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Gestalten statt kündigen: Geben Sie Ihrem Job eine zweite Chance! Unzufriedenheit im Job ist ein Massenphänomen: Fast jede/r zweite Angestellte ist bereit, den Job zu wechseln, mehr als ein Drittel kennt das Gefühl, ausgebrannt zu sein. Und viele haben sogar schon innerlich gekündigt. Grund ist eine mangelnde Job-Person-Passung: Die Arbeit bietet keine Gelegenheit, das zu tun, was man am besten kann, sie widerspricht den eigenen Werten und Bedürfnissen. Die Konsequenzen: Potenzial-Verschwendung sowie psychische und physische Beschwerden, die häufig in eine Abwärtsspirale des eigenen Selbstwertgefühls führen. Häufige Jobwechsel bringen nicht die erwünschte Veränderung, denn die Lösung liegt nicht im Außen, sondern im Innen: in der eigenen Einstellung und der eigenverantwortlichen Einflussnahme auf die Arbeit. Mit der Methode des Job Crafting bietet das Buch eine konkrete Anleitung, wie jede/r durch aktives und individuelles Gestalten des Jobs auf Basis der eigenen Persönlichkeit zu neuer Motivation und Zufriedenheit finden kann. Die Leserinnen und Leser erfahren, wieso eine Kündigung oft nicht die beste Lösung bei Unzufriedenheit im Job ist, wann sie trotzdem nötig ist und wieso Job Crafting für alle von Nutzen ist: Gewinnmaximierung für UnternehmerInnen, Zufriedenheitsmaximierung für ArbeitnehmerInnen, Mehrwert für die Gesellschaft. Das Buch gibt einen praktischen Leitfaden an die Hand, mit dem jede/r durch tiefgehende Persönlichkeitsanalyse seine Jobzufriedenheit nachhaltig steigern kann.
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Ragnhild Struss
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-161-9
ISBN epub: 978-3-96740-318-3
Lektorat: Sabine Rock, Frankfurt am Main
Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de
Foto der Autorin: © Florian Janssen
Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de
© 2023 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book basiert auf dem 2023 erschienenen Buchtitel "Wie Sie mit Job Crafting Ihre Arbeit wieder lieben lernen" von Ragnhild Struss © 2023 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.
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Einleitung
TEIL I – JOB CRAFTING:VOM JOB, DEN SIE HABEN, ZUM JOB, DEN SIE WOLLEN
Es gibt für jede*n den richtigen Platz
Was ist Job Crafting?
Stellschrauben des Job Crafting
Job Crafting hebt ungenutztes Potenzial
Chancen und Vorteile: Wieso alle davon profitieren
Kann Job Crafting auch negative Effekte haben?
Eine Frage der Haltung: Voraussetzung für Job Crafting
Über das Recht, im Job zufrieden zu sein
Was bedeutet Arbeitszufriedenheit?
Job-Person-Passung: Je authentischer, desto glücklicher
Woran Sie merken, dass Ihr Job nicht der richtige ist
Warum es gravierende Folgen hat, wenn der Job nicht zur Persönlichkeit passt
Das »Ja, aber …« der beruflichen Unzufriedenheit
Die Verlockung des Neuanfangs
TEIL II – ANLEITUNG ZUM JOB CRAFTING:IN FÜNF SCHRITTEN ZU MEHR ZUFRIEDENHEIT AM ARBEITSPLATZ
Schritt eins: Der Blick ins Hier und Jetzt – nehmen Sie eine Standortanalyse vor
Liegt das Problem wirklich im Job?
Ursachenforschung: Worin besteht die Unzufriedenheit im Job?
Schritt zwei: Der Blick nach innen – erkunden Sie Ihre Persönlichkeit
Was ist Persönlichkeit?
Warum ist Persönlichkeitsanalyse so schwer?
Wie gelingt es, die Persönlichkeit zu erfassen?
Persönlichkeitsanalyse: Überblick und Anleitung
Schritt drei: Der Blick nach außen – erforschen Sie Ihren Traumjob
Das ideale Unternehmen: Art, Größe, Struktur, Kultur
Die perfekte Position: Rolle und Verantwortung
Ihre Aufgaben: Tätigkeiten und Prozesse
Der Kern des Traumjobs: Inhalte, Produkte, Dienstleistungen
Arbeitsmodell und Umfeld: Zeiten, Orte, Konditionen
Gehalt und Vergütungsstruktur: (Hygiene-)Faktor Geld
Arbeitsbeziehungen: Gut und konstruktiv zusammenarbeiten
Muss-, Kann- und K.o.-Kriterien
Schritt vier: Der Blick nach vorne – leiten Sie die richtigen Job-Crafting-Maßnahmen ab
Was will ich arbeiten? Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortung
Wie will ich arbeiten? Modus Operandi und Arbeitsumgebung
Kontaktpflege: Kommunikation und Beziehungen
Energiemanagement: Umgang mit Ressourcen
Einstellungssache: Mentale Neugestaltung der Arbeit
Schritt fünf: Der Blick in den Kalender – setzen Sie den Aktionsplan um
Ziele setzen: Die s.m.a.r.t.e Formel
Netzwerk einbinden: Ohne Unterstützung geht es nicht
Neue Gewohnheiten etablieren, alte überprüfen
Erfolge richtig feiern
Beobachten und nachjustieren: Alles ist im Fluss
TEIL III – GESTALTEN ODER LOSLASSEN? WENN EIN JOBWECHSEL NÖTIG WIRD
Love it, change it, or leave it
Wann es nicht sinnvoll ist, sich mit Job Crafting zu beschäftigen
Wann es Zeit ist, zu gehen
Wieso es nie zu spät ist für einen Neuanfang
Nachwort
Danke
Quellenverzeichnis
Die Autorin
Jeder Mensch hat das Recht auf ein erfülltes Leben – und dazu gehört auch die berufliche Zufriedenheit. Der Job sollte zur Persönlichkeit passen, im besten Fall perfekt. Wie dieses Ideal auch aus einer ungünstigen Situation heraus gelingen kann, erfahren Sie in diesem Buch.
Es ist meine Leidenschaft, Menschen darin zu bestärken, ein authentisches Leben zu führen, sich selbst zu verwirklichen und sich privat und beruflich Ausdruck zu verleihen. Aus dieser Leidenschaft habe ich meinen Beruf gemacht: Als Karriereberaterin verhelfe ich Einzelpersonen, Führungskräften, Unternehmerfamilien und Organisationen dazu, ihrer inneren Stimme zu folgen, Potenziale zu erkennen und wertzuschätzen, um sie im Leistungskontext strategisch klug einzusetzen. Mein Ziel: dass meine Klient*innen1 im Job ganz sie selbst sein können, sich persönlich und professionell weiterentwickeln, neuen Herausforderungen mutig begegnen und mit Freude daran wachsen.
Als Unternehmerin bin ich seit meiner Unternehmensgründung vor mittlerweile 20 Jahren selbst Job Crafter – ich gestalte und optimiere meinen Job in Übereinstimmung mit meiner individuellen Entwicklung. Zu Anfang habe ich meinen Beruf genau auf meine Persönlichkeit zugeschnitten und seither entwickeln mein Geschäftspartner und ich gemeinsam mit unserem Team das Geschäftsmodell so weiter, dass es nachhaltig zu uns passt. Auch bei der Potenzialentfaltung unserer Mitarbeitenden lautet unsere Leitlinie: Erst der Mensch, dann die Stelle.
Doch was ist, wenn man sich beruflich nicht wohlfühlt? Wenn der Job nicht (mehr) zur Persönlichkeit oder dem aktuellen Lebensentwurf passt? Unzufriedenheit im Job ist ein Massenphänomen, sie tritt selbst dann auf, wenn Menschen sich ihre Stelle selbst ausgesucht haben.
Zahlreiche Studien belegen, dass nicht einmal die Hälfte aller Arbeitnehmenden glücklich mit ihrer beruflichen Situation ist. Fast zwei Drittel langweilen sich sogar bei der Arbeit.
Die Konsequenzen dieser Unzufriedenheit sind verheerend. »Quiet Quitting« – das Phänomen der inneren Kündigung – kostete die Wirtschaft nach Angaben des Gallup Engagement Index Deutschland im Jahr 2022 zwischen 118,1 und 151,1 Milliarden Euro. Ganz zu schweigen von problematischen Arbeitsbeziehungen und individuellen psychischen und physischen Kosten. Viele sind aufgrund der eigenen Frustration sogar dazu bereit, Projekte oder die Arbeit von Kolleg*innen zu sabotieren, oder sie leiden unter Burn-out. 2022 gaben 35 Prozent der Befragten an, sie hätten aufgrund von Arbeitsstress das Gefühl, innerlich ausgebrannt zu sein.
Laut Gallup erleben nur noch 13 Prozent der Arbeitnehmenden in ihrer aktuellen Beschäftigung ein Arbeitsumfeld, in dem sie sich emotional an das Unternehmen gebunden fühlen. So wundert es nicht, dass die kurzfristige Wechselbereitschaft der Arbeitnehmenden zunimmt. Nur 39 Prozent der Befragten stimmten der Aussage voll zu, in drei Jahren noch im bestehenden Unternehmen beschäftigt sein zu wollen. Ein Blick auf die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt: Die Wechselbereitschaft von Angestellten steigt zunehmend und befindet sich derzeit auf Rekordniveau.
Aber was bedeutet das? Welche Erwartungen können wir überhaupt an unseren Job haben und welche nicht? Ist der Wunsch, die Arbeit nicht als Last zu empfinden, schon zu viel verlangt? Woher weiß jede*r Einzelne, was sie oder er kann und will und welcher Job wirklich passt? Sollten wir die Umstände womöglich hinnehmen und Dienst nach Vorschrift machen? Oder einfach kündigen? Diesen und vielen weiteren Fragen rund um das Thema Job-Person-Passung gehe ich in diesem Buch auf den Grund. Doch eine Erkenntnis aus meiner langjährigen Tätigkeit als Karriereberaterin und Coach möchte ich vorab mit Ihnen teilen: Die Lösung des Problems ist weder Resignation noch ein unreflektierter Jobwechsel. Sie liegt an anderer Stelle, und zwar in unserem Inneren: im Glauben daran, Einfluss auf unsere Lebensumstände nehmen zu können, in der Selbsterkenntnis, unserer Einstellung und dem eigenverantwortlichen Einwirken auf die Arbeit.
Ihr Job darf und sollte Ihnen Freude bereiten. Das ist nicht zu viel verlangt, sondern Ihr gutes Recht.
In meiner beruflichen Rolle setze ich mich dafür ein, dass Menschen persönlichkeits- und potenzialkongruent arbeiten, sprich, dass sie das tun, was am besten zu ihnen passt und was sie besonders gut können. Und zwar auf eine Art und Weise, die ihnen entspricht. Die Vorteile beruflicher Authentizität liegen nicht nur für das Individuum, sondern auch für die Organisation und unsere Gesellschaft auf der Hand. Für die einzelne Person steigt das persönliche Wohlbefinden und damit verbessert sich auch ihre psychische und physische Gesundheit. Zufriedene, ja glückliche Arbeitnehmende fühlen sich in ihrer Kraft, sie sind motivierter und leistungsfähiger. Wenn Organisationen bei der Verteilung ihrer Ressourcen auf Potenziale ihrer Mitarbeitenden achten, erhöht das die wirtschaftliche Produktivität, senkt die Kosten, begünstigt eine schöpferische Unternehmenskultur und stärkt die Innovationskraft.
Außerdem profitiert unsere Gesellschaft, wenn die überwiegende Zahl der Menschen in ihrem Job zufrieden und motiviert ist. Erfüllte Berufstätige engagieren sich aktiver in der Gesellschaft, übernehmen mehr soziale Verantwortung und sind eher geneigt, ihre Fähigkeiten und Ressourcen zu teilen und ihren Mitmenschen zu helfen. Von einer guten Work-Life-Balance profitieren auch ihre privaten Beziehungen, sie kümmern sich besser um ihre Familien und Freunde. Weniger krankheitsbedingte Fehltage entlasten Unternehmen und das Gesundheitssystem. Ein Unternehmen mit zufriedenen Mitarbeitenden kann sich einen Ruf als guter Arbeitgebender erwerben – und je mehr es davon gibt, desto attraktiver wird der Wirtschaftsstandort Deutschland. Florierende Unternehmen übernehmen mehr Verantwortung in der Gesellschaft, indem sie soziale und gemeinnützige Projekte unterstützen. Diese vielfältige Wechselwirkung zeigt:
Es würde die Welt ein bisschen besser machen, wenn alle beruflich am richtigen Platz wären.
Einer der Hauptgründe für die große Unzufriedenheit unter Arbeitnehmenden ist die mangelnde Job-Person-Passung, sprich: Der Job passt nicht zur Persönlichkeit. Worin äußert sich das? Nun, die Arbeit bietet keine Gelegenheit, das zu tun, was man am besten kann, sie hemmt den Ausdruck der Persönlichkeit, widerspricht eigenen Werten, ignoriert individuelle Arbeitsbedürfnisse oder blockiert das persönliche und professionelle Wachstum. Wer beruflich am falschen Platz ist, verschwendet wertvolles Potenzial und leidet häufig unter psychischen und physischen Beschwerden, die nicht selten in eine Abwärtsspirale des eigenen Selbstwertgefühls führen.
In unseren Beratungen und Workshops erlebe ich immer wieder Menschen, die in Bezug auf ihre berufliche Entwicklung zwar viel Frustration spüren, aber zu wenig Vertrauen in ihre Selbstwirksamkeit erleben. Sie bleiben im »Ja, aber …«-Modus der Unzufriedenheit stecken, geben die Verantwortung für ihre berufliche Erfüllung ab und hoffen auf die perfekte Jobmöglichkeit, die von außen an sie herangetragen wird. Da dieser glückliche Umstand eher die Ausnahme als die Regel ist, möchte ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, ermutigen, Ihre Arbeit als etwas zu betrachten, das Sie selbst verändern können, anstatt auf den Zufall zu hoffen. Ich möchte Sie darin bestärken, selbst zum Job Crafter zu werden. Diese Gestaltung beginnt im Inneren und wirkt nach außen.
Dieses Buch richtet sich an alle – egal ob angestellt oder selbstständig –, die in ihrem jetzigen Job frustriert sind und das Gefühl haben, irgendwie festzustecken, ohne so richtig zu wissen, wie sie ihre Unzufriedenheit loswerden können. Es gibt Ihnen die Gelegenheit, Ihre Jobsituation strukturiert zu reflektieren. Sie analysieren Ihr Problem, um herauszufinden, wo genau Ihre Gestaltungsspielräume liegen. Sie setzen sich mit Ihrer inneren Einstellung zum Beruf auseinander, gehen Ihrer Persönlichkeit auf den Grund und werden Schritt für Schritt angeleitet, Ihren Traumjob zu definieren.
Diese Erkenntnisse helfen Ihnen, Ihren derzeitigen Job zu bewerten und wichtige Stellschrauben für Ihr individuelles Job Crafting zu identifizieren. Sie leiten passende Maßnahmen ab, um wieder in Ihre Kraft zu kommen, Ihr Potenzial abzurufen und persönlich zu wachsen. Neben theoretischen Erläuterungen und Fallbeispielen aus Beratung und Workshops bietet das Buch eine praktische Anleitung, wie Sie diese Schritte für sich selbst umsetzen können. Es gibt Ihnen einen Leitfaden an die Hand, den bestehenden Job auf Basis Ihrer Persönlichkeit so zu gestalten, dass er persönlich, inhaltlich und strukturell (wieder) zu Ihnen passt.
Im Idealfall werden Sie nach dem Prozess des Job Crafting in Ihrem bestehenden Arbeitsverhältnis eine hohe Zufriedenheit spüren oder – wenn das nicht möglich ist – eine andere Stelle, Position oder vielleicht sogar einen neuen Beruf finden. Meine Empfehlung: Lesen Sie das Buch nicht einfach in einem Rutsch durch, sondern nehmen Sie sich Zeit für die Anleitung zum Job Crafting. Führen Sie die Übungen in Ruhe durch und halten Sie Ihre Gedanken schriftlich fest. Das Schreiben zwingt Ihr Gehirn, sich intensiv mit Ihrem Veränderungsprozess auseinanderzusetzen, und schafft Klarheit. So können Sie die gewonnenen Informationen über sich und Ihre berufliche Situation besser strukturieren, was Ihnen helfen wird, sie in der Bewertung Ihres derzeitigen Jobs zu rekapitulieren. Schriftliche Notizen dienen in der Umsetzungsphase des Job Crafting nicht nur als Gedächtnisstütze, sondern auch als Leitfaden und motivationaler Rückenwind.
Erstmals erwähnt und maßgeblich geprägt wurde der Begriff »Job Crafting« 2001 von Amy Wrzesniewski und Jane E. Dutton in ihrem Artikel »Crafting a Job: Revisioning Employees as Active Crafters of Their Work«. Seitdem wurde die Idee der individuellen Einflussnahme auf den eigenen Job und dessen aktiver Gestaltung in vielen Büchern und Artikeln unterschiedlicher Autor*innen aus den verschiedensten Fachrichtungen weiterentwickelt. In diesem Buch beschreibe ich den Job-Crafting-Prozess, der sich aus jahrelanger Coachingerfahrung entwickelt und in der Begleitung meiner Klient*innen als erfolgreich erwiesen hat. Man könnte diesen Prozess als das »Struss & Claussen-Job-Crafting-Konzept« bezeichnen. Es unterscheidet sich an vielen Stellen von der Job-Crafting-Methode, die in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben wird. Ich möchte Sie herzlich einladen, es mit eigenen Gedanken und Ideen zu ergänzen.
Die beruflichen Entscheidungen, die meine Klient*innen im Anschluss an ihre Beratung bei uns treffen, begeistern mich immer wieder aufs Neue. Indem ich hier ihre Geschichten erzähle, möchte ich zeigen, dass Jobzufriedenheit nicht für die Happy Few reserviert ist, sondern dass wir alle Einfluss auf unsere berufliche Erfüllung nehmen können.
Job Crafting ist kein Privileg weniger, sondern kann von allen angewandt werden. Sie haben es in der Hand!
Dazu möchte ich Sie ermutigen und motivieren. Mit diesem Buch teile ich meine Erfahrung aus vielen Jahren Karriereberatung. Ich vermittele Ihnen die methodische Kompetenz, mit der auch Sie Ihre Job-Person-Passung optimieren können, um Ihre Arbeit (wieder) lieben zu lernen.
1 Im Folgenden werden alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen. Zur besseren Lesbarkeit wird zwischen Gendersternchen und anderen Formulierungen variiert. Jede*r darf sich eingeladen fühlen, Job Crafting anzuwenden und von diesem Buch zu profitieren.
In der Frage nach einem erfüllten Leben spielt die Arbeit eine entscheidende Rolle. Wenn ich meine Klient*innen am Anfang der Beratung frage: »Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Job?«, antworten viele mit einem diffusen »Joa, geht so«. Die Jobzufriedenheit setzt sich aus vielen Einzelfaktoren zusammen, und sich diese spezifisch zu vergegenwärtigen, ist kein einfacher Prozess. Außerdem ist die eigenständige und detaillierte Auseinandersetzung mit der eigenen Job-Person-Passung kein erlerntes Konzept – uns hat nie jemand beigebracht, wie das geht: herauszufinden, wer ich bin, was ich kann und was deshalb beruflich zu mir passt. Unsicherheit nehme ich auch dann wahr, wenn meine Kund*innen im Großen und Ganzen recht zufrieden sind, es aber viele kleine Dinge gibt, die sie gerne verändern würden. Aus Angst, das Verhältnis zu Vorgesetzten zu beeinträchtigen oder ihren Job aufs Spiel zu setzen, ersticken sie jedweden Veränderungsgedanken bereits im Keim und finden sich mit der Situation so ab, wie sie eben ist.
Niemand muss in seinem Job unglücklich sein. Niemand sollte sich mit einer suboptimalen Jobsituation zufriedengeben, denn es lässt sich immer etwas verändern und es gibt für jede*n den richtigen Platz – also den, an dem die Job-Person-Passung hoch ist. Natürlich gibt es auch etwas dazwischen, doch Menschen sollten sich mit ihrem Beitrag als Erwerbstätige zur Gemeinschaft zumindest insofern identifizieren können, als er ihren Werten entspricht und sie während der Arbeit »sie selbst« sein können. Das bedeutet für Sie nicht unbedingt, dass Sie Ihren Traumjob ausüben müssen. Aber es erfordert, dass der Job die Erwartung erfüllt, die Sie an ihn stellen – und dass Sie mit ihm zufrieden sind.
Der Begriff »Job Crafting« beschreibt ein Konzept aus der Wirtschafts- und Arbeitspsychologie, genauer der positiven Organisationspsychologie. Sein Ansatz ist, die eigene Arbeit so zu gestalten oder zu verändern, dass sie besonders gut zur Person und zur aktuellen Lebenssituation passt.
Mit Job Crafting machen Sie den Job, den Sie haben, zu dem Job, den Sie wollen.
Die Kernidee dabei ist, dass jede*r Einzelne kleine Anpassungen am eigenen Job vornehmen kann, um die Arbeit optimal auf die eigene Persönlichkeit abzustimmen. Neben seinen Stärken, Fähigkeiten und Interessen hat jeder Mensch in Bezug auf seine Arbeit bestimmte Bedürfnisse, Präferenzen und Wünsche. Diese langfristig zu erfüllen, ist das Ziel des Job Crafting, indem es eine größere Passung zwischen dem Individuum, seiner Arbeit und der Organisation herstellt.
Ob angestellt oder selbstständig, wir haben alle schon einmal Job Crafting betrieben, ohne es zu merken. Keine Stelle ist auf Anhieb perfekt, ganz egal, was in der Anzeige steht. Wir beginnen in dem Moment, in dem wir den Job antreten, automatisch damit, ihn zu gestalten und an uns anzupassen. Keine Stelle wird von zwei verschiedenen Menschen exakt gleich ausgeführt. So legt die eine Projektmanagerin beispielsweise Wert auf einen direkten Kommunikationsstil, beschränkt den Informationsaustausch auf die Sachebene und fällt Entscheidungen eher datengetrieben, während ihr Kollege in der gleichen Position eine empathische Kommunikation bevorzugt, einen kooperativen Führungsstil pflegt und in die Entscheidungsfindung nicht nur seine, sondern auch die Intuition seiner Mitarbeitenden einbezieht. Dementsprechend unterschiedlich arbeiten und führen beide in der gleichen Position. Auch die Pandemie hat uns gezeigt, dass Zeiten, Strukturen und Vorgehensweisen des Arbeitens flexibler sind als zuvor angenommen. Die Not hat uns in Bezug auf die Gestaltung unserer Jobs erfinderisch gemacht.
Im Ergebnis führt Job Crafting dazu, dass Sie die äußeren Bedingungen Ihres Jobs verändern, indem Sie beispielsweise Ihre Aufgaben, Arbeitsprozesse oder -methoden gezielt und individuell umgestalten. Zudem schafft es verbesserte Arbeitsbeziehungen sowie ein effizienteres persönliches Energiemanagement und lässt Sie eine förderliche innere Einstellung zu Ihrem Job entwickeln.
Job Crafting ist als Allererstes eine Erinnerung daran, selbst die Verantwortung für das eigene Wohlbefinden bei der Arbeit zu übernehmen. Eine der Stellschrauben, an der Sie in Ihrem Job-Crafting-Prozess drehen können, ist das »Was« Ihres Jobs. Dafür passen Sie Ihre Aufgaben, Ziele und Verantwortlichkeiten so an, dass sie mehr Ihrer Veranlagung entsprechen. Sie können favorisierte Aufgaben ausweiten, neue hinzunehmen oder unliebsame delegieren, reduzieren oder vereinfachen. Sie entscheiden, welchen Projekten Sie sich in welchem Umfang und in welcher Reihenfolge widmen möchten. So könnte zum Beispiel ein Mensch mit Stärken im kreativen Bereich eine Datenpflege-Aufgabe an einen Kollegen übergeben, dem Details und Struktur mehr liegen.
Auch das »Wie« Ihrer Arbeit können Sie verändern; es bezieht sich auf Ihre Arbeitsabläufe. Sie legen für sich fest, auf welche Art und Weise Sie am besten arbeiten können, welches Pensum Sie bis zu welcher Deadline schaffen und wie Sie dabei am effizientesten vorgehen. Gegen Ihren Energiefresser »Multitasking« wirken Sie beispielsweise durch klarere Priorisierung, besseres Zeitmanagement und effiziente To-do-Listen an und können so die Arbeitslast bewältigen, ohne übermäßig gestresst zu werden.
Eine weitere Stellschraube sind Ihre Arbeitsbeziehungen, das »Wie mit wem«. In der Wahl der Interaktionspartner*innen und der Gestaltung des sozialen Miteinanders steckt riesiges Potenzial. Sie entscheiden sich für die Beziehungsgestaltung, die Ihnen am meisten liegt. Ein Beispiel: Während der eine Kollege beim Arbeiten vor allem Ruhe und Konzentration braucht, ist seine Kollegin eher durch Austausch motiviert– und »stört« ihn deshalb ohne böse Absicht immer wieder. Ein offenes Gespräch verhindert Missverständnisse zwischen den beiden; zudem kann sich die kontaktfreudige Kollegin Gleichgesinnte für Teamwork suchen und vorrangig Aufgaben wie Brainstorming in der Gruppe übernehmen.
Auch unsere Haltung ist nicht statisch, wir können sie gestalten und beeinflussen. Darin liegt unsere Kraft. Wenn sich unser Blick auf die Dinge ändert, ändern sich die Dinge. Die innere Einstellung ist eine maßgebliche Stellschraube Ihres Job Crafting.
Es hängt auch von unserer Haltung ab, ob wir aus unserem Job Sinn und Freude ziehen oder vieles negativ bewerten und uns unzufrieden fühlen.
Werden wir von einschränkenden Glaubenssätzen und einem Fokus auf den Mangel geleitet, neigen wir dazu, vor allem die Nachteile zu sehen und uns zu beschweren. Mit dieser Haltung wird es uns schwerfallen, überhaupt mit irgendeiner Arbeit zufrieden zu sein. Und auch das Gegenteil gilt: Mit positiven inneren Überzeugungen wie »Arbeit kann Spaß machen«, »Ich leiste einen wichtigen Beitrag mit meinem Tun« oder »Es gibt keine Misserfolge, nur Lernchancen« lenken wir unsere Aufmerksamkeit auf Dinge, die uns mit Energie versorgen, und können so eine Menge rausholen. So kann sich beispielsweise die Mitarbeiterin im Lager eines Supermarktes bewusst machen, dass sie zur anhaltenden Grundversorgung vieler Menschen beiträgt; eine Reinigungskraft im Krankenhaus kann die Relevanz ihrer Arbeit darin finden, zur Gesundheit und Genesung von Menschen beizutragen. Beide Jobs sind, was uns spätestens seit der Coronapandemie deutlich wurde, systemrelevant, und das Wissen um diese Bedeutung erhöht wiederum Sinnerleben und Motivation bei der Arbeit.
Niemand ist den ganzen Tag über gleichermaßen kraftvoll oder konzentriert und die Menschen haben jeweils unterschiedliche Energiequellen und Wohlfühlbedingungen. Das persönliche Energiemanagement als Stellschraube des Job Crafting zielt darauf ab, den Verlauf der eigenen Leistungskurve und die individuellen Energiespender und -fresser zu kennen und den Arbeitsalltag dementsprechend zu gestalten. Wer seine Energie gut einteilen und die Tanks wieder auffüllen kann, verhindert Erschöpfungszustände. Dabei spielen viele Details eine Rolle: Wählen Sie zum Beispiel Ihre Kleidung nach Bequemlichkeitsaspekten aus; bringen Sie Ihr eigenes (gesundes und wohlschmeckendes) Mittagessen mit, statt in der Kantine zu essen; lassen Sie sich nicht unter Druck setzen, ausgerechnet im Mittagstief kreative Ideen zu entwickeln oder strategische Lösungen zu erarbeiten, wenn Ihnen das am Morgen viel besser gelingen würde. Und so weiter!
Egal ob angestellt oder selbstständig: Wer seine berufliche Beschäftigung in Bezug auf die individuellen Stärken, Bedürfnisse und Werte mit-, um- oder neu gestaltet, zahlt in jedem Fall auf den authentischen Selbstausdruck ein. Und das stärkt ungemein. Wir sind dann am glücklichsten, wenn wir a) das Gefühl haben, voll und ganz wir selbst sein zu können, wenn wir b) darin von außen bestätigt werden, c) persönlich wachsen können und d) gemäß unseren Zielen erfolgreich sind. Wir erleben unsere Arbeit dann als sinnvoller und erfüllender. Das lässt sich unter anderem mit den erstrebenswerten Effekten von Autonomie und Verantwortungsübernahme erklären:
Beim Job Crafting nehmen wir unser Schicksal aktiv in die Hand. Wir kommen unserem Wesenskern wieder näher und heben ungenutzte Potenziale.
Stärken, die wir vorher nicht einbringen konnten, werden nun angewendet; wir können Aufgaben und Beziehungen besser gestalten als zuvor oder verlieren beim Arbeiten weniger Energie.
Sobald wir merken, dass wir selbst Dinge bewegen und zum Positiven verändern können, wächst unsere sogenannte Selbstwirksamkeitsüberzeugung. Wir glauben mehr und mehr an unsere Fähigkeiten und die Möglichkeit, unsere Umwelt aktiv zu beeinflussen. Das gibt uns das Gefühl, dass es sich lohnt, sich zu engagieren. Daraus entsteht ein gewinnbringender Kreislauf: Ein inneres »Ja!« lässt uns motiviert und eigeninitiativ agieren, dadurch verbuchen wir mehr Erfolge und trauen uns wiederum mehr zu, was zu noch mehr Eigenständigkeit führt. Durch den besseren Einsatz unserer Stärken und die Berücksichtigung unserer Interessen übernehmen wir vor allem Aufgaben, die wir besonders gut können und die uns gleichzeitig Freude bereiten. In unserer gesteigerten Authentizität potenziert sich die Kraft unserer Ausstrahlung. Der Fokus auf die Beziehungsgestaltung erhöht die Qualität zwischenmenschlicher Interaktion und erfüllt unser Bedürfnis nach sozialer Beteiligung. Wir genießen den Kontakt und die Kommunikation mit Kolleg*innen, Vorgesetzten und Kund*innen, was zu mehr Wissensaustausch und neuen Ideen führt.
Wir identifizieren uns mehr mit dem Job, sind motivierter, leistungsfähiger und übernehmen mehr Verantwortung, während wir gleichzeitig ein größeres Gefühl persönlicher Freiheit spüren. Das steigert nicht nur unsere Kreativität und Innovationskraft sowie unser individuelles Wohlbefinden und die berufliche Zufriedenheit, sondern verbessert auch die Arbeitsleistung, erhöht die Produktivität und stärkt zudem unsere Loyalität und die Bindung an das Unternehmen.
Das Thema Jobzufriedenheit ist für Mitarbeitende und Unternehmen gleichermaßen wichtig. Arbeitnehmende wollen in ihrem Job glücklich sein, sich in der Unternehmenskultur wohlfühlen, ihre Stärken und Fähigkeiten einbringen, sich weiterentwickeln und eine langfristige Perspektive haben. Organisationen möchten einen Ruf als Arbeitgebende etablieren, die Talente anziehen, und eine Arbeitsatmosphäre schaffen, die diese Arbeitskräfte langfristig halten kann.
Auf individueller Ebene von Mitarbeitenden und Selbstständigen hat gelungenes Job Crafting viele positive Effekte: Die Menschen sind zufriedener mit ihren Jobs, sie entwickeln eine positivere Einstellung, sind motivierter und zeigen mehr Ehrgeiz und Engagement. Nicht zu vernachlässigen sind auch die Streueffekte des Job Crafting auf andere Lebensbereiche. Wer beruflich authentisch agiert, fühlt sich wohl in seiner Haut, erfährt eine Selbstwertstärkung und vertraut seinen Fähigkeiten. Diese Person hat nicht nur mehr Energie für die Gestaltung ihres Privatlebens, sondern ist insgesamt weniger gestresst und optimistischer, wodurch vor allem die Qualität ihrer privaten Beziehungen steigt. Wenn Sie noch mehr Gründe suchen, warum Sie sich Ihre Jobsituation genauer ansehen sollten:
Beruflich zufriedene Menschen schlafen besser, leben gesünder, können die Aktivitäten in anderen Lebensbereichen mehr genießen und sind insgesamt glücklicher.
Job Crafting lehrt die Mitarbeitenden, neue Ziele für sich zu definieren, denen sie Bedeutung beimessen und mit denen sie sich identifizieren können. Wer langfristige Ziele für wichtig und sinnvoll erachtet, ist eher bereit, kurzfristig Unlust zu ertragen oder eine Belohnung aufzuschieben. Wer weiß, dass es sich lohnt, kann länger durchhalten. Ein weiterer Effekt, von dem auch das Unternehmen profitiert, ist der bestmögliche Einsatz der Fähigkeiten und der Energie der Mitarbeitenden. Durch die stärkenorientierte Verteilung von Aufgaben können sich Mitarbeitende genau dem widmen, was ihnen am meisten liegt. Das Potenzial der Arbeitnehmenden wird maximal genutzt und die Unternehmen gestalten die Prozesse höchst effizient, sodass optimal in das Personal investiert wird.
Haben Mitarbeitende das Gefühl, dass Vorgesetzte den Schwerpunkt der Führung auf ihre positiven Eigenschaften und Stärken legen, werden sie weit weniger Stress bei der Arbeit empfinden als andere, die sich nicht in ihren Stärken gesehen fühlen. Je höher die Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen ist, desto wahrscheinlicher empfehlen sie nicht nur seine Produkte und Dienstleistungen an Freund*innen und Bekannte weiter, sondern sprechen auch eine Empfehlung für das Unternehmen als Arbeitgebenden aus. Job Crafting kann also positiv auf das Employer Branding einwirken, sodass die besten Talente angezogen werden.
Wird der Job an die Persönlichkeit der Mitarbeitenden angepasst, können Aufgaben auf unterschiedliche Weise erledigt werden. Zudem wird die Arbeitsorganisation flexibler gestaltet und an die Anforderungen des Unternehmens angepasst, wodurch dessen Wettbewerbsfähigkeit steigt. Darüber hinaus kann Job Crafting dazu beitragen, dass Arbeitnehmende ihre Rolle klarer verstehen und sich besser in die Organisation einfügen, indem sie enger mit anderen Abteilungen und Kolleg*innen zusammenarbeiten und sich bewusster mit den Zielen und Werten der Organisation verbinden. Aufmerksame Unternehmen erkennen rechtzeitig den Weiterbildungs- und Entwicklungsbedarf ihrer Mitarbeitenden. Wer zufriedener ist und sich innerhalb eines Unternehmens persönlich und fachlich weiterentwickeln kann, bindet indirekt Human- und Sozialkapital und verhindert Kosten durch Burn-out, hohe Fehlzeiten und Fluktuation.
Job Crafter können einen positiven Schneeballeffekt auslösen, der zu mehr Jobzufriedenheit inklusive gesteigertem beruflichen Selbstwertgefühl einerseits und zu einem verbesserten Beitrag zum Unternehmensziel andererseits führt. Sie formen die Organisation, in der sie arbeiten. Dementsprechend ist das aktive Gestalten der eigenen Arbeitsbedingungen etwas, was allen Mitarbeitenden zu empfehlen ist, was jede Führungskraft wertschätzen und jede Organisation als Methode einer innovativen und positiven Unternehmenskultur etablieren und unterstützen sollte. Job Craftern rate ich, im Gespräch mit ihrer Führungskraft die beschriebenen Vorteile als Argumente ihres Vorhabens zu nutzen.
Unternehmen empfehle ich, die Idee des Job Crafting unter den Mitarbeitenden bekannter zu machen. Sie sollten sie motivieren, Job Crafting anzuwenden, und seine Methoden über Literatur, Workshops oder interne Karrierecoachings verbreiten.
Wer Job Crafting gewissenhaft plant und umsetzt, wendet dafür Zeit und Energie auf. Arbeitgebende könnten befürchten, dass Mitarbeitende dann für die Erledigung wichtiger und dringender Aufgaben nicht mehr zur Verfügung stehen, was in der Folge den reibungslosen Unternehmensalltag stören oder für zusätzliche Belastung von Kolleg*innen sorgen könnte. Sie haben vielleicht auch Angst davor, dass Mitarbeitende sich durch Job Crafting die Rosinen unter den Aufgaben rauspicken könnten und unbeliebte Tätigkeiten am Ende von niemandem mehr übernommen werden.
Der Organisation ist darüber hinaus bewusst, dass es Mitarbeitende und das Unternehmen selbst Zeit und Arbeitskraft kostet, Aufgaben anzupassen, hinzuzufügen oder umzuverteilen. Um sich mit Schulungen und Weiterbildungen auf neue Aufgaben und Projekte vorzubereiten, binden Job Crafter Ressourcen außerhalb des Unternehmens, melden eventuell Anspruch auf Bildungsurlaub an und verursachen Kosten. Erst einmal! Später werden sie genau diese Kosten an anderer Stelle einsparen oder sogar den Umsatz steigern können.
Wird Job Crafting erfolgreich durchgeführt, ist der Nutzen immer größer als der Aufwand. Dennoch lohnt sich ein Blick auf denkbare Risiken und Hindernisse, um ihnen aktiv entgegenwirken zu können und mögliche Fehler zu vermeiden.
Obgleich meine Kund*innen das Potenzial erkennen, das in der individuellen Gestaltung der Arbeit liegt, fürchten einige – vollkommen unabhängig von ihrer Position – mögliche Konflikte mit ihrer Führungskraft. Es könnte nämlich sein, dass deren Einstellung zum Job Crafting von der eigenen abweicht. Diese Angst lähmt die Kund*innen häufig sehr. In manchen Fällen überlegen sie nicht einmal mehr, wie sie die eigene Situation verbessern können. Oder sie versuchen, ihre Job-Crafting-Maßnahmen ohne Absprache mit den Kolleg*innen und Vorgesetzten anzugehen. Beides ist keine gute Idee und hat unter Umständen negative Folgen auf mehreren Ebenen: Die einzelnen Mitarbeitenden verschwenden ihr Potenzial, die unausgewogene Ressourcenverteilung im Unternehmen bleibt bestehen und es kommt zu Konflikten mit Personen, die kein Job Crafting betreiben oder nicht in den Prozess involviert sind.
Wenn Sie zum Job Crafter werden, brauchen Sie innere Entschlossenheit und Kraft. Denn es ist durchaus möglich, dass Sie zwischenmenschlichen Gegenwind bekommen – nicht nur von Vorgesetzten, sondern auch von Kolleg*innen.
Das zeigt zumindest meine Erfahrung. So könnte beispielsweise die Diskrepanz zwischen dem Selbstbild einer Person und dem Bild, das ihre Führungskraft von ihr hat, zum Problem werden. Manchmal weicht die Einschätzung der individuellen Potenziale und der möglichen Arbeitsleistungen und Aufgabenbereiche so stark voneinander ab, dass diese Unstimmigkeiten das Arbeitsverhältnis und die Atmosphäre beeinträchtigen, wodurch sich meistens auch das Team belastet fühlt.
Job Crafter berichten häufig vom Gefühl der Enttäuschung, wenn ihre Wünsche nach Veränderung nicht erfüllt werden, obgleich sie der Meinung sind, dass erfolgreich implementierte Job-Crafting-Maßnahmen durchaus im Sinne des Unternehmens sind. Manche Vorgesetzte stehen dem Job Crafting aus ganz persönlichen Gründen kritisch gegenüber: Sie befürchten, dass bewährte Hierarchien ins Wanken geraten und sie dadurch einen Machtverlust erleiden könnten. Auch innerhalb des Teams kann Job Crafting zu Unruhe führen. Das ist ähnlich wie bei einem Mobile: Bewegen Sie ein Teil, kommen auch die anderen in Schwingung und das System muss sich neu einpendeln. Manche Kolleg*innen empfinden Gefühle wie Neid, Missgunst, Enttäuschung, Trauer, Angst oder Wut, wenn infolge von Job Crafting Verantwortungsbereiche neu verteilt oder Aufgaben umgestaltet werden. Diese Form der aktiven Beziehungsgestaltung fühlt sich für Ihr Umfeld vielleicht ungewohnt an und löst Skepsis oder Widerwillen aus.
Nicht jede*r ist offen für Veränderung und wehrt sie deswegen ab. Es gibt Arbeitnehmende, die gar nicht an Job Crafting interessiert sind, weil sie »einfach nur ihren Job machen« und ansonsten »in Ruhe gelassen werden wollen«. Für sie könnte Ihr aktives Einwirken auf den Job wie eine Bedrohung für die eigene Einstellung wirken. Bleiben Sie miteinander im Gespräch, um Job Crafting Ihren Teammitgliedern gegenüber nicht zum Dogma zu machen. Sie könnten sich von Ihnen bevormundet fühlen und Ihre Ideen und Maßnahmen allein schon deshalb abwehren.
Achten Sie auch auf sich selbst; muten Sie sich durch Job Crafting nicht zu viel auf einmal zu. In der Euphorie kann es leicht passieren, dass man sich mit zu vielen neuen Projekten psychisch und physisch überfordert, was langfristig zu Erschöpfung oder Burn-out führen kann. Auch sollten Sie Ihre Aufgaben nicht so häufig verändern, dass Ihre Konzentrationsfähigkeit leidet und Sie Prozesse weder gut standardisieren noch Abläufe effizient abschließen können.
Eine gängige Angst meiner Job-Crafting-Kund*innen ist, dass sie sich infolge ihres Wunsches nach veränderten Aufgaben oder Arbeitsbedingungen einem besonders starken Druck am Arbeitsplatz aussetzen, weil sie denken, ihre Führungskraft würde nun mehr Produktivität von ihnen erwarten. Nach dem Motto: Je mehr Freiheit bei der Jobgestaltung, umso bessere Ergebnisse! In diesem Fall ist es wichtig, diese Befürchtungen konkret zu benennen und zu adressieren und gemeinsam mit der Führungskraft realistische Erwartungen zu formulieren.
Es scheint selbsterklärend zu sein, aber in meiner Arbeit erlebe ich immer wieder, dass mangelnde Selbstwertschätzung erfolgreiches Job Crafting verhindert. Sie müssen Ihre Stärken zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle kennen, es geht eher um die innere Überzeugung, dass jede und jeder, auch Sie, prinzipiell Stärken, Fähigkeiten und Talente hat.
Job Crafting beschreibt die bewusste und aktive Anpassung des Jobs an Ihre Stärken, Präferenzen und Bedürfnisse. Die Voraussetzung: Sie müssen von Ihren positiven Eigenschaften überzeugt sein, sprich, über ein positives Selbstwertgefühl verfügen.