Wieviel Erde braucht der Mensch - Leo Tolstoi - E-Book

Wieviel Erde braucht der Mensch E-Book

Leo Tolstoi

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Beschreibung

Wieviel braucht man, um glücklich zu sein? Der Bauer Pachom kauft seiner Nachbarin ihr ein Stück Land ab, denn er will endlich besser leben. Zuerst zeigt sich der Traum erfüllt, mit mehr Land kommt auch mehr Geld. Doch schon bald fühlt sich Pachom durch die Nähe der Nachbarn eingeengt und beschließt anderswo noch mehr Land zu kaufen, denn mehr Land muss noch mehr Glückseligkeit geben. Doch seine Habgier soll ihm schon bald zum Verhängnis werden... Leo Tolstoi (1828-1910) wird noch heute als einer der größten Verfasser aller Zeiten gefeiert. Mehrmals wurde der Sohn aristokratischer russischer Eltern für den Nobelpreis der Literatur und sogar für den Friedensnobelpreis nominiert. Seine Erfahrungen als Soldat im ersten Krim-Krieg prägten ihn für den Rest seines Lebens, und sie dienten als Inspiration für seine späteren Werke, vor allem "Krieg und Frieden".

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Seitenzahl: 32

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Lew Tolstoi

Wieviel Erde braucht der Mensch

 

Saga

Wieviel Erde braucht der Mensch ÜbersetztA.A. Fiedler OriginalMnogo li tscheloweku semli nuschno?Coverbild/Illustration: Shutterstock Copyright © 1886, 2020 Lew Tolstoi und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726614794

 

1. Ebook-Auflage, 2020

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

 

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

– a part of Egmont www.egmont.com

 I

Aus der Stadt war die ältere Schwester zum Besuch der jüngeren ins Dorf gekommen. Die ältere Schwester war in der Stadt mit einem Kaufmann, die jüngere auf dem Lande mit einem Bauern verheiratet. Die Schwestern saßen beim Tee und unterhielten sich. Dabei brüstete sich die ältere Schwester mit ihrem städtischen Leben und pries es auf alle Tonarten: wie geräumig und sauber sie in der Stadt wohne, wie fein sie sich kleiden und ihre Kinder putzen könne, wie gut sie esse und trinke und wie sie zu allen möglichen Vergnügungen und in die Theater fahre.

Die jüngere Schwester ärgerte sich und begann das Kaufmannsleben herabzuwürdigen und das ländliche Leben zu loben.

„Nun, ich würde mein Leben nie gegen deins tauschen“, sagte sie. „Wenn wir auch einfach leben, so brauchen wir dafür auch nichts zu fürchten. Ihr führt ein feineres Leben, aber alles ist unsicher: Ihr könnt viel verdienen in eurem Geschäft, könnt aber auch ganz ruiniert werden. Auch das Sprichwort sagt: Wie gewonnen, so zerronnen. Manch einer, der heute noch reich ist, bettelt morgen an den Türen. Mit der Landwirtschaft ist es sicherer ‒ der Bauer hat ein karges, aber langes Leben; wir kommen nicht zu Reichtum, werden aber immer satt sein.“

Darauf sagte die ältere Schwester:

„Was ist das schon für ein Sattsein ‒ zusammen mit Schweinen und Kälbern! Auf dem Lande gibt es keine Bequemlichkeiten, keine Lebensart. Wieviel sich dein Mann auch abmühen mag ‒ so wie ihr zwischen dem Dünger lebt, so werdet ihr auch sterben, und mit euren Kindern wird es ebenso sein.“

„Und wenn schon, so ist es nun mal in der Landwirtschaft“, erwiderte die jüngere Schwester. „Dafür haben wir aber auch ein gesichertes Leben, wir katzbuckeln vor niemandem, haben vor niemandem Angst. Euch in der Stadt dagegen drohen immer Versuchungen; heute geht’s euch gut, aber morgen kann sich plötzlich der Teufel dahinterstecken ‒ und schon verführt er deinen Mann zur Lust am Kartenspiel oder am Trunk oder an einem hübschen Frauenzimmer. Und dann bricht alles zusammen. Kommt das nicht auch vor?“

Pachom, der Hausherr, lag auf dem Ofen und hörte dem Geschwätz der Frauen zu.

„Das ist wirklich wahr“, sagte er. „Wenn unsereins von Kindheit an das Mütterchen Erde umbuddelt, dann kommen ihm solche Dummheiten gar nicht erst in den Kopf. Nur eins ist ein Unglück ‒ es fehlt einem an Land! Wenn ich reichlich Land hätte, dann könnte mir niemand, auch der Teufel selber nicht, was anhaben!“

Die Frauen tranken ihren Tee aus, plapperten noch eine Weile über ihre neuen Kleider, räumten dann das Geschirr ab und legten sich schlafen.

Hinter dem Ofen aber hatte der Teufel gesessen und alles mit angehört. Er frohlockte darüber, daß die Bauersfrau ihren Mann zur Prahlerei verleitet und daß dieser sich gebrüstet hatte, ihm könnte, wenn er genügend Land hätte, selbst der Teufel nichts anhaben.

,Wohlan‘, dachte der Teufel, ,wir wollen unsere Kräfte messen! Ich werde dir viel Land zuschanzen, und durch das Land werde ich mir dann auch dich holen.‘

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