"We are watching you!" - Eine Analyse der Rezeptionsmotive von Big Brother-Sehern vor dem Hintergrund von 10 Jahren Formatentwicklung - Julia Rychetsky - E-Book

"We are watching you!" - Eine Analyse der Rezeptionsmotive von Big Brother-Sehern vor dem Hintergrund von 10 Jahren Formatentwicklung E-Book

Julia Rychetsky

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2012
Beschreibung

Magisterarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Film und Fernsehen, Note: gut, Universität Wien (Publizistik- und Kommunikationswissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Magisterarbeit beschäftigt sich mit der Rezipientenforschung, genauer gesagt mit der Motivforschung. Dies ist ein Teilgebiet der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Als Untersuchungsgegenstand wird das Format „Big Brother“, Staffel 10 herangezogen. Es wird der Frage nachgegangen, aus welchen Gründen sich die Rezipienten diesem Format zuwenden. Hier ist wichtig zu erwähnen, dass innerhalb der Arbeit Vergleiche mit den bisher vorhandenen Studienergebnissen auf diesem Gebiet angestrebt werden. Es soll geklärt werden, ob eine Verschiebung der Rezeptionsmotive im Laufe der Jahre und in Anbetracht der ausgestrahlten Staffeln stattgefunden hat. Die Arbeit nähert sich dem Thema „Reality TV“ und gibt Hinweise über Definition und Weiterentwicklungen. Das Genre der „Real Life Soap“ wird im Zuge dieser Arbeit ebenfalls genauer beleuchtet. Anschließend folgt die Einführung in die Thematik rund um „Big Brother“. Die wichtigsten Highlights der bereits gezeigten Staffeln werden dargestellt und die Rahmenbedingungen der zehnten Staffel werden erklärt. Durch eine quantitative Befragung mittels Online-Fragebogen sollen die Motive und Zuwendungsgründe ermittelt werden.

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Inhaltsverzeichnis
Kapitel
1.1. Untersuchungsgegenstand
1.2. Forschungsleitende Fragestellung
1.3. Kommunikationswissenschaftliche Einordnung und Relevanz
1.4. Aufbau der Arbeit
2.1. Reality TV
2.1.1. Definitionsansätze
2.1.2. Exkurs: Performatives Realitätsfernsehen
2.1.3. Subgenres des Reality TV
2.1.3.1. Charakteristische Merkmale
2.2.1. Ausdifferenzierungen der Real Life Soaps
2.2.3. Charakteristische Merkmale der Reality Soap
2.2.4.1. Gemeinsamkeiten
2.2.4.2. Unterschiede
2.2.5.1. Gemeinsamkeiten
2.2.5.2. Unterschiede
2.2.6. Real Life Soaps - eine Genre-Zuweisung
2.2.7. Zwischenfazit: Reality TV
2.3. „Big Brother“
2.3.1. Annäherung an das Thema
2.3.2. „Big Brother“-Staffel 10
2.3.4. Evaluierung der bisherigen Forschungsergebnisse
3.1.1.1. GS/GO-Modell: Gesuchte und erhaltene Gratifikationen
3.1.1.2. Erwartungs-Bewertungsansatz nach Palmgreen
3.2. Psychosoziale Theorien
3.2.2. Sensation Seeking
3.3. Zuwendungsgründe zum Reality TV
3.4. Bestandsaufnahme: Einzelne Motivkataloge
4.1. Forschungsfragen
4.2. Hypothesen
4.3. Operationalisierung der Hypothesen
4.4. Zusammenhang der verwendeten Theorien
4.6. Fragebogenkonstruktion
4.6.1. Bewusste Nutzungsmotive
4.6.2. Psychosoziale Dispositionen
4.7. Beschreibung der Stichprobe
5.1. Verifikation und Falsifikation der Hypothesen
5.1.1. Hypothese 1
5.1.2. Hypothese 2
5.1.3. Hypothese 3
5.1.4. Hypothese 4
5.1.5. Hypothese 5
5.1.7. Hypothese 7
5.1.8. Hypothese 8
5.2. Beantwortung der Forschungsfragen
5.3. Weitere relevante Fragen
5.4. Zusammenfassung der Ergebnisse
8.1. Literaturverzeichnis
8.1.1. Gesonderte Quellen
8.1.2. Online-Quellen
8.3. Tabellen- und Diagrammverzeichnis
8.3.1. Tabellenverzeichnis
8.3.2. Diagrammverzeichnis
8.5. Abstract
8.6. OTS-Aussendung

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DANKSAGUNGEN…

An dieser Stelle möchte ich einigen Menschen in meinem Umfeld meinen herzlichen Dank aussprechen.

Meinen Eltern möchte ich ganz besonders herzlich danken. Sie haben mich während meines gesamten Studiums nicht nur finanziell sondern auch mental unterstützt. Sie sind mir sowohl in erfreulichen als auch in schwierigen Zeiten tatkräftig zur Seite gestanden sind.

Sabrina und Isabella danke ich aus tiefstem Herzen. Für aufmunternde Worte in schwierigen, desillusionierten Zeiten, für die technische Unterstützung in vielen Bereichen, für viel Verständnis und Geduld, welches sie mir entgegen gebracht haben.

Natürlich möchte ich mich auch bei meinem Betreuer Prof. Dr. Jürgen GRIMM für seine Geduld und Hilfestellungen, die mich wieder in die richtige Richtung im Forschungsprozess gebracht haben, sehr herzlich bedanken.

Weiteres gilt ein großer Dank der „Big Brother“- und Presseabteilung des Senders „RTL 2“ für die zur Verfügung gestellten Unterlagen, die mir für die Fertigstellung dieser Arbeit sehr geholfen haben.

Es gibt noch viele Namen, die hier stehen sollten, aber jene die mir zur Seite gestanden sind und mich unterstützt haben diese Arbeit fertig zu stellen, wissen in diesem Moment genau, dass sie gemeint sind. Euch möchte ich sagen: DANKE!

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1 . E I N L E I T U N G

Anmerkung:

Alle Personenbezeichnungen, die in der vorliegenden Arbeit sprachlich in männlicher Form verwendet werden, gelten sinngemäß auch in weiblicher Form. Dennoch erlaube ich es mir in manchen Ausnahmefällen eine Doppelnennung anzugeben.

1.1. Untersuchungsgegenstand

Die vorliegende Magisterarbeit setzt sich mit dem Thema „RealityTV am Beispiel von „Big Brother““auseinander, welches im Themengebiet der Unterhaltungsforschung im Fernsehen angesiedelt ist. Die Unterhaltungsforschung stellt einen Teilbereich der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft dar. Das Herzstück dieser Arbeit setzt sich aus drei Teilen zusammen. Zum einen geht es um eine Analyse der Rezeptionsmotive der zehnten „Big Brother“-Staffel mit dem Hintergrund, Ergebnisse einer vorangegangen Rezeptionsstudie aus dem Jahr 2000 von Prof. Dr. Jürgen GRIMM zu vergleichen. Ziel dieses Vergleichs ist es, herauszufinden wie sich die Nutzungsmotive im Laufe der Zeit und der Weiterentwicklung des Formats verändert haben. Für diese Arbeit sind aber noch zwei weitere Vergleiche bedeutend. Marek MASURA hat im Jahr 2007 eine vergleichende Untersuchung zwischen den Nutzungsmotiven der slowakischen und der deutschen „Big Brother“-Staffel durchgeführt. Auch diese Ergebnisse werden in der vorliegenden Untersuchung berücksichtigt und für einen Vergleich herangezogen. Der letzte Vergleich bezieht sich auf die länderspezifischen Nutzungsmotive. Hier soll die Frage geklärt werden ob es zwischen den Rezeptionsgründen der österreichischen und deutschen „Big Brother“-Seher gravierende Unterschiede gibt oder doch einige Parallelen.

Nach kurzer Erläuterung des Sachverhalts drängt sich die Frage auf, wieso ein derartiger Vergleich angestrebt wird? Um dieser Frage gerecht zu werden, bedarf es im Vorfeld einer Skizzierung und Thematisierung des Untersuchungsgegenstandes. Vorweg aber die einleitende Fragestellung:

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Wer oder was ist eigentlich „Big Brother“?

„Big Brother“ ist ein Spiel. Zehn Menschen (oder in manchen Staffeln auch mehr), die einander nicht kennen ziehen für einen bestimmten Zeitraum gemeinsam in einen Wohncontainer, der technisch so ausgestattet ist, dass alle Räume mit Kameras und dadurch eine ständige Beobachtung zulässt. Der Zeitraum kann zwischen 100 Tagen und einem ganzen Jahr variieren. Die Kandidaten müssen stets ihr Mikrofon tragen außer beim Duschen und Schlafen, hier darf es abgelegt werden (vgl. Mikos et.al 2000: 15).

(Anmerkung: Die Arbeit enthält ein Kapitel „„Big Brother““, welches sich mit der genauen Thematik rund um die Regeln, Details und Inhalte des Fernsehformats auseinandersetzt.).

Das TV-Format „Big Brother“ unterliegt einem einfachen Prinzip: Es geht darum die teilnehmenden Protagonisten ohne Luxus und Kontakt zur Außenwelt durch Medien oder Kommunikationsmittel wie Mobiltelefon oder PC in dem „Big Brother“-Haus zu beobachten - ganz nach dem Motto „back to basics“. Den Bewohnern steht ein Budget für Lebensmittel zur Verfügung. Luxusgüter wie Zigaretten und Alkohol gibt es nur in begrenzten Mengen und können durch gewonnene Wochenaufgaben oder Matches ergattert werden. Einmal pro Woche wird von „Big Brother“ eine Art Aufgabe gestellt. Diese gilt es dann nach bestem Wissen und Gewissen, aber stets erfolgreich zu lösen. Der positive Abschluss der Aufgabe kann das Budget erhöhen oder eine andere Art von Belohnung für die Bewohner beinhalten. Niemand wird bei „Big Brother“ zum Bleiben gezwungen. Das Haus kann jederzeit verlassen werden Jedoch gilt: Einmal ausgezogen gibt es keinen Wiedereinzug in den „Big Brother“-Container. Für diesen Teilnehmer ist damit das Spiel beendet. Ein Arzt und ein Psychologe stehen den Bewohnern rund um die Uhr zur Verfügung und können selbstverständlich ohne Kamerabegleitung stets aufgesucht werden (vgl. Lücke 2002: 82ff.).

Für die thematische Auseinandersetzung dieser Arbeit wird „Big Brother“ dem Reality TV und im Speziellen dem Genre derReal Life Soapszugeordnet.

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Bei den Real Life Soaps sind noch zwei weitere Ausdifferenzierungen festzustellen; die Docu Soap und die Reality Soap. Was im genaueren unter einer Real Life Soap, einer Docu und Reality Soap zu verstehen ist, wird in einem der nachstehenden Kapitel erläutert.

Die zusammengesetzten Begriffe lassen vermuten, dass es sich bei diesem Genre um ein so genanntes Hybridgenre handelt. Unter Hybridgenre versteht man die Verschmelzung verschiedener genretypischer Eigenschaften. Ob sich diese Vermutung tatsächlich bestätigen lässt, wird im Zuge der thematischen Auseinandersetzung geklärt. Im Laufe der Konzeptionierung und stetigen Weiterentwicklung von „Big Brother“ gab es verschiedene Veränderungen im Format. Diverse Elemente wie die Einführung von Matchspielen und die Unterteilung der Bewohner in eine Art Klassengesellschaft (reich, Mittelstand, arm) wurden in das Spiel integriert.

Auch die Komponente „Haustiere“ wurde dem Spiel beigefügt, denn in einigen Staffeln hatten die Bewohner Haustiere. Zwischenmenschliche Beziehungen und das Thema Sexualität im Haus waren ab der ersten „Big Brother“-Staffel ein Thema. In Staffel 1 waren Kerstin und Alex ein Paar. Fortan gab es in jeder Staffel ein oder mehrere Pärchen sowie intime Liebesszenen und Streitereien. Die genaue Entwicklung des Formats „Big Brother“ wird in einem eigenen Kapitel näher durchleuchtet.

Die erste Staffel von „Big Brother“ lockte Millionen von Zuschauern vor den Fernseher. Dieser Erfolg wurde mit keiner Nachfolgestaffel je wieder erreicht. Es machte keinen Unterschied welche Komponente dem Spiel beigefügt wurde oder ob die Bewohner ein ganzes Jahr in einem eigenen „Big Brother“- Dorf lebten, die Zuschauerzahlen waren bei weitem nie so hoch wie bei der ersten Staffel. Im Jahr 2000, bei der Ausstrahlung der ersten „Big Brother“-Staffel, lag der Zuschaueranteil unter den 14 bis 49 Jährigen bei 19,7%. Zehn Jahre später erreichte der Quotenanteil der zehnten „Big Brother“-Staffel einen Wert von 8,7 %. Das ist deutlich weniger. (Anmerkung: Diese Informationen wurden der Autorin für das Verfassen der vorliegenden Arbeit von der Presseabteilung des ausstrahlenden Senders „RTL 2“ kostenfrei zur Verfügung gestellt.)

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Zehn Jahre nach Ausstrahlung der ersten „Big Brother“-Staffel später ging das Format zum zehnten Mal auf Sendung. Nicht umsonst wird die zehnte Staffel daher auch „Jubiläums-Staffel“ genannt. Die erste und zehnte Staffel weisen einige Querverbindungen zu einander auf, gerade wenn es um das bereits erwähnte „back to basics“-Prinzip geht.

Genau vor dem Hintergrund der Zuschauerzahlen drängt sich eine weitere Frage auf, die es zu beantworten gilt: Wird davon ausgegangen, dass sich der Erfolg und der Beliebtheitsgrad der ersten „Big Brother“-Sendung bei Staffel 10 wiederholen, weil beide demselben Motto unterliegen? Diese These ist sehr kritisch zu betrachten und kann an dieser Stelle noch keines Falls widerlegt oder bestätigt werden, wird aber zu einem späteren nochmals aufgegriffen.

Zurück zum eigentlichen Fokus der Arbeit, nämlich den angestrebten Vergleichen der Untersuchungsergebnisse von Prof. Dr. Jürgen GRIMM, Marek MASURA und den neu gewonnene Resultaten dieser Arbeit. Warum wird ein derartiger Vergleich angestrebt?

In der Literatur gibt es verschiedene Ankerpunkte, die sich dem Thema „Reality TV“ nähern. Vorwiegend liegt hier der Schwerpunkt bei Gewaltdarstellungen im Fernsehen und gewaltzentrierten Reality TV-Formaten. Erst nach der Einführung von „Big Brother“ wurde dies jedoch erst zum Objekt der Beobachtung und der Forschung. Diverse Ansätze und oberflächliche Beleuchtungen von „Big Brother“ sind in der Theorie gut vertreten, aber es existiert bislang noch keine wissenschaftlich fundierte Arbeit, die sich mit den Veränderungen beziehungsweise der Verschiebung der Rezeptionsmotive von „Big Brother“ auseinander setzt.

Konkret kann gesagt werden, dass die Erwartungen und Motive des Rezipienten oberste Priorität im Forschungsprozess haben und als nächste Stufe werden die Veränderung und der Vergleich skizziert. Diese Untersuchungsgebiete sind für die wissenschaftliche Auseinandersetzung dieser Arbeit von großer Bedeutung.

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Nachstehende Abbildung zeigt eine grafische Darstellung des beschriebenen Kontextes.

Die thematische Darstellung bildet eine hervorragende Basis für die vorliegende Magisterarbeit und zeigt deutlich, - wie bereits gesagt wurde, - dass zehn Jahre Entwicklung zwischen den „Big Brother“-Staffeln liegen. Da sich die erste und zehnte Staffel vom Prinzip her sehr ähnlich sind, ist es ein interessanter Aspekt hierzu eine Untersuchung der Rezeptionsmotive durchzuführen. Der Zeitfaktor spielt ebenfalls eine tragende Rolle, denn die Ergebnisse von GRIMM gehen auf das Jahr 2000 zurück.

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1.2. Forschungsleitende Fragestellung

Nach dem Zusammentragen der wichtigsten Parameter steht nun fest, welche zentrale Fragestellung für diese Arbeit an Bedeutung gewonnen hat. Zu Beginn sollen daher zwei wesentliche Fragen den Kontext klar schildern: Was erwarten sich die Rezipienten von „Big Brother“? Und welche Motive tragen zur Rezeption von „Big Brother“ bei? Es stellen sich also die Fragen nach den Erwartungen einerseits und nach den Motiven andererseits. Im Rahmen der geplanten Befragung soll neben diesen beiden Indikatoren auch noch geklärt werden, ob die Erwartungen der Probanden durch die Rezeption von „Big Brother“ befriedigt werden oder ob sich eine Diskrepanz einstellt.

In erster Linie geht es um die Rezeptionsmotive der Zuschauer von „Big Brother“ 10. Aufgrund desselben Konzeptprinzips zwischen der ersten und der zehnten Staffel - den beiden zu untersuchenden Staffeln-wird der bereits genannte Vergleich angestrebt. Als Basis für den Vergleich liegen die Ergebnisse der Studie von GRIMM und MASURA vor. Gerade die Weiterentwicklung der verschiedenen Staffeln wie auch die Veränderung der Rezeptionsmotive machen die Analyse interessant und zum Gegenstand der Untersuchung. Folgende forschungsleitende Fragestellung hat sich für die vorliegende Magisterarbeit daher herauskristallisiert:

Wie lassen sich die Rezeptionsgründe der Zuschauer von „Big Brother“ 10 festhalten und wo liegen die Veränderungen zwischen den Staffeln 1 und 10?

Durch diese Fragestellung sind die wichtigsten Annäherungspunkte präzise abgedeckt und dennoch bleibt genügend Raum für weitere detaillierte Forschungsfragen

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1.3. Kommunikationswissenschaftliche Einordnung und Relevanz

Nun lässt sich rückschließend feststellen und überprüfen, dass das

kommunikationswissenschaftliche Problem sowohl in das Feld der Rezeptionsforschung als auch in das der Motivforschung eingebettet ist. Eine Frage bleibt bislang aber noch unbeantwortet: Warum und für wen ist diese Arbeit samt Problemlösung wichtig? Reality TV hat sich nach Beschimpfungen wie „Trash TV“, nach zahlreichen Diskussionen und Debatten in der Kommunikationswissenschaft schließlich etabliert. „Big Brother“ war der Pionier für all die ähnlichen Sendungen und Formate, die danach ausgestrahlt wurden. Somit kann durchaus bestätigt werden, dass „Big Brother“ als Meilenstein in der programmgeschichtlichen Entwicklung angesehen werden kann (vgl. Braun 2001: 4).

Es gibt einschlägige wissenschaftliche Literatur zum Thema „Reality TV“ und „Big Brother“ wie auch diverse Studien über die Rezeptionsmotive von „Big Brother“. Aber es fehlt in der Literatur noch ein gesammeltes Konstrukt an Fakten, Daten und Ergebnissen zu diesem wie oben beschriebenen Kontext. Im Literaturabschnitt macht sich ganz deutlich bemerkbar, dass es für Reality TV noch keine einheitliche Definition gibt. Eine chronologische Übersicht über die Definitionsversuche wie auch die verbreiteten Definitionsansätze gibt Aufschluss darüber, dass hier noch Pionierarbeit zu leisten ist. Reality TV hat sich in den Jahren stetig und kontinuierlich weiterentwickelt. Verschiedene Ausprägungen haben sich diesem Genre angeschlossen und sind aus diesem entsprungen. In der vorliegenden Arbeit wird „Big Brother“ dem Subgenre „Reality Soap“ zugeteilt. Eine detaillierte Bestimmung und Charakterisierung dieses Genres wird zu einem späteren Zeitpunkt in dieser Arbeit fortgeführt.

Wichtig sind diese Arbeit und deren Ergebnisse für all jene, die in dem behandelten Bereich weitere Forschungen betreiben wollen, die sich dafür interessieren und natürlich auch für alle Rezipienten von „Big Brother“ und ähnlichen TV-Formaten. Ebenso könnte der verantwortliche Sender RTL 2 von den Ergebnissen profitieren und für die geplante elfte „Big Brother“-Staffel die neu gewonnenen Erkenntnisse in die

Konzeptionierungsphase einbauen.

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1.4. Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Magisterarbeit weist einen klar definierten Aufbau auf und trägt damit zum allgemeinen Verständnis der behandelten Themen- und Forschungsbereiche bei. Der folgende Abschnitt beschäftigt sich zunächst mit den relevanten Literaturthemen. Diese teilen sich wie folgt auf:

1.) Reality TV

Dieses Unterkapitel beschäftigt sich mit den verschiedenen Ansätzen einer geeigneten und einheitlichen Definition des Begriffs „Reality TV“. Dabei wird aus den bisher bekannten Befunden eine Definition ausgewählt, welche für diese Arbeit als passend befunden wird.

Weiters hat sich die Soziologin Angela KEPPLER mit der Thematik rund um das performative Realitätsfernsehen auseinander gesetzt. Hierzu enthält die Arbeit einen kurzen theoretischen Exkurs. Anschließend werden die Subgenres des Reality TV und ihre charakteristischen Merkmale näher beleuchtet.

2.) Real Life Soaps

Bei Real Life Soaps handelt es sich um ein Subgenre des Reality TV. Das Format „Big Brother“ wird für die vorliegende Arbeit dieser Sparte zugeordnet. Die Sendung zählt zu den Reality Soaps. Der Abschnitt über die Real Life Soap beschäftigt sich mit der Ausdifferenzierung der beiden Ausprägungen, der Docu Soap und der Reality Soap. Ebenso werden die charakteristischen Merkmale dieser beiden Subgenres beleuchtet. Im Anschluss folgt dann eine Gegenüberstellung der Docu Soap mit der Reality Soap. Wo liegen die Unterschiede und wo weisen die beiden Ausprägungen Querverbindungen auf? Ebenso sollen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Real Life Soaps und anderen Formaten des performativen Realitätsfernsehens geklärt werden.

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3.) „Big Brother“

Das Kapitel rund um „Big Brother“ selbst beginnt mit einer Annäherung an das Thema. In der Einleitung wird kurz erläutert, was „Big Brother“ überhaupt ist. Es folgt ein Rückblick über die Highlights der Staffeln 1 bis 9. Dieser ruft die bereits gesendeten Staffeln noch einmal in Erinnerung. Hier werden auch die Veränderungen im Staffelkonzept, soweit diese vorhanden waren, aufgeschlüsselt. Im Anschluss folgt dann ein Abschnitt über die zehnte Staffel von „Big Brother“.

4.) Forschungsbezogene Theorien

Bei den forschungsbezogenen Theorien liegt das Hauptaugenmerk auf dem so genannten „Uses-and-Gratifications-Approach“. Dies ist in der Kommunikationswissenschaft beziehungsweise in dem Teilgebiet

Medienwirkungsforschung ein sehr gängiger Ansatz und bildet die theoretische Basis der vorliegenden Arbeit. Der Erwartung-Bewertungs-Ansatz nach PALMGREEN spielt für die empirische Untersuchung eine wichtige Rolle. Die psychosozialen Theorien−hier sind der „locus of control“ und „sensation seeking“ gemeint - dienen unter anderem als Bausteine für die empirische Untersuchung. Weiters sollen wissenschaftlich belegte Zuwendungsgründe zum Reality TV geklärt werden und im Nachhinein werden einzelne Motivkataloge vorgestellt. Für das empirische Vorhaben wird dann einer dieser Kataloge ausgesucht und als Basis für die Untersuchung verwendet.

Nachdem die genannte Theorie mit all ihren Fakten zusammengetragen wurde, kommt es im Zuge der bereits angekündigten empirischen Untersuchung zu einer Überprüfung der Ergebnisse, die aus der vorangegangenen Literaturrecherche hervorgegangen sind. Die Untersuchung wird in Form eines Online-Fragebogens durchgeführt.Im Anschluss an die Befragung folgt die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse. Diese wiederum werden an die Themen der Literatur angeknüpft und mit diesen verglichen. Dadurch findet eine Rückkoppelung an den bisherigen Forschungsstand statt. Dieser Prozess ist für den anschließenden Ausblick essentiell und bietet möglicherweise Ansätze für neue Forschungen in dem behandelten Themengebiet.

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2 . R E L E V A N T E L I T E R A T U R B E R E I C H E

2.1. Reality TV

In den letzten Jahren hat sich Reality TV zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Fernsehgeschichte etabliert. Mit „Big Brother““ entstand ein Hype, der um die Welt ging. In England haben allein die Reality TV-Sendungen 50 Prozent des Marktanteils eingenommen. In Amerika existieren eigene Kanäle, welche nur Reality TV-Formate ausstrahlen (vgl. Hill 2005: 2). Aber um die ganze Entwicklung von Reality TV zu skizzieren, muss der Blick weitläufiger gerichtet sein, denn immerhin hat es schon vor „Big Brother“ Reality TV und dessen Begriffskonstruktion gegeben.

Der Wandel rund um das Genre „Reality TV“ hat knapp ein Jahrzehnt angedauert und hatte zur Folge, dass sich nicht nur der Begriff sondern auch das Verständnis für Reality TV verändert haben. Anfang der 90er-Jahre ist eine kritische, kontroverse Diskussion entbrannt. Das Ergebnis dieser Diskussion war, dass der Begriff „Reality TV“ negativ behaftet war. Wüste Beschimpfungen wie „Trash TV“ oder „Psycho TV“ kursierten. Auf die negative Kritik reagierten die Sender natürlich prompt und ließen ihre Programme und Sendungen nicht mehr unter dem Namen „Reality TV“ laufen, sondern bezeichneten sie künftig als „Ratgeber“ (vgl. Lücke.2002: 49ff.). EBERLE bringt das Offensichtliche nahe, denn mit der Kritik verschwand zwar die Bezeichnung „Reality TV“, trotz der Begriffsvermeidung zeigt sich jedoch deutlich, dass im deutschsprachigen Raum immer mehr Sendungen dieser Art angeboten werden und somit in Konkurrenz zueinander stehen. Im Vergleich zu den Anfangsjahren hat sich hier ein bedeutender Wandel bemerkbar gemacht (vgl. Eberle 2000: 17).

Nach der Etablierung von „Big Brother“ ergab sich ein neues Szenario, denn nun bekam die Sendung selbst den Beinamen „Reality TV“. „Big Brother“ wurde automatisch mit Reality TV in Verbindung gebracht. Es wird deutlich, dass die Definition von Reality TV heutzutage vielfältiger ist als noch im Anfangsstadium zu Beginn der 90er.

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Der nächste Schritt ist nun eine geeignete Definition für das Genre „Reality TV“ zu finden. In der Literatur existieren verschiedene Ansätze, aber es gibt keine einheitliche Begriffserklärung. Im Anschluss an den kommenden Überblick über die verschiedenen Definitionsansätze wird eine Definition ausgewählt, welche am besten zur Thematisierung dieser Arbeit passt.

2.1.1. Definitionsansätze

Im nachstehenden Abschnitt wird nun der Frage nach einer allgemein gültigen Definition von Reality TV nachgegangen. Bis jetzt gibt es in der Literatur keine eindeutige und einheitliche Definition und somit auch keine Übereinkunft darüber, welche Sendungen und Formate sich zum Genre „Reality TV“ dazu zählen dürfen und welche nicht. Es geht hier ganz klar hervor, dass die Meinungen darüber, was eigentlich Reality TV ist, keineswegs einheitlich sind (vgl. Wegener 1994: 11).

Einleitend ein kurzer Rückblick auf die Herkunft von Reality TV. Dieses hatte seinen Ursprung wie auch die Begriffsprägung in den USA. Seit 1988 entstanden in den Vereinigten Staaten so viele Sendungen, die sich zum Genre „Reality TV“ dazu zählen lassen, dass 1992 ein US-Journalist behauptete ohne Reality TV könne sich kein erfolgreiches Programm mehr gestalten lassen. Anfang der 90er Jahre strömten einige Sendekonzepte auf die europäischen Fernsehstationen über. In Italien gab es beispielsweise schon seit 1987 eine sehr erfolgreiche Gerichtsshow, welche Aufnahmen aus Gerichtsverfahren preisgab. An dieser Stelle ist wichtig anzumerken, dass die Sendungen durch ihre spezifischen nationalen, sozialen und kulturellen Eigenheiten an die verschiedenen Länder angepasst wurden (vgl. Lücke 2002: 27).

In den USA hatte sich Reality TV schon seit fast zehn Jahren etabliert, als das Genre auch in Europa in die Fernsehprogramme aufgenommen wurde. „ Television vertié “ oder „televisioné vertia“−so heißen die Gattungen des Reality TV in Frankreich oder Italien. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine Kopie des amerikanischen Vorreiters, sondern das europäische Reality TV präsentiert sich mit neueren Varianten.

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Wie bereits im vorigen Absatz erwähnt, werden die amerikanischen Vorbilder so abgeändert, dass sie an die spezifischen nationalen, sozialen, historischen und kulturellen Kontexte des jeweiligen Landes angepasst werden. Vorwiegend werden Reality TV-Sendungen von privaten Sendern ausgestrahlt, aber es gibt auch Einzelfälle bei öffentlich-rechtlichen Anstalten. Ein Beispiel aus Italien: Das Programm „RaiTre“ hat die Sendung „un giorno in Pretura“ (übersetzt: Ein Tag im Amtsgericht) ausgestrahlt. Seit 1987 existiert diese Form des Reality TV in Italien. 130 Episoden wurden im Fernsehen gezeigt und drei Millionen Menschen hat diese Sendung erreicht. Dabei werden ausschließlich Aufnahmen aus dem Gerichtssaal verwendet. Die Geschichten der Akteure lassen die Realität grausamer Verbrechen neu aufleben. Ein weiteres internationales Beispiel aus dem Jahr 1991 geht auf die Sendung „Crime Time“ aus den Niederlanden zurück. Den Inhalt dieser Sendung bilden die Rekonstruktionen verschiedener Kriminalfälle, an welchen die Zuschauer teilhaben. Insgesamt stellt „Crime Time“ ein Wechselspiel zwischen Fiktion und Realität dar. Zwei Millionen Zuschauer haben diese Sendung auf den Bildschirmen verfolgt (vgl. Wegener 1994: 19ff.).

Eine direkte Übersetzung von „Reality TV“ ins Deutsche heißt wortgetreu: „Realitäts-“ oder „Wirklichkeitsfernsehen“. Aber was genau versteht man darunter? Die genaue deutsche Übersetzung bringt noch keine Klarheit in das scheinbar diffuse Genre. Die Basis der Reality TV-Sendungen besteht aus tatsächlich geschehenen oder nachgestellten Ereignissen. Kennzeichnend für Reality TV ist die Darstellung von Grenzsituationen. Diese Situationen werden so beschrieben, dass die teilnehmenden Protagonisten an ihre Grenzen stoßen. Ein Beispiel dafür wäre, das Leben im Dschungel unter freiem Himmel. In der Anfangsphase der Sendung beliefen sich diese Situationen auf gewaltträchtige Inhalte wie Unfälle, Katastrophen oder Verbrechen. Aber nicht nur für das Wirklichkeitsfernsehen trifft das zu, denn ebenso werden in Nachrichten- wie auch in Informationssendungen gewaltzentrierte Themen präsentiert. Aber zurückkommend auf die Grenzsituationen: Hier ist ein Anknüpfungspunkt an das thematische Beispiel dieser Arbeit „Big Brother““ vorhanden. Denn bei „Big Brother“ handelt es sich ebenfalls um eine Grenzsituation. Es wird zwar die Wirklichkeit dargestellt, aber die teilnehmenden Protagonisten leben unter schwierigen Umständen miteinander: Kein Kontakt zur Außenwelt, kein Rückzugsort und ständige Beobachtung (vgl. Wegener 1994: 15ff).

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Der erste Definitionsversuch zur Bestimmung von Reality TV geht auf das Institut für Medienanalyse und Gestalterkennung (IMAGE) in Essen zurück. Durch ein Projekt mit dem Bezugspunkt Reality TV unterschied das IMAGE zwischen folgenden Darstellungsformen, die dem Reality TV zugeordnet wurden:

1. Filmdokumente: Echtaufnahmen außergewöhnlicher Ereignisse oder Aufnahmen mit dokumentarischen Elementen, welche mittels versteckter Kamera gedreht wurden.

2. Dokumentationsdramen: Nachgespielte Realereignisse, die von Sendern produziert werden.

3. Reality Shows: In diesen Shows (Talk, Psychodrama und Aktion) werden reale Konflikte der Zuschauer dargestellt und Ziel ist es diese teilweise oder gänzlich zu lösen oder aufzuklären.

4. Suchsendungen: Hier wird der Versuch gestartet ein Sozialproblem mit Hilfe der Möglichkeiten, die dem Sender obliegen, zu lösen (vgl. Lücke 2002: 33).

Zu den Reality Shows zählen die Projektbeauftragten auch die Daily Talkshows, die am Nachmittag ausgestrahlt werden. Zentral sind auch hier die real existierenden Konflikte. Diese werden vor der Kamera ausgetragen und auch im besten Fall gelöst. Diese Zuordnung geht auf das IMAGE zurück und wird aber keineswegs von allen Wissenschaftlern und Forschern akzeptiert. Es herrscht Uneinigkeit und Verwirrung bei der thematischen Abgrenzung von Reality TV. 1993 hat der ARD Forschungsdienst folgende Begriffszusammenfassung dargelegt (vgl. Lücke 2002: 34):

„Es [ist] allerdings schwierig, Reality TV als Genre eindeutig zu definieren. (…) [Es] erscheint daher naheliegender, im Zusammenhang mit Reality TV von Programmformen zu sprechen, bei denen reale Ereignisse dazu benutzt werden, eine möglichst hohe Aufmerksamkeit des Zuschauers zu erzielen, ihm einen Nervenkitzel zu verschaffen.“ (Lücke 2002: 34)

Diese Definition fasst die verschiedenen Arten des Reality TV zusammen. Es trifft auf die klassischen gewaltzentrierten Sendungen wie auch auf die Versöhnungsshows oder Gerichtssendungen zu (vgl. Lücke 2002: 34).

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Durch die Darstellung der Geschichten und die emotionsauslösende Dramaturgie wird bei dem Zuschauer Aufmerksamkeit, ein Spannungsgefühl und auch Nervenkitzel ausgelöst. Denn gerade bei den Formaten mit Verzeihungs- und Versöhnungselementen stellt sich eine wesentliche Frage, auf die der Zuschauer eine Antwort erwartet: Wird verziehen oder wird nicht verziehen (vgl. Lücke 2002: 34)?

1994 zieht Claudia WEGENER die Definitionsversuche um den Begriff „Reality TV“ enger. WEGENER fasst die Merkmale der formalen Gestaltung der Reality TV-Sendungen so zusammen: Es handelt sich dabei um eine Aufteilung in einzelne Etappen, denn jede Sendung stellt eine abgeschlossene Erzählung dar und im Laufe jeder Sendungen werden vier bis fünf Geschichten erzählt. Ein Moderator begleitet und führt den Zuschauer durch die Folge. Aber nicht jedes Format aus dem Bereich „Reality TV“ ist so aufgebaut. Im Laufe der Diskussion um das Genre selbst zeigt sich, dass der Begriff enger gefasst werden muss. Auf WEGENER bezogen lassen sich Reality TV-Sendungen daher durch folgende Merkmale kennzeichnen:

1. Ereignisse, die wirklich geschehen sind werden entweder realitätsnahe nachgestellt oder durch originale Filmausschnitte dokumentiert. 2. Der Bezug zu aktuellen gesellschaflichten relevanten Themen ist bei den Ereignissen nicht vorhanden.

3. Die dargestellten Begebenheiten zeigen Personen, die psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt sind und/oder diese erleiden. 4. Die diversen Beiträge konkretisieren verschiedene Erlebnisse, stehen aber in keinen unmittelbaren Zusammenhang zueinander (vgl. Wegener 1994: 16ff.).

Anders als die Projektbetreuer des IMAGE schließt WEGENER die Reality Shows aus der Genre-Zugehörigkeit des Reality TV aus. Sie ist der Meinung, dass diese Formate eher dem Genre der Talk Shows angehören (vgl. Lücke 2002: 35).

Der nächste Definitionsversuch geht auf Professor Peter WINTERHOFF-SPURK et al. zurück. Es entstand die Annahme, dass Reality TV ein Genre mit Unterkategorien darstellt. WINTERHOFF-SPURK et al. teilen diese Kategorien wie folgt ein (vgl. Lücke 2002: 36):

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•Kriminelles Verhalten (Beispiel: „Aktenzeichen XY ungelöst“, ZDF)•Unglücksfälle (Beispiel: „Notruf“, RTL)

•Nicht-kriminelles deviantes Verhalten (Beispiel: „Bitte melde Dich“, SAT 1)

Sendungen, die Ereignisse inszenieren und „live“ gezeigt werden, werden bei der Begriffseingrenzung nicht berücksichtigt. Die Begründung dafür geht auf den Faktor der Vergangenheit zurück, denn die Ereignisse haben sich bereits in der Vergangenheit zugetragen und täuschen das „Live-Gefühl“ vor. Diese Formate werden dem Genre der TV-Show zugeordnet. Es entsteht folgender Definitionsansatz, der noch Platz für weitere Modifizierungen und Ausdifferenzierungen zulässt (vgl. Lücke 2002: 36):

Als Reality TV-Sendungen werden Formate definiert, in denen im Allgemeinen:

•„(…) bereits vergangene negative Deviationen des Alltäglichen (…) und deren erfolgreiche Bewältigung,

•vornehmlich mit nachgespielten oder für die Sendungen inszenierten Ereignissen, mit Originalaufnahmen und mit Interviews,•mit meist männlichen Einzelpersonen in den Rollen von Rettern und Opfern,

•vorwiegend unter Verwendung von Groß- und Nahaufnahmen mit

•in den Schritten Vorgeschichte, Verbrechen bzw. Notsituation sowie Ermittlung bzw. Rettung

dargestellt werden.“ (Lücke 2002: 36ff.)

WINTERHOFF-SPURK et al. weiten im Gegensatz zu WEGENER den Begriff „Reality TV“ noch weiter aus. Angela KEPPLER hat sich 1994 mit dem Begriff des narrativen und performativen Realitätsfernsehens auseinandergesetzt. Für ein besseres Verständnis folgt vor dem Definitionsversuch ein kurzer Exkurs darüber, was unter diesen beiden Ausprägungen des Reality TV zu verstehen ist (vgl. Lücke 2002: 37).

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Zurückkommend auf die Definitionsversuche für das Genre des Reality TV. KEPPLER stellt sich der Frage, ob das Fernsehen als Tür zur wirklichen Welt fungiert oder ob mit den neuen Sendungsformanten die mediale Welt längst zu einer wirklichen Welt mutiert ist. Hier spielt das performative Reality TV für KEPPLER eine wesentliche Rolle. Das performative Realitätsfernsehen handelt von der Alltagswirklichkeit der Menschen. In diese wird eingegriffen und es werden soziale Handlungen ausgeführt, die damit das soziale Alltagsleben der Akteure verändert. Im Gegensatz dazu unterhält das narrative Realitätsfernsehen den Zuschauer mit nachgestellten Bildern und Szenen einer tatsächlich erlebten Katastrophe (vgl. Keppler 1994: 8). KEPPLER bezeichnet die Daily Talkshow als Vorreiter des performativen Reality TV.

Die Gemeinsamkeit bei diesen beiden Formaten liegt darin, dass „echte“ Menschen in „echten“ Geschehnissen/Ereignissen zu Wort kommen und dass Personen mit ihren Alltagssorgen die Öffentlichkeit des Fernsehens suchen. KEPPLER ist aber auch der Ansicht, dass es einen Unterschied zwischen den Reality TV-Formanten und den Talk Shows gibt. In den Daily Talkshows werden zwar intime und private Angelegenheiten vor der Kamera und vor den Augen der Zuschauer angesprochen, aber diese werden in der Sendung nicht bereinigt. Nach gut zehn Jahren Weiterentwicklung, welche auch im Bereich der Talkshow stattgefunden hat, ist dieser Unterschied nicht mehr gültig. Die verschiedenen Talkshow-Themen greifen direkt während der Sendung in die Alltagswelt der Protagonisten ein. Zum Beispiel: Wenn eine schwangere Frau während der Sendung den Vater ihres Kindes auffordert zu ihr zurückzukommen oder wenn Menschen vor den Augen der Öffentlichkeit und den laufenden Kameras ihrem Partner verkünden, dass es keine gemeinsame Zukunft gibt. Das sind unter anderem Exempel dafür, dass auch die Talkshow zu den Formen des performativen Realitätsfernsehens gezählt werden kann und KEPPLER hätte diese wahrscheinlich auch aus heutiger Sicht dem performativen Reality TV zugeordnet. Der nächste Versuch Reality TV zu definieren geht auf WALITSCH zurück und besagt, dass all jene Sendungen zum Reality TV gezählt werden können, bei denen die Wirklichkeit mit all ihren unvorhersehbaren Chancen zum Zeitpunkt ihres Geschehens gefilmt und übertragen werden (vgl. Lücke 2002: 38).