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Warum produziert das Management heutzutage so viel Mist? Es wird auf allen Ebenen wahnsinnig viel gelabert, analysiert, geplant, gemeetet aber bewegt wird nur noch wenig und das oft zu langsam und zu kompliziert. Viele Manager wurschteln munter vor sich hin. Aber sie tun nicht (mehr), was getan werden muss. Was hält intelligente, kompetente Führungskräfte, Leistungsträger, High Potentials, Young Professionals, Mütter, Väter und andere vernünftige Leute davon ab, das zu tun, was getan werden muss? Dafür gibt es viele gute Gründe? Nein. Es gibt eigentlich nur fünf; ganz pragmatisch an den Fingern einer Hand abzuzählen. Diese fünf schlimmen Finger sind schuld, wenn Manager sich auf die Nase legen. Diese fünf Ausrutscher sind allgegenwärtig. Und: Sie sind vermeidbar. Passenderweise mit der 5-Finger-Methode, die Klaus Schuster humorvoll, mit vielen Praxisbeispielen und praktischen Handreichungen in seinem neuesten Buch vermittelt.
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Seitenzahl: 266
»Reden ist Silber, Handeln ist Gold.«
Das bessere Sprichwort
»No action, no satisfaction.«
Mick Jagger, Action Manager
Warum bauen Manager so viel Mist?
Man braucht bloß die Zeitung aufzuschlagen, um die neuesten anrüchigen Meldungen aus dem Management zu lesen. Man braucht lediglich vertraulich mit Managern und Mitarbeitern zu reden, um zu hören: »Die da oben machen so viel Unfug – das können wir gar nicht alles ausbügeln!« Warum bauen Manager so viel Mist?
Weil sie geldgeil sind? Das ist die Lieblingsthese mancher Politiker. Weil sie inkompetent sind? Das vermuten Leitartikler. Ich berate, coache und trainiere seit zig Jahren Führungskräfte aller Branchen und Ebenen und kann sagen: Ich kenne nur ganz wenige Manager, die gierig oder dumm sind. Aber ich werde täglich mit jeder Menge Mist im Management konfrontiert und ständig fragen mich Führungskräfte: »Bei uns läuft so viel schief! Woher kommt das? Was ist die Ursache?« Ich kann jeden einzelnen Bockmist binnen Kurzem abstellen – darauf bin ich stolz, von dieser Fähigkeit lebe ich. Aber was dieeigentliche Ursache, der Single Most Important Factor für die Entstehung so vieler unterschiedlich müffelnder Arten von Mist im Management ist – ich hätte es nicht sagen können. Bis zu jenem schicksalhaften Tag am Zoo.
An diesem Wintertag machten meine Gattin und ich einen Abendspaziergang am Tiergarten unserer Stadt vorbei. Wir sahen, wie Hunderte Autos den verschneiten Parkplatz verließen. Nur ein kleiner blauer Renault steckte in einem Schneeloch fest und fräste festgefahren in verzweifeltem Falsett sein Reifenprofil ab. Nach etlichen vergeblichen Anläufen versuchte seine ältere Fahrerin mit bloßen Händen, das Rad auszugraben. Links und rechts strömten die Zoobesucher an ihr vorbei.
Manche ignorierten sie pointiert, andere schauten mitleidig auf sie herab, etliche gaben gute Ratschläge (»Fußmatte drunterlegen!«), einige Jugendliche kühlten ihr Mütchen mit Sprüchen wie »Na, Omi, noch ’ne Runde Fitness?«. Es müssen Hunderte Besucher an ihr vorbeigelaufen sein und meine Frau und ich waren bereits auf dem Weg zu ihr, als ein junger Mann aus der vorbeiströmenden Menge trat. Er bat die Frau, hinter dem Steuer Platz zu nehmen, das Beifahrerfenster herunterzulassen und im zweiten Gang sacht anzufahren. Er stemmte seine linke Schulter gegen den Rahmen des Fensters, hob das kleine Auto aus der Federung und lupfte es aus dem Loch. Der Motor heulte, das rechte Rad bekam Grip, der Wagen schoss pfeilartig aus dem Loch und die Fahrerin schlingerte mit quietschenden Pneus über den Platz. Der junge Mann drehte sich um, ließ seinen Blick über die ignorante Menschenmenge schweifen und als sein strahlender Blick den meinen traf, spürte ich nicht nur die geballte Ladung seiner Verachtung für die hirnlose Menge, sondern buchstäblich den Blitz der Erkenntnis einschlagen: Heureka!
Heute noch bereue ich, dass ich den Namen des jungen Mannes nicht erfragt, mich nicht bei ihm bedankt habe. Denn er lieferte an jenem kalten Wintertag die perfekte Metapher und die monokausale Erklärung für den gesammelten Mist im Management: Die Welt ist nicht »komplex!« Die Dinge verändern sich nicht »dynamisch«! Ganz im Gegenteil: Jeder Halbidiot sieht heute, was getan werden müsste – aber er tut es nicht. Der Renault steckte jaulend fest. Es war allen, wirklich allen klar, was getan werden musste – genau darin bestand die Banalität des Problems! Aber: Es wurde – aus welchen Gründen auch immer – nichts getan. So läuft das heute in Politik, Gesellschaft, Unternehmen, Vereinen und Familien: Es muss was getan werden – aber es wird nicht gemacht. Es wird nicht gehandelt, nicht entschieden, nicht umgesetzt, nicht realisiert. Um es mit Mick Jagger zu sagen: »No action – no satisfaction.«
Was wir heutzutage im Management erleben, ist gepflegte und geschäftige Passivität, ist gut getarnte Inaktivität, das Gegenteil von Action Management – um dem Phänomen ein Branding-Etikett zu verpassen. Es wird heutzutage wahnsinnig viel gelabert, analysiert, geplant, gemeetet – aber bewegt wird nur noch wenig und das dann oft zu langsam und zu kompliziert. Manager wurschteln munter vor sich hin. Aber sie tun nicht (mehr), was getan werden muss. Warum nicht?
Was hält intelligente, kompetente Führungskräfte, Hochleister, Leistungsträger, High Potentials, Young Professionals, Mütter, Väter und andere vernünftige Leute davon ab, das zu tun, was getan werden muss? Das hat viele Gründe? Nein. Es gibt nur fünf! Wenn Manager Mist bauen, wenn es sie der Länge nach auf die Nase legt, sind daran nur fünf Ausrutscher schuld. Diese fünf Ausrutscher sind allgegenwärtig. Und: Sie sind vermeidbar. Genau das tun wir auf den folgenden Seiten. Wir vermeiden sie.
Wenn Sie am Ende dieses Buches angelangt sind, werden Sie weiterhin viele Vorgesetzte, Konkurrenten und Kollegen ausrutschen und sich flachlegen sehen. Ihnen selbst wird das nicht mehr passieren. Weder im Beruf noch im Privatleben. Das ist das Versprechen, das ich Ihnen gebe.
Dieses Versprechen werde ich einlösen.
Jetzt.
»You recognize the right thing fairly easily: All the idiots fight it!«
Norman S., Group Product Manager
»Wenn du wirklich was drauf hast, hast du jede Menge Feinde. Sei stolz drauf.«
Julie N., Abteilungsleiterin
Alle guten Menschen spüren den Action Impuls. Sie sehen den Müll, sie tragen ihn runter. Sie sehen den Renault, sie schieben ihn raus. Nur so werden Probleme gelöst und Aufgaben erfüllt. Das ist selbstverständlich? Genau das ist es nicht. Nicht mehr. Nicht in unserer Zeit. Das Leistungsprinzip wurde schon lange abgeschafft. Es hat bloß noch keiner gewagt, das laut aufzuschreiben. Leistung lohnt sich? Träum weiter! Heute gilt:
Action Fact
Wer anpackt, wird bestraft!
Zum Beispiel Beate. Sie ist Abteilungsleiterin bei einem internationalen Konzern. Zurzeit stehen die Zeichen auf Sturm, ein A-Kunde droht mit Absprung. Der Vertriebsleiter ruft die Mächtigen des Konzerns zu einem Eskalationsmeeting (tolles Buzzword) zusammen, mehrere Millionen Jahresgehalt sind versammelt. Beate liest die Einladung und stutzt: Das Meeting hat keine Agenda. Niemandem sonst scheint das aufzufallen. Das Meeting startet.
Der Vertrieb moniert die wenig attraktive Produktpalette. Das Produktmanagement wirft dem Verkauf vor, den Deal verschlafen zu haben. Der Chefcontroller meint, die Logistik sei zu langsam. Für alles findet man eine Erklärung. Schließlich kennt man sich aus. Man weiß, was zu tun ist. Das leitende Vorstandsmitglied betrachtet das Meeting als Erfolg und will es eben beenden, da fragt Beate: »Wer führt denn nun bis wann welche Aktion durch und wer verantwortet jeweils die Aktionen?« Antwort des Vorstandsmitglieds: »Lassen Sie mal gut sein! Es wissen doch alle, was zu tun ist. Belasten Sie unsere Initiative bitte nicht mit unnötiger Bürokratie!« Beate kriegt den Mund nicht zu. Sie ist, mal wieder, fassungslos.
Action Fact
Sie wollen was bewegen? Viel Glück auch!
Beate will etwas bewegen und kriegt prompt eins aufs Maul. Wenn Beate brav mitlabern würde in Meetings, würde man sie in Ruhe lassen und befördern, »bebonussen« und bespaßen wie alle anderen mitlaufenden Mistbauer auch. Wenn sie dagegen etwas bewegen möchte und darauf hinweist, dass jede Maßnahme ein Ziel und einen Verantwortlichen braucht, kriegt sie Ärger und mindert ihre Karriereaussichten (weswegen viele Führungsfrauen irgendwann entnervt aufgeben – Männer gehen in die innere Emigration). Das ist pervers? Nein, das ist modernes Management: Wer wirklich etwas bewegen will, wird abgestraft – zur Hölle mit den Konsequenzen! Diese waren in Beates Fall drastisch.
Den Kunden, um den es im Meeting ging, hat der Konzern verloren. Natürlich. Nasenlandung. Weil einige der besprochenen Aktionen nicht durchgeführt wurden. Nicht aus bösem Willen, sondern weil sich keiner so recht dafür zuständig fühlte. Zuständigkeit war auch nicht Thema des »Eskalationsmeetings«. Zuständigkeit ist ein Fremdwort für Mistbauer. Das finden Sie ein wenig hart formuliert? Dann sollten Sie mal Beate hören.
Beate tobt mindestens zweimal die Woche: »Was soll man mit solchen Vorgesetzten anfangen? In den Orbit schießen? Die ruinieren unser Business! Die fahren Kunden sauer! Wir verlieren Millionen Umsatz, bloß weil die zu dämlich sind, in einem Meeting Verantwortlichkeiten festzulegen!« Sie können Beates Wut verstehen? Das ist ein Hinweis darauf, dass Sie kein gewöhnlicher Mensch sind. Dass Sie über eine seltene Schlüsselfähigkeit verfügen. Wollen Sie es genauer wissen?
Selbstverständlich meine ich im Folgenden immer auch »Managerin«, wenn ich »Manager« sage. Aber das dachten Sie sicher schon, nicht wahr? Das folgende Item-Inventar ist einfach zu bedienen. Kreuzen Sie an, welcher Aussage Sie spontan und aus dem Bauch heraus stark zustimmen:
❏Das Wichtigste bei der Arbeit sind exakt definierte Aufgaben und Ziele.❏Das Wichtigste bei der Arbeit ist, dass was vorangeht.❏Mich ärgert, wenn Dinge nicht den geregelten Gang gehen.❏Es ärgert mich, wenn die Dinge nicht vorwärtskommen.❏Es kommt darauf an, was man reinsteckt.❏Es kommt darauf an, was dabei rauskommt.❏Am Ende des Tages kommt es darauf an, wie wir dastehen.❏Am Ende des Tages kommt es darauf an, was ich heute konkret zum Unternehmenserfolg beigetragen habe.❏Meetings müssen sein.❏Es wird zu viel gelabert und zu wenig angepackt.❏Immer zuerst: gründliche Analyse!❏Analyse ist wichtig, Handeln ist wichtiger.❏Hauptsache, es geht was!❏Aktionismus ist nicht Effektivität.❏Wer schreibt, der bleibt.❏Die Menge seiner Aktennotizen ist kein Beleg für die Wirksamkeit eines Managers.❏Die beste Lösung gewinnt!❏Es ist mir egal, von wem die beste Lösung kommt: Ich setze sie um.❏Vorbereitung ist die halbe Miete!❏Ich weiß, was Paralysis through Analysis ist.❏Schnelle Lösungen sind gute Lösungen.❏Richtige Lösungen sind gute Lösungen.❏Man muss den Mitarbeitern sagen, was getan werden soll.❏Angewiesen heißt nicht ausgeführt!❏Zeitnahe Beschlüsse sind entscheidend.❏Beschlossen heißt nicht umgesetzt!❏Ein guter Chef hat alles im Blick.❏Ein Vorgesetzter, der die Kundenkorrespondenz korrigiert, gehört gefeuert!❏Möglichst viele Projekte anstoßen!❏Was ich anpacke, ziehe ich durch – oder beende es.❏Ich habe ständig ein Dutzend Projekte am Laufen.❏In meinem Führungsbereich gibt es keine U-Boot-Projekte.❏Neue Ideen sind gute Ideen.❏Ideen sind nur so gut wie ihre Realisierung und Wirkung.❏Status und Gehalt sind der Spiegel meiner Kompetenz.❏Ich möchte Dinge bewegen, zum Besseren verändern.❏Kein Status quo ist perfekt.❏Ich weigere mich, Missstände hinzunehmen.❏Generelle Lösungen sind bessere Lösungen.❏Wie der Bayer sagt: A bissel was geht immer …❏Status spricht Bände.❏Erfolg schlägt Status.❏Ich bin gut.❏Ich will besser werden.❏Anordnungen sind Anordnungen.❏Es ist manchmal klüger, danach um Entschuldigung als davor um Erlaubnis zu bitten.❏Ich bemühe mich um das Commitment der zuständigen Stellen.❏Ich bin nicht an Zuständigkeit, sondern an Ergebnissen interessiert.❏Ich arbeite gerne mit fachkompetenten Kollegen zusammen.❏Ich arbeite gerne mit Menschen zusammen, die anpacken.Zunächst: Ich bitte um Entschuldigung. Dieser Test war hinterhältig. Ich kenne Manager mit MBA, die bei diesem Test so was von durchrasseln … Einige erkennen bis zum letzten Item nicht das Konstruktionsprinzip dieses Röntgengerätes für Managementkompetenz. Schon nach wenigen Statements war Ihnen das klar? Gratuliere!
Gut erkannt: Der Test ist dichotomisch aufgebaut. Jedes erste Statement ist typisch für Passivmanager, weil es zur Passivität aufruft oder sie implizit zu rechtfertigen sucht. Jeweils jedes zweite Statement ist typisch Action Manager, weil es zur Tat, zum Handeln aufruft. Wenn einige Items unklar sind: Sie klären sich im weiteren Verlauf des Buches. Natürlich stimmen alle aufgeführten Aussagen! Die ersten wie die jeweils zweiten. Analyse ist wichtig! Meetings sind wichtig! Aber wenn sie wichtiger werden als die Tat, die Action, das Bewegen, das Verändern, das Erreichen – dann baut der Manager Mist und dann haben wir das Management, das wir gerade umfänglich erleben: Die Löwen wollen etwas bewegen – aber die Affen regieren den Zoo.
Und alle sind zufrieden damit. Könnte man meinen. Da steckt ein kleiner blauer Renault im Schneeloch fest, die Fahrerin ist verzweifelt – aber keiner hilft, Hunderte ziehen feixend an ihr vorüber, was ist schon dabei? Da droht ein Zwölfender mit Absprung, doch der halbe Vorstand labert nur dumm rum, verzichtet auf konkrete Ziele und Zuständigkeiten – aber was soll’s? Juckt doch keinen! Wer im Management etwas bewegen will, ist selber schuld. Das ist eben nicht mehr möglich in unseren Zeiten! Die Affen sind offensichtlich in der Mehrheit, die Löwen in der Minderheit. Ich konnte das lange nicht glauben. Ich wollte es nicht. Ich konnte es nicht fassen, nicht verstehen.
Deshalb lud ich vor Monaten einige Hundert Führungskräfte ein, mir von den Affen in ihrem Zoo zu berichten. Ich dachte: »Wenn die Mehrheitsverhältnisse so sind wie vor dem Zoo in Ljubljana oder bei Beate im Vorstand, antworten sicher nur ein, zwei Dutzend. Denn niemand redet gerne über so eine Misere.« Wie ich mich täuschen sollte!
Innerhalb weniger Tage brach ein Wut-Tsunami los, der meine Mailbox bersten ließ. Die Führungskräfte tobten sich in einer Art und Weise bei mir aus, wie ich es noch nie erlebt hatte. Der Rücklauf betrug das Zehnfache dessen, was kommerzielle Umfragen erzielen, wie mir ein befreundeter Marktforscher grün vor Neid versicherte. Er bot mir einen fünfstelligen Betrag für die Ergebnisse. Ich kann verstehen, warum (natürlich habe ich abgelehnt, was denken Sie?): Die Ergebnisse sind explosiver als ein Knallfrosch in der Feuerwerksfabrik.
Denn unter ihresgleichen und dem Siegel der Anonymität berichteten die befragten Führungskräfte und High Potentials, wie es tatsächlich zugeht in Management und Business, woher Lehman, Fukushima und der Euro-Crash wirklich kommen. An dieser Stelle meinen herzlichen Dank an Sie alle: Das ist Ihr Buch. Anonymisiert wurden die Berichte aus einem simplen Grund: Wenn herauskommt, wer hier die Wahrheit über den Mist im Management sagt, sind der- und diejenige ihren Job los. Also habe ich die Berichterstatter des Action Managements bis zur sprichwörtlichen Unkenntlichkeit anonymisiert (you know who you are). Deshalb heißt Beate (s. o.) im echten Leben auch nicht Beate. Beate ist noch nicht einmal eine Frau – aber wenigstens hat »Beate« noch ihren Job. Was pervers ist. Warum muss Beate um ihren Job bangen, während ihr munter laberndes Vorstandsmitglied lustig weiter Unfug treiben, fahrlässig Kunden verlieren und Umsatz vernichten darf?
Und so geht das nicht bloß in Beates Unternehmen zu. In vielen Unternehmen haben inzwischen die Passivmanager das Ruder übernommen, bestimmen den Kurs, haben das Sagen, verteilen Boni, Projekte und Beförderungen. Und natürlich bevorzugen Passivmanager andere Passivmanager. So reproduziert sich der Planet der Affen ständig selbst. Verdammte Affen – Vorsicht! Ich habe wie Sie einen heiligen Zorn auf alle Bremser, Verhinderer und Betonköpfe, die am traurigen Zustand unserer Welt schuld sind. Aber wenn wir jetzt munter über die Affen im Management schimpften, würden wir eine entscheidende Frage übersehen: Woher kommt die ganze Affenbande?
Beates Story ist schockierend. Der Schock verdoppelt sich, wenn man weiß: Das leitende Vorstandsmitglied, das in besagtem Meeting diesen Riesenbockmist produzierte, war als Jungmanager top. Wenn damals ein Kunde abzuspringen drohte, ließ er nicht in wohlfeilen Meetings halbgare Schuldzuweisungen sammeln, sondern fuhr eigenhändig raus zum Kunden und holte ihn wieder ins Boot. Heute tut er das nicht mehr. Er bewegt fast nichts mehr. Er bremst und bewahrt hauptsächlich. Wie konnte das passieren? Wie wurde ein so guter Manager so schlecht?
Niemand stellt diese Frage. Die meisten Berater, Coaches, Ratgeber und Führungskräfte selbst kreisen um die Frage: Wie können Führungskräfte besser werden? Warum es so viele schlechte Führungskräfte gibt, scheint kaum jemanden zu interessieren (bis auf deren Opfer). Dabei sollte uns diese Frage brennend interessieren: Denn wenn ein so toller Jungmanager plötzlich schlecht wird – droht uns dann diese Gefahr auch? Ist Bockmist ansteckend?
Wenn gute Manager schlecht werden – wie geht das? Werden sie schlecht wie Obst nach zwei Wochen? Wie Fleisch an der Sonne? Sicher kennen auch Sie einige Menschen, die früher ganz patent waren, mit hohem Potenzial, die was bewegt haben, aber heute keine Wurst mehr vom Teller ziehen, Unfug reden, kaum mehr (rechtzeitig) entscheiden und sich dauernd irgendwelche Ausrutscher leisten. What happened? Wurden sie über Nacht impotent? Wurden sie korrupt? Das ist die Lieblingserklärung einiger Politiker und Redakteure und wenn es so einfach wäre, wäre das prima. Doch der Vorstand in Beates Beispiel nahm kein Bestechungsgeld dafür, dass er sich in peinlichster Weise auf die Nase legte. Auch er war einmal ein Löwe. Heute macht er sich zum Affen. Was ist passiert? Ist er wirklich korrupt? Nein, er ist ausgerutscht.
Action Fact
Gute Manager werden nicht schlecht. Sie rutschen aus.
Genau das ist das Gefährliche daran: Nicht nur die Idioten und Affen rutschen ständig aus. Ausrutschen können wir alle. Es gibt so vieles, worauf man täglich achten muss – und deshalb so vieles, wobei man sich auf die Nase legen kann. Wirklich? Nein. Es gibt nicht unendlich viele Stolperfallen für Manager. Die Hunderte Geschichten und Berichte von Führungskräften, die mich seit der Zoo-Episode erreichten, lassen keinen anderen Schluss zu: Es gibt nur fünf Ausrutscher im Management. Die folgenden fünf Kapitel bewahren Sie vor diesen Rutschfallen. Damit Sie aufrecht bleiben. In jedem Sinne.
Der Frust der Führungskräfte
Bis heute schreiben mir Managerinnen und Manager über den Frust, den sie mit den »Affen im Zoo« erleben. Immer noch laufen Berichte ein. Die beeindruckendsten Statements finden Sie jeweils am Kapitelende. Noch einmal meinen herzlichen Dank an alle Zitatgeber: Ihr seid klasse. Echte Action Manager.
»Die erste Ebene agiert plan- und ziellos, die zweite Ebene versucht zu retten, was zu retten ist.«
»Ich glaube, dass Action Management bei uns nur so lange funktioniert, wie das Unternehmen in Notlage ist. Der Satz ›Verhalt dich mal ruhig!‹ fällt bereits, sobald wir irgendwie eine schwarze Null schreiben.«
»Action Management funktioniert bei uns nicht, weil Action Manager Erfolg haben und jeder Erfolg bei uns die Neider auf den Plan ruft. Sie fürchten, dass jeder merkt, dass sie keine solchen Erfolge vorweisen können. Erfolge machen einsam.«
»Ich kenne bei uns leider keinen persönlich, der den Titel Action Manager in vollem Umfang verdient hätte.«
»Action Management? Heutige Führungsmannschaften werden mit Reportings und Meetings beschäftigt. Dabei herrscht eine Detailbesessenheit, die unnötig ist. Wie oft sitzt man im Meeting und fragt sich: Was mache ich hier? Was soll das bringen? Warum sitzen hier x Personen, die nichts dazu beitragen können? Was soll überhaupt das Ergebnis sein?«
»Wir maximieren nicht Wertschöpfung, wir maximieren Meetings.«
»There are none so blind as those who refuse to see.«
Amerikanisches Sprichwort
»Wenn man keine Zeit hat, so kann man sich Zeit nehmen, und dies ist so offensichtlich nur eine Frage der Bedeutung, die man einer Tätigkeit beimisst, dass sich eine weitere Erklärung, wie man sich Zeit nimmt, erübrigt.«
Erich Fromm
»If you see a chance, take it.«
Steve Winwood
»Der Erfolgreichere unterscheidet sich vom weniger Erfolgreichen nicht dadurch, dass er fleißiger ist oder fauler – das kann es manchmal auch sein –, sondern in erster Linie, dass er mehr sieht als der andere. Weil er sorgfältiger beobachtet.«
Götz W. Werner, dm-Gründer
Häufigste Antwort: »Weil sie etwas falsch machen! Weil sie die falschen Entscheidungen treffen!« Das glauben viele. Wer das glaubt, legt sich munter weiter auf die Nase.
Action Fact
Manager rutschen nicht aus, weil sie etwas falsch machen, sondern weil sie zunächst etwas falsch sehen.
Vor einiger Zeit entwickelten zum Beispiel zwei junge Techniker eines IT-Unternehmens ein Geschäftsmodell für mobiles Direktmarketing. Voller Stolz präsentierten sie es ihrem Bereichsleiter. Dieser sagte: »Wenn unsere Kunden online werben, machen die das über Google und Social Media, aber doch nicht übers Handy – das ist Consumer-Kram!« Die beiden Jungs schauten sich verblüfft an und fragten sich: Ist der Kerl blind?
Action Fact
Action Manager sind nicht besser, sie sehen besser.
Die beiden Jungs sahen besser als ihr Vorgesetzter. Deshalb scherten sie sich ein Jahr lang nicht um seine Sichtweise und brachten – typisch Action Manager – ihre Lösung auf eigene Kappe zum Laufen, nach Feierabend und an Wochenenden. Sie organisierten die Finanzierung, akquirierten Kunden und verkauften anschließend das ganze Paket für 1,5 Millionen Euro. An wen? Richtig: an ihren Arbeitgeber. Die Branche wieherte vor Lachen. Der Geschäftsführer eines Konkurrenten kommentierte: »Der eigene Chef kauft bei seinen eigenen Mitarbeitern für 1,5 Millionen, was er ein Jahr früher umsonst bekommen hätte!« Es kommt teuer, wenn sich chancenblinde Manager auf die Nase legen. Ferdinand Piëch weiß das.
Im Interview des ADAC-Magazins (2/2013) erzählte der VW-Aufsichtsratsvorsitzende, er habe während seiner Zeit bei Audi »einmal die Chance gehabt, für 2,5 Millionen D-Mark die beherrschende Mehrheit an Ducati zu kaufen. Damals sagte aber der Konzernvertriebschef von VW kurzum: ›Ich verkaufe keine Motorräder.‹« Warum um Gottes willen das denn nicht?
Was sah Piëch? Er sah die geniale Ventil-Zwangssteuerung von Ducati. Mit dieser kann man bei gleicher Leistung den Hubraum auch eines Autos verringern. Das ist genau das, was wir heute brauchen: Autos, die bei gleicher Leistung die Umwelt stärker schonen. An dieser Stelle im Seminar, bei der Beratung, dem Coaching oder im Vortrag wendet meist ein Manager ein: »Hinterher ist man doch immer schlauer! Wenn ich vorher wüsste, was die richtige Entscheidung ist, wäre ich der liebe Gott und würde nicht hier arbeiten!« Ein bestechendes Argument. Es hat bloß ein Loch.
Ist Piëch etwa Gott? Nicht einmal Piëch glaubt das. Es ist gerade umgekehrt: Nicht Piëch, sondern der blinde IT-Bereichsleiter unserer beiden oben erwähnten Techno-Tüftler hielt sich für Gott. Er sah das Produkt seiner beiden Jungs und sagte: »Das brauchen unsere Kunden nicht!« Woher will er das wissen? Hat er die Kunden gefragt? Hat er eine Marktstudie beauftragt? Nein – wozu auch? Er ist doch allwissend! Er würde das natürlich nie behaupten – aber er tut so. Nicht so seine beiden Techniker. Sie sahen die Chance. Warum gibt es so viele chancenblinde Manager? Das liegt an ihrer Erziehung.
Das Ego-Kompensations-Theorem
Ein starkes Manager-Ego stärkt und blendet zugleich.
Vom ersten Arbeitstag an wird Führungskräften eingebläut: Du trägst die Verantwortung! Du triffst die Entscheidungen! Du hältst den Kopf hin! Du musst es wissen! Daraus entsteht ein Rollen- und Selbstverständnis mit Nebenwirkungen: Wenn ich mich für allwissend halte, bin ich entscheidungsstark – und mist-blind. Das ist tragisch. Tragischer wird es, wenn Sie mit so jemandem zusammenarbeiten müssen, der sich unbewusst für einen Gott hält. Wie macht man das?
Mach mal!
Ihr Chef hält sich für allwissend? Beklagen Sie nicht seine Blindheit. Blenden Sie ein, was er ausblendet.
Das wird leider nicht gemacht. Stattdessen jammern und klagen viele über ihre vorgesetzten Ausrutscher und werfen ihnen vor: »Aber das müssen Sie doch sehen!« Auch das ist Blindheit: Wer jammert, sieht nicht. Action Manager jammern nicht. Sie blenden ein, was blinde Vorgesetzte ausblenden. Entweder nach den Prinzipien der gewaltfreien Kommunikation von Marshall B. Rosenberg, mit einem Fade-in (s. u.) oder nach Art der beiden Techniker: per Marktbeweis.
Diesen Beweis kann nicht mal ein Blinder »übersehen«. Leider hat dieser Beweis Nebenwirkungen: Indem die beiden Techniker dem Bereichsleiter ihren Marktbeweis vorführten, führten sie ihn ganz schön vor. Peinlich für jeden Vorgesetzten. Wie verhindern Sie das? Wie verhindern Sie, dass Ihnen morgen jemand um die Ohren haut, was Sie heute übersehen haben?
Mach mal!
Auch und gerade dann, wenn Sie von der Richtigkeit Ihrer Entscheidung überzeugt sind, fragen Sie sich: Was übersehe ich gerade? Ist es relevant? Könnte ich darauf ausrutschen? Wie validiere ich meine Einschätzung?
Genau das tat der IT-Bereichsleiter nicht. Er fragte sich nie: »Aber was, wenn die beiden Jungs recht haben und einen Knüller landen?« Er validierte seine ursprüngliche Einschätzung nicht. Dazu hätte er lediglich eine Focus Group mit einigen guten Kunden einberufen brauchen. Er tat es nicht. Deshalb sah er nicht, was er hätte sehen müssen, und legte sich auf die Nase. Was hat ihn geblendet? Sein eigenes Ego.
Das Ego des Managers ist eine üble Stolperfalle. Auch der IT-Chef eines großen süddeutschen Mittelständlers tappt in diese Falle. Er soll bei der brasilianischen Tochter dieselben SAP-Standards einführen wie bei der Mutter. Die Brasilianer wollen Extrawürste. Die Verhandlungen ziehen sich über vier (!) Jahre hin. Der IT-Chef sagt: »Die Brasilianer spinnen eben!« Als der Geschäftsführer »die Brasilianer« fragt (Action Management: Mach die Augen auf!), sagen diese: »Der behandelt uns wie Dreck! Mit dem kommen wir nicht zusammen!« Warum nicht?
»Es gibt drei Arten von Menschen: Solche, die sehen; solche, die sehen, wenn sie es gezeigt bekommen, und solche, die nicht sehen.«
Als der bestellte Executive Coach ihm ins Gewissen redet, sagt der IT-Leiter: »Ich bin doch kein verdammter Henry Kissinger! Ich werde nicht fürs Verhandeln bezahlt!« Sein Ego flüstert ihm ein: »Wer wie ein Staubsaugervertreter verhandelt, ist kein echter IT’ler!« Dem Geschäftsführer ist die Ego-Blindheit seines Angestellten egal. Er kündigt ihm.
Der rasch bestellte Nachfolger stolpert binnen kürzester Zeit ebenfalls über sein Ego. Er fällt aber nicht hin – er tut etwas. Er sagt: »Ich bin auch bloß IT’ler. Aber mit diesem Selbstverständnis komme ich in Brasilien nicht weit. Also bin ich ab heute auch Top-Verhandler!«
Mach mal!
Ihr Selbstverständnis heißt (auch) deshalb so, weil Sie es selbst ändern können. Tun Sie das. Wenn’s sein muss täglich.
Passt Ihr altes Ego noch? Sie erkennen den Amateur an einem Ja. Der Action Manager sagt immer Nein. Denn die Zeiten ändern sich so schnell, dass jedes Ego nach drei Wochen (in Teilen) schlimmer stinkt als alter Fisch. Also gibt es immer etwas fürs Ego-Fine-Tuning zu tun.
Es löst ein unglaubliches Aha-Erlebnis aus, wenn Sie Ihr Selbstverständnis erweitern. Sie werden plötzlich Chancen erkennen, die Sie vorher übersehen haben. Sie werden Dinge tun, die Sie vorher nie getan hätten, weil das alte Ego das nicht zuließ.
Für diese Art der Sehstörung hat Martin Hölscher ein wunderbares Gegenmittel entwickelt. Er ist CIO bei Triumph International in der Schweiz.
Er erzählte mir, dass ganz oft, wenn Mitarbeiter einen Vorschlag machen, deren Kollegen sofort hundert Gründe dagegen vorbringen. Sie sind blind für die Vorzüge des Vorschlags. Irgendwann hatte Hölscher das satt. Er sagte seinem Team: »Ab sofort sind wir ein 2-Listen-Unternehmen. Die eine Liste bearbeiten wir gerade: Hundert Gründe, warum das nicht funktionieren kann. Und jetzt machen wir die zweite Liste auf mit: Warum schaffen wir das trotzdem?«
Mach mal!
Wenn die Leute mal wieder auf blind schalten – machen Sie die zweite Liste auf!
»Das ist doch total trivial!«, sagen mir viele. Doch garantiert keine Action Manager. Ich frage dann immer zurück: »Wenn das so trivial ist – führen Sie diese zweite Liste? In jedem Meeting? Bei jedem Vorschlag? Und Ihre Mitarbeiter arbeiten auch tatsächlich damit?« Die Antworten können Sie sich denken.
Action Fact
Dem Action Manager ist es egal, wie alt oder trivial ein guter Tipp ist. Ihn interessiert nur eines: Wie machen wir das schnellstmöglich zur Gewohnheit?
Martin Hölscher hat eine Arbeitsvorlage gezeichnet. Eine schlichte Liste mit zwei Spalten: »Why it doesn’t work« und »How we can make it work«. Was liegt auf Ihrem Schreibtisch?
Schablonen machen blind und wer blind ist, rutscht aus. Erst neulich beklagte sich ein Bankdirektor: »Meine Leute haben schon wieder einen Großkunden vergrault!« Es ging um einen hohen sechsstelligen Kredit – kein Pappenstiel in diesen Zeiten. Der Kreditsachbearbeiter hatte die Sicherheiten des Kunden geprüft und auf dessen Antrag den Stempel gehauen: »Sicherheiten nicht ausreichend. Kredit abgelehnt.« Weg war der Kunde und der Bankdirektor verzweifelt.
Er sagte: »Natürlich dürfen wir in so einem Fall keinen Kredit geben! Aber ein Leasing-Angebot hätte für ihn und uns sehr viel besser gepasst!« Es wurde dem Kunden jedoch nicht unterbreitet. Weil der Mitarbeiter in der Schablone »Kredit« dachte. Als der Direktor das im Coaching erkannte, sagte er zu seinen Leuten: »Denkt nicht in Schablonen! Denkt an Kundennutzen und Lösungen!« Was halten Sie davon? Der Vorschlag hat nicht viel gebracht. Die Leute dachten weiterhin in Schablonen. Warum?
Mach mal!
Arbeiten Sie nicht gegen Schablonen. Damit kurieren Sie keine Blindheit. Arbeiten Sie mit