Werden Sie schon bedient? - Jürgen Aymar - E-Book

Werden Sie schon bedient? E-Book

Jürgen Aymar

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Beschreibung

Kleine Geschichten aus der Zeit als ich in einem Eisenwarengeschäft gelernt und gearbeitet hatte. Zum Schmunzeln und zum Nachdenken

Das E-Book Werden Sie schon bedient? wird angeboten von BoD - Books on Demand und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Humoristisch, Geschichten, Erzählungen, Jugend, Lehrlings-Alltag

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Vorwort

Lange ist es her. Ich begann meine Lehre als Einzelhandelskaufmann 1979 in einem, damals sehr bekannten und beliebten Eisenwarenladen. Ich habe mich an einige Geschichten erinnert, die ich hier niedergeschrieben habe.

Ich widme dieses Buch allen meinen Kollegen und Chefs von damals. Es war nicht immer leicht, aber wir hatten auch viel Spass. Ich hoffe, lieber Leser, sie haben auch genauso viel Vergnügen beim Lesen dieses Buches!

Inhaltsverzeichnis

Die Verkäufernummer

Eine etwas andere Versperpause

Gratifikation

Das Bandsägen-Dilemma

Den Kollegen eiskalt veräppelt

Das Karussel des Teufels

Der Weihnachtsbaum

Die Wasser-Attacke

Weihnachten

Ein kleines Malheur

Berichtsheft-Karma

Der Gussgrill

Schräge Kunden

Mikrowelle

Bitte recht freundlich

Moderne Kindererziehung

Blüten am Abend

Tratsch im Treppenhaus

Die Verkäufernummer

Kennen Sie vielleicht noch diesen Fernseh-Werbespot aus den 70ern? Da wird ein kleiner Junge ins Dorf geschickt, um „Alpirsbacher Klosterbräu“ für seinen Papa zu kaufen. Heute natürlich ein Unding, aber damals war das noch okay. Der Junge geht nun in Richtung Dorf, über Wiesen, über Stock und Stein, über ein kleines Gebirgsbächlein. Und dabei wiederholt er andauernd „Alpirsbacher Klosterbräu“. Aber auf einmal verheddert er sich, und bekommt es nicht mehr zusammen. „Alpirskloster Bacherbräu, nein, Alpirsbräuer Klosterbacher. Er schaffte es einfach nicht mehr, die richtigeBezeichnung zusammen zu bekommen.

So etwas ähnliches ist mir bei meinem ersten Tag als Auszubildender passiert.

Ich war an diesem Tage hoch motiviert, war allerdings ein wenig enttäuscht, dass ich nicht im Obergeschoss arbeiten sollte. In der Abteilung, wo ich vor knapp 9 Monaten mein Praktikum hatte. Dort hatte es mir besonders gut gefallen.

Nein, da durfte ich nicht arbeiten.

Ich sollte ins Untergeschoss zur Werkzeug- und Maschinenabteilung. Natürlich wurde ich von den anderen Azubis erstmal beäugt und umringt, und man machte sich bestimmt gleich eine Meinung über mich. Das kümmerte mich nicht in diesem Moment, war mir auch garnicht bewusst. Ich hatte Schwierigkeiten, die neuen und vielen Gesichter unterscheiden zu können. Auch die Namen, die mir gesagt wurden, konnte ich mir in diesem Moment sowieso nicht merken. Wie auch immer, ich stürzte mich in die Arbeit, fing sogar schon an, Kunden zu bedienen.

Damals, in der Computersteinzeit, schrieben wir noch Kassenzettel.

Artikelnummer, Bezeichnung des Artikels, der Preis, bei mehren Artikeln wurde der Betrag noch addiert, und die Gesamtsumme aufgeschrieben. Ganz unten auf diesem Zettel war auch noch das Feld, wo der Verkäufer seine Nummer schreiben musste. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Nummer bekommen. Einer meiner neuen Kollegen, der bestimmt der Älteste war in dieser Abteilung, hager, zappelig, mit einer schwarzen Kassenbrille bewaffnet, stand an der Kasse. Herr Z., so hieß er, nahm mir forsch meinen Kassenzettel aus der Hand, wollte ihn in die Kasse zu fädeln, damit er gestempelt werden konnte. Er sah sich den Zettel ganz genau an, weil ich ja der Neue war. Er riss weit die Augen auf und schrie.

„Halt! Das geht so aber nicht! Da fehlt die Verkäufernummer!“

„Ja, ich weiß, ich habe ja auch noch keine bekommen!“

Herr Z war bekannt für seine akribische Genauigkeit, aber zu diesem Zeitpunkt wusste ich diese besondere Eigenheit von ihm noch nicht. Im Laufe meiner Lehrzeit lernte ich ihn aber noch richtig kennen.

Er schüttelte den Kopf.

„Nein, nein, ohne Nummer, das geht gar nicht! Geh hoch zu Herrn F. und lass´ dir eine Nummer geben!“

„Mach ich, okay!“

Ich machte mich auf den Weg, stürmte die Treppe hoch. An diesem Tag war ich noch sehr motiviert, als ich in Richtung des Büros meines Ausbilders sprintete. Glauben Sie mir, danach wollte ich nicht mehr so gerne in sein Büro.

Die Gründe erfahren Sie in anderen Geschichten. Ich kam also an sein Büro, klopfte an die offene Tür, trat herein. Er lächelte mich an.

„Entschuldigung Herr F., aber ich bräuchte noch eine Verkäufer-Nummer, damit ich auch einen Kassenzettel ausstellen kann!“

Er lächelte mich abschätzend an, sagte im ersten Moment aber nichts. Er drehte sich mit seinem Sessel um zu der Wand, auf der verschiedene Zettel angepinnt waren. Er fand den Zettel mit der Verkäufernummernliste, überlegte kurz. Dann drehte er sich wieder um zu mir.

„Jürgen, du hast die Verkäufer-Nummer „45“!

„Okay, vielen Dank!“

Und schon war ich wieder aus seinem Büro heraus. Ich galoppierte die 2 Treppen hinunter zum Untergeschoss. Ich wollte ja Kunden bedienen, Kassenzettel ausstellen.

Währenddessen wiederholte ich die Nummer in meinem Kopf.

„45, 45, 45, 45, 45, 45, 45, 45,........“

Im Untergeschoss angekommen, hatte ich auch gleich wieder einen Kunden, den ich bedienen konnte.

Da ich mich natürlich in dieser Abteilung noch nicht auskannte, war es etwas schwierig, musste ein paar Mal die älteren Kollegen um Hilfe bitten. Aber irgendwie klappte es.

Und so gingen die Tage wie im Flug vorüber. Es gab viel zu lernen, manchmal machte es Spaß, an manchen Tagen eher nicht. Aber so waren und sind Lehrjahre eben.

Etliche Wochen später wurde ich ins Büro beordert. Jedesmal zuckte ich zusammen und mein Magen rebellierte, wenn ich in die Höhle, äh, ins Büro musste. Irgendwie hatte ich immer ein schlechtes Gewissen, auch viele Jahre später noch. Was eigentlich Blödsinn war, aber wie gesagt, ich war immer wie vom Donner gerührt.

Mein mulmiges Gefühl wurde nicht besser, als ich ins Zimmer trat. Herr F. und noch ein Kollege von der Baubeschlag-Filiale standen vor mir, schauten sich mich ernst an.

Oh nein! Ich hatte etwas angestellt oder falsch gemacht! Aber was war es bloß? Mir war nichts bewusst. Aber ich sollte es gleich erfahren.

Herr F. lies seinen bellenden Husten hören, dann sprach er mich an.

„Jürgen, was hast du denn für eine Verkäufer-Nummer?“

Hähh, was sollte das? Er kennt sie doch. Er selber hatte sie mir doch gegeben. Aber wenn er es von mir hören wollte, was solls. Ich sagte ihm die Nummer.

Der Kollege von der Filiale explodierte beinahe!

„DAS IST MEINE!“

Da kann ich doch nix für, wenn man mir die falsche Nummer gibt, dachte ich.

Herr F. fragte mich noch einmal.

„Jürgen, wie ist Deine Nummer?“

„54!“

Wieder platzte der Kollege heraus.

„DAS IST MEINE!“

Herr F. schüttelte den Kopf.

„45! Jürgen, du hast die Nummer 45!“

Wo war das Loch das mich hätte verschlucken können? Der Meteorid, der mich erschlägt? Ich schrumpfte bestimmt um 5 cm, ach was, 10 cm!

Der liebe Kollege, der bestimmt in seinem ganzen Leben, besonders während seiner Lehrzeit noch nie, aber wirklich noch nie einen Fehler gemacht hatte, grunzte abfällig und schüttelte seinen Kopf. Es war ja auch ein folgenschwerer Fehler gewesen. Der Bundestag musste sofort einberufen werden. Ein neuer Papst sollte auch sofort neu gewählt werden. Ach übrigens, das war eben Ironie, nur so am Rande.

„Kein Wunder, dass du keinen Umsatz gemacht hast, Ich hatte mich schon gewundert, Jürgen!“

Herr F. kostete es aus, einen seiner Azubis bei einem Fehler erwischt zu haben.

Er war bestimmt auch immer perfekt gewesen, da war ich mir zu Hundert Prozent sicher. Solche Menschen, also, perfekte Menschen, kennen dieses Gefühl ja überhaupt nicht, wenn man einen Fehler gemacht hat. Das muss man doch verstehen! Mit dieser Erkenntnis trottete ich belämmert aus dem Büro, ging wieder hinunter in meine Abteilung. Herr M. , mein Abteilungsleiter, fragte mich natürlich sofort, was denn los gewesen sei. Als ich ihm meine Geschichte erzählt hatte, lachte er nur. Er sah in mein niedergeschlagenes Gesicht, meinte, davon geht die Welt ja nicht unter, und ich solle mir nichts daraus machen. Trotzdem nagte dieser unnötige Fehler noch lange an mir.

Eine etwas andere Vesperpause

Die Firma, in der ich vor kurzem erst meine Lehre begonnen hatte, feierte ihr 50jähriges Jubiläum. Zu diesem feierlichem Datum gehörte auch eine Hausmesse, die in unserer Stadthalle stattgefunden hatte.

Aber wie es bei allen Feiern so ist, auch diese Festivität war vorüber gegangen. Zusammen mit den Kollegen durften wir Azubis die Stadthalle wieder in den Zustand versetzen, wie sie vor der Messe gewesen war.

Wir halfen beim abbauen der Tische, packten die restliche Ware in unsere Fahrzeuge, einem großen LKW und einem Ford Transit, der zu unserer Filiale in der Zerrennerstr. gehörte. Wir Lehrlinge vom ersten Jahr sollten nur noch die Halle ausfegen. Fegen war etwas, dass ich schon immer hasste, und dabei ist es bis heute geblieben.

Mein Kollege Florentin hatte sich auch einen Riesenbesen geschnappt, versuchte damit verzweifelt, den Dreck und Staub zusammen zu fegen. Weil aber in der Halle sämtliche Türen offenstanden, gab es dementsprechend Durchzug. Und es sah fast wie Slapstick aus, wie er da mit diesem riesigen Besen im Kreis dem Dreck hinterher rannte, der partout sich nicht in eine Richtung fegen ließ.

Ich musste bei diesem Moment an Charlie Chaplin denken, er hätte es nicht lustiger hin bekommen.

Unsere älteren Kollegen bestimmten dann, dass wir fertig wären, und wir gehen konnten. Und es natürlich höchste Zeit für unsere Pause wäre. Ich dachte, wir würden zurück zu unserer Filiale gehen.

Doch ich irrte mich gewaltig.

In der Straße unserer Filale, cirka Hundert Meter entfernt, war die „Brezelstube“. Da gab es damals die besten Brezeln. Natürlich auch Heiß- und Kaltgetränke wurden angeboten. Die Brezelstube war sehr beliebt bei der Arbeiterschaft hier in Pforzheim. Die Ausstattung war schlicht, fast rustikal. Doch das war nicht wichtig. Nur die leckeren Brezeln und der Kaffee zählten.

Also gingen wir geschlossen in diese Stube zur Frühstückspause. Was sollten wir kleinen, grünen Azubis schon dagegen sagen? Weit und breit war ja sowieso kein Chef zu sehen, also konnten wir beruhigt Pause machen.

Wir drückten uns alle an einen viel zu kleinen Tisch, schnell waren Kaffee und Brezeln bestellt. Der heiße Kaffee tat so gut. Das knusprige Laugengebäck tat sein Übriges. Die Kollegen quatschen über viele Dinge, Fussball, natürlich Mädchen, auch Politik wurde vereinzelt erwähnt. Ich, der kleine Lehrling, hörte stumm und schüchtern zu.