Wolframs "Willehalm" unter dem Aspekt der Gattungsfrage - Christian Werner - E-Book

Wolframs "Willehalm" unter dem Aspekt der Gattungsfrage E-Book

Christian Werner

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Nicht immer hat die Wolfram-Forschung dem Willehalm so viel Beachtung geschenkt, wie es heute der Fall ist. Erst in den letzten Jahrzehnten hat sich die Auseinandersetzung mit diesem Text zu einem Thema des Mainstreams altgermanistischer Forschung entwickelt. Dies ist wohl nicht zuletzt auf die mannigfaltigen Schwierigkeiten, die sich dem Willehalm-Interpreten bieten, zurückzuführen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere der fragmentarische Charakter der Dichtung und das damit einhergehende offene Ende hervorzuheben, welcher Deutungsversuche hinsichtlich der ungeklärten Gattungsfrage erschwert. Infolge der Gattungsdiskussion haben sich mit der Zeit unterschiedliche Standpunkte herauskristallisiert. Bis heute wird häufig die Meinung vertreten, dass der Willehalm als Legende zu lesen sei. Ein entschiedener Verfechter dieser Sichtweise ist Friedrich Ohly, dessen Interpretation sich hauptsächlich auf das initiale Gebet an den Heiligen Geist (1,1-5,14) beruft. Diesem Ansatz folgend hat in jüngerer Zeit auch Franziska Wessel-Fleinghaus eine umfangreiche Interpretation des Wolfram’schen Textes vorgelegt, welchen sie aufgrund des innovativen Umgangs des Dichters mit der theologischenKernproblematik als Problemlegende qualifiziert. Demgegenüber sieht Werner Schröder im Willehalm einen „tragischen Roman“; seine Argumentation stützt sich dabei auf den Versuch des Dichters, den ursprünglich im Umkreis der chanson de geste angesiedelten Aliscans-Stoff in romanesker Manier zu überformen. Schließlich hat es auch nicht an Versuchen gefehlt, das Werk in die Tradition der Heldenepik respektive der französischen chanson de geste zu verorten. Hierfür plädiert besonders dezidiert Walter Haug4, der den heldenepischen Duktus der Dichtung herausstellt, der mit einer verneinten höfischen aventiure-Welt kontrastiert.

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Inhalt

 

1. Die Forschungslage zur Gattungsfrage

2. Mittelalterliches Gattungsbewusstsein

3. Aspekte der Legende im Willehalm

4. Aspekte der Chanson de geste im Willehalm

5. Aspekte des Höfischen Romans im Willehalm

6. Schlussgedanken

Bibliographie

 

1. Die Forschungslage zur Gattungsfrage

 

Nicht immer hat die Wolfram-Forschung dem Willehalm so viel Beachtung geschenkt, wie es heute der Fall ist. Erst in den letzten Jahrzehnten hat sich die Auseinandersetzung mit diesem Text zu einem Thema des Mainstreams altgermanistischer Forschung entwickelt. Dies ist wohl nicht zuletzt auf die mannigfaltigen Schwierigkeiten, die sich dem Willehalm-Interpreten bieten, zurückzuführen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere der fragmentarische Charakter der Dichtung und das damit einhergehende offene Ende hervorzuheben, welcher Deutungsversuche hinsichtlich der ungeklärten Gattungsfrage erschwert. Infolge der Gattungsdiskussion haben sich mit der Zeit unterschiedliche Standpunkte herauskristallisiert. Bis heute wird häufig die Meinung vertreten, dass der Willehalm als Legende zu lesen sei. Ein entschiedener Verfechter dieser Sichtweise ist Friedrich Ohly[1], dessen Interpretation sich hauptsächlich auf das initiale Gebet an den Heiligen Geist (1,1-5,14) beruft. Diesem Ansatz folgend hat in jüngerer Zeit auch Franziska Wessel-Fleinghaus[2] eine umfangreiche Interpretation des Wolfram’schen Textes vorgelegt, welchen sie aufgrund des innovativen Umgangs des Dichters mit der theologischen Kernproblematik als Problemlegende qualifiziert. Demgegenüber sieht Werner Schröder[3] im Willehalm einen „tragischen Roman“; seine Argumentation stützt sich dabei auf den Versuch des Dichters, den ursprünglich im Umkreis der chanson de geste angesiedelten Aliscans-Stoff in romanesker Manier zu überformen. Schließlich hat es auch nicht an Versuchen gefehlt, das Werk in die Tradition der Heldenepik respektive der französischen chanson de geste zu verorten. Hierfür plädiert besonders dezidiert Walter Haug[4], der den heldenepischen Duktus der Dichtung herausstellt, der mit einer verneinten höfischen aventiure-Welt kontrastiert. Diesbezügliche Überlegungen trägt auch Kurt Ruh[5] vor, wenngleich er jedoch konzediert, dass der Willehalm sich durch das Vorhandensein heterogener gattungsindizierender Merkmale auszeichne, mithin keiner Gattung eindeutig zugeschlagen werden könne und daher vielmehr als „Opus mixtum“ zu betrachten sei. Aufgrund seiner Unbestimmtheit kann dieser Vorschlag indes lediglich als Verlegenheitslösung angesehen werden[6]; die Forschung hat die Unzulänglichkeiten dieser Perspektive betont, wobei vor allem die sich bereits im Entstehen befindlichen Gattungsbilder der höfischen, der heldenepischen und der hagiographischen Dichtungen verwiesen wurde.[7] Zweifelsohne ist es unmöglich die Gattungsfrage einer eindeutigen Lösung zuzuführen und es würde geradezu vermessen erscheinen, eine letztgültige Antwort etablieren zu wollen, die allen vorhandenen Gattungshinweisen gerecht wird – zu disparat, zu sperrig und vielschichtig präsentiert sich Wolframs Dichtung dem Rezipienten. Auch scheint sich der Autor der innovativen Kraft seines Willehalm durchaus bewusst gewesen zu sein:

 

unsanfte mac genozen

Diutscher rede deheine

dirre die ich nu meine

 ir letze und ir beginnen.(4,30ff.)[8]

 

In Lichte dieser Äußerung wirft sich zudem die Frage auf, inwiefern Wolfram überhaupt das Ziel verfolgte, sein Werk innerhalb des abgesteckten Bereiches einer bestimmten Gattung zu konzipieren. Es ist nicht abwegig, dass es der Intention des Dichters entsprach, Grenzen zu überschreiten, indem er Elemente verschiedener Gattungen amalgamierte. Um jedoch aus diesen Überlegungen fundierte Schlüsse ziehen zu können, bedarf es zunächst der Klärung des Verständnisses und der Beschaffenheit literarischer Gattungen im Mittelalter.