Regency Dance: Einladung zum Ball - oder: Das Jahr der Feder - Julie Leuze - E-Book
SONDERANGEBOT

Regency Dance: Einladung zum Ball - oder: Das Jahr der Feder E-Book

Julie Leuze

0,0
0,00 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 0,00 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Eine junge Lady auf Abwegen: »Regency Dance – Einladung zum Ball« von Julie Leuze jetzt als eBook bei dotbooks. Die englische Stadt Brokefield, Anfang des 19. Jahrhunderts: Nachdem ihre ältere Schwester eine vorteilhafte Partie gemacht hat, liegen ihre Eltern nun auch Amelia ständig mit Heirat in den Ohren. Doch die verbringt ihre Zeit viel lieber mit einem guten Buch, anstatt mit den Klatschbasen über den neuen Gentleman in der Nachbarschaft zu spekulieren: Ist der attraktive James Howell wirklich ungebunden und wird er wohl auf dem großen Sommerball auftauchen? Aber dann fordert der arrogante Schnösel dort ausgerechnet Amelia zum Tanzen auf – und bringt ihr Herz merkwürdig aus dem Takt. Nicht auszudenken, wenn er auch noch hinter das brisante Geheimnis kommen würde, das Amelia hütet wie einen Schatz … ganz Brokefield würde Kopf stehen! Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der romantische Historienroman »Regency Dance – Einladung zum Ball« von Julie Leuze ist bereits unter dem Titel »Das Jahr der Feder« und dem Pseudonym Lilly Summerfield erschienen. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 276

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Über dieses Buch:

Die englische Stadt Brokefield, Anfang des 19. Jahrhunderts: Nachdem ihre ältere Schwester eine vorteilhafte Partie gemacht hat, liegen ihre Eltern nun auch Amelia ständig mit Heirat in den Ohren. Doch die verbringt ihre Zeit viel lieber mit einem guten Buch, anstatt mit den Klatschbasen über den neuen Gentleman in der Nachbarschaft zu spekulieren: Ist der attraktive James Howell wirklich ungebunden und wird er wohl auf dem großen Sommerball auftauchen? Aber dann fordert der arrogante Schnösel dort ausgerechnet Amelia zum Tanzen auf – und bringt ihr Herz merkwürdig aus dem Takt. Nicht auszudenken, wenn er auch noch hinter das brisante Geheimnis kommen würde, das Amelia hütet wie einen Schatz … ganz Brokefield würde Kopf stehen!

Über die Autorin:

Julie Leuze, geboren 1974, studierte Politikwissenschaften und Neuere Geschichte in Konstanz und Tübingen, bevor sie sich dem Journalismus zuwandte. Mittlerweile widmet sie sich ganz dem Schreiben von Romanen für Erwachsene, Young Adults und Kinder. Ihr Roman »Der Geschmack von Sommerregen« wurde 2014 als bester deutschsprachiger Liebesroman durch den Delia-Preis ausgezeichnet. Julie Leuze lebt mit ihrer Familie in Stuttgart.

Julie Leuze veröffentlichte bei dotbooks bereits »Regency Dance – Einladung zum Ball« sowie ihre Young-Romance-Romane »Dreams like the Ocean – Herzmuschelsommer«, »Only the Stars between Us – Das Glück an meinen Fingerspitzen«, »Like Storms We Collide – Der Geschmack von Sommerregen« und »Like Waves We Dance – Sternschnuppenträume«.

Die Website der Autorin: www.julie-leuze.com

***

eBook-Neuausgabe Oktober 2023

Dieses Buch erschien bereits 2015 unter dem Titel »Das Jahr der Feder« bei 26|books.

Copyright © der Originalausgabe 2015 26|books

Bert-Brecht-Weg 13, 71549 Auenwald

Copyright © der Neuausgabe 2023 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: A&K Buchcover, Duisburg, unter Verwendung eines Bildmotives von Period Images, shutterstock/Debu55y und shutterstock/Chansom Pantip

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (mm)

ISBN 978-3-98690-951-2

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

Sind Sie auf der Suche nach attraktiven Preisschnäppchen, spannenden Neuerscheinungen und Gewinnspielen, bei denen Sie sich auf kostenlose eBooks freuen können? Dann melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an: www.dotbooks.de/newsletter (Unkomplizierte Kündigung-per-Klick jederzeit möglich.)

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Regency Dance – Einladung zum Ball« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

***

Besuchen Sie uns im Internet:

www.dotbooks.de

www.facebook.com/dotbooks

www.instagram.com/dotbooks

blog.dotbooks.de/

Julie Leuze

Regency Dance – Einladung zum Ball

Roman

dotbooks.

Erster Teil

Frühling und Sommer 1804

Kapitel 1

»Frauen können einfach nicht schreiben!«

Mr. Dawkins legte die Lektüre, aus der er seiner Frau und seinen Töchtern gerade vorgelesen hatte, beiseite und runzelte die Stirn. »Diese Mrs. Radcliffe ist ein besonders lächerliches Exemplar der Gattung ›Schriftstellerin’. Warum sie einen so erstaunlichen Erfolg mit ihren Büchern hat, ist mir ein Rätsel.«

»Halt doch still! Wie soll ich dich zeichnen, wenn du alle zwei Minuten die Position wechselst?«, rief Sophy, die älteste Tochter, ungehalten aus, und als ihr Vater sie mit tadelndem Erstaunen ansah, lachte sie: »Doch nicht du, Papa! Ich meine Amelia – ist dir denn nicht aufgefallen, dass ich seit einer halben Stunde versuche, sie zu zeichnen?«

Sophy schob eine widerspenstige hellblonde Locke, die dem seidenen Haarband entkommen war, hinter ihr Ohr und fügte neckend hinzu: »Anscheinend hat die Lektüre dich doch sehr gefesselt, lieber Papa, und all deine Aufmerksamkeit in Anspruch genommen – auch wenn Mrs. Radcliffe natürlich überhaupt nicht schreiben kann.«

»Du warst schon immer vorlaut, Sophy, und seit du verlobt bist, scheinst du diese Untugend noch zu kultivieren«, mischte sich ihre Mutter ein, die vorgab, sich mit einer Stickarbeit zu beschäftigen. Tatsächlich wartete sie ungeduldig darauf, endlich die Geheimnisse Udolphos zu erfahren, hatte ihr Mann die Lektüre doch an einer besonders spannenden Stelle abgebrochen. »Lieber Mr. Dawkins«, wandte sie sich nun an ihn, »willst du nicht weiterlesen? Wo wir das Buch nun einmal angefangen haben, können wir es doch ebenso gut auch zu Ende lesen, meinst du nicht?«

»Ja, Papa, lies weiter«, drängte auch Sophy, die der Tadel ihrer Mutter überhaupt nicht zu berühren schien. »Und du, Amelia, halt endlich still! Oder wolltest du etwas sagen? Dann spar es dir für später auf, ich möchte dich nämlich mit geschlossenem Mund zeichnen.«

Aber ihre jüngere Schwester schüttelte unmutig den Kopf. »Du stümperst seit Ewigkeiten an dieser Zeichnung herum, Sophy, und fertig wird sie doch nie. Male doch statt meiner Mr. Lesley – er wird es kaum wagen, dir seine Ungeduld zu zeigen! Allerdings musst du bis zur Hochzeit fertig sein, denn danach wird er ungeduldig sein, so oft es ihm beliebt.«

Empört wandte Sophy sich an ihre Mutter: »Sag doch etwas, Mama! Amelia wird von Tag zu Tag aufmüpfiger.« Sie seufzte dramatisch. »Was ist nur mit deinem liebreizenden Wesen geschehen, Schwester?«

Mr. Dawkins hob flehend die Augen zum Himmel. »Guter Gott, steh mir bei! Jetzt habe ich nicht mehr nur eine vorlaute Tochter, sondern zwei.« Streng blickte er auf die beiden Mädchen. »Wie soll England gegen die Franzosen bestehen, wenn wir ihnen nichts entgegenzusetzen haben als freche Frauen – und so etwas?« Er hob anklagend das Buch in die Höhe.

In Mrs. Dawkins’ Stimme schwang leichte Ungeduld mit, als sie sagte: »Lass doch die Männer kämpfen und die Frauen schreiben, mein Lieber. Und lies endlich weiter!«

Aber Mr. Dawkins war noch nicht fertig. »Ja, dieser Schund gefällt euch Frauenzimmern«, ereiferte er sich. »Sag selbst: Kann ein anständiger Mensch es billigen, dass eine Frau sich als Autorin versucht und dabei ihre Pflichten gegenüber Mann und Kindern vernachlässigt? Und das einzig und allein aus dem Grund, weil sie schreiben will? Kann man es billigen, dass das schwache Geschlecht sich in Fantasiewelten verliert?« Mr. Dawkins knallte das Buch vor sich auf den Tisch und streckte seinen Zeigefinger in die Luft. »Das ist nicht nur unanständig, meine Liebe, sondern gefährlich! Für die schreibende Frau ebenso wie für die armen Leserinnen, die ihr in diese Welten folgen und –«

»Du hast wie immer recht«, unterbrach ihn seine Frau und wedelte ungeduldig mit der Hand. »Und nun möchte ich wissen, wie es weiter geht. Und zwar sofort!«

Mr. Dawkins seufzte. Doch da er wusste, dass er mit seiner kleinen Rede seiner Pflicht als Mann, als Vater und als ehrwürdiges Mitglied der Gesellschaft Genüge getan hatte, fügte er sich nun in sein Schicksal und widmete sich wieder der unsäglichen Mrs. Radcliffe.

Während sie ihrem Vater lauschte, kuschelte Amelia sich tiefer in den Sessel am Kamin. Sie wandte ihren Kopf ab – sehr zu Sophys Verdruss, die immer noch versuchte, ihre Schwester zu zeichnen – und blickte ins Feuer.

Sie liebte die Abende, wenn ihr Vater vorlas. Noch mehr aber liebte sie es, selbst zu lesen. Allein mit einem Buch, der köstliche Genuss des ersten Satzes, der ersten Seite, dann das Eintauchen in fremde Welten, immer tiefer und vollständiger, das Fliegen der Gedanken durch Zeit und Raum, bis sie vergaß, dass sie nur ein neunzehnjähriges Mädchen in Devon war ... konnte es etwas Schöneres geben?

Für Sophy bestimmt, dachte Amelia mit einem kleinen Lächeln. Für zehn Sekunden der Aufmerksamkeit von Mr. Lesley würde sie zehn Abende mit einem Buch opfern.

Nun, so sollte es ja auch sein. Dass sie selbst die Stunden der Lektüre jedem Mann der Welt vorziehen würde, brauchte ja niemand zu wissen. Nein, das durfte niemand wissen, verbesserte sie sich im Stillen. Das Lesen zu lieben – und auch noch Romane, guter Gott! – war bei einem heiratsfähigen Mädchen unerwünscht, und auch wenn Amelias Eltern in der Vergangenheit nachsichtig gewesen waren, würde es damit bald ein Ende haben.

Erst vor wenigen Tagen hatte ihre Mutter gesagt: »Solltest du nicht ein wenig mehr Sorgfalt auf deine Garderobe verwenden, mein Kind? Bücher sind ja schön und gut. Aber einen Mann wirst du nicht dadurch an dich binden, dass du dich hinter Buchseiten versteckst!«

Und das stimmte ja auch … wenn da nur nicht dieses Wissen in ihr schlummerte, dass sie gar nicht so wild darauf war, einen Mann an sich zu binden. Würde sie noch Zeit für ihre Bücher haben, wenn sie erst einmal verheiratet war? Und für das andere …

Das würde mir mein Zukünftiger sowieso verbieten, schoss es Amelia durch den Kopf. Panik wallte in ihr auf.

Sie holte tief Luft und straffte die Schultern. Noch war es ja nicht so weit – noch konnte sie den Gedanken an ein Leben ohne ihre geheime Leidenschaft von sich schieben. Wenn auch wohl nicht mehr lange. Schließlich war sie schon neunzehn.

Amelia seufzte tief.

Mr. Dawkins ließ ›Die Geheimisse Udolphos‹ sinken und musterte seine jüngere Tochter.

»Na, Amelia, heute nicht so bei der Sache?«, fragte er. »Was seufzt du denn so herzzerreißend?«

Amelia schrak zusammen. »Ach, nichts, Papa, lies ruhig weiter. Es ist sehr spannend, wirklich. So lies doch!«

Mr. Dawkins runzelte die Stirn. »Das würde ich gerne tun, wenn das Buch nicht schon zu Ende wäre, liebes Kind. Du scheinst mit deinen Gedanken wirklich überall zu sein, nur nicht hier bei uns.«

»Ich ... ich habe an Sophys Hochzeit gedacht, nichts weiter.« Eine tiefe Röte überzog Amelias Wangen. Sie hasste es, zu schwindeln, doch manchmal zwang ihr Geheimnis sie einfach dazu.

Eltern und Schwester hingegen waren durch ihre Antwort vollkommen zufriedengestellt.

»O ja, meine Hochzeit!«, rief Sophy aus. »Mama, wann fahren wir endlich nach London, um meinen Brautstaat zusammenzustellen? Ich möchte wirklich nicht wie jedermann aussehen, wenn ich den lieben Mr. Lesley heirate.«

»Das wirst du nicht, Sophy«, sagte ihre Mutter lächelnd. »Du bist in jeder Gesellschaft die Schönste, warum sollte es bei deiner eigenen Hochzeit anders sein?«

Die letzten Scheite des Kaminfeuers fielen zischend in sich zusammen, und die Kerze, die vor Mr. Dawkins auf dem Tisch stand, war nur noch ein kurzer Stummel. Mr. Dawkins klappte das Buch zu.

»Zeit, ins Bett zu gehen«, beschied er und stand auf. »Wir können morgen über Sophys Hochzeit reden. Jetzt wird erst einmal geschlafen.« Und mit einem Blick auf das Buch mit seinem gruseligen Inhalt fügte er mit Grabesstimme hinzu: »Ich wünsche euch angemessen schlechte Träume!«

Kapitel 2

»Ich fürchte, wir werden nass werden und uns eine Erkältung holen!« Laura Wilson blickte besorgt auf die schwarzgrauen Wolken, die sich über der Kutsche zusammenballten, in der sie mit Amelia und Sophy ihrem Fahrziel entgegenrumpelte. »Hätten wir nicht doch lieber die Barutsche nehmen sollen?«

»Ach, Unsinn!« Sophy hatte darauf bestanden, sich ihrem Verlobten im eleganten offenen Zweispänner zu zeigen, und sie duldete keine Kritik an ihrer Entscheidung. »Was gibt es Schöneres, als hier im Frühlingswind nach Abbinch Hall zu fahren?« Mit einer weitausholenden Geste deutete sie auf die hohen Hecken, die apfelgrünen Wiesen und die weißen Punkte der Schafe. »Findet Ihr es nicht wunderbar, mit einer jungen Dame in der Kutsche zu sitzen, die bald Herrin über all dies sein wird?«

Amelia lachte. »Wie bescheiden du bist, liebe Sophy. Und wie großzügig von dir, uns durch deinen zukünftigen Besitz fahren zu lassen!«

»Frauen wie euch, die weder verlobt noch verheiratet sind, kann ich nur Mitleid entgegenbringen. Euch gegenüber großzügig zu sein, halte ich deshalb für meine Pflicht«, sagte Sophy mit gespieltem Ernst.

Amelia wandte sich an ihre Freundin: »Laura, was sagst du zu den Unverschämtheiten meiner Schwester? Sollen wir sie nicht Mr. Lesley zutragen? Vielleicht überlegt er sich die ganze Sache dann noch einmal und bleibt lieber Junggeselle.«

Laura antwortete nicht. Wie immer, wenn jemand auf Sophys bevorstehende Hochzeit anspielte, fühlte sie eine leichte Verstimmung. Sophy war doch ein Glückspilz! Sie war nicht nur hübsch mit ihren langen blonden Locken und der schlanken Gestalt, die durch perfekt geschnittene Kleider stets noch betont wurde. Nein, sie war auch noch reich, und deshalb hatte Sophy sich niemals Sorgen machen müssen, ob und wen sie einmal heiraten würde. Im Gegenteil: Sie hatte sich Mr. Lesley ausgesucht, ihn unauffällig, aber gezielt ermutigt, und ehe Laura auch nur Prognosen hatte abgeben können, ob es mit dieser Verbindung etwas werden würde, war Sophy schon verlobt gewesen. Tja, so einfach war das bei manchen Damen.

Neid stieg in Laura auf, doch sie kämpfte ihn hinunter. Zumindest, rief sie sich in Erinnerung, war sie selbst fast noch schöner als Sophy. Das konnte sie in den Blicken der Männer lesen. Dass das vielen von ihnen als Motiv für eine Ehe nicht reichte, aber leider auch.

Die Kutsche hatte die Auffahrt von Abbinch Hall erreicht. Pappeln und Ebereschen gaben den Blick auf das ehrwürdige, aus graubraunem Stein erbaute Herrenhaus frei. Die Pferde wurden gezügelt, Mr. Lesley erschien auf der Freitreppe, um seine Verlobte zu begrüßen, und wieder verspürte Laura einen kleinen, gemeinen Stich im Herzen.

Mr. Lesley grinste breit. »Willkommen, meine Damen, willkommen! Miss Amelia«, er deutete eine Verbeugung in deren Richtung an, »Miss Laura«, immerhin ein höfliches Kopfnicken und ein Lächeln, »und meine teure Sophy!« Mr. Lesleys Lächeln wurde noch breiter, als er seiner Verlobten den Arm reichte.

Laura folgte den anderen ins Haus. Neben dem Eingang, fiel ihr auf, wuchsen nun frisch gepflanzte Heckenrosen; wohl um dem alten Bau eine fröhlichere Note zu geben. Man wusste ja, dass Sophy auf so etwas Wert legte.

Schon wenig später wurde allerdings klar: Ein paar neue Rosen reichten einer Miss Dawkins bei weitem nicht aus.

»Hattest du schon Zeit, dich um die Mahagoni-Möbel zu kümmern?«, fragte sie ihren Verlobten, als sie alle beim Tee im Salon zusammensaßen. »Dieses Zimmer sähe so viel besser aus mit zierlicherem Mobiliar!«

Laura folgte Sophys Blicken, die missbilligend über die grün-weiß gestreiften Tapeten und den Marmorkamin schweiften und schließlich an den schweren Eichenholzstühlen hängen blieben, die um zwei klobige Tische herum gruppiert waren.

Mr. Lesley antwortete eifrig: »Gewiss. Ich wollte dir nach dem Tee davon berichten.« Mit einem Seitenblick auf Laura und Amelia fügte er hinzu: »Ich denke nicht, dass diese Angelegenheit für die anderen Frauen sehr interessant ist.«

Doch Sophy fuhr ungerührt fort: »Und die Fenster im Obergeschoss müssen ausgetauscht werden, das habe ich mir beim letzten Spaziergang durch den Park überlegt. Da hatte ich Gelegenheit, Abbinch Hall einmal ausgiebig zu betrachten. Was hältst du von Schiebefenstern? Man hat zwar sowieso keine Aussicht, da das Haus unglücklicherweise in einer Senke steht, aber damit werde ich mich schon abfinden. Wie dem auch sei: Moderne Fenster müssen einfach sein!« Sie lächelte strahlend und wandte sich an Amelia und Laura. »Ach, aber gemütlich ist Abbinch Hall mit seinen vielen kleinen Zimmern, nicht wahr? Wenn sie mir auch fast schon zu klein sind! Vielleicht könnten wir den einen oder anderen Durchbruch ins Auge fassen?«

Mr. Lesley sah angesichts dieses Redeschwalls und seines Inhaltes alles andere als glücklich aus, und Laura betrachtete ihn mit einer Mischung aus Mitleid und Belustigung.

Sophy hat ihn wirklich gern, dachte sie. Aber noch mehr als ihn liebt sie die Vorstellung, endlich über Mr. Lesleys Haus und seine sechstausend Pfund zu gebieten. Nun, ihre Schönheit wird es ihm erleichtern, diese kostspieligen Launen zu ertragen.

Auch Amelia schien Mr. Lesleys Unbehagen zu bemerken. Lächelnd wandte sie sich an ihren zukünftigen Schwager: »Können Sie uns nicht mit ein wenig Klatsch aus der Nachbarschaft versorgen, Mr. Lesley? Sie wissen ja, Frauen sind immer schrecklich neugierig.«

»Oh, da kann ich Ihnen eine Freude machen – denn eine Neuigkeit gibt es, und von nicht geringem Wert!« Der junge Mann war sichtlich erleichtert, das Thema wechseln zu können. »Sie alle kennen doch das alte Anwesen nicht weit von hier, Oakleigh Manor. Es stand ja seit geraumer Zeit leer und wurde nur ab und zu für einige Monate vermietet.« Mr. Lesley nahm einen Schluck von seinem Tee. »Nun, die Zeiten sind vorbei. Oakleigh Manor wird endlich wieder einen Herrn haben. Ja, meine Damen«, er beugte sich verschwörerisch vor, »James Howell kehrt zurück an den Ort seiner Kindheit!«

Laura sog scharf die Luft ein.

Dann war es totenstill im Salon.

Keine der Frauen traute sich, genauer nachzufragen. Keine wollte allzu interessiert wirken. Aber die Bitte, ja die dringende Aufforderung stand ihnen allen dreien ins Gesicht geschrieben: Erzähl uns mehr, und erzähl es uns sofort!

Mr. Lesley schien sehr zufrieden mit der Wirkung, die seine Ankündigung auf die drei hatte. Er dehnte die gespannte Stille noch ein wenig aus – schließlich stand man nicht oft im Zentrum der ungeteilten Aufmerksamkeit dreier hübscher Damen – und erläuterte schließlich gnädig: »Ja, es ist wahr, Mr. Howell wird unser Nachbar. Sein Vater ist gestorben und hat ihm Oakleigh Manor vermacht, und James Howell scheint fest entschlossen, es wieder mit Leben zu füllen.«

»Welch wunderbare Idee«, hauchte Laura.

Mr. Lesley lächelte ihr zu. »Wie Sie sicher wissen, hatte der Alte mit seiner ganzen Familie Devonshire den Rücken gekehrt, um in London das Stadtleben zu genießen. James Howell war das nie recht gewesen, da er, so hört man, einfach kein Stadtmensch ist. Er kommt da wohl nach seiner Mutter, die London gleich nach dem Tod des alten Mr. Howell den Rücken gekehrt und sich ins Dartmoor zurückgezogen hat. Seltsam, nicht wahr?« Er lachte.

»Weiter, mein Lieber«, drängelte Sophy.

»Mr. Howell möchte sobald wie möglich hierher ziehen und sich der Landwirtschaft widmen. Man munkelt, er habe es seiner Schwester Mary freigestellt, mit ihm zu kommen oder zur Mutter ins Dartmoor zu ziehen. Nach allem, was ich weiß, hat sie sich für Oakleigh Manor entschieden.«

Lauras Gedanken überschlugen sich. Ein junger Mann mit Vermögen, aus alteingesessener Familie, mit Sinn für Tradition und die Freuden des Landlebens! Dazu eine Schwester, die es ihr ermöglichen würde, sich dem Herrn auf schickliche Weise zu nähern! Was für eine wunderbare, verheißungsvolle Neuigkeit.

Jetzt kam es nur noch auf eines an.

»Ist Mr. Howell«, fragte sie beiläufig und nippte an ihrem Tee, »ist er ... ich meine ... liebt seine Frau das Landleben ebenso wie er selbst?« Sie wagte nicht, Mr. Lesley bei diesen Worten anzusehen.

Der sagte in ebenso beiläufigem Ton: »Oh, Mr. Howell ist nicht verheiratet, Miss Laura. Aber er ist erst fünfundzwanzig, da ist das auch noch keine Schande, nicht wahr?«

Laura verschluckte sich an ihrem Tee und hustete.

Amelia grinste. »Das macht die Aussicht auf seine Bekanntschaft umso interessanter, nicht wahr, Laura?«

Laura starrte mit himbeerrotem Gesicht in ihre Teetasse. Wie konnte Amelia so etwas sagen? Sie selbst hätte um nichts in der Welt eine solch anzügliche Bemerkung gemacht – wenn sie auch wesentlich anzüglichere Dinge gedacht hatte.

Doch Amelias Augen blitzten, und sie lehnte sich entspannt in dem behaglichen, altmodischen Sessel zurück. In ihr schien die Aussicht auf Mr. Howells Bekanntschaft nichts weiter hervorzurufen als amüsierte Neugierde. Dabei war sie doch selbst noch unverheiratet. Nein, manchmal verstand Laura ihre Freundin ganz und gar nicht.

Als sie sich wieder so weit in der Gewalt hatte, dass sie ihren Blick von der Teetasse losreißen konnte, schlug sie vor, im Park von Abbinch Hall spazieren zu gehen. Trotz der schwarzen Wolken, die sich immer drohender am Himmel zusammenbrauten, stieß die Idee auf allgemeine Zustimmung, und die kleine Gesellschaft machte sich auf den Weg zum Obstgarten, wo man Duft und Anblick der Apfelblüte genießen wollte. Schon bald blieb Sophy mit Mr. Lesley zurück.

»Er kommt nun in den Genuss, ganz allein mit ihr die unbedingt notwendigen Maßnahmen zur Veränderung seines Hauses zu besprechen«, sagte Amelia. Doch statt einer launigen Antwort erntete sie nur einen erregten Blick ihrer Freundin.

»Wie kannst du bei einer solchen Neuigkeit nur so ruhig bleiben, Amelia? Er wird sich hier niederlassen! Mein Gott, wie wird Mr. Howell wohl sein? Bestimmt sieht er sehr gut aus. Und seine Manieren werden tadellos sein, da bin ich mir sicher. Ein Mann, der das Landleben und die Verwaltung seines Besitzes dem aufregenden Leben in London vorzieht, kann nur von wahrhaft edlem Charakter sein. Er ...«

»Du bist schon in ihn verliebt, bevor du ihn das erste Mal gesehen hast!« Amelia schüttelte den Kopf. »Vielleicht ist er ja bucklig und unerträglich arrogant, und er kommt nur hierher, weil er es sich in London mit jedermann verscherzt hat.«

»Du bist unmöglich! Denkst du denn nie daran zu heiraten? Verurteile mich, wenn du willst, aber ich finde meine Gedanken angemessener als deine«, entgegnete Laura unwirsch.

Amelia hakte sie unter und sagte leichthin: »Du hast ja recht. Wahrscheinlich bin ich wirklich etwas seltsam. Ich lese eben lieber über die Liebe, als mich im wirklichen Leben darum zu kümmern.«

Laura runzelte die Stirn. Obwohl sie Amelias vertrauteste Freundin war, konnte sie diesen Wesenszug der anderen nicht verstehen. Man las Kochrezepte, Liedtexte oder bestenfalls ein Buch über die Könige Englands – aber Romane? Schund, Zeitverschwendung, billiger Ersatz für die Wirklichkeit!

Eine unangenehme Stille machte sich zwischen ihnen breit, während sie weiter den Kiesweg entlang schritten, der zum Obstgarten führte. Laura dachte an den Tag zurück, da ihre Tante sie mit einem Roman im Garten entdeckt hatte. »Hast du nichts Besseres zu tun, als dich in romantischen Fantasiewelten zu verlieren, du törichtes Ding?«, hatte Mrs. Wilson geschimpft. »Lesen ist etwas für alte Jungfern oder verheiratete Frauen, und am besten nicht einmal für die. Und auch noch einen Roman, guter Gott! Du solltest dich lieber um die Suche nach einem Ehemann kümmern, als um Literatur, die diesen Namen nicht verdient.« Und nach einer Pause hatte sie spitz hinzugefügt: »Ewig können wir dich nicht durchfüttern, liebe Nichte.«

Laura war selten einer Meinung mit ihrer Tante, aber in diesem Falle hatte sie ihr recht geben müssen, zumal ihr das Lesen wenig Freude bereitet hatte. Die Suche nach einem Ehemann war anstrengend genug – weshalb sollte man auch noch etwas darüber lesen, weshalb mit erdachten Figuren fühlen, deren Schicksal für das wirkliche Leben vollkommen unbedeutend war?

Als sie die Wiese mit den duftenden Apfelbäumen erreicht hatten, atmete Laura auf. Nun konnten sie sich über die porzellanrosa Farbe der Blüten unterhalten, über Sophys Glück, solch einen schönen Garten bald ihr Eigen nennen zu dürfen, und wenn es sein musste, sogar über das Wetter. Über alles, nur nicht mehr über Bücher, diesen ewigen Zankapfel, bei dem sie niemals einer Meinung sein würden.

Kapitel 3

Der Apfelschimmel schnaubte und schüttelte seine Mähne, als er Amelias Einspänner über die holperige Brücke zog, die zugleich den Ortseingang von Brokefield bildete. Unter der Brücke gurgelte und zischte das Wasser des Flüsschens Broke, der dem Ort seinen Namen gegeben hatte. Die Sonne schien warm vom veilchenblauen Himmel, und es roch nach nasser Erde und dem jungen Gras, das am Ufer des Broke spross. Die steinernen Cottages der einzigen größeren Straße des Dorfes schmückten sich mit dem Hellgrün eben austreibender Rosen, und Amelia dachte zufrieden, dass Brokefield im Frühling doch am allerschönsten war. Es war genau der richtige Tag, fand sie, um die Missstimmung zwischen ihr und Laura zu bereinigen.

»Guten Tag, Mr. Linton!«, rief sie fröhlich und winkte in Richtung eines silberhaarigen Mannes, der etwas gebeugt die Straße entlang schlurfte und sich dabei auf einen kostbar geschnitzten Stock stützte.

»Halten Sie lieber die Zügel mit beiden Händen fest, Sie wagemutiges Ding«, krächzte Mr. Linton, der als Apotheker in Brokefield arbeitete, solange Amelia denken konnte. »Ich möchte Sie nicht als Unfallopfer im Straßenstaub behandeln müssen.«

Amelia lachte. Sie ließ den Apotheker hinter sich, ratterte in flottem Tempo die Straße entlang und bog schließlich in eine Gasse ein, die gerade noch breit genug für Amelias kleine Kutsche war. Vor einem niedrigen Häuschen brachte sie den Apfelschimmel zum Stehen.

Auf ihr Klopfen hin öffnete Betsy, das einzige Mädchen der Wilsons, die Tür. Amelia wollte sie gerade fragen, ob Laura zu Hause sei, als Mrs. Wilson höchstpersönlich hinter Betsy erschien und es sich nicht nehmen ließ, Amelia mit den ergebensten Worten willkommen zu heißen.

»Liebe Miss Amelia, welche Freude, dass Sie unsere arme Laura mit Ihrem Besuch beehren! Wir alle wissen diese Aufmerksamkeit sehr zu schätzen, sehr, das müssen Sie mir glauben, Sie müssen einfach! Oh, wie froh wird die arme Laura sein … Sie ist übrigens im Garten, soll ich Sie zu ihr führen? Mr. Wilson ist leider außer Haus beschäftigt, sonst würde ich ihn natürlich sofort rufen. Betsy, was stehst du da herum, ruf gefälligst Laura, kannst du dir nicht selbst denken, was du zu tun hast? Oh, meine liebe Miss Amelia, wie groß ist unsere Freude ...«

Amelia rang sich ein gequältes Lächeln ab, und zum tausendsten Male fragte sie sich, wie Laura es nur tagein, tagaus mit dieser Tante aushielt. Da die Dawkins zweifellos zu den besseren Kreisen gehörten, zu denen die Wilsons ebenso zweifellos selbst gerne gehört hätten, förderte Mrs. Wilson die Freundschaft der beiden jungen Frauen nach Kräften. Doch das war auch schon das Einzige, was man zu ihren Gunsten sagen konnte. Ihrer Nichte zeigte sie deutlich, dass sie sie für eine unerträgliche Last hielt, und nur zu ihren Dienstboten war Mrs. Wilson noch unfreundlicher als zu Laura. Dass diese eine Waise und arm, aber außergewöhnlich schön war, schien Mrs. Wilsons Groll gegen sie noch zu verstärken. Kein Wunder, dass Laura an nichts anderes denkt, als zu heiraten und endlich hier wegzukommen, dachte Amelia, als sie der breit lächelnden und plappernden Mrs. Wilson in das Gärtchen hinter dem Haus folgte.

Laura erblickte sie und eilte ihr freudig entgegen. Mrs. Wilsons Mund bekam einen verkniffenen Zug. »Hier ist Besuch für dich, Laura, die liebe Miss Amelia. Mit ihr kannst du deine Zeit besser verbringen als mit faulem Herumsitzen.«

»Danke, Mrs. Wilson. Wir wollen Sie nun nicht länger von Ihren Beschäftigungen abhalten«, versetzte Amelia kühl.

Sichtlich ungern verließ Mrs. Wilson die Freundinnen, und sie blickten ihr stumm nach.

Als sie endlich außer Hörweite war, sagte Amelia grimmig: »Wie überlebst du das nur? Ich bewundere dich von Herzen dafür!«

Laura grinste schief. »Ich versuche, die eine Hälfte ihres Geredes zu überhören und die andere Hälfte nicht ernst zu nehmen. Dann geht es einigermaßen.«

Sie hakten einander unter und gingen zu einer steinernen Bank am hinteren Ende des Gartens. Amelia fand schnell zu ihrer guten Laune zurück. Sie war entschlossen, keine neuerliche Missstimmung aufkommen zu lassen. Heute würde sie von nichts anderem reden als von Lauras Lieblingsthema, das hatte sie sich fest vorgenommen. Wenn es um Bücher ging, schaltete Laura zwar ab – aber das, musste Amelia zugeben, taten fast alle Frauen in Brokefield.

»Nun rate einmal«, begann sie, »was Mr. Lesley für die zweite Maiwoche geplant hat.«

Laura sah sie fragend an. »Eine Teegesellschaft?«

»Viel, viel besser«, sagte Amelia. »Er veranstaltet einen Ball! Und zwar zu Ehren von ... na?«

Lauras heller Teint färbte sich vor Aufregung rosarot, was ausgesprochen gut zu ihrem schwarzen Haar passte. Wieder einmal fragte Amelia sich, warum die Heiratskandidaten nicht Schlange bei ihrer Freundin standen. »Meinst du etwa Mr. Howell?«, fragte Laura atemlos.

Amelia nickte. »Genau den! Und du wirst ihn kennenlernen, denn du bist natürlich eingeladen. Wir werden dich mit der Kutsche abholen, du wirst wunderschön sein, und dann werden wir doch mal sehen, ob der sagenhafte Mr. Howell dir länger als fünf Minuten widerstehen kann.«

Laura lachte und umarmte die Freundin. Doch bevor sie sie mit weiteren Fragen über den geplanten Ball bestürmen konnte, sahen sie eine Gestalt den Gartenweg hinunter kommen, die sie in diesem Moment noch weniger zu sehen wünschten als sonst.

»Miss Amelia, liebe Laura – ich hoffe, ich störe nicht. Haben Sie etwas zu feiern, da Sie so fröhlich sind?«, erklang die hohe, affektierte Stimme von Charlotte Appleby.

Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihren ungeliebten Besuch zähneknirschend einzuweihen.

»Ein Ball? Auf Abbinch Hall? Das nenne ich eine wirklich erfreuliche Nachricht!«, strahlte Miss Appleby. »Werden Sie auch kommen, Laura? Vielleicht möchten Sie, dass ich Sie in meiner Kutsche mitnehme? Ich weiß ja, dass Ihr lieber Onkel keine besitzt.«

Die Spitze war wohl platziert, und so entging es Amelia nicht, dass Laura gedemütigt den Blick senkte. Sie runzelte ärgerlich die Stirn. Warum musste Miss Appleby so oft auf das niedrige Einkommen der Wilsons anspielen? Keine Kutsche, keine Pferde, nur ein Mädchen für alles, und dann dieses armselige Häuschen! Wohingegen die Applebys natürlich einen hervorragenden Koch, mehrere Mädchen und bestens ausgebildete Diener beschäftigten. »Aber Emporkömmlinge bleiben sie dennoch, und den Ladengeruch werden sie niemals loswerden«, hatte Laura einmal naserümpfend zu Amelia gesagt. Amelia hatte sich über den Hochmut der Freundin gewundert, doch in diesem Moment in Lauras kleinem Garten fand sie ihn tröstlich.

Laut sagte sie: »Nicht nötig, Miss Appleby, Laura wird mit mir fahren. Der kleine Umweg macht weder mir noch meiner Familie etwas aus.«

Miss Appleby lächelte süßlich, und die Federn auf ihrem strahlend weißen Hut wippten, als sie den Kopf schüttelte. »Wirklich, Sie verwöhnen unsere kleine Laura! Ebenso wie ihre Tante und ihr Onkel, die alles für sie tun, nicht wahr?«

Wie man’s nimmt, dachte Amelia und beobachtete verstimmt, wie Miss Applebys weiß behandschuhte Hand Lauras Wange tätschelte. Wie so oft hatte Miss Appleby es in kürzester Zeit geschafft, ihrer guten Laune einen gehörigen Dämpfer zu verpassen.

Zu allem Überfluss hatte Mrs. Wilson sich inzwischen entschlossen, ihren Späherposten hinter der Gardine, den sie nach Amelias Ankunft bezogen hatte, aufzugeben und den drei Frauen in den Garten zu folgen.

»Ah, die liebe Miss Appleby! Wie geht es Ihnen? Bei diesem herrlichen Wetter doch sicher wunderbar«, rief sie, während sie auf ihre Nichte und deren Besucherinnen zueilte und das verbindlichste Lächeln aufsetzte, dessen sie fähig war.

Miss Appleby nickte freundlich und ein wenig herablassend, ehe sie antwortete: »Im Moment geht es uns allen gut, Mrs. Wilson. Haben Sie denn die große Neuigkeit noch gar nicht vernommen? Mr. Lesley gibt einen Ball.«

»Entzückend! Reizend! Einen Ball ... Sie werden bestimmt die Königin des Abends, liebe Miss Appleby!«, rief Mrs. Wilson, ehe sie sich daran erinnerte, dass eine noch höher gestellte Dame anwesend war. Errötend fügte sie hinzu: »Und Sie natürlich auch, Miss Amelia ... zwei Königinnen, oder eine Königin und eine Prinzessin, nicht wahr?« Sie lachte unsicher.

Charlottes Nase zuckte, und auch Amelia wand sich innerlich unter der unbeholfenen Demut von Lauras Tante. Hätte sie nicht gewusst, wie Mrs. Wilson mit allen umsprang, die gesellschaftlich unter ihr standen, sie hätte vielleicht sogar ein wenig Mitleid verspürt.

So aber hakte sie Laura unter und sagte: »Ich muss Ihnen Laura entführen, Mrs. Wilson. Wir haben noch viel zu besprechen, was den Ball betrifft! Sie haben doch sicher nichts dagegen, wenn Laura den heutigen Tag auf Woodings verbringt, oder?« Ohne eine Antwort abzuwarten, nickte sie den beiden Damen zu. »Mrs. Wilson, Miss Appleby – guten Tag!«

Und fort waren die Freundinnen.

Mrs. Wilson blickte ihnen mit missfälligem Augenzwinkern nach. »Was die liebe Miss Amelia nur an der armen Laura findet, wird mir immer unbegreiflich sein.«

»Mir auch, Mrs. Wilson«, antwortete Miss Appleby kurz, »mir auch!« Und im düsteren Einklang gemeinsamen Unverständnisses wandten sie sich dem neuesten Klatsch zu.

Kapitel 4

Das Schlimmste war, dass sie sich niemandem anvertrauen durfte. Denn niemand würde es verstehen.

Amelia ließ die Feder sinken und las die letzten Sätze noch einmal durch. Was sie geschrieben hatte, war nicht gut – sie war einfach nicht bei der Sache. Vielleicht sollte sie es für heute sein lassen.

Sie rieb sich den Nacken. Er schmerzte immer, wenn sie geschrieben hatte, was aber weniger an dem bequem gepolsterten Stuhl lag, auf dem sie zu sitzen pflegte, als vielmehr an der Anspannung. Jede Minute, jede Sekunde war geprägt von Amelias Angst, entdeckt zu werden. Wenn sie das Papier schließlich versteckt hatte und aufstand, musste sie sich dehnen und strecken wie eine Katze, damit ihr Körper sich entkrampfte.

Die Anspannung ihrer Seele indes ließ sich nicht so leicht vertreiben.

Genug also für heute. Entschlossen schob Amelia die Seiten zusammen und bedeckte sie sorgfältig mit einigen Zeichenblättern. Es fiel ihr immer noch nicht leicht. An die Heimlichtuerei würde sie sich wohl nie gewöhnen, dachte sie, aber was blieb ihr anderes übrig? Sollte sie zu ihren Eltern gehen und sagen: »Mama, Papa, ich schreibe übrigens Geschichten. Vielleicht werde ich sie einmal veröffentlichen lassen. Und etwas Größeres schwebt mir seit einiger Zeit auch noch vor. Macht euch nichts daraus, dass ich euren Ruf ruiniere! Mir geht es prächtig dabei.«

»Mein liebes Kind, du bist ja immer noch hier! Solltest du nicht längst auf dem Weg nach Brokefield sein? Mrs. Larry erwartet dich, hast du das vergessen?«

Mit in die Seite gestemmten Armen stand ihre Mutter im Türrahmen. Amelia hatte sie kommen hören, so sehr war sie in Gedanken gewesen. Dabei war es schon ein Kunststück, Mrs. Dawkins nicht zu hören. Wenn sie durch die Zimmer und Flure von Woodings eilte, rauschten die zahllosen Bänder, Rüschen und Stoffschichten ihres Gewandes wie ein ganzer Schwarm aufsteigender Vögel.

»Heute ist das schon?« Amelia riss sich zusammen und dankte ihrem Schöpfer im Stillen dafür, dass sie früher als sonst mit dem Schreiben aufgehört hatte. Wenn ihre Mutter sie hier erwischt hätte … nicht auszudenken! In leichtem Plauderton fuhr sie fort: »Dann mache ich mich besser schnell auf den Weg, hm?«