Warren Buffett: Sein Weg. Seine Methode. Seine Strategie. - Robert G. Hagstrom - E-Book

Warren Buffett: Sein Weg. Seine Methode. Seine Strategie. E-Book

Robert G. Hagstrom

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Beschreibung

In der komplett überarbeiteten, dritten Aufl age seines Bestsellers (über 1,2 Millionen verkaufte Exemplare) stellt Robert G. Hagstrom Warren Buffetts Investment-Methode vor und verdeutlicht sie anhand vieler Beispiele. Alle wichtigen Käufe in der Karriere von Warren Buffett werden skizziert und analysiert. Auch ganz normale Investoren können so von der Erfahrung und den Erfolgen des größten Investors aller Zeiten profitieren. Hagstrom wirft einen Blick auf den Menschen Buffett und seinen Ansatz des Value Investing, den er weltweit populär gemacht hat. In der dritten Auflage werden außerdem die neuesten Akquisitionen und Investitionen unter die Lupe genommen. Neu ist ebenfalls der Themenkomplex Behavioral Finance: Wie kann ich als Investor all jene psychologischen Fallen umgehen, die einem langfristigen Anlageerfolg im Weg stehen?

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ROBERT G. HAGSTROM

3., komplett überarbeitete Ausgabe

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel„The Warren Buffett Way“ 3rd EditionISBN 978-1-118-50325-6

Copyright der Originalausgabe 2014:

Copyright © 2014 by Robert G. Hagstrom. All rights reserved.

Published by John Wiley & Sons, Inc., Hoboken, New Jersey.

All Rights Reserved. This translation published under license withthe original publisher John Wiley & Sons, Inc.

Copyright der deutschen Ausgabe 2016:

© Börsenmedien AG, Kulmbach

Übersetzung: Egbert Neumüller

Gestaltung Cover: Johanna Wack

Gestaltung und Satz: Sabrina Slopek

Herstellung: Daniela Freitag

Lektorat: Claus Rosenkranz

ISBN 978-3-86470-375-1eISBN 978-3-86470-379-9

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks,der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbankenoder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Postfach 1449 • 95305 Kulmbach

Tel: +49 9221 9051-0 • Fax: +49 9221 9051-4444

E-Mail: [email protected]

www.boersenbuchverlag.de

www.facebook.com/boersenbuchverlag

INHALT

Vorwort von Howard MarksDie Ausnahme

Vorwort von Bill MillerZur zweiten Ausgabe

Vorwort von Peter S. LynchZur ersten Ausgabe

Einführung von Kenneth L. Fisher

Vorrede

1 Ein Fünf-Sigma-Ereignis –Der größte Anleger der Welt

Persönliches und Anfänge als Investor

Buffett Partnership Ltd.

Berkshire Hathaway

Versicherungen

Der Mann und sein Unternehmen

Ein Fünf-Sigma-Ereignis

2 Warren Buffetts Ausbildung

Benjamin Graham

Philip Fisher

Charlie Munger

Eine Mischung geistiger Einflüsse

3 Ein Unternehmen kaufen –Die zwölf unverrückbaren Grundsätze

Unternehmensbezogene Grundsätze

Managementgrundsätze

Finanzgrundsätze

Marktgrundsätze

Anatomie der langfristigen Aktienkursentwicklung

4 Aktienkäufe –Neun Fallstudien

The Washington Post Company

GEICO Corporation

Capital Cities/ABC

The Coca-Cola Company

General Dynamics

Wells Fargo & Company

American Express Company

International Business Machines

H. J. Heinz Company

Ein gemeinsames Thema

5 Portfoliomanagement –Die Mathematik der Geldanlage

Die Mathematik des Fokus-Investings

Fokus-Anleger in Graham-and-Doddsville

6 Die Psychologie der Geldanlage

Die Schnittmenge von Psychologie und Ökonomie

Die Behavioral Finance

Und auf der anderen Seite: Warren Buffett

Weshalb die Psychologie so wichtig ist

7 Geduld ist wertvoll

Langfristig gedacht

Rationalität: Der entscheidende Unterschied

Langsam wandernde Ideen

System 1 und System 2

Mangelhafte geistige Ausstattung

Zeit und Geduld

8 Der größte Anleger der Welt

Buffett privat

Der Buffett-Vorteil

Denken wie Warren Buffett

Finden Sie Ihren eigenen Weg

Anhang

Anmerkungen

Danksagungen

Über die Website

Über den Autor

VORWORT VON HOWARD MARKS

DIE AUSNAHME

W as ist für Warren Buffetts außerordentlichen Anlageerfolg verantwortlich? Das ist eine der Fragen, die mir am häufigsten gestellt werden. Und diese Frage möchte ich auch in diesem Vorwort behandeln.

Als ich Ende der 1960er-Jahre MBA-Student an der University of Chicago war, kam ich mit einer neuen Finanztheorie in Berührung, die vor allem dort in den Jahren davor entwickelt worden war. Einer der wichtigsten Bestandteile der „Chicagoer Schule“ war die Markteffizienzhypothese. Laut dieser Hypothese führen die kombinierten Bemühungen von Millionen intelligenter, motivierter, objektiver und informierter Anleger dazu, dass sich Informationen unverzüglich in den Marktpreisen niederschlagen, sodass die Anlagen eine faire risikobereinigte Rendite bieten, nicht mehr und nicht weniger. Demnach sind die Preise nie so niedrig oder so hoch, dass die Anleger daraus Vorteil ziehen können – und darum ist kein Anleger in der Lage, konsequent nutzbringende Gelegenheiten zu finden. Dank dieser Hypothese kam das berühmteste Diktum der Chicagoer Schule auf: Man kann den Markt nicht schlagen.

Die Markteffizienzhypothese ist die intellektuelle Basis dieser Schlussfolgerung und sehr viele empirische Daten zeigen, dass die meisten Anleger den Markt nicht schlagen. Das spricht recht deutlich dafür, dass niemand zur Outperformance in der Lage ist.

Es ist aber nicht so, dass kein Anleger den Markt schlagen würde. Ab und zu tun es einige und genauso viele weisen eine Underperformance auf. Die Kraft der Markteffizienz ist eben nicht so groß, dass die Renditen einzelner Anleger nicht von der Marktrendite abweichen könnten. Es wird lediglich behauptet, niemand schaffe das in ausreichendem Maße und so konsequent, dass er dadurch die Markteffizienzhypothese widerlegen würde. Wie bei den meisten Prozessen gibt es auch hier Ausreißer, aber ihre überlegenen Renditen werden als zufällig und somit kurzlebig beschrieben. In meiner Jugend kursierte der Ausspruch: „Wenn man genug Schimpansen mit Schreibmaschinen in einen Raum sperrt, tippt irgendwann einer von ihnen die Bibel.“ Soll heißen, wenn Zufälligkeit vorliegt, kann ab und zu eigentlich alles passieren. Meine Mutter sagte hingegen immer: „Ausnahmen bestätigen die Regel.“ Eine allgemeine Regel mag nicht zu 100 Prozent gelten, aber die Tatsache, dass Ausnahmen so selten sind, bezeugt, dass sie grundsätzlich stimmt. Jeden Tag beweisen Millionen von Anlegern – Amateure und Profis gleichermaßen –, dass man den Markt nicht schlagen kann.

Und dann gibt es noch Warren Buffett.

Er und ein paar andere legendäre Anleger – unter anderem Benjamin Graham, Peter Lynch, Stan Druckenmiller, George Soros und Julian Robertson – weisen Performance-Bilanzen auf, die für die Chicagoer Schule ein Schlag ins Gesicht sind. Sie haben über ausreichend lange Zeiträume die Marktperformance mit einem so großen Abstand und mit so großen Geldbeträgen übertroffen, dass die Verfechter der Markteffizienz dadurch in die Defensive gedrängt werden. Ihre Erfolgsbilanzen beweisen, dass Ausnahmeanleger den Markt durch Geschick schlagen können, nicht nur durch Glück.

Vor allem im Falle von Warren Buffett lassen sich die Belege nur schwer bestreiten. An einer Wand seines Büros hängt die von ihm selbst geschriebene Aussage, dass er The Buffett Partnership 1965 mit 105.000 Dollar gegründet hat. Seit damals hat er so viel zusätzliches Kapital angelockt und damit so hohe Renditen erzielt, dass Berkshire Hathaway heute ein Anlagevermögen von 143 Milliarden Dollar und ein Gesamtvermögen von 202 Milliarden Dollar besitzt. Seit vielen Jahren lässt er die Indizes weit hinter sich. Und im Zuge dessen wurde er zum zweitreichsten Mann Amerikas. Wobei diese Errungenschaft nicht wie bei vielen anderen aus der Forbes-Liste auf dynastischem Immobilienvermögen oder auf einer einzigartigen technischen Erfindung basiert, sondern darauf, dass er harte Arbeit und Geschick auf die Anlagemärkte verwendet, die jedermann offen stehen.

Was liegt nun Buffetts einmaligen Leistungen zugrunde? Meiner Ansicht nach sind dies die Schlüsselfaktoren:

■Er ist super-intelligent. Eines der vielen Bonmots, die Warren Buffett zugeschrieben werden: „Wenn du einen IQ von 160 hast, verkaufe 30 Punkte. Du brauchst sie nicht.“ Wie Malcolm Gladwell in seinem Buch „Überflieger“ schrieb, braucht man, um sehr erfolgreich zu sein, kein Genie zu sein, bloß schlau genug. Außerdem steigert zusätzliche Intelligenz die Chancen nicht unbedingt. Es gibt ja Menschen, die so intelligent sind, dass sie sich selbst im Wege stehen oder den Weg zum Erfolg (und zum Glück) im richtigen Leben nicht finden. Ein hoher IQ reicht nicht, um jemanden zum großartigen Anleger zu machen, denn wenn dem so wäre, dann wären College-Professoren wahrscheinlich die reichsten Menschen Amerikas. Man muss auch geschäftstüchtig sein und „Köpfchen“ oder „Bauernschläue“ besitzen.

Ich habe den leisen Verdacht, dass Buffetts IQ weit über 130 liegt ... und dass er sich keineswegs bemüht, die „unwichtigen“ zusätzlichen Punkte loszuwerden. Seine Fähigkeit, den Kern einer Frage zu isolieren, wohlbegründete Schlüsse zu ziehen und daran selbst dann festzuhalten, wenn sich das Geschehen zunächst gegen ihn wendet – das alles sind Schlüsselelemente seiner Person und seiner Leistungen. Kurz gesagt: Er ist extrem analytisch.

Und er ist unglaublich schnell. Er braucht keine Tage oder Wochen, um zu einer Schlussfolgerung zu gelangen. Er braucht auch keinen Analystenkader, der Zahlen verdreht. Er hat nicht das Bedürfnis, alle Einzelinformationen zu kennen und zu berücksichtigen: nur die, auf die es ankommt. Und er hat ein tolles Gespür dafür, welche das sind.

■Er ist von einer übergeordneten Philosophie geleitet. Viele Anleger meinen, sie seien so klug, dass sie alles im Griff haben – zumindest verhalten sie sich so. Außerdem meinen sie, die Welt verändere sich ständig und deshalb müsse man ständig seine Methode ändern, um sich daran anzupassen. Man müsse sich beeilen, um mit den neuesten Wundern Schritt zu halten. Das Dumme daran ist nur, dass niemand wirklich alles weiß, dass es schwierig ist, sich ständig umzustellen und neue Tricks zu lernen, und dass eine solche Einstellung einen daran hindert, Fachwissen zu erwerben und nützliche Abkürzungen zu erlernen.

Buffett hingegen weiß, was er nicht weiß. Er hält sich an das, was er weiß, und überlässt den Rest anderen. Das ist von wesentlicher Bedeutung und schon Mark Twain hat gesagt: „Nicht das, was man nicht weiß, bringt einen in Schwierigkeiten, sondern das, was man mit Sicherheit weiß, das aber einfach nicht stimmt.“ Buffett investiert nur in Branchen, die er versteht und mit denen er sich wohlfühlt. Er konzentriert sich auf recht prosaische Gebiete und meidet beispielsweise Hightech-Unternehmen. Er ist berühmt dafür, dass er Dinge ignoriert, die außerhalb seiner Philosophie und seines Horizonts liegen. Und vor allen Dingen kann er damit leben, dass die Dinge, die er ignoriert, womöglich anderen Leuten Geld bringen und er ihnen dabei nur zuschauen kann. (Die meisten Menschen können das nicht.)

■Er ist geistig flexibel. Dass man sich von einer bestimmten Philosophie leiten lassen sollte, bedeutet nicht, dass es nie gut wäre, sich zu ändern. Es kann sinnvoll sein, sich an wesentlich veränderte Umstände anzupassen. Es kann sogar sein, dass man dabei auf eine bessere Philosophie stößt. Entscheidend ist, dass man weiß, wann man sich ändern und wann man standhaft bleiben muss.

Am Anfang seiner Laufbahn übernahm Buffett die Methode seines großen Lehrmeisters Benjamin Graham. Dessen Ansatz waren „verborgene Werte“ – er kaufte Verstoßene, wenn sie praktisch verschenkt wurden, vor allem wenn er die Unternehmen für weniger als ihren Barbestand kaufen konnte. Manchmal hieß es abschätzig, er lese „Zigarrenstummel“ auf. Doch nach einer Weile legte Buffett, unter anderem auf Drängen seines Partners Charlie Munger, mehr Wert darauf, hochwertige Unternehmen mit schützenden „Burggräben“ und Preissetzungsmacht zu suchen, die von herausragenden Menschen geleitet werden und zu vernünftigen Preisen (aber nicht unbedingt geschenkt) zu haben sind.

Lange Zeit gehörte es zu Buffetts Ansatz, dass er vor kapitalintensiven Unternehmen zurückscheute, aber er überwand diese Neigung und kaufte nach dem Finanzkollaps 2008 die Eisenbahngesellschaft Burlington Northern Santa Fe, weil sie auf die konjunkturelle Entwicklung reagierte und die Aussicht bestand, dass der Bahngüterverkehr zunehmen würde.

Eine Philosophie sollte der Orientierung dienen, aber nicht zur Erstarrung führen. Dieses Dilemma ist – wie so vieles andere bei der Geldanlage – schwer in den Griff zu bekommen. Warren Buffett schreckt vor der Herausforderung nicht zurück, sich einerseits nicht mit jeder neuen Mode zu ändern und andererseits sein Denken nicht in Beton erstarren zu lassen.

■Er ist emotionslos. Vieles, was dem Anlageerfolg entgegensteht, hat mit menschlichen Emotionen zu tun. Der Hauptgrund, weshalb die Markteffizienzhypothese gescheitert ist, besteht darin, dass Anleger meist das Kriterium der Objektivität nicht erfüllen. Die meisten werden gierig, selbstsicher und euphorisch, wenn die Kurse hoch sind, sodass sie ihre Gewinner feiern und nachkaufen, anstatt ihre Gewinne mitzunehmen. Sie sind deprimiert und furchtsam, wenn die Kurse niedrig sind, sodass sie Investments zu Schleuderpreisen verkaufen und sich unweigerlich vom Kaufen abbringen lassen. Und was vielleicht das Schlimmste ist: Sie haben die fürchterliche Neigung, ihren Erfolg am Erfolg anderer zu messen und sich vom Neid auf den Erfolg anderer dazu verleiten zu lassen, nur weil andere es tun, zusätzliche Risiken einzugehen. Neid reicht aus, um Menschen zu veranlassen, der Meute nachzulaufen und sogar in Dinge zu investieren, von denen sie keine Ahnung haben.

Buffett scheint gegen solche emotionalen Einflüsse absolut gefeit zu sein. Weder freut er sich übermäßig, wenn die Anlagen zulegen, noch ist er deprimiert, wenn sie es nicht tun. Für ihn definiert sich der Erfolg ganz klar durch ihn selbst, nicht durch die Massen oder die Medien. Es ist ihm egal, ob andere der Meinung sind, er liege richtig, oder ob seine Anlageentscheidungen sofort den Anschein erwecken, er liege richtig. (Anfang 2000 wurde geschrieben, er habe „seine Blütezeit hinter sich“, weil er sich nicht an dem Boom beteiligte, der sich später als Technologieblase entpuppte, aber er blieb dabei.) Ihn interessiert nur, was er denkt (und was Charlie Munger denkt) ... und ob seine Aktionäre Geld verdienen.

■Er ist konträr und bricht mit Traditionen. Während der typische Anleger meint, er müsse der Masse folgen, obwohl diese für emotionale Fehler anfällig ist, verhalten sich die besten Anleger konträr und scheren im entscheidenden Moment aus der Herde aus. Das Gegenteil der anderen zu tun reicht aber nicht aus. Man muss auch wirklich verstehen, was sie tun und weshalb es falsch ist. Man muss wissen, was man stattdessen tun sollte, und die Courage haben, gegenteilig zu handeln. (Man muss die von Yale-Professor David Swensen so genannten „unbequem eigenwilligen Positionen“ einnehmen.) Und man muss den Anschein aushalten, man irre sich fürchterlich, bis das Schiff wendet und beweist, dass man recht hatte. Dabei kann man das Gefühl haben, es werde ewig dauern. Das passt zu dem alten Sprichwort: „Ob man seiner Zeit zu weit voraus ist oder sich irrt, lässt sich nicht unterscheiden.“ Nehmen Sie das alles zusammen, dann wird klar, dass es nicht leicht ist.

Es liegt auf der Hand, dass Warren Buffett sehr gut in der Lage ist, sich konträr zu verhalten. Er schrieb mir einmal, er habe es erlebt, dass der Markt hochverzinslichen Anleihen Preise wie für Blumen beilegt, und er habe es erlebt, dass er ihnen Preise wie für Unkraut beilegt. „Mir gefielen sie besser, als sie Unkraut waren.“ Der konträre Anleger kauft die Dinge lieber dann, wenn sie in Ungnade gefallen sind. Und Buffett tut das wie kein anderer.

■Er ist antizyklisch. Bei der Geldanlage hat man es mit der Zukunft zu tun und doch akzeptieren viele der besten Anleger, dass sie nicht vorhersagen können, welche konjunkturellen Entwicklungen, Zinsen und Kursschwankungen die Zukunft bereithält. Wenn wir das, worauf sich die meisten Menschen stützen wollen, nicht hervorragend beherrschen, was können wir dann tun? Meines Erachtens bringt es großen Gewinn, sich antizyklisch zu verhalten.

Es fällt emotional leicht zu investieren, wenn die Konjunktur anzieht, wenn die Unternehmen höhere Gewinne melden, wenn die Anlagepreise steigen und es belohnt wird, dass man Risiken eingeht. Aber der Kauf von Anlagen, die bereits gestiegen sind, ist nicht der Schlüssel zu überlegenen Anlageergebnissen. Vielmehr bekommt man die größten Schnäppchen, indem man dann kauft, wenn die Konjunktur und die Unternehmen leiden: Das ist wohl eher das Klima, in dem die Preise von Anlagen deren Verdienste untertreiben. Aber auch das ist nicht leicht.

Buffett hat zum wiederholten Mal bewiesen, dass er in der Lage ist – und es eigentlich sogar am liebsten tut –, am Tiefpunkt des Zyklus zu investieren, also dann, wenn es an Optimismus mangelt. Dass er inmitten der Finanzkrise 2008 je fünf Milliarden Dollar in zehnprozentige Vorzugsaktien von Goldman Sachs und von General Electric sowie 2009 34 Milliarden Dollar in die konjunktursensible Bahngesellschaft Burlington Northern investiert hat, sind Paradebeispiele dafür. Jetzt, im Nachhinein, liegt es auf der Hand, dass diese Investitionen klug waren, aber wie viele agierten genauso wagemutig, als die Furcht vor einem Finanzkollaps grassierte?

■Er nimmt eine langfristige Perspektive ein und kümmert sich nicht um Schwankungen. In den 45 Jahren, die ich im Geschäft bin, wurden die Zeithorizonte der Anleger immer kürzer. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Medien den Anlageergebnissen immer mehr Aufmerksamkeit schenken (in den 1960er-Jahren schenkten sie ihnen noch keinerlei Aufmerksamkeit), dass sie dadurch die Investoren und ihre Kunden anstecken – und an dem Streben nach alljährlichen Gewinnen, das durch die jährlichen erfolgsabhängigen Gebühren der Hedgefonds eingeführt wurde. Doch wenn es andere Menschen zulassen, dass ihr Denken und Handeln von unsinnigen Vorlieben beeinflusst wird, können wir davon profitieren, indem wir diese Vorlieben meiden. Die übertriebene Konzentration der meisten Anleger auf Quartals- und Jahresergebnisse beschert somit denjenigen, die in längeren Zeiträumen denken, Profitgelegenheiten.

Warren Buffett ist bekannt für Aussagen wie die, dass seine „Haltezeit ewig“ sei und dass ihm „unsanfte 15 Prozent im Jahr lieber als 12 sanfte Prozent“ seien. Dadurch kann er über lange Zeiträume an guten Ideen festhalten, in denen sich seine Gewinne steuerfrei akkumulieren können – anstatt das Portfolio jedes Jahr umzuschichten und den kurzfristigen Steuersatz zu bezahlen. Außerdem trägt das dazu bei, dass er in volatilen Zeiten nicht rausfliegt, sondern sie vielmehr ausnutzt. Tatsächlich legt er keinen Wert auf Liquidität und die Möglichkeit, aus Investments vorteilhaft auszusteigen; vielmehr geht aus seinem Handeln deutlich hervor, dass er mit Investments glücklich ist, die er nicht flüssig machen könnte.

■Er scheut sich nicht, massiv auf seine besten Ideen zu setzen. Seit langer Zeit spielt die Diversifizierung in der sogenannten vorsichtigen Anlageverwaltung eine führende Rolle. Sie senkt die Wahrscheinlichkeit, dass man große Einzelverluste erleidet (oder verklagt wird, weil man zu viel in einer Verlustposition angelegt hat). Doch während eine hochgradige Diversifizierung einerseits den Schmerz lindert, den verlustbringende Anlagen verursachen, vermindert sie andererseits auch die potenziellen Gewinne aus erfolgreichen Positionen.

Wie so viele andere Dinge sieht Warren Buffett auch die Diversifizierung etwas anders: „Unsere Strategie verbietet es, dass wir uns an das gängige Diversifizierungsdogma halten. Viele Gelehrte würden sagen, deshalb müsse diese Strategie riskanter sein als die von eher konventionellen Anlegern. Wir sind jedoch der Meinung, dass das Verfahren der Portfoliokonzentration das Risiko durchaus senken kann, wenn es – wie es sein sollte – sowohl die Intensität steigert, mit der sich ein Anleger Gedanken zu einem Unternehmen macht, als auch das Wohlfühlniveau, das er von den ökonomischen Merkmalen eines Unternehmens verlangt, bevor er sich daran beteiligt.“

Warren Buffett ist klar, dass großartige Ideen einem nur selten über den Weg laufen. Deshalb legt er die Messlatte stets hoch und investiert nur in großartige Ideen, aber wenn er eine erkennt, dann setzt er im großen Stil darauf. Er engagiert sich also beträchtlich für diejenigen Unternehmen und Menschen, von denen er überzeugt ist; er besitzt nichts bloß deswegen, weil andere es besitzen und er befürchtet, das Unternehmen könnte eine gute Performance bringen, ohne dass er mit von der Partie ist; und er lehnt es ab, zum Zweck der Diversifizierung Anlagen zu kaufen, von denen er weniger hält, nur um die Auswirkungen von Fehlern zu dämpfen – er praktiziert also nicht das, was er als „de-worsification“ bezeichnet, er verzettelt sich nicht. Offenkundig sind alle diese Dinge unverzichtbar, wenn man eine Chance auf großartige Ergebnisse haben will. Aber das ändert nichts daran, dass sie im Portfoliomanagement nicht die Regel sind, sondern die Ausnahme.

■Er bleibt gerne untätig. Allzu viele Anleger verhalten sich so, als gäbe es jederzeit etwas Tolles zu tun. Vielleicht meinen sie auch, sie müssten den Eindruck erwecken, sie seien dermaßen klug, dass sie immer in der Lage sind, ein glänzendes Investment zu finden. Aber großartige Anlagechancen sind Ausnahmen ... und das bedeutet per Definition, dass sie nicht jeden Tag auftauchen.

Buffett ist berühmt dafür, dass er gerne über lange Zeiträume untätig bleibt und dass er ein Geschäft nach dem anderen ablehnt, bis dann das richtige daherkommt. Berühmt ist sein Vergleich mit Ted Williams, einem der besten Baseball-Schlagmänner, der mit dem Schläger auf der Schulter am Schlag steht und den perfekten Wurf abwartet; das verdeutlicht, dass Buffett konsequent nur dann investiert, wenn die Anlage unwiderstehlich ist. Wer würde schon behaupten, es böten sich ständig gute Deals und die Zeit für Investments sei immer gleich gut?

■Er hat keine Angst, seinen Job zu verlieren. Nur sehr wenige Anleger können immer das tun, was sie für richtig halten. Viele können nur eingeschränkt illiquide, umstrittene oder unansehnliche Anlagen kaufen, steigende Anlagen verkaufen, von denen „jeder“ mit Sicherheit weiß, dass sie noch weiter steigen werden, oder ihr Portfolio auf ihre wenigen besten Ideen konzentrieren. Warum? Weil sie die Konsequenzen fürchten, die es hat, wenn sie sich irren.

Die „Vertreter“, die Geld für andere Leute verwalten, befürchten, dass wagemutiges Handeln die Gefahr mit sich bringt, dass ihr Arbeitgeber ihnen kündigt oder dass ihnen die Kunden weglaufen. Deshalb halten sie sich zurück und tun nur, was als vorsichtig gilt und nicht umstritten ist. Diese Tendenz veranlasste John Maynard Keynes zu der Bemerkung: „Die Weltklugheit lehrt, dass es für die Reputation besser ist, konventionell zu scheitern als unkonventionell Erfolg zu haben.“ Aber diese Tendenz bringt ein großes Dilemma mit sich: Wenn man nicht bereit ist, eine Position einzugehen, die so gewagt ist, dass sie einen im Falle des Scheiterns in Verlegenheit bringen würde, ist es gleichermaßen unmöglich, eine Position einzugehen, die wirklich etwas bringt, wenn sie funktioniert. Großartige Anleger sind in der Lage, ihren Schlussfolgerungen Taten folgen zu lassen. Kurz gesagt: Sie trauen sich, großartig zu sein.

Warren Buffett braucht natürlich keine Angst zu haben, dass ihn sein Arbeitgeber entlässt. Seine Stellung ist so sicher, wie es nur geht, und das Gleiche gilt für sein Kapital. Es gibt keine Kunden, die ihr Kapital abziehen und ihn zwingen könnten, bei einem Crash Anlagen zu Schleuderpreisen zu verscherbeln. Diese einfache Tatsache spielt für den Erfolg jedes großartigen Anlegers eine wesentliche Rolle und ich bin sicher, es ist kein Zufall, dass Buffett die Dinge so eingerichtet hat: Er wechselte von einer Hedgefonds-Struktur zur unternehmerischen Holding-Struktur von Berkshire Hathaway. Und anders möchte er es nicht haben.

Natürlich hat Warren Buffett noch viele andere Eigenschaften mit anderen herausragenden Investoren gemeinsam. Er ist fokussiert, diszipliniert und zielgerichtet; er arbeitet fleißig; er kann sehr gut rechnen und logisch denken; er sammelt begierig Informationen, sowohl durch Lektüre als auch über den Kontakt mit Menschen, die er respektiert; und er investiert, weil es ihm Spaß macht, die komplexe intellektuelle Problemstellung zu lösen, die dies darstellt, nicht um berühmt zu werden oder um Geld zu verdienen. Ich bin sicher, diese beiden Punkte sind Nebenprodukte seiner Bemühungen, nicht ihr Ziel.

Theoretisch hätten viele andere das schaffen können, was Warren Buffett in den letzten 60 Jahren geschafft hat. Die hier aufgezählten Eigenschaften sind selten, aber nicht einmalig. Und jede einzelne ist absolut sinnvoll; wer würde sich gegen irgendeine dieser Prämissen argumentieren wollen? Allerdings können nur wenige Menschen sie alle in sich vereinigen und sich zunutze machen. Die Kombination aller dieser Eigenschaften – und dazu noch das nicht greifbare „gewisse Etwas“, das einen besonderen Menschen besonders macht – ist das, was Warren Buffett in die Lage versetzt, so außerordentlich erfolgreich „Warren Buffett: Sein Weg. Seine Methode. Seine Strategie.“ umzusetzen.

Howard MarksIm Juli 2013

VORWORT VON BILL MILLER

ZUR ZWEITEN AUSGABE

Als Robert Hagstrom im Jahr 1994 „Warren Buffett“ veröffentlichte, wurde das Buch schnell zu einem Phänomen. Bisher wurden mehr als 1,2 Millionen Exemplare verkauft. Die Popularität des Buches zeugt von der Genauigkeit seiner Analyse und von dem Wert seiner Ratschläge.

Wenn die Sprache auf Warren Buffett kommt, kann man sich leicht von der schieren Größe der Zahlen überwältigen lassen. Während die meisten Anleger in Dimensionen von Hunderten oder vielleicht Tausenden denken, bewegt sich Buffett in einer Welt der Millionen und Milliarden. Das heißt aber nicht, dass er uns nichts beibringen könnte. Ganz im Gegenteil. Wenn wir uns anschauen, was er gemacht hat und was er macht, und wenn wir in der Lage sind, das dahinterstehende Denken zu erkennen, können uns seine Entscheidungen als Leitfäden dienen.

Das ist der tief greifende Beitrag von Roberts Buch. Er hat Warren Buffetts Taten, Worte und Entscheidungen einige Jahre lang genau studiert und sich dann daran gemacht, sie auf rote Fäden hin zu analysieren. Für dieses Buch hat er aus diesen roten Fäden zwölf Grundsätze herausdestilliert – zeitlose Prinzipien, die Warren Buffetts Investmentphilosophie unter allen Umständen und in allen Marktlagen leiten. Auf die gleiche Art können sie jeden beliebigen Anleger leiten.

Roberts Werk verdankt seinen dauerhaften Wert diesem klaren Schwerpunkt – auch wenn dieses Buch von Anlagemethoden handelt, so dreht es sich doch grundsätzlich um Anlageprinzipien. Und Prinzipien ändern sich nicht. Ich kann fast hören, wie Warren Buffett mit seinem verschmitzten Lächeln sagt: „Deshalb heißen sie Prinzipien.“

Die letzten zehn Jahre waren eine anschauliche Demonstration dieser grundlegenden Wahrheit. In diesen zehn Jahren hat der Trend des Aktienmarkts mehrmals gedreht. Wir wurden Zeugen einer hochfliegenden Blase, die viele Menschen reich gemacht hat, dann eines steilen Crashs, der in eine langwierige, schmerzhafte Baisse mündete, bevor der Markt dann im Frühjahr 2003 die Talsohle erreichte und langsam wieder nach oben wendete.

In dieser ganzen Zeit hat sich Warren Buffetts Anlagemethode nie geändert. Er hat weiterhin die Prinzipien befolgt, die in diesem Buch dargestellt werden:

■ Man stelle sich den Aktienkauf als den Kauf von kleinen Beteiligungen an ganzen Unternehmen vor.

■ Man baue ein konzentriertes Portfolio mit geringem Umschlag auf.

■ Man investiere nur in Unternehmen, die man versteht und analysieren kann.

■ Man bestehe auf einem Sicherheitsabstand zwischen dem Kaufpreis und dem langfristigen Wert des Unternehmens.

Berkshire-Hathaway-Aktionäre ernten wie üblich die Früchte dieses stetigen Ansatzes. Seit dem Beginn der Erholung im Jahr 2003 ist die Berkshire-Hathaway-Aktie um 20.000 Dollar gestiegen. Das sind mehr als 30 Prozent und damit übertrifft sie die Rendite des Gesamtmarkts im Vergleichszeitraum bei Weitem.

Es gibt eine Traditionslinie von Value-Investoren, die mit Benjamin Graham beginnt und über Warren Buffett und seine Zeitgenossen zur nächsten Generation von Praktikern wie Robert Hagstrom führt. Buffett, der bekannteste Graham-Schüler, empfiehlt Anlegern häufig, dessen Buch „Intelligent investieren“ zu lesen. Ich selbst empfehle das auch oft. Und ich bin überzeugt, dass Roberts Werk eine entscheidende Eigenschaft mit ihm teilt: Seine Ratschläge machen einen vielleicht nicht reich, aber es ist auch höchst unwahrscheinlich, dass sie einen arm machen. Wenn man die hier vorgestellten Methoden und Prinzipien versteht und intelligent umsetzt, sollten sie einen eigentlich zu einem besseren Anleger machen.

Bill MillerVorstandsvorsitzender vonLegg Mason Capital ManagementIm Oktober 2004

VORWORT VON PETER S. LYNCH

ZUR ERSTEN AUSGABE

Eines Abends an einem Werktag Anfang 1989, als ich zu Hause war, klingelte das Telefon. Unsere mittlere Tochter Annie, damals elf Jahre alt, war als Erste am Telefon. Sie sagte mir, Warren Buffett sei dran. Ich war ganz sicher, dass das ein Streich war. Der Anrufer sagte zunächst: „Hier ist Warren Buffett aus Omaha [als könnte ich ihn mit einem anderen Warren Buffett verwechseln]. Ich habe gerade Ihr Buch gelesen, es hat mir sehr gut gefallen und ich würde gerne einen Ihrer Sätze im Jahresbericht von Berkshire zitieren. Ich wollte schon immer ein Buch schreiben, habe mich aber nie dazu aufgerafft.“ Er sprach sehr schnell, voller Begeisterung, und er muss wohl 40 Wörter in 15 oder 20 Sekunden gesagt haben und gleichzeitig lachte und kicherte er ein paar Mal. Ich stimmte seiner Bitte sofort zu und ich glaube, wir unterhielten uns fünf oder zehn Minuten lang. Ich weiß noch, dass er am Schluss sagte: „Wenn Sie jemals nach Omaha kommen und Sie besuchen mich nicht, haben Sie in Nebraska verspielt.“

Dass ich in Nebraska verspielt hatte, wollte ich natürlich nicht, und deshalb nahm ich sein Angebot sechs Monate später wahr. Warren Buffett zeigte mir persönlich jeden Quadratfuß seines Büros (was nicht lange dauerte, denn das Ganze passt locker auf weniger als einen halben Tennisplatz) und ich begrüßte alle elf Mitarbeiter. Einen Computer oder einen Kursticker gab es dort nicht.

Nach etwa einer Stunde gingen wir in ein Restaurant in der Nähe, wo ich das Gleiche bestellte wie er und somit ein wundervolles Steak und meine erste Cherry Coke seit 30 Jahren genoss. Wir sprachen über die Jobs, die wir als Kinder gemacht hatten, über Baseball und Bridge und wir tauschten Geschichten über Unternehmen aus, in die wir früher investiert hatten. Warren sprach über alle Aktien und Unternehmen, die Berkshire (er nannte sein Unternehmen niemals Berkshire Hathaway) besaß, oder beantwortete Fragen dazu.

Wieso ist Warren Buffett der beste Anleger aller Zeiten? Wie ist er als Person, als Aktionär, als Manager und als Besitzer ganzer Unternehmen? Was ist so einmalig an dem Jahresbericht von Berkshire Hathaway, warum steckt er so viel Mühe hinein und was kann man daraus lernen? In dem Versuch, diese Fragen zu beantworten, sprach ich persönlich mit ihm und las die letzten fünf Jahresberichte sowie seine ersten Berichte als Vorsitzender (die Berichte der Jahre 1971 und 1972 waren jeweils nur zwei Seiten lang). Außerdem führte ich Gespräche mit neun Personen, die in den letzten vier bis mehr als 30 Jahren in verschiedenen Konstellationen und aus verschiedenen Richtungen aktiv mit Warren Buffett zu tun hatten: Jack Byrne, Robert Denham, Don Keough, Carol Loomis, Tom Murphy, Charlie Munger, Carl Reichardt, Frank Rooney und Seth Schofield.

Was seine persönlichen Eigenschaften angeht, waren die Antworten ziemlich konsistent. Warren Buffett ist vor allen Dingen sehr zufrieden. Alles, was er macht, macht er gerne – mit Menschen umgehen und Riesenmengen an Jahres- und Quartalsberichten sowie zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften lesen. Als Anleger besitzt er Disziplin, Geduld, Flexibilität, Mut, Zuversicht und Zielstrebigkeit. Er ist immer auf der Suche nach Anlagen, bei denen das Risiko eliminiert oder minimiert wurde. Außerdem kennt er sich mit Wahrscheinlichkeiten und Chancen sehr gut aus. Ich glaube, diese Fähigkeit wurzelt in der angeborenen Liebe zu einfachen mathematischen Berechnungen, seiner Hingabe und aktiven Beteiligung an dem Kartenspiel Bridge und in seiner langen Erfahrung als Versicherer und Rückversicherer, der hohe Risiken akzeptiert. Er ist bereit, Risiken einzugehen, bei denen die Chancen auf einen Totalverlust niedrig und die möglichen Gewinne beträchtlich sind. Seine Fehler und Fehlschläge vermerkt er und entschuldigt sich nicht dafür. Er macht sich gern über sich selbst lustig und lobt seine Mitarbeiter auf objektive Weise.

Warren Buffett ist ein großartiger Erforscher der Unternehmenswelt und ein wunderbarer Zuhörer und er kann die entscheidenden Elemente eines Unternehmens oder eines komplexen Themas mit höchster Geschwindigkeit und Genauigkeit festmachen. Die Entscheidung, in etwas nicht zu investieren, kann er in zwei Minuten treffen und zu dem Schluss, dass es Zeit ist, einen großen Kauf zu tätigen, kann er nach wenigen Tagen Research kommen. Er ist immer vorbereitet und er hat in einem Jahresbericht einmal gesagt: „Noah hat mit dem Bau der Arche nicht erst angefangen, als es schon regnete.“

Als Manager ruft er fast nie einen Abteilungsleiter oder den Vorstandschef eines Unternehmens an, aber er freut sich zu jeder Tages- und Nachtzeit, wenn sie ihn anrufen, um ihm etwas zu berichten oder seinen Rat zu suchen. Wenn er in eine Aktie investiert hat oder ein ganzes Unternehmen gekauft hat, wird er zum Cheerleader und zum Probierstein. Um es mit einem Vergleich zum Baseball-Management auszudrücken: „Wir bei Berkshire sagen einem 0,400-Hitter nicht, wie er schlagen soll.“

Zwei Beispiele für Warren Buffetts Bereitschaft, zu lernen und sich anzupassen, sind öffentliche Reden und die Verwendung des Computers. In den 1950er-Jahren investierte Warren 100 Dollar in einen Dale-Carnegie-Kurs, „nicht um zu verhindern, dass meine Knie schlottern, wenn ich öffentlich rede, sondern damit ich reden kann, obwohl meine Knie schlottern“. Bei der Jahreshauptversammlung von Berkshire sitzt Warren Buffett mit Charlie Munger vor mehr als 2.000 Menschen und hält ohne Notizen Vorträge und beantwortet Fragen in einer Art und Weise, die Will Rogers, Ben Graham, König Salomon, Phil Fisher, David Letterman und Billy Crystal gefallen würde. Damit er mehr Bridge spielen konnte, lernte Warren Anfang 1994, mit dem Computer umzugehen, damit er sich einem Netzwerk anschließen konnte, in dem man mit anderen Personen im ganzen Land spielen kann. Vielleicht fängt er in naher Zukunft an, einige der Hunderte von Datenbeschaffungs- und Informationsdienste zu nutzen, die es heutzutage für Investmentresearch per Computer gibt.

Warren Buffett betont, der entscheidende Investmentfaktor sei es, den inneren Wert eines Unternehmens zu bestimmen und einen fairen Preis oder Schnäppchenpreis dafür zu bezahlen. Was der Aktienmarkt insgesamt in der jüngeren Vergangenheit getan hat und was er in der Zukunft tun wird, ist ihm egal. In den Jahren 1988 und 1989 kaufte er Coca-Cola-Aktien im Wert von einer Milliarde Dollar, nachdem sich die Aktie in den sechs Jahren davor mehr als verfünffacht und in den 60 Jahren davor mehr als verfünfhundertfacht hatte. In den ersten Jahren hat er das Vierfache seines Einsatzes verdient und er hat vor, in den nächsten fünf, zehn und 20 Jahren mit Coca-Cola noch viel mehr zu verdienen. Im Jahr 1976 kaufte er eine sehr große Beteiligung an GEICO, als die Aktie von 61 auf zwei Dollar gefallen war und die allgemeine Sichtweise besagte, dass die Aktie definitiv auf null fallen würde.

Wie kann man als Durchschnittsanleger Warren Buffetts Methoden anwenden? Warren Buffett investiert nie in Unternehmen, die er nicht versteht oder die außerhalb seines „Kompetenzradius“ liegen. Jeder Anleger kann im Laufe der Zeit einen Kompetenzradius in einer Branche erlangen und stärken, mit der er beruflich zu tun hat, oder in einem Wirtschaftssektor, in dem er gerne recherchiert. Man braucht im Laufe seines Lebens nicht oft richtigzuliegen, denn Warren Buffett sagt, dass in seiner 40-jährigen Anlegerkarriere zwölf Investmententscheidungen maßgeblich waren.

Man kann das Risiko stark vermindern, wenn man sich auf wenige Positionen konzentriert – wenn dies den Anleger dazu zwingt, bei seinen Recherchen vorsichtiger und gründlicher zu sein. Normalerweise entfallen über 75 Prozent von Berkshires Aktienpositionen auf nur fünf verschiedene Wertpapiere. Eines der Prinzipien, das in diesem Buch mehrmals klar demonstriert wird, besteht darin, großartige Unternehmen dann zu kaufen, wenn sie vorübergehend in Schwierigkeiten stecken oder wenn die Börse fällt und bei herausragenden Unternehmen zu Schnäppchenpreisen führt. Geben Sie den Versuch auf, die Bewegungsrichtung des Aktienmarkts, der Wirtschaft, der Zinsen oder Wahlergebnisse vorherzusagen, und hören Sie auf, Geld an Menschen zu verschwenden, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Studieren Sie die Fakten und die finanzielle Situation, bewerten Sie die Zukunftsaussichten des Unternehmens und wenn alles zu Ihren Gunsten steht, kaufen Sie. Viele Menschen investieren ungefähr so, als würden sie den ganzen Abend pokern, ohne ihre Karten anzuschauen.

Sehr wenige Anleger hätten das Wissen und den Mut besessen, GEICO für zwei Dollar oder Wells Fargo oder General Dynamics zu kaufen, als sie am Boden lagen, denn viele gebildete Menschen sagten, diese Unternehmen befänden sich in erheblichen Schwierigkeiten. Aber andere Unternehmen, die Warren Buffett gekauft hat, zum Beispiel Capital Cities/ABC, Gillette, Washington Post, Affiliated Publications, Freddie Mac und Coca-Cola (die Berkshire Hathaway mehr als sechs Milliarden Dollar Gewinn beschert haben, also 60 Prozent des Aktionärskapitals von zehn Milliarden Dollar), waren gut geführte Unternehmen mit einer starken, profitablen Vorgeschichte und sie dominierten ihre Branche.

Warren Buffett hilft mit dem Jahresbericht von Berkshire nicht nur seinen eigenen Aktionären, sondern auch der Allgemeinheit, bessere Anleger zu werden. Er stammt auf beiden Seiten seiner Familie von Zeitungsredakteuren ab und seine Tante Alice war mehr als 30 Jahre lang Lehrerin an einer staatlichen Schule. Warren Buffett macht es Spaß, über Wirtschaft im Allgemeinen und Geldanlage im Besonderen zu dozieren und darüber zu schreiben. Als er 21 Jahre alt war, lehrte er ehrenamtlich an der University of Nebraska in Omaha. Als er 1955 in New York City arbeitete, gab er einen Erwachsenenbildungskurs über die Börse an der Scarsdale High School. Ende der 1960er-Jahre und in den 1970er-Jahren hielt er zehn Jahre lang kostenlose Vorlesungen an der Creighton University. Im Jahr 1977 gehörte er einem Ausschuss unter dem Vorsitz von Al Sommer Jr. an, der die Securities and Exchange Commission (SEC, Börsenaufsicht) hinsichtlich der Veröffentlichungspflicht von Unternehmen beriet. Nach dieser Mitwirkung änderte sich das Ausmaß des Jahresberichts von Berkshire dramatisch: Der Jahresbericht 1977 wurde Ende 1977 und Anfang 1978 geschrieben. Das Format des Berichts wurde den Berichten seiner Beteiligungsgesellschaft, die er von 1956 bis 1969 schrieb, ähnlicher.

Seit Anfang der 1980er-Jahre informieren die Jahresberichte von Berkshire die Aktionäre über die Performance der Positionen des Unternehmens, über neue Investments, über den aktuellen Zustand der Versicherungs- und Rückversicherungsbranche und seit 1982 geben sie Übernahmekriterien für Unternehmen an, die Berkshire eventuell kaufen möchte. Der Bericht ist großzügig mit Beispielen, Vergleichen, Geschichten und Metaphern gespickt, die vermitteln, was man bei der richtigen Aktienanlage tun sollte und was nicht.

Warren Buffett hat die Messlatte für die künftige Performance von Berkshire sehr hoch gelegt, als er das langfristige Wachstumsziel des inneren Wertes auf 15 Prozent pro Jahr festlegte – etwas, das nur wenige Menschen überhaupt getan haben und was von 1956 bis 1993 außer ihm niemand getan hat. Er hat erklärt, dass es aufgrund der viel größeren Dimensionen des Unternehmens schwierig sein würde, diesen Standard zu halten, aber es gibt immer wieder Gelegenheiten und Berkshire hält sehr viel Bargeld bereit, das für Investitionen eingesetzt werden kann, und es wächst jedes Jahr an. Die letzten neun Wörter auf Seite 60 des Jahresberichts vom Juni 1993 unterstreichen gewissermaßen seine Zuversicht: „Berkshire hat seit 1967 noch nie eine Bardividende ausgeschüttet.“

Warren Buffett hat gesagt, dass er schon immer einmal ein Buch über Geldanlage schreiben wollte. Hoffentlich passiert das eines Tages. Bis dahin jedoch erfüllen seine Jahresberichte diese Funktion auf eine ähnliche Art, wie die Autoren des 19. Jahrhunderts ihre Romane in Serienform schrieben: Edgar Allen Poe, William Makepeace Thackeray und Charles Dickens. Die Jahresberichte von Berkshire Hathaway von 1977 bis 1993 sind 17 Kapitel dieses Buches. Außerdem haben wir einstweilen „Warren Buffett. Sein Weg. Seine Methode. Seine Strategie.“; darin skizziert Robert Hagstrom Buffetts Karriere und präsentiert Beispiele für die Entwicklung seiner Anlagetechniken und -methoden sowie Personen, die in diesem Prozess wichtig waren. Außerdem beschreibt das Buch genau die entscheidenden Anlageentscheidungen, die für Buffetts unerreichte Erfolgsbilanz gesorgt haben. Und schließlich enthält es das Denken und die Philosophie eines Anlegers, der mithilfe von Werkzeugen, die jedem Bürger unabhängig von seinem Vermögen zur Verfügung stehen, beständig Geld verdient hat.

Peter S. LynchIm Oktober 1994

EINFÜHRUNG VON KENNETH L. FISHER

Mein Vater, Philip A. Fisher, war sehr stolz darauf, dass Warren Buffett einige seiner Ansichten übernommen hat und dass sie eine lange freundschaftliche Beziehung hatten. Wenn mein Vater noch leben würde und diese Einführung schreiben könnte, dann würde er sich auf diese Chance stürzen, einige der positiven Gefühle zu schildern, die er in den Jahrzehnten seiner Bekanntschaft mit einem der wenigen Männer erlebt hat, deren Investmentstern so hell leuchtete, dass er selbst im Vergleich dazu verblasste. Mein Vater war Warren Buffett ehrlich zugetan und er empfand es als Ehre, dass Buffett einige seiner Ideen übernommen hat. Mein Vater starb mit 96 – genau drei Monate, bevor ich einen unerwarteten Brief bekam, in dem ich gefragt wurde, ob ich etwas über meinen Vater und Warren Buffett schreiben würde. Diese Einführung hat mir geholfen, ein paar Zusammenhänge zu erkennen und die Beziehung zwischen meinem Vater und Buffett gewissermaßen abzuschließen. Ich hoffe, dass sie den Lesern von „Warren Buffett. Sein Weg. Seine Methode. Seine Strategie.“ einen sehr persönlichen Einblick in ein bedeutendes Stück Investmentgeschichte und ein paar Gedanken darüber liefert, wie man dieses wunderbare Buch optimal nutzt.

Über Buffett werde ich wenig sagen, denn das ist Gegenstand des vorliegenden Buches und Robert Hagstrom bearbeitet dieses Gebiet voller Eleganz und Sachkenntnis. Es ist bekannt, dass mein Vater ein wichtiger Einflussfaktor für Warren Buffett war und dass er, wie Hagstrom schreibt, in den letzten Jahren in Buffetts Denken einen prominenteren Platz einnahm. Je besser mein Vater Warren Buffett kennenlernte, desto mehr bewunderte er an ihm Eigenschaften, die seiner Meinung nach für den Anlageerfolg unerlässlich sind, die aber bei Vermögensverwaltern selten sind.

Als Buffett meinen Vater vor 40 Jahren besuchte – als die Informationswerkzeuge an heutigen Maßstäben gemessen noch relativ primitiv waren –, hatte mein Vater seine eigenen Wege, Informationen zu beschaffen. Im Laufe der Jahrzehnte baute er sich langsam einen Bekanntenkreis auf – Investmentprofis, die er respektierte und die ihn gut genug kannten, um zu wissen, was ihn interessierte und was nicht –, der gute Ideen mit ihm teilte. Zu diesem Zweck beschloss er, dass er sich mit jedem jungen Investmentprofi einmal treffen würde. Wenn er beeindruckt war, würde er sich wieder mit ihm treffen und eine Beziehung zu ihm aufbauen. Selten traf er sich zweimal mit jemandem. Sehr hohe Maßstäbe! Wenn man bei ihm keine Eins bekam, bekam man eine Sechs. Und wenn er sich einmal gegen jemanden entschieden hatte, schloss er diese Person einfach für immer aus. Man hatte für den Aufbau einer Beziehung einen Schuss frei. Zeit war Mangelware.

Der junge Warren Buffett war einer der sehr, sehr wenigen, die meinen Vater bei der ersten Begegnung so sehr beeindruckten, dass er eine zweite und viele weitere Begegnungen verdient hatte. Mein Vater war sehr geschickt darin, den Charakter und die Fähigkeiten von Menschen zu beurteilen. Außerordentlich gut! Menschenkenntnis war die Grundlage seiner Karriere. Sie war eine seiner besten Eigenschaften und ein Hauptgrund dafür, dass er bei seiner Aktienanalyse so viel Wert auf die qualitative Beurteilung der Unternehmensleitung legte. Er war immer sehr stolz darauf, dass er Warren Buffett schon eine Eins gegeben hatte, bevor dieser seinen wohlverdienten Ruhm und Beifall erworben hatte.

Die Beziehung zwischen Warren Buffett und meinem Vater überlebte auch gelegentliche Fehltritte, wenn er Buffett fälschlicherweise „Howard“ (so hieß Warrens Vater) nannte. Das ist eine ungewöhnliche Geschichte, die noch nie erzählt wurde und wahrscheinlich viel über meinen Vater und Warren Buffett aussagt.

Mein Vater war ein kleiner Mann mit einem großen Verstand, der intensiv und schnell arbeitete. Er war zwar freundlich, aber auch unruhig, häufig aufgewühlt und persönlich unsicher. Außerdem war er in hohem Maße ein Gewohnheitstier. Er hielt sich streng an seinen täglichen Katechismus, weil ihm das Sicherheit gab. Und er schlief gerne, denn wenn er schlief, war er weder unruhig noch unsicher. Und wenn er nachts seinen Geist nicht am Rasen hindern konnte, was oft vorkam, spielte er Gedächtnisspiele, anstatt Schafe zu zählen. Zu seinen Schlafspielen gehörte es, die Namen und Bezirke aller Kongressmitglieder auswendig aufzusagen, bis er wegdriftete.

Ab 1942 sagte er den Namen Howard Buffett immer und immer wieder Abend für Abend, zehn Jahre lang auf und verband ihn mit Omaha. Sein Gehirn hatte bereits eine mechanische Verbindung zwischen den Wörtern „Omaha“, „Buffett“ und „Howard“ hergestellt, lange bevor er Warren Buffett kennenlernte. Als sich dann Warren eine Karriere aufbaute und sein Stern aufging, dauerte es immer noch volle zwei Jahrzehnte, bevor mein Vater „Buffett“ und „Omaha“ vollständig von „Howard“ trennen konnte. Das ärgerte meinen Vater, weil er seinen Verstand nicht unter Kontrolle brachte und weil er Warren Buffett mochte und ihre Beziehung schätzte. Vater wusste zwar ganz genau, wer Warren Buffett war, aber im zwanglosen Gespräch sagte er oft: „Der glänzende junge Howard Buffett aus Omaha.“ Je öfter er das sagte, umso schwieriger wurde es, das aus seinen Äußerungen zu verbannen. Ein gewohnheitsmäßig genervtes Gewohnheitstier.

Als sich die beiden eines Morgens trafen, hatte mein Vater vor, „Howard“ von „Warren“ zu trennen. Trotzdem sprach er ihn irgendwann in dem Gespräch als „Howard“ an. Falls Warren das bemerkte, ließ er es sich nicht anmerken, und auf keinen Fall korrigierte er meinen Vater. Während der ganzen 1970er-Jahre kam das gelegentlich vor. In den 1980er-Jahren hatte mein Vater das Wort „Howard“ endlich aus allen Sätzen verbannt, die sich auf Buffett bezogen. Er war richtig stolz, als er den „Howard“ schließlich hinter sich gelassen hatte. Jahre später fragte ich ihn, ob er das Warren jemals erklärt habe. Er sagte, das habe er nicht, weil ihm das so peinlich sei.

Ihr Verhältnis überlebte das, weil es auf viel stärkere Dinge gegründet war. Ich glaube, eines der Kernstücke ihrer Beziehung bestand darin, dass sie beide die Philosophie verfolgten, sich mit integren und fähigen Menschen zu umgeben. Wenn Buffett über die Führung der Manager von Berkshire Hathaway sagt: „Wir sagen 0,400-Hittern nicht, wie sie schlagen sollen“, dann stammt das sozusagen direkt aus dem Spielplan von Phil Fisher: Tu dich mit den Besten zusammen, mach dabei keine Fehler und sag ihnen nicht, was sie zu tun haben.

Es beeindruckte meinen Vater im Laufe der Jahre sehr, dass sich Buffett als Anleger weiterentwickelte, ohne irgendeines seiner Kernprinzipien zu kompromittieren. Buffett hat in jedem Jahrzehnt Dinge getan, die niemand vorausgesagt hätte, der etwas über seine Vergangenheit gelesen hatte, und er tat sie gut. Die meisten Investmentprofis lernen einen bestimmten Anlagestil wie ein Handwerk und ändern ihn nie. Sie kaufen Aktien mit niedrigem KGV oder führende Technologiewerte oder was auch immer. Sie bauen ihre handwerklichen Fähigkeiten aus und wechseln dann niemals oder sie ändern sie nur minimal. Warren Buffett übernahm im Gegensatz dazu ständig neue Ansätze, Jahrzehnt für Jahrzehnt – sodass man unmöglich vorhersagen konnte, was er als Nächstes tun würde. Man hätte aus seiner anfänglichen strengen Value-Orientierung seine Markenausrichtung der 1970er-Jahre nicht vorhersagen können. Man hätte aus seinen früheren Ansätzen nicht vorhersagen können, dass er sich in den 1980er-Jahren an Konsumartikeln mit überdurchschnittlichen KGVs orientieren würde. Seine Fähigkeit, sich zu ändern – und das mit Erfolg –, würde für ein eigenes Buch reichen. Die meisten Menschen, die versuchen, sich so weiterzuentwickeln, wie er es getan hat, scheitern damit. Mein Vater war überzeugt, dass Buffett deshalb nicht gescheitert war, weil er nie aus den Augen verlor, wer er war. Er ist sich selbst immer treu geblieben.

Mein Vater hatte zu fast jeder Zeit Rudyard Kiplings berühmtes Gedicht „If“ zur Hand. In seinem Schreibtisch, auf seinem Nachttisch, in seinem Arbeitszimmer – es war immer in der Nähe. Er las es immer und immer wieder und zitierte es oft vor mir. Ich habe es immer auf dem Schreibtisch, damit er mir nahe ist. Er war unsicher, aber furchtlos, und er erklärte einem im Kipling-Stil, man sollte seine Karriere und seine Investments zwar sehr ernsthaft angehen, sich selbst aber nicht zu ernst nehmen. Er drängte einen, sich die Kritik anderer genau anzusehen, sie aber niemals als Richter zu betrachten. Er drängte einen, sich Herausforderungen zu stellen, sich aber in beiden Richtungen nicht zu extrem zu beurteilen, und wenn man in seinen Augen versagt hatte, drängte er einen dazu, sich zu zwingen, es noch einmal zu versuchen. Und er drängte einen, das nächste, noch unergründete Projekt anzugehen.

Das ist der Aspekt von Buffett, den mein Vater am meisten bewunderte – sein Talent, sich im Einklang mit seinen Werten und seiner Vergangenheit weiterzuentwickeln und das nächste noch unergründete Projekt anzugehen. Dass er voranschritt, unbehindert von früheren Einschränkungen, von Äußerungen, Konventionen oder Stolz. Im Denken meines Vaters verkörperte Buffett einige der Eigenschaften, die Kipling unsterblich gemacht hat.

Leider wird es in der Gesellschaft immer einen kleinen – aber zahlenmäßig starken – Prozentsatz kleingeistiger, neidischer Ungläubiger geben, die sich kein eigenes Leben aufbauen können. Stattdessen bewerfen sie andere gern mit Schmutz. Der Lebensinhalt dieser irregeleiteten Seelen besteht darin, Leid zu verursachen, weil sie anders keine Freude finden. Bis zum Ende ihrer Laufbahn haben sie dann fast jeden mit Schmutz beworfen, der irgendetwas erreicht hat. Und davon bleibt immer etwas hängen. Mein unsicherer Vater rechnete zwar immer damit, dass jedermann mit Schmutz beworfen würde – er selbst eingeschlossen –, aber er hoffte, dass er bei denen, die er bewunderte, nicht hängen bleiben würde. Und wenn mit Schmutz geworfen wurde, erwartete er, dass diejenigen, die er bewunderte, die Kritik oder die Anschuldigungen auf Kipling-Art betrachten würden, ohne sich dadurch verurteilt zu fühlen. Er sah immer mit Kiplings Augen!

Obwohl Warren Buffetts Karriere schon länger dauert als die der meisten Menschen, hat er sich bemerkenswert gut aus der Affäre gezogen – er wurde nur mit wenig Schmutz beworfen und nichts davon blieb hängen. Ein wahrhaft gutes Zeugnis! Kipling wäre erfreut, so wie es mein Vater war. Das liegt an Buffetts Grundwerten – er weiß immer ganz genau, wer er ist und worum es ihm geht. Er wird nicht von Interessenkonflikten gequält, die seine Prinzipien unterhöhlen könnten und zu weniger bewundernswerten Verhaltensweisen führen könnten. Es gab keinen Schmutz, den man werfen konnte, und somit auch keinen, der hängen bleiben konnte. Und das ist der Hauptaspekt von Warren Buffett, den man versuchen sollte, nachzuahmen. Kenne dich selbst!

Ich möchte Ihnen mit dieser Einführung unter anderem raten, wie Sie dieses Buch benutzen sollten. Während meiner gesamten Laufbahn haben mich Menschen gefragt, warum ich die Dinge nicht mehr im Stil meines Vaters oder im Stil von Buffett angehen würde. Die Antwort ist einfach. Ich bin ich und nicht sie. Ich muss meine eigenen Stärken nutzen. Ich bin kein so scharfsinniger Menschenkenner wie mein Vater und ich bin kein Genie wie Buffett.

Sie sollten aus diesem Buch zwar unbedingt etwas lernen, benutzen Sie es jedoch nicht, um zu sein wie Warren Buffett. Sie können nicht Warren Buffett sein und wenn Sie es versuchen, werden Sie darunter leiden. Benutzen Sie dieses Buch, um Buffetts Gedanken zu verstehen, und integrieren Sie diese Gedanken dann in Ihre eigene Anlagemethode. Größe können Sie nur aus Ihren eigenen Ideen schaffen. Die in diesem Buch enthaltenen Erkenntnisse sind nur dann nützlich, wenn Sie sie in Ihre eigene Rolle integrieren und nicht versuchen, Ihre Rolle so zu verändern, dass sie zu den gewonnenen Erkenntnissen passt. (Eine verdrehte Persönlichkeit ist ein lausiger Anleger, außer wenn man von Natur aus verdreht ist.) Auf jeden Fall kann ich Ihnen garantieren, dass Sie nicht Warren Buffett sein können, egal was Sie lesen und wie sehr Sie sich anstrengen. Sie müssen Sie selbst sein.

Das ist die großartigste Lektion, die ich von meinem Vater gelernt habe, der auf vielen Ebenen ein großartiger Lehrer war – nicht er oder jemand anders zu sein, sondern das Beste aus mir zu machen, zu dem ich mich entwickeln kann, und die Weiterentwicklung nie aufzugeben. Die großartigste Lektion, die Sie von Warren Buffett abschauen können? Von ihm zu lernen ohne den Wunsch, wie er zu sein. Wenn Sie noch jung sind, besteht die größte Investmentlektion darin, dass Sie herausfinden, wer Sie wirklich sind. Wenn Sie schon alt sind, besteht die größte Lektion darin, dass Sie in Wirklichkeit viel jünger sind als Sie glauben und dass Sie dementsprechend handeln sollten – eine seltene Gabe. Wenn das nicht möglich wäre, könnte sich Buffett nicht in einem Alter, in dem die meisten Menschen schon längst im Ruhestand sind, immer noch weiterentwickeln. Betrachten Sie Warren Buffett als Lehrer, nicht als Vorbild, und betrachten Sie dieses Buch als die beste Erläuterung seiner Lehren, gut formuliert und leicht zu erlernen. Sie können aus diesem Buch enorm viel lernen und dies kann das Fundament für die Entwicklung Ihrer eigenen erfolgreichen Anlagephilosophie sein.

Kenneth L. FisherIm Juli 2013

VORREDE

Im Juni 1984 schrieb ich mich für ein Ausbildungsprogramm bei Legg Mason Wood Walker in Baltimore im Bundesstaat Maryland ein. Zwei Wochen lang hörte ich mir Vorträge über Geldanlage, Marktanalyse, Compliance und Verkaufstechniken an. Ich sollte bald eine Laufbahn als Investmentbroker beginnen, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich einen schrecklichen Fehler begangen hatte.

Legg Mason war ein Value-Haus und der Schwerpunkt des Ausbildungsprogramms lag auf den klassischen Werken zum Value-Investing, unter anderem „Wertpapieranalyse“ von Benjamin Graham und David Dodd und auf „Intelligent investieren“ von Graham. Jeden Tag kamen altgediente Händler der Firma zu uns und teilten uns ihre Erkenntnisse über Aktien und die Börse mit. Sie überreichten uns eine Value Line Investment Survey ihrer Lieblingsaktie. Alle Unternehmen hatten die gleichen Merkmale: ein niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis, ein niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis und eine hohe Dividendenrendite. In den meisten Fällen war das Unternehmen am Markt unbeliebt, was an der langen Zeit zu erkennen war, in der die Aktie sich schlechter entwickelt hatte als der Markt. Immer und immer wieder wurde uns gesagt, wir sollten die hochfliegenden beliebten Wachstumswerte meiden und uns stattdessen auf die Vernachlässigten konzentrieren, bei denen das Chance-Risiko-Verhältnis viel günstiger sei.

Die Logik der Value-Methode der Geldanlage verstand ich, die Mathematik dahinter war nicht kompliziert. Value Line gab uns eine Momentaufnahme der Unternehmensbilanz und der Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten 20 Jahre. Oben war ein Diagramm des Aktienkurses abgebildet, der im Gleichschritt mit den Jahresergebnissen marschierte. Doch so oft ich mir auch die Tabellen zu den Unternehmen anschaute, ich hatte immer das Gefühl, dass etwas fehlte.

Am Donnerstagnachmittag, am vorletzten Tag des Kurses, gab mir der Ausbilder eine Fotokopie des Jahresberichts 1983 von Berkshire Hathaway – eines Unternehmens, von dem ich noch nie gehört hatte –, verfasst von Warren Buffett, von dem ich auch noch nie gehört hatte. Wir wurden aufgefordert, den Brief des Vorstandsvorsitzenden zu lesen, damit wir ihn am nächsten Morgen besprechen konnten.

Am Abend blätterte ich im Hotel den Jahresbericht von Berkshire schnell durch und stellte zu meiner Enttäuschung fest, dass er keine Abbildungen oder Diagramme enthielt. Allein der Brief des Vorsitzenden an die Aktionäre war 20 Seiten lang. Resigniert ließ ich mich in den Sessel fallen und begann zu lesen. Was dann passierte, ist schwer zu beschreiben, aber im Laufe jenes Abends veränderte sich meine gesamte Sichtweise der Geldanlage.

Zwei Wochen lang hatte ich mir Unternehmenszahlen, Kennzahlen und Formeln angeschaut, aber jetzt las ich etwas über Unternehmen und die Menschen, die sie leiteten. Buffett stellte mir die 80-jährige Rose Blumkin vor, eine Immigrantin aus Russland, die mit dem Nebraska Furniture Mart einen Jahresumsatz von 100 Millionen Dollar erzielte. Ich wurde mit Stan Lipsey bekannt gemacht, dem Herausgeber der Buffalo News, und mit Chuck Higgins von See’s Candies. Ich erfuhr etwas über die wirtschaftlichen Aspekte des Zeitungsbetriebs und über die Wettbewerbsvorteile eines Süßwarenunternehmens. Dann besprach Buffett die operativen Ergebnisse der Versicherungsbeteiligungen von Berkshire, darunter die National Indemnity Company und ein Drittel von GEICO. Aber er rasselte nicht bloß die Zahlen herunter, sondern er geleitete mich durch die Feinheiten der Versicherungsbranche, durch die jährlichen Prämieneinnahmen, die Verlustrückstellungen, die Schaden-Kosten-Quote und die steuerlichen Vorteile von Schadenersatzrenten. Und als wäre das noch nicht genug, erklärte Buffett seinen Aktionären auch noch leicht verständlich, wieso der innere Wert eines Unternehmens dank der Zauberkraft des Goodwills größer sein kann als sein Buchwert.

Am nächsten Morgen kam ich verwandelt zum Ausbildungsprogramm. Die Value-Line-Blätter mit ihren endlosen Zahlenreihen waren immer noch da, aber plötzlich waren auf diesen Zahlenskeletten Muskeln, Haut und Zwecke gewachsen. Mit anderen Worten waren die Unternehmen zum Leben erwacht. Anstatt nur Zahlen zu sehen, begann ich über Unternehmen nachzudenken, über die Menschen, die sie führten, sowie über die Produkte und Dienstleistungen, aus denen letztlich die Zahlen hervorgingen, die eine Tabelle füllten.

Als ich in der Woche danach mit der Arbeit begann, war ich von Zielbewusstsein erfüllt. Ich wusste ohne Zweifel, was ich tun würde. Ich wollte das Geld meiner Kunden in Berkshire Hathaway und in die Aktien investieren, die Berkshire für sein eigenes Portfolio kaufte. Jedes Mal, wenn Buffett eine Brotkrume fallen ließ, würde ich sie auflesen und für meine Kunden kaufen. Wenn Buffett eine Aktie kaufte, rief ich das Unternehmen an, forderte seinen Jahresbericht an und studierte ihn intensiv, um herauszufinden, was Buffett darin sah, das anderen entgangen war. Bevor es das Internet gab, konnte man einen Scheck über 25 Dollar an die Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission schicken und diese kopierte einem dann den Jahresbericht, den man haben wollte. Ich bestellte alle Jahresberichte von Berkshire Hathaway. Außerdem sammelte ich alle Zeitungs- und Zeitschriftenartikel über Warren Buffett. Von allem und jedem, was Buffett oder Berkshire tat, beschaffte ich mir eine Kopie, las sie und heftete sie ab. Ich war wie ein Kind, das einen Baseballspieler bewundert.

Ein paar Jahre später schrieb Carol Loomis in der Zeitschrift Fortune einen Artikel mit der Überschrift „The Inside Story of Warren Buffett“ (11. April 1998). Der damalige Chefredakteur Marshall Loeb fand es an der Zeit, ein ausführliches Porträt von Buffett zu bringen, und er wusste, dass Carol die perfekte Autorin dafür war. Bis dahin konnte man nur aus den Briefen des Vorsitzenden und aus seinen alljährlichen Auftritten bei der Hauptversammlung von Berkshire in Omaha Genaueres über Warren Buffett erfahren. Diejenigen, die wussten, dass Carol Loomis auch die Jahresberichte von Berkshire redigierte, wussten auch, dass sie wohl am besten geeignet wäre, einen Insiderbericht über Buffett zu schreiben. Ich eilte zum Kiosk und war sicher, dass ich höchstens noch das letzte Exemplar erwischen würde.

Loomis schrieb, sie wolle eine andere Art von Story schreiben, die Buffett nicht nur als Anleger darstellt, sondern auch als „außergewöhnlichen Geschäftsmann“. Sie enttäuschte nicht. Es war ein gut geschriebener 7.000 Wörter langer Artikel, der dem Buffett-Fan tatsächlich einen intimeren Blick auf den Mann gewährte, der inzwischen als Zauberer von Omaha tituliert wurde. Carol Loomis lieferte uns zwar viele Erkenntnisse, aber keine war für mich weltbewegender als drei kurze Sätze, die geschickt in den Artikel eingebaut waren.

„Was wir machen, geht nicht über die Fähigkeiten aller anderen hinaus“, hatte Buffett gesagt. „Was das Management angeht, bin ich der gleichen Meinung wie über die Geldanlage: Um außerordentliche Ergebnisse zu erzielen, braucht man wirklich nichts Außerordentliches zu tun.“