Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Cuma, Meryem und ihre neun Kinder, Hüseyin, ein musisch veranlagter Fischer und Ibo, ein aus der Stadt geflüchteter Architekt, leben im Einklang mit der Natur als einzige Bewohner in dem kleinen, am Meer gelegenen Dorf namens Üçyol. In schöner Harmonie genießen sie nach eigenen Regeln absurde Liebesverhältnisse und die urwüchsige Schönheit ihrer Landschaft. Erst die Ankunft der Lehrerin Gül aus Istanbul ändert die Gewohnheiten. Das beschauliche Leben stellt sie auf den Kopf und verbreitet eine gehörige Portion Aufbruchstimmung. Es kommt soweit, dass Touristen aus Istanbul das Dorf besuchen und von der unberührten Natur und der authentischen Lebensweise der Bewohner begeistert sind. Neugierig auf das Angebot des Modernen, mit Humor und einem unbekannten Gefühl, das Gül die Liebe nennt, lässt Üçyol sich ein auf das Neue, das wächst. So, wie die Welt um das kleine Dorf erwacht, verwandeln sich seine Bewohner.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 136
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Den ganzen Tag über weht der Wind Über die Felder Aber was für ein Wind Er erzählt mir von dir
Vom höchsten Wipfel des Baumes Fallen die Blätter zur Erde Aber was für ein Baum Er erzählt mir von dir
Ein kleiner Vogel schwebt hinab zur sprudelnden Quelle Aber was für eine Quelle Sie erzählt mir von dir
Es ist ruhig in Üçyol. Das Leben im Dorf schlendert so dahin und bietet, außer dem neugierig machenden Namen, „Drei Wege“, viel Landschaft mit außerordentlich weiten Wiesen und Feldern, einen unberührten Strand, das Meer und Nachbarn, die eng miteinander verbunden sind, Da sind Cuma und Meryem, die, mit der stattlichen Anzahl von acht Töchtern und einem Sohn, in einem Haus leben, das, je nach Bedarf, mit etlichen Anbauten erweitert wurde. Die vielen Türen stehen offen und kein Zaun schützt das große Grundstück.
Dem angenehmen Klima ist es zu verdanken, dass man die meiste Zeit im Freien verbringt. Im Sommer unter Aprikosen- und Pfirsichbäumen, deren Süße köstlich ist, deren Säfte den Durst löschen und deren Zweige und Blätter den nötigen Schatten spenden. Im Winter sind es die Orangen, die den Garten mit leuchtenden Farben und köstlichem Duft in einen unwiderstehlichen Ort für Gaumen und Augen verwandeln.
Inmitten eines Melonenfeldes, allein in einem Haus, lebt Ibrahim, genannt Ibo. Auf dem Weg zu ihm ist Vorsicht geboten. Die üppig großen Melonenfrüchte werden leicht zu grünen Stolpersteinen. Das Haus fällt auf in seiner soliden Bauweise. Stein auf Stein, gestrichen mit blendend weißer Farbe und das Dach gedeckt mit leuchtend roten Ziegeln.
Als junger Mann war Ibo in die Stadt gegangen, hatte dort die Schule besucht, das Bauhandwerk gelernt und geheiratet, um einige Zeit später mit Emine, die er geheiratet hatte und Heimweh im Herzen nach Üçyol zurückzukehren. Er baute ein Haus, so wie es ihr gefiel und glaubte, sie damit glücklich machen zu können. Emine gab sich alle Mühe, doch sie passte nicht in die Landschaft. Ihre hellen Haare und die blasse Haut waren an das Stadtleben gewöhnt. Als sie das gesunde Essen und die Sonne auf der Haut verweigerte, schwächer und dünner wurde, war sie damit einverstanden, dass Ibo sie zurück zu den Eltern brachte.
Seitdem lebt Ibo allein in seinem Haus, wo er sich tagsüber mit Bauzeichnungen und architektonischen Plänen auf einem Brett vor dem eigens dafür in Übergröße angefertigten Fenster beschäftigt. Mit ständig neuen Ideen im Kopf zeichnet und plant er Objekte wie Ferienhäuser für Städter, ein Restaurant oder einen Kiosk, sogar eine Schwimmanlage, obwohl das Meer gleich in der Nähe ist. Stundenlang zeichnet und konstruiert er vor dem Fenster und wirft ganz nebenbei Blicke auf das Grundstück der Nachbarn, in der Hoffnung auf ein Lächeln Meryems. Etwas weiter in Richtung Meer lebt Hüseyin, der Fischer. Seine Hütte dort am Strand hat er aus Brettern und Wellblech selbst gezimmert. Den Blick aus dem einzigen Fenster direkt aufs Meer und sein Boot liebt er von Herzen.
Er ist ein Mann mit melancholischem Blick, der nach getaner Arbeit am Strand sitzt und Gedichte schreibt. Eine kleine schlanke Figur mit geschmeidigen und drahtigen Bewegungen, dessen Gesicht von Wind und Wetter und von der schweren Arbeit auf dem Meer geprägt ist. Die tiefen Falten in der Haut sind so stark gebräunt, dass die hellgrauen Augen leuchten. Der Umgang mit Angelhaken, Netzen und starken Seilen haben seine Hände mit Narben und Wunden bedeckt. Erstaunlich ist, dass er mit einem kleinen Stift Gedichte in schöner Schrift in ein kleines Notizbuch schreiben kann. Die Beschäftigung in einsamen Stunden besteht darin, aufzuschreiben, was ihn bewegt, wenn er in der selbst errichteten Bretterbude aufs Meer blickt.
Eigentlich wohnt Hüseyin in Umutlar, dem nächsten größeren Dorf. Eine Tante hat ihm, nach dem Tod der Eltern, ein kleines Zimmer mit Bett und Schrank für seine Habseligkeiten frei gemacht. Dafür, dass ein Teller mehr auf dem Tisch steht, bedient sie sich der frischen Fische. Üçyol ist eine Kreuzung von der nur eine Straße genutzt wird. Die Straße, die gepflastert ist und den Bus in das 10km entfernte Umutlar bringt. Der Gedanke, einen der anderen Wege zu nutzen kommt Niemandem in den Sinn. Was zum Leben nötig ist, geben das Meer und die Felder her.
Die Sonne lässt die Früchte reifen, den Weizen und das Gemüse wachsen. Die Gaben des Meeres werden von Hüseyin gebracht.
Der einzige Lärm, der zu hören ist, kommt vom Motor des Traktors, mit dem Cuma über die Felder rollt. Gewohnt ist man an das Bellen der Hunde, das Schreien der Esel und das Gegacker der Hühner. Musik in den Ohren ist das Zirpen der Grillen im Sommer.
Mit Staunen und Stolz beobachtet man das Heranwachsen der Töchter von Cuma und Meryem. Davon überzeugt, dass deren außerordentliche Schönheit der sonnigen und reinen Luft Üçyols, den außerordentlich gesunden Genen der Eltern und den blumenreichen Namen zu verdanken ist. Bis auf Fatma, deren Name aus Respekt vor der Lieblingsfrau des Propheten Mohammed gegeben wurde, hören die Geschwister auf blumenreiche Namen.
Lale“ - die Tulpe -, geboren, als die Tulpenpracht die Landschaft in ein Farbenmeer verwandelte und „Yasemin“, als der Duft dieser Blume das ganze Dorf erfüllte. „Nergiz“ und „Sümbül“, - Narzisse und Hyazinthe - erblickten das Licht der Welt zu der gegebenen Zeit und die jüngsten Mädchen, geboren im Winter, hören auf „Kardelen“- Schneeglöckchen- und „Pamuk“-Baumwolle. Als Cuma Lust bekommt, einen kleinen Teich anzulegen und diesen mit „Nilüfer“ – Seerosen - schmückt, ist der Name der nächsten Tochter gesichert.
Der einzige Junge nach vier Töchtern, erhält den Namen “Tamer“, was soviel wie „ein ganzer Mann“ bedeutet.
Die vier nach ihm geborenen Schwestern, machen ihn zum Kind der Mitte „Orta“ wird er gerufen.
Cuma, ein Mann, der groß und kräftig, mit breiten Schultern und einem lässig stolzen Gang über die Felder schreitet, als wäre er auf der Bühne eines großen Theaters.
Und die Schönheit Meryems, die, nach der Geburt von neun Kindern einiges eingebüßt, doch weiterhin alle Blicke auf sich zieht, wenn sie mit blitzenden Augen, strahlend weißen Zähnen und dem Gang einer Königin durch den Garten spaziert.
Zum Glück haben Touristen den Weg nach Üçyol noch nicht gefunden. Wahrscheinlich ist die Gegend nicht interessant genug. Wer interessiert sich schon für Felder und Wiesen und einen Strand mit grobem Sand und einer zusammengebastelten Hütte.
Es gibt kein Hotel, nicht mal ein Restaurant oder einen Kiosk. Den Nachbarn soll es recht sein, ihnen genügen die Besuche der Verwandten und Freunde aus Umutlar, die ab und zu nach Üçyol kommen, um ihre Füße im Meer zu kühlen.
Sie bringen Süßigkeiten mit, die im Garten von Cuma verzehrt werden und Zeitschriften, in denen man mit Neugier herumblättert. Dann sitzen sie auf großen Tüchern unter den Bäumen, ein Bein ausgestreckt, das andere als Sitzfläche genutzt, trinken Tee und Zitronenlimonade. Die Frauen in weiten geblümten, die Männer in schwarzen Pluderhosen. Man hat Keyif, das heißt, man fühlt sich wohl, erzählt sich Geschichten und lacht miteinander.
Wie geht es in diesem Jahr? Wie steht es um die Ernte und welche Fische sind die größten? Schließlich kommt man zu dem wichtigsten Thema, dem Blick auf die zur Schönheit erblühten Töchter Fatma und Lale.
Wie steht es um die Verheiratung der Ältesten? Fatma geht auf die zwanzig zu, höchste Zeit für einen Mann an ihrer Seite und ein Enkelkind, das Cuma erfreuen wird. Fatma, die Sanfte, errötet leicht und senkt den Kopf, als hätte sie eine Schuld zu tragen. Lale schafft es nicht, ihre Locken unter dem Tuch zu verbergen, sie schüttelt den Kopf und verkündet keck in die Runde „Ich suche mir meinen Mann selbst, macht euch keine Sorgen, einen, der mir allein gefällt.“ Ihrem feurigen Blick unter den wirren aufgelösten Haaren ist dies unbedingt zuzutrauen.
Die jüngeren Mädchen kichern und verstecken sich hinter der mitgebrachten Lektüre. Fotoromane, ausgefüllt mit unscharfen Bildern verliebter junger Paare, die eine wunderbare Zukunft versprechen. Auf den Mann ihrer Träume müssen sie warten. Der Tradition entsprechend wird Cuma schon den Richtigen finden. Im Verwandten- und Bekanntenkreis hält man Ausschau nach passenden Bewerbern. Mittlerweile ist die Heirat zwischen Cousin und Cousine nicht mehr so gern gesehen, sodass dies schon mal wegfällt. Zudem stellt Cuma, genau wie die Töchter, hohe Ansprüche an die Zukünftigen.
Für Fatma, die Älteste, muss ein Mann ebenso gut aussehen wie Cuma und er muss bereit sein, auf dem Hof, in der Eintönigkeit Üçyols, zu leben. In diesem Fall ist es geplant, die angrenzende Scheune zu einem Wohnhaus umzubauen.
Hüseyin mag es, in der Eintönigkeit Üçyols zu leben Er ist ein freier Mann, der seine Arbeit trotz aller Anstrengungen liebt. Es ist seine Entscheidung, wann er hinausfährt, er richtet sich nach den Gezeiten und seinem Gespür für einen guten Fang. Oft ist er, sich der Gefahren bei starkem Wellengang bewusst, nachts unterwegs und wirft unter dem schwankenden Licht einer kleinen Lampe die Netze aus. Mutig, energiegeladen und kraftvoll greift er so lange zu, bis die Sonne aufgeht, die Netze voll sind und er, nach getaner Arbeit, endlich erschöpft in der Hütte schlafen kann, oft bis in den Nachmittag hinein.
Erst dann macht er sich auf den Weg, die Fische an den Mann zu bringen. In einem kleinen Leiterwagen zieht er die zwischen Eisblöcken schwappende Beute quer über den Trampelpfad zwischen den Feldern bis hin zur Straße, wo der Käufer die Ware entgegennimmt und ihm einen guten Lohn in die Hand drückt.
Zurück geht der Weg in die Kornfelder. Die größte Hitze ist vorüber, mit klopfendem Herzen eilt Hüseyin zielbewusst zu der Stelle, von der er weiß, dass Lale auf ihn wartet. Ihre Haare sind mit einem roten Tuch zusammengebunden. Unmöglich, dass Hüseyin sie verpassen kann. „Lale, meine rotleuchtende Tulpe,“ sind seine Begrüßungsworte die sie so liebt.
Hüseyins ausgewählte Worte gefallen ihr sehr.
Er hört solche Worte im Radio, oder sie kommen ihm beim Blick auf die Weite des Meeres oder er liest sie in alten Büchern, die er in den Schränken seiner Mutter gefunden hat.
Lale Du bist ein blühender Zweig Aus dessen Augen die Liebe lächelt Komm zu mir, erfülle meine Seele Es steht dir gut, das süße Lächeln Deine Augen beleben mein Leben Ach, wie schön, dich zu lieben Bleibe in meinem Herzen Bleibe meine Sonne
Geschützt durch die Halme des Weizens umarmen sich die Liebenden, küssen sich zaghaft, halten ihre Hände und schauen in die geliebten Gesichter.
Die immer heftig werdenden Bewegungen von Lales Busen machen Hüseyin klar, dass die Träume von der Hochzeitsnacht so schnell wie möglich wahr gemacht werden müssen. Morgen, nimmt er sich vor, morgen wird er endlich bei Cuma um die Hand der Tochter anhalten.
Lale liebt es, seine entschlossene Stimme zu hören, wenn auch nicht davon überzeugt, dass seine Absicht Erfolg haben wird. Es genügt ihr, unter der Sonne zu liegen, nur sie beide ungestört. Hüseyin mit dem Fischgeruch auf der Haut und mit Händen, die zärtlicher nicht sein können.
Die Angst, dass ihr Vater einer Heirat nicht zustimmen wird, lässt sich so leichter verdrängen. Fatma, die Älteste zuerst! Mit Wut über die unverständlichen Traditionen versucht Hüseyin geduldig zu bleiben und die Zeit mit Lale im Feld so lange wie möglich auszukosten.
Es ist wieder soweit, alle vier bis sechs Wochen tauscht Cuma die schwarze weite Şalvar gegen die gebügelte Hose seines Anzugs, zieht ein frisches Hemd an, pfeift eine Melodie und muss sich den Spott in Meryems Stimme gefallen lassen, doch lieber die weite Pluderhose zu tragen, da er darin wahrhaftig wie ein echter Kerl aussehe. „Es gibt keinen, der sich in diesen Hosen besser bewegen kann als du.“
Mit einem charmanten Lächeln und einem Kuss auf den meist gewölbten Bauch seiner Frau, verabschiedet er sich. Es ist der erste von mindestens sieben Tagen, an denen Cuma den Weg in die Stadt auf sich nimmt, um seine Lust bei bestimmten Damen zu befriedigen.
Diese Tage sind auch Meryems Zeit.
Nach einem ausführlichen Bad verwandelt sie sich in eine Frau in Erwartung ihres Liebhabers. Vor dem Spiegel massiert sie sanft ihren Körper mit Olivenöl. Sie schaut sich lange an, bemerkt die ersten Fältchen im Gesicht, seufzt ein wenig, bevor sie sich mit dem langen duftigen weißen Baumwollkleid schmückt.
Sie lächelt über die verträumten Augen der Töchter, die den genauen Ablauf am Abend kennen. Am Abend wird die Mutter als eine begehrenswerte Frau in der Dunkelheit verschwinden, um von Ibo in die Arme genommen zu werden. Die Mutter, die den Töchtern vorführt, dass es etwas gibt, für das es sich lohnt, eine Frau zu sein. Die Erfüllung der Pflichten als Ehefrau und Mutter schließen den Wunsch, als Geliebte gesehen und begehrt zu werden, nicht aus.
Cuma ist kein schlechter Ehemann, er sorgt für die große Familie, erhebt nie die Hand, sagt nie ein lautes Wort und erfüllt seine ehelichen Pflichten.
Es ist immer noch möglich, dass Meryem von diesem Mann geblendet ist und große Lust empfindet, wenn er sie mit Wucht und Leidenschaft begehrt. Neun Schwangerschaften sind so entstanden, nie hat er ihren Körper gemieden und ihr immer das Gefühl gegeben, dass ihm das Liebesspiel gefällt.
Doch ihre Wünsche sind vielfältig.
Das weiße Kleid, schon am Nachmittag im Haus des Nachbarn gesichtet, ist das Zeichen, dass Ibo fröhlichen Herzens sein Häuschen reinigt, Blumen in die Vase stellt, ein Süppchen kocht, süße Speisen und gut temperierten Wein vorbereitet. An diesem Tag nimmt auch er ein Bad, rasiert sein Gesicht und tauscht seine Hose gegen die Şalvar, die Meryem so liebt. Die Freude der Frauen in der Stadt ist groß, wenn Cuma sie mit lauter Stimme begrüßt, gut bezahlt und ihre Dienste genießt.
Dass er die Besuche in der Stadt braucht, die bereitwilligen Frauen liebkosen möchte, ist Meryems Chance, diese Zeit in den Armen des Nachbarn zu verbringen.
Vornehm in ein weißes Hemd gekleidet, das weiße Haar in Wellen gelegt und den weißen Schnurrbart exakt geschnitten, hält Ibo den Rotwein in Kristallgläsern bereit für einen wunderbaren Abend, den er mit der Dame seines Herzens genießt. Manchmal tanzen sie bei Kerzenschein, hören leise Musik und trinken mehr Wein als sie vertragen. Meryem liebt die Zärtlichkeiten Ibos, die so ganz anders sind. Es genügt, dass sie eng aneinander geschmiegt liegen, dass sie sein Streicheln spürt und den süßen Worten lauscht.
Sieben Tage Glückseligkeit, in denen sie tänzelnd und summend die Arbeit verrichtet, die Hühner verscheucht und den Schafen und Ziegen freundschaftliche Klapse gibt. Den jüngeren Töchtern über die Köpfe streicht und mit dem Jungen den Ball über die Felder schießt.
Die Heiterkeit, die während der sieben Tage über Üçyol schwebt, genießt auch Hüseyin, wenn er die Tage mit Lale ohne Furcht vor Cuma verbringt. Wenn er unter dem Sternenzelt den Kopf in ihren Schoß legt und sie ihn mit zarten Händen liebkost.
Mein Herz ist trunken - unter dem Sternenzelt Ah wie schön, dich zu liebkosen - unter dem Sternenzelt Es ist mir gleich Ob das Herz brennt - das Schicksal mich erreicht Meine Augen sich schließen - unter dem Sternenzelt Im blauen Licht Im gleichen Schwung In gleicher Bewegung - wir beide - unter dem Sternenzelt.
Fatma schickt versteckte Blicke zu den Verliebten. Zu gerne hätte sie in den Armen des Mannes gelegen, sein Herz an ihrer Brust gefühlt, die schon beim bloßen Anblick zu beben beginnt.
Dass dieses Glück der Schwester nur von kurzer Dauer ist, tröstet sie ein wenig. Dem Wunsch Hüseyins, Lale zu heiraten, wird der Vater nicht zustimmen. Die Tradition bestimmt, was zu tun ist. Hüseyin wird sie zur Frau nehmen, zumal sie die bessere Hausfrau ist und einem Mann ein äußerst bequemes Leben bieten kann.
Mit einer Locke streicht Lale über Hüseyins Gesicht, spielt mit ihm, lacht und schmollt wie ein kleines Mädchen.
Sie fordert ihn heraus und weiß nicht, was sie damit anrichtet. Wie lange noch soll er diese Nähe aushalten? Aufgewühlt reißt er sich los und läuft mit den Worten „Güle Güle“ „lächle, lächle“ an den Strand, wo er sein stürmisches Herz zu beruhigen versucht.
Die sieben Tage im Rausch des Glücks gehen dem Ende zu, es war, als hätte die Sonne heftiger geschienen, die Sterne leuchtender gefunkelt und der Wind zärtlicher geweht.
Hüseyin holt seinen einzigen Anzug aus dem Schrank, nimmt aus der Schatulle seiner verstorbenen Mutter ein Teil des Goldschmucks, den er als Brautgeschenk überreichen will und macht sich auf den Weg.
Das Wetter an diesem Tag ist nicht sonderlich einladend. Im Meer schlagen die Wellen heftig gegen die Felsen. Die Farben des Wassers wechseln ihr sanftes Blau zu silbrig. schimmerndem Grau und der Himmel, dessen Farbenspiel er gerade an frühen Abendstunden so liebt, ist heute wolkenbehangen.
Hoffentlich kein schlechtes Omen. Die Zeit muss noch