »Da bin ich aber gespannt.«

Ich klicke auf das nächste Foto der struppigen Kleinen, sie steht am Gitter und blickt hinaus. Kaum vorstellbar, dass sie in ihrem ganzen Leben noch nichts hat sehen dürfen als dieses triste Stückchen Tierheim. Ich betrachte ihren dünnen Körper, ihre Augen, in denen Traurigkeit steht, aber auch ein Funke Hoffnung, und langsam sage ich: »Ich hätte nicht gedacht, dass man sich übers Internet verlieben kann, ich … weißt du, ich bin gar nicht so sicher, ob ich das alles überhaupt will, aber … der Verstand hat nicht viel zu sagen, wenn das Herz JA! schreit. Verstehst du das? Oder findest du das dumm?«

Tim schweigt.

Und schweigt.

Und schweigt.

Und erst da geht mir auf, dass meine Aussage möglicherweise ein wenig missverständlich war.

»Oh Gott, denkst du etwa … Es geht doch nicht um einen anderen Mann, sondern um einen zweiten Hund!«

Ich muss lachen. »Also wirklich, mein Schatz!«

Tim atmet hörbar auf, und erleichtert stimmt er in mein Lachen ein.

Was soll ich sagen: Der Rest ist ein Kinderspiel.

»Uns gibt’s nur im Doppelpack!«

Hundeträume in Cremeweiß

Abends im Bett finde ich lange keine Ruhe.

Ein zweiter Hund also. Hmm.

Wir werden mehr Arbeit haben, mehr Stress und höhere Kosten, so viel ist schon mal sicher. Aber auch die Freude wird sich verdoppeln – und das Chaos, das Glück, die Verantwortung. Ich wälze noch viele Gedanken, erwartungsfrohe und sorgenvolle, doch endlich gleite ich in die Welt des Schlafs hinüber, zusammen mit der kleinen, struppigen Cremeweißen.

Sie sind magisch, warm und voller Liebe, die Hundeträume dieser Nacht.

Und als ich am Morgen aufwache, weiß ich, was ich zu tun habe.

ANDRÉS EXPERTENRAT FÜR ALLE, DIE AUF DEN ZWEITHUND GEKOMMEN SIND

Wie schön, ein ganzes Jahr lang durfte ich Sirius’ Frauchen Franzi in unserem ersten Buch begleiten. Und nun geht es weiter! Denn die Familie denkt darüber nach, sich einen Zweithund anzuschaffen. Ich muss sagen, diese Idee gefällt mir ausgesprochen gut, habe doch auch ich mich erst vor Kurzem dazu entschieden, mein kleines Familienrudel zu erweitern: Seit ein paar Monaten flitzt eine junge Golden-Retriever-Hündin namens Wolke durch unser Haus und unseren Garten, und sie hält meinen Ersthund Monsieur, der mittlerweile 13 Jahre alt ist, ganz schön auf Trab!

»Nicht gleich so forsch, Kleiner! Ich muss doch erst noch mit dir warm werden!«

WER PASST ZU WEM?

Ich werde auch in diesem Buch wieder auf die Situationen und Geschichten eingehen, die unsere fiktive Familie mit ihren Hunden erlebt, und allen Zwei- und Vierbeinern wie gewohnt mit Rat und Tat zur Seite stehen. Dabei werde ich natürlich auch immer wieder von meinen eigenen Erfahrungen mit der Mehrhundehaltung und insbesondere von meinen Erlebnissen mit Wolke berichten, die sich übrigens gerade mit ihren Vorderpfoten auf der Sofalehne abstützt, mir interessiert beim Schreiben zusieht und dabei liebevoll meine Hand ableckt. Monsieur liegt ganz entspannt nur wenige Meter entfernt auf dem Boden, und diese Szenerie wirkt unglaublich friedlich und erfüllend. Aber das ist natürlich nicht immer so.

Worauf sollte man bei der Anschaffung eines Zweithundes achten? Hier ein paar Tipps, die Ihnen bei der Auswahl helfen:

Alter des Ersthundes: Zunächst ist es empfehlenswert, frühestens dann über einen zweiten Hund nachzudenken, wenn der erste aus dem Gröbsten raus ist. Damit meine ich, dass der Alltag mit Ihrem ersten Hund reibungslos klappen sollte und er im Idealfall die Pubertät hinter sich gelassen hat. Dieser Zeitpunkt liegt meist zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr. Warum das wichtig ist? Hunde lernen stark voneinander, und das kann Fluch und Segen zugleich sein:Habe ich einen gut ausgebildeten, sozial gefestigten Hund, wird sich der Neue einiges abschauen, was mir wiederum das Leben als Halter enorm erleichtert. Steckt Ihr Ersthund hingegen noch mitten in der Pubertät und gerät beispielsweise häufig in Konflikte mit anderen Hunden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Zweithund dieses Konfliktverhalten übernimmt. Streng genommen hat Franziska also nicht den besten Zeitpunkt gewählt, da ihre Fellnase erst anderthalb Jahre alt ist. Andererseits: Wann läuft im Leben schon alles nach Plan?

Alter des Zweithundes: Das Alter des Zweithundes kann bei der Auswahl ebenfalls eine Rolle spielen. Ein noch junger Hund ist formbarer als ein älterer, und er orientiert sich eher am Ersthund. Auf der anderen Seite kann ein älterer, erfahrener Zweithund Ruhe und Gelassenheit ins Rudel bringen.

Geschlecht: Bei der Frage, ob Hündin oder Rüde, kann man keine eindeutige Empfehlung geben; hier muss jede Situation individuell beurteilt werden. Hält man einen unkastrierten Rüden als Ersthund zu Hause, wird es mit einer unkastrierten Hündin, sobald diese läufig wird, Probleme geben – es sei denn, man möchte das bestehende Rudel um ein paar Hundebabys erweitern, was ich aber aus Tierschutzgründen nicht empfehlen möchte. Schwierig kann es allerdings auch werden, wenn man sich für zwei gleichgeschlechtliche Hunde entscheidet. Zumindest dann, wenn der oder die Neue den Status des Ersthundes infrage stellt. Das Risiko, dass es zu Rangeleien kommt, ist besonders hoch, wenn beide Hunde gleichaltrig, gleich groß und zudem imstande sind, sich fortzupflanzen. Das gilt sowohl für zwei Rüden als auch für zwei Hündinnen.

Züchter oder Tierheim? Soll es ein Hund vom Züchter sein oder ein Hund aus dem Tierschutz? Für unsere Hundemama war die Antwort sofort klar: Sie will einen Vierbeiner aus dem Tierheim adoptieren. Jetzt muss Franzi jedoch ein wenig aufpassen, denn die Vorgeschichte solcher Hunde kann mitunter problematisch sein, was eine Gewöhnung an den Ersthund später erschweren kann. Trotzdem sollte man sich nicht aus reiner Bequemlichkeit für ein Tier vom Züchter entscheiden, sondern der Option Tierheim, auch wenn sie zweifellos etwas mühsamer ist, eine Chance geben.

Deutschland oder Ausland? Wer sich für die Tierheim-Variante entscheidet, stellt sich häufig noch die Frage: Sucht man in einem Tierheim vor Ort oder lieber im Internet nach einem Hund aus dem Ausland? Eine befreundete Trainerkollegin meinte dazu einmal: »Die deutschen Tierheime sind vollgepackt mit herrenlosen Hunden, trotzdem wollen alle einen Hund aus dem Ausland!« Das ist mit Sicherheit wahr, aber es gibt dafür auch ein paar plausible Argumente: Häufig werden Vierbeiner im Ausland, wenn sie nicht rasch genug vermittelt werden können, eingeschläfert. Zudem leben sie oftmals unter Bedingungen, die deutlich schlechter sind als in deutschen Tierheimen. Bei der Entscheidung spielen also auch ethisch-moralische Gesichtspunkte eine Rolle. Wer jedoch einen Hund aus dem Ausland aufnehmen möchte, sollte im Vorfeld so sorgsam wie möglich prüfen, wie gut sich die neue »Internet-Liebe« voraussichtlich zu Hause einlebt und an den Ersthund gewöhnen lässt.

ANDRÉS EXTRATIPP

In meinem Fall habe ich mich für eine Hündin im Welpenalter vom Züchter entschieden; mein Ersthund Monsieur ist ein 13-jähriger Rüde. Da unsere kleine Wolke in ein paar Wochen das erste Mal läufig wird, haben wir Monsieur kastrieren lassen. Wir planen keinen Nachwuchs mit den beiden, und eine läufige Hündin und ein unkastrierter Rüde gemeinsam unter einem Dach, das ist nicht auszuhalten – weder für den Menschen noch für die Hunde, wenn sie sich nicht paaren dürfen.

»Zweithund, muss das sein?«

VOR ALLEM DIE CHEMIE MUSS STIMMEN

Ob man sich auf das Abenteuer, einen Hund aus dem Ausland zu adoptieren, einlassen kann oder ob man das neue Familienmitglied unbedingt vorher kennenlernen sollte, lässt sich pauschal nicht beantworten. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, besucht seinen Zweithund in spe und prüft, ob er sich mit dem Ersthund verträgt. Ist ein Kennenlernen nicht möglich, sollte man versuchen, beide Hunde so gut es eben geht einzuschätzen: Kommt Ihr erster Hund zum Beispiel prima mit Welpen klar, spricht zunächst nichts dagegen, sich für ein Hundebaby zu entscheiden, auch wenn sich die beiden vorher nicht beschnüffeln konnten. Weiß man aus Erfahrung, dass der eigene Rüde kein Problem mit Artgenossinnen hat, ist eine Hündin als Zweithund vermutlich gut geeignet. Hinzu kommen natürlich noch weitere Faktoren: Ist der Hund kastriert oder unkastriert, zeigt er unerwünschtes Verhalten, oder gibt es sonstige Auffälligkeiten? Die Antworten auf diese Fragen können Ausschlusskriterien sein oder ein Tier als Zweithund auch interessant machen, müssen aber immer mit der eigenen Situation sowie mit den Eigenschaften des Ersthundes abgeglichen werden.

CHECKLISTE

Bei der Suche nach einem passenden Zweithund kann man sich also zusammenfassend an folgenden Leitfragen orientieren:

Welcher Hundetyp passt zu meinem Ersthund? Mit welchen Charakteren versteht er sich gut? Mag er ruhige Hunde oder lieber aktive? Große oder kleine? Alte oder junge?

Rüde oder Hündin, kastriert oder unkastriert? Was ist hier die beste Wahl im Hinblick auf meinen ersten Hund?

Welche Eigenschaften eines Zweithundes passen zu mir, meiner Familie und der Gegend, in der ich lebe?

Und: Gibt es vielleicht einen erfahrenen Hundetrainer, der mich beraten kann? Profis erkennen oft rasch, was funktioniert oder welche Kombination eventuell zu Problemen führt.

Bei allen Schwierigkeiten und Herausforderungen: Unterm Strich ist die Anschaffung eines zweiten Hundes eine echte Bereicherung. Allerdings sollten Sie nichts überstürzen, sondern die Sache wohlüberlegt angehen und im Vorfeld auf ein paar Dinge achten. Dann steht Ihnen und Ihren beiden Vierbeinern eine wunderbare Zeit bevor. Und falls noch nicht alle Familienmitglieder von Ihrem tierischen Plan überzeugt sind, machen Sie es doch einfach wie Franzi: Wirbeln Sie erst ordentlich Staub auf und platzen Sie dann mit der Wahrheit heraus. So sollte es klappen!

ALLER ANFANG IST VERZWICKT

»Sirius, wir haben ein Problem.«

Mein Hund hebt den Kopf und schaut mich kurz an, dann widmet er sich in aller Seelenruhe wieder seinem Kauknochen. Klar. Er weiß ja nicht, wie ernst die Lage ist! Ich aber weiß es, und deshalb mache ich mir Sorgen.

Es geht ums erste Beschnüffeln.

Zwischen Hunden, natürlich.

Theoretisch ist die Sache ja ganz einfach: Der Ersthund und der zukünftige Zweithund lernen sich auf neutralem Terrain kennen. Sie laufen ein Stück miteinander, knüpfen im Idealfall zarte Bande der Zuneigung, und der Ersthund ist freudig überrascht, wenn der Neue dann sogar noch mit nach Hause kommen darf. Bei Hunden ist es nämlich nicht anders als bei uns Menschen, Freunde empfangen wir gern bei uns daheim! Fremde hingegen lassen wir nicht so ohne Weiteres in unsere Wohnung, denn das wäre dumm und gefährlich, …

 … und diese Denkweise bringt Sirius und uns alle in eine äußerst verzwickte Situation.

Und plötzlich steht das neue Familienmitglied vor der Tür – wie geht es jetzt weiter?

WIE SOLL DAS DENN FUNKTIONIEREN?

Wir müssen unseren Zweithund nämlich direkt aus dem Tierschutz-Truck in Empfang nehmen, müssen ihn (doppelt gesichert) möglichst umstandslos in unser Auto verfrachten und dann schnurstracks nach Hause fahren. So weit, so gut – aber dann?

Wie sollen wir es schaffen, eine entspannte Gassirunde mit unserem Erst- und Zweithund zu drehen, wenn der Zweithund aus dem südlichen Tierschutz kommt, weder Halsband noch Geschirr gewöhnt ist und schon gar nicht das Laufen an der Leine? Wenn er die große Stadt mit all dem Lärm und Verkehr nicht kennt, wenn er wenig Kontakt zu Menschen hatte? Wenn er also ganz sicher nicht locker neben uns herlaufen wird, um auf neutralem Terrain besagte zarte Bande mit Sirius zu knüpfen?

Natürlich könnten sich die Hunde auch im Auto kennenlernen, auf der kurzen Fahrt nach Hause. Doch auch diese Lösung bereitet mir Bauchschmerzen. Die kleine Portugiesin wird eine 24-Stunden-Reise hinter sich haben, wird erschöpft und verängstigt sein, und wenn Sirius dann auf die Idee kommen sollte, dass unser Auto allein sein Revier ist … dann hätten wir gleich in den ersten Minuten den Super-GAU!

Sirius knuspert ahnungslos an seinem Knochen, während ich im Wohnzimmer auf und ab laufe und mir die Haare raufe. Ich mache mir Vorwürfe. Was für eine dämliche Idee, sich aus dem Bauch heraus für eine Internet-Liebe zu entscheiden! Wie konnte ich nur? Hätte ich mir das alles nicht vorher überlegen sollen, verdammt?!

Aber nun ist es geschehen, die süße Cremeweiße ist adoptiert und wird definitiv bei uns einziehen. Sie soll Struppi heißen, diesen Namen hat unser begeistertes Söhnchen ausgesucht, und auch Tim und ich freuen uns schon schrecklich auf unser neues Familienmitglied! Eigentlich.

Mein Blick huscht zum PC.