Weihnachtsgans und Krippenmord - Jessica Müller - E-Book

Weihnachtsgans und Krippenmord E-Book

Jessica Müller

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Beschreibung

Glühwein, Plätzchen und ein Mord: Es weihnachtet sehr in Krindelsdorf.

Ein knackig-kurzer Krimi für mordsbesinnliches Lesevergnügen zwischen Weihnachtsmarkt und Adventskaffee. Inklusive Rezepten für Jessica Müllers Lieblingsplätzchen und Tante Isobels speziellen Weihnachtsdrink!

Der Lehrer Anton Bierbichler taucht nicht zur Probe des Krippenspiels der Krindelsdorfer Grundschule auf. Man findet ihn an eine Futterkrippe gefesselt - erfroren. Und das kurz vor dem Fest der Liebe! Wo Hirschberg doch schon froh ist, wenn sich Totschlag in der eigenen Verwandtschaft vermeiden lässt. Und während der Schnee leise rieselt, fragt sich der Hauptkommissar: Was ist das Motiv für diesen eiskalten Mord?

Spannend, bayrisch, festlich: Ein weihnachtlicher Fall für Hauptkommissar Hirschberg.

Dieses eBook hat eine Länge von ca. 100 Buchseiten. Der abgeschlossene Fall ist zwischen den Romanen "Eisenhut und Apfelstrudel" und "Leberkäs und Hackebeil" angesiedelt.

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.

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Seitenzahl: 128

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Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Rezepte

Ischler Plätzchen (nach Art meiner Großmutter)

Isobels Hot Whisky

Weitere Titel der Autorin

Eisenhut und Apfelstrudel

Leberkäs und Hackebeil (März 2019)

Über dieses Buch

Es weihnachtet sehr in Krindelsdorf: Hauptkommissar Hirschberg ist im Stress. Sein Haus wird renoviert, seine Frau ist schwanger, und seine anstrengende Schwiegertante Isobel hat sich angekündigt. Dann auch noch eine Leiche – und das kurz vor dem Fest der Liebe! Wo man doch schon froh ist, wenn sich die eigene Verwandtschaft nicht die Köpfe einschlägt.

Der Lehrer Anton Bierbichler taucht nicht zur Probe des Krippenspiels der Krindelsdorfer Grundschule auf. Man findet ihn an eine Futterkrippe gefesselt – erfroren. Hirschberg ermittelt: Genau ein Jahr ist es her, dass Bierbichler einen tödlichen Autounfall verursachte. Und während der Schnee leise rieselt, fragt sich Hirschberg: Wie hängt das mit dem eiskalten Mord zusammen?

Über die Autorin

Jessica Müller, geboren 1976 in München, verbrachte ihre Kindheit im Dachauer Land, wo auch der fiktive Ort Krindelsdorf liegt. Nach einem abgeschlossenen Übersetzerstudium folgten Auslandsaufenthalte in England und Irland. Derzeit lebt sie in Bonn und studiert Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität.

JESSICA MÜLLER

Weihnachtsgans undKrippenmord

EIN BAYERN-KRIMI

beTHRILLED

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Texterei Andreas Zinßer, Stuttgart

Lektorat/Projektmanagement: Lukas Weidenbach

Covergestaltung: U1berlin / Patrizia di Stefano

Unter Verwendung von Motiven von © shutterstock: DenisNata | Fotyma | Nataliia K | Mak3t

Vignette im Fließtext: © shutterstock / MuchMania

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-6476-7

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Prolog

Winzige Schneeflocken tanzten vor dem Fenster zu Weihnachtsliedern, die die lähmende Stille übertönen sollten. Die Schneedecke im Garten glitzerte im Licht der Wohnzimmerbeleuchtung und schürte die Hoffnung auf ein weißes Weihnachten. In den Fenstern der Nachbarhäuser strahlten Lichterketten, an den Haustüren prangten mit Sternen verzierte Kränze. Die besinnliche Zeit hielt in Krindelsdorf Einzug.

Anton Bierbichler verzog seinen Mund zu einer verbitterten Grimasse, als sein Blick auf den Schokoladenweihnachtsmann und die Plätzchendose auf dem Couchtisch fiel. Geschenke seiner alten Freundin Annemarie zum Nikolaus. Sie meinte es gut, wusste er. Aber auch sie konnte ihn an diesem Tag nicht trösten.

Vor genau einem Jahr war seine Welt an der Mauer eines verfallenen Bauernhauses zerschellt. Noch immer sah er das Licht des Vollmonds, der sich auf der vereisten Fahrbahn spiegelte. Ricardas Vorhaltungen dröhnten durch den Wagen. Sein einziger Halt war das Lenkrad, das er schraubstockartig umklammerte. Die desillusionierten Augen seiner Tochter Amelie glänzten verräterisch feucht im Rückspiegel des Wagens. Ihr Freund Jonas drückte ihre Hand. Er hielt den Kopf gesenkt. Die Szene einer zerrütteten Ehe war dem Jungen unangenehm. Bierbichler kniff gequält die Augen zusammen, als die Bilder vor seinem geistigen Auge aufzogen.

Er hatte sich ablenken lassen. Einen kurzen Augenblick nur. Ricardas schrille Stimme und ihre Sticheleien waren einfach zu viel gewesen. Anton hatte seine Frau doch nur zur Vernunft bringen wollen, als er sich ihr zugewandt und mit einer fahrigen Handbewegung das Steuer seines Wagens herumgerissen hatte. Der entsetzte Aufschrei seiner Tochter kam zu spät.

Bierbichler hatte nur noch bruchstückhafte Erinnerungen an den Unfallhergang. Ein kleiner Moment der Unaufmerksamkeit genügte, um gleich mehrere Leben zu zerstören. Hatte er unbewusst womöglich genau das gewollt, fragte Bierbichler sich nun und leerte den Cognacschwenker in nur einem Zug.

Nachdem er eine Weile vor sich hingestarrt hatte, erhob er sich schwerfällig. Ein Cocktail aus Bier und Cognac jagte durch seine Venen, und er rang um Gleichgewicht. Bierbichler wankte in die Küche und öffnete den Kühlschrank, der bis auf mehrere Flaschen Bier fast leer war. Das Klingeln an der Haustür ließ ihn innehalten.

Bierbichler ging auf unsteten Füßen zum Küchenfenster. Ein leises Fluchen kam über seine Lippen. Es war mittlerweile zu dunkel, um die Gestalt vor seiner Tür auszumachen. Er war zum Eigenbrötler geworden und bekam nur noch selten Besuch. Gerade an diesem Tag wollte er erst recht allein in den Schatten der Vergangenheit ausharren.

Es läutete ein weiteres Mal. Bierbichler seufzte. Mit hängenden Schultern ging er zu den Klängen von Last Christmas zur Tür.

1.

»Christoph!« Pfarrer Schmalzengrubers Stimme hallte inquisitorisch durch die Aula der Grundschule. »Würde sich so ein demütiger Hirtenjunge benehmen? Ein einfacher Schafhirte, der zum ersten Mal das strahlende Antlitz des neugeborenen Herrn erblickt?« Er deutete einen anklagenden Finger auf die halbvolle Plastikflasche Limonade, die der Junge, begleitet von lautem Gelächter, als Fußball missbrauchte und durch den Flur kickte. »Heb gefälligst die Flasche auf! Wir müssen jetzt mit der Probe anfangen. Ihr wisst ja«, der Pfarrer wandte sich mit erhobenem Zeigefinger an die Kinder, »dass ihr schon in gut zwei Wochen am Heiligen Abend in der Marktkirche das Krippenspiel aufführen werdet! Und auch der Herr, der seine gerechten Augen und Ohren überall hat, wird euch aufmerksam zusehen!«

»Sieht er uns auch zu, wenn wir auf dem Klo sitzen und in der Nase bohren?« Ein breit grinsender Junge, dessen Gesicht mit Sommersprossen übersät war, kicherte und blickte Schmalzengruber mit aufmüpfig blitzenden Augen an. »Mein Bruder sagt immer …«

»Ich weiß, was dein Bruder immer sagt, Franjo!«, rief Pfarrer Schmalzengruber und stemmte die Hände in die Hüften. Wenn der Junge sich seiner Rolle des Josef doch endlich als würdig erweisen würde! »Ich kenne diese verirrte Seele schließlich schon seit dem Tag ihrer Taufe! Und wie du sicher weißt, sehe ich ihn derzeit auch regelmäßig zur Firmvorbereitung. Bleibt nur zu hoffen, der Heilige Geist möge erfolgreich in ihn fahren und den Samen der Rechtschaffenheit in seinem Inneren pflanzen und zum Sprießen bringen!«

»Was bedeutet das?« Ein dunkelhaariges Mädchen blickte den Geistlichen aus ihren fast schwarzen Augen verständnislos an. »Was heißt Rechtschaffenheit? Und wie kann man denn einen Samen in jemanden pflanzen?«

»Mein Bruder sagt, Leonie, …«, hob Franjo mit schallendem Gelächter an.

»Franjo! Wage es nicht!« Ungesunde rote Farbe schoss in Schmalzengrubers Wangen. »Wenn du so weitermachst, muss ich dich vom Krippenspiel ausschließen! Ich werde dein gottloses Gefasel in dieser besinnlichen Zeit nicht dulden!«

»Kann ich dann gehen?« Der Junge strahlte ihn hoffnungsvoll an. »Es schneit draußen! Meine Freunde und ich wollen Schlitten fahren und eine Schneeballschlacht machen, und dann …«

»Du gehst jetzt sofort in den Probenraum!« Schmalzengrubers Stimme klang unerbittlich. Auf die Schnelle würde er keinen Ersatz für den Josef finden, schoss es ihm erzürnt durch den Kopf. Aber er würde schon dafür sorgen, dass Franjo sich benahm! »Herr Bierbichler wartet sicher schon händeringend auf uns.«

»Da wäre ich mir nicht so sicher.« Annemarie Haller, die Konrektorin der Grundschule, kam mit klackenden Absätzen die Treppe hinunter in die Aula. Trotz des warmen Wollpullovers schien sie zu frösteln, instinktiv verschränkte sie die Arme vor der Brust. Sie blickte den Pfarrer mit einem besorgten Ausdruck in ihren blauen Augen stirnrunzelnd an.

»Wie meinen Sie das, Frau Haller?« Schmalzengruber klang ungeduldig. »Wir sind bereits spät dran, und …«

»Kinder, seid bitte so lieb, und geht schon einmal hinunter in den Probenraum.« Die Konrektorin lächelte. »Ich muss rasch etwas mit Pfarrer Schmalzengruber besprechen. Ihr könnt euch derweil schon einmal vorbereiten. Der Heilige Abend ist ja schon bald. Und ihr wollt doch, dass das Krippenspiel ein Erfolg wird, oder?« Annemarie Haller zwinkerte den Kindern zu. »Leonie, ich habe übrigens gehört, dass du als Maria richtig gut bist«, fügte sie an das dunkelhaarige Mädchen gewandt hinzu. »Deine Eltern sind bestimmt sehr stolz auf dich!«

»Mama hat gesagt, dass Jonas von einem hellen Stern aus zusehen wird, wenn wir das Krippenspiel aufführen.« Leonie blickte die Konrektorin hoffnungsvoll an.

»Das tut er ganz bestimmt!«, nickte Annemarie Haller und strich ihr rasch über die Wange. »Und jetzt los! Pfarrer Schmalzengruber ist gleich bei euch!«

»Würden Sie mich bitte aufklären, Frau Haller?« Der Pfarrer blickte sie mit wachsender Ungeduld an. Er hasste Verzögerungen. »Was soll das heißen, dass Sie sich nicht sicher sind?«

»Herr Bierbichler hätte heute ab der dritten Stunde Unterricht halten müssen. Er ist aber einfach nicht aufgetaucht. Ich musste auf die Schnelle einen Ersatz organisieren.« Ihr Gesichtsausdruck verdüsterte sich. »Er hat sich auch nicht krankgemeldet.«

»Sie meinen, er ist einfach so nicht zur Arbeit erschienen?« Schmalzengrubers Tonfall brachte unmissverständlich zum Ausdruck, was er von Pflichtvergessenheit dieser Art hielt.

»Wir haben mehrmals versucht, ihn zu erreichen, aber er ging nicht ans Telefon. Und gerade hat mich die Sekretärin angerufen. Frau Dichtl wollte auf dem Weg nach Hause bei ihm vorbeigehen und sich vergewissern, dass alles in Ordnung ist. Er hat auf ihr Läuten und Klopfen aber nicht reagiert. Im Haus muss alles still gewesen sein, und die Vorhänge waren zugezogen. Das gefällt mir nicht, Herr Pfarrer. Ich ziehe ernstlich in Betracht, die Polizei zu rufen.«

»Nun übertreiben Sie es mal nicht mit Ihrer Fürsorge, Frau Haller!« Schmalzengruber winkte ab. »Herr Bierbichler ist ein erwachsener Mann, auch wenn sein Pflichtbewusstsein zu wünschen übriglässt …«

»Herr Pfarrer!« Die Konrektorin fiel ihm unwirsch ins Wort. »Darf ich Sie daran erinnern, was gestern für ein Tag war?«

Schmalzengruber blinzelte überrascht, bevor es ihm dämmerte. Nun machte sich auch in seiner Magengegend ein ungutes Gefühl breit.

»Oh … Daran habe ich gar nicht gedacht«, murmelte er, und seine Stirn legte sich in Falten. Am gestrigen Nikolaustag hatte sich Bierbichlers tragischer Autounfall zum ersten Mal gejährt. Der Pfarrer gestand sich widerwillig ein, dass er sich in dieser schweren Zeit womöglich zu wenig um die Sorgen und Nöte des Religionslehrers gekümmert hatte.

»Verstehen Sie jetzt, warum ich mir so große Sorgen mache?« Annemarie Haller blickte ihn mit nach oben gezogenen Augenbrauen an. »Auch wenn Anton tatsächlich kaum bis gar keine Schuld trifft, macht er sich seither die schlimmsten Vorwürfe. Seit dieser Tragödie ist er nicht mehr der, der er gewesen ist. Wissen Sie, manchmal glaube ich, dass er nach dem Unfall einfach nicht mehr richtig zurück ins Leben gefunden hat. Ricarda und er mögen ja ihre Schwierigkeiten gehabt haben, aber sie beide haben Amelie geliebt. Dass seine Tochter nicht mehr da ist, ist das Schlimmste für ihn.« Sie schüttelte traurig den Kopf. »Ich will mir gar nicht erst vorstellen, wie es wäre, wenn ich eines meiner Kinder verlieren würde.« Sie machte eine ausladende Handbewegung. »Anton hat Amelies Tod nie verwunden.«

»Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen, Frau Haller.« Pfarrer Schmalzengruber räusperte sich. »Die Fähigkeit, mit so herben Schicksalsschlägen umzugehen, ist nicht jedem von uns in die Wiege gelegt. Sie haben wirklich nichts von Herrn Bierbichler gehört?«

»Nein. Gestern nach der Schule habe ich noch versucht, mit ihm zu sprechen. Ich habe ja gesehen, wie schlecht es ihm ging. Gerade an diesem Tag. Ich wollte ihn überreden, endlich eine Therapie zu machen. Ich hätte sogar mit einem Freund im Kultusministerium über eine Versetzung für ihn gesprochen, damit er hier wegkommen und Abstand gewinnen kann. Der Ort und die Menschen hier haben ihm nicht gutgetan. Aber er wollte davon einfach nichts hören.« Sie warf verzweifelt die Arme in die Luft. »Es war fast so, als wolle er hierbleiben. Als wolle er das als seine Strafe akzeptieren.«

»Halten Sie es denn für möglich, dass er sich ins Vergessen getrunken hat? Dass er vielleicht einfach nur seinen Rausch ausschläft und aus diesem Grund auch nicht an die Tür gekommen ist, als Frau Dichtl bei ihm war?«

»In seiner derzeitigen Verfassung halte ich es für möglich, dass er sich etwas viel Schlimmeres angetan hat«, entgegnete die Konrektorin düster.

In Schmalzengrubers Nacken begann es, unangenehm zu prickeln, und er bekreuzigte sich.

Hauptkommissar Alexander Hirschberg und seine schwangere Frau Susan blickten sich wohlwollend um. Die Umbauarbeiten in ihrem neuen Zuhause in Krindelsdorf waren kurz vor Weihnachten fast beendet. Hirschberg hatte sich den zweiten Adventsfreitag freigenommen und freute sich nun auf ein ruhiges Wochenende.

»Na, was meint ihr?« Lars Baumann strahlte ihn und seine Frau an. Der Architekt war sichtlich stolz auf sein neuestes Projekt. Die beiden lächelten und wechselten einen raschen Blick. Baumann fuhr fort. »Deine Frau hatte recht, Alex! Der offene Kamin ist wirklich das Highlight des Wohnzimmers! Gut, dass du dich durchgesetzt hast, Susan!« Er zwinkerte ihr zu. »Rosina findet ja, die Ablagen für die Holzscheite an den Seiten verleihen dem Raum einen angenehm rustikalen Touch. Die helle Einrichtung, die euch vorschwebt, wird dadurch noch besser zur Geltung kommen. Dein Großonkel würde das Haus nicht mehr wiedererkennen, Alex. Vorbei sind die Zeiten, in denen sich die Tapete von den Wänden geschält hat«, erinnerte er die beiden an den ehemals erbärmlichen Zustand des Hauses.

Als der Hauptkommissar und seine Frau im letzten Sommer nach dem Tod seines Großonkels Xaver dessen Haus betraten, war es wenig einladend gewesen. Hirschberg hätte es zu diesem Zeitpunkt niemals für möglich gehalten, dass Feuchte und Schimmel eines Tages der Vergangenheit angehören würden. Aber aus der modrigen Ruine war ein gemütliches Heim geworden.

»Ich bin mir aber sicher, der selige Herr Hirschberg würde es großartig finden!« Martin Schreiber, der Bauleiter, erschien hinter Baumann. »Ihr Großonkel hatte schließlich Geschmack! Und das nicht nur, was die Damenwelt anging!«

Hirschberg schmunzelte. Er dachte an die blauen Pillen in Xavers Nachttisch und die amourös pikanten Umstände seines plötzlichen Todes.

»Ja, das glaube ich auch. Dein Großonkel hat dir doch ein sehr schönes Erbe hinterlassen, Alex!« Susan lächelte, und ihre blauen Augen leuchteten. Er konnte die sanften Umrisse ihrer Kontaktlinsen erkennen. Ihre Brille trug sie selten und nur hinter verschlossenen Türen. »Wir können es kaum erwarten, hier einzuziehen!« Sie tätschelte ihren Bauch.

»Es ist wirklich sehr, sehr schön.« Hirschberg drückte die Hand seiner Frau und blickte sich bewundernd um.

Architekt Baumann und Schreiber hatten ganze Arbeit geleistet. Das vermoderte Gemäuer war von Grund auf saniert worden. Die Wände zierten keine altmodischen Tapeten mehr, sondern waren in einem sanften Gelbton gestrichen. Die hohen Fenster und die Terrassentür würden den Raum gerade im Sommer zu einer sonnendurchfluteten Oase werden lassen, während ein Feuer im offenen Kamin behagliche Winterabende garantierte. Noch vor einigen Wochen hätte es Hirschberg nicht für möglich gehalten, dass sein heruntergekommenes Erbe schon vor Weihnachten in einem solchen Glanz würde erstrahlen können. Er schickte einen stummen Dank an seinen verstorbenen Großonkel, der am heutigen siebten Dezember seinen siebenundachtzigsten Geburtstag gefeiert hätte. »Das ist wirklich großartig! Und meinem Großonkel würde es bestimmt sehr gefallen!«

»Anfang Januar können Sie beide auch schon einziehen! Das sind nicht einmal mehr vier Wochen! Alles wie geplant, ganz wie ich es Ihnen versprochen habe!«, verkündete Schreiber mit stolzgeschwellter Brust. Wie immer gab er sich die größte Mühe, Hochdeutsch mit den Zugereisten aus der Stadt zu sprechen. Lars Baumann klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.

»Herr Schreiber hat sich selbst übertroffen.« Er nickte wohlwollend. »Es gibt wirklich keinen Bauleiter, mit dem ich lieber zusammenarbeite!«

»Aber wir hatten auch Glück, dass das Wetter so lange gehalten hat! Dass der Wintereinbruch erst recht spät war. So konnten wir die Außenarbeiten noch erledigen«, erklärte Schreiber. »Nächste Woche wird der Whirlpool im Keller noch eingebaut. Und dann sind es nur noch ein paar Kleinigkeiten. Sie und das Baby werden sich hier ganz bestimmt wohlfühlen! Erst recht, da jetzt kein Mörder mehr frei herumläuft!«

Seine Mordermittlung im letzten Sommer hatte Hirschberg in Krindelsdorf nicht nur Freunde beschert, erinnerte sich der Hauptkommissar. Doch nachdem es ihm gelungen war, die Verbrechen aufzuklären, brachten die Einwohner ihm einen gewissen Respekt entgegen. Sie hießen ihn und Susan in ihrer Mitte willkommen.

»Ihr könnt also schon anfangen, das Kinderzimmer einzurichten«, grinste Baumann. »Lange wird es ja nicht mehr dauern.«