Western Legenden 70: Höllenjob in Mexiko - Ben Bridges - E-Book

Western Legenden 70: Höllenjob in Mexiko E-Book

Ben Bridges

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Beschreibung

Man hat Carter O'Brien zehntausend Dollar versprochen, wenn er Aaron Norris aufspürt und in die Vereinigten Staaten bringt. Norris, ein einflussreicher Politiker, wird des Mordes verdächtigt. Er sitzt in einem Gefängnis, fast zweihundert Meilen von der amerikanischen Grenze entfernt. Doch es gibt weitere Kopfgeldjäger.

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In dieser Reihe bisher erschienen

9001  Werner J. Egli Delgado, der Apache9002  Alfred Wallon Keine Chance für Chato9003  Mark L. Wood Die Gefangene der Apachen9004  Werner J. Egli Wie Wölfe aus den Bergen9005  Dietmar Kuegler Tombstone9006  Werner J. Egli Der Pfad zum Sonnenaufgang9007  Werner J. Egli Die Fährte zwischen Leben und Tod9008  Werner J. Egli La Vengadora, die Rächerin9009  Dietmar Kuegler Die Vigilanten von Montana9010  Thomas Ostwald Blutiges Kansas9011  R. S. Stone Der Marshal von Cow Springs9012  Dietmar Kuegler Kriegstrommeln am Mohawk9013  Andreas Zwengel Die spanische Expedition9014  Andreas Zwengel Pakt der Rivalen9015  Andreas Zwengel Schlechte Verlierer9016  R. S. Stone Aufbruch der Verlorenen9017  Dietmar Kuegler Der letzte Rebell9018  R. S. Stone Walkers Rückkehr9019  Leslie West Das Königreich im Michigansee9020  R. S. Stone Die Hand am Colt9021  Dietmar Kuegler San Pedro River9022  Alex Mann Nur der Fluss war zwischen ihnen9023  Dietmar Kuegler Alamo - Der Kampf um Texas9024  Alfred Wallon Das Goliad-Massaker9025  R. S. Stone Blutiger Winter9026  R. S. Stone Der Damm von Baxter Ridge9027  Alex Mann Dreitausend Rinder9028  R. S. Stone Schwarzes Gold9029  R. S. Stone Schmutziger Job9030  Peter Dubina Bronco Canyon9031  Alfred Wallon Butch Cassidy wird gejagt9032  Alex Mann Die verlorene Patrouille9033  Anton Serkalow Blaine Williams - Das Gesetz der Rache9034  Alfred Wallon Kampf am Schienenstrang9035  Alex Mann Mexico Marshal9036  Alex Mann Der Rodeochampion9037  R. S. Stone Vierzig Tage9038  Alex Mann Die gejagten Zwei9039  Peter Dubina Teufel der weißen Berge9040  Peter Dubina Brennende Lager9041  Peter Dubina Kampf bis zur letzten Patrone9042  Dietmar Kuegler Der Scout und der General9043  Alfred Wallon Der El-Paso-Salzkrieg9044  Dietmar Kuegler Ein freier Mann9045  Alex Mann Ein aufrechter Mann9046  Peter Dubina Gefährliche Fracht9047  Alex Mann Kalte Fährten9048  Leslie West Ein Eden für Männer9049  Alfred Wallon Tod in Montana9050  Alfred Wallon Das Ende der Fährte9051  Dietmar Kuegler Der sprechende Draht9052  U. H. Wilken Blutige Rache9053  Alex Mann Die fünfte Kugel9054  Peter Dubina Racheschwur9055  Craig Dawson Dunlay, der Menschenjäger9056  U. H. Wilken Bete, Amigo!9057  Alfred Wallon Missouri-Rebellen9058  Alfred Wallon Terror der Gesetzlosen9059  Dietmar Kuegler Kiowa Canyon9060  Alfred Wallon Der lange Weg nach Texas9061  Alfred Wallon Gesetz der Gewalt9062  U. H. Wilken Dein Tod ist mein Leben9063  G. Michael Hopf Der letzte Ritt9064  Alfred Wallon Der letzte Mountain-Man9065  G. Michael Hopf Die Verlorenen9066  U. H. Wilken Nächte des Grauens9067  Dietmar Kuegler Die graue Schwadron9068  Alfred Wallon Rendezvous am Green River9069  Marco Theiss Die Mathematik des Bleis9070  Ben Bridges Höllenjob in Mexiko9071  U. H. Wilken Die grausamen Sieben

Höllenjob in Mexiko

Western Legenden

Buch 70

Ben Bridges

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

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Copyright © 2024 BLITZ-Verlag  

Hurster Straße 2a,  51570 Windeck

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Logo: Mario Heyer

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-7579-7024-6

9070v1

Übersetzt aus dem Englischen von Alfred Wallon.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Anmerkungen

Über den Autor

KapitelEins

Die Luft in der Dancing Lady war grau vom Rauch und süß vom Alkohol. Sechzig Männer saßen an der Bar und weitere fünfzig an den Tischen. Während ein dicker Mann in einer gestreiften Weste auf dem Klavier eine einst hübsche Music-Hall-Ballade alles andere als professionell wiedergab, bewegten sich fünfzehn oder mehr Mädchen zwischen den Kunden, die mit unterschiedlichem Enthusiasmus ihren Beruf ausübten.

Carter O’Brien, der gerade bei den Schwingtüren stand, erlaubte sich ein kurzes Lächeln. El Paso war schon immer ein wildes Pflaster gewesen, aber jetzt, wo die Eisenbahn angekommen war, wurde es völlig verrückt. Auf dem Weg zur Bar kam er an einigen Bergleuten vorbei, die mit fünf Karten um Streichhölzer spielten, und sah, dass mehrere andere Glücksspiele, darunter Faro, Blackjack und Pinochle, im Gange waren. Als er an der Bar angekommen war, bestellte er einen Whiskey und legte ein paar Münzen auf den Tresen.

Er war etwas über zwei Meter groß und wog etwa 170 Pfund, und obwohl sein Gesicht von mehr als dreißig Sommern verwittert war, konnte ein Lächeln ihn immer noch entwaffnend jungenhaft aussehen lassen. Als der Barkeeper das Glas vor ihm abstellte, sagte O’Brien, er habe gehört, dass ein Mann namens Jacob Mooney hier abgestiegen sei. Er musste schreien, um sich über das Getümmel hinweg Gehör zu verschaffen.

Der Barkeeper nickte. „Die Treppe hoch, den Korridor entlang, das zweite Zimmer rechts.“

O’Brien trank den Whiskey. „Danke.“

„Noch einer?“

„Vielleicht später.“

Als er sich umdrehte und sich durch die Menge drängte, in Richtung der Treppe, die zu den Räumen hinaufführte, in denen die Huren ihre Kunststücke vorführten, hätte man ihn für einen Cowboy halten können. Seine Kleidung, ein tabakbrauner Stetson, kurzhackige Cowboystiefel, ein Arbeitshemd aus Baumwolle und eine Jacke aus Wolfsfell, vermittelten diesen Eindruck. Nur der gut gepflegte Colt Lightning Kaliber .38, den er sich an die rechte Hüfte geschnallt hatte, deutete auf seinen wahren Beruf hin: den eines professionellen Kämpfers, der sich nur auf einen riskanten Job einließ, wenn das Geld stimmte.

Sein Vater war Marshal in einer Kleinstadt in Colorado gewesen, und so hatte er schon früh den Unterschied zwischen Recht und Unrecht gelernt. Und in den fünfzehn Jahren, die er auf der Flucht verbracht hatte, war er so ziemlich alles gewesen, vom Preisboxer und Glücksspieler bis zum Gesetzeshüter und Scout, mit Zwischenstationen als Pinkerton-Detektiv und Kopfgeldjäger, um das Leben interessant zu halten.

Als er die Treppe hinaufstieg, streckte er sich, um seine Wirbelsäule zu entkrampfen. Die Reise von seiner Pension in Tombstone war lang gewesen, und er war müde, aber Jacob Mooney hatte angedeutet, dass sich die Reise für ihn lohnen würde, und so überwog im Moment die Neugierde seine Erschöpfung.

Trotzdem hatte O’Brien seine Zweifel. Er hatte Mooney nie besonders gemocht, aber ihre Wege hatten sich ein oder zwei Mal gekreuzt, und in seinem Telegramm hatte Mooney wie ein Mann geklungen, der einen Freund brauchte.

Ein letztes Mal musterte er die Menschenmenge unter ihm, dann drehte er sich um und ging den Korridor hinunter, ohne auf das Quietschen der Bettfedern zu achten.

* * *

„Das ist Paso-Wein“, erklärte der kleine New Yorker fünf Minuten später mit Begeisterung. Er schwenkte die Flüssigkeit in seinem Glas, um den Effekt zu verstärken. „Sie brauen ihn vor Ort. Ich sage dir, O’Brien, ich hatte noch nie davon gehört, bevor ich hierherkam, aber jetzt trinke ich ihn, als wäre er Wasser.“

O’Brien lehnte sich in einem einigermaßen bequemen Stuhl zurück und lächelte. „Das sehe ich“, sagte er.

Jacob Mooney neigte den Kopf zurück und leerte sein Glas, dann griff er nach der Flasche auf dem Tisch zwischen ihnen, um sich nachzufüllen. Er war etwa fünfeinhalb Fuß groß, und sein Gesicht war das eines Trinkers, rot und schmal. Er war Anfang vierzig, sah aber älter aus, und im schwachen Schein der Petroleumlaterne sah O’Brien, dass seine braunen Augen immer noch so hell und gerissen waren wie eh und je.

„Komm schon, trink aus“, sagte Mooney mit einem Lächeln.

O’Brien probierte den Wein. Er war gut, aber er war selbst ein Whiskey-Mann.

„Du bist also gut angekommen?“, fragte Mooney.

O’Brien nickte und wusste genau, was der kleine Mann meinte. Die Dancing Lady war nur einer von etwa dreißig Saloons, die in El Pasos florierendem Rotlichtviertel unter ebenso vielen Tanzlokalen und Bordellen fast untergegangen waren. Er nahm noch einen Schluck Wein, stellte fest, dass er gar nicht so schlecht war, und sagte dann: „Okay, Jacob. Worum geht’s?“

Als Mooney aufhörte zu lächeln, zögerte er noch. Er trank schnell sein zweites Glas Wein aus und sah dann auf. „Ich habe bei der Agentur gekündigt“, antwortete er. „Ich habe vor etwa einem Monat gekündigt.“

O’Brien war nicht überrascht. Es war ein Wunder, dass Mooney so lange einer der Detektive von Allan Pinkerton geblieben war. Trotzdem fragte er: „Gibt es einen besonderen Grund?“

Mooney nickte und sagte: „10.000! Alles in Dollarscheinen.“

O’Brien kratzte sich nachdenklich an der Schläfe. „Wirst du mir davon erzählen, oder soll ich raten?“

Im Zimmer war es jetzt sehr still, und die Geräusche des Feierns, die von unten kamen, hatten dort keinen Platz. „Ich werde es dir sagen“, antwortete Mooney. Er stand auf und begann, im Raum umherzugehen, aber es war ein kleiner Raum, sodass er nicht sehr weit gehen konnte.

Mooney sagte: „Vor drei Monaten schickte Washington einen jungen Mann namens Aaron Norris nach Chihuahua, um zu untersuchen, wie bestimmte US-Bergbaukonzerne ihre mexikanischen Arbeitskräfte behandelten. Während seines Aufenthalts sollte er auch prüfen, was man gegen den illegalen Schmuggel von Flüchtlingen in die USA unternehmen kann. Dieser Norris ist im Osten als sehr zuverlässig bekannt, also war er ideal für diese Aufgabe.“

„Einen Moment mal“, sagte O’Brien. „Wie kommt es, dass sich die Regierung plötzlich so sehr dafür interessiert, was in Mexiko vor sich geht?“

„Ganz einfach“, antwortete Mooney. „Man würde es nie vermuten, aber in diesem stinkenden Land gibt es eine Menge Reichtümer zu holen: Silber, Eisen, Kupfer und so weiter. Amerika will nur sichergehen, dass es als Erstes ein Stück vom Kuchen abbekommt, bevor der Rest der Welt das merkt.“

O’Brien nickte langsam und verstehend. „Dieser Norris wurde also hingeschickt, um unser Image aufzupolieren?“

„Mehr oder weniger. Ich meine, die Mexikaner haben ohnehin keine hohe Meinung von uns, also brauchen wir jede Hilfe, die wir bekommen können. Jedenfalls war Norris nicht länger als eine Woche dort, bevor er verhaftet und ins Gefängnis gesteckt wurde.“

„Was hat er getan?“

„Sie sagen, er hat einen Mann getötet.“

„Und hat er das?“

„Nein. Wie ich schon sagte, O’Brien, der Mann ist ein Kreuzritter, ein Weltverbesserer, um Himmels willen. Und die Mexikaner waren einfach ein bisschen zu vage, was die Feinheiten des Verbrechens angeht. All das lässt mich glauben, dass Norris auf ein paar sehr empfindliche Zehen getreten ist, als er dort unten herumstocherte, und irgendjemand hatte zu viel zu verlieren, um ihn damit davonkommen zu lassen. Die Mordanklage diente nur dazu, ihn zum Schweigen zu bringen.“

„Aber einen Mann ins Gefängnis zu werfen, bringt ihn nicht zum Schweigen“, betonte O’Brien.

„Nein“, stimmte Mooney zu. „Aber ihn dort in einem dreckigen, stinkenden mexikanischen Gefängnis verrotten zu lassen, ist ein gutes Beispiel dafür, was mit jedem anderen passieren könnte, der die glänzende Idee hat, das zu beenden, was Norris begonnen hat.“

O’Brien räumte ein, dass der New Yorker recht hatte; selbst der Tod war einem Leben in der Hölle vorzuziehen.

Mooney setzte sich wieder hin und schenkte sich noch etwas Wein ein. Der Raum schien jetzt dunkler und düsterer zu sein, eine Welt, die weit entfernt war von dem Licht und dem Lachen des Saloons unten. Mooney betrachtete sein Glas und nahm dann einen kräftigen Schluck, bevor er wieder sprach.

„Vielleicht hast du schon mal von Aarons altem Herrn gehört, Theodore Norris, dem Bankier aus Pittsburgh. Er war im Krieg General und soll ein harter Hund sein, wenn es ums Geschäft geht. Nun, sein Sohn ist sein Augapfel. Sobald sich herumgesprochen hatte, dass Aaron wegen einer falschen Mordanklage ins Gefängnis geworfen worden war, setzte der alte Mann seinen Einfluss ein, um seine Freilassung zu erreichen. Was er damals nicht wusste, war, dass Diplomatie in Mexiko nicht viel zählt. Aber er lernte schnell, O’Brien. Das Einzige, was sie dort unten respektieren, ist Gewalt, also versuchte er als Nächstes, bei seinen Kumpels in der Armee und bei den Rangern ein paar Fäden zu ziehen. Vielleicht hätte er auch mit ihnen etwas aushandeln können, wenn Washington nicht Wind von seinen Plänen bekommen hätte. Sie schritten schnell ein und behaupteten, die Mexikaner würden jede Aktion der offiziellen amerikanischen Streitkräfte als einen Akt der Aggression betrachten. Nun, zu dieser Zeit wurde der alte Mann langsam verrückt. Die Tage zogen sich zu Wochen hin, und sein Junge schmorte immer noch im Gefängnis, über 2.000 Meilen von zu Hause entfernt.“ Mooney seufzte schwer, und O’Brien war überrascht, echtes Mitgefühl in seinen Augen zu sehen. „Nun, was hätte er denn sonst tun sollen? Er ist zu uns gekommen.“

„Pinkerton?“

„Ja. Die Zentrale hat Bill Cole aus Silver City geschickt, um sich in Espina umzusehen. Das ist die kleine Stadt, die sich um das Gefängnis herum gebildet hat, in dem sie Norris festhalten. Der Hauptwirtschaftszweig ist der Zinkabbau, also gibt es dort nicht viel außer einerKaserne, ein paar Cantinas, einem Hotel und ein paar Dutzend Adobehütten.“

„Okay. Was ist passiert?“

„Nichts. Wir haben nie wieder etwas von Bill Cole gehört.“

In der darauffolgenden Stille lehnte sich O’Brien nach vorne, um sich einen weiteren Schluck Wein einzuschenken. Er glaubte zu wissen, was für ein Angebot auf ihn zukam, aber er wollte erst alles hören, bevor er sich entschied, ob er den Auftrag annehmen wollte oder nicht.

„Ein paar Wochen später schickte mich die Zentrale, um herauszufinden, was mit Bill passiert war“, fuhr Mooney fort. „Ich hätte mir die Reise ersparen können. Niemand in Espina hat ihn überhaupt gesehen, geschweige denn mit ihm gesprochen. Das heißt, wenn man den Einheimischen glauben kann, und ich bin mir nicht sicher, ob man das kann. Aber ich sage dir eines, O’Brien. Da unten braut sich Ärger zusammen, deshalb solltest du dich in Acht nehmen. Die großen Bergbaukonzerne lassen diese Leutesich zu Tode schuften, und sie werden es nicht mehr lange aushalten. Früher oder später werden sie zurückschlagen.“

Er griff in seine Jackentasche, um eine Zigarre zu holen, rollte sie zwischen den Fingern seiner linken Hand und sagte: „Ich bin ausgestiegen, bevor ich denselben Weg wie Bill Cole gegangen bin.“

Während Mooney sich eine Zigarette anzündete, drehte sich O’Brien selbst eine Zigarette. „In Ordnung, Jacob, ich habe verstanden. Du hast mir alles über diesen Kerl Norris erzählt. Jetzt will ich das Wesentliche wissen.“

Mooney lächelte flüchtig. Während er sprach, zählte er die Punkte an seinen Fingern ab. „Die Regierung. Die Armee. Die Ranger. Pinkerton. Theodore Norris hat sie alle kontaktiert, um seinen Sohn zurückzubekommen, aber keiner von ihnen konnte etwas ausrichten. Also beschloss der alte Mann vor einem Monat, das Einzige zu tun, was ihm noch blieb.“

„Er bot eine Belohnung für jeden an, der seinen Jungen aus dem Gefängnis holt und ihn heil nach Hause bringt“, sagte O’Brien.

Mooney nickte. „Eine Belohnung von 10.000 Dollar“, sagte er.

O’Brien zündete ein Streichholz an und zog Rauch in seine Lungen. Seine blauen Augen verrieten nichts, aber sein Lächeln war zynisch. „Er ist verrückt, Jacob, und das weißt du auch. Diese Belohnung wird jeden kleinen Gauner anlocken, der schnell reich werden will, und jeder wird einen noch verrückteren Plan haben, um Aaron Norris zu befreien. Das Einzige, was sie erreichen werden, ist, dass sie sich selbst und Norris eiskalt umbringen.“

„Hör mir einen Moment zu, ja?“, sagte Mooney in seiner überzeugendsten und konspirativsten Art. „Ich war der Erste, dem der alte Mann von der Belohnung erzählte, denn ich war gerade mit meinem Bericht aus Espina zurückgekommen. Als ich hörte, dass es um zehn Riesen ging, sagte ich ihm, er solle noch eine Weile warten, denn ich würde mich um alles kümmern. Verstehst du, was ich dir sagen will, O’Brien? Niemand sonst weiß von der Belohnung. Wir sind die Ersten, die sie bekommen!“

O’Brien blies einen Rauchring. „Wie kommst du darauf, dass wir lange genug leben, um sie zu kassieren?“, fragte er milde.

Mooney zupfte an der Zigarre zwischen seinen dünnen Lippen. „Ich will ehrlich sein. Alleine schaffe ich das nicht, aber zusammen könnten wir es schaffen. Es wird nicht leicht sein. Wir werden unser Geld verdienen, daran gibt es keinen Zweifel. Aber wenn wir es schaffen ...“

„Hast du einen Plan?“, fragte O’Brien unverblümt.

Mooney senkte seinen Blick. „Noch nicht. Ich dachte, wir könnten uns erst einmal in Espina umsehen, bevor wir etwas planen.“

O’Brien trank den Wein in seinem Glas aus und stellte es ab. Das Licht der Lampe spiegelte sich dumpf auf der verschmierten Oberfläche. Mooney beobachtete ihn eifrig, seine Augen waren wieder voller List. „Fünf Riesen“, sagte er leise. „Fünf Riesen, für was? Eineinhalb Wochen deiner Zeit?“

O’Brien antwortete nicht sofort. Er hatte viel Zeit unten in Mexiko verbracht. Es war ein Land, das ihm gefiel. Aber der Gedanke an seine Gefängnisse ließ ihn nicht kalt. Es gefiel ihm nicht, einen Weißen in einem Gefängnis verrotten zu lassen, vor allem, wenn er unschuldig war, und die Aussicht, 5.000 Dollar zu verdienen, war durchaus verlockend. Dennoch war es nicht einfach, einen unerfahrenen Politiker aus einem mexikanischen Gefängnis direkt vor der Tür einer Kaserne zu befreien.

„Und?“, fragte Mooney.

O’Brien warf seinen Zigarettenstummel in den Spucknapf neben der Tür und stand auf. „Ich werde darüber nachdenken“, antwortete er.

Mooney beobachtete, wie er sich erhob und seinen Hut über sein kurz geschnittenes, salz- und pfefferfarbenes Haar zog. Als er sprach, war seine Stimme ein Wimmern. „Ach komm, O’Brien! Wenn wir überhaupt eine Chance haben wollen, müssen wir uns beeilen!“

O’Brien drehte sich an der Tür um und zog angesichts der offensichtlichen Aufregung des New Yorkers eine Augenbraue hoch. „Warum?“, fragte er. „Dieser Norris hat doch nicht vor, irgendwo hinzugehen, oder?“ Bevor Mooney antworten konnte, fügte er hinzu: „Wir sehen uns morgen früh, Jacob. Dann werden wir uns weiter unterhalten.“

Der Paso-Wein hatte seinen Mund klebrig gemacht, und er wollte seine Kehle mit einem kleinen Whiskey ausspülen. Er wollte auch ein wenig mehr Zeit haben, um über Mooneys Vorschlag nachzudenken. Nicht, weil er in letzter Zeit so viele Arbeitsangebote bekommen hatte, dass er es sich leisten konnte, auszuwählen, sondern eher, weil er sein Wort nie leichtfertig gab und, einmal zugesagt, nie wieder zurückzog.

Und so sehr er auch an der harten und oft gefährlichen Arbeit, die er üblicherweise verrichtete, Gefallen fand: Nur ein Narr würde bereitwillig eine Aufgabe übernehmen, die fast den sicheren Tod bedeutete.

* * *

Seine Stimmung hellte sich auf, als er den Anfang der Treppe erreichte. Der Saloon unten war jetzt fast voll besetzt, und die Luft war erfüllt vom Klirren der Gläser und dem berauschenden Geruch von billigem Schnaps.

Doch als er den Fuß der Treppe erreichte, schoben sich zwei Männer an ihm vorbei, ohne sich zu entschuldigen, und warfen ihn einen Schritt zurück. Der Vordermann war ein Riese von einem Mann, mindestens sechseinhalb Fuß groß, mit einem dicken Bauch, der an den Knöpfen seiner schicken Weste zerrte. Sein Partner war ebenso dünn wie der andere dick und bewegte sich mithilfe eines Stocks mit silberner Spitze. Beide trugen Anzüge und Revolver in umgeschnallten Holstern.

O’Brien murmelte einen Fluch, als er sie kommen sah. Dann, als er sich gerade abwenden wollte, spürte er, wie ihm etwas Hartes auf die Schulter tippte und dort liegen blieb.

„Hast du etwas gesagt, Pilger?“

O’Brien drehte sich wieder zu den beiden Männern um. Er sah jetzt, dass der dünne Mann das blasse Gesicht eines Falken hatte. Er sah aus wie vierzig, aber er hätte auch jünger sein können. Ein paar Fetzen schütteren, mausbraunen Haares ragten unter seinem Derbyhut hervor, was ihm das Aussehen einer Vogelscheuche verlieh.

Als er sicher war, dass er O’Briens Aufmerksamkeit hatte, hob er seinen Stock an und ließ ihn zurück in seine Hand gleiten. Ein schwaches, sadistisches Lächeln zuckte um seine Lippen und entzündete ein Feuer in seinen kohlschwarzen Augen.

O’Brien begegnete seinem finsteren Blick und hielt ihn fest. „Nur eine allgemeine Bemerkung über Ihren Mangel an Manieren“, sagte er beiläufig.

Der stierähnliche Partner des dünnen Mannes grunzte. Er hatte haselnussbraune Augen, und seine dicken Wangen waren mit einem dichten schwarzen Bart bedeckt. Er schwitzte stark und zerrte ständig an seiner Krawatte. Als er herunterkommen wollte, hob der dünne Mann den Stock und legte die silberne Spitze sanft gegen seine tonnenschwere Brust. „Machen Sie sich keine Umstände, Mister Trace. Ich kann damit umgehen.“

Der Riese zuckte mit den Schultern. „Wenn es Ihnen recht ist, Mister Pope“, sagte er höflich.

Pope lächelte, wandte aber seinen Blick nicht von O’Brien ab. „Das tut es.“

O’Brien hatte schon öfter mit Unruhestiftern zu tun gehabt, aber dieser Mann, Pope, sah aus, als hätte er es zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Die Gäste an den Tischen in der Nähe, die den Wortwechsel gehört hatten, verstummten plötzlich in Erwartung des bevorstehenden Geschehens.

Dann, als ob er die Spannung spürte, wurde es im ganzen Saloon still, und als der dünne Mann eine Stufe herunterkam, seinen Stock wie einen Knüppel in der Hand hielt, und O’Brien, der nicht auf Ärger aus war, aber mehr als bereit war, damit umzugehen, seine Fäuste ballte, erschien die Androhung von Gewalt plötzlich eher wie ein Versprechen.

In die Stille hinein ertönte das dreifache Klicken des Spannens einer Pistole.