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WIR BRAUCHEN INSEKTEN UND WILDTIERE! Viele INSEKTEN und WILDTIERE gehören mittlerweile zu den BEDROHTEN ARTEN. Die Ursachen sind vielfältig, die Folgen unabsehbar. Durch intensive Landwirtschaft und den Einsatz von Pestiziden, aber auch durch die Ausbreitung moderner Betonwüsten, verschwinden ihre NATÜRLICHEN LEBENSRÄUME und mit den Hecken und Blumenwiesen verlieren sie ihre NAHRUNGSQUELLEN. Höchste Zeit also, in unseren eigenen Gärten stärker auf das Wohl unserer TIERISCHEN BESUCHER zu achten und letztlich auch uns selbst ETWAS GUTES ZU TUN: genau hinschauen und -hören, der NATUR ZEIT und RAUM geben und das WILDSEIN wieder lernen. MIT EINFACHEN MITTELN TIERE IM GARTEN WILLKOMMEN HEISSEN. Um dem bedrohlichen Verschwinden von SCHMETTERLINGEN, BIENEN, VÖGELN & Co. etwas entgegenzusetzen reichen oft schon KLEINE MASSNAHMEN, die jede GÄRTNERIN und jeder GÄRTNER, aber auch BALKON- und TERRASSENBESITZER sofort umsetzen können. 'Wo die wilden Nützlinge wohnen' zeigt, wie einfach es ist, PLÄTZE FÜR WILDTIERE zu gestalten. Vermeintliches 'Unkraut' einfach einmal stehen lassen und sich an den Schmetterlingen freuen, die es als Nahrungsquelle nutzen, HEIMISCHE ARTEN pflanzen und dadurch den Geschmack unserer Wildtiere treffen, abgeschnittene Äste nicht entsorgen, sondern zu einem RÜCKZUGSORT FÜR IGEL machen und vieles mehr. Die vielen kleinen und großen GÄRTNERGEHILFEN werden es uns danken: Sie halten SCHÄDLINGE IN SCHACH, machen die ERDE FRUCHTBAR, BESTÄUBEN GEMÜSE UND OBST und sorgen dafür, dass unsere Gärten zu Orten des ENTDECKENS UND STAUNENS werden. NUR WAS MAN KENNT, SCHÜTZT MAN. MARIENKÄFER erkennen ist noch relativ einfach, bei FLORFLIEGE oder TIGERSCHNEGEL wird es allerdings schon schwieriger. Einfach einmal ausprobieren und sich auf eine GARTENSAFARI begeben! Mit den genauen Beschreibungen und unzähligen ABBILDUNGEN in diesem Buch, lassen sich so manche unbekannte Gartenbewohner endlich beim Namen nennen. Im besten Fall werden wir staunen, was alles vor unserer Haustüre krabbelt, kreucht und fleucht und flattert. Oder wir stellen fest, dass der Wuselfaktor noch ausbaufähig ist. Wer sich also Hals über Kopf in die ROTSCHOPFIGE SANDBIENE verliebt, wird sich freuen, wenn er sie in Zukunft mit einem WILDBLUMENBEET verwöhnen darf. -Ein aktuelles Thema, das uns alle betrifft: Insektensummen, Vogelgezwitscher, Schmetterlingsflattern - der stille Frühling darf nicht Realität werden. -bunte Vielfalt: Empfehlungen für besonders nützligsfreundliche Pflanzen -die heimische Tierwelt neu entdecken: Porträts unserer fleißigen Gehilfen verraten, wer sich im Garten tummelt und was die unterschiedlichen -Tiere besonders lieben -Insektenhotel oder Kräuterrasen: gleich anpacken und mit dem ersten Nützlingsprojekt starten. -Laissez-faire: Einfach mal den Rasenmäher stehen lassen und sich gemeinsam mit den Tieren über die wilde Blumenwiese freuen! 'Seit ich bewusst auf nützlingsfreundliches Gärtnern achte, ist mein Garten viel schöner. Ich erfreue mich jeden einzelnen Tag am Anblick der Vögel und der anderen Wildtiere, die ich entdecke. Mittlerweile sehe ich auch die Artenvielfalt, die sich um mich herum tummelt. Insekten, an denen ich vorher achtlos vorbeigegangen bin, erkenne ich nun und schätze sie als wertvolle Gartenhelfer.'
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Seitenzahl: 261
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Mein Weg zum wilden Nützlingsgarten und zu diesem Buch
Über dieses Buch
Danke
TEIL I
MEIN WILDER NÜTZLINGSGARTEN
Was ist ein wilder Nützlingsgarten?
Einer für alle! Lebensraum für Mensch, Wildtier und Pflanze
Ein eigenes kleines Ökosystem
Wildtiere im Garten? Warum überhaupt?
Intensive Landnutzung und ihre Folgen für die wilde Artenvielfalt
Vernetzung von wilden Nützlingsgärten mit naturnahen Landschaften
Wie entsteht ein Wohlfühlort für alle?
Schritt für Schritt zum Biogarten
Auch mit ungebetenen Gästen gelassen umgehen
Deshalb lieben wir unseren wilden Nützlingsgarten – er ist …
… naturnah und dynamisch
… pflegeleicht und tierfreundlich
… spannender als jeder Krimi
… ein Ort der Freude und zum Leben
TEIL II
WER LEBT IM WILDEN NÜTZLINGSGARTEN?
Emsige Gourmets und umtriebige Genießer
Schmetterlinge – Persönlichkeiten mit zwei Gesichtern
Die wundersame Verwandlung von der Raupe zum Schmetterling
Tagpfauenauge – farbenprächtige Edelfalter
Zitronenfalter – dezente Schönheit aus der Familie der Weißlinge
Taubenschwänzchen – imposanter Schwärmer mit Exotik
Segelfalter – anmutige Ritterfalter
Bläulinge – klein, lebendig und nicht immer blau
Pflanzen für Schmetterlinge und ihre Raupenkinder
Alles Bienen oder was?
Lebensweise und Lebensräume von Bienen und Hummeln
Westliche Honigbiene – ein Leben für den Staat und für uns Menschen
Wildbienen – unbekannte Artenvielfalt
Furchenbienen – kleine Schwestern der Honigbienen
Sandbienen – sandliebende Wildbienen
Mauerbienen – bauchsammelnde Baumeisterinnen
Holzbienen – groß und furchterregend, aber friedfertig
Hummeln – robuste und fleißige Brummer
Ackerhummel – fast überall zu Hause
Dunkle Erdhummel – oft als professionelle Bestäuberin im Einsatz
Steinhummel – die Langschläferin
Blütenpflanzen für Bienen und ihren Nachwuchs
Bienen- und Schmetterlingssafari
Wilde Gärtnergehilfen – Ameisen, Eichhörnchen und Co.
Ameisen – eine Ameise kommt nie allein
Eichhörnchen – ein Waldbewohner zu Gast im Garten
Eichelhäher – Waldgärtner und Waldwächter
Amsel – ausdrucksstarke und energische Schwarzdrossel
Hausrotschwanz – liebenswürdiger Zeitgenosse
Eifrige Schleckermäulchen – unsere gefiederten Freunde
Haussperling – gesellschaftsliebender Mitbewohner
Zaunkönig – kleiner zielstrebiger Dauergast
Kohlmeise – zutrauliche Meise mit Durchsetzungskraft
Stieglitz – quirliger und geselliger Fink mit buntem Gesicht
Kleiber – Klettermeister und geschickte Lehmbauer
Mönchsgrasmücke – Gartenbesucherin im Tarnkleid
Bachstelze – elegant schwanzwippender Stelzenvogel
Rauchschwalbe – Delphine der Lüfte
Mauersegler – gewandte Flugkünstler
Kuckuck – interessanter Außenseiter
Ruhelose Streuner und flatternde Nachtschwärmer
Braunbrustigel – liebenswerter Rabauke
Spitzmaus – außergewöhnliche Maus, die keine ist
Europäischer Maulwurf – unterirdischer Einzelgänger mit Verve
Mauswiesel – flinker Jäger in Mausgröße
Fledermäuse – unheimlich nützliche Nachtschwärmer
Großer Abendsegler – dämmerungsaktiver Städter
Zweifarbenfledermaus – anpassungsfähiges Fledertier
Graues Langohr – fleißig und häuslich
Geduldige und beharrliche Jäger
Zauneidechse – wendige Echse mit Appetit auf allerlei Kleingetier
Blindschleiche – scheue Schleiche in Schlangengestalt
Ringelnatter – seltene Gartenbesucherin
Grasfrosch – kälteresistenter Froschlurch
Wechselkröte – kleine Kröte mit hübscher Zeichnung
Nutzschnecken – und es gibt sie doch …
Tigerschnegel – das Raubtier unter den Schnecken
Lauernde und blitzschnelle Beutefänger – Spinnentiere
Listspinne – elegante Räuberin mit Brautgeschenk
Wespenspinne – Netzkünstlerin mit Sinn für Exotik
Veränderliche Krabbenspinne – getarnte Jägerin mit viel Geduld
Gartenkreuzspinne – robuste Radnetzspinne
Weberknechte – lauernde Jäger mit langen Beinen
Raubmilben – Winzlinge mit Riesenhunger auf Schädlinge
Schwirrende, krabbelnde, robbende Jäger in Insektengestalt
Siebenpunkt-Marienkäfer – Blattlausschreck mit freundlichem Gesicht
Großer Leuchtkäfer (Glühwürmchen) – Leuchtkäfer mit besonderen Fähigkeiten
Weichkäfer – Blüten sind sein Jagdrevier
Lederlaufkäfer – Beutefang im Laufschritt
Gemeiner Ohrwurm – lichtscheues Tierchen mit großem Appetit
Rote Mordwanze – Jägerin im auffälligen Kleid
Europäische Gottesanbeterin – exotische Fangschrecke
Gemeine Florfliege – Blattlauslöwe mit Mordshunger
Räuberische Gallmücken – klitzeklein, aber oho
Hainschwebfliegen – Blattlausvertilger und Blütenbestäuber
Wespen – smarte Fliegenjäger und Bestäuber
Libellen – prachtvolle Flugakrobaten
Parasitoide – sie haben ihren Wirt zum Fressen gern
Kohlweißlings-Raupenwespen – radikale Mietnomaden
Blattlauswespen – ein Leben in und von der Blattlaus
Erzwespen – professionelle Schädlingsbekämpferinnen
Raupenfliegen – Fliege ist nicht gleich Fliege
Fadenwürmer – wichtige Nützlinge im biologischen Pflanzenschutz
Rege Bodenbereiter und verborgene Recyclingspezialisten
Gemeiner Regenwurm – lichtscheuer Humusbildner und Bodenbereiter
Doppelschwänze – urige Liebhaber organischer Reste
Springschwänze – Pioniere in puncto Recycling
Asseln – kiemenatmende Reststoffverwerter
Tausendfüßer – vielbeinige Organikumwandler
Saftkugler – Kot für die Welt
Kaiserlicher Kurzflügler – unscheinbarer Raubkäfer mit Heißhunger auf organische Endstoffe
TEIL III
WIE WIRD MEIN GARTEN ZUM WILDEN NÜTZLINGS-SCHLARAFFENLAND?
Den eigenen wilden Nützlingsgarten planen
Hindernisse, Gefahren und Fallen für Wildtiere entschärfen
Vielfalt schaffen – Vielfalt fördern
Kräuterrasen à la nature
So gelingt die Kräuterrasenansaat
Was uns wilde Kräuter zeigen und wofür wir sie verwenden können
Pflege des Kräuterrasens
Wildblumenwiese
So gelingt die Wiesenansaat
Was uns Wildblumen erzählen
Pflege der Wildblumenwiese
Wildpflanzen für Sonnengärten
So gelingt die Pflanzung im Beet
Passende Pflanzen mit Wildnisfaktor für den Sonnengarten finden
Pflege von Sonnengärten mit Wildnisfaktor
Wildpflanzenbeete für Schattengärten
So gelingt die Pflanzung im Gefäß
Wie wir die passenden Pflanzen für unser Schattenbeet finden
Pflege von Schattengärten
Wildsträucher und Wildstrauchhecken
So gelingt die Einzelstrauchpflanzung
Wildsträucher – so bunt wie das Leben selbst
Pflege der Wildsträucher und Heckenelemente
Nützlingsbaum
So gelingt die Einzelbaumpflanzung
Kriterien für die Baumauswahl
Obstbäume – von klein bis groß
Pflegemaßnahmen für Bäume
Vertikales Grün
So gelingt die Vertikalbegrünung
Welche Pflanze soll meine Wände hochgehen?
Pflege von Vertikalbegrünungen
Wasserstellen
Wasserstellen anlegen
Reinigung der Wasserstelle
Futterstationen für Vögel
Aufstellen der Vogelfutterstation
Futterstation – worauf es ankommt
Nisthilfen für Vögel
Vogelnistkasten (Grundtyp) selbst bauen
Vogelnistkästen – worauf es ankommt
Spezielle Nisthilfen für Schwalben und Mauersegler
Fledermauskästen
Unterschlupfe für Igel, Eidechse und Co.
Igelhaus selbst bauen
Igelhaus – worauf es ankommt
Noch mehr Unterschlupfe für Wildtiere schaffen
Nützlingsunterkünfte für Wildbienen und andere Insekten
Wildbienenpension selbst bauen
Ohrwurmhäuschen selbst bauen
Noch mehr Lebensqualität für unsere Nützlinge
Serviceteil
Über die Autorin
Seit nun über zehn Jahren habe ich zusammen mit meinen Ehemann unseren ersten eigenen Garten. Jahr für Jahr hat er sich zu dem entwickelt, wovon dieses Buch handelt. Er ist ein wilder Nützlingsgarten. Wie er dazu geworden ist und was ihn ausmacht, ist in Verbindung mit meiner Lebensgeschichte zu sehen.
In manchen Jahren stellen sich im Garten auch kleine Nager wie Wühlmäuse ein. Nicht jeder mag sein Gemüse mit ihnen teilen. In meinem wilden Nützlingsgarten haben selbst sie nichts zu befürchten.
Ich bin auf einem Bauernhof in der Steiermark aufgewachsen. Meine Eltern bewirtschafteten den Hof sehr naturnah. Zahlreiche Wildpflanzen und Wildtiere besiedelten ihn. Als Kind war für mich der Hof mit den umgebenden Wiesen, dem nahegelegenen Bach und Wald mein Abenteuerspielplatz. Und neben dem Spiel im Freien nahm die Beobachtung der Natur selbst eine wichtige Rolle in meiner Erlebniswelt ein. Es begeisterte mich, meine Umwelt mit allen ihren interessanten Lebewesen und spannenden Naturphänomenen zu erfahren. So kann ich mich noch erinnern, bei einem Waldspaziergang eine Waldmaus beobachtet zu haben. Sie hatte mich nicht bemerkt. Und so konnte ich dieser liebenswerten Maus zusehen, wie sie in der Moosschicht nach Fressbarem suchte. Ich fand die kleine Waldmaus schön und sympathisch. Und so mag ich Mäuse bis heute. Selbst wenn ich sehe, dass eine Wühlmaus genüsslich an meiner Paprika im Garten nagt. Ich kann ihr nicht böse sein. Denn auch sie will einfach nur leben. Mein Leben hängt nicht von dieser Paprika ab. Glücklicherweise sind – meiner Ansicht nach – ungebetene Gäste wie Wühlmäuse und andere Plagegeister selten im wilden Nützlingsgarten anzutreffen. Vielmehr überwiegen nützliche und interessante Wildtiere. Besonders arten- und zahlreich ist die Insektenwelt vertreten. Wildbienen und Hummeln, Käfer und Schmetterlinge und viele andere Insekten haben ihren Lebensort in unserem Garten gefunden. Auch ein Igel sowie Wechsel-und Knoblauchkröten zählen zu unseren Gartenbewohnern.
Es macht mich glücklich, zu wissen, dass unser Garten für viele Wildtiere eine Heimat ist. Wenn ich im Garten arbeite oder mich dort entspanne, kann ich mich an ihnen erfreuen. Denn die Faszination für Flora und Fauna ist mir bis heute erhalten geblieben. Wenn ich Tiere und Pflanzen beobachten kann, vergesse ich meinen Arbeitsalltag und meine Sorgen. Im Garten fühle ich mich so frei und unbeschwert wie ein Kind. Ich erlebe das Hier und Jetzt ganz intensiv. Und es zählt nur, was gerade passiert. Das sind schöne Momente in meinem Leben.
Das Joglland in der nördlichen Oststeiermark ist eine Kulturlandschaft mit Feldern, Weiden und Wald. Es ist die Region, in der ich aufgewachsen bin.
Mit diesem Buch möchte ich interessierten Naturfreunden und jenen, die es noch werden möchten, Einblicke in Naturkreisläufe, die lebensfreundliche Vielfalt und die zahlreichen positiven Aspekte des wilden Nützlingsgartens geben.
Aber was ist eigentlich ein wilder Nützlingsgarten? Was macht ihn zu einem so besonderen Ort, was passiert dort? Wie können wir natürliche Lebenskreisläufe aktiver in unser eigenes Gartenleben einbinden? In TEIL I des Buches geht es genau darum.
TEIL II widmet sich unseren zahlreichen kleinen Helfern im Garten, den Nützlingen. Wer sind sie? Wie helfen sie uns? Wie und wo leben sie? Welche Bedürfnisse haben sie?
In TEIL III wird es praktisch. Mit vielen Anregungen, Vorschlägen und konkreten Anleitungen, um selbst aktiv zu werden. Gestalten und verwandeln wir unsere Gärten, Balkone, Terrassen und sogar Fensterbänke in wilde, lebenswerte und nützlingsfreundliche Lebensräume. Wer noch einmal nachschlagen möchte oder kompakte Informationen zum Weiterlesen, Kontaktefinden und Vernetzen sucht, wird im Serviceteil am Ende des Buches fündig.
Damit dieses Buch entstehen konnte, haben mich zahlreiche Menschen unterstützt. Dafür bin ich sehr dankbar, denn allein hätte ich es nie geschafft. Deshalb bedanke ich mich bei allen, die mich bekräftigt haben, dieses Buch zu schreiben. Besonders bedanke ich mich bei meinem Ehemann Bernd, der mir in vielerlei Hinsicht aktiv beim Entstehen des Buches geholfen hat. Der mir immer zugehört und mich immer bestärkt hat. Danke an den Verlag, das gesamte Verlagsteam, Katharina Schaller und insbesondere an Anita Winkler. Sie hat mich in meiner Arbeit immer ermutigt. Ein besonders großes Dankeschön geht an die Biologin und Tierpflegerin Anna Gmeiner. Sie hat mir zahlreiche Tierfotos zur Verfügung gestellt. Dankbar bin ich auch für das Fotomaterial folgender Personen: Brigitta Colbert, Oliver Gebhardt, Martin Hughes-Jones, Verena Schönauer, Michaela Schwingesbauer und Bernd Selzer. Ohne ihre Bilder würde dem Buch etwas fehlen. Merci auch jenen, die „Fotomodell“ waren oder mir Einblick in ihr Gartenreich gegeben haben. Vielmals bedanke ich mich auch bei folgenden Tierexperten, die mir Insektenfotos bestimmt haben: Sophie Kratschmer und Josef Pennerstorfer von der Universität für Bodenkultur Wien, Herbert Zettl vom Naturhistorischen Museum Wien und Martin Schwarz vom Oberösterreichischen Landesmuseum. Vielen Dank für die Unterstützung durch ihr Fachwissen. Danke auch an Erich Hübel für die Beratung in botanischen Belangen. Und schlussendlich bedanke ich mich bei meinen Eltern, meiner Mutter Christine und meinem leider bereits verstorbenen Vater Rupert Schwingesbauer. Sie haben ermöglicht, dass ich die Schönheit unserer Kultur- und Naturlandschaft in meiner Kindheit unmittelbar erfahren durfte. Diese Erfahrungen prägen meinen Zugang zum Garten und meinen Beruf als Pflanzplanerin bis heute.
Wild sein – ein Motto, das wir im Garten voll ausleben können.
Was bedeutet „wild“ im Zusammengang mit Garten? „Wild“ ist nicht mit verwildert oder Wildnis zu verwechseln. Sondern mit „wild“ ist hier gemeint, der Natur wieder Raum zu geben. Wildpflanzen zu kultivieren oder einfach wachsen zu lassen. Der wilde Nützlingsgarten hat ein natürliches Erscheinungsbild. Wir Gärtnerinnen und Gärtner greifen lenkend ein. Dieser Gartenstil lässt Dynamik und Spontaneität zu. Somit ist unser Garten für Wildtiere lebenswert. Und auch wir selbst dürfen wild sein. Im Garten können wir unsere Begeisterung für die Natur in vollen Zügen genießen und ausleben. Im wilden Nützlingsgarten sind wir selbst ein Teil der Natur. Also, lasst uns wilder werden!
VON NÜTZLINGEN UND WILDPFLANZEN, UNERMÜDLICHEN GÄRTNERINNEN UND GÄRTNERN UND DER DYNAMIK ZUR SPONTANEITÄT.
Der wilde Nützlingsgarten ist für mich ein Lebensraum und zugleich mein Lebenstraum. Hier umgibt mich, was für mich persönlich wertvoll ist: Wildpflanzen wie der Hahnenfuß, den ich von den Sumpfwiesen meiner Kindheit her kenne, Wildtiere wie der räuberische Eichenbuntkäfer, den ich erstmals in meinem Weinviertler Garten beobachtet habe.
Der Eichenbuntkäfer ist ein Räuber und eine Rarität.
Der wilde Nützlingsgarten ist ein fazinierender Ort, an dem vieles passiert. Doch es sind nicht die großen Dinge, die es hier zu erleben gibt. Vielmehr zeigt sich die Schönheit der Natur in kleinen, manchmal winzigen Beobachtungen. Etwa, wenn eine Wildbiene im kahlen Kräuterrasen ein Nest für ihre Kinder baut. Oder wenn die Krokusse blühen und den Vorfrühling ankünden.
Gärten sind Ausdruck unserer Lebensstile. Sie sind vielschichtig. Sie sind Freiräume, die wir nach unseren Vorstellungen gestalten und nutzen. Wir Menschen erschaffen und prägen das Erscheinungsbild eines Gartens, kultivieren Gewächse darin. Der wilde Nützlingsgarten ist ein Lebensraum für Mensch, Wildtier und Pflanze.
Welche Bedeutung der eigene Garten als Lebensraum haben kann, hängt vom Betrachter ab. Aus unserer menschlichen Perspektive hat ein Garten einen anderen Stellenwert als aus der eines Wildtieres oder einer Pflanze. Um die möglichen Bedeutungen eines wilden Nützlingsgartens zu verstehen, betrachten wir den Garten aus diesen drei unterschiedlichen Blickwinkeln.
Wir leben in ständiger Veränderung. Unsere moderne Gesellschaft ist durch die voranschreitende Digitalisierung geprägt. Das Leben spielt sich zunehmend in Innenräumen und an virtuellen Orten ab. Der stetige Wandel in unserer Gesellschaft und Arbeitswelt verändert unsere Lebensstile. In Österreich leben bereits mehr Menschen in urbanen Siedlungsräumen als in ländlichen Gebieten. Sind reale Gärten für uns moderne Menschen überhaupt noch zeitgemäß? Ja. Denn sie bieten die Möglichkeit, mit unserer natürlichen und freien Umwelt in direkten Kontakt zu treten.
Unser Garten – ein Lebens- und Erholungsraum für alle!
Die Erscheinungsbilder und Funktionen von Gärten verändern sich, passen sich unseren heutigen Ansprüchen an. Doch wir verspüren das Bedürfnis, unsere Freizeit im Freien zu verbringen. Wir streben eine Balance zwischen beruflichem und privatem, zwischen digitalem und realem Leben an.
Aus unserer menschlichen Perspektive betrachtet, ist ein Garten ein erweiterter Raum im Freien. Wir nutzen diesen Freiraum aktiv zum Kultivieren von nützlichen und schönen Pflanzen, für Sport und Spiele. Oder wir suchen dort Erholung und Ruhe. Aus diesen Bedürfnissen und unserer modernen Lebensweise heraus haben sich auch neue Formen des Gärtnerns entwickelt. Menschen schließen sich zusammen und teilen ihre Leidenschaft für das Arbeiten mit der Natur. Daraus hat sich in den letzten Jahren vielerorts das gemeinschaftliche Gärtnern unter dem Namen Urban Gardening etabliert. Außerdem sind heutige Gärten nicht nur auf ebenerdige Standorte beschränkt. Es gibt Terrassen- und Balkongärten in luftiger Höhe. Und auch ein begrüntes Fensterbrett kann ein Garten in Miniaturform sein.
Es kriecht und fliegt, es summt und brummt. Ein Garten ist vor allem auch ein Lebensraum für Tiere. Wir sehen, dass unterschiedliche Organismen an diesem Ort leben möchten. Doch wollen wir unseren privaten Freiraum mit anderen Lebewesen teilen?
Eine Maus auf dem Komposthaufen. Hier gibt es bestimmt noch ein paar Leckerbissen.
Wildtiere besiedeln – nüchtern betrachtet – Orte, die für sie Lebensräume darstellen. Egal ob Igel oder Maus, Schmetterling oder Blattlaus. Jedes Wildtier möchte leben und für Nachkommen sorgen. Instinktiv versucht daher jedes Wildtier, einen idealen Lebensort für sich und seinen Nachwuchs zu finden.
Und ein Garten, insbesondere ein wilder Nützlingsgarten, kann ein erstklassiger Wohnsitz für viele Tierarten sein. Denn er bietet diverse Nischen und Unterschlupfe, die Wohnung und Brutstätte sein können. Er bietet Nahrung und Wasser. Besonders in urbanen Siedlungsräumen, aber auch in intensiv genutzten Agrarlandschaften, können Gärten für Wildtiere überlebenswichtige Rückzugsorte sein. Doch nicht immer ist die Grünoase ein tierfreundlicher Ort. Auch zahlreiche Fallen und Gefahren gibt es hier. Etwa den geliebten Stubentiger, der auf den Ausflug der Jungvögel aus dem Nest lauert. Oder offene Licht- und Wasserschächte, in die unachtsame Gartenbesucher fallen und sich aus eigener Kraft nicht befreien können.
Doch meist ist ein Garten ein attraktiver Lebensort für Wildtiere. Jene ohne besondere Lebensansprüche, wie etwa die Blattläuse, gehören aus unserer Sicht oft zu den ungeliebten Gartengästen. Andere Tiere sind anspruchsvoller. Welche Arten sich im Garten einstellen können, hängt vom Gartenstandort selbst, seinem Umfeld und der Klimaregion ab, in der er sich befindet. Dazu zwei Beispiele: In den Weinbaugebieten Mitteleuropas etwa gibt es einige Wildtiere, die sommerwarme und sommertrockene Offenlandschaften als Lebensraum benötigen. Dazu gehören etwa viele Wildbienenarten und die Gottesanbeterin. In gehölzreichen Gebieten mit hohem Baumanteil sowie Strauch- und Heckenstrukturen finden sich gehölzliebende Tierarten ein. Zu ihnen gehören zahlreiche Vögel wie Zaunkönig, Rotkehlchen oder Eichelhäher. Das potenzielle Artenspektrum an Wildtieren, das wir im Garten antreffen können, wird also durch das Umfeld und die Ausgestaltung des eigenen Gartens beeinflusst.
Jeder Garten ist einzigartig. Doch alle haben ein gemeinsames Merkmal: In Gärten wachsen Pflanzen. Das Wesen eines Gartens ist seine Lebendigkeit. Sie entsteht durch die Bepflanzung. Wir kultivieren daher bewusst ein bestimmtes Artenspektrum. Dabei kann der Fokus auf einem direkten Nutzaspekt liegen, indem Obst, Gemüse und Kräuter angebaut werden. Oder der Zierwert der Gewächse steht im Vordergrund. In jedem Fall stellen Pflanzen für uns persönliche Werte dar.
Diese von uns kultivierten Pflanzen haben sich ihren Lebensort nicht selbst ausgesucht. Sie werden von uns hier etabliert, angepflanzt oder angesät. Wenn wir also den richtigen Standort für unsere Pflanzen wählen, werden sie sich wohlfühlen und gut wachsen. Sind die Standortbedingungen unpassend, wird die Pflanze kümmern, Krankheiten oder Schädlinge bekommen. Und im schlimmsten Fall sogar verschwinden. Da Pflanzen selbst nicht mobil sind, können sie nicht so einfach an einen passenden Ort abwandern. Zur Verbreitung brauchen sie fremde Hilfe von Wind, Wasser oder auch von Tieren (mehr dazu in Teil II, ab S. 47). Im Garten sind wir verantwortlich für ihr Wohlergehen. Daher sollten wir für unsere Gartenpflanzen den optimalen Standort wählen. Dann werden sie uns mit vitalem Wachstum und attraktivem Erscheinungsbild belohnen.
Wildblumenbeet im Frühsommer
Nützling oder Schädling?
Das ist nicht immer eindeutig zu beurteilen. Manche Tiere nützen uns in einer ihrer Lebensphasen und schaden uns in einer anderen. Bei vielen Schmetterlingen geht uns das so. Als Raupe haben sie einen unermesslichen Appetit auf unsere geliebten Gartenpflanzen, häufig sind das auch Gehölze. Als Schmetterling saugen sie Nektar und machen die Bestäubung vieler dieser Blütenpflanzen überhaupt erst möglich. Wer mehr über Lebensweise und Nutzen der Säugetiere, Schmetterlinge und Wildbienen, Gottesanbeterinnen und Vögel erfahren möchte, findet ihre Steckbriefe in
Teil II (abS. 47).
Die gelben Blüten des Felsen-Steinkrauts (Alyssum saxatile) umgarnen eine rote Nelkenwurzblüte (Geum x cultorum).
Mein wilder Gemüsegarten.
Wenn wir uns im Garten genau umsehen, bemerken wir aber auch alsbald, dass hier nicht nur kultivierte und erwünschte Pflanzen wachsen. Eine unbeabsichtigte Besiedelung findet statt. Es gibt Pflanzen, die plötzlich erscheinen. Wie aus dem Nichts sprießen sie hervor. Wenn sie lästig sind, bezeichnen wir sie als Unkraut. Wir versuchen manchmal mit intensivem Arbeitsaufwand diese unerwünschten Beikräuter fernzuhalten. Doch jeder weiß aus eigener Erfahrung: Der spontane Bewuchs stellt sich immer wieder von neuem ein. Denn häufig begünstigt die eigene Gartenarbeit unbewusst die Etablierung dieser wilden Gewächse. Indem wir den Boden offen halten, für reiche Nährstoff- und Wasserzufuhr sorgen, bieten wir Pflanzen optimale Keimbedingungen.
Die Besiedelung unseres Gartens mit Spontanvegetation erfolgt auf vielen Wegen. Sei es durch Anflug, die natürliche Samenbank im Erdreich, über Tiere und sehr häufig über uns Menschen selbst. Etwa wenn wir unsere neuen Gartenschätze als Topfpflanzen kaufen, bekommen wir den Spontanwuchs frei Haus mitgeliefert. Oder auch über unsere Schuhe und Gartengeräte verbreiten wir unbewusst Samen. Findet der Samen ideale Wuchsbedingungen vor, wird er seine Chance nutzen. Er wird keimen und wachsen. Durch unser Tun fördern oder behindern wir also das Wachstum von Pflanzen.
Aus der Perspektive einer Pflanze – egal ob Wild- oder Kulturpflanze, ob spontan gewachsen oder bewusst von uns etabliert – ist der Garten ihr Lebensort. Hier wächst sie in Gesellschaft anderer Pflanzen.
Der Bauerngarten meiner Mutter.
Der Begriff Ökosystem stammt aus der Ökologie. „Ökologie“ leitet sich aus den griechischen Wörtern oikos für Haus oder Haushalt und logos für Lehre ab. Diese Wissenschaft beschäftigt sich mit den Zusammenhängen und Wechselwirkungen zwischen der belebten und unbelebten Umwelt.
Ein wilder Nützlingsgarten funktioniert wie ein Mini-Ökosystem. Zwar ist er nicht so raumgreifend wie ein Wald oder Fluss. Aber im verbauten Siedlungsgebiet ist der ökologische Wert eines wilden Nützlingsgartens nicht zu unterschätzen. Was macht also den Garten zum Ökosystem?
Nützling in Aktion.
Ein Ökosystem zeichnet sich dadurch aus, dass es ein Lebensraum mit funktionierenden Lebenskreisläufen und Nahrungsketten ist. Alle Organismen in diesem System bilden eine Lebensgemeinschaft. Ein wilder Nützlingsgarten funktioniert daher durch Kreislaufwirtschaft.
Ein Ökosystem besteht aus:
Wenn also unser wilder Nützlingsgarten ein Ökosystem ist, dann sind auch wir Menschen ein Teil des Systems und der Lebensgemeinschaft. Doch wir nehmen eine besondere Stellung ein. Denn wir können die Standortbedingungen beeinflussen und so das Ökosystem Garten manipulieren. Wir bestimmen aktiv den Standort der kultivierten Pflanzen. Durch unser menschliches Handeln schaffen wir Bedingungen, die Organismen nützen oder schaden können.
Wenn wir beispielsweise unsere Rose reichlich düngen und gießen, hat sie größere Blüten und einen üppigeren Wuchs als ohne zusätzliche Nährelemente und Wasser. Denn durch die Nährstoff- und Wasserzufuhr investiert die Rose ihre Energie in die Produktion von immer mehr Blüten und Blättern. Sie produziert viel Masse in relativ kurzer Zeit. Ihre Blätter sind deutlich weicher als bei einer vergleichbaren Rose, die nicht gedüngt und nicht gegossen wird. Uns gefällt, dass die Rose üppig blüht. Doch plötzlich sehen wir an der geliebten Rose lauter kleine Blattläuse, die an ihr saugen. Und schon schrillen die Alarmglocken. Schädlinge! Wir fühlen uns gezwungen zu agieren. Etwas muss geschehen! Denn wir fürchten, dass alle Arbeit und Fürsorge, die Pflege umsonst war. Und dann entdecken wir auch noch kleine Käfer. Doch bei genauerer Betrachtung stellen wir fest: Es sind Marienkäfer. Mit ihren roten Flügeln und schwarzen Punkten finden wir sie sympathisch. Und tatsächlich sind Marienkäfer, aus unserer menschlichen Sicht, nützliche Insekten. Denn sie verspeisen mit Vorliebe die unerwünschten Blattläuse. Sie sind Nützlinge in unseren Gärten.
Ein Nadelwald mit Naturverjüngung und einer ausgeprägten Moosschicht.
Diese Rose ist Lebensraum und Nahrungsquelle für zahlreiche Blattläuse …
Wer hat Blattläuse zum Fressen gern?
Nicht nur Marienkäfer sind Nützlinge. Auch andere Insekten helfen uns, weil ihre Nahrung aus Blattläusen besteht:
Marienkäfer und
Marienkäferlarven (S. 161)
Florfliegenlarven (S. 171)
Schwebfliegenlarven (S. 173)
Ohrwürmer (S. 165)
einige räuberische
Gallmückenlarven (S. 172)
Weichkäfer (S. 163)
Blattlauswespenlarven (S. 182)
Fressen und gefressen werden, leben und vergehen. Blattläuse mit ihrem Fressfeind, der Schwebfliegenlarve, auf einem bereits herbstlich gefärbten Blatt, das bald abfallen und Teil des Bodens werden wird.
Blattläuse leben von den energiereichen Säften der Rose und anderer Pflanzen. Der Marienkäfer ernährt sich als räuberisches Insekt von Blattläusen. Doch auch er selbst kann zur Beute von Vögeln werden. Im wilden Nützlingsgarten machen wir uns diese Beziehungen von Räuber zu Beute, von Jägern zu Gejagten zunutze. Die Natur arbeitet für uns.
Damit diese natürliche Regulierung stattfinden kann, müssen wir der Natur Zeit geben. Zuerst sind es die Beutetiere, die erscheinen. Erst nach und nach rücken die Jäger auf den Plan. Wenn wir also Blattläuse im Garten haben, werden Florfliegen- und Schwebfliegenweibchen gern ihre Eier auf die befallenen Pflanzen ablegen. Nach kurzer Zeit schlüpfen die Larven und vernaschen die Blattläuse. Wenn diese Larven erwachsene Flor- und Schwebfliegen sind, werden sie bei einem ordentlichen Nahrungsangebot wieder ihre Nachkommen auf passenden Pflanzen platzieren. Reicht die Nahrung nicht mehr aus, verlassen sie den Garten und suchen andere Orte auf.
Und selbst wenn ein Organismus abstirbt und auf die Erde fällt, ist er nicht wertlos. Er bildet gemeinsam mit anderen abgestorbenen Organismen wie etwa leblosen Pflanzenteilen, Aas und Kot die Streuschicht auf dem Boden. Im Garten landen die organischen Reststoffe, auch Detritus genannt, meist auf dem Komposthaufen. Von ihnen ernähren sich zahlreiche Kleinstlebewesen. Diese können wir mit bloßem Auge kaum oder gar nicht mehr wahrnehmen. Springschwänze und Mikroorganismen zersetzen die Stoffe. Als Detritusfresser bereiten sie die zerfallenen Streuteile weiter auf. Anschließend können Bakterien und Pilze sie noch weiter abbauen, bis schließlich am Ende dieses Abbauprozesses die organischen Substanzen wieder von Pflanzen aufgenommen und in den Lebenskreislauf rückgeführt werden. So funktioniert ein Ökosystem.
Gärten sind also weit mehr als nur Nutzräume und Zierde für uns Menschen. Gärten können ein lebendiges und vielfältiges Ökosystem sein. Und wir können die Lebenskreisläufe und Nahrungsketten der Organismen im Garten für uns nutzen.
In meinem wilden Nützlingsgarten kultiviere ich Zier- und Nutzpflanzen. Und obwohl es „nur“ ein Wochenendgarten ist, ernte ich erstaunlich viel. Der hohe Ertrag ist zu einem Gutteil auch auf meine tierischen Nützlinge zurückzuführen. Wie wir in Teil II („Wer lebt im wilden Nützlingsgarten?“ ab S. 47) noch genauer erfahren werden, profitieren wir von zahlreichen Wildtieren im Garten. Sie bestäuben Obst und Gemüse wie Kirschen und Tomaten und andere Gartenpflanzen. Sie helfen bei der Pflanzenverbreitung und natürlichen Schädlingskontrolle mit, indem sie schädigende Organismen regulieren und im Zaum halten. Sie beteiligen sich an der Bodenbereitung sowie dem Recycling von organischen Stoffen. Sie bereiten mir meine organischen Abfälle im Komposthaufen auf, sodass ich fruchtbare Erde für meine Beete habe. Und die Wildtiere erfreuen mich mit ihrer Anwesenheit in meinem Gartenreich. Das sind die Hauptnutzaspekte für uns wilde Gärtnerinnen und Gärtner. Damit ist die Frage, wieso wir Wildtiere im Garten aktiv fördern sollten, eigentlich beantwortet. Eigentlich. Denn darüber hinaus gibt es auch noch andere bedeutsame Aspekte, die dafür sprechen.
Eine fleißige Hummel bei der Arbeit.
Wer bestäubt meine Tomatenpflanzen?
Es sind hauptsächlich Hummeln, die Tomatenblüten aufsuchen und die Bestäubungsarbeit verrichten. Gibt es keine Hummeln, gibt es keine Tomatenernte. Im Kapitel Emsige Gourmets und umtriebige Genießer (ab S. 48) lernen wir einige Bestäuber unserer Gärten näher kennen.
Ein Getreidefeld im Frühsommer. Artenvielfalt Fehlanzeige.
An der trostlosen Monokultur ändert sich auch im Sommer nur die Farbe. Sonst nichts.
Nach der Ernte im Hochsommer bleiben nur Stoppeln.
Der offene Boden mit den untergepflügten Stoppeln kann leicht erodieren, weil er Wind und Wasser direkt ausgeliefert ist.
Die zunehmende Siedlungserweiterung insbesondere im Umland von Städten, ihre Verdichtung zu urbanen Großballungsräumen, beeinflusst den landschaftlichen Wandel. Infolge der Urbanisierung braucht es infrastrukturelle Maßnahmen. Diese prägen das Landschaftsbild neu. Straßen- und Energietrassen zerschneiden Grünkorridore, beeinträchtigen Wanderrouten und erschweren Wildwechsel von Tieren. Windkraftanlagen liegen in Flugrouten von Wildvögeln und stören ihre Zugaktivitäten.
Die nächtliche Beleuchtung dieser Infrastruktur und unserer Siedlungen irritiert Tiere in ihrer Lebensweise. Sie versetzt die Tiere in Stress und erschwert ihr Leben in der freien Wildbahn. Leider belegen zahlreiche Studien einen besorgniserregenden Rückgang an Wildtieren. Das betrifft Schmetterlinge, Wildbienen und Hummeln, aber auch viele Vogelarten und Säugetiere, die in unseren Siedlungsräumen lange Zeit individuenreich vertreten waren.
Nicht nur im Siedlungsgebiet und dessen Umland schrumpfen die Populationen. Auch in unserer Kulturlandschaft zeichnet sich ein dramatischer Rückgang der Artenvielfalt ab. Denn auch sie untersteht dem Wandel. Durch die weiterhin voranschreitende Ökonomisierung und Industrialisierung der Land- und Forstwirtschaft entstehen immer großflächigere Monokulturen. In diesen artenarmen Systemen sind wilde und spontan auftretende Lebewesen unerwünscht. Denn jene Organismen, die unter diesen Bedingungen noch existieren können, zeigen sich meist als schädlich für die Kulturen. Nützliche Organismen fehlen oder sind in zu geringem Ausmaß vorhanden, um das künstliche System auf natürliche Weise regulieren zu können.
In diesen intensiv genutzten Agrarlandschaften ist das natürliche Gleichgewicht verloren gegangen. Um schädigende Organismen einzudämmen, werden chemisch-synthetische Spritzmittel eingesetzt. Fungizide, Herbizide, Pestizide. Diese Art der Bewirtschaftung bleibt nicht ohne Folgen für die Natur. Beispielsweise hat der massive Einsatz von Neonicotinoiden dazu geführt, dass Honig- und Wildbienen in Regionen, wo dieses Insektizid zum Einsatz kommt, dramatisch zurückgegangen sind. Damit schaden wir nicht nur den Bienen, sondern auch uns selbst. Denn ganze Honigbienenvölker sterben. Die Honigernte bleibt aus. Und durch die fehlenden Bienen geht die Bestäubungsleistung drastisch zurück. Das wirkt sich letztlich auf einen geringeren Ertrag zahlreicher Nutzpflanzen aus, die von Insekten bestäubt werden.
Die voranschreitende Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft – mit und ohne Spritzmitteleinsatz – ist wegen ihrer negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt kritisch zu sehen.
Artenreiche Blumenwiesen bieten Nahrung für zahlreiche Insekten und leisten so einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt.
Ein anschauliches Beispiel, um den Artenverlust zu verdeutlichen, sind unsere Wiesen. Im Zuge der landwirtschaftlichen Industrialisierung rentierte sich für viele Klein- und Nebenerwerbsbauern die Bewirtschaftung nicht mehr. Zahlreiche Wiesenflächen wurden umgenutzt, häufig auch verbaut. Landwirte, die heute noch Milchwirtschaft betreiben, kultivieren meist Intensivgrünland. Dieses Grünland wird bis zu sechs Mal im Jahr gemäht. Der häufige Schnitt eliminiert auf Dauer blühende Kräuter. Außerdem wird dieses vielschürige Grünland, ähnlich wie ein Acker, umgebrochen, gedüngt und mit Kraftfutter-mischungen besämt. Der ursprüngliche Lebensraum Wiese mit seiner natürlichen Artenvielfalt an Wildtieren und Wildpflanzen geht bei dieser intensiven Bewirtschaftung verloren.
In der traditionellen extensiven Landwirtschaft hingegen waren Wiesen artenreich. Sie wurden zwei Mal pro Jahr gemäht. Auf diesen naturnahen Blumenwiesen blühten zahlreiche Kräuter, die nicht nur Grünfutter oder Heu für Kühe lieferten, sondern auch für viele Wildtiere eine Nahrungsquelle darstellten. Die Wiese selbst war ein Lebensraum. Die schonende und landschaftspflegerische Nutzung förderte die natürliche Artenvielfalt von Wildpflanzen und Wildtieren.
Diese blütenreichen Extensivwiesen waren ein Teil unserer mitteleuropäischen Kulturlandschaft, die lange Zeit kleinstrukturiert und mosaikartig ausgestaltet war. Von oben betrachtet ein bunter Teppich an vielfältigen Lebensräumen. Die menschlich geprägten Kulturlandschaften waren mit den natürlichen Landschaften verzahnt. Diese Landschaftsausgestaltung und die extensive Bewirtschaftung wirkten sich positiv auf die Artenvielfalt aus.
Diese naturnahe Weide bei Retz ist ein gutes Beispiel für lebensfreundlichen Grünraum.
Glücklicherweise gibt es noch naturnahe und extensive Lebensräume. Doch der Druck auf diese Gebiete steigt. Durch die oben beschriebenen Entwicklungen schreitet die Verinselung dieser wertvollen Landschaftsräume voran. Daher sind naturnahe Landschaften zu erhalten. Und auch innerhalb der Siedlungsgebiete braucht es lebenswerte Grünräume für Wildtiere und Wildpflanzen. Hier bieten unsere Gärten, neben öffentlichem Grün, ein großes Potenzial. Denn sie sind wie kleine ökologische Zellen. Durch ihre Vernetzung können wir Grünkorridore schaffen. So werden die unterschiedlichen Grünräume verbunden und Organismen können, wie auf Trittsteinen, von einer Grünzelle zur anderen wandern. Daher sind unsere wilden Nützlingsgärten prädestiniert dafür, als Mini-Ökosysteme zu fungieren.
Jeder kann im eigenen Garten beginnen, der spontanen und wilden Natur wieder Raum zu geben. Wenn wir Wildpflanzen bewusst ansiedeln oder Spontanwuchs zulassen, folgen auch bald die ersten Wildtiere. Geben wir ihnen geeignete Wohnquartiere und Unterschlupf, etwa in Form von Wildstrauchhecken, Totholzhaufen oder Nistkästen, werden auch einige Gäste ihre Familiengründung in den Garten verlegen.
So ist ein Terrassengarten auf einem mehrstöckigen Wohnhaus, mit entsprechendem Blütenangebot und einer passenden Unterkunft, für Wildbienen ein idealer Lebensraum. Und ein begrünter Innenhof wird für Vögel zum perfekten Ort für die Aufzucht ihrer Jungen. Bieten wir ihnen Wasser und geeignetes Nistmaterial, sind die Aussichten auf Bruterfolg groß. Wenn wir Hecken nicht während der Brutzeit schneiden und Vögel bei der Brutpflege nicht stören, wenn wir Schon- und Ruhezeiten berücksichtigen, können sich nützliche und interessante Wildtiere dauerhaft ansiedeln.
Je nach Grünausstattung und Ausgestaltung sind private Gärten für eine Vielzahl von wilden Gästen ein hervorragendes Wohnquartier. Doch wir müssen ihnen auch die Freiheit lassen, sich häuslich einzurichten und ihre Lebensart tolerieren. Dann kann es sein, dass sich plötzlich Wildtiere einstellen, von denen wir es nie erwartet hätten. Wir Menschen müssen lernen, das Leben von anderen Zeitgenossen zu respektieren. Als Dank dafür leisten Wildtiere für uns wertvolle Arbeit und wir erhalten ein lebenswertes Wohnumfeld.