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Unerklärliche Flugobjekte und seltsame Wesen
Mehr als 500 mysteriöse Himmelserscheinungen von 4780 v. Chr. bis 1879
Als eines der derzeit wohl ambitioniertesten Werke über paranormale Ereignisse versammelt dieses Buch Hunderte von bislang kaum bekannten Berichten über geheimnisvolle Himmelsobjekte aus der Zeit vor dem 20. Jahrhundert, die von zwei führenden Erforschern unerklärlicher Phänomene in jahrelanger Arbeit zusammengestellt wurden.
Allein im vergangenen Jahrhundert haben Privatpersonen, Medien und Militärbehörden Abertausende UFO-Zwischenfälle dokumentiert und damit Anlass zu zahlreichen Diskussionen über fliegende Untertassen, Besucher von anderen Planeten und Entführungen durch Außerirdische gegeben.
Doch dieses Phänomen hat nicht erst in unserer Gegenwart begonnen! Die Autoren von Wunder am Himmel präsentieren eine Reihe anschaulich geschilderter und manchmal auffallend übereinstimmender Berichte über mysteriöse Himmelsphänomene, die von der Antike bis zur Moderne reichen.
Der renommierte Astronom und Informatiker Jacques Vallée und der Wissenschaftsautor Chris Aubeck untersuchen in Wunder am Himmel mehr als 500 ausgewählte Fälle von der Zeit des biblischen Altertums bis ins Jahr 1879.
Sorgfältig recherchierte und faszinierende Berichte glaubwürdiger Zeugen
Von historischen Persönlichkeiten wie Christoph Kolumbus bis hin zu bedeutenden Wissenschaftlern wie dem Astronomen Charles Messier oder dem Literaten Johann Wolfgang von Goethe - das Buch stützt sich auf Berichte von glaubwürdigen Zeugen. Diese Perspektiven geben dem Thema eine neue Ernsthaftigkeit und machen die Lektüre besonders interessant für diejenigen, die sich mit der Schnittstelle von Wissenschaft und unerklärlichen Phänomenen beschäftigen.
In lebhaften und fesselnden Fallstudien mit mehr als 75 Abbildungen legen Vallée und Aubeck dar, dass unerklärliche Himmelsobjekte nicht nur die Popkultur stark beeinflussten, sondern auch unsere Geschichte, unsere Glaubenssysteme und die Weltbilder, die sich die Menschheit seit Beginn der Zivilisation erschaffen hat.
Wunder am Himmel ist schon heute ein Klassiker auf auf dem Gebiet paranormaler Phänomene - und die ambitionierteste, umfangreichste sowie intelligenteste Analyse, die je über vorneuzeitliche Geheimnisse am Himmel verfasst wurde.
Die umfassendste Chronik historischer Himmelserscheinungen!
Mit mehr als 75 Abbildungen!
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Zum Gedenken an Janine Vallée
Ich werde Wunder erscheinen lassen / droben am Himmel / und Zeichen unten auf der Erde: / Blut und Feuer und qualmenden Rauch.
Apostelgeschichte 2, 19
Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen.
Lukas 21, 25
Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht.
Albert Einstein: »Wie ich die Welt sehe«, Mein Weltbild, 1934
von Dr. David J. Hufford
Emeritierter Professor für Geisteswissenschaften und Psychiatrie, Penn State College of Medicine; Lehrbeauftragter für Religionswissenschaften, University of Pennsylvania; Autor von The Terror That Comes in the Night [dt. etwa: »Der Schrecken in der Nacht«]
Im Jahr 1969 war ich Doktorand an der University of Pennsylvania und arbeitete an einer Dissertation im Fachbereich Volkskunde. Mein Hauptinteresse galt dem, was man damals »Volksglauben« nannte. Mit diesem Begriff wurden und werden üblicherweise Ansichten belegt, die irgendwie im Widerspruch zur offiziellen modernen Weltsicht stehen. Man lehrte mich, dass solche Glaubensvorstellungen sowohl nicht empirisch als auch nicht rational seien; es seien vielmehr kulturelle Fiktionen, die lokale Belange widerspiegeln und die Aufgabe haben, Gemeinschaftswerte und psychologische Bedürfnisse zu stützen. Bei den Erfahrungen, auf denen sie angeblich beruhen, handle es sich – um den Begriff zu verwenden, der durch Thomas Kuhns bahnbrechendes Werk Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen bekannt wurde – um »Anomalien«.
Die im Volksglauben behandelten Phänomene – von Geistererscheinungen bis hin zu den vermeintlichen Heilmitteln der Volksmedizin – schienen dem wissenschaftlichen Paradigma, dem Maßstab für neuzeitliche Vernunft, zu widersprechen. Aus diesem Grund waren sie, wie Charles Fort es ausgedrückt hatte, »verdammt« (1919) und durften keinen Eingang in den Korpus des validen Wissens finden. Ich vertrat jedoch die ketzerische Idee, dass die Traditionen des Volksglaubens auch exakte Beobachtungen enthalten könnten, die auf wichtige neue Erkenntnisse verweisen.
Schon damals war ich frustriert darüber, dass weitverbreitete Überzeugungen des Volksglaubens, die sich in vielen unterschiedlichen Kulturen finden, ohne jede wissenschaftliche Überprüfung oder Beweisführung einfach abgelehnt wurden. Mir war zudem aufgefallen, dass jede Untersuchung zur möglichen Gültigkeit von Überzeugungen aus dem Volksglauben mit einer Reihe einschüchternder Sanktionen verbunden war. Umso erfreuter war ich, als ich Jacques Vallées Buch Passport to Magonia: From Folklore to Flying Saucers (1969; dt. etwa: »Pass für Magonia: Vom Volksglauben zu fliegenden Untertassen«) entdeckte.
Für mich waren Ufos ein Teil des modernen Volksglaubens. In Anbetracht meiner Fragen zu validen Beobachtungen von Anomalien hatte ich auch die Ufo-Literatur gelesen. Ich kannte Vallées Buch Anatomy of a Phenomenon (1965; dt. etwa: »Anatomie eines Phänomens«) und wusste, dass der Autor sowohl wissenschaftlich vorging als auch aufgeschlossen war. Mit Anatomy gelang es ihm besser als dem Großteil der populären Ufo-Literatur, ein überzeugendes Argument für die objektive Realität anomaler Himmelsphänomene zu liefern. In Passport to Magonia untermauerte er die These, dass hinter den Ufo-Berichten reale Phänomene stecken, brachte diese Berichte aber auf fesselnde und faszinierende Weise mit älteren Darstellungen über Feen, Geister, Engel, Dämonen und so weiter in Verbindung. Er erkannte den Unterschied zwischen den Phänomenen, die diesen Berichten zugrunde liegen, und den lokalen Sprach- und Auslegungstraditionen, mit denen sie interpretiert wurden.
Eine so klare Unterscheidung hatte ich bei Erforschern des Volksglaubens bisher nur selten gesehen. Vallée schuf in Magonia die konzeptionelle Grundlage für den Einsatz der besagten Unterscheidung in der kulturübergreifenden Analyse von Berichten über seltsame Himmelsphänomene und der häufig damit einhergehenden Ereignisse. Er kritisierte die konventionellen Ufo-Forscher dafür, »Schein und Wirklichkeit zu verwechseln«, und schrieb:
Das Phänomen hat dauerhafte, unveränderliche Merkmale, von denen wir einige zu erkennen und klar zu bezeichnen versucht haben. Wir mussten aber auch den chamäleonartigen Charakter der sekundären Eigenschaften der Sichtungen sorgfältig beachten: Die Formen der Objekte, die Erscheinungsform ihrer Besatzungen und deren berichtete Äußerungen variieren je nach kulturellem Umfeld der Beobachter. (1969, S. 149).
1971 reiste ich ins kanadische Neufundland, wo ich 4 Jahre lang unterrichtete und Feldforschung für meine Dissertation über das Thema Volksglauben betrieb. Vallées Ideen begleiteten mich und wurden durch die Folklore, die ich vor Ort erforschte, immer wieder bestätigt. Geisterschiffe, Irrwische und Wetterleuchten begegnen uns in sehr alten Überlieferungen und wurden aus allen Teilen der Insel berichtet – oft beschrieben mit Begriffen, die uns aus der Ufo-Forschung bekannt vorkommen. In einem kleinen Dorf erfuhr ich von einer ganzen Reihe seltsamer Himmelsbeobachtungen, die von den älteren Einwohnern mit altmodischen Bezeichnungen wiedergegeben wurden, wohingegen die jungen Leute die Lichter einfach als Ufos bezeichneten. In Neufundland stieß ich auch auf die Überlieferung vom »alten Weib«, einer furchterregenden nächtlichen Lähmung, bei der auch ein beängstigendes Wesen in Erscheinung tritt, das für die Neufundländer eine Hexe oder ein Geist ist.
Mithilfe von Vallées Ansatz erkannte ich in dem alten Weib sofort den sogenannten »Schlafzimmereindringling« wieder, auf den ich in der populären Ufo-Literatur (Keel 1970) gestoßen war. Dieses Phänomen, das unter Schlafforschern als »Schlafparalyse« bekannt ist, weist »dauerhafte, unveränderliche Merkmale« auf, die in den Berichten darüber von kulturell geprägter Sprache und Interpretationen umgeben sind. Zu den stabilen Kernmerkmalen der Schlafparalyse gehört die anomale Präsenz eines furchteinflößenden Wesens. Diese Erfahrung, wie auch die von seltsamen Lichtern und Himmelsobjekten, findet sich in einer Vielzahl unterschiedlicher Traditionen und Phänomene auf der ganzen Welt: Hexerei, Geister, Vampire und Ufos.
In der 1992 erschienenen Broschüre Unusual PersonalExperiences (Hopkins et al.; dt. etwa: »Ungewöhnliche persönliche Erfahrungen«) berichten die Autoren Hopkins, Mack und Jacobs, die zum Thema Ufo-Entführungen recherchierten, über eine groß angelegte landesweite Umfrage in den USA, die feststellen sollte, wie viele Menschen von Außerirdischen entführt wurden. In der wichtigsten Indexfrage geht es darum, ob die betreffende Person sich daran erinnern könne, »gelähmt erwacht zu sein und eine seltsame … Präsenz … im Raum zu verspüren« (S. 26): Schlafparalyse.
Anomalien stellen eine Bedrohung für den intellektuellen Status quo dar. Sie stoßen auf starken Widerstand, der die Bemühungen jener Leute, die mutig das Anomale untersuchen, ebenso zu vereinnahmen scheint wie die Meinung kompromissloser Skeptiker. Wie Thomas Kuhns bahnbrechendes Werk aufzeigte, ist diese kulturelle Dynamik untrennbar mit den offensichtlicheren Daten im Bestreben nach wissenschaftlichem Fortschritt – und dessen Verständnis – verbunden. Die erste Reaktion eines Paradigmas auf Anomalien besteht darin, sie zu ignorieren oder, wenn sie zu häufig auftreten, zu assimilieren. Beide Strategien werden dadurch erleichtert, dass die Berichte über anomale Phänomene über eine große Anzahl scheinbar unzusammenhängender konzeptueller Kategorien verstreut sind. Das liegt zum Teil auch an den Rechercheuren, die sehr schnell zu Theorien wie der Interpretation von Ufos als außerirdische Raumschiffe greifen und so eine bedeutende Anzahl von Berichten über Anomalien in viele kleine und immer zahlreichere Unterkategorien aufteilen.
Ufos sehen nicht aus wie das Wetterleuchten in Neufundland, Sumpflichter oder das brennende Schiff von Ocracoke Island –, bis man die kulturell verfeinerte Sprache und die sekundären Interpretationen ablöst und »anomale Himmelsphänomene« übrig bleiben. Auch »Schlafparalyse«, das »alte Weib« und Ufo-Entführungen scheinen auf den ersten Blick nichts miteinander gemein zu haben –, bis man die kulturellen Schichten abstreift und dahinter die Erfahrung findet, »gelähmt erwacht zu sein und eine seltsame … Präsenz … im Raum zu verspüren«. Das ist das Schöne an Vallées Forschungsansatz in Magonia. Das vorliegende Buch Wunder am Himmel erweitert diesen Ansatz um den gewaltigen Korpus zusätzlicher früher Berichte, die Chris Aubeck und seine Kollegen im Rahmen des Magoniax-Projekts gesammelt haben. Die Bereitschaft der Autoren, ihre Fühler in alle Richtungen auszustrecken und ihre Sichtweise nicht durch bestimmte kulturelle Interpretationen von Ereignissen einschränken zu lassen, bietet uns die bemerkenswerte Gelegenheit, nach Mustern zu suchen, die zu neuen Erkenntnissen führen könnten.
Wer auf eine bestimmte Interpretation solcher Vorfälle fixiert ist, vor allem auf die Idee, dass es sich um außerirdische Raumschiffe handelt, wird über die hier präsentierte Mischung aus Himmels- und religiösen Phänomenen, Politik und Mystik sowie vieles mehr eventuell verärgert sein. Wenn jemand sich begeistert dafür einsetzt, dass diverse anomale Phänomene ernst genommen werden, dann neigt diese Person auch dazu, die strenge Methodik, wie sie in Wunder am Himmel zu finden ist, abzulehnen oder sich gar von ihr angegriffen zu fühlen. Das liegt zum einen daran, dass diese Methodik nicht von bestimmten Theorien ausgeht, zum anderen aber auch daran, dass sie viel mit den Methoden der Skeptiker gemein hat. Als Dr. Hynek die »Sumpfgas«-Erklärung für Ufos erfand (die er später widerrief), deutete er damit an, dass er die Schichten kultureller Ausgestaltung ablöste, um den »stabilen Kern« des Phänomens aufzuspüren – auf dieselbe Art, wie Skeptiker die »Schlafparalyse«-Erklärung dazu benutzt hatten, um Ufo-Entführungsberichte (und eine Vielzahl weiterer anomaler Ereignisse) als vermeintliche Einbildung zu entlarven.
Die Arbeit von Jacques Vallée und Chris Aubeck ist in zweierlei Hinsicht sowohl solide als auch mutig: Die beiden Autoren suchten nach einer Kernphänomenologie, die das Ablösen mehrerer Schichten kultureller Ausgestaltung erfordert, und gingen dennoch systematisch auf die Daten ein. Nachdem sie »Raumschiff« als Kernmerkmal einer Beobachtung gestrichen hatten, gingen sie nicht etwa dazu über, sämtliche anomalen Merkmale zu beseitigen. Das Problem mit »Raumschiff« ist ja nicht, dass wir es hierbei mit einer Anomalie zu tun hätten, sondern dass es sich um eine Interpretation und nicht um eine Beobachtung handelt. Das ist wahre Aufgeschlossenheit – und es zeigt, dass wir auch Aspekte der Welt zu verstehen suchen, die zutiefst seltsam anmuten.
Durch ihr Beharren auf rigoroser Wissenschaftlichkeit war es Vallée und Aubeck möglich, die schwierigsten und interessantesten Aspekte dieser Ereignisse zu erhalten, ohne sich durch die voreilige Festlegung auf eine bestimmte Interpretation ablenken zu lassen. Das ist meiner Ansicht nach echte Wissenschaft: den Daten zu folgen, wohin sie auch führen mögen, und eine gängige Theorie zu verwerfen, wenn sie den Daten nicht gerecht wird. Der Wissenschaftsphilosoph Paul Feyerabend wies bereits 1975 darauf hin, dass das »Konsistenzprinzip« – die Beurteilung einer Theorie oder Hypothese danach, wie sehr sie mit einer bewährten älteren Theorie übereinstimmt – nur das Überleben der ältesten statt der besten Theorie garantiert.
Eine weitere schöne Innovation im Werk von Vallée und Aubeck ist die Kombination aus Wissenschaft und Gelehrsamkeit. Nur selten findet man heute noch den Willen, dokumentarische Forschung – das Herzstück der Geisteswissenschaften – mit physikalischem und astrophysikalischem Wissen zu verbinden. Dies auch noch im Rahmen einer ergebnisoffenen Suche nach der schwer fassbaren Wahrheit zu tun, ohne eine eigene Theorie anbieten zu müssen, kommt noch seltener vor. Und neben all dem noch die Möglichkeiten der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit durch das Internet zu nutzen eröffnet uns den Blick auf Forschung, wie sie im 21. Jahrhundert aussehen kann.
Als ich Jacques Vallée in Esalen kennenlernte – fast 40 Jahre nach meiner Lektüre von Passport to Magonia –, war dies eine höchst außergewöhnliche Erfahrung für mich. Die Nachricht, dass er zusammen mit Chris Aubeck am Nachfolger zu Magonia arbeitete, steigerte meine Freude noch. Und als Jacques mich dann ersuchte, ein Vorwort für sein neues Buch zu verfassen, verspürte ich das Gefühl der Vollendung, wenn sich ein Kreis im Leben schließt.
Stellen Sie sich vor, wir wären in der Zeit ins Hamburg des 16. Jahrhunderts zurückgereist – genauer gesagt, zum 15. Dezember im Jahr des Herrn 1547. Der Historiker Simon Goulart schreibt in seinem Werk Trésors Admirables et Mémorables de notre Temps (1600; dt. etwa: »Bewundernswerte und denkwürdige Schätze aus unserer Zeit«), dass an diesem Tag die Seemänner auf den Schiffen im Hamburger Hafen zu Mitternacht eine gleißende Kugel sahen, die so feurig leuchtete wie die Sonne. Das Objekt wälzte sich Richtung Norden und strahlte dabei eine derartige Hitze ab, dass die Leute nicht in den Schiffen bleiben konnten, sondern gezwungen waren, anderswo Schutz zu suchen, weil sie fürchteten, ihre Boote könnten verbrennen.
War es ein Meteor? Das Verhalten dieses Himmelsphänomens entspricht nicht dem von Meteoren, die zu weit oben in der Atmosphäre unterwegs sind, als dass man am Boden ihre Hitze spüren könnte. Außerdem wäre ein Meteor innerhalb von Sekunden über Hamburg hinweggerast, sodass die Seeleute auf den Schiffen gar keine Zeit gehabt hätten, vor der Hitze zu flüchten. Vielleicht ein Kugelblitz? Auch das ist unwahrscheinlich, da weder Donner noch ein stärkerer Wind mit dem Phänomen einhergingen. Da wir nicht über weitere Informationen verfügen, müssen wir den Zwischenfall als unidentifiziertes Flugobjekt einstufen.
In den vergangenen etwa 60 Jahren wurden Tausende solcher Vorfälle verzeichnet und gaben Anlass zu zahlreichen Spekulationen über fliegende Untertassen, Besucher von anderen Planeten und Entführungen durch Außerirdische. Die meisten Menschen waren so sehr von einschlägigen Büchern und Filmen beeinflusst, dass sie voreilige Schlüsse zogen. Sie glauben oft bis heute, dass es sich bei den unidentifizierten Flugobjekten um Raumschiffe einer fremden planetaren Zivilisation handelt, die auf uns aufmerksam wurden, als wir am Ende des Zweiten Weltkriegs die ersten Atombomben zündeten. Der Theorie zufolge waren diese Außerirdischen besorgt über die verantwortungslosen Eskapaden unserer noch jungen Spezies, also beschlossen sie, zu uns rüberzufliegen und sich die Sache genauer anzusehen. Noch dazu sollen einige ihrer Raumschiffe auf der Erde abgestürzt sein, woraufhin ihre Technologie von interessierten Regierungen und Behörden heimlich beiseitegeschafft und erforscht wurde.
Wie der oben erwähnte Vorfall in Hamburg zeigt, ist diese Außerirdischen-Theorie jedoch unzureichend. Das Phänomen nahm seinen Anfang nicht erst im 19. Jahrhundert oder in den 1940er-Jahren, sondern ist viel älter. Zudem weist es ein paar eindeutige physische Eigenschaften wie die spürbare Hitze auf, von der Augenzeugen berichteten; diese Charakteristika haben sich im Lauf der Jahrhunderte nicht wesentlich verändert.
Am Abend des 3. September 1965 patrouillierten die Polizeibeamten Sheriff McCoy und Robert Goode auf den Highways nahe der texanischen Stadt Angleton, als sie ein riesiges, schätzungsweise 70 Meter langes und 15 Meter hohes Objekt wahrnahmen. Das Objekt wies an einem Ende ein helles violettes und am anderen ein blassblaues Licht auf. Es flog bis auf 30 Meter an die beiden Männer heran und warf einen großen Schatten, als es vor dem Mond vorbeiglitt. Die Polizisten spürten eine Hitzewelle, die ihnen Angst einjagte und sie in die Flucht trieb – so wie einst die Seeleute im Hamburg des Jahres 1547.
Solche Ähnlichkeiten zwischen sehr viel früheren Sichtungen und modernen Berichten sind eher die Regel als die Ausnahme. Im vorliegenden Buch untersuchen wir 500 ausgewählte Sichtungsberichte von der Antike bis ins Jahr 1879, als die Industrielle Revolution die menschliche Gesellschaft entscheidend veränderte.
Als Abschlussdatum für unsere Studie haben wir das Jahr 1880 gewählt, weil es einen Wendepunkt in der Technik- und Sozialgeschichte der Staaten der Ersten Welt darstellt. Wir wollten Himmelsphänomene aus der Zeit analysieren, als es noch keinerlei moderne Komplikationen wie Flugzeuge, Luftschiffe, Raketen und die so oft angeführten möglichen Fehlinterpretationen aufgrund des Einsatzes militärischer Prototypen gab. Gegen Ende des von uns gewählten Zeitraums mag es zwar ein paar Ballons am Himmel gegeben haben, doch der erste erfolgreiche Flug mit einem Luftschiff, das auch zu seinem Startpunkt zurückkehren konnte, gelang den französischen Kapitänen Renard und Krebs erst am 9. August 1884. Das erste (noch mit einer Dampfmaschine ausgestattete) Flugzeug flog – gesteuert von Clément Ader – am 14. Oktober 1897 über dem französischen Stadtviertel Satory.
Noch wichtiger als die technischen Errungenschaften waren die sozialen Veränderungen, die um den Schlusspunkt unserer Studie herum stattfanden. 1879 wurde in London die erste Telefonzentrale der Welt eingerichtet, und in Berlin fuhr die erste, von Siemens konstruierte elektrische Straßenbahn. Im Jahr darauf erfanden Edison und Swan die ersten praktikablen elektrischen Leuchtkörper, Carnegie entwickelte den ersten großen Stahlofen, und die Straßen von New York wurden erstmals elektrisch beleuchtet. Jede Studie über unidentifizierte Flugobjekte nach diesem Zeitraum muss sich mithin an den Standards einer Welt orientieren, in der die Kommunikation, die sozialen Interaktionen, die Reisegewohnheiten und Einstellungen der Menschen im Alltag durch den technischen Fortschritt entscheidende Veränderungen erfahren haben.
Wir werden nachweisen, dass unidentifizierte Flugobjekte nicht nur einen großen Einfluss auf die populäre Kultur, sondern auch auf unsere Geschichte und Religion hatten. Auch die von der Menschheit erstellten Weltmodelle seit dem Aufkommen einer Kultur, die Schrift, Wissenschaft und die Bewahrung historischer Aufzeichnungen in Stein und Ton, auf Pergament und Papier und in elektronischen Medien umfasst, wurden dadurch entscheidend geprägt.
Doch warum hat die Wissenschaft dem keine Beachtung geschenkt? Wenn man bedenkt, wie robust das Phänomen ist und welch enormes Interesse es in der Öffentlichkeit hervorruft, sollte man doch meinen, dass interdisziplinäre Forscherteams aus Historikern, Anthropologen, Soziologen und Naturwissenschaftlern sich auf seine Erforschung stürzen würden.
Die Antwort liegt in der Arroganz der akademischen Welt sowie der Tatsache, dass unsere besten und klügsten Wissenschaftler sich nie die Mühe gemacht haben, sich über das Ausmaß und die Zuverlässigkeit der Sichtungen schlauzumachen. In einem Interview (für www.ted.com, April 2008) erklärte der berühmte Astrophysiker Stephen Hawking kategorisch, dass er die Geschichten über fliegende Untertassen nicht glaube: »Ich gebe nichts auf Berichte über Ufos. Warum sollten sie nur irgendwelchen Spinnern und Verrückten erscheinen?«
Später behauptete Hawking, dass wir die einzige Form technologisch entwickelten Lebens in einem Radius von 200 Lichtjahren und daher außerhalb der Reichweite interplanetarer Reisender seien.
So bedauerlich und wenig fachmännisch diese Äußerungen eines der intelligentesten Wissenschaftler der Gegenwart auch sind, spiegeln sie doch die allgemeine Ansicht der akademischen Forscher wider. Schon 1969 segnete die amerikanische Akademie der Wissenschaften den Bericht einer vom Physiker Edward Condon geleiteten Kommission ab, der besagte, dass die Wissenschaft von der Untersuchung unidentifizierter Flugobjekte keinen Vorteil hätte, obwohl ein ganzes Drittel der von der Kommission untersuchten Fälle auch nach ihrer Untersuchung unerklärt geblieben war! Wir haben es hier eindeutig mit einem Glaubenssystem und nicht mit rationaler Wissenschaft zu tun.
Stephen Hawkings Aussage ist aus zwei sehr offensichtlichen Gründen problematisch: Erstens stammen, wie wir zeigen werden, die meisten unserer 500 Fälle von bekannten Zeugen, die einen Querschnitt der menschlichen Gesellschaft darstellen, darunter zahlreiche Astronomen, Physiker, Militäroffiziere und sogar Herrscher – alles andere als ein zusammengewürfelter Haufen aus Spinnern und Verrückten also, von dem Hawking recht unbedacht ausging. Zweitens würde selbst ein weniger bedeutender Hintergrund der Zeugen nichts an der Tatsache ändern, dass ein unerklärliches Phänomen eine unglaublich wichtige Rolle dabei gespielt hat (und es heute noch tut), unsere Glaubenssysteme herauszubilden, ebenso wie die Art und Weise, wie wir unsere Geschichte und die Rolle der Wissenschaft betrachten.
Sehen wir uns die folgende Begebenheit an, die uns ins Jahr 438 zurückführt: Nachdem ein Erdbeben Konstantinopel zerstört hat, breiten sich Hunger und Pest aus. Die Katastrophe hat die Mauern und die 57 Türme der Stadt dem Erdboden gleichgemacht. Und jetzt kommt eine neue Erschütterung, die noch stärker ist als alle vorangegangenen.
Der Historiker Nikephoros berichtet, dass die Einwohner von Byzanz in ihrer Angst aus der Stadt flüchteten und sich auf dem freien Feld versammelten.
Sie beteten fortwährend darum, dass die Stadt vor der völligen Zerstörung bewahrt werden möge; sie selbst waren nicht in geringerer Gefahr, weil die Erde bebte und sie zu verschlingen drohte. Doch dann passierte ein unerwartetes Wunder, an das niemand geglaubt hätte und das sie nun mit Bewunderung erfüllte.
Inmitten der Menschenmenge wurde plötzlich ein Kind von einer starken Kraft in die Lüfte erhoben, so hoch, dass die Versammelten es aus den Augen verloren. Danach schwebte der Knabe so hinunter, wie er aufgestiegen war, und erzählte dem Patriarchen Proklos, dem Kaiser und der versammelten Menge, dass er soeben einem großen Konzert der Engel beigewohnt habe, die den Herrn in ihren heiligen Gesängen priesen.
Engel oder Aliens? In vielen zeitgenössischen Entführungsberichten geht es um normale Menschen, die von einer merkwürdigen Kraft erfasst werden, die ihre Realität auf drastische Weise verändert und sie dazu bringt, über den Kontakt mit anderen Bewusstseinsformen oder sogar einer völlig fremdartigen Welt zu berichten.
Akakios, der Bischof von Konstantinopel, hielt fest:
Das Volk der ganzen Stadt sah es mir eigenen Augen.
Und Baronius kommentierte diesen Bericht mit den folgenden Worten:
Ein so bedeutendes Ereignis verdiente es, der fernsten Nachwelt überliefert und für immer im Gedächtnis der Menschheit verankert zu werden, indem es jährlich in den Annalen der Kirche erwähnt wird. Aus diesem Grund ließen die Griechen, die es mit größtem Respekt in ihr altes Menologion aufgenommen hatten, es jedes Jahr in ihren Kirchen verlesen.
Im Lauf der Jahrhunderte fanden viele außergewöhnliche Ereignisse statt, die von Geschichtsschreibern für »die fernste Nachwelt« überliefert wurden. Diese Nachwelt sind wir. Es liegt in unserer Verantwortung, die Daten zu bewerten, die man uns hinterlassen hat. Auf ihrer Zuverlässigkeit und Genauigkeit beruht unser Konzept der Geschichte und unsere Sicht der Welt.
Die Verfasser des vorliegenden Werks haben eine solche Studie durchgeführt. Wir behaupten zwar nicht, dass eines der Ereignisse, die wir aufgedeckt haben, irgendetwas über fliegende Objekte aus fremden Welten oder den Einfluss nicht menschlicher Intelligenzen »beweist«, sind jedoch zu vier bedeutenden Feststellungen gelangt:
Im Lauf der Geschichte hatten unbekannte Phänomene, die man als Wunder oder Himmelswunder bezeichnete, erhebliche Auswirkungen auf die Sinne und die Vorstellungskraft der Menschen, die sie beobachtet haben.
Jede Epoche hat diese Phänomene auf ihre eigene Art interpretiert, häufig in einem bestimmten religiösen oder politischen Kontext. Die Menschen projizierten ihre jeweilige Weltsicht sowie ihre persönlichen Ängste, Fantasien und Hoffnungen in das, was sie am Himmel gesehen hatten. Und das tun sie auch heute noch.
Obwohl viele Einzelheiten dieser Ereignisse vergessen oder unter den farbenfrohen Teppich der Geschichte gekehrt wurden, haben sie die menschliche Zivilisation auf vielfache Weise geprägt.
Die Lehren, die wir aus diesen weit zurückliegenden Fällen ziehen konnten und können, lassen sich sinnvollerweise auf die gesamte Bandbreite der Himmelsphänomene anwenden, die noch heute gemeldet werden und von der heutigen Wissenschaft nicht erklärt werden können.
Ob es uns gefällt oder nicht – Geschichte und Kultur werden oft durch bemerkenswerte Zwischenfälle bestimmt. Geschichten über seltsame Wesen und außergewöhnliche Ereignisse beeinflussen uns seit jeher auf unvorhersehbare Weise. Unsere Weltsicht ist ein Resultat der alten vertrauten Mythen, aber auch neuer Mythen, die wir auf unserem Lebensweg aufschnappen.
Die Bedeutung und Urtümlichkeit von Legenden und Überlieferungen strich auch der Religionsanthropologe Mircea Eliade in seinem Buch Mythen, Träume und Mysterien. Die Begegnungzwischen modernen Glaubensvorstellungen und archaischen Realitäten heraus:
Was uns an der Mythologie und volkstümlicher Überlieferung vom »magischen Flug« zuerst auffällt, sind ihre Primitivität und ihre universelle Verbreitung. Das Thema ist eines der ältesten Motive der Überlieferung: Es findet sich überall, selbst in den archaischsten Kulturschichten. […] Selbst dort, wo der religiöse Glaube nicht von den »uranischen« Göttern [denen des Himmels] dominiert wird, existiert der Symbolismus des Auffahrens zum Himmel und bekundet stets das Transzendente.
Doch die Lehren aus der Vergangenheit werden oft vergessen. Eine Untersuchung zeitgenössischer Sekten, die hauptsächlich an Besuche von Außerirdischen glauben, hat gezeigt, dass die moderne Öffentlichkeit immer noch dazu neigt, bei jedem Ufo-Zwischenfall voreilige Schlüsse zu ziehen. Anscheinend warten die Leute gespannt darauf, Anweisungen zu befolgen, die von oben kommen. Sogar in den frühen Jahren des 21. Jahrhunderts lässt sich ein fortlaufender Prozess beobachten, in dem die Mythen der Menschheit zu sozialen und politischen Realitäten werden. Wir sind Zeugen und Opfer dieses Prozesses.
Die meisten »Experten« für Ufo-Forschung im Kontext der populären Kultur vertreten die Ansicht, dass die Besuche »fliegender Untertassen« nach dem Zweiten Weltkrieg begannen. Ufo-Bücher und -Fernsehdokus starten üblicherweise mit der Aussage, dass die Ära der fliegenden Untertassen ihren Anfang am 24. Juni 1947 nahm, als ein amerikanischer Geschäftsmann und Pilot namens Kenneth Arnold meldete, mehrere unidentifizierte Flugobjekte über dem Mount Rainier im US-Bundesstaat Washington beobachtet zu haben. Sogar einige ansonsten gut informierte Forscher haben mit voller Überzeugung postuliert (ohne einen Beweis dafür zu erbringen), dass das Ufo-Phänomen jüngeren Datums sei – »offenbar nicht älter als zwei Jahrhunderte«, wie es ein amerikanischer Autor ausdrückte. Diese Zeitangabe passt zur Vorstellung, dass es sich bei den Ufos um außerirdische Raumschiffe handelt, die unseren Planeten studieren oder inspizieren wollen, möglicherweise infolge der Atombombenexplosionen von Hiroshima oder Nagasaki.
Würde das Phänomen dagegen bereits seit sehr langer Zeit in relativ konstanter Form existieren, wäre es schon schwieriger, es mit einem simplifizierenden »ET-Besuch«-Szenario zu erklären. Und tatsächlich deuten zahlreiche Dokumente darauf hin, dass es die betreffenden Beobachtungen schon vor vielen Jahrhunderten gab. Der kanadische Rechercheur Dr. Persinger schrieb in einem vor Kurzem erschienenen Buch über Entführungsfälle, dass
normale Individuen seit Jahrtausenden und in jeder bekannten Kultur der Menschheit über kurze und häufig wiederholte »Besuche« humanoider Phänomene berichten, deren Anwesenheit dauerhafte Veränderungen im seelischen Zustand des Erfahrenden bewirkte. Wenn man diese Phänomene als Gottheiten ansah, wurden die »Botschaften« dazu eingesetzt, religiöse Bewegungen ins Leben zu rufen, die das soziale Gefüge der jeweiligen Gesellschaft veränderten.
Die Geschichtsforschung untermauert diese Ansicht. I. P. Couliano, Chefredakteur der Zeitschrift Incognita und Professor für Religionsgeschichte an der Universität Chicago, stellt in seinem Buch Jenseits dieser Welt. Außerweltliche Reisenvon Gilgamesch bis Albert Einstein (München: Eugen Diederichs Verlag 1995; im Original 1991 erschienen) klar, dass die Beobachtung von Ufos und die Entführung durch Wesen, die nicht von dieser Welt sind, die älteste Geschichte der Menschheit ist. Auf Grundlage von Erkenntnissen aus der Ethnosemiotik stellt Couliano fest, dass
die Menschen Glaubensvorstellungen von anderen Welten hatten, lange bevor sie schreiben konnten,
und dass
sowohl die ältesten Dokumente der Menschheit als auch die Forschung über ihre »primitivsten« Kulturen zeigen, dass Besuche auf anderen Welten zu den wichtigsten Dingen zählten.
Die grundlegende Frage ist für ihn eine, die heutige Vertreter der Entführungstheorie ganz ähnlich stellen:
Wo sind die Menschen, die angeblich auf eine andere Welt gereist sind, in Wirklichkeit hingegangen?
Es ist schier unmöglich, alle von Couliano gesammelten Informationen zu katalogisieren –, zumal er uns noch zu verstehen gibt, dass er gerade einmal die Oberfläche angekratzt hat:
Alle historischen Dokumente zu sammeln, in denen es um Reisen in andere Welten geht, ist ein gigantisches Unterfangen, an das sich nie zuvor jemand gewagt hat.
Eindeutige Beispiele für dieses Material finden sich in jeder Kultur – vom östlichen Melanesien (wo die Lebenden Zugang zu einer Unterwelt namens Panoi hatten, körperlich ebenso wie geistig) bis nach Mesopotamien, woher eine Fülle von Material über außerweltliche Reisen stammt.
In einem typischen Beispiel steigt Etana, der König von Kisch, zum Himmel auf, um von dort eine Pflanze herabzubringen, die Kinderlosigkeit heilen kann – auch hier wird wieder auf das Thema Fortpflanzung Bezug genommen.
Gemeinsam mit Etana bewegen wir uns von Himmel zu Himmel und sehen, wie unter uns das Land immer kleiner und das weite Meer wie ein Trog wird.
Eine Aussage, die auch von heutigen Entführungsopfern hätte stammen können.
Manche Personen haben in alter Zeit angeblich die Erde auf nicht-physische Weise verlassen, aber viele sollen von Wesen entführt worden sein, die tatsächlich Fluggeräte benutzten. Diese Geräte wurden in der Sprache der jeweiligen Zeit und Kultur unterschiedlich beschrieben.
Die Taoisten brachten sie häufig mit »Drachen« in Verbindung. So schrieb beispielsweise auch K’u Yuan um 300 v. Chr. ein Gedicht über die Erfahrung, in einem von Drachen gezogenen Wagen und hinter Wang-Shu – dem Wagenlenker des Mondes – über die Kunlun-Gebirgskette in China zu fliegen.
Heutige Ufologen würden diese Beschreibung vielleicht als »Deckerinnerung« einstufen, bei der der Verstand des Wahrnehmenden den furchterregenden Anblick eines Außerirdischen angeblich durch einen vertrauteren Menschen oder ein Tier ersetzt. Ihrer Interpretation nach ähnelt eine solche Geschichte der klassischen Entführung, bei der ein Mensch von Weltraumwesen ergriffen und in einem interplanetarischen Fluggerät weggebracht wird. Doch die taoistische Literatur geht noch weiter und schildert ein Ritual, bei dem außerweltliche Wesen sogar eingeladen werden und auf die Erde kommen, um dem Feiernden persönlich zu begegnen. Am Ende des Rituals »besteigen sie den Wolkenwagen, und das Kranichgespann steigt in den Himmel auf«.
Die Wolkenwagen erinnern an die »Wolkenschiffe«, die im 9. Jahrhundert über Südfrankreich beobachtet wurden und denen sich Erzbischof Agobard von Lyon in einem seiner Bücher widmete. Agobard musste vor einer Menschenmenge predigen, um die Bürger Lyons davon abzuhalten, vier Personen – »drei Männer und eine Frau« – zu töten, die aus einem der Wolkenschiffe ausgestiegen und angeblich aus Magonia, einem magischen Land am Himmel, gekommen waren.
Der Nahe Osten ist eine der ergiebigsten Quellen für solche frühen Geschichten. Ezechiel wurde von »Rädern innerhalb von Rädern« aus seiner Vision im betäubten Zustand zu einem weit entfernten Berg gebracht. Das Testament Abrahams berichtet uns, dass er vom Erzengel Michael in dessen Cherubenwagen auf eine Himmelsreise mitgenommen wurde. Im jüdischen Mystizismus lesen sich solche Beschreibungen wie tatsächliche physische Beobachtungen –, zum Beispiel im Erlebnisbericht von Rabbi Nehuma ben Hakana:
Als ich die Vision des Wagens erblickte, sah ich eine stolze Majestät, Kammern von Kammern, Majestäten der Ehrfurcht, brennend und flammend, ihre Feuer brennen und ihre Beben beben.
Couliano schrieb darüber:
Alle jüdischen Apokalypsen (ein Wort, das eigentlich Offenbarung oder Enthüllung bedeutet) haben einen gemeinsamen Nenner: Das Individuum wird von einem engelsgleichen Führer begleitet, die Offenbarung erfolgt in Form eines Dialogs, und mehrere Himmelsebenen werden besucht …
Henoch steigt in einem Feuerwagen in den Himmel auf. Im slawischen Henochbuch finden sich weitere Angaben zu seiner Entführung: Henoch schlief auf seiner Lagerstatt, als zwei Engel vom Aussehen übergroßer Männer auftauchten und ihn auf eine himmlische Reise mitnahmen.
Auch Elias wird zum Himmel entrückt, ohne dass er dazu sterben muss. Laut Couliano »könnte auch ein Dritter in den Himmel entführt worden sein, weil ›bis heute niemand den Ort kennt, an dem er begraben liegt‹, und dieser Dritte ist Mose«.
Ebenfalls in der Mittelmeerregion berichten islamische Überlieferungen von der Mi’rādsch, der Himmelfahrt Mohammeds, während in Griechenland Aufzeichnungen über die Weltraumreisen des Phormion von Kroton und des Leonymus aus Athen erhalten sind. Herakleides selbst (circa 350 v. Chr.) war von Luftreisen, außerweltlichen Ausflügen und dem Wissen über frühere Inkarnationen fasziniert.
Eine ähnliche Symbolik findet sich (unter dem Deckmantel einer »Seelenreise«) im mithraischen Pariser Codex, aus dem wir erfahren, dass der große Gott Helios Mithras
durch seinen Erzengel befohlen hat, dass ich allein als Fragestellender in den Himmel aufsteigen und das Universum erblicken darf. … Für mich, der ich als Sterblicher geboren wurde, ist es unmöglich, mit der goldenen Leuchtkraft des unsterblichen Glanzes aufzusteigen. Atme die Strahlen ein, indem du dreimal so viel einatmest, wie du kannst, und du wirst dich erhoben sehen und in die Höhe aufsteigen, sodass du in der Luft zu schweben scheinst.
Der Text fährt fort:
Die sichtbaren Götter werden durch die goldene Scheibe erscheinen … und in ähnlicher Weise durch die sogenannte »Röhre«, den Ursprung des dienenden Windes. Denn du wirst sie wie eine Röhre von der Sonnenscheibe herabhängen sehen … und wenn die Scheibe geöffnet ist, wirst du den feuerlosen Kreis sehen und die feurigen Türen fest verschlossen. Öffne dann deine Augen und du wirst die Türen sich öffnen und die Welt der Götter innerhalb der Türen sehen.
Es folgt eine Anrufung:
Heil euch, ihr Wächter der Achse, o geheiligte und tapfere Jünglinge, die auf einen einzigen Befehl hin die Achse des Himmels drehen, die Donner und Blitz, Erdbebenstöße und Donnerschläge aussenden!
Ähnliche Glaubensvorstellungen finden sich auch in den Kulturen der amerikanischen Ureinwohner. So berichtet etwa Lowell John Bean in seinem Buch California Indian Shamanism (Menlo Park: Ballena Press 1992; dt. etwa: »Indianischer Schamanismus in Kalifornien«), dass
Seelen und Geister den Raum zwischen den Welten überschreiten,
während
manche Menschen sich mithilfe ekstatischen Erlebens selbst in die anderen Welten versetzen oder von dort übernatürliche Kräfte beziehen konnten.
Couliano hält sich mit möglichen physikalischen Interpretationen des von ihm untersuchten Materials länger auf als Ufologen, die sich hauptsächlich mit modernen Entführungsgeschichten befassen. In einem Kapitel mit dem Titel »Ein Historiker-Werkzeugkasten für die vierte Dimension« zitiert er Charles Howard Hinton, Robert Monroe, Charles Tart, P. D. Ouspensky und Albert Einstein; dazu merkt er an, dass »Physik und Mathematik zu einem großen Teil für das wiedererwachte Interesse an den mystischen Erkenntnismethoden verantwortlich zu machen sind«.
Couliano fragt sich: Wenn die Seele eine »Raumfähre« ist, wie aus religiösen Traditionen und Überlieferungen hervorgeht, folgt sie dann speziellen und bisher unentdeckten physikalischen Gesetzen? Und welche Schlussfolgerung können wir aus der Vielzahl aktueller Darstellungen anderer Welten ziehen? Ganz einfach: Wir leben in einem Zustand des fortgeschrittenen Anderswelt-Pluralismus, wo die »grobe Hypothese einer abtrennbaren Seele« überholt ist. Neue Modelle des Geistes, »inspiriert von Kybernetik und künstlicher Intelligenz, ersetzen die alten«. Später in seiner Analyse hält Couliano fest, dass »die Wissenschaft selbst erstaunliche Perspektiven bei der Erforschung anderer Welten und manchmal auch anderer Dimensionen im Weltall eröffnet hat. Dementsprechend könnten unsere anderweltlichen Reisen in Paralleluniversen oder alle möglichen oder auch unmöglichen Welten führen.«
Vor 40 Jahren dokumentierte Jacques Vallées Buch Passport to Magonia: From Folkloreto Flying Saucers die Parallelen zwischen heutigen »Alien«-Sichtungen und dem Verhalten von Wesen, die bereits vor undenklichen Zeiten erwähnt und oft für Götter, Engel oder Teufel gehalten wurden. Sie waren die »Daimonen« der griechischen Antike, das »kleine Volk« des keltischen Feenglaubens, die Elfen und Gnome der Paracelsus-Tradition, die Familiare der Hexenära. Sie flogen in unterschiedlichen Geräten wie Lichtkugeln durch die Lüfte. Sie entführten Menschen, hatten Geschlechtsverkehr mit ihnen, zeigten ihnen Visionen von parallelen Welten und gaben ihnen Botschaften mit auf den Weg, die den Lauf der Geschichte änderten.
Passport to Magonia schockierte viele Ufo-Gläubige, weil es den simplifizierenden »außerirdischen« Ursprung des Phänomens infrage stellte und eine komplexere Interpretation forderte, in der symbolische und kulturelle Faktoren der mythischen Dimension der Beobachtungen eine weitere Ebene hinzufügten. Doch das Buch baute auf vorläufigen Daten und spärlichen Belegen auf, weshalb die darin aufgestellten Behauptungen auch von vielen Seiten kritisiert und die Faktenlage anders interpretiert wurden.
In den vergangenen 40 Jahren ist viel passiert, was die Arbeit auf diesem Forschungsgebiet erleichtert. Mehrere Historiker-, Anthropologen-, Volkskundler- und Philologenteams befassten sich damit. Ihre Recherchen haben die Erforschung dieser uralten Themen vertieft und erweitert. Das Aufkommen leistungsfähiger Internetsuchmaschinen, gefolgt von dem Bemühen, historische Archive online verfügbar zu machen, hat sowohl interessierten Amateuren als auch Fachleuten die Möglichkeit eröffnet, wichtige Beiträge auf dem Gebiet zu leisten. Das Ergebnis dieser massiven Zusammenarbeit ist erstaunlich.
Jeder, der heute noch daran zweifelt, dass die Beschreibungen ungewöhnlicher Himmelsphänomene und der damit in Verbindung stehenden Wesenheiten einen maßgeblichen Einfluss auf Geschichte und Kultur der Menschheit hatten, muss nur das vorliegende Buch durchblättern, das sich bewusst auf 500 herausragende Fälle von der Antike bis zum Zeitalter der modernen Luftfahrt beschränkt. Dann werden selbst die Zweifler erkennen, welche wundervollen Ereignisse sie verpasst haben.
Sehen wir uns die historischen Aufzeichnungen an, dann hätte ohne angebliche unbekannte Himmelsphänomene, die das Volk erstaunten und begeisterten, weder Pharao Amenophis IV. den Namen Echnaton angenommen und den Kult der Sonnenscheibe in Ägypten eingeführt noch Kaiser Konstantin der Große im Jahr 312 das Christentum in Rom privilegiert. Aus alten Chroniken erfahren wir, dass Wesen aus himmlischen Gefilden (sei es Magonia, Nirwana, der Himmel oder Walhalla) Maria mitteilten, dass sie den Sohn Gottes gebären würde; den japanischen Kaiser Kimmei anwiesen, den höchsten Gott Buddha anzubeten; Mohammed dazu inspirierten, im Jahr 612 n. Chr. den Islam ins Leben zu rufen; das Leben des buddhistischen Priesters Nichiren kurz vor seiner Hinrichtung im Jahr 1271 retteten; 1415 den englischen König Heinrich V. dabei unterstützten, in der Schlacht von Azincourt einen entscheidenden Sieg über französische Ritter davonzutragen; und 1551 den Habsburger-Kaiser Karl V. davon überzeugten, die Belagerung Magdeburgs abzubrechen.
Andere Episoden – ob wir nun daran glauben, dass sie tatsächlich geschehen sind, oder auch nicht – bereichern die Menschheitsgeschichte auf schillernde Art: Karl der Große wurde im Jahr des Herrn 810 von seinem Pferd abgeworfen, als ein unbekanntes Objekt über ihn hinwegflog. Die heilige Johanna von Orleans ließ sich im Jahr 1425 von Lichtwesen dazu motivieren, das Kommando über die französischen Armeen zu übernehmen und die Engländer aus Frankreich zu vertreiben. Christoph Kolumbus sah ein seltsames Licht, als er auf Amerika zusegelte. Und eine angebliche Marienerscheinung in Guadalupe sorgte dafür, dass im Jahr 1531 Millionen von Mexikanern zum katholischen Glauben übertraten.
Zu den großen Wissenschaftlern und Gelehrten, die Sichtungen rätselhafter Himmelsphänomene aufzeichneten und den Mut hatten, ihre Beobachtungen zu veröffentlichen, gehörten der Mathematiker Facius Cardanus, der Arzt und Naturforscher Sir Hans Sloane (Mitglied der britischen Royal Society), der As-tronom Charles Messier, der Arzt Cromwell Mortimer (Sekretär der Royal Society) und berühmte Literaten wie Casanova und Goethe. So viel zu den von Stephen Hawking erwähnten »Spinnern und Verrückten« …
Teil 1 trägt den Titel Eine Chronologie der Wunder. Er enthält 500 ausgewählte Ereignisse, die in unterschiedlicher Detailtreue Himmelsphänomene beschreiben und die mit den uns zur Verfügung stehenden Analysemethoden nicht geklärt werden konnten. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist diese Chronologie in sechs deutlich voneinander abgegrenzte Perioden unterteilt, deren soziale und historische Merkmale jeweils kurz beschrieben werden, soweit sie den Kontext und die Berichte über ungewöhnliche Himmelsereignisse betreffen.
Die Zusammenstellung der Ereignisse endet vor dem Jahr 1880, weil damals ein neues Zeitalter der Menschheit begann, die dank der Gasballons und anderer Fluggeräte, die leichter als die Luft sind, den Himmel eroberte.
Vor diesem Zeitpunkt ließen sich menschliche Beobachter häufig durch atmosphärische Effekte, optische Täuschungen, Meteore und Kometen sowie die visionären Erlebnisse von Propheten und aufgeregten Menschenmassen verwirren. Vor 1783, als Ludwig XVI. die Erlaubnis für den ersten bemannten Ballonflug erteilte, gab es jedoch keine von Menschen hergestellten Fluggeräte am Himmel – und im gesamten behandelten Zeitraum natürlich keine erdungebundenen Maschinen, die schwerer waren als Luft.
Wir haben versucht, häufige Irrtümer aufzuspüren und nur wirklich faszinierende Beschreibungen, die auf tatsächliche physische Anomalien hindeuten, in unseren Katalog aufzunehmen. Während des von uns untersuchten Zeitraums gab es weder Flugzeuge noch von den Wolken reflektierte Suchscheinwerfer, weder ins All abgefeuerte Raketen noch den Mumpitz mit geheimen Prototypen oder Geheimoperationen der psychologischen Kriegsführung, der heute gern von Skeptikern zur »Erklärung« moderner Ufo-Beobachtungen herangezogen wird. Nach 1879 war der Himmel zwar immer noch weitgehend unberührt, doch die Erforschung unidentifizierter Luftraumphänomene wurde durch die häufigen Berichte über Ballons, »Luftschiffe« und die für westliche Medien typischen Falschmeldungen, die zum Teil von schlecht recherchierenden Journalisten in die Welt gesetzt werden, um einiges schwieriger.
Teil 2, Mythen, Legenden und Erinnerungen an die Zukunft, zieht die Lehren aus dem umfassenden Bestand physischer Daten, welche die Sicht des Menschen auf das Universum geprägt haben. Da wir uns auf den Zeitraum von der Antike bis zur Ära der menschengemachten Fluggeräte beschränkt haben, konnten wir systematische Standards auf Berichte über unbekannte Dinge am Himmel anwenden. Dabei mussten wir auch eine Menge Material durchforsten, das nicht unseren Einstufungskriterien für Himmelsphänomene entsprach, aber dennoch erhebliche Einsichten in kulturelle, religiöse oder soziale Einstellungen ihrer Zeit gewährte.
Eine Auswahl des in diesem Zuge abgelehnten Materials findet sich in diesem Teil des Buches, aber unsere diesbezügliche Einschätzung ist noch nicht endgültig. Wir sehen ein, dass es hinsichtlich der schriftlichen Aufzeichnungen zu diesem Phänomen noch viel aufzudecken gibt. Eine weitere Untersuchung dieses Materials durch andere Forscher könnte mit der Zeit verbesserte Daten liefern, die in künftige Kataloge von Himmelsphänomenen Eingang finden sollten.
In Teil 3, Quellenund Methoden, legen wir unsere Auswahlkriterien und den Prozess der Zusammenstellung der Chronologie offen. Zudem befassen wir uns darin mit einem schwierigen Problem der Wissenschaft: Welche Version eines bestimmten historischen Ereignisses ist es wert, bewahrt zu werden – und welche ist ungenau, irreführend oder gar unseriös?
In diesem Teil erläutern wir auch, wie das Aufkommen des Internets die Methodik der Erforschung alten Materials verändert hat, indem es bisher unzugängliche Dokumente durchsuchbar macht und, was ebenso wichtig ist, die Möglichkeit zur Einrichtung von Kommunikationsnetzen zwischen interessierten Rechercheuren und Gelehrten in vielen Ländern bietet.
In unserem Fazit geben wir dann noch einmal einen Überblick über die wesentlichen Muster, die wir der historischen Entwicklung der Beobachtungen entnehmen konnten, und stellen die Frage, in welcher Beziehung diese Muster zu dem Phänomen stehen, das sich noch heute beobachten lässt.
Um späteres Nachschlagen zu vereinfachen, haben wir die folgenden Symbole benutzt, welche die Art der einzelnen Berichte kennzeichnen:
Unidentifiziertes Himmelslicht
Unidentifiziertes Himmelsobjekt
Entführung
Phänomen mit physischen Beweisen
Wesen (allein)
Wesen in Kombination mit Himmelsphänomen
Kommunikation
Die Symbole stammen aus der Sammlung mittelalterlicher Objekte von Dover Publications (Copyright © 2022).
TEIL 1
Eine Chronologie der Wunder
TEIL 1 A
Chronologie bis 1000 n. Chr.
Antike Aufzeichnungen zu unidentifizierten Himmelsphänomenen bringen ihre speziellen Probleme mit sich. Im Gegensatz zu modernen Berichten werden sie oft in schwer zugänglichen Bibliotheken aufbewahrt und von Wissenschaftlern ignoriert. Zudem sind sie häufig in nahezu unbekannten Sprachen verfasst und wurden nur selten präzise übersetzt. Hinweise auf ihre Existenz finden sich zumeist nur in Sekundärquellen, wo die Darstellung oft verzerrt ist, um bestimmten religiösen oder politischen Glaubenssystemen Rechnung zu tragen; das trägt dazu bei, dass sie als Quellen recht zweifelhaft sind. Werden sie im Internet oder in der populären Literatur zitiert, sind sie dort oft so entstellt, dass sie kaum wiedererkennbar sind.
Die Untersuchung solcher Fälle muss also mit der Suche nach einer Primärquelle beginnen. In vielen Fällen handelt es sich dabei um einen Chronisten, einen Historiker oder einen Astronomen. Zudem sollte es eine Bewertung des Kontexts geben, in dem die Sichtung stattgefunden hat. Es überrascht nicht, dass die besten Aufzeichnungen dieser Art aus jenen alten Kulturen stammen, die über für ihre Zeit fortschrittliche astrologische und meteorologische Kenntnisse verfügten. Aus China und dem Römischen Reich sind beispielsweise wertvolle, oft sogar mit genauen Datumsangaben versehene astronomische Berichte erhalten; auch Japan und der Nahe Osten spielen hier eine wichtige Rolle.
Da man damals noch nichts über die Natur von Himmelsobjekten wie Meteore oder Kometen wusste, wurden Beobachtungen derartiger Phänomene oft als »Vorboten« oder »Omen« gedeutet. Chronisten verwiesen gern auf bestimmte historische Ereignisse, die sich nach solchen Beobachtungen zutrugen, und vermuteten eine Kausalität. Diese durchaus natürliche Neigung zeitigte jedoch zwei unbeabsichtigte Folgen: Zum einen trug sie dazu bei, dass die Sichtungen am ehesten im Zusammenhang mit bestimmten politischen oder religiösen Weltanschauungen erwähnt werden; zum anderen sind durch die Verbindung mit historischen Aufzeichnungen grundlegende Fakten der Sichtung für die Nachwelt bewahrt – was es uns Hunderte oder Tausende Jahre danach noch ermöglicht, Phänomene wie Kometen, Meteore oder Novae besser zu verstehen.
Unter den besagten Aufzeichnungen finden sich aber auch Berichte, für die es in der heutigen Wissenschaft nach wie vor keine konventionelle Erklärung gibt. In manchen Fällen hat die Umdeutung auffallender Sichtungen zu mystischen Ereignissen wahrscheinlich aber auch dazu geführt, dass Berichte, die uns heute als physikalische Anomalien interessieren würden, verloren gingen.
In extremen Fällen hat ein solcher Vorgang zu dem Volksglauben geführt, dass sich »die Götter« durch übernatürliche Manifestationen in menschliche Angelegenheiten einmischten. Für weltliche oder kirchliche Autoritätspersonen war es natürlich praktisch, behaupten zu können, dass eine göttliche Macht ihre Ansichten unterstützte oder sie in die Schlacht führte.
Bei der Auswahl der Fälle für diese Chronologie haben wir besonders auf solche tendenziösen Darstellungen geachtet, um den Eindruck zu vermeiden, dass Himmelsphänomene direkt in die irdische Geschichte eingegriffen haben. Wie noch zu sehen sein wird, waren die gesellschaftlichen und psychologischen Auswirkungen aber natürlich höchst real und nachhaltig, wenn auch nur aufgrund der Interpretationen der Ereignisse durch die Zeugen und ihre Zeitgenossen.
Auch heute ist die Lage noch ähnlich, wie man an den vielen heftigen Diskussionen über Flugobjekte, deren Art und Herkunft sowie die möglichen technischen Schlussfolgerungen daraus sieht. Aus diesem Grund ist das Studium der ältesten Aufzeichnungen auch so bedeutend für ein Verständnis der unidentifizierten Luftraumphänomene, die bis heute gemeldet werden.
Je weiter wir in der Zeit zurückgehen, desto mehr haben unsere unidentifizierten Fälle mit Mythologie denn mit Geschichte zu tun. Dennoch wollen wir dem Leser die große Vielfalt an einschlägigen Erfahrungen zeigen, über die im Lauf der Jahrhunderte berichtet wurde. Daher haben wir in diesem ersten Abschnitt unsere Auswahlkriterien im Hinblick auf Daten und Inhalt etwas gelockert und gegebenenfalls kritische Anmerkungen beigesteuert.
Das Symbol kennzeichnet Fälle, deren Art oder Quelle unserer Meinung nach weiterer Informationen bedarf, weil sie entweder vage, unsolide oder nicht ausreichend dokumentiert sind. Wir haben sie zur Veranschaulichung und als Anregung für weitere Forschungen dennoch aufgenommen.
1.
circa 1460 v. Chr., oberes Retjenu, Libanon Ein »Stern« besiegt die Nubier
Die Stele von Gebel Barkal, die zur Ehren des Pharaos Thutmosis III. errichtet wurde, beschreibt ein fantastisches Himmelsereignis, das während eines Krieges stattfand:
Da ging ein Stern auf südlich von ihnen. Nie geschah etwas Ähnliches. Er strahlte aber gegen sie [die Nubier] an seiner richtigen Stelle. Da konnte keiner bestehen. (Zeilen 33–36)
[Der Stern] stellte sich über sie, als ob sie nicht existierten, und dann waren sie hingestreckt in ihrem eigenen Blut. Nun war [der Stern] hinter ihnen her mit Glut gegen ihre Gesichter. Keiner von ihnen fand seine Hand [konnte sich verteidigen], keiner blickte sich um. Sie hatten keine Gespanne mehr, die auf [der Steppe] zerstreut waren. […] Dies ist das Wunder, das Amon für mich, seinen geliebten Sohn, gewirkt hat, um alle Fremdlandbewohner die Macht seiner Majestät sehen zu lassen.
Quelle: Dieses Dokument, dessen Echtheit unbestritten ist, wurde erstmals 1933 in einer deutschen ägyptologischen Zeitschrift veröffentlicht: Zeitschrift für ägyptische Sprache undAltertumskunde 69:24–39.
Der Text, der heute im Museum of Fine Arts im amerikanischen Boston ausgestellt ist, wurde von Archäologen bei Ausgrabungen im Amuntempel am Fuß des Berges Gebel Barkal in der ausgedehnten Bayuda-Wüstenebene gefunden. Die Stele besteht aus Granit, misst 172 x 90 x 18 cm und wurde am 23. August 1457 v. Chr. zum Gedenken an die bedeutenden militärischen Siege des Thutmosis III. in Asien errichtet.
2.
1347 v. Chr., Tell el-Armana, Niltal, Ägypten Echnatons fliegende Scheibe
Pharao Echnaton, auch unter seinem Geburtsnamen Amenophis IV. bekannt, hatte ein außergewöhnliches Erlebnis, das großen Einfluss auf die ägyptische Geschichte haben sollte. Laut Inschriften auf der »Grenzstele«, die am Rande von Amarna zu finden ist, schlenderte Echnaton eines Sommermorgens am Fluss entlang und bewunderte die Pracht der Natur, bevor er aufblickte und »eine leuchtende Scheibe« vom Himmel herabsteigen sah.
Er hörte die Stimme der Sonnenscheibe (»Aton«) selbst, die ihn anwies, eine neue Hauptstadt für Ägypten zu erbauen und ihr den Namen Achetaton (»Horizont der Sonnenscheibe«) zu geben.
In der Regierungszeit von Amenophis IV. wurde die Stadt Achetaton tatsächlich Ägyptens Hauptstadt. Das Hieroglyphensymbol für das Wort »Horizont« war eine Scheibe, die über eine Bergkette flog.
Echnaton gründete auch eine neue Religion, die auf der Verehrung der Sonnenscheibe aufbaute. Damit ging er in die Geschichte ein als mächtigster Ketzer des alten Ägyptens. Obwohl die Scheibe sich auf die Form der Sonne bezieht, ist es interessant, dass die grundlegende Scheibenform, die oft in Kunstwerken zu sehen ist und in alten Manuskripten erwähnt wird, von modernen Autoren immer wieder als Beweis für »fliegende Untertassen« zitiert (oder falsch zitiert) wird.
Quelle: David P. Silverman, Josef William Wegner und Jennifer Houser Wegner – Akhenaten and Tutankhamun: Revolution and Restoration (Philadelphia: University of Pennsylvania Museum of Archaeology and Anthropology 2006), S. 44–47.
3.
circa 850 v. Chr., an den Ufern des Jordan, Israel Elijas Aufstieg in den Himmel
Der Prophet Elija (1. Könige 16,29 bis 2. Könige 2,18) stammte aus Tischbe im Ostjordanland und übte sein geistliches Amt während der Regierungszeit von Ahab (874–853 v. Chr.), dem König des Nordreiches Israel, und dessen Sohn König Ahasja (853–852 v. Chr.) aus. Die Probleme begannen, als Ahab die phönizische Prinzessin Isebel ehelichte und in Samaria einen Baalstempel errichtete.
Baal war der Sonnengott der Phönizier; ein Kultpfahl stellte die Reise des Gottes durch die zwölf Tierkreiszeichen dar. Dem Alten Testament zufolge erzürnte Ahab »den Herrn« mehr als andere Könige Israels vor ihm, weil er einen »falschen Gott« anbetete.
Der Prophet Elija (Elias) überbrachte König Ahab die göttliche Botschaft, dass Gott eine Dürre über sein Königreich bringen werde. Die Bedeutung dieser Botschaft bestand darin, dass Baal wegen seiner angeblichen Macht über den Himmel und das Wetter verehrt wurde, sodass die Botschaft Gottes eine direkte Herausforderung und ein Zeichen des Missfallens war.
Abb. 1: Elijah wird in einem Feuerwagen in den Himmel aufgenommen (Gustave Doré)
Im zweiten Kapitel des zweiten Buchs der Könige kommt eine Episode vor, in der Elija offenbart, dass er bald »weggenommen« werden wird:
Als sie drüben angekommen waren, sagte Elija zu Elischa: Sprich eine Bitte aus, die ich dir erfüllen soll, bevor ich von dir weggenommen werde. Elischa antwortete: Möchten mir doch zwei Anteile deines Geistes zufallen. Elija entgegnete: Du hast etwas Schweres erbeten. Wenn du siehst, wie ich von dir weggenommen werde, wird es dir zuteil werden. Sonst aber wird es nicht geschehen.
Während sie miteinander gingen und redeten, erschien ein feurigerWagen mit feurigen Pferden und trennte beide voneinander. Elija fuhrim Wirbelsturm zum Himmel empor. 2. Könige, 2,11
Elija war der einzige Prophet im Alten Testament, der nicht starb, sondern laut der biblischen Erzählung in den Himmel weggenommen wurde. Bis heute erwarten die Juden seine Rückkehr. Beim Pessachfest werden ein leerer Stuhl und ein Kelch mit Wein zur Mahnung an diesen Glauben an beziehungsweise auf den Tisch gestellt. Die Mormonen wiederum glauben, dass Elija am 3. April 1836 wiederkehrte, als er Joseph Smith erschien.
Quelle: Wo nicht anders angegeben, wird im gesamten Buch die Einheitsübersetzung der Bibel aus dem Verlag Herder verwendet. [Anm. d. Übers.]
4.
circa 593 v. Chr., Chaldäa, am Fluss Kebar, Irak Die Entführung des Ezechiel
Die Bibel (Ezechiel, Kapitel 10) berichtet, dass der Prophet Ezechiel ein seltsames Gefährt am Himmel über sich erscheinen sah. Über dessen Räder lesen wir, dass es schien, »als laufe ein Rad mitten im andern«. Auch von einer leuchtenden Kuppel und vier Wesen ist die Rede. Ezechiel wurde auf einen Berggipfel transportiert, ohne zu wissen, wie er dorthin gekommen war, und blieb verstört zurück – eine Erfahrung, die an zahlreiche zeitgenössische Berichte von angeblichen Entführungsopfern erinnert.
Wir sind nicht so naiv zu glauben, dass die biblische Ezechiel-Geschichte, die Jahrhunderte nach dem Leben des Propheten niedergeschrieben wurde, so etwas wie einen Bericht aus erster Hand über eine Beobachtung darstellt, ebenso wenig wie Elijas Aufstieg in den Himmel im vorangegangenen Beispiel. In der Wikipedia ist zu lesen, dass »die akademische Gemeinschaft zur Frage nach der Urheberschaft des Buches unterschiedliche Ansichten vertritt. W. Zimmerli hat die Theorie, dass Ezechiels ursprüngliche Botschaft von einer späteren Schule beeinflusst wurde, die die Prophezeiungen mit einem tiefergehenden Verständnis ausstattete. Andere Gruppen, wie die von M. Greenberg geleitete, nehmen nach wie vor an, dass ein Großteil des Buches von Ezechiel selbst stammt. Manche Wissenschaftler vermuten, dass die im Buch Ezechiel beschriebene Person an Temporallappenepilepsie litt – einer Krankheit, die mehrere typische Symptome aufweist, die in dem Text zum Ausdruck kommen. Dazu gehören Hypergraphie, Hyperreligiosität, Ohnmachtsanfälle, Mutismus und Pedanterie; das alles sind Symptome, die dem sogenannten Geschwindsyndrom zugeordnet werden.«
Trotz dieser Einschränkungen ist der Bericht schon wegen Ezechiels Beschreibung eines Phänomens ungewöhnlich, das die Menschen seiner Zeit sicher beeindruckt hat und dessen fantastische Bilder bis heute bemerkenswert sind:
Ich sah: Ein Sturmwind kam von Norden, eine große Wolke mit flackerndem Feuer, umgeben von einem hellen Schein. Aus dem Feuer strahlte es wie glänzendes Gold. Mitten darin erschien etwas wie vier Lebewesen. Und das war ihre Gestalt: Sie sahen aus wie Menschen. Jedes der Lebewesen hatte vier Gesichter und vier Flügel.
Später heißt es:
Ich schaute auf die Lebewesen: Neben jedem der vier sah ich ein Rad auf dem Boden. Die Räder sahen aus, als seien sie aus Chrysolith gemacht. Alle vier Räder hatten die gleiche Gestalt. Sie waren so gemacht, dass es aussah, als laufe ein Rad mitten im andern. Sie konnten nach allen vier Seiten laufen und änderten beim Laufen ihre Richtung nicht. …
Gingen die Lebewesen, dann liefen die Räder an ihrer Seite mit. Hoben sich die Lebewesen vom Boden, dann hoben sich auch die Räder. Sie liefen, wohin der Geist sie trieb. Die Räder hoben sich zugleich mit ihnen; denn der Geist der Lebewesen war in den Rädern. (Ezechiel 1,4–21)
Abb. 2: Die Entführung des Ezechiel
Später beschreibt Ezechiel etwas, das man heute als »Entführung« bezeichnen würde:
2,9 Und ich sah: Eine Hand war ausgesteckt zu mir; sie hielt eine Buchrolle.
3,12 Da hob mich der Geist empor, und ich hörte hinter mir ein Geräusch, ein gewaltiges Dröhnen, als sich die Herrlichkeit des Herrn von ihrem Ort erhob,
3,13 das Geräusch von den Flügeln der Lebewesen, die einander berührten, und das Geräusch der Räder neben ihnen, ein lautes, gewaltiges Dröhnen.
3,14 Der Geist, der mich emporgetragen hatte, trug mich fort. Ich ging dahin, mit bitterem und grollendem Herzen, und die Hand des Herrn lag schwer auf mir.
3,15 So kam ich zu den Verschleppten, die am Fluss Kebar wohnten. Und ich saß dort sieben Tage lang verstört mitten unter ihnen.
Erwähnenswert ist noch, dass diese Beschreibung einige Wörter enthält, die nur einmal im Buch Ezechiel vorkommen, und sogar manche, die im gesamten Alten Testament nur einmal erwähnt werden. Das deutet darauf hin, dass der Prophet versuchte, eine Vision zu vermitteln, die sein Verständnis überstieg – und dass die Übersetzer dazu imstande waren, seine Erfahrung angemessen wiederzugeben.
5.
464 v. Chr., Rom, Italien Wundersame Gestalten und Figuren
Zitat aus dem Liberde Prodigiis (»Buch der Vorzeichen«) des Julius Obsequens:
Unter den Konsuln Aulus Postumius Albus Regillensis und Spurius Furius Medullinus Fusus erschien erneut und mit großer Pracht ein Feuer am Himmel und viele andere Wunder mit Gestalten und seltsamen Figuren zeigten sich und jagten den Betrachtern Angst ein.
Solche Berichte werden in alten Texten häufig gefunden, sind aber trotz ihres verlockenden Kontexts für uns nur von geringem Interesse, weil sie in keiner Weise auf die Beschreibung eines tatsächlichen Ereignisses hinweisen. Ein »Feuer am Himmel« könnte ein gewöhnlicher Meteor oder ein Polarlicht gewesen sein, und es gibt keinen Beweis dafür, dass die »Gestalten und seltsamen Figuren« am Himmel zu sehen waren. Diese Überlegungen sind für die meisten Wissenschaftler, die sich mit antiken Texten befassen, nachvollziehbar – und haben uns dazu veranlasst, viele solcher Quellen aus unserer Chronologie auszuschließen.
In diesem Fall ist auch noch anzumerken, dass die Version der Obsequens-Chronik, die den hier zitierten Bericht enthält, nicht das Original ist. Im Jahr 1552 bearbeitete der Humanist Conrad Wolffhart (1518–1561), der den griechischen Namen Lykosthenes angenommen hatte, die Chronik und fügte Illustrationen aus Holzschnitten hinzu. Das Liber deProdigiis des Julius Obsequens war ein Bericht über die Vorzeichen, die in Rom zwischen 190 und 12 v. Chr. zu beobachten waren. Da ein Teil des ursprünglichen Textes nicht mehr erhalten war, rekonstruierte Lykosthenes die fehlenden Teile, beginnend mit dem Jahr 749 v. Chr., aus anderen historischen Quellen. Daher stammen die Obsequens zugeschriebenen Aufzeichungen aus der Zeit vor 190 v. Chr. möglicherweise nicht aus dem lateinischen Original.
Quelle: Lykosthenes – JuliiObsequentis Prodigiorum Liber … per Conradum Lycosthenem Rubeaquensem integrati suae restitutus (Basel 1552).
6.
404 v. Chr., Attika, Griechenland Geführt von einer leuchtenden Säule am Himmel
Als Thrasybulos die Exilanten nach Phyla zurückbrachte und dabei nicht ausgekundschaftet werden wollten, wurde eine Säule sein Wegweiser, als er durch eine pfadlose Gegend marschierte. … Am mondlosen und stürmischen Himmel zeigte sich ein Feuer, das ihnen den Weg wies. Nachdem es sie sicher ans Ziel geführt hatte, verließ es sie in der Nähe von Munychia, wo sich heute der Altar des Lichtbringers befindet.
Anmerkung: Wir haben keine Aufzeichnungen über einen Kometen in dieser Zeit gefunden; die Beobachtung bleibt ungeklärt.
Quelle: Clemens von Alexandria – Stromata, Buch 1, Kapitel 24. Zitiert nach The Ante-Nicene Fathers, Translations of the Writings of theFathers down to A. D. 325 von Rev. Alexander Roberts und James Donaldson (Hrsg.), überarbeitet und zusammengestellt von A. Cleveland Coxe, Vol. II: Fathers of the Second Century (Edinburgh Reprint 2001).
7.
circa 343 v. Chr., in der Nähe von Sizilien, Italien Ein flammendes Licht
In der aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. stammenden Historischen Bibliothek (Buch 16, 24–5) des Diodor von Sizilien lesen wir, dass die Seereise des Timoleon von Korinth nach Sizilien von einem flammenden Licht (oder auch mehreren) geleitet wurde, die der Autor lampas nennt:
Der Himmel kam seiner Unternehmung zu Hilfe und sagte seinen kommenden Ruhm und den Glanz seiner Leistungen vorher – die ganze Nacht ging ihm eine am Himmel leuchtende Fackel voraus, bis zu dem Moment, als das Geschwader in Italien anlegte.
Anmerkung: Es könnte sich bei diesem Phänomen um einen Kometen gehandelt haben, doch laut Gary Kronks Cometography wurde es nie mit einem bekannten Kometenobjekt in Verbindung gebracht. P. J. Bicknell schreibt in The Classical Quarterly (»Das Datum von Timoleons Überfahrt nach Italien und der Komet von 361 v. Chr.« in New Series, Vol. 34, Nr. 1, 1984, 130–134), dass »eine Kometenhypothese kaum mit der Implikation von Diodors Bericht vereinbar ist, dass die lampas bei Anbruch der Nacht sichtbar gewesen und daher der Sonne gegenüberliegend gewesen seien. … Alles in allem kann man sich nur schwer der Vermutung entziehen, dass Diodor (oder seine Quelle) die Sache mit den lampas um der dramatischen Wirkung willen übertrieben hat …«
Bicknell neigt zur Interpretation der Objekte als spektakulärer Meteorschauer, eventuell die Lyriden, womit das Datum der Reise mit 21. März 344 v. Chr. anzusetzen wäre. Dies erklärt jedoch nicht, wie das Phänomen »die ganze Nacht« in einer feststehenden Richtung beobachtet werden konnte.
Quelle: Gary Kronk – Cometography: A Catalog of Comets, Volume 1: Ancient – 1799 (Cambridge: Cambridge University Press 1999).
8.
218 v. Chr., Amiternum, Italien Phantomschiffe
Zu Rom oder in seiner Nähe ereigneten sich in diesem Winter viele Vorzeichen, oder es wurden, wie dies der Fall zu sein pflegt, wenn die Stimmung zur Götterfurcht einmal da ist, viele einberichtet und geradezu geglaubt. … Am Himmel hätten sich strahlende Schiffe sehen lassen; … im Gebiete von Amiternum hätten sich an mehreren Orten weiß gekleidete Menschen in der Ferne sehen lassen, die sich aber niemandem genähert hätten.
Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Himmelsbeobachtungen einen Zusammenhang mit den anderen Berichten gehabt hätten; das Geheimnis scheint nur durch das Zusammentreffen seltsamer Ereignisse größer geworden zu sein. In ihren chronologischen Kapiteln fügten sowohl Plinius als auch Livius eine Liste aller Vorzeichen ein, die für ein bestimmtes Jahr gemeldet und in den Annales maximi für die Konsuln gesammelt worden waren. Diese Annalen existierten schon zur Zeit von Livius und Plinius nicht mehr; das erklärt, warum die uns erhaltenen römischen Wunder nur nach dem Jahr datiert sind und sich durch eine seltsame Aneinanderreihung nicht miteinander zusammenhängender Ereignisse auszeichnen.
Quelle: Titus Livius – Römische Geschichte. Einundzwanzigstes Buch, übersetzt von Konrad Heusinger (Braunschweig: Friedrich Vieweg 1821); zu finden unter: https://www.projekt-gutenberg.org/livius/roemisch/root.html.
9.
216 v. Chr., Arpi, Apulien, Italien Schilde
Zu Arpi hat man Schilde am Himmel und die Sonne mit dem Monde im Kampfe gesehen, und zu Capena bei Tage zwei Monde.
Diese Beschreibung von Livius deutet auf scheibenförmige Flugobjekte hin, könnte sich aber auch auf Meteore beziehen, da wir die Dauer der Beobachtung nicht kennen.
Quelle: Titus Livius – RömischeGeschichte. Zweiundzwanzigstes Buch, a. a. O.
10.
2. August 216 v. Chr., Cannae, Apulien, Italien Runde Objekte, weiße Figuren
Während der berühmten Schlacht, in der Hannibal am 2. August 216 v. Chr. in Cannae in der apulischen Ebene nahe Barletta der römischen Armee ihre größte Niederlage zufügte, wurde ein geheimnisvolles Phänomen beobachtet:
Am Tag der Schlacht wurden am Himmel über Apulien runde Objekte in Form von Schiffen gesehen. Die wundersamen Erscheinungen dauerten die ganze Nacht an. Am Rand solcher Objekte sah man weiß gekleidete Männer – wie Geistliche, die um einen Pflug herumstanden.
Quelle: die italienische Zeitschrift Cielo e Terra (August 1967): 2. Da wir keine Originalquelle ausfindig machen konnten, nehmen wir dieses Zitat aus einer Publikumszeitschrift unter Vorbehalt – da es aus dieser Zeit eine Unmenge fiktiver historischer Erzählungen gibt – auf und räumen eine mögliche Verwechslung mit Fall Nummer 8 ein.
11.
Juni 213 v. Chr., Adria, Golf von Venedig, Italien Männer am Himmel gesichtet
Bei Adria wurde ein Altar am Himmel gesehen und um ihn herum die Gestalten von weiß gekleideten Männern.
Abb. 3: Eine Interpretation der Adria-Sichtung
Die obige Illustration versucht die Szene einzufangen. Sie deutet auf ein Ereignis hin, das für die Historiker bemerkenswert genug war, es schriftlich festzuhalten. Wir vermuten jedoch, dass eine Ortsverwechslung mit dem Fall 218 v. Chr. in Amiternum vorliegt. Die weiße Kleidung deutet auf sakrale Gewänder hin.
Quelle: Lykosthenes – Julii Obsequentis …, a. a. O.
12.
173 v. Chr., Lanuvium, Albano Laziale (Lanuvio), Italien Luftflotte
In der Erwartung des Macedonischen Krieges beschloss der Senat, ehe man diesen unternähme, die Schreckzeichen zu sühnen und durch die aus den Büchern der Schicksale angegebenen Gebete um die »Gnade der Götter« nachzusuchen. Zu Lanuvium hatten sich – so hieß es – Erscheinungen einer großen Flotte am Himmel gezeigt. …
Quelle: Titus Livius – Römische Geschichte. Zweiundvierzigstes Buch, a. a. O.
13.
163 v. Chr., Cassino, Region Latium, Italien Nächtliche Lichter und Geräusche
Eine »Sonne« schien nachts mehrere Stunden lang. Im Originaltext heißt es: