Wir sind anders, als ihr denkt - Claudia Mende - E-Book

Wir sind anders, als ihr denkt E-Book

Claudia Mende

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Beschreibung

Unternehmerinnen, Menschenrechtsanwältinnen, Politikerinnen – viele Menschen im Westen können sich nicht vorstellen, dass es solche Frauen in der arabischen Welt gibt. Denn es passt nicht zum gängigen Stereotyp der »passiven, unterdrückten arabischen Frau«. Aber die schablonenhaften Bilder verhindern den Blick auf die Lebensrealität dieser Frauen. Sie streiten seit mehr als hundert Jahren für ihre Rechte, kämpfen gegen Gewalt und für Selbstbestimmung über ihre Leben und ihre Körper. Sie fordern gleiche Rechte und ein Ende männlicher Dominanz. Dieses Buch blickt zurück auf die Anfänge des arabischen Feminismus und begleitet seine Entwicklung bis heute. Kenntnisreich analysiert Claudia Mende die regionalen Entwicklungen, aber auch den Einfluss des westlichen Feminismus auf sein Pendant im Orient. Dabei beschränkt sich die Autorin nicht darauf, über arabische Frauen zu berichten. Sie lässt sie selbst zu Wort kommen und zeichnet so ein facettenreiches Bild des arabischen Feminismus.

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Seitenzahl: 224

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Ebook Edition

Claudia Mende

»Wir sind anders, als ihr denkt«

Der arabische Feminismus

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www.westendverlag.de

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN: 978-3-98791-066-1

1. Auflage 2024

© Westend Verlag GmbH, Waldstr. 12 a, 63263 Neu-Isenburg, 2024

Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin

Satz: Publikations Atelier, Weiterstadt

Inhalt

Cover

Einführung

Die Anfänge: Hoda Shaarawi und der Aufbruch der Frauen

Europäische Fantasien

Zeit des Umbruchs

Aufbruchstimmung

Frauen im Kampf um nationale Unabhängigkeit

Eine erste Bilanz

Staatsfeminismus: Frauenrechte von oben

Revolution der Bildung

Neue Stimmen und Themen

Symbiose von Staat und Frauenbewegungen

Zweifelhaftes Vermächtnis

Sechs-Tage-Krieg 1967: Schock und Wendepunkt

Die Arabellion von 2011 – eine neue Etappe

Prominente Gesichter des Aufstands

Vorbild für die Region: Tawakkol Karman

Ein doppelter Kampf

Auf den Aufbruch folgt die Restauration

Tunesien: Ein einzigartiges Zeitfenster für Veränderung

Was bleibt von der Arabellion?

Knackpunkt Familienrecht – Bastion des Patriarchats

Marokko: Reform des Familienrechts

Ein rechtlicher Mix

Der Mann als Vormund

Wir gehen: Frauen reichen die Scheidung ein

Gefangen in der Ehe: Arabische Christinnen

Heißes Eisen: Das Erbrecht

Sexuelle Selbstbestimmung

Sex im Wandel der arabischen Geschichte

Bestimmung über den eigenen Körper

Freie Partnerwahl oder arrangierte Ehe?

Ehre und Schande

Jungfräulichkeit und Sex vor der Ehe

Abtreibung – nein danke

LGBTQ-Rechte: Kein Platz unter dem Regenbogen

Gewalt gegen Frauen: »Ihr müsst uns besser schützen«

Jordanien: Ende eines Tabus

Wann ist endlich Schluss mit Ehrenmorden?

Sexualisierte Gewalt im öffentlichen Raum

Ursachen sexualisierter Gewalt

Tunesien: Neues Gesetz, neue Hoffnung

Feministischer Islam

Religion und Emanzipation – geht das?

Die Anfänge des islamischen Feminismus

Ijtihad – die eigene Interpretation

Wie viel Gleichheit, wie viel Differenz?

Eine Frau als Imam?

Islamisch versus säkular

Der Westen und die Frauenrechte: Koloniale Lasten

»Dekolonisiert den Feminismus!«

Ihr seid das Andere

Im Dienst des Imperialismus: Das Motiv der Befreiung

Retten mittels Bomben

Eine neue Solidarität ist nötig

Veränderte Lebenswelten: Frauen auf dem Vormarsch – und was ist mit den Männern?

Die neuen Entscheiderinnen: Frauen in der Politik

Von Wirtschaft bis Sport: Durch die gläserne Decke

Familienarbeit: Wer bringt die Kinder ins Bett?

Krise der Männlichkeit

Welche Zukunft für den arabischen Feminismus?

Danksagung

Anmerkungen

Orientierungsmarken

Cover

Inhaltsverzeichnis

Einführung

»Wir haben nur Verschleierte gesehen«. Ich saß nach einer Recherche in Amman im Flugzeug auf dem Weg zurück nach Deutschland, als mich das nette ältere Ehepaar ansprach. Die beiden hatten gerade eine Rundreise durch Jordanien, Israel und Palästina gemacht und wollten wissen, was mich in die Region geführt hat. Ich erzählte von Interviews mit Geschäftsfrauen und Menschenrechtsanwältinnen, Politikerinnen und Flüchtlingshelfern. Das Erstaunen war groß bei den beiden. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass es solche Frauen in Jordanien gibt.

Nun trugen tatsächlich viele, wenn auch nicht alle der Frauen, mit denen ich gesprochen hatte, den Hijab, das islamische Kopftuch. Doch das hinderte sie nicht daran, ihre Projekte voranzutreiben und ein eigenständiges Leben in der Öffentlichkeit zu führen. Das ungläubige Staunen über meine Recherchen in der Region habe ich öfter geerntet. Ich bekam mehr und mehr den Eindruck, dass der Fokus auf den Schleier und ein ganzes Set von stereotypen Bildern einen genaueren Blick auf die Lebensrealität arabischer Frauen verhindert.

Zu diesen stereotypen Bildern gehört auch das Motiv von der passiven »unterdrückten arabischen Frau«. Es ist richtig, dass arabische Frauen rechtlich und gesellschaftlich diskriminiert sind und es tief sitzende, frauenfeindliche kulturelle Prägungen gibt. In den jährlichen Rankings zur Messung von Geschlechterungleichheit, dem vom World Economic Forum herausgegebenen Global Gender Gap Report, liegen fast alle arabischen Länder regelmäßig im ­letzten Viertel des Feldes.1 Bis zur vollständigen Gleichberechtigung ist es noch ein weiter Weg. Das Bild von der »unterdrückten arabischen Frau« ist dennoch Teil eines weit verbreiteten westlichen Missverständnisses. Es ist ein Missverständnis mit langer Tradition, gehört gewissermaßen zur kulturellen Grundausstattung Europas und geht so: Wir, die deutschen, europäischen, US-amerikanischen Frauen, sind emanzipiert und befreit, während unsere arabischen Schwestern bedauernswerte, rechtlose Geschöpfe sind. Arme Opfer ihrer rückständigen, patriarchalen Gesellschaften. Gerade in dieser holzschnittartigen Gegenüberstellung verstellt das Stereotyp den Blick auf eine vielfältige Wirklichkeit. Es gibt zwar Phänomene wie Zwangsehen und sogenannte Ehrenmorde, doch genauso gibt es Bemühungen von Frauen, beides zu verhindern und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dieses Buch legt den Schwerpunkt darauf, wie arabische Frauen als Akteurinnen ihre Gesellschaften mitgestalten und für mehr Teilhabe und Gleichberechtigung streiten. Ich gebe einen Einblick, wofür sie eintreten und welche Rechte sie sich in den letzten hundert Jahren erstreiten konnten, denn passive Opfer sind arabische Frauen sicher nicht. Im Gegenteil, nur mit viel Mut, Engagement und Kampfgeist konnten sie sich gestern und heute mehr Rechte und neue Freiräume erstreiten. Damit sind nicht nur Aktivistinnen und Frauenrechtlerinnen gemeint, sondern alle Frauen, die in ihrem Leben, mit ihren Projekten und Visionen das Leben von Frauen freier und besser machen.

Ihr Kampf ist nicht neu. Arabische Frauenbewegungen gibt es schon seit mehr als hundert Jahren. Im Jahr 1923 hat Hoda Shaarawi2 in Ägypten die erste arabische Frauenorganisation gegründet, feministische Vorläufer gab es schon in den Jahrzehnten davor. Seitdem kämpfen arabische Frauen um Gleichberechtigung, mit Fortschritten und Rückschritten, mit Hindernissen und neuen Hoffnungen. Ich verstehe dabei Feminismus in einem breiten Sinne als soziale Bewegung, die mehr umfasst als formale Frauenrechtsorganisationen. Basierend auf Interviews und Recherchen aus den letzten fünf Jahren vor allem in Ägypten, Jordanien, Marokko, Tunesien und den Emiraten gebe ich einen Einblick in die Lebenswelten arabischer Frauen und lasse sie mit ihren eigenen Perspektiven und Themen zu Wort kommen, wie sie für ihre Rechte kämpfen, welche Herausforderungen bleiben und warum es so schwierig ist, in der arabischen Welt Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu erreichen.

Die Gesellschaften der Region sind in einem massiven Wandel begriffen, der auch Frauen, ihre Rollen in Gesellschaft und Familie, betrifft. Sichtbar wird dieser Wandel vor allem seit den Arabellionen seit 2011, die wesentlich stärker von Frauen geprägt waren, als das in der medialen Berichterstattung im Westen den Anschein hatte. Fragen, die vorher tabu waren, wie ein besserer Schutz vor Gewalt oder sexuelle Selbstbestimmung, sind seitdem in den Öffentlichkeiten präsent und haben bereits zu praktischen Konsequenzen wie der Einrichtung von Frauenhäusern oder der Abschaffung diskriminierender Gesetze geführt. Doch die regionalen Unterschiede sind groß. »Die« arabische Frau gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind die Lebenswelten zwischen dem Jemen und Marokko, zwischen Mauretanien und den Emiraten, Saudi-Arabien und dem Libanon. Die arabische Welt mit ihren fast 400 Millionen Menschen könnte vielfältiger nicht sein. Nicht nur Musliminnen und Muslime verschiedener Konfession wie Sunniten und Schiiten leben hier, sondern auch Christen, Drusen, Jesiden und kleine jüdische Minderheiten. Auch ethnisch ist die Vielfalt groß und reicht von Kurden und Arabern bis zu Amazigh, den Berbern in Nordafrika, sowie Migrantinnen und Migranten aus vielen Ländern Afrikas und aus Asien. Die ökonomischen Unterschiede sind gewaltig. Während das Pro-Kopf-Einkommen in Katar zu den höchsten der Welt zählt, leben im vom Bürgerkrieg geplagten Jemen viele Menschen unter der Armutsgrenze und müssen mit weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen. Fragilen Staaten, von militärischen Konflikten zerrissen wie Syrien, Libyen, Jemen und Sudan stehen stabile reiche Staatsgebilde wie Saudi-Arabien, Oman und die Emirate gegenüber. Auch die rechtliche Situation von Frauen ­unterscheidet sich beträchtlich. An einem Ende der Skala steht Tunesien als ein Land, das bereits weitgehende rechtliche Gleichstellung erreicht hat, und am anderen Ende Saudi-Arabien, wo fast eins zu eins die Bestimmungen der islamischen Scharia geltendes Recht sind und Frauen erheblich diskriminieren. Kurz, die Lebenswelten arabischer Frauen könnten nicht unterschiedlicher sein. Doch sie alle haben eines gemeinsam: Sie wollen ein Leben in Würde führen, ohne Diskriminierung und Einschränkungen durch Gesetze und Gesellschaft. Ihnen ist dieses Buch gewidmet.

Kapitel 1

Die Anfänge: Hoda Shaarawi und der Aufbruch der Frauen

An einem milden Frühlingstag im Jahr 1923 fährt ein Zug in den Kairoer Bahnhof ein. Als er zum Stehen kommt, öffnen zwei in lange schwarze Umhänge gekleidete Frauen eine Tür. Sie werden freudig von einer Gruppe Wartender begrüßt. Plötzlich reißen sich die beiden Frauen ihre Schleier weg und zeigen dem Publikum ihre Gesichter. Die Zuschauerinnen brechen in begeisterten App­laus aus. Es sollte der zentrale Moment im Leben von Hoda Shaarawi werden, eine Szene, in der sich ihr Leben verdichtete. Es waren nur ein paar Minuten, in denen sie endgültig in die Geschichte einging. Denn das Abnehmen der Gesichtsschleier wurde zum Medienereignis und machte Shaarawi in ganz Ägypten bekannt. Auf den Schwarz-Weiß-Fotos des Ereignisses sehen Shaarawi und ihre Mitstreiterinnen Saiza Nabarawi und Nabawiyya Musa vorsichtig, aber entschlossen aus. Sie waren gerade vom 9. Internationalen Kongress des Weltbundes für Frauenstimmrecht in Rom zurückgekommen. Ägyptische Frauen wollen nicht länger ihr Gesicht verbergen und abgeschieden von der Öffentlichkeit leben, lautete ihre Botschaft. Damit setzten sie einen demonstrativen Startpunkt für die ägyptischen und arabischen Frauenbewegungen. Zeitungen berichteten; überall im Land folgten weitere Frauen ihrem Beispiel und Hoda Shaarawi wurde zu einer Ikone der Frauen­rechte, zur zentralen Gestalt des beginnenden Feminismus in der arabischen Welt.1

Heute erinnert mitten im alten Kairo, ganz in der Nähe des Tahrir-Platzes, auf dem im Jahr 2011 die Massen gegen Diktator Mubarak und für Freiheit und Würde demonstrierten, eine Seitenstraße an Shaarawi. Zum Zeitpunkt der Aktion war sie bereits 54 Jahre alt und auf dem Höhepunkt ihres Engagements als Frauenrechtsaktivistin. Geboren 1879 in Minya in Mittelägypten hatte Shaarawi ihre Jugend noch im 19. Jahrhundert gelebt und wirkte dann ins beginnende 20. Jahrhundert hinein. Sie stand mit einem Bein in der alten und mit dem anderen in einer neuen Welt des Aufbruchs, auch für Frauen.

Hoda Shaarawi wuchs bei ihrer Familie im Kairoer Stadtteil Ismailiyya auf, einem damals neuen und beliebten Stadtteil der Metropole am Nil. In ihren zunächst auf Arabisch und 1987 auf Englisch unter dem Titel Harem Years2 erschienenen Erinnerungen hat sie eine der frühesten Autobiografien von Frauen in der modernen arabischen Welt vorgelegt. Spannend zu lesen gibt das Buch einen anschaulichen Einblick in ihre Kindheit und Jugend, in das Familienleben und den Beginn ihres Engagements als Frauenrechtlerin, die die sichtbaren und unsichtbaren Mauern eines Frauenlebens sprengen sollte. Shaarawis Vater Sultan Pasha war ein reicher Landbesitzer. Er gehörte zu den führenden Kreisen Ägyptens und stand in Kontakt zum Königshaus. Ihre Mutter Iqbal war tscherkessischer Herkunft, die Familie kam ursprünglich aus dem Kaukasus. Schon als kleinem Mädchen wurde Shaarawi bewusst, dass Frauen gegenüber Männern benachteiligt waren. Ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Umar genoss mehr Freiheiten als sie. Er durfte draußen spielen und herumtoben, sie nicht. Er wurde bevorzugt, was sie sehr quälte. Warum willst du das lernen, du bist doch ein Mädchen, fragte ihre Mutter, als sie einen Privatlehrer für Hocharabisch haben wollte, die Schriftsprache, die sich erheblich vom gesprochenen Arabisch unterscheidet und die den Zugang zu Büchern und Zeitungen ermöglicht. Für ihre Familie war diese Ungleichbehandlung vollkommen normal, aber das Mädchen Hoda war anders. Sie fing an, bestehende Normen zu hinterfragen.

Mit elf Jahren wurde ihr bedeutet, sie dürfe jetzt nicht mehr mit den Freunden ihres Bruders spielen. Damals ahnte sie noch nicht, was nur zwei Jahre später auf sie zukommen würde. Sie beschreibt ihr Entsetzen über die arrangierte Ehe, die sie im Alter von 13 Jahren mit ihrem Cousin Ali Shaarawi eingehen musste, der zu dem Zeitpunkt bereits die 40 überschritten hatte. Sie schildert ihre Tränen der Verzweiflung, aber eine Auflehnung gegen diese Entscheidung der Familie war damals undenkbar. Cousin Ali war bereits mit einer anderen Frau verheiratet und hatte mit dieser Kinder, versprach aber, sich von seiner ersten Frau zu trennen. Da er das nicht tat, hatte Hoda einen Vorwand, um eine temporäre Trennung von ihrem Mann durchzusetzen.

Sieben Jahre lang blieb sie weiter im Haus ihrer Familie, verbrachte ihre Zeit mit dem Erlernen des Hocharabischen, mit Klavierspiel und Französisch, das sie wesentlich besser sprach als Hocharabisch, wie es in ihren Kreisen oftmals üblich war. Es war eine wichtige Zeit für sie, um erwachsen zu werden und eine eigene Haltung im Leben zu finden. Zentral war für sie die Begegnung mit der Französin Eugénie Le Brun, die mit einem hohen ägyptischen Beamten verheiratet war und einen der neuen Frauensalons betrieb. Hier kamen Frauen zusammen, um unter sich über alle ihre Probleme zu sprechen. Die Salons wurden zu einem beliebten Forum, in dem Frauen erstmals offen über ihre persönliche, aber auch über soziale und gesellschaftliche Benachteiligung sprechen konnten. In den Salons war ein wichtiges Thema, dass Mädchen noch als Kinder verheiratet wurden, Männer sich ohne Einverständnis der Ehefrau weitere Frauen nehmen und sich mit einem dreimal mündlich ausgesprochenen Satz plötzlich trennen konnten. Ihre Ehefrauen schickten sie dann einfach zu ihren Eltern zurück. Frauen dagegen hatten so gut wie keine Möglichkeit, sich legal zu trennen. Sie stritten über die Frage, warum Frauen ein weitgehend abgeschiedenes Leben im Haus führen mussten, warum Jungen draußen herumtoben durften, Mädchen aber nicht und warum ihnen im Gegensatz zu den Männern die meisten Berufe nicht offenstanden. Alles kam in den Frauensalons auf den Prüfstand.3

Europäische Fantasien

Es waren die Frauen der Mittel- und Oberschicht, die ihr Leben wie Shaarawi abgeschieden in einem Harem verbringen mussten. Das Wort »Harem« hat in Europa viele Fantasien ausgelöst. Ganze Buchreihen und zahlreiche Werke der Malerei widmeten sich im 19. Jahrhundert den Bildern und Vorstellungen über die Welt der Harems, die man sich als besonders sinnenfreudig vorstellte – eine Projektion eigener Sehnsüchte auf eine andere Welt. Westliche Frauen besuchten im 19. Jahrhundert auf ihren Reisen durch den Orient die Harems und beschrieben sie in ihren Reiseerzählungen, Männer durften sie nicht betreten und fanden sie daher umso spannender. So wurde der Harem in Europa zu einer exotischen, angeblich sexuell besonders aufregenden Welt und stachelte die Fantasien über den Orient und das Leben der arabischen Frauen hinter den Mauern des Harems an.

Tatsächlich war das Leben im Harem nicht so spektakulär. Es war einfach nur jener Teil des Hauses, in dem die Frauen und Kinder lebten und fremde Männer keinen Zutritt hatten. Verließen die Frauen das Haus, dann verhüllten sie ihre Gesichter und nahmen so die Trennung von der Welt der Männer mit in die Öffentlichkeit. Allerdings konnten sich nur die Reichen den Aufwand leisten, den die konsequente Trennung der Geschlechter in den Wohnräumen mit sich brachte. Nur Betuchte wie die Familie von Hoda Shaarawi hatten genügend Platz in ihren Wohnungen und verfügten über die notwendigen Mittel, um die Eunuchen (kastrierte Männer, in Ägypten meistens Sklaven aus dem Sudan) zu bezahlen, die die Frauen bewachen sollten und als Mittler zwischen ihnen und der Welt draußen fungierten.

In den Häusern der Armen lebten die Menschen in überfüllten, engen und stickigen Räumen. Arme Frauen, seien es die Fellachinnen (die ägyptischen Bäuerinnen) auf dem Land oder in den Städten, mussten sich für Arbeiten aller Art verdingen; für sie galt die Geschlechtertrennung des Harems nicht. Mit dem Islam hatte das gar nicht einmal unbedingt zu tun. »Verschleierung und das System des Harems waren soziale Konventionen verbunden mit ökonomischem Standing«, schreibt die ägyptisch-amerikanische Genderforscherin Margot Badran und verweist auf europäische Reiseberichte aus dem Ägypten des 19. Jahrhunderts. Sie belegen, dass nicht nur Musliminnen, sondern auch Christinnen und Jüdinnen verschleiert waren und in Harems lebten.4

Hoda Sharaawis Memoiren zählen zu den wenigen authentischen Berichten aus dieser Welt. Erst mit 21 Jahren, für die damalige Zeit sehr spät, wurde sie Mutter und bekam zwei Kinder. Zu diesem Zeitpunkt wies noch nichts in ihrem Leben darauf hin, dass sie einmal die Begründerin der ägyptischen Frauenbewegung werden sollte, ein Symbol für die Befreiung von Frauen in der gesamten Region und eine Ikone des arabischen Feminismus. Inspiriert von Freundin Eugénie Le Brun fing Shaarawi an, erste Vorträge nur für Frauen zu organisieren. Sie half bei der Gründung der ersten Wohltätigkeitsgesellschaft, die kostenlose Medikamente für bedürftige Mädchen und Frauen organisierte.

Zeit des Umbruchs

Der Beginn des 20. Jahrhunderts in Ägypten war eine Zeit des Umbruchs, der sich bereits seit Langem angekündigt hatte. Veränderung und Aufbruch lagen in der Luft. Bereits unter der langen Herrschaft von Mohammed Ali (1805–49), der dem Land mehr Freiheit (einen halb-autonomen Status) vom Osmanischen Reich erkämpft hatte und es (mit zuweilen brachialen Methoden) modernisierte, und seinem Nachfolger, dem Khediven Ismael Pascha, änderte sich das Gesicht Ägyptens rasant. Mohammed Ali wollte, dass Ägypten nach europäischem Vorbild in seiner Entwicklung aufholt. Er holte europäische Experten ins Land, mit deren Hilfe er Bildungswesen und Militär reformierte. Unter Mohammed Ali wurde Ägypten zunehmend in den Weltmarkt integriert.5

Mohammed Alis Sohn und vor allem sein Enkel, der Khedive Ismael Pascha, setzten diese Politik der Modernisierung fort. Tausende Kilometer Eisenbahnlinie und Telegrafenleitungen entstanden. Glanzvoller Höhepunkt dieser Entwicklung war die Eröffnung des Suezkanals 1869 mit großem Pomp. Doch alle diese Investitionen trieben (zusammen mit der Verschwendungssucht des Khediven) Ägypten in eine verhängnisvolle Abhängigkeit von den ausländischen Geldgebern England und Frankreich. Mit erpresserischen Konditionen und Wucherzinsen legten es die europäischen Mächte darauf an, ihren politischen Einfluss am Nil auszudehnen. Ismael Pascha musste seine Kanalaktien an Großbritannien verkaufen und 1876 eine britisch-französische Finanzkontrolle akzeptieren. Für Großbritannien war der Verbindungsweg durch den Kanal nach Indien strategisch wichtig. 1882 besetzten die Briten das Land und blieben die nächsten 70 Jahre bis zur Unabhängigkeit Ägyptens im Jahr 1956 als Kolonialherren die tonangebende Macht. 1914 wurde Ägypten formell zu einem britischen Protektorat.6

Für Ägypterinnen und Ägypter wurde das Streben nach nationaler Unabhängigkeit von den Briten zum Schlüsselthema. Frauen sahen dabei ihre eigene Befreiung von Unterdrückung im Kontext der Befreiung einer ganzen Nation. Frauenrechte und nationale Rechte, der Kampf gegen Kolonialismus und der Einsatz für nationale Selbstbestimmung waren für sie zwei Seiten einer Medaille.7 Ab 1900 wurden diese Forderungen nach nationaler Eigenständigkeit immer lauter – eine Atmosphäre, die den Frauenrechtlerinnen entgegenkam. Neben den Frauensalons entstanden um die Jahrhundertwende erste Magazine, in denen sich Autorinnen zu Wort meldeten. Das erste Frauenmagazin kam 1892 auf den Markt, herausgegeben von einer Frau für weibliche Leser. In den Zeitschriften fingen Frauen mehr und mehr an, ihre eigenen Anliegen in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Mit Malak Hifni Nasef (1886–1918) wurde eine Autorin populär, die regelmäßig Texte nicht nur in den neuen Frauenmagazinen, sondern auch in den damaligen Mainstream-Medien veröffentlichte. Frauen aus der Oberschicht wie Shaarawi gründeten philanthropische Gesellschaften, in denen sie medizinische Versorgung für die Ärmsten organisierten. Gesundheitsstationen, Kliniken, Kindergärten entstanden, gegründet von vermögenden Frauen. In diesen Einrichtungen wurden Arme kostenlos oder günstig versorgt.

Unter Mohammed Ali entstand nach und nach ein staatliches Schulsystem; zuvor hatte es lediglich Koranschulen gegeben. Als 1873 die erste staatliche Grundschule für Mädchen und im Jahr danach das erste Gymnasium für Mädchen eröffnet wurden, waren das wichtige Schritte auf dem Weg zu Bildungschancen für Mädchen. Zunächst profitierten vor allem gut situierte Frauen, doch mit der Ausweitung der Bildung kamen immer mehr Mädchen und Frauen in den Genuss von Bildung.

1908 schloss mit Nabawiyya Musa die erste Ägypterin das Gymnasium mit dem Abitur ab, im Übrigen gegen den Widerstand des britischen Beraters im Erziehungsministerium. Er wollte ihr den Zugang zur Prüfung mit dem Hinweis auf ihr Geschlecht verweigern. Die Briten bremsten den Ausbau der Bildung und führten zum Beispiel Schulgebühren ein, die es vielen Ägypterinnen und Ägyptern erschwerten, ihre Bildungskarrieren fortzuführen.8 Europa wurde für viele zum Vorbild. Frauen aus der Mittel- und Oberschicht fingen an, sich häufiger in der Öffentlichkeit aufzuhalten, etwa bei Spaziergängen. Es wurde auch in den Mittelschichten Mode, Alkohol in der Öffentlichkeit zu trinken, englische und französische Wörter zu verwenden und westliche Kleidung zu tragen. Zahlreiche Experten, vor allem aus Großbritannien und Frankreich, kamen ins Land. Frauen wurde der Zugang zu Berufen wie Lehrerin oder Krankenschwester möglich, aber auch Schauspielerinnen und Sängerinnen wurden zunehmend in den Kairoer Clubs und auf Theaterbühnen gesehen.9

Aufbruchstimmung

An der Wende zum 20. Jahrhundert herrschte Aufbruchstimmung in der islamischen Welt. Innovationen wurden gefeiert und ermutigt. Niemand kam auf die Idee, sie würden im Widerspruch zum Islam stehen. Damals war ein Islam populär, der für Erneuerung und Reform stand und Ijtihad (wörtlich: »Anstrengung«), die selbständige Interpretation der heiligen Texte, unterstützte. Der Zeitgeist wollte die technischen Errungenschaften aus dem Westen übernehmen, um Anschluss zu finden an die moderne Welt.

Im Zusammenhang mit der Frage, wie dieser Aufbruch gelingen kann, wurde erstmals in der modernen arabischen Geschichte über die Lage von Frauen diskutiert. Ohne mehr Rechte für Frauen wäre eine aufholende Entwicklung gegenüber dem Westen nicht möglich, war eine weit verbreitete Meinung. Die Rechte von Frauen wurden zu einem Seismografen für die Entwicklung der Gesellschaft. An der Al-Azhar-Universität, seit Jahrhunderten ein zentraler Ort sunnitisch-islamischer Gelehrsamkeit, betonte der reformorientierte Denker Muhammad Abduh (1849–1905), Muslime hätten vergessen, dass Bildung von Frauen im Islam zentral sei. Abduh sprach sich dafür aus, dass Frauen endlich wieder all die Rechte erhalten sollten, die ihnen im Islam zustehen würden. Man sollte alle Missinterpretationen des Koran über Bord werfen, um Ägypten durch Bildung und Reformen von innen zu modernisieren.10

Abduh argumentierte, der Koran habe lange vor den Europäern die Rechte von Frauen begründet. Man müsse also nicht nach Europa schauen, sondern die eigenen Wurzeln ernst nehmen. Dazu sollte es eine Rückkehr zum Ijtihad geben. Man solle die heiligen Texte neu interpretieren, die Scheidungsgesetze reformieren und die Polygamie beenden. Radikaler in seinen Ansichten und vor allem in seinen Spätwerken mehr an Europa orientiert war der Rechtsanwalt Qasim Amin (1863–1908), ein Schüler von Muhammad Abduh, der 1899 in Kairo sein bahnbrechendes Buch, The Liberation of Women veröffentlichte.11 Für Qasim Amin, der an der Sorbonne in Paris studiert hatte, konnte sich eine Gesellschaft, die Frauen unterdrückt, nicht weiterentwickeln. »Verschleierung und das Leben in Abgeschiedenheit haben Frauen davon abgehalten, jene Rechte zu genießen, die ihnen im Islam zustehen«, schrieb Qasim Amin. Während Muhammad Abduh seine Überlegungen für eine moderne Gesellschaft mit einem reformorientierten Verständnis des Islam begründet, übernimmt Qasim Amin in seinen Veröffentlichungen zunehmend westliche, auch koloniale Positionen.12 Der »erste Feminist«, wie er von Zeitgenossen genannt wurde, hatte im Übrigen trotz seiner progressiven Ansichten in seinen Schriften die Bücher und Artikel von zeitgenössischen Autorinnen vollkommen ignoriert. Amin ging über Muhammad Abduh hinaus und befürwortete sogar die britische Kolonialherrschaft: Sie sei geeignet und nötig, um das Land aus seiner Rückständigkeit zu holen. Mit seiner pro-britischen Haltung provozierte er die Zeitgenossen in besonderem Maße. Allein 30 Bücher wurden publiziert, um ihn zu widerlegen.13

Die neuen Debatten über Frauen und ihre Rechte waren eingebunden in die zentralen Fragen der damaligen Zeit. Warum hinkt die islamische Welt Europa hinterher? Wie lässt sich dieser Rückstand aufholen? Anders als bei den entstehenden Frauenbewegungen in Europa schwingt bei den Frauenrechtsbewegungen in der arabischen Welt immer die Frage mit, ob man die eigene Kultur ablegen müsse, um misogyne Einstellungen zu überwinden, und ob Verbesserungen für Frauen zwangsläufig bedeuten, fremde, europäische Werte übernehmen zu müssen. Indigene oder authentische Werte versus westliche Werte, so verliefen damals schon die Fronten in der Diskussion. Hoda Shaarawi und ihre Mitstreiterinnen lasen begeistert die Werke von Qasim Amin und Muhammad Abduh. Die Gedanken der beiden Denker und anderer zu einem Reformislam waren der Kontext, in dem sich die Anfänge eines ägyptischen Feminismus bildeten. In den Salons diskutierten die Frauen die Thesen und veröffentlichten ihre Ansichten dazu in den neuen Frauenzeitschriften. Dabei herrschte die Meinung vor, soziale und gesellschaftliche Normen, nicht »der Islam« würden Frauen daran hindern, ihre Talente zu entfalten und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Zwei wichtige Punkte ziehen sich von Anfang an durch die arabischen Frauenbewegungen. Der Kampf der arabischen Frauen für gleiche Rechte ist kein West-Import; die Frauenbewegungen sind von innen heraus entstanden und wurden geformt im historischen Kontext ihrer jeweiligen Gesellschaften. »Natürlich hat Shaarawi auch Anregungen aus Europa übernommen«, sagt Nawar Al-Hassan-Golley 2023 im Interview über diese umstrittene Frage. Sie lehrt an der Amerikanischen Universität im Emirat Sharjah und forscht über arabische Frauenbewegungen. »Es gibt immer verschiedene Einflüsse, niemand lebt isoliert.« Doch meint auch Al-Hassan-Golley, der Impuls für die Rechte arabischer Frauen sei nur im Kontext der arabischen Geschichte und ihrer spezifischen Umstände zu verstehen. Ein zweiter Aspekt, der von Anfang an die arabischen Frauenbewegungen prägt: Nicht »der Islam« hindert Frauen daran, einen gleichwertigen und gleichberechtigten Platz in der Gesellschaft einzunehmen, sondern eine – so wie wir heute sagen würden – patriarchale Auslegung der heiligen Texte im Koran und in der Sunna.

Frauen im Kampf um nationale Unabhängigkeit

Der zunächst literarische und kulturelle Aufbruch der ägyptischen Frauen wurde schnell politisch. In der antikolonialen Bewegung traten sie erstmals politisch in Erscheinung. Sie nahmen an Massenprotesten teil, organisierten Streiks und Boykottaktionen gegen die britischen Kolonialherren, es gab auch Demonstrationen ausschließlich von Frauen aus unterschiedlichen sozialen Schichten. Als die Briten nach dem Ersten Weltkrieg 1919 nicht bereit waren, mit der ägyptischen Delegation über die nationale Unabhängigkeit zu verhandeln, kam es zu massiven Unruhen. Fellachenfrauen rissen gemeinsam mit den Männern Eisenbahnschienen aus dem Boden und überfielen britische Einrichtungen. Schulmädchen schickten Protest-Telegramme an den Premierminister in London und forderten die nationale Unabhängigkeit Ägyptens. Monatelang rissen die Demonstrationen nicht ab. Die Briten versuchten, die Proteste gewaltsam zu unterdrücken. Auch Frauen wurden dabei erschossen, wie etwa beim Protestmarsch im Kairoer Stadtviertel Imbaba und in der Oase Fayyum im Niltal im März des Jahres 1919.14

Sharaawi und ihre Anhängerinnen traten für Frauenrechte ein und waren gleichzeitig glühende Verfechterinnen eines freien Ägyptens. Das heißt nicht, dass alle ägyptischen Nationalisten offen für die Anliegen der Frauenrechtlerinnen gewesen wären; Konservative betonten, die Verschleierung der Frauen, ihre Beschränkung auf das Reich der Familie und die Vormachtstellung der Männer seien wichtige Symbole nationaler Identität, an denen man in Abgrenzung zu Europa unbedingt festhalten müsse.

1922 deklarierte Ägypten einseitig seine Unabhängigkeit, jedoch kontrollierten die Briten weiterhin Außenpolitik und Militär. Doch die Frauen um Hoda Shaarawi, die sich aktiv für die nationale Unabhängigkeit Ägyptens eingesetzt hatten, wurden bitter enttäuscht. Wie so oft nach erfolgreichen Protestaktionen und Revolutionen unter führender Beteiligung von Frauen wollten die Männer hinterher nichts mehr vom weiblichen Anteil am Erfolg wissen: In der neuen ägyptischen Verfassung von 1923 erhielten nur Männer das Wahlrecht. Shaarawi organisierte sogleich eine Frauendemonstration vor dem Parlament, um mehr Mitsprache zu erreichen; doch ohne Erfolg. Diese Enttäuschung bewog sie dazu, am 16. März 1923 die Egyptian Feminist Union (EFU), die erste Frauenrechtsorganisation des Landes und wohl der gesamten arabischen Welt, zu gründen. Die EFU besteht mit Unterbrechungen bis heute, um die Forderungen von Frauen in die Politik einzubringen. Zwar war sie in den 1920er- und 1930er-Jahren nur ein zahlenmäßig kleiner Verein mit rund 250 Mitgliedern in der Spitze. Doch war dieser zu dem Zeitpunkt die einzige politische Vertretung arabischer Frauen. Hauptziele der EFU waren zunächst das Wahlrecht für Frauen, bessere Bildung für Mädchen und Frauen, bessere Jobs und eine Reform des diskriminierenden Familienrechts: eine Anhebung des Heiratsalters, ein Ende der Polygamie, das Recht auf Scheidung und eine Regulierung der Prostitution. Um das Kopftuch und den Schleier ging es ihnen nicht. Obwohl Shaarawi, Saiza Nabarawi und Nabawiyya Musa, die erste Abiturientin Ägyptens, kurz nach der Gründung der EFU