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In London macht eine Bürgerwehr, der Club der Henker, Jagd auf böse Menschen - auf Pädophile, Mörder, Hassprediger - und erhängt sie. Mit diesen Fällen von Lynchjustiz beginnen für Detective Max Wolfe seine bisher schwierigsten Ermittlungen. Denn wie fängt man Mörder, die von der Öffentlichkeit als Helden gefeiert werden? Seine Spurensuche führt ihn tief unter die Stadt, in den Untergrund Londons mit seinen vielen stillgelegten Tunneln und Geisterstationen. Doch ehe Max den Club der Henker stellen kann, muss er am eigenen Leib erfahren, wie schmal der Grat zwischen Gut und Böse, Schuld und Unschuld ist ...
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Seitenzahl: 366
Cover
Titel
Impressum
Widmung
Zitate
Prolog
Erster Teil: Das schwarze Podest
1
2
3
4
5
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8
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13
Zweiter Teil: Der Querbalken und der Strick
Dritter Teil: Apparatur des Todes
Gespenster von Newgate
Tony Parsons
Wer Furcht sät
Max Wolfes dritter Fall
Kriminalroman
Aus dem Englischen von Dietmar Schmidt
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabedes in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Für die Originalausgabe:Copyright © 2016 by Tony ParsonsTitel der englischen Originalausgabe: »The Hanging Club«
Für die deutschsprachige Ausgabe:Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, KölnLektorat: Judith MandtTextredaktion: Christiane Geldmacher, WiesbadenUmschlaggestaltung: © www.buerosued.de unter Verwendung von Motiven von © getty-images: Daniele Bonaldo | EyeEmE-Book-Produktion: two-up, Düsseldorf
ISBN 978-3-7325-2959-9
www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.de
Für Fred Kindall aus Kentish Town
Eine große Menge hatte sich bereits versammelt; die Fenster waren voller Menschen, die rauchten und Karten spielten, um sich die Zeit zu vertreiben. Die Leute schoben, zankten und scherzten. Alles kündete von Leben und Lebhaftigkeit, bis auf eine dunkle Ballung von Gegenständen ganz in der Mitte – das schwarze Podest, der Querbalken, der Strick, die ganze hässliche Apparatur des Todes.
Charles Dickens: Oliver Twist
Mein Herr, Hinrichtungen sollen Zuschauer anziehen. Ziehen sie keine Zuschauer an, erfüllen sie ihren Zweck nicht.
Dr. Samuel Johnson
Nach dem Gebet
Nach dem Freitagsgebet kehrte Mahmud Irani zu seinem geparkten Taxi zurück, und der Mann, der ihn töten würde, stieg schon wenige Minuten später zu ihm in den Wagen.
Der Mann stand am Eingang des Londoner Zoos und trug Anzug und Krawatte. Das Jackett hatte er trotz der glühenden Mittagshitze zugeknöpft. Eine dunkle Sonnenbrille verbarg seine Augen, und er hielt einen Arm schon in die Luft, ehe Mahmud ihn sah, als wäre er vollkommen zuversichtlich, dass sein Taxi unmittelbar nach dem Gebet die Ringstraße um den Regent’s Park entlangfahren würde, als hätte er gewusst, dass Mahmud kommen würde. Als hätte er auf ihn gewartet. Mahmud hielt neben ihm, und der sommerliche Tiergestank des Zoos stieg ihm in die Nase. »Nur bar, Chef«, sagte Mahmud.
Der Mann nickte und blickte auf sein Handy, dann hielt er Mahmud sein iPhone vor die Nase. Auf dem Display sah er einen Stadtplan mit einer roten Markierung: das Fahrtziel.
Newgate Street, EC1.
Keine vier Meilen, aber man musste im zähen Mittagsverkehr die Innenstadt durchqueren. Mahmud grunzte zustimmend und beobachtete, wie der Mann hinten einstieg. Schweigend fuhren sie durch die Bullenhitze. Als Mahmud in die Newgate Street einbog, sah er im Rückspiegel, wie sein Fahrgast ein kleines Kreditkartenetui aus Leder zückte. Mahmud seufzte. Wie oft musste man es diesen dummen Menschen eigentlich sagen?
»Nur bar«, wiederholte er mit größerem Nachdruck und zupfte an seinem Polohemd, das vor Schweiß an der Haut klebte. Der Mann zog jedoch keine Kreditkarte aus dem Etui. Er beugte sich zwischen den Vordersitzen nach vorne und setzte eine altmodische Rasierklinge fest auf Mahmud Iranis rechtes Augenlid. Mahmud schnappte nach Luft und wagte nicht, wieder auszuatmen.
Der dünne, kalte Stahl der Schneide schmiegte sich in die weiche, faltige Haut unterhalb der Augenbraue. Wild flatterte das dünne Lid, das seinen Augapfel schützte, unter der Rasierklinge. Nackte Angst stieg in ihm auf.
»Bitte«, sagte Mahmud. »Bitte. Nehmen Sie das Geld. Es ist unter meinem Sitz.«
Der Mann lachte.
»Ich will Ihr Geld nicht. Fahren Sie weiter. Schön ruhig und umsichtig.«
Wie im Traum fuhr Mahmud mit einem zugekniffenen Auge, versuchte sich auf die Straße zu konzentrieren, während ihm eine Rasierklinge auf das rechte Lid gedrückt wurde. Wie der Mann befahl, bog er am Ende der Straße auf eine große Baustelle ab. Sie war menschenleer, eine der kleinen Oasen aus vollkommener Stille und Leere, die einen mitten in der Stadt überraschen können. Ein weiterer Turm aus Stahl und Glas wurde hier errichtet, aber an diesem Nachmittag arbeitete niemand daran. Sie waren ganz allein. Im unebenen Boden klaffte vor ihnen ein Loch.
»Da runter«, sagte der Mann.
»Ich habe Frau und Kinder.«
»Dafür ist es jetzt zu spät.«
Die Rasierklinge drückte fester auf Mahmuds Lid, und er spürte, wie sein Augapfel sich bewegte, ein widerliches Wegrollen, als zuckte das Auge vor der Schneide zurück. Mahmud lenkte den Wagen in das Loch und abwärts, holperte über eine Bremsschwelle und über Schutt, ehe er in ein ausgedehntes, halbdunkles Kellergeschoss kam.
Was war das hier?
Mahmud konnte nicht sagen, ob es einmal eine Tiefgarage gewesen war oder in Zukunft zu einer werden sollte. Im Moment war es nur eine weite, leere Halle mit sehr niedriger Decke, ein unterirdischer Kellerraum ohne Beleuchtung bis auf die Sommersonne, die irgendwo hereinschien.
»Wo fahren wir hin?«, fragte Mahmud. Er konnte nicht aufhören zu reden. Diesmal zog ihm der Mann die Rasierklinge ganz sanft über das Augenlid, nur einen Zoll weit, aber ausreichend, um das Gewebe zu ritzen und Mahmud mit dem plötzlichen Schmerz einen erschrockenen Aufschrei zu entlocken.
Warmes Blut quoll hervor, lief von der Wölbung des Augenlids ab und rann hinunter.
Danach sprach Mahmud kein Wort mehr.
Sie stiegen aus dem Wagen, und das war der Moment, in dem Mahmud dachte, dass er weglaufen könnte, wäre er nicht so starr vor Angst gewesen, so gelähmt vor Unglauben über das, was ihm widerfuhr, so verstört von dem warmen Blut, das ihm jetzt zu beiden Seiten des rechten Auges herunterlief, so zu Tode erschreckt, dass er seine Fluchtchance erst erkannte, nachdem sie bereits verstrichen war.
Der Mann stellte sich hinter Mahmud, die Rasierklinge ruhte wieder in der weichen Hautfalte über dem rechten Auge. Mit der anderen Hand ergriff er den Taxifahrer sanft beim Handgelenk.
Sie gingen durch den weiten Raum zu einer Tür.
Sie stiegen einige Stufen hinunter.
Die Luft wurde kälter.
Sie stiegen in vollkommene Dunkelheit und folgten einem schmalen Gang, bis ein dünner Strahl natürlichen Lichts von irgendwo hoch über ihren Köpfen einfiel. Mahmud konnte das alte weiße Mauerwerk sehen, das von Zeit und Witterung grüne Flecken bekommen hatte. Hier war es sehr kalt. Der Sommer war auf einem anderen Planeten. Es war, als betrete er eine fremde Welt.
Und dort waren die anderen.
Drei von ihnen.
Ihre Gesichter verbargen sie hinter schwarzen Masken, die nur ihre Augen freiließen.
Einer von ihnen hielt etwas mit einem roten Licht in der Hand.
Eine Kamera. Er richtete sie auf Mahmud Irani.
Mahmud erblickte einen Tritthocker. Einen Elefantenfuß für die Küche. Er begriff nicht, was geschah, als Hände ihm auf den Hocker halfen und ihm etwas um den Hals gelegt wurde. Er hatte Blut in den Augen, als er beobachtete, wie sich sein Fahrgast leise mit dem Mann unterhielt, der die Kamera führte. Mahmud wischte sich das Blut mit der Handfläche ab und versuchte, das Gleichgewicht zu halten; er hatte Angst, er könnte vom Hocker fallen.
Mit den Fingern betastete er nervös seinen Hals.
Es war ein Strick.
Sie hatten ihm einen Strick um den Hals gelegt.
Er blickte nach oben und sah, dass der Strick an einem Dreieck aus uralten rostigen Rohren unter der Decke festgebunden war.
Hände berührten ihn am Arm. Er hörte ein metallisches Schnappen. Man hatte ihm die Hände auf den Rücken gefesselt.
Jetzt sprudelten die Worte wie ein Wildbach aus ihm hervor. Jetzt hatte er gar keine Schwierigkeiten mit dem Sprechen mehr. Jetzt hätte ihm selbst die Rasierklinge an seinem Augapfel nicht mehr den Mund verschlossen.
»Ich habe Frau und Kinder!«, schrie er, und der Hall in dem geheimen Keller warf seine Stimme zurück.
Frau und Kinder!
Frau und Kinder!
»Ich bin doch nur ein Taxifahrer! Bitte! Sie haben den Falschen!«
Der Mann aus dem Auto zog sich eine schwarze Maske übers Gesicht. Wie ein Henker. Er wandte sich Mahmud Irani zu.
»Wissen Sie, weshalb Sie hierher aufs Schafott geführt worden sind?«, fragte er.
Mahmud konnte nur stottern. »Was? Aufs … was? Ich verstehe das nicht. Was sagen Sie da? Ich bin nur ein Taxifahrer …«
Aber dann blieben ihm die Worte im Hals stecken, denn jenseits des roten Lichts der Kamera klebte ein anderer Maskierter DIN-A4-Blätter an die verwitterten weißen Ziegel der unterirdischen Mauern.
Die Papierbögen zeigten Bilder, die aus dem Internet heruntergeladen worden waren.
Ausnahmslos waren es Gesichter von Mädchen. Kleinen Mädchen. Lächelnden Mädchen.
Und ja, sie lächelten alle, jede Einzelne – die einen steif und schüchtern, andere hingegen natürlich und voller Selbstbewusstsein.
Jede lächelte auf ihre eigene Art. Die Schulfotografen hatten auf das Lächeln gewartet, die Mädchen dazu ermutigt, hatten versucht, sie zu erheitern.
Es waren offizielle Fotos von der Sorte, wie Schulen sie jedes Jahr aufnehmen ließen, um die Entwicklung ihrer Schützlinge zu protokollieren und zu würdigen, und sie ertappten jedes Mädchen in jenem flüchtigen Moment seines Lebens zwischen dem Kind, das es einmal gewesen war, und der Frau, zu der es eines Tages werden sollte.
Die lächelnden Gesichter beobachteten Mahmud Irani.
Und er kannte diese Gesichter. Jedes einzelne.
Er hatte sie in Räumen voller lachender Männer gesehen. Er hatte die Mädchen um Hilfe rufen hören, ohne dass Hilfe kam. Er hatte sie am Rande der Bewusstlosigkeit erlebt, die Augen vom billigen Fusel und starken Schmerzmitteln glasig, teilnahmslos, als sie ihnen die Kleider herunterrissen.
Mit den anderen Männern hatte er die Mädchen verhöhnt.
Und jetzt klangen Bitterkeit, Verachtung und Wut aus seiner Stimme.
»Huren«, sagte er. »Billige Huren, die Schnaps und Drogen wollten. Schlampen, die sich selbst zur Schau stellen. Mädchen, die Männer mögen. Viele Männer. Typische Mädchen dieses Landes. He, hören Sie mir zu! Das sind keine anständigen Mädchen! Hören Sie mir gefälligst zu!«
Jemand trat gegen den Hocker, auf dem er stand.
»Huren«, stieß Mahmud Irani hervor, dann sagte er nichts mehr, kein weiteres Wort, denn der Hocker war weg, und der Strick um seinen Hals schnitt ihm tief, tief, tief in die Kehle. Wild trat er mit den Füßen, aber sie fanden nichts außer Luft.
Er beschmutzte sich augenblicklich.
Das rote Licht beobachtete ihn, wie er sich krümmte und verdrehte und wand, während das Seil mit jeder Sekunde tiefer in sein Fleisch schnitt.
Erst klemmte es ihm die Halsvene ab, dann die viel tiefer liegenden Schlagadern. Es unterbrach den Blutfluss ins Gehirn und aus dem Gehirn, und augenblicklich schwoll sein Hirn an, sodass Mahmuds Augen sich verdrehten und seine Zunge aus dem schlaffen Mund quoll und ein ersticktes Gurgeln irgendwo aus den Tiefen seines zugeschnürten Halses stieg.
Das rote Licht sah Mahmud zu, wie er von dem Strick um seinen Hals stranguliert wurde.
Und die Schmerzen!
Mahmud hatte nicht gewusst, dass es auf der Welt solche Schmerzen gab. Die Minuten krochen so langsam dahin wie Jahrhunderte. Nach einer Zeit, die ihm wie ein Jahrtausend erschien, hörte er endlich auf zu treten, und seine Arme sackten schlaff herab.
Das Letzte, was Mahmud Irani sah, war der geheime Keller aus weißen Ziegelmauern, der sich tief unter Stadt verbarg.
Das rote Licht erlosch.
Und an der Wand lächelten die Mädchengesichter noch immer.
Wir saßen im Gerichtssaal 1 des Old Bailey und warteten auf Gerechtigkeit.
»Erheben Sie sich«, sagte der Gerichtsdiener.
Ich stand auf, ohne die Hand der Frau neben mir loszulassen. Der Tag war lang gewesen. Aber schließlich ging auch er zu Ende.
Wir waren hier wegen eines Mannes, mit dem sie beinahe zwanzig Jahre lang verheiratet gewesen war; eines Mannes, den ich lebend nie gekannt, aber dessen Tod ich vielleicht hundert Mal beobachtet hatte.
Ich hatte mit angesehen, wie er an einem milden Frühlingsabend im Schlafanzug aus dem bescheidenen Haus gekommen war, ein Mann mittleren Alters in Filzpantoffeln, der nur das Richtige, Anständige, Gute tun und – vor allem – seine Familie beschützen wollte, und ich hatte mit ansehen müssen, wie die drei jungen Männer, die jetzt auf der Anklagebank saßen, ihn niedergeschlagen und auf ihn eingetreten hatten, bis er starb.
Ich hatte seinen Tod hundertmal betrachten können, weil von einem der jungen Männer auf der Anklagebank mit dem Handy jede Einzelheit gefilmt worden war. Das kleine Display hatte wegen seiner Erheiterung gezittert, von seinem Lachen gebebt, aber das klare Licht des Märzabends hatte für ein scharfes Bild gesorgt. Ich hatte ihn immer wieder sterben sehen, bis mein Kopf erfüllt war von einem stummen Schrei, der auch in meinen Träumen nicht nachließ.
»Er war ein guter Mann«, flüsterte Alice Goddard, seine Witwe, nahm meine Hand fester und schüttelte sie mit Nachdruck. Ich nickte und spürte, wie sie die Finger tief in meinen Handteller bohrte. Auf ihrer anderen Seite standen zwei Teenager, ein Mädchen von sechzehn Jahren und ein Junge, der ein Jahr jünger war, und neben ihnen eine junge Frau Ende zwanzig, eine FLO – ein Family Liaison Officer, verantwortlich für die Verbindung zur Familie.
Ich hielt den Central Criminal Court – der eigentliche Name des Old Bailey, des zentralen Londoner Strafgerichtshofs – für keinen Ort für Kinder, besonders nicht für Kinder, die aus dem Fenster des eigenen Hauses untätig hatten mit ansehen müssen, wie ihr Vater ermordet worden war.
Die FLO – eine anständige, mitfühlende junge Frau mit Universitätsabschluss, die noch die Welt für grundsätzlich gutartig hielt – vertrat den Standpunkt, sie seien hier, um einen Abschluss zu finden. Aber Abschluss war nicht das richtige Wort. Sie erwarteten im Gerichtssaal 1 keinen Abschluss.
Sie wollten Gerechtigkeit.
Und Gerechtigkeit mussten sie bekommen, wenn die Welt für sie irgendwann wieder Sinn ergeben sollte.
Als ich mit meinen Kollegen Detective Chief Inspector Pat Whitestone und Detective Constable Edie Wren an jenem Märzabend zum ersten Mal zum Haus dieser Familie gekommen war, hatte sich noch ein letzter Hauch der Winterkälte gehalten. Jetzt war es Juli, und die Stadt schmorte unter dem heißesten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Nur wenige Monate lag der Mord zurück, aber seitdem waren die Frau und ihre Kinder sichtlich gealtert, und das lag nicht nur an der verstrichenen Zeit. Alle drei waren zermürbt von dem unbegreiflichen Schock des Gewaltverbrechens.
Für unser Mordermittlungsteam beim Homicide and Serious Crime Command auf der 27 Savile Row, dem Dezernat für Mord und Schwerverbrechen im Polizeirevier West End Central, war der Fall ziemlich unkompliziert gewesen. Routine konnte man ihn nicht nennen, denn man konnte es nicht als Routine betrachten, wenn einem Mann brutal das Leben geraubt wurde. Aber auf den Smartphones der Idioten mit den leeren Gesichtern, die jetzt auf der Anklagebank saßen, hatte es vor Belastungsmaterial nur so gewimmelt. Für unsere Spurensicherung war die Arbeit traumhaft einfach gewesen.
Wir hatten keine kriminellen Genies gejagt. Als wir sie verhaftet hatten, klebte noch frisches Blut an ihren Turnschuhen. Sie waren bloß drei dämliche Halbstarke, die es viel zu weit getrieben hatten.
Aber ich nahm den Fall persönlich.
Weil ich ihn gekannt hatte. Den Toten. Den verlorenen Ehemann, den geraubten Vater. Steve Goddard. Vierzig Jahre alt.
Ich war ihm nie begegnet, als er noch lebte, aber ich wusste, was ihn bewegt hatte, das Haus zu verlassen, als die drei Halbstarken auf das Auto seiner Frau urinierten. Ich verstand ihn. Ich kapierte es. Er hätte es bleibenlassen können – den Lärm ignorieren, das Gelächter, die obszöne Beleidigung seiner Familie und der Straße, in der er wohnte, die Verhöhnung von allem, was er wertschätzte.
Und ich konnte sogar einsehen, dass es rational betrachtet überhaupt keinen Sinn ergab, mit Filzpantoffeln dort hinauszugehen und die Randalierer zur Rede zu stellen. Ich konnte einsehen, wieso es die Sache nicht wert war, wieso er den Fernseher hätte lauter stellen und die Vorhänge zuziehen sollen; dann hätte er miterleben können, wie seine Kinder erwachsen wurden und heirateten und eigene Kinder bekamen – ich sah ein, wieso er besser im Haus geblieben wäre, damit er mit seiner Frau alt werden konnte. Ich begriff es durchaus.
Aber vor allem begriff ich, wieso dieser anständige Mann es nicht über sich gebracht hatte, tatenlos zuzusehen.
»Sind die Geschworenen zu einem Urteil gelangt?«, fragte der Richter.
Der Sprecher der Geschworenen räusperte sich. Alice bohrte mir die Fingernägel noch tiefer in die Hand. In den Gesichtern der drei Angeklagten – die während des Verfahrens meistens eine reglose Art geistesträger Verdrossenheit gezeigt hatten – regte sich zum ersten Mal so etwas wie Angst.
»Ja, Euer Ehren, das haben wir«, sagte der Sprecher der Geschworenen.
Geschworene nennen keine Gründe. Geschworene brauchen keine Gründe zu nennen. Geschworene nennen nur ihr Urteil.
»Schuldig.«
»Schuldig.«
»Schuldig.«
Geschworene haben beim Strafmaß nicht mitzureden. Wir blickten alle den Richter an, einen alten Mann mit papiernem Gesicht, der unter seiner Perücke hinweg über seine Lesebrille spähte, als kenne er die Geheimnisse der menschlichen Seele.
»Körperverletzung mit Todesfolge ist eine ernste Straftat«, sagte der Richter mit Donnerstimme und funkelte den Saal an. »Die Höchststrafe, die dafür verhängt werden kann, ist lebenslängliche Haft.«
Auf der öffentlichen Galerie schrie jemand auf. »Nein!« Es war eine Frau mit einem Stacheldrahttattoo auf dem nackten Arm. Sie musste die Mutter eines der jungen Männer sein, denn von den Vätern hatte sich seit fast zwanzig Jahren keiner mehr sehen lassen.
Der Richter schlug mit dem Hammer auf den Tisch und verlangte Ruhe, sonst lasse er den Saal räumen.
»Das öffentliche Interesse an der Abschreckung muss sich im Strafmaß widerspiegeln, das vom Gericht verhängt wird«, fuhr er fort. »Das Gesetz verlangt jedoch auch, dass ein Gericht ernsthaft die Schuldhaftigkeit des oder der Angeklagten beim Begehen des Verbrechens berücksichtigt. Und ich akzeptiere die Wahrscheinlichkeit, dass der Verstorbene aufgrund einer Subarachnoidalblutung tot gewesen sein kann, ehe er zu Boden ging, sodass wir es hier mit einer fahrlässigen Tötung durch einen einzelnen Schlag zu tun haben.«
»Aber was heißt das?«, fragte der Junge – er hieß Steve wie sein Vater – murmelnd seine Mutter, und sie machte »Pst«. Selbst hier und jetzt klammerte sie sich an gute Manieren.
Es heißt, dass sie Weihnachten wieder zu Hause sind, dachte ich, und mir rutschte der Magen in die Kniekehlen.
Es heißt, dass sie mit einem blauen Auge davonkamen.
Es heißt, dass es keine Rolle spielte, ob sie Steve Goddard gegen den Kopf getreten hatten, als er am Boden lag.
Es heißt, dass es egal war, ob sie auf YouTube gepostet hatten, wie sie auf seine Leiche urinierten.
Nichts davon zählte, weil der Richter die Beweisführung der Verteidigung geschluckt hatte, dass der Mann, der drei unbewaffnete Jungen angegriffen hatte, tot gewesen sei, ehe er auf dem Boden aufschlug, weil er an einer bereits bestehenden Erkrankung gelitten hatte.
Mit der richtigen Begründung konnte man sich aus allem herauswinden.
»Ich bin weiterhin gezwungen, den strafmildernden Umstand der Selbstverteidigung anzuerkennen, da der Verstorbene versuchte, die Angeklagten anzugreifen«, sagte der Richter. »Ich berücksichtige Ihren guten Leumund und verurteile Sie hiermit zu einer Haftstrafe von je zwölf Monaten.«
Es war vorbei.
Ich sah Alice Goddard ins Gesicht. Sie begriff nichts von alldem. Sie begriff nicht, wieso ihr Mann dreißig Jahre vor seiner Zeit hatte sterben müssen. Sie begriff nicht, was der Richter gesagt hatte oder wieso die Angeklagten lachten oder wieso ihre beiden Kinder still weinten. Ich wollte etwas zu ihnen sagen, aber es gab nichts zu sagen. Mir fiel kein angemessenes Wort ein, und ich konnte keinen Trost spenden.
Alice Goddard ließ meine Hand los. Es war für alle vorbei, nur nicht für sie. Für sie würde es nie vorbei sein.
Alice lächelte, und das zerriss mir das Herz. Ein gepresstes, furchtbares Lächeln.
»Alles ist gut, Max«, sagte sie. »Wirklich. Davon hätte ich meinen Steve ja auch nicht zurückbekommen.«
Sie war so sehr darauf bedacht klarzustellen, dass sie mir keine Schuld gab.
Ich sah die Angeklagten an. Sie kannten mich. Ich kannte sie. Einen von ihnen hatte ich im Vernehmungsraum nach seiner Mutter weinen sehen. Einen anderen hatte ich gesehen, wie er sich einnässte bei der Aussicht auf Inhaftierung. Und den anderen hatte ich während der ganzen Vernehmungen mit leeren Augen und gleichgültig erlebt, unerreichbar, jenseits aller Hoffnung.
Bei ihrer Verhaftung, während ihrer Vernehmung und als sie dann vor Gericht gestellt worden waren, hatten die drei jungen Männer sehr unterschiedlich gewirkt.
Ein Feigling. Ein Schwächling. Und ein Rowdy.
Jetzt waren sie wieder einer. Jetzt waren sie wieder eine Gang. Ja, sie gingen hinter Gitter, aber in einem halben Jahr würden sie wieder zu Hause sein. Einem Mann das Leben genommen zu haben würde keine bleibenden Auswirkungen auf ihr Leben haben. In der kleinen, grausamen Welt, in der sie lebten, schenkte es ihnen vielmehr einen gewissen Status.
Die Wut in mir kochte hoch, und plötzlich stand ich von meinem Sitz auf und stapfte auf sie zu. Aber der Gerichtsdiener versperrte mir den Weg, die fleischigen Hände leicht gehoben. Er tadelte mich nicht, bedrohte mich nicht, falls ich sofort aufgab.
»Lassen Sie das bleiben, Sir«, sagte er nur.
Also traf ich die kluge Entscheidung. Ich tat nichts.
Er war ein typischer Old-Bailey-Gerichtsdiener mit einem Gebaren irgendwo zwischen Diplomat und Türsteher, und er blickte mich mitfühlend und mit der kaum wahrnehmbaren Andeutung eines Lächelns an – keines spöttischen, sondern eines traurigen Lächelns. Ich ließ den Augenblick verstreichen und schluckte die Übelkeit herunter, die mit der Wut kam.
Und mein Gesicht war heiß vor Wut.
Die drei jungen Männer auf der Anklagebank sahen mich höhnisch an, ehe sie abgeführt wurden.
Ich kannte diesen Ausdruck.
Ich hatte ihn schon zu oft gesehen.
Es war der Ausdruck von Leuten, die wussten, dass sie gerade mit Mord davongekommen waren.
Noch am gleichen Tag, am frühen Abend, schauten wir uns an, wie der Mann gehenkt worden war.
Wir betrachteten den Film von seinem Tod auf dem großen HDTV-Schirm, der im Major Incident Room One von West End Central an der Wand hängt, und waren uns zuerst nicht sicher, was wir sahen. Wir waren nicht einmal überzeugt, dass die Aufnahme echt war, aber gleichzeitig geschockt, dass man online zusehen konnte, wie ein Mann hingerichtet wurde.
Wir standen auf unseren Plätzen, ohne darauf zu achten, dass so gut wie jedes Telefon in MIR-1 klingelte, während der Mann zu dem Küchenhocker geführt und ihm eine Schlinge um den Hals gelegt wurde.
Dann folgte der schreckliche Dialog zwischen den beiden Männern.
»Wissen Sie, weshalb Sie hierher aufs Schafott geführt worden sind?«
»Was? Aufs … was? Ich verstehe das nicht. Was sagen Sie da? Ich bin nur ein Taxifahrer …«
Die Stimme des ersten Mannes dämpfte eine Art Maske. Die Stimme des zweiten Mannes erstickte die Angst.
»Wer ist das?«, fragte DCI Pat Whitestone.
»Ein IC-vier«, sagte DC Edie Wren. Sie fuhr sich durch das rote Haar, ohne dass ihr Blick den riesigen Bildschirm verließ. IC4 bedeutete, dass der Mann, dem eine Schlinge um den Hals lag, aus dem Mittleren Osten stammte. »Um die vierzig. Unrasiert. Jeans. Polohemd. Lacoste.«
»Lacoste-Imitat«, sagte ich. »Das kleine Krokodil guckt nämlich in die falsche Richtung.«
»Wo ist das, Max?«, fragte Whitestone.
Ich trat ein paar Schritte näher an den Schirm. Das Video war scharf, aber im Raum war es dunkel. In den Schatten konnte ich eine Art weiße Kacheln oder Ziegel erkennen, die von Zeit und Wetter grüne und gelbe Flecken hatten.
Ich hatte das Gefühl, es schon gesehen zu haben: ein Winkel von London, der gleich um die Ecke und doch hundert Jahre entfernt lag, außerhalb der Reichweite der Erinnerung. Ich machte einen Schritt zurück.
»Ich weiß es nicht«, sagte ich.
»Was werden sie mit ihm machen?«, fragte Trainee Detective Constable Billy Greene. Er war seit kurzem Kriminalbeamter zur Ausbildung und verstärkte unser ausgedünntes Mordermittlungsteam.
Der Tritthocker wurde weggetreten, und wir sprachen kein Wort, während wir zusahen, wie der Mann am Strick hing, sein Körper sich in der Luft wand und verdrehte und es keinen Laut gab außer dem erstickten Gurgeln in seiner Kehle. Als der Hängende sich beschmutzte, schwenkte der Kameramann sein Aufnahmegerät, und ich erhaschte schlaglichtartige Blicke – mehr nicht – auf zwei oder drei Gestalten in dunkler Kleidung, deren Gesichter schwarze Masken verdeckten, die nur die Augen freiließen, und die mit dem Rücken an den fleckigen Wänden lehnten.
»Sie sind zu dritt oder viert«, sagte ich. »Mindestens. Sie tragen Skimasken. Nein, halt, keine Skimasken – das sind taktische Gesichtsmasken aus Nomex oder etwas Ähnlichem.« Ich schwieg kurz. »Die wissen, was sie tun.«
Das Gesicht des Mannes wechselte die Farbe, als das Leben aus ihm stranguliert wurde. Schließlich hing er reglos da, und es war zu Ende. Ein Video, das zehn Minuten und einundzwanzig Sekunden dauerte und sich urplötzlich über die ganze Welt verbreitete.
»Ist Ihnen dieses Hashtag aufgefallen?«, fragte Edie, über den Laptop gebeugt. »Das überall ist? Das #führtsiewiederein.«
»Führt was wieder ein?«, fragte TDC Greene.
»Spielen Sie es noch einmal ab«, sagte Whitestone. »Nehmen Sie die Anrufe entgegen, Billy. Edie, finden Sie heraus, woher dieses Hashtag kommt.«
Edie begann auf ihrer Tastatur zu klappern.
»Sieht es für Sie nach einem Hassverbrechen aus, Max?«, fragte Whitestone.
»Es sieht aus wie Lynchmord«, sagte ich. »Also ja, vielleicht.«
»Hier«, sagte Edie, und eine Kachel erschien in der Ecke des großen Bildschirms.
Sie zeigte das Schwarzweißfoto eines lächelnden Mannes mit Kaninchengesicht aus der Mitte des letzten Jahrhunderts. Das Konto hieß @AlbertPierrepointUK. Keine Nachricht. Nur das Hashtag – #führtsiewiederein – und ein Link zu dem Film.
»Er hat knapp fünfundzwanzigtausend Follower, die seine Nachrichten lesen«, sagte Edie. »Nein – jetzt sind es schon über achtundsiebzigtausend. Wartet …« Sie lehnte sich zurück und seufzte. »Wow, ein beliebter Bursche, dieser Albert Pierrepoint. Woher kenne ich den Namen bloß?«
»Albert Pierrepoint war der berühmteste Henker, den es in diesem Land je gab«, sagte ich. »Er hat über vierhundert Hinrichtungen durchgeführt, darunter auch viele Nazigrößen nach den Nürnberger Prozessen.«
»Bei Metcall ging ein Notruf ein«, sagte Billy und legte den Hörer auf. Metcall war die Einsatzleitzentrale der Metropolitan Police. »Von einer Frau, die das Opfer erkannt haben will.« Er blickte auf den Fernsehschirm und verzog das Gesicht, als der Mann erneut die letzten Zuckungen des Todeskampfs durchlief. »Die Frau ist eine gewisse Fatima Irani aus Bethnal Green. Der Mann heißt Mahmud Irani. Ihr Ehemann.«
»Wie schreibt sich das?«, fragte Whitestone. »Haben Sie ein Geburtsdatum? Haben Sie eine Beschreibung der Kleidung, die er trug?«
Greene las aus seinen Notizen vor. Dann sah er wieder auf den Schirm. »Sie sagt, ihr Mann trug Jeans und so ein Hemd mit dem kleinen Krokodil.« Er bückte sich und würgte in einen Papierkorb. Er brauchte einen Augenblick, um sich zu erholen. »Entschuldigung«, sagte er.
»Spielen Sie es noch einmal ab«, sagte Whitestone. »Und trinken Sie einen Schluck Wasser, Billy. Sind Sie im PNC, Edie?«
Edie Wren ließ den Namen Mahmud Irani durch den Police National Computer laufen.
»Er war drin.« Sie meinte, dass er hinter Gittern gewesen war. »Hat sechs Jahre von einer zwölfjährigen Haftstrafe abgesessen. Er gehörte zu der Päderastengang von Hackney. Sie haben sich sogar an Elfjährigen vergangen. Viele von den Mädchen – aber nicht alle – lebten in Pflegefamilien. Einige Bandenmitglieder bekamen lebenslänglich. Dieser Mahmud Irani wurde wegen Kinderhandels schuldig gesprochen – er ist Taxifahrer. Er war Taxifahrer. Er ist ziemlich milde davongekommen.«
Wir sahen ihm zum dritten Mal beim Sterben zu.
»So milde dann auch nicht«, sagte ich. »Falls es damit zusammenhängt.«
Ein junger Chinese erschien in der Tür von MIR-1. Es war Colin Cho vom PCeU – der Police Central e-crime Unit, die vom Innenministerium finanziert wurde, um landesweit auf die ernstesten Internetstraftaten reagieren zu können.
»Wir suchen nach Albert Pierrepoint«, sagte er zu Whitestone und nickte zu dem großen Schirm. »Er – sie – benutzen offenbar die gleiche Technik wie Terroristen, Pornografen und Whistleblower. Das Konto läuft über einen Anonymisierungsdienst, der alle digitalen Fingerabdrücke löschen soll. Es ist aber weder Tor noch 12P. So etwas haben wir noch nicht gesehen. Die Site bekommt gerade jede Menge Druck – Politik, Medien, User, besorgte Eltern –, das Video im Namen des Anstands vom Netz zu nehmen, aber wir haben sie überzeugt, es online zu lassen, während wir versuchen, die IP-Adresse des Posters zu ermitteln. Inoffiziell natürlich.«
»Danke, Colin«, sagte Whitestone und blickte auf ihr Handy. »Metcall meldet, dass wir eine Leiche haben. Mitten im Hyde Park. Noch keine Identifizierung.« Sie blickte auf den Fernseher und sah dann mich an. »Aber der Beamte vor Ort sagt, der Tote trägt ein Hemd mit einem kleinen Krokodil.«
»Im Hyde Park?«, fragte ich. »Die Leiche wurde wirklich im Park gefunden?« Ich sah auf den Fernsehschirm, auf den unterirdischen Raum mit den fleckigen weißen Ziegelmauern. »Das haben sie nicht im Hyde Park gemacht.«
Ich dachte an die Tiefgaragen der großen Hotels auf der Park Lane, östlich des Hyde Parks. Keine von ihnen sah auch nur entfernt aus wie der Raum, in dem sie Mahmud Irani gehängt hatten. Dieser Raum stammte aus einem anderen Jahrhundert.
In der Kachel auf dem Fernsehschirm konnten wir sehen, dass @AlbertPierrepointUK viral geworden war.
TRENDS
#führtsiewiederein
#führtsiewiederein
#führtsiewiederein
#führtsiewiederein
#führtsiewiederein
»Ich glaube, da hat gerade jemand die Todesstrafe wieder eingeführt«, sagte ich.
Edie drückte auf Abspielen, und auf dem Bildschirm wurde Mahmud Irani wieder auf den Elefantenfuß geführt.
»Aber wer würde ihm das antun wollen?«, fragte der frischgebackene TDC Greene, und ich erinnerte mich an die Kinderschändergang von Hackney. Als ich zur Tür ging, kam mir ganz ungebeten der Gedanke:
Wer zum Teufel nicht?
An einem warmen Sommerabend im Hyde Park zu stehen hatte etwas Friedliches an sich. Niemand bewegte sich hier außer dem Specialist Search Team, das in der Dunkelheit die Umgebung absuchte, und den Kriminaltechnikern von der Spurensicherung, die sich leise fertigmachten, während DCI Whitestone und ich die Leiche betrachteten.
Man erkannte ihn gleich.
Das Mondlicht schien hell genug, um zu erkennen, dass das Krokodil auf seinem Polohemd noch immer in die falsche Richtung blickte, und es offenbarte Wunden an seinem Hals, die wie schwere Verbrennungen aussahen.
Schon bevor der Polizeiarzt eintraf, um ihn offiziell für tot zu erklären, und lange bevor seine nächsten Angehörigen die Gelegenheit erhielten, seine sterblichen Überreste im Leichenschauhaus formell zu identifizieren, kannten wir die Identität des Toten, der im Hyde Park unter den Bäumen lag.
»Mahmud Irani«, sagte Whitestone leise.
»Also war es kein Hassverbrechen«, sagte ich. »Er wurde nicht wegen seiner Rasse oder seiner Religion getötet.«
»Alle Morde sind Hassverbrechen. Wussten Sie, was diese Bande mit den Mädchen gemacht hat, Max? Sie haben sie gebrandmarkt. Können Sie fassen, dass erwachsene Männer Kindern so etwas antun?« Sie schüttelte den Kopf. »Manche Menschen verdienen Hass.«
Ich sah von dem toten Mann weg und sog frische Luft ein. Der Hyde Park dehnte sich weit aus. Die Londoner beschweren sich ständig, wie eng und übervölkert ihre Stadt sei, aber Heinrich VIII. hatte an dieser Stelle noch Wildschweine gejagt. Selbst heute noch ist London eine Stadt mit Feldern. Die weißen Lichter des West Ends strahlten von weit weg heran, über ihnen stand ein orangefarbenes Glühen wie eine Sonne, die über einem anderen Planeten aufgeht.
DCI Pat Whitestone starrte schweigend auf den Leichnam.
Sie war eine kleine, hellhaarige Frau mit Brille, weder jung noch alt, und wenn man ihr im Zug begegnet wäre, hätte man nicht gedacht, dass sie zu den erfahrensten Mordermittlern Londons gehörte. Ich würde nichts weiter zu ihr sagen, ehe sie mich nicht ansprach, denn jetzt waren die entscheidenden Minuten, in denen sich die Ermittlungsleiter den unberührten Tatort ansehen, während die Leiche noch genau so daliegt, wie sie aufgefunden wurde; die Momente, in denen sie alles auf sich wirken lassen und aufnehmen, was sie können, ehe das Filmen, Fotografieren und Eintüten des Beweismaterials losgeht. Selbst die Blaulichter der Streifenwagen schienen in großer Entfernung zu blitzen, als warteten sie auf ein Zeichen von der Ermittlungsleiterin; ein großer Kreis von Blaulichtern in der Dunkelheit des großen Parks, die uns von der übrigen Welt abschlossen. Ich konnte DC Edie Wren und TDC Billy Greene sehen, wie sie die Rumänen vernahmen, die den Leichnam entdeckt hatten, als sie eine abgeschiedene Stelle suchten, um dort wild zu grillen.
»Okay«, sagte Whitestone. »Ich habe genug gesehen.«
Ich winkte der Tatortmanagerin, und auf ihr Wort setzte sich die Spurensicherung in Bewegung. Unser Absperrband lief nun die gesamte Park Lane entlang und wurde im Abstand von zwanzig Metern von uniformierten Beamten bewacht.
»Sie haben den ganzen Hyde Park abgesperrt?«, fragte ich.
»Weil ich die Absperrung später immer noch verkleinern kann«, sagte Whitestone leise, ohne den Blick von der Leiche zu nehmen. »Aber ausweiten kann ich sie später nicht mehr. Man sollte den Tatort lieber zu weiträumig als zu klein machen. Sehen wir uns Irani genauer an.«
Wir trugen blaue Nitrilhandschuhe und weiße Masken über Mund und Nase. Mit den Plastikhüllen um unsere Schuhe standen wir auf Tatort-Trittplatten, die man mit bloßem Auge kaum erkennen konnte.
Whitestone und ich, wir trugen beide einen kleinen Stapel der durchsichtigen und leichtgewichtigen Trittplatten und setzten sie sorgsam aufs Gras, damit wir den Weg zum Leichnam nicht verunreinigten. Als wir Mahmud Irani erreicht hatten, kauerten wir uns links und rechts von ihm hin.
»Erste Erhängung?«, fragte Whitestone.
Ich nickte.
Sie deutete mit dem behandschuhten Zeigefinger auf die blau-roten, schrägen Male, die sich um seinen Hals zogen.
»Solche Male sehen Sie nur nach dem Erhängen«, sagte sie. »Alle anderen Strangulierungsmethoden hinterlassen waagerechte Male.«
»Und die hier sind diagonal«, sagte ich. »Sie laufen tief vom Hals auf der einen Seite zu knapp unter dem Ohr auf der anderen.«
Whitestone nickte. »Weil sich das Seil spannt und schräg zum Knoten hinaufläuft – oder der Gürtel, das Betttuch, der Draht oder was immer verwendet wird. Sehen Sie, wie tief die Male sind? Er wurde durch sein eigenes Körpergewicht stranguliert. Der Strick presst die Halsschlagadern zusammen und unterbricht die Blutversorgung des Gehirns. Bei gerichtlichen Erhängungen wird der zweite Halswirbel gebrochen – klassischer Genickbruch, der Tod tritt unmittelbar ein. Humaner. Damit haben diese Typen sich nicht aufgehalten. Sie haben ihn einfach aufgeknüpft. Aber Erhängungsopfer sehen immer so aus – die schrägen Strangulationsmale sind charakteristisch. Ungewöhnlich ist hier nur, dass es kein Selbstmord war.« Sie erhob sich. »Jede Erhängung, die ich bis heute gesehen habe – und das sind einige –, war entweder vorsätzliche oder versehentliche Selbsttötung.«
»Versehentliche Selbsttötung?«
»Self-Bondage im Zusammenhang mit Atemkontrolle. Sie wissen schon. Sexspielchen, die tödlich enden.«
»Oh.«
»Ist eher ein männlicher Zeitvertreib, so wie Heimwerken oder Kricketspiele gucken. Frauen scheinen sich weniger gern selbst die Sauerstoffzufuhr zu unterbrechen, um den Orgasmus zu intensivieren. Komisch. Was soll dabei schon schiefgehen?« Sie nickte zu dem Leichnam. »Einzigartig an Mahmud Irani ist, dass der Zweck seines Erhängens weder Masturbation noch Selbsttötung war. Es war Mord. Wer ermordet jemanden durch Erhängen?«
Ich dachte darüber nach.
»Jemand, der Rache will?«
»Nein … Jemand, der Gerechtigkeit will.« Sie betrachtete den Park. »Aber der Tatort ist das hier nicht, richtig? Hier ist er nicht gestorben.«
Ich dachte an den Raum mit den weißen Ziegelwänden, in dem kein Licht gebrannt hatte. Und ich dachte an die Tiefgaragen in dieser Gegend, nicht nur am Hyde Park, sondern auch unter den Grandhotels und den teuren Autohändlern auf der Park Lane. Keine davon ähnelte, soweit ich wusste, auch nur entfernt dem Raum in dem Video. Er hatte den Eindruck gemacht, als hätte er schon vor hundert Jahren abgerissen werden sollen.
»Sie haben ihn also vom Tatort zur Ablagestelle geschafft«, sagte ich. »Wieso?«
»Um es uns schwerer zu machen«, sagte Whitestone. »Wir können nun am Mordtatort nicht nach Spuren suchen.«
»Ja, aber es ist für sie dadurch viel gefährlicher. Wieso riskieren sie, beim Ablegen der Leiche beobachtet zu werden? Warum haben sie ihn nicht einfach dort hängen gelassen?«
Whitestone dachte darüber nach.
»Weil sie wollten, dass wir ihn finden«, sagte sie.
Wir sahen zu, wie das Specialist Search Team sich auf Händen und Knien zentimeterweise durch den Hyde Park vorarbeitete. Irgendwo weit weg bellte ein Schäferhund der Dog Support Unit.
»Wenn ich etwas wirklich brauchen könnte, dann das Seil, mit dem sie es gemacht haben«, sagte Whitestone, mehr zu sich als zu mir. »Seile sprechen Bände. Die Sorte. Die Art des Knotens.«
Grelle weiße Bogenlampen wurden eingeschaltet und beleuchteten die Umgebung wie ein Filmset. Der Leichnam Mahmud Iranis sah in dem gnadenlosen Licht entsetzlich aus, sein qualvoller Tod stand ihm in das leblose Gesicht geätzt. Das Krokodil auf seinem Polohemd starrte in die falsche Richtung, als wendete es den Blick von dem großen Fleck auf seiner Jeans ab.
Der Tatortmanager und seine Spurenermittler schwitzten schon in ihren Tyvek-Anzügen, den blauen Handschuhen und den Gesichtsmasken. Ein Kastenwagen mit geschwärzten Fenstern rumpelte über das ausgedörrte Gras. Der Leichenwagen. Dahinter erblickte ich den großen weißen Marmorbogen, wo die Oxford Street, die Edgware Road und Park Lane zusammentreffen. Etwas wisperte in den Bäumen wie das Seufzen der ruhelosen Toten.
»Hier war früher Tyburn«, sagte ich. »Vielleicht sind sie deshalb das Risiko eingegangen, ihn hier abzulegen. Der Ort könnte Teil eines Mordrituals sein. Vielleicht der wichtigste Teil. Wegen Tyburn.«
»Tyburn?«, fragte Whitestone. »Die alte Richtstätte?«
Ich nickte. »Der Tyburn-Baum – das dreibeinige Galgengerüst – stand in der Nähe der Stelle, wo heute der Marble Arch ist. Hier hielt London fast tausend Jahre lang seine öffentlichen Hinrichtungen ab.« Ich wies auf den Marble Arch. Am großen Triumphbogen strahlte die Abendbeleuchtung. »Fast genau an der Stelle, wo wir stehen, sind rund fünfzigtausend Menschen erhängt worden«, sagte ich. »Sie haben ihn nicht einfach nur umgebracht, richtig?« Ich sah auf den Leichnam Mahmud Iranis und die schräge Wunde um seinen Hals. »Sie haben ihn bestraft.«
An einem sonnengetränkten Montagnachmittag kurz vor drei Uhr warteten Stan und ich vor dem Schultor auf Scout, und beide mussten wir kämpfen, um unsere Gefühle zu zügeln.
Unser kleiner roter Cavalier King Charles Spaniel war vor Schulhöfen immer aufgeregt – so viele Kinder, so viel Aufmerksamkeit, so viel Lob –, aber für mich war der heutige Tag etwas Besonderes, weil er der letzte Schultag vor den Ferien war.
Und wir hatten es geschafft.
Die Kinder kamen aus dem Gebäude, und die wartende Elternmenge schob sich vor.
Ich entdeckte das blonde Haar von Miss Davies – der Lieblingslehrerin meiner Tochter –, dann kleine Mädchen, deren Gesichter ich erkannte, und schließlich Scout mit einem dicken Ordner im Arm. Sie trug eine Schuluniform in der kleinsten Größe, die es gab, aber der Rock reichte ihr trotzdem noch bis unter die Knie.
Miss Davies sah mich, winkte mir lächelnd zu und zeigte mir den erhobenen Daumen. Ich wollte ihr danken für alles, aber zu viele Eltern unwimmelten sie, reichten ihr Geschenke, wollten ein Wort wechseln vor der langen Sommerpause, daher standen Stan und ich wartend am Schultor. Er wedelte heftig mit dem Schwanz, und seine großen runden Augen traten vor Aufregung hervor.
»Wir haben einen Film geguckt, weil heute der letzte Schultag ist«, sagte Scout zur Begrüßung. »Über einen japanischen Fisch, der hieß Ponyo.« Sie erblickte das Gesicht einer Freundin, die sie wenigstens fünf Minuten lang nicht mehr gesehen hatte.
»Mia! Mia! Mia-Mia-Mia-Mia-Mia!«
»Bye, Scout!«
»Bye, Mia!«
Scout reichte mir den Ordner, der mit ihren Arbeiten aus dem Schuljahr vollgestopft war. Auf dem Deckel standen säuberlich ihr Name und ihre Klasse.
Scout Wolfe, 1D
Ganz oben lag eine ihrer frühen Arbeiten, ein Bild namens »Meine Familie« vom vergangenen September, an das ich mich noch erinnerte. Auf dem Bild bestand Scouts Familie aus nur einem kleinen Strichmännchen-Mann, der nicht einmal eine Aktentasche sein Eigen nennen konnte, und einem kleinen Mädchen mit braunem Haar und einem roten Hund. Dieses Bild hatte mir fast das Herz zerrissen, denn der Mann und das Mädchen und der Hund hatten auf dem vielen weißen Leerraum so verloren gewirkt. Jetzt aber entlockte es mir ein Lächeln.
Wir haben es geschafft!
Wir schlenderten langsam vom Schultor weg. Ringsum hörten wir die besten Wünsche für die Ferien, Pläne wurden abgesprochen, um in Kontakt zu bleiben, und ich empfand eine Erleichterung, bei der mir beinahe die Knie weich wurden.
Alle Eltern wollen für ihre Kinder das Gleiche. Alleinerziehende wollen aber noch mehr. Sie wollen überleben.
Wenn Scout und ich das erste Schuljahr überstehen konnten, dann konnten wir alles überstehen.
Sie nahm Stans Leine und wickelte sie sich zweimal um ihr dünnes Handgelenk, aber der Hund war noch so ausgelassen, als müsste die Aufregung vom Schultor erst abklingen. Mit wildem Blick schnüffelte er an einem Laternenpfahl, verloren in seiner eigenen Welt, der Welt der Gerüche, in der Hunde leben, als er plötzlich aufsah und auf der anderen Straßenseite eine gepflegte Pudeldame entdeckte. Ohne Vorwarnung versuchte er sich in den Verkehr zu stürzen, und Scout musste ihn mit beiden Händen zurückhalten.
Ich nahm ihr die Leine ab, und wir starrten beide Stan an, der nur Augen für den Pudel auf der anderen Straßenseite hatte.
»Du musst dich den Tatsachen stellen, Daddy«, sagte Scout. »Er ist geschlechtsreif geworden.«
Der Obdachlose saß im Schatten des großen, überwölbten Eingangs zum Fleischmarkt von Smithfield auf dem Pflaster.
Der Mann trug ein altes grünes T-Shirt mit viel zu langen Ärmeln, eine fadenscheinige Tarnhose und Kampfstiefel ohne Schnürsenkel. Vor ihm lag eine Baseballkappe, die ein paar Münzen enthielt. Alles an ihm schrie Exsoldat.
Ohne aufzublicken, sprach er uns an, als wir vorbeigingen.
»Haben Sie fünfzig Riesen übrig?«
Der Spruch brachte mich zum Grinsen. Es war ein guter. Unerwartet.
Und dann gefror mein Lächeln, weil ich die Stimme von früher erkannte. Nicht die Stimme dieses Mannes, aber die des Jungen, der er einmal gewesen war. Aus einer Zeit, in der ich diese Stimme so gut gekannt hatte wie meine eigene.
Ich drehte mich langsam um und ging zu ihm. Scout und Stan folgten mir. Und er sah auf – ein hellhäutiger Schwarzer, der sich eine Weile nicht rasiert, der letzte Nacht in keinem Bett geschlafen und der schon lange Zeit nicht mehr richtig gegessen hatte.
Aber er war es trotzdem.
»Jackson Rose«, sagte ich; ich fragte es nicht, weil in meinem Kopf kein Zweifel war. Auf dem vertrauten Gesicht sah ich den Schock, als er mich wiedererkannte.
»Max?«
Wie lange war es her? Dreizehn Jahre? Ein anderer letzter Schultag in einem Sommer, der unser letztes Schuljahr beendet hatte. Aber in den fünf Jahren davor hatten wir uns nähergestanden als Brüder.
Eine dieser Kindheitsfreundschaften, wie man sie nie wieder findet.
Ich streckte die Hand aus und half ihm auf. Er grinste, und ich sah die Zahnlücke, mit der er lächelte und an die ich mich erinnerte; einer seiner Vorderzähne war jetzt allerdings abgeplatzt. Wir umarmten uns und lachten über die Unglaublichkeit dieses Wiedersehens. Dann traten wir auseinander und schüttelten die Köpfe. Die Zeit überwältigte uns.
Ich sah auf seine schmutzige Armeekleidung.
Er sah meine Tochter an. Und unseren Hund.
Und dann lachten wir wieder.
»Du bist Vater?«, fragte er.
Ich nickte. »Ja.«
Wieder das zahnlückige Grinsen. »Glückwunsch.«
»Danke.«
Er reichte Scout die Hand, und sie ergriff sie feierlich.
»Jackson Rose«, sagte er.
»Scout Wolfe«, sagte sie und betrachtete ihn, als er sich niederkniete, um Stan zu streicheln. »Sind Sie ein Freund meines Daddys?«
»Das ist richtig, Scout. Und weißt du, was man sagt?«
Scout schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was man sagt«, gestand sie.
»Du kannst neue Freundschaften schließen.« Jackson Rose sah mich an. »Aber alte Freundschaften schließen geht nicht.« Er zeigte mir sein Zahnlückengrinsen. »Stimmt’s, Max, oder hab ich recht?«
»Du kommst mit zu uns nach Hause«, sagte ich.
Ein Schatten zog über sein Gesicht.
»Ich kann nicht mit dir und Scout nach Hause kommen.« Er blickte weg, und ich merkte, dass er sich schämte.
»Wieso nicht?«
Er zögerte kurz und lachte verlegen auf. »Weil ich wirklich mal duschen muss.«
»Eine Dusche haben wir«, sagte ich.
Ich schaute Scout an und fragte mich, ob ihr die Vorstellung, dass ein Fremder unter unserem Dach wohnte, Angst machen würde. Aber sie streckte den Arm aus und ergriff Jackson bei der Hand.
»Meine Freundin heißt Mia«, sagte sie zu ihm.
Wir nahmen ihn mit nach Hause.
Ich hatte vor, Thai zu bestellen oder Pizza oder was immer Jackson wollte, aber kaum erwähnte ich Essen, war er an der Kühlschranktür und sah nach, was wir hatten.
»Ich war Koch in der Army«, sagte er. »Magst du Curry, Scout? Jeder mag doch Curry, oder?«
Scout sah zweifelnd drein. Curry hatte sie noch nie probiert.
»Es ist ein besonderes Curry«, sagte Jackson und nahm Zwiebeln, Karotten und Hähnchen aus dem Kühlschrank. Mrs Murphy, unsere Haushälterin, bestückte ihn immer mit allem Möglichem. Ich war mehr der Rühreityp. »Ein japanisches Curry«, sagte Jackson, und ich sah den Jungen, der er früher gewesen war, den nichts aufhalten konnte, wenn er einmal einen Entschluss gefasst hatte. »Nicht zu scharf.« Er blinzelte Scout beruhigend zu. »Brauchst dir keine Sorgen zu machen.«