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Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! "Sie wollten mich sprechen, Boss? Fee Norden blickte von ihrem Computermonitor in das Gesicht der jungen Kinderpsychologin Dr. Heike Kreisler. Die schlanke Berlinerin mit den brandroten Zöpfen und dem aparten Piercing in der rechten Augenbraue war die Einzige auf ihrer Station, die sie so ansprach. Es mochte respektlos klingen, war allerdings nicht so gemeint. Heikes schnoddrige Art gehörte einfach zu ihr, sie war ein unkonventioneller Mensch, der wenig von Äußerlichkeiten hielt, und vielleicht war sie deshalb beruflich so erfolgreich. Die Frau von Chefarzt Dr. Daniel Norden, Leiterin der Pädiatrie in der Münchner Behnisch-Klinik, hielt große Stücke auf die junge Kollegin. Deshalb hatte sie auch beschlossen, Heike Kreisler nun mit einem außergewöhnlichen Fall zu betrauen. "Heike, bitte setzen Sie sich", bat sie freundlich und wies auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch. Nachdem die Kollegin sich niedergelassen hatte, ließ Fee sie wissen: "Ich habe eine sehr schwierige Aufgabe für Sie. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob da überhaupt etwas zu machen ist, oder ob die kleine Patientin nicht besser in einer forsensischen Spezialklinik aufgehoben wäre. Aber man hat sie uns anvertraut, deshalb möchte ich zumindest versuchen, ihr zu helfen. "Der Babydieb? ", fragte Dr. Kreisler. Fee nickte. Sie mochte das Schlagwort nicht, auf das die Presse einen überaus tragischen Fall reduziert hatte. "Wissen Sie darüber Bescheid? "Nur das, was in den Zeitungen gestanden hat.
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Seitenzahl: 118
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„Sie wollten mich sprechen, Boss?“
Fee Norden blickte von ihrem Computermonitor in das Gesicht der jungen Kinderpsychologin Dr. Heike Kreisler. Die schlanke Berlinerin mit den brandroten Zöpfen und dem aparten Piercing in der rechten Augenbraue war die Einzige auf ihrer Station, die sie so ansprach. Es mochte respektlos klingen, war allerdings nicht so gemeint. Heikes schnoddrige Art gehörte einfach zu ihr, sie war ein unkonventioneller Mensch, der wenig von Äußerlichkeiten hielt, und vielleicht war sie deshalb beruflich so erfolgreich.
Die Frau von Chefarzt Dr. Daniel Norden, Leiterin der Pädiatrie in der Münchner Behnisch-Klinik, hielt große Stücke auf die junge Kollegin. Deshalb hatte sie auch beschlossen, Heike Kreisler nun mit einem außergewöhnlichen Fall zu betrauen.
„Heike, bitte setzen Sie sich“, bat sie freundlich und wies auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch. Nachdem die Kollegin sich niedergelassen hatte, ließ Fee sie wissen: „Ich habe eine sehr schwierige Aufgabe für Sie. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob da überhaupt etwas zu machen ist, oder ob die kleine Patientin nicht besser in einer forsensischen Spezialklinik aufgehoben wäre. Aber man hat sie uns anvertraut, deshalb möchte ich zumindest versuchen, ihr zu helfen.“
„Der Babydieb?“, fragte Dr. Kreisler.
Fee nickte. Sie mochte das Schlagwort nicht, auf das die Presse einen überaus tragischen Fall reduziert hatte.
„Wissen Sie darüber Bescheid?“
„Nur das, was in den Zeitungen gestanden hat. Dieser Typ hat vor acht Jahren ein Baby aus einem Kinderwagen gestohlen und heimlich aufgezogen. Das Ganze ist nur durch einen Zufall heraus gekommen. Der Typ hat sich umgebracht.“
„Der Entführer lebte in einem abgelegenen Haus, das er von seinen Eltern geerbt hatte. Er war Bahnarbeiter, wurde aber durch einen Unfall mit Anfang Dreißig arbeitsunfähig. Seither bezog er eine kleine Rente und strich den ganzen Tag über Spielplätze und durch Parks, wo er Kinder beobachtete.“
„Pädophil?“
„Nein, nicht wirklich. Die Polizei hat Aufzeichnungen gefunden, er hat außerdem viel in den sozialen Netzwerken gepostet. Dort stellte er sich als alleinerziehenden Vater dar. Offenbar war sein Wunsch nach einer Familie sehr stark ausgeprägt.“
„Warum hat er sich keine Frau gesucht und eine Familie gegründet?“
„Schwer zu sagen. Er hatte Minderwertigkeitskomplexe. Es gab wohl in seiner Kindheit sehr viel Gewalt. Sein Vater war Alkoholiker, schlug seine Mutter und ihn. Er hat eigentlich nur Negatives daheim erlebt, wollte aber trotzdem eine eigene Familie, es dann wohl besser machen. Da er sich nicht traute, Kontakt zu Frauen zu suchen, hielt er Ausschau nach einem Kind. Und er fand es schließlich in einem Baby, das er aus einem Kinderwagen auf einem Spielplatz stahl. Das ist acht Jahre her.“
„Ist denn wirklich nie jemandem etwas aufgefallen?“
„Er war sehr vorsichtig. Das Kind lebte in einem abgeschlossenen Kellerraum, zu dem nur er Zugang hatte. Er versorgte die Kleine gut, doch der psychische Schaden, den die Kinderseele genommen hat, ist natürlich enorm. Und es wäre wohl so weiter gegangen, hätte er nicht den „Fehler“ gemacht, sich jemandem anzuvertrauen.“
„Einer Nachbarin?“
Fee nickte. „Er freundete sich mit ihr an.“
„Zum ersten Mal in seinem Leben?“
„Ja, er mochte sie und vertraute ihr. Und er meinte, sie könnten heiraten und dann zu dritt in seinem Haus leben. Dabei übersah er nur, dass die Frau bereits verheiratet war. Als er sie in den Kellerraum führte und ihr das Kind zeigte, verständigte sie sofort die Polizei.“
„Ein langer Leidensweg für ein Kind. Acht Jahre …“
„Zu lang. Die Kleine spricht nicht und reagiert auf nichts. Der Entführer war ihre einzige Bezugsperson. Ohne ihn hat sie jeden Bezug zur Welt verloren.“
„Hat er seine Tat bereut?“
„Schwer zu sagen. Als die Polizei auftauchte, verschwand er im Speicher und erhängte sich. Wir werden wohl nie erfahren, was wirklich in ihm vorging. Doch ich möchte wissen, was sein Opfer empfindet, was es durchlitten hat in all den Jahren. Und ich glaube, Sie wären die Richtige, um Zugang zu dem Kind zu finden, Heike. Schwierige Fälle liegen Ihnen doch.“
„Allerdings. Ich werde mein Bestes geben.“
„Ich muss Sie aber auch warnen. Das ist kein Fall wie alle anderen. Dieses Kind ist schwer traumatisiert. Möglich, dass es keinen Zugang zu der Kleinen gibt, dass sie völlig zugemacht hat, nachdem der einzige Mensch, den sie je gekannt hat, fort ist. Ein Misserfolg erscheint mir hier ziemlich wahrscheinlich.“
„Was ist mit den Eltern des Kindes?“
„Die Polizei ermittelt noch. Es kommen mehrere Personen infrage. Die Lebensumstände haben sich bei einigen im Laufe der letzten acht Jahre geändert. Es wird wohl eine Weile dauern, bis die leiblichen Eltern der Kleinen gefunden sind.“
„Okay, dann muss ich eben ohne Netz und doppelten Boden arbeiten, wie man so schön sagt. Ich werde es erst mal ins Blaue hinein versuchen. Kinderseelen sind zäher, als man allgemein annimmt. Ganz sicher steckt irgendwo tief drinnen noch die Fähigkeit zu überleben, der Wunsch, sich zu retten, in die Wirklichkeit zurückzukommen.“
„Vielleicht. Aber wir wissen nicht, was dieser Mann alles zerstört hat. Wie gesagt, es ist ein schwieriger Fall, der sich möglicherweise als unlösbar erweist. Behalten Sie das bitte im Hinterkopf, wenn wir jetzt zu der Kleinen gehen.“
Heike Kreisler lächelte schmal. „Ich werd’s mir merken.“
*
Die kleine Patientin war in einem Einzelzimmer untergebracht. Der erste Eindruck, den Heike Kreisler gewann, als sie eintrat, war der einer Traumwelt. Das Rollo war herunter gelassen, ein sanftes Zwielicht herrschte. Alle Konturen verschwammen. Das Kind konnte sie zunächst nicht ausmachen. Als sie nach dem Lichtschalter langte, bat Fee sie: „Warten Sie kurz, dann haben sich Ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt. Die Kleine fängt sofort an zu weinen, wenn es hell ist.“
Dr. Kreisler ließ die Hand sinken. Sie blieb neben der Tür stehen, durch die das Tageslicht in einem schmalen Spalt fiel. Fast hatte sie das Gefühl, in eine Tabuzone einzudringen, an einen Ort, an dem sie nichts zu suchen hatte. Ein Gefühl ungewohnter Scheu erfüllte sie und ließ sie zögern.
Fee Norden durchquerte den Raum und zog das Rollo ein kleines Stück nach oben. Durch das Fenster fiel das graue Licht des Regentags, ließ das Krankenbett ein wenig deutlicher hervor treten, den Nachttisch, den schmalen Schrank an der gegenüber liegenden Wand. Noch immer war Heike Kreisler nicht in der Lage, die Patientin auszumachen. Wo war das Kind nur?
„Kommen Sie mal her“, bat Dr. Norden sie, die noch neben dem Fenster stand. Heike ließ die Tür los, diese fiel langsam zu, reduzierte das Licht im Raum auf den schmalen Streifen, der unter dem Rollo hereinfiel.
„Hierher“, dirigierte Fee sie. Als Heike neben ihr stand, lenkte sie deren Blick unter den Tisch, der vor dem Fenster stand. Dr. Kreisler starrte eine Weile reglos in das kleine Gesicht, das sich darunter abmalte.
Hätte die junge Kinderpsychologin nicht gewusst, dass es sich um ein Mädchen von neun Jahren handelte, sie hätte dieses Gesicht für das einer Puppe gehalten. Es war völlig reglos und ohne jeden Ausdruck. Die großen, blauen Augen erwiderten ihren Blick, schauten zugleich aber durch sie hindurch, als wäre Heike aus Glas. Das feingezeichnete, sehr blasse Gesicht des Mädchens wurde von blonden Locken umrahmt, die den Eindruck einer Puppe noch verstärkten. Niemals zuvor hatte Dr. Kreisler ein Kind gesehen, das so reglos, wie erstarrt, wie eingefroren war. Sie wandte den Blick nur mühsam, konnte sich schwer von diesem Gesicht lösen, das tatsächlich so ganz anders als alles war, was sie jemals gesehen hatte.
Schließlich schaute sie ihre Vorgesetzte an und fragte leise: „Kann ich mit der Kleinen reden? Wie reagiert sie auf Nähe?“
„Bislang gar nicht. Die Polizeipsychologin hat einiges versucht, aber ohne Erfolg. Keinerlei Reaktion.“
Heike nickte, dann wandte sie sich wieder dem Kind zu. Sie ging auf die Knie, streckte langsam ihre Hand aus und sagte: „Hi, ich bin Heike und arbeite hier. Wenn du magst, spielen wir zusammen. Wir können aber auch reden. Oder kuscheln. Du kannst es dir ausssuchen. Oder wir sitzen einfach nur zusammen und schweigen. Das kann ich nicht so gut, aber wenn ich mir Mühe gebe, werde ich es schon schaffen. Was meinst du? Was soll es sein? Trubel oder Stille?“ Sehr behutsam legte sie ihre Hand auf die des Mädchens. Sie spürte die kleine Hand zwar, doch da kam wieder jenes seltsame Empfinden von etwas Künstlichem. Kühl und leblos waren die Finger, in denen keine Spannung zu stecken schien. Als Heike ihren Zeigefinger in die Hand steckte und den Handteller ein wenig kitzelte, geschah ebenfalls nichts.
Die großen Augen blickten starr an ihr vorbei. Ihr Blick war leer, zugleich so, als sei er nach innen gerichtet und in weite Ferne. Kein Muskel zuckte in dem zarten, blassen Gesicht.
„Stell dir vor, ich komme aus Berlin. Ich denke mal, darunter kannst du dir nichts vorstellen. Aber irgendwann wirst du wissen, was Berlin ist. Eine riesengroße Stadt. Es gibt da viel Wasser und viele Bäume. Aber auch jede Menge Beton. Im Sommer riecht es in unserem Viertel nach Teer und Rosen. Komisch, was? Das mit dem Teer kommt daher, dass viele Garagen mit so einem schwarzen Zeug gedeckt sind. Wenn es heiß wird, dann flimmert es darüber und es stinkt. Aber es gibt eben auch Parks und dolle viele Rosen. Meine Mama hat eine Kletterrose auf dem Balkon, das schon seit vielen Jahren. Sie hat alles umrankt. Und wenn sie ihre roten Blüten öffnet, dann duftet es so süß und wunderbar wie im Paradies.“
Die Kleine zeigte keine Reaktion. Heike ließ sich aber nicht so schnell entmutigen.
„Seit ich hier in München lebe, habe ich auch eine Rose auf dem Balkon. Ein Ableger, den hat meine Mama mir geschenkt. Jetzt dauert es nicht mehr lange, dann öffnen sich die ersten Blüten. Die duften den ganzen Hinterhof aus. Mein Freund Bär mag sie auch. Und unsere Katzen. Die räkeln sich darunter und strecken ihre zarten Beinchen in die Luft. Hast du schon mal eine Katze gesehen? Ich könnte eine mitbringen, wenn du magst. Vielleicht werdet ihr Freunde. Und du vertraust ihr dann alles an, was du sonst niemandem sagen magst. Na, wie wäre das?“
Wieder keine Reaktion.
„Na ja, vielleicht warten wir damit noch ein wenig. Aber vergiss es nicht. Besuch von einer Katze zu kriegen, macht Spaß. Die meisten Kinder mögen Katzen. Natürlich gibt es auch welche, die Angst vor ihnen haben. Aber meine sind total gutmütig. Die wissen gar nicht, wozu sie Krallen und Zähne haben…“
„Heike?“ Dr. Norden deutete auf die Tür. Die junge Kollegin folgte ihr nach draußen. „Ich lasse Sie jetzt mit dem Kind allein. Übertreiben Sie es nicht. Jeden Tag ein bisschen länger, aber am Anfang nicht zu viel.“
Dr. Kreisler nickte. „Keine Reizüberflutung, schon klar.“
Fee lächelte ein wenig und nickte ihr zu, dann kehrte sie in ihr Büro zurück, wo sie bereits erwartet wurde.
„Dan, was machst du denn hier?“, wunderte sie sich.
Dr. Daniel Norden, Klinikchef und leitender Arzt der Behnisch-Klinik hob die Schultern. „Ich hatte Sehnsucht nach dir.“
„Oh, wie romantisch.“ Fees erstaunlich blaue Augen blitzten schelmisch. „Und wie unglaubwürdig …“
„Du zweifelst an meinen Worten? Ich bin empört!“ Er stahl ihr einen verliebten Kuss und lächelte dann zufrieden. „Überzeugt?“
„Ich wusste ja schon, dass du ein guter Küsser bist“, scherzte sie. „Aber ich weiß auch, warum du hier bist. Du möchtest dich nach unserer neuen Patientin erkundigen.“
„Ach, Liebes, warum durchschaust du mich nur immer?“
„Nach so vielen Ehejahren und fünf gemeinsamen Kindern bist du für mich ein offenes Buch, Dan.“ Sie schmunzelte. „Und ich lese immer wieder gern darin, es wird nie langweilig …“
„Wenn du das so siehst … Na schön, ich gebe zu, dass mich auch die Neugierde hergeführt hat. Gibt es schon etwas zu berichten in dem gewissen Fall?“
„Ich habe Heike Kreisler damit betraut.“
„Hältst du das für klug?“ Der attraktive Mediziner in den besten Jahren wirkte skeptisch. Das Wohlwollen, das seine Frau dieser für seinen Geschmack zu schrillen und zu schnoddrigen Kollegin entgegenbracht, erschien ihm fehl am Platze.
„Sicher, sonst hätte ich anders entschieden.“ Sie stutzte. „Immer noch Vorbehalte gegen Heike Kreisler?“
„Weniger Vorbehalte als eine natürliche Skepsis. Diese Frau als Kollegin zu betrachten, fällt mir nach wie vor schwer. Wenn ich sie sehe, warte ich immer auf einen dummen Spruch.“ Er lächelte schmal. „Und meistens kommt auch einer.“
„Sie ist eben anders als die anderen. Aber ist das denn was Schlechtes?“
„Keineswegs. Ich weiß, du hältst große Stücke auf sie. Und sie ist auf ihrem Fachgebiet auch durchaus fähig. Aber das ganze Drum und Dran, ich weiß nicht … Dieses Kind hat etwas von „Nel“ oder Romulus und Remus. Es ist so, als hätte es acht Jahre lang in einer Luftblase gesteckt, die nun geplatzt ist. Die Polizeipsychologin sprach von einer zweiten Geburt. Was wir brauchen… ach, ich weiß es selbst nicht. Aber wohl eher keine bunt angemalte Ex-Punkerin, die immer so wirkt, als wäre sie leicht ‚mit de Muffe jepufft’, wie der Berliner sagt …“
„Ej, Chef, Sie berlinern?“ Ohne dass die Nordens es bemerkt hätten, war Heike Kreisler durch die offene Tür in Fees Büro gekommen. Sie warf Daniel Norden einen bezeichnenden Blick zu, dann sagte sie zu dessen Frau: „Die Kleine hat sich unter dem Tisch zusammengerollt. Ich habe sie ins Bett gelegt, das hat sie sich anstandslos gefallen lassen. Schätze, sie wird jetzt erst mal `ne Runde pofen. Ich sehe dann später wieder nach ihr. Und … danke für den Fall, Boss, das ist wirklich mal ganz was anderes. Allerdings kann ich nicht garantieren, dass es was wird. Die Kleine leidet unter einem schweren Trauma.“
„Wie lautet Ihre Diagnose?“, fragte Daniel Norden sie knapp.
„Autismus. Ich weiß nicht, wie ihre Beziehung zu dem Entführer gewesen ist. Möglicherweise hat sie mit ihm kommuniziert, das halte ich aber für zweifelhaft. Sie ist völlig in ihre eigene Welt eingesponnen. Ich werde in nächster Zeit versuchen, sie mit Dingen, die sie kennt, aus der Reserve zu locken. Dazu müsste ich mir mal die Räumlichkeiten ansehen, in denen sie gelebt hat. Denken Sie, das geht?“
Dr. Norden nickte. „Ich rede mit den zuständigen Beamten.“
„Es wäre auch gut, wenn ihre Eltern gefunden werden. Sie hat natürlich keine Beziehung zu ihnen. Aber eine unterschwellige, natürliche Bindung könnte den Heilungsprozess unterstützen.“
„Die Polizei arbeitet daran, sie zu finden. Sobald…“