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Ein Fußballbuch für Jungen und Mädchen Ella liebt Fußball. Genau wie ihr älterer Bruder Lino. Seit sie denken kann, haben sie zusammen gekickt. Doch plötzlich macht Lino eine eigene Mannschaft auf, in der Mädchen keinen Platz mehr haben. Ella ist sauer – aber dann bietet sich ihr die einmalige Chance zu zeigen, was in ihr steckt. Bald schon stehen die Geschwister wieder gemeinsam auf dem Platz – aber diesmal als Gegner!
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Seitenzahl: 151
Beate Dölling
Wild auf Fußball
Mit Vignetten von Regina Kehn
dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
Für Paula und Fritz
Die Sonne scheint auf den Küchentisch. Lino kippt sich das Schälchen mit Crunchy-Kringeln voll.
»Lass mir auch noch ein paar drin«, sagt Ella. Aber in dem Moment schüttet er sich den Rest in sein Schälchen und hält seiner Schwester die leere Packung hin.
»Mama!«, ruft Ella. »Lino hat die ganze Packung aufgegessen!«
»Hab ich nicht!«, ruft Lino Richtung Badezimmer, wo ihre Mutter sich föhnt und sowieso nichts hört. Von Papa steht nur noch die leere Kaffeetasse auf dem Tisch.
»Die Packung ist noch da«, sagt Lino. »Kannste dir ja Marmelade draufschmieren. Guten Appetit!«
Ellas Augen funkeln. »Kein Wunder, wenn dir der beste Spieler wegläuft«, sagt sie. »Wer will denn schon mit so einem Ekelpaket wie dir was zu tun haben!« Sie wirft ihrem Bruder die leere Schachtel an den Kopf und nutzt die Schrecksekunde aus, um sich sein Schälchen zu schnappen. Aber Lino ist schnell. Im Nu hat er es wieder. Bei der Zurückeroberung fliegen jede Menge Crunchys durch die Luft. Der ganze Tisch ist übersät.
Lino kocht, weil Ella das mit Malle gesagt hat. Marvin Winter ist der beste Spieler in seiner Fußballmannschaft, wobei Lino immer denkt, er selbst wäre der beste. Malle hat überall erzählt, dass Lino ein Großmaul sei. Ist er ja auch. Und Malle will sich nichts mehr von ihm gefallen lassen. Er will sich jetzt für eine richtige Schülermannschaft starkmachen, mit der man an der Schulmeisterschaft teilnehmen kann und die von Lehrern trainiert wird, richtig professionell. Ella weiß, dass ihr Bruder eigentlich dasselbe vorhatte, nur ohne Lehrer und ohne Mädchen. Aber wenn Malle erst mal Kapitän einer neuen Mannschaft ist, darf mitspielen, wer will! Auch Ella! Dann wird sie es Lino zeigen. Bei dem Gedanken muss sie grinsen.
Genüsslich stopft sie sich jeden Crunchy-Kringel, den sie kriegen kann, in den Mund. Als sie die, die an der Butter festkleben, runterpulen will, haut ihr Lino auf die Hand. Die ist jetzt voller Butter. Ella versucht, die Butterhand an seinem T-Shirt abzuwischen. Lino springt auf und packt sie am Handgelenk, will es nach hinten umbiegen, sie in die Knie zwingen. Das macht er immer und dann soll sie ihn auf Knien um Verzeihung bitten. Meistens muss Ella dann so lachen, dass sie gar nichts sagen kann. Dann lässt Lino locker, aber diesmal drückt er fest zu. Das ist überhaupt nicht mehr lustig.
»Aua!«
Lino will, dass sie zurücknimmt, was sie eben gesagt hat. »Na los!«, zischt er. »Gib zu, dass Malle eine Krücke ist!«
»Niemals!« Ella beißt die Zähne zusammen.
Aus dem Badezimmer hört man den Föhn und die Mutter summen. Lino und Ella haben gelernt, leise zu kämpfen. So können sie die zehn Minuten am Morgen, wenn sich ihre Mutter föhnt, immer ausnutzen, um Meinungsverschiedenheiten zu regeln. Für einen Pferdekuss zwischendurch reicht eine Klospülung.
Ellas Handgelenk ist schon ganz rot, aber sie denkt gar nicht daran, in die Knie zu gehen. Die Zeiten sind vorbei! Sie beißt die Zähne zusammen und schließt die Augen. Mal sehen, was ihr mit geschlossenen Augen einfällt. Nichts. Leider. Nur der Schmerz sticht bis in den Magen.
»Guck mich an!«, sagt Lino.
Sie lässt die Augen zu.
»Mach sofort die Augen auf und sag, dass Malle Winter eine verdammte Krücke ist!«
Jetzt ist es so weit. Der Druck um ihr Handgelenk wird lockerer und schon springt Ella Lino mit dem Hacken auf den kleinen Zeh. Getroffen! Er lässt sie los. Rote Wutflecken erscheinen an seinem Hals.
»Ohne Malle könnt ihr einpacken«, sagt Ella.
Im Badezimmer geht der Föhn aus. Die Kinder stürmen auf die Stühle und picken die Crunchy-Kringel vom Tisch; Lino spült mit Milch aus der Tüte nach.
»He!«, sagt Mama mit frischer Föhnfrisur. »Wir trinken nicht aus der Packung.«
Lino nimmt die Tüte vom Mund und gießt sich Milch in sein Glas.
»Würdest du bitte deiner Schwester auch Milch einschenken?!«
Lino macht das Glas so voll, dass Ella es nicht mehr heben kann.
Die Mutter seufzt. »Können wir nicht einmal in Frieden frühstücken?«
Ella schlürft Milch aus dem vollen Glas.
»Und wie sieht das hier schon wieder aus!«
»Ella hat mich mit Butter vollgeschmiert«, sagt Lino und zeigt auf den Ärmel seines T-Shirts.
»Weil er meine Hand in die Butter gehauen hat«, sagt Ella. »Und die Crunchys hat er auch alle aufgegessen.«
»Hab ich nicht!«
Die Mutter gießt sich Kaffee ein und seufzt schon wieder. »Nur einmal in Ruhe frühstücken … ganz normal, wie in anderen Familien auch. Was würde ich darum geben!«
»Was denn?«, fragt Ella.
»Euch zum Beispiel«, sagt Mama.
Auf dem Schulweg gehen sie hintereinander her. Lino will das neuerdings so, er will nicht mit seiner kleinen Schwester gesehen werden. Dabei haben sie letzten Herbst noch wie die Verrückten zusammen gebolzt. Ella kickt einen Stein weg. Kleine Schwester, pah! Sie ist nicht mal ein ganzes Jahr jünger als Lino, nur elf Monate und fünf Tage. Und es dauert nicht mehr lange, dann wird sie auch elf und ist drei Wochen lang genauso alt wie er. Und es dauert auch nicht mehr lange, dann ist sie genauso groß wie er.
An der nächsten Ecke kommen ein paar von Linos Fußballkumpels dazu. Sie gehen zu dritt vor Ella her – natürlich mit Ball. Sie kicken, rennen, schubsen sich. Ella will nicht hinter den Hornochsen hergehen. Sie überquert die Straße und läuft auf der anderen Seite weiter. Nun ist sie auf gleicher Höhe mit den Jungs. Sie schauen zu ihr rüber. Ella streckt ihnen die Zunge raus. Die Jungs gucken weg. Dann gucken sie wieder. Einer läuft gegen die Laterne. Boing! Ella grinst. »Schönen Gruß an die Beule!«, ruft sie über die Straße und fängt an zu hüpfen. Mit solchen Luschen kann man natürlich nichts gewinnen, nicht mal einen selbst gespendeten Pokal!
Im Nu ist sie verschwunden, um die Ecke, an der Turnhalle vorbei, schnell über den Platz geflitzt zum Eingang der Schule. Die Jungs schleichen gerade erst durchs Tor. Die anderen Fußballer vom 1. FCSüdtiger sind auch schon da. Hoffentlich kommen sie am Nachmittag nicht wieder mit zu Lino. Letztes Mal haben sie erst die Kekse aufgefuttert, dann alle getrockneten Fruchtstückchen aus dem Müsli gefischt, und Georg, Rechtsaußen, hat voll neben das Klo gepinkelt.
Was haben die auch dauernd zu besprechen? Lino will das so, schließlich ist er der Mannschaftskapitän und Trainer. Er hat die Mannschaft vor einem halben Jahr auf die Beine gestellt und sogar Karteikarten von allen Spielern angelegt. Und dann haben sie alle möglichen Mannschaften zu Spielen herausgefordert, von Vereinen und von anderen Schulen. Lino wollte, dass alle Respekt und Angst vor den Südtigern bekommen und sich dann als Schulmannschaft beweisen, um die Meisterschaft zu gewinnen.
Zuerst lief es ganz gut, aber dann haben sie andauernd verloren, gegen Bornsloh 03 sogar haushoch. Die Bornsloher sind nämlich die richtigen Kracher, mit Jungs und Mädchen. Und Lino hatte vorher überall herumposaunt: »Denen haun wir in der ersten Halbzeit schon das Tor voll, dass die nicht mehr wissen, wie sie heißen.« Aber dann haben die Südtiger 1:4 verloren und bei der Revanche gleich noch mal 2:4. Danach haben Lino und Malle sich zerstritten und ein paar andere wollten auch nicht mehr zu den Südtigern gehören. Nur Georg, der Pinkler, und der, der eben vor die Laterne gelaufen ist, halten noch richtig zu Lino. Andauernd treffen sie sich und besprechen die Lage. Aber eine Fußballmannschaft muss zusammenhalten und Fußball spielen und nicht rumlabern. Kein Wunder, dass die Tiger die letzten Spiele vergeigt haben. Peinlich, auch für Ella. Neuerdings muss sie sich nämlich so dumme Sprüche anhören wie: »Na, ist dein Bruder auf dem absteigenden Ast?« Oder: »Seit wann spielt Lino denn in der Altherrenmannschaft?«
Wenn dieser Hirni bloß nicht so störrisch wäre und sie mitspielen lassen würde! Wird er schon sehen, was er davon hat!
Ella geht durchs Treppenhaus. Ein Schüler aus der zweiten Klasse spuckt vom vierten Stock ins Parterre. Als es unten platscht, rennt er oben weg.
In der Klasse trifft sie Carmen, Ranja und Jasmin. Sie reden über die Muster ihrer Strumpfhosen. Ella hat immer Jeans an. Deshalb kennt sie sich mit Strumpfhosen nicht aus. Nachdem sie die drei begrüßt hat, geht sie noch mal aufs Klo, in die dritte Kabine. Das ist ihre Lieblingstoilette, die hat ein Fenster und an der Tür stehen die lustigsten Sprüche. »Mehmed Kuhn liebt ein Huhn«, oder: »Du kannst deinen Hintern schminken, wie du willst, es wird doch kein Gesicht daraus«, oder: »It’s öde to be blöde«.
Ella hat auch schon was an die Tür geschrieben, oben links, in die Ecke: »Malle vor, noch ein Tor!« Aber das sagt sie niemandem. Das ist ihr Geheimnis, auch, dass sie von Malle Winter ein Foto hat. Ein Passfoto, vom vielen Angucken an den Ecken schon verknickt. Hat sie ihrem Bruder stibitzt, aus der Fußballkartei. Der braucht es jetzt sowieso nicht mehr, wo Malle ja nicht mehr bei den Südtigern ist. Sie bewahrt es in ihrer Fußballmappe auf, mit all den anderen Fußballbildern, die sie aus Zeitschriften ausgeschnitten hat.
Außer Malle findet sie noch den Franzosen Griezmann toll, der bei Atlético Madrid spielt, Neymar von Paris Saint-Germain, mit seinem knackigen Hintern, Lewandowski, weil er in neun Minuten fünf Tore schießen kann, und Fernando Torres, wegen seinem Killerinstinkt und weil er trotzdem total süß aussieht. Und natürlich CR7 – Cristiano Ronaldo! Aber das würde sie nie zugeben. In den sind ja alle bescheuerten Tussis verknallt. Ihre Fußballmappe hat sie auch noch niemandem gezeigt.
Ella drückt die Klospülung. Sie will gerade rausgehen, da sieht sie das neue Herz an der Tür, schräg über der Klinke. »Malle und Bonita« steht in dem Herz. »Malle und Bonita«, murmelt sie. Wie das brennt auf der Zunge! Sie geht raus und trinkt kaltes Wasser aus dem Hahn.
Auf dem Weg in die Klasse überlegt sie, wer das Herz dahin gemalt haben könnte. Gestern war es noch nicht da. Bonita heißt eigentlich Fiona Weber. Aber weil sie immer einen Handspiegel dabeihat und alle fünf Minuten guckt, ob ihre Wimpern auch noch lang genug sind und ihre Zähne glänzen, heißt sie bei allen nur Bonita. Carmen hat ihr diesen Spitznamen gegeben. Carmen kommt aus Argentinien und sagt, »Bonita« heiße auf Spanisch »Hübsche«. Dabei ist Bonita überhaupt nicht hübsch. Mal abgesehen von ihren dichten, schwarzen Wimpern ist sie stämmig wie ein Kartoffelstampfer und ihre Zähne glänzen nur, weil sie sie mit Persil putzt. Das hat Bianca Blume mal gesagt, die Blondste aus der Klasse, mit Busen, die immer tut, als wäre sie die Schönste im ganzen Land, und ein Haufen Mädchen hat sich darüber kaputtgelacht. Ella hatte zwar nicht mitgelacht, weil ihr Bonita in dem Moment leidtat, aber lustig fand sie die Vorstellung schon, wie sich jemand mit Waschmittel die Zähne putzt und das ganze Badezimmer vollschäumt.
Bestimmt hat Bonita selbst das Herz an die Tür gemalt, weil sie sich wünscht, dass Malle in sie verknallt ist. Dabei würde sich Malle garantiert niemals in eine wie Bonita vergucken!
Ella stolpert über eine Stufe, fängt sich wieder. Als sie auf der zweiten Treppe ist, klingelt es, aber sie hat keine Lust, sich zu beeilen. Zusammen mit Herrn Hempstädt, dem Mathelehrer, huscht sie in die Klasse.
Nach der Mathestunde muss Ella erst mal an die frische Luft. Sie kommt sich ganz verneunt vor. 5 x 19 plus 7 x 19 minus 99 … Am besten wäre es, die Neun rauszukicken. Da vorn bolzen die Jungs. Die haben es gut. Von den Mädchen will überhaupt keine mehr rennen. Haben Angst um ihre Strumpfhosen. Und Carmen, Ranja und Jasmin sind total im Justin-Bieber-Fieber, sie reden von nichts anderem mehr als von Justin, finden cool, dass er keine Lust hat, sich mit jedem Fan fotografieren zu lassen, hätten aber selbst gern so ein Selfie mit ihm. Die Einzige, die nicht »verbiebert« ist, ist Bonita, aber Bonita läuft auch nicht gern. Sie isst die ganze Pause über, erst Marmeladenbrötchen, dann Milchschnitte, manchmal auch Chips.
Ella kickt ein paar kleine Steine in den Grünstreifen und packt ihre Brote aus. Hunger hat sie auch nicht. Zum Glück haben sie in der nächsten Stunde Sport. Hoffentlich lässt Frau Wilms sie erst ein paarmal um den Sportplatz laufen.
Plötzlich steht Malle neben ihr. Malle Winter. DER Spieler.
»Hey, Ella!« Er hat einen Stapel Zettel in der Hand. In der anderen einen angebissenen Apfel. Er gibt ihr einen Zettel.
»Hast du Lust mitzumachen?« Seine braunen Augen leuchten.
Sie kann nicht so schnell lesen. Hat ja noch lauter Neunen im Kopf und vor IHR steht Malle Winter, in schwarzen Turnschuhen und rotem T-Shirt. Mit seinen Locken spielt der Wind.
»Beim Fußballspielen?«
»Ja. Kannst du doch. Hast ja oft genug mit Lino rumgebolzt.«
Das Blut rauscht durch die Neunen in ihrem Kopf wie ein Sturzbach.
»Klar«, sagt Ella.
Malle beißt von seinem Apfel ab, dass es knackt.
»Wir machen eine gemischte Mannschaft auf. Jungs und Mädchen. Ich bin der Mannschaftskapitän und du könntest in den Sturm, weil du ja fußballtechnisch gut bist und schnell.«
Woher weiß er das? Hat er ihr etwa schon mal zugeguckt? Ihr wird ganz schwindelig bei diesem Gedanken. Ein Windhauch fährt ihr in den Nacken. Sie zieht die Schultern hoch, hält den Zettel fest in der Hand.
»Da steht alles drauf«, sagt Malle. »Besprechung und Probespiel sind morgen um vier in der Turnhalle. Wenn du noch beinstarke Freundinnen hast, bring sie mit.«
»Gut«, sagt Ella. Sie kann sich nicht rühren. Sie kann auch nichts lesen, sie hat auch keine Neunen mehr im Kopf. Nur noch rauschendes Blut.
»Na dann«, sagt Malle und beißt noch einmal in den Apfel, dass es knackt. Mit vollem Mund federt er auf den Zehenspitzen, läuft los, über den Schulhof, an ein paar Lehrern vorbei, verschwindet in einer Menge von Kindern.
Ella steckt den Zettel in die Hosentasche. Will auf die Toilette, in ihre Kabine, Nummer drei, die mit dem Fenster, und in Ruhe den Zettel lesen. Da haut ihr jemand mit voller Wucht von hinten auf die Schulter.
»Schieb mal ein Brot rüber«, sagt ihr Bruder. »Hab voll den Hunger.« Lino hat ein rotes Gesicht, vom Rennen. »Los, mach schon!« Neben ihm steht der, der heute Morgen vor die Laterne gelaufen ist. Ein rotes Horn ziert seine Stirn. Wie automatisch gibt Ella Lino ein Brot mit Käse. In zwei Bissen ist es weg.
»Was wollte denn Malle Winter von dir?«, fragt er sie mit vollem Mund.
»Was geht dich das an?«, sagt Ella.
»Sei nicht so zickig«, sagt Lino, »sonst gibt’s was auf die Nuss.«
Sein Beulenkumpel guckt Lino erwartungsvoll an.
Ella grinst nur, breit und verächtlich, so wie die Cowboys grinsen, wenn sie gerade jemanden über den Haufen geschossen haben. Das haben sie mal mit Mama geübt, im Wohnzimmer, nach einem Western. Mama konnte am besten breitbeinig gehen und am schnellsten den Colt ziehen. Anstelle der Colts hatten sie sich Bananen in die Gürtel gesteckt. Linos war hinterher ganz matschig, weil er sie zu fest gedrückt hat.
»Richtige Cowboys gehen mit ihren Pistolen zärtlich um«, hat Mama gesagt und auf einen Blumentopf gezielt, den sie von Papa zum letzten Hochzeitstag bekommen hatte. Lino hat dann alle Pistolen aufgegessen und mit dem fiesen Grinsen angefangen. Aber Mama konnte nicht nur besser mit Bananencolts umgehen, sie konnte auch am fiesesten grinsen.
»Okay«, sagt Lino. »Ich krieg auch so raus, was Malle von dir wollte.« Er wirft seinem Beulenkumpel einen bedeutungsvollen Blick zu.
Ella lässt die Jungs einfach stehen und geht aufs Klo, holt den Zettel aus der Tasche und liest:
Hallo Leute! Wer hat Lust, richtig coolen Fußball zu spielen? Wir stellen eine echte Schulmannschaft auf, mit Jungs und Mädchen, ein »Mixed-Team«.
Ihr müsst älter als neun sein und jünger als zwölf. Auch Südtiger sind willkommen!
Bitte meldet euch bei Marvin Winter (Klasse 6a) oder Herrn Kübel, unserem Sportlehrer. Alles Weitere erzählen wir euch am Mittwoch, 16 Uhr, in der Turnhalle. Bitte Sportzeug mitbringen!
Ella zieht einen Stift aus der Hosentasche und schreibt »Yipieeeh!« quer über die Toilettentür.
Am Mittwochmorgen ist Ella schon lange vor dem Wecker wach. Sie springt aus dem Bett und geht im Schlafanzug in die Küche. Papa sitzt am Tisch und liest Zeitung. Er hat seine Krawatte über die Schulter gelegt, damit sie ihm nicht auf den Marmeladentoast fällt.
»Hallo, Schnecke, so früh schon munter?« Ella gibt Papa einen Kuss. Er hat frühmorgens ganz weiche Wangen. Abends kommt er kratzig nach Hause.
»Geht es dir gut?«, fragt er hinter der Zeitung hervor.
»Ja. Ich spiel jetzt Fußball, in einer richtigen Schülermannschaft«, sagt Ella und sprudelt nur so los.
Papa faltet die Zeitung zusammen. Er schaut auf die blauen Flecke an ihren Handgelenken. »Was ist denn das?«
»Lino«, sagt Ella. »Wer sonst?«
»Und wieso?«
Ella zuckt die Schultern. »Er ist sauer, weil er seinen besten Spieler verloren hat. Und seine Wut lässt er an mir aus.«
»Das geht aber jetzt zu weit!«, sagt Papa. Er zieht die Brauen hoch. »Fußball ist doch nur ein Spiel!«
Ella stöhnt. »Hast du ’ne Ahnung!«
Mama kommt im Bademantel in die Küche und gähnt. Sie freut sich, dass Papa Kaffee für sie gekocht und den Tisch gedeckt hat. Sie muss erst um halb neun ins Büro.
»Weckt mal einer Lino?«, sagt sie. »Ich hab es schon zweimal versucht. Ohne Erfolg.«
»Ich geh da auf keinen Fall rein. Bin ja nicht lebensmüde«, sagt Ella.
»Na, na, na«, sagt Papa. »So schlimm kann es doch wohl nicht sein.« Er kratzt sich am frisch rasierten Kinn. »Ich glaube, dann muss ich wohl mal ein Wörtchen mit ihm reden.«
Mama und Ella nicken. Papa steht auf und geht Lino wecken. Nach fünf Minuten hören sie eine Tür knallen und dann knallt noch mehr. Es hört sich an, als würde Lino sämtliche Klamotten gegen die Tür werfen.
Papa kommt wieder und sagt: »In so einem Zustand rede ich nicht mit ihm.«
»Martin, bitte«, sagt Mama. »Wenn du jetzt auch beleidigt bist, kommen wir nicht weiter. Lino rastet in letzter Zeit so schnell aus.«
Ella kann sich schon denken, was jetzt kommt.
»Dann setzen wir uns heute Abend alle zusammen