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Ein verführerisches Spiel um Macht, Lust und tiefe Gefühle
Die attraktive Polizistin Sloane Watson verliert nie die Kontrolle. Doch als sie bei einem Undercover-Einsatz Tyler Sharp in die Augen sieht, verfällt sie ihm sofort. Sie weiß, dass er gefährlich ist, kann seiner Anziehungskraft jedoch nicht widerstehen. Immer stärker sehnt sich Sloane nach Tylers Nähe und den tiefen Gefühlen, die er in ihr weckt. Und so setzt sie alles aufs Spiel – ihren Job, ihre Liebe und ihr Leben …
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Seitenzahl: 469
J. KENNER
WANTED
Lass dich fesseln
Roman
Aus dem Amerikanischen von Christiane Burkhardt
Zum Buch
Die junge Polizistin Sloane Watson ermittelt undercover im Nachtclub Destiny: Eine Tänzerin ist spurlos verschwunden. Um dem attraktiven und undurchsichtigen Clubbesitzer Tyler Sharp Informationen zu entlocken, will Sloane ihn verführen. Doch als sie Tyler gegenübersteht, zieht er sie augenblicklich in seinen Bann. Er ist charismatisch, leidenschaftlich, kompliziert. Und er macht keinen Hehl daraus, dass er Sloane besitzen will. Vollkommen überwältigt gibt sie ihrem Verlangen nach. Sie genießt die intensive erotische Begegnung, aber Tylers Wünsche wecken auch schmerzhafte Erinnerungen in ihr. Als ihre Gefühle für Tyler immer stärker werden, spürt Sloane, dass sie sich ihrer Vergangenheit stellen muss, wenn ihre Beziehung eine Zukunft haben soll. Wird ihre Liebe stärker sein als ihre Angst?
»J. Kenner ist DIE Autorin für leidenschaftliche Begegnungen, die ihre Figuren überwältigen, verändern und erlösen.«
Romantic Times
Zur Autorin
J. Kenner wurde in Kalifornien geboren und wuchs in Texas auf, wo sie heute mit ihrer Familie lebt. Sie studierte Rechtswissenschaften und arbeitete für verschiedene Anwaltskanzleien, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Nach ihrer internationalen Erfolgsserie um Nikki Fairchild und Damien Stark begeistert sie ihre Leser nun mit ihrer neuen Trilogie Wanted, die in den USA auf Anhieb auf die New-York-Times-Bestsellerliste gelangte.
Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel Heated bei Bantam Books, an imprint of Random House, a division of Random House LLC, a Penguin Random House Company, New York
Die WANTED-Serie von J. Kenner im Diana Verlag:
Lass dich verführen
Lass dich fesseln
Lass dich fallen
Deutsche Erstausgabe 03/2015
Copyright © 2014 by J. Kenner
This translation published by arrangement with Bantam Books, an imprint of Random House, a division of Random House LLC
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2015 by Diana Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Redaktion | Kristof Kurz
Umschlaggestaltung | t.mutzenbach design, München
Umschlagmotiv | © Shutterstock
Satz | Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich
Alle Rechte vorbehalten
eISBN 978-3-641-14643-6
www.diana-verlag.de
1
Richtig oder falsch.
Gut oder böse.
Schwarz oder weiß.
Das sind die Kategorien, nach denen wir die Welt organisieren, und jeder, der das Gegenteil behauptet und sagt, nichts sei in Stein gemeißelt, es gebe auch noch etwas dazwischen, ist entweder hoffnungslos naiv oder ein Betrüger.
Und bis vor Kurzem habe ich noch genauso gedacht.
Aber das war, bevor ich ihn kennengelernt, ihm in die Augen gesehen habe.
Bevor ich ihm vertraut habe. Vielleicht bin ich ja naiv. Vielleicht habe ich den Verstand verloren, wer weiß?
Ich weiß nur, dass nichts mehr ist wie zuvor, seitdem ich ihn getroffen habe. Ein Blick, und schon war es um mich geschehen.
Eine Berührung, und schon wusste ich, dass ich lieber die Beine unter den Arm nehmen sollte.
Ein Kuss, und ich war hin und weg.
Und jetzt stehe ich hier und frage mich, ob es noch einen Weg zurück gibt. Und wenn ja, ob ich ihn überhaupt einschlagen möchte.
Nichts ist so einfach, wie man es gern hätte.
Das habe ich von meinem Vater gelernt. Er war zwanzig Jahre beim FBI, bevor er Polizeichef von Galveston, Texas, wurde – einer Inselstadt mit ausreichend Kriminalität, dass ihm nicht langweilig wurde, aber auch mit genug Sonne und Strand, um ihn glücklich zu machen.
Als Teenager hatte ich des Öfteren erlebt, wie er Stunden, Tage, Wochen, ja sogar Monate damit verbrachte, belastendes Material gegen einige der schlimmsten Verbrecher überhaupt zusammenzutragen. Tausende von Arbeitsstunden, Hunderte von Beweisstücken, die eine lückenlose Beweiskette bildeten – und dann war alles vergeblich. Die Verteidigung schob irgendeine Formsache vor, der Richter gab nach, und peng! war all seine Mühe umsonst.
Wie gesagt, nichts ist so einfach, wie man es gern hätte – das ist die erste Binsenweisheit, an der ich mich orientiere.
Und daraus folgt sogleich die zweite: Nichts ist so, wie es scheint.
Das habe ich von meinem Stiefvater gelernt. Er war ein aufstrebender Stern am Baseball-Himmel, die Medien waren ganz verrückt nach ihm. Sie nannten ihn »Goldjunge«, prophezeiten seinen Aufstieg in die Nationalliga und fielen beinahe in Ohnmacht, sobald er den Raum betrat. Worüber sie jedoch nicht berichteten, war, dass er meine Mutter schlug.
Dass er mich zwang, dabei zuzusehen, und mir drohte, ich käme auch noch an die Reihe. Er benutzte seine Hände, seine Fäuste, eine kaputte Bierflasche – was auch immer. Ich zuckte bei jedem Schlag zusammen, und wenn ihre Knochen brachen, spürte ich es ebenfalls. Dann mischte sich mein Schrei mit ihrem zu einer schrecklichen Kakophonie.
Seltsamerweise berichteten die Lokalzeitungen nie über ihre Krankenhauseinweisungen, und wenn die Polizei überhaupt mal bei uns auftauchte, unternahm sie so gut wie nichts. Harvey Grier sah aus wie ein Märchenprinz und hatte das Lächeln eines sehnsüchtig erwarteten Messias. Wenn seine vierzehnjährige Stieftochter nachts die Bullen rief und ihnen irgendeinen Mist erzählte, der seinen Ruf und seine lukrativen Geschäfte ruinieren konnte, dann bestimmt nur, weil sie ein gelangweilter Teenager war und nicht, weil sie tagein, tagaus mit einem Ungeheuer zusammenlebte und die attraktive Fassade längst durchschaut hatte.
Mein Stiefvater ist inzwischen gestorben, und ich bin froh darüber. Der Mann taugte zu rein gar nichts – höchstens dazu, mir meine zweite Lebensweisheit beizubringen: Dass hinter der unschuldigsten Fassade die größten Ungeheuer lauern können. Und wenn man nicht aufpasst, beißen sie gnadenlos zu.
Was man daraus lernen kann? Dass nichts selbstverständlich ist und dass man niemandem trauen darf.
Vermutlich hat mich das zu einer ziemlichen Zynikerin gemacht. Aber auch zu einer verdammt guten Polizistin.
Ich nippte an meinem Champagner und dachte an meinen Job und an diese beiden Lebensweisheiten, während ich im Drake Hotel vor einer der weißen Stoffbahnen stand, die den eleganten Palmenhof säumten. Ich kannte hier keine Menschenseele – nicht zuletzt, weil ich gar nicht eingeladen war. Ich bemühte mich redlich, mit dem Vorhang zu verschmelzen, um meine Umgebung unbemerkt beobachten zu können. Ich hielt nach einem ganz bestimmten Gesicht Ausschau, denn ich hatte eine Mission und wollte meinen Standort nicht verlassen, bis ich meine Zielperson entdeckt hatte.
Ich war seit etwa einer Stunde da und machte mich auf einen langen Abend gefasst. Aber ich hatte schon schlimmere Beschattungen hinter mir und konnte ziemlich zäh sein.
Ich war schon mal in diesem Palmenhof gewesen. Damals hatte mich mein Dad übers Wochenende mit nach Chicago genommen. Aber heute hatte man die meisten der sonst hier stehenden Tische entfernt, damit sich die Gäste um den eleganten Brunnen und das riesige Blumenarrangement versammeln konnten. Soweit ich das beurteilen konnte, sah die Kleiderordnung mindestens etwas vor, das gerade auf der Fashion Week vorgestellt worden war. Dass nicht alle mit dem Finger auf mich zeigten und hämisch lachten, lag nur daran, dass mein Sommerschlussverkauf-Fähnchen dermaßen fad war, dass es mich sozusagen unsichtbar machte.
Klassische Musik erfüllte den Saal. Sie stammte von einem in einer Ecke versteckten Orchester, aber niemand tanzte.
Stattdessen machte man Small Talk, plauderte und lachte. Alles war sehr vornehm und elegant, sehr festlich.
Ich fühlte mich so gar nicht in meinem Element.
Eigentlich lebte ich in Indiana. Als jüngste Frau, die jemals zum Detective befördert worden war, stellte ich so etwas wie eine kleine Berühmtheit bei der Polizei von Indianapolis dar. Ich war nach Chicago gekommen, weil ich gerade krankgeschrieben war und es zu Hause nicht länger aushielt. Candy, eine meiner Informantinnen, hatte mich gebeten, ihre frühere Mitbewohnerin aufzuspüren, die von heute auf morgen einfach verschwunden war. Also beschloss ich, ein wenig auf eigene Faust zu ermitteln.
Laut Candy hatte Amy noch bis vor zwei Wochen als Stripperin in einem vornehmen Chicagoer Herrenclub namens Destiny gearbeitet. »Sie war seit fast einem Monat dort und hat jede Menge Trinkgeld kassiert. Auch mit den anderen Mädchen hat sie sich gut verstanden. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass sie was mit einem der Eigentümer hatte. Es gab also überhaupt keinen Grund, sich so einfach aus dem Staub zu machen.« Aus meiner Sicht war eine Affäre mit dem Chef Grund genug – vor allem wenn er derjenige ist, der einen danach auffordert, Leine zu ziehen.
»In diesem Fall hätte sie mir das mit Sicherheit erzählt«, meinte Candy, als ich sie behutsam auf diese Tatsache hinwies. »Dann hätte sie einen anderen Job angenommen oder wäre vielleicht umgezogen, aber anschließend hätte sie mich angerufen. Irgendetwas stimmt da nicht.« Normalerweise hätte ich mir keine Sorgen gemacht. Es kommt schließlich häufiger vor, dass zweiundzwanzigjährige Stripperinnen ihre Zelte abbrechen und weiterziehen. Vielleicht wollte sie einfach irgendwo anders ein neues Leben anfangen. Vielleicht war sie mit irgendeinem Kerl durchgebrannt. Amy war seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr auf sich allein gestellt und dementsprechend taff. Sie war clean, sodass ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie sich in irgendeinem Drogenschuppen zudröhnte. Außerdem wusste ich, dass sie davon träumte, von einem Märchenprinzen aufs Pferd gehoben zu werden und mit ihm in den Sonnenuntergang zu reiten. Vielleicht hatte sie begriffen, dass die Affäre mit ihrem Chef zu nichts führte, und stattdessen beschlossen, nach New York oder Las Vegas zu gehen – irgendwohin, wo es von reichen, lüsternen Männern nur so wimmelte.
Doch das hielt ich für wenig wahrscheinlich. Candy war im siebten Monat schwanger gewesen, als Amy nach Chicago gegangen war – nicht ohne ihr zu versprechen, mit Geschenkebergen für das Baby zurückzukommen, ja vor allem, bei der Geburt dabei zu sein. Und wenn alles nach Plan lief, würde das Kind schon in knapp zwei Wochen zur Welt kommen.
Ich konnte nur hoffen, dass sie sich einfach bloß rettungslos in irgendeinen Kerl verknallt hatte und in Kürze mit jeder Menge Anekdoten über heiße Nächte und wilden Sex wieder auftauchen würde.
Andererseits arbeitete ich bei der Mordkommission und rechnete deshalb instinktiv mit dem Schlimmsten.
Auf der Fahrt von Indiana nach Chicago hatte ich mit einem Freund bei der Chicagoer Polizei telefoniert, der mir bestätigte, dass sie nicht in irgendeinem Knast Däumchen drehte. Ich war erleichtert, dass sie clean geblieben war oder sich zumindest bei keinem Drogenvergehen hatte erwischen lassen. Andererseits hatte ich insgeheim gehofft, dass man sie wegen Ladendiebstahls verhaftet hatte und sie nur zu stolz war, Candy um die Kaution zu bitten.
Ich war an einem Mittwoch um kurz nach sieben in Chicago angekommen und hatte als Erstes das Destiny aufgesucht. Der Laden war sehr elegant und gepflegt, die Drinks waren nicht gestreckt, die Mädels wirkten zufrieden und kein bisschen verbraucht, und die Kundschaft schien durchaus vermögend zu sein. Die Bar war hervorragend bestückt, es gab sogar Guinness vom Fass und eine Speisekarte, die sich sehen lassen konnte.
Ich kannte mit Sicherheit schlimmere Etablissements, und als ich an der Bar stand und mich mit den Augen einer Polizistin umsah, kam mir alles ziemlich koscher vor.
Womit wir wieder bei meiner zweiten Lebensweisheit wären: Nichts ist so, wie es scheint. Oder in diesem Fall: Kein Ort ist so, wie er scheint.
Das wurde mir bestätigt, als ich mich am nächsten Morgen mit Kevin Warner, einem Kumpel vom FBI, zum Frühstück traf. Der zählte mir eine ganze Reihe von wenig koscheren Aktivitäten auf, die seiner Meinung hinter den Kulissen des Clubs vor sich gingen. Er warf mit Anschuldigungen nur so um sich, und als er schließlich den Mann Act erwähnte, der Menschenhandel, Prostitution und ähnlich üble Machenschaften verbietet, wurde ich hellhörig.
»Immer langsam mit den jungen Pferden!«, sagte ich. »Konnte man den Kerlen jemals was nachweisen?«
»Die genießen verdammt noch mal Schutz vor Strafverfolgung!«, ereiferte sich Kevin. »Sie haben dazu beigetragen, einen Zuhälterring auffliegen zu lassen, der von der Westküste aus agiert und auch in unserer wunderschönen Stadt Fuß gefasst hat.«
»Sie?«, hakte ich nach.
»Black, August und Sharp«, sagte er. Das waren die drei Eigentümer des Destiny – gefeierte Geschäftsleute, denen ganz Chicago zu Füßen lag. Obwohl ich nicht aus dieser Stadt war, hatte ich auch schon von diesen Tausendsassas gehört. »Die drei sind einfach nicht dranzukriegen«, fuhr Kevin fort. »Sie sind so aalglatt, intelligent und gefährlich wie Haie in der Tiefsee. Die haben sich einfach durch einen Deal mit der Staatsanwaltschaft gerettet und so meine ganzen Ermittlungen zunichtegemacht.«
Ich nickte. Solche Deals gehörten leider zum Geschäft. Doch dass die drei überhaupt zu so einer Taktik gegriffen hatten, machte sie erst recht verdächtig. Denn wer beantragt schon Schutz vor Strafverfolgung, wenn er nichts zu verbergen hat?
Doch letztlich würde die Gerechtigkeit siegen, zumindest hatte das mein Dad immer gesagt, wenn die Verteidigung wieder mit irgendeinem juristischen Winkelzug ankam und dem Gesetz den Stinkefinger zeigte.
Das Leben konnte wirklich ungerecht sein, und ich fragte mich, ob die Glückssträhne von Black, August und Sharp bald ein Ende haben würde. Waren sie wirklich so kriminell, wie Kevin behauptete? Oder waren sie einfach nur brave Bürger, die Insiderwissen weitergaben? Oder irgendwas dazwischen?
Ich hatte nicht die geringste Ahnung, vermutete aber, dass höchstwahrscheinlich Ersteres oder Letzteres zutraf. »Wie weit reicht ihr Schutz vor Strafverfolgung?«, fragte ich.
»Wenn ich meinen Willen bekomme, werden sie sich wünschen, er würde weiter reichen. Ich bin mir absolut sicher, dass sie bis über beide Ohren in irgendwelche dunklen Machenschaften verstrickt sind. Illegales Glücksspiel, Schmuggel, Geldwäsche, Erpressung, Bestechung, Betrug. Die haben überall ihre Finger drin. Aber sie haben einflussreiche Freunde, und ich darf die Sache offiziell nicht weiterverfolgen.« Ich hörte den Frust in seiner Stimme. Er wollte die Kerle unbedingt hinter Gitter bringen, so viel stand fest. Ich hatte damals viele Gründe gehabt, zur Polizei zu gehen, aber mein Hauptanliegen war es, Unschuldige zu beschützen, dem Bösen Einhalt zu gebieten und dafür zu sorgen, dass unser Rechtssystem funktioniert und diejenigen, die dagegen verstoßen, dafür büßen müssen.
Ich ging völlig in meinem Job auf. Er war meine Rache und meine Rettung. Außerdem war ich sehr gut darin.
»Mir sind die Hände gebunden«, sagte er. »Aber dir nicht.« Und damit hatte er recht. Ich legte mir bereits instinktiv eine Strategie zurecht, überlegte, wie ich meinen hübschen Po am besten ins Destiny schummeln, mich mit den Mädels dort anfreunden und Infos über Amy einholen könnte. Wenn ich erst mal drin war, konnte ich mich in aller Seelenruhe umhören und getrost weitere Nachforschungen anstellen.
Ehrlich gesagt, wäre es mir das reinste Vergnügen. Schutz vor Strafverfolgung mag ein notwendiges Übel in der Welt der Rechtsprechung sein, aber ich war mehr als bereit, dem Gesetz ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Und sollte sich herausstellen, dass diese Typen noch mehr Dreck am Stecken hatten, würde es mir eine Freude sein, sie hinter Gitter zu bringen. Und so kam es, dass aus meiner Mission, eine vermisste Stripperin nach Indiana zurückzuholen, eine ausgewachsene, wenn auch inoffizielle Undercover-Aktion wurde. Normalerweise wäre ich einfach ins Destiny gegangen und hätte verkündet, dass ich nach einer Freundin suche. Aber jetzt, wo ich wusste, dass die Eigentümer eventuell in unlautere Machenschaften verwickelt waren, kam dieses Vorgehen nicht mehr infrage. Ich wollte wissen, was genau sie da trieben. Sollten sich die Vorwürfe des Menschenhandels bestätigen, würde ich ihnen eine unliebsame Überraschung bescheren.
Das Einzige, was mir Kopfzerbrechen bereitete, war diese Undercover-Sache. Man sollte meinen, dass es für eine wirklich hübsche Frau – sprich: für mich – nicht weiter schwer sein dürfte, einen Job als Cocktail-Kellnerin in einem Chicagoer Herrenclub zu bekommen. Aber dem war nicht so. Trotz meines fotogenen Gesichts, meiner schönen Brüste und meines knackigen Hinterns hatte man die Bewerbung, die ich gestern ausgefüllt hatte, abgelehnt. Und das, obwohl ich tatsächlich Erfahrung als Bedienung habe!
Was wieder mal meine erste Lebensweisheit unterstreicht: Nichts ist so einfach, wie es sein sollte.
Womit wir gleich bei meiner zweiten Lebensweisheit wären: Nichts ist so, wie es scheint.
Evan Black zum Beispiel: Es war seine Party, auf die ich mich gerade geschummelt hatte, die hochoffizielle Feier seiner Verlobung mit Angelina Raine, Tochter des Senators Thomas Raine, der gute Aussichten hatte, Vizepräsident zu werden.
Ich entdeckte ihn am anderen Ende des Saals: ein Mann zum Niederknien, der den Arm um eine ebenso attraktive Brünette gelegt hatte – das musste Angelina sein. Sie schmiegte sich überglücklich an ihn, während sich die beiden mit zwei anderen Pärchen unterhielten. Alles wirkte äußerst vornehm und gesittet. Aber wenn Kevin recht hatte, war Black nicht derjenige, für den er sich ausgab.
Und was war mit Cole August, Blacks Geschäftspartner, dem Presse und Öffentlichkeit ebenfalls zujubelten, weil er es geschafft hatte, trotz seiner schwierigen Vergangenheit in der berüchtigten Chicagoer South Side zu einem der angesehensten, einflussreichsten Geschäftsmänner der Stadt zu werden? Er sah wirklich zum Dahinschmelzen aus, als er am anderen Ende des Saals mit einem Handy am Ohr auf und ab ging – der Inbegriff des viel beschäftigten Geschäftsmannes.
Nur leider wusste ich, dass August seine dunkle Vergangenheit nicht so weit hinter sich gelassen hatte, wie er vorgab.
Und dann war da noch Tyler Sharp.
»Das ist er!«, hatte Candy gesagt, als ich den Namen erwähnte. »Amy war rettungslos in den Kerl verliebt.«
»Und das beruhte auf Gegenseitigkeit?«
»Keine Ahnung.«
»Aber sie war mit ihm in der Kiste?«
»Ja, ich denke schon. Sie hat zwar nicht gerade Bilder davon auf Facebook gepostet, aber den Typen hätte sie sich niemals entgehen lassen! Und nach dem, was du mir so erzählst …« Obwohl wir bloß telefoniert hatten, sah ich regelrecht vor mir, wie Candy in diesem Moment die Achseln zuckte. Ich wusste genau, was das hieß. Ich hatte mich sehr intensiv mit Tyler Sharp beschäftigt und Candy jede Menge über ihn berichtet. Kurz zusammengefasst: Er hatte eine Schwäche für Frauen, und die würde ich mir zunutze machen! Wenn ich mir schon nicht mithilfe meiner beeindruckenden Servierkünste Zutritt zum Destiny verschaffen konnte, dann eben über diesen Mann.
Mit anderen Worten, ich hatte vor, ihn zu verführen.
Das war sowieso ein deutlich besserer Plan als meine ursprüngliche Idee. Durchs Kellnern hätte ich nur Zutritt zum Club bekommen, mehr nicht. Aber Sex öffnet einem alle möglichen Türen: Bettgeflüster, Zugang zu seinem Computer und was weiß ich noch alles. Wenn ich meine Karten richtig ausspielte, würde ich bald einen Logenplatz für die aufregendste Aufführung der ganzen Stadt haben, egal, ob es darin um illegales Glücksspiel, Schmuggel oder noch viel abscheulichere Dinge ging.
Und sollte sich herausstellen, dass Tyler Amy in irgendwelche schmutzige Sachen hineingezogen hatte, würde ich den Hurensohn glatt kastrieren!
Doch vorher musste ich ihn erst einmal finden.
Er war in den letzten Wochen verreist gewesen, sodass ich ihm nach wie vor noch nicht persönlich begegnet war. Trotzdem würde ich ihn bestimmt sofort erkennen, wenn er den Saal betrat. Wie gesagt – ich hatte meine Hausaufgaben gemacht, und sich Fotos von Tyler Sharp ansehen zu müssen war alles andere als eine Strafarbeit. Der Mann war der reinste Augenschmaus.
Er war über 1,80 groß, hatte eine schlanke, muskulöse Figur und die Sorte dunkelblondes Haar, das im Sommer golden schimmert. Ich wusste, dass seine Geschäftsinteressen breit gefächert waren – und nicht immer legal. Und ich wusste auch, dass er eine schwarze American-Express-Kreditkarte besaß und mindestens ein Dutzend Autos, die er jedoch nur selten fuhr, weil er seine Ducati bevorzugte.
»Sie wirken so verloren.«
Ich hatte gerade in Richtung Eingang geschaut, als ich angesprochen wurde. Ich drehte mich abrupt nach links und erblickte eine langbeinige, braunäugige Blondine. Ihr Haar war so dick und glänzend, dass sie sofort für Shampoo hätte werben können. Sie hielt mir die Hand hin, und ich schlug ohne nachzudenken ein.
»Ich bin Katrina Laron – Kat«, sagte sie und zeigte mit dem Daumen auf Angelina Raine. »Ich bin die beste Freundin der Braut, also eine Art Gastgeberin. Und Sie sind …?« Sie lächelte höflich, blieb aber auf der Hut. Bestimmt wusste sie ganz genau, dass ich keine Einladung hatte.
Na super.
»Sloane O’Dell«, sagte ich und nannte den Mädchennamen meiner Mutter statt Watson, meinen richtigen Nachnamen.
»Und mit wem sind Sie hier? Ich glaube, ich kenne alle auf Linas Gästeliste, Sie müssen also eine Freundin von Evan sein.« Wieder dieses höfliche Lächeln. Wieder diese Vorsicht.
»Ich bin ehrlich gesagt auf der Suche nach Tyler«, gestand ich und war sehr stolz auf mich, dass ich es schaffte, gleichzeitig die Wahrheit zu sagen und zu lügen.
»Ach wirklich?« Sie hob die Brauen. »Freund oder Feind?«
»Wie bitte?« Ich ließ mir nichts anmerken und konnte nur hoffen, dass meine eher blasse Haut nicht rot wurde.
»Zufällig weiß ich, dass Tyler ohne Begleitung hier ist. Und wenn Sie weder zu Angelinas noch zu Evans Gästen gehören …«
Scheiße, scheiße, scheiße.
»Ich dachte, ich probier’s einfach mal«, sagte ich und entschied mich erneut dafür, ehrlich zu sein. »Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass er mich sehen will.« Na gut, in diesem Punkt bluffte ich natürlich.
»Hören Sie, ich möchte nicht unangenehm werden, aber Tyler kann sich über mangelnde weibliche Aufmerksamkeit weiß Gott nicht beklagen, und er legt großen Wert auf seine Privatsphäre.« Sie zuckte die Achseln. »Also würden Sie mir bitte schön verraten, wie Sie darauf kommen, dass er Sie sehen will?«
»Eigentlich nicht, nein.«
Sie musterte mich eindringlich, versuchte irgendwie schlau aus mir zu werden. Dann griff sie nach einem Glas Wein auf dem Tablett eines vorbeieilenden Kellners und nahm einen ausgiebigen Schluck. »Verstehe. Dann wollen wir uns mal nach ihm auf die Suche machen.«
»Das tue ich doch schon den ganzen Abend«, bemerkte ich trocken.
»Er ist gerade erst eingetroffen, kurz bevor ich mich höflich nach dem Grund für Ihre Anwesenheit erkundigt habe. Warten Sie!«, sagte sie, während sie auf die Zehenspitzen ging und jemandem zuwinkte. »Ich sehe ihn.« Ich verrenkte mir den Hals, aber da ich bestimmt zehn Zentimeter kleiner war als Kat, wusste ich nicht, ob es ihr gelungen war, ihn auf sich aufmerksam zu machen.
Die Zeit zog sich hin wie Kaugummi, und ich dachte schon, er hätte sie entweder nicht gesehen oder beschlossen, sie zu übersehen. Doch dann sah ich dieses goldene Schimmern, als Licht auf sein Haar fiel. Er trug einen lässigen anthrazitfarbenen Anzug. Der raffinierte Schnitt und der teure Stoff bildeten einen starken Kontrast zu seinem leicht zerzausten Haar, das für einen Geschäftsmann einen Tick zu lang war. Er hatte es zurückgebunden, was seine markanten Wangenknochen und sein Kinn nur noch mehr betonte.
Seine blauen Augen passten hervorragend zu seinem goldblonden Haar und ließen einen sofort an Sonne und Strand, an wilde Tage und noch wildere Nächte denken. Seine ganze Erscheinung strahlte eine verwegene Unbekümmertheit aus, was durch seine Bartstoppeln nur noch betont wurde. Zu meinem Entsetzen musste ich mich schwer beherrschen, nicht die Hand auszustrecken und ihm über die Wange zu streichen.
Er umrundete den Brunnen und bahnte sich seinen Weg mit dem Selbstbewusstsein durch die Menge, das man nur hat, wenn man sich seiner Coolness überaus bewusst ist.
»Tyler!«, rief Kat erneut, und ich verspürte den irrwitzigen Drang, ihr den Mund zuzuhalten. Ich war gekommen, um mich an diesen Mann heranzumachen. Aber im Moment fühlte ich mich alles andere als gut darauf vorbereitet.
Ich hatte schon vorher gewusst, dass Tyler Sharp zu den begehrenswertesten Exemplaren des männlichen Geschlechts überhaupt zählte. Doch nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass ich so heftig und impulsiv auf diesen Mann reagieren würde.
Am liebsten hätte ich mich hinter dem Vorhang versteckt oder wäre auf und davon gestürmt. Irgendwohin, wo ich wieder zur Vernunft kommen konnte. Aber das ging leider nicht. Er hatte uns bereits gesehen, und obwohl er Kat zunickte, galt sein Interesse eindeutig mir. Unsere Blicke trafen sich, und das genügte, dass meine Knie weich wurden. Ich war vollkommen durcheinander. Noch nie zuvor war ich Tyler Sharp begegnet, ich hatte ihn nur auf Fotos gesehen, in der Zeitung über ihn gelesen und mich mit Kollegen über ihn unterhalten. Aber in diesem Augenblick hatte ich das Gefühl, ihn schon eine Ewigkeit zu kennen.
Keine Ahnung, was ich davon halten sollte. Aber im Moment fühlte es sich einfach nur gut an.
Er blieb vor uns stehen, und ich riss mich mit aller Macht zusammen.
Ich gehörte eigentlich nicht zu den Frauen, die angesichts eines tollen Typen die Nerven verlieren. Zumindest nicht bis zu diesem Augenblick.
Als er mich ansah, verzogen sich seine sinnlichen Lippen zu einem Schmunzeln – so als hätte er gerade etwas sehr Köstliches probiert. Und diese Köstlichkeit war ich. Ich bekam Gänsehaut, verspürte ein Prickeln am ganzen Körper, das mich völlig aus dem Konzept brachte, mir aber alles andere als unangenehm war.
Ich nahm all meine Kräfte zusammen, straffte die Schultern und erwiderte kühl seinen Blick, versuchte wenigstens ansatzweise, die Kontrolle zu bewahren.
»Sloane hat dich gesucht«, sagte Kat.
»Tatsächlich?« Er ließ mich nicht aus den Augen, und eine Sekunde lang glaubte ich, er müsste nur einen Schritt näher kommen, und ich würde in seinen Augen ertrinken. »Seltsam«, sagte er. »Denn das ist genau die Frau, nach der ich suche.«
2
Denn das ist genau die Frau, nach der ich suche.
Seine Worte schienen mich zu liebkosen, und sofort war es um mich geschehen.
Doch dieser Moment der Schwäche war schnell wieder vorbei, schließlich war ich eine erfahrene Polizistin und nicht umsonst seit frühester Jugend durch und durch zynisch. Tyler Sharp war ein Schwindler, ein Frauenheld, wenn nicht noch Schlimmeres. Er wusste genau, wie man einer Frau schmeichelt, wie man sie verführt. Wie man ihr das Gefühl gibt, etwas ganz Besonderes zu sein, und wie man sie erregt. Aber er hatte mit Sicherheit nicht nach mir gesucht. Er war wochenlang unterwegs gewesen, und ich hatte soeben erfahren, dass er erst heute Nachmittag nach Chicago zurückgekehrt war. So gesehen hatte er bestimmt keine Augen für mich gehabt.
Und darüber konnte ich froh sein. Denn wenn Tyler jetzt auf einmal doch Augen für mich hatte, sollte er nur sehen, was ich preisgeben wollte.
So als könnte er Gedanken lesen, verschlang er mich mit seinen Blicken. Er musterte mich von meinen frisch lackierten, knallrosa Fußnägeln an aufwärts – und zwar so eindringlich, dass ich mich schwer zusammenreißen musste, nicht zu zittern. Als sich unsere Blicke erneut trafen, stockte mir beinahe der Atem angesichts der Leidenschaft, die in seinen eisblauen Augen loderte. Sie war dermaßen intensiv, dass sie wäre ich splitterfasernackt vor ihm gestanden, ohne jedes Geheimnis.
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