Year of Passion. April - J. Kenner - E-Book
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Year of Passion. April E-Book

J. Kenner

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Beschreibung

Alle lieben meinen anzüglichen Humor, doch niemand weiß, wie viel Schmerz sich dahinter verbirgt. Vor allem nicht die Frauen, die mein Bett teilen, denn ich lasse sie niemals an mich heran. Ich lasse sie niemals hinter die Fassade meiner Celebrity-Persönlichkeit blicken.

Dann traf ich sie. Shelby Drake.

Eine ehrgeizige, konservative, schüchterne Wirtschaftsprüferin, nicht der Typ Frau, der mir normalerweise auffällt. Doch ihr weicher Mund, die Andeutung ihrer Kurven, ihre tiefe Sinnlichkeit, das alles raubt mir den Verstand. Und nach einem betrunkenen One-Night-Stand bin ich mir sicher, dass ich mehr will. Viel mehr.

Nun bin ich auf sinnlicher Mission. Denn ich werde alles tun, um Shelby zu beweisen, dass sich Gegensätze anziehen.

Über »Year of Passion«

Sexy Sixpacks, breite Schultern und verführerische Blicke – in der Bar The Fix geht es heiß her. Ein attraktiver Mann nach dem anderen liefert auf dem Laufsteg eine atemberaubende Show. Und die Damen in der Jury haben die Qual der Wahl: Welche zwölf Kandidaten werden gewinnen und am Fotoshooting für den heißesten Kalender aller Zeiten teilnehmen?

Mit dieser genialen Publicity-Aktion will eine Gruppe von Freunden ihre Lieblingsbar vor dem Aus retten. Schnell wird klar, dass es um noch viel mehr geht als den Kalender: Während sich die Atmosphäre immer weiter aufheizt, entflammen die Gefühle – und für jeden der zwölf Männer führt eine aufregende Begegnung zu ungeahnten Konsequenzen ...

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J. KENNER

YEAR of PASSION

APRIL

ROMAN

Aus dem Amerikanischen von Anu Katariina Lindemann

Die Serie

»Mit dieser Serie trifft J. Kenner mitten ins Herz!« Carly Phillips

Sexy Sixpacks, breite Schultern und verführerische Blicke – in der Bar The Fix geht es heiß her. Ein attraktiver Mann nach dem anderen liefert auf dem Laufsteg eine atemberaubende Show. Und die Damen in der Jury haben die Qual der Wahl: Welche zwölf Kandidaten werden gewinnen und am Fotoshooting für den heißesten Kalender aller Zeiten teilnehmen?

Mit dieser genialen Publicity-Aktion will eine Gruppe von Freunden ihre Lieblingsbar vor dem Aus retten. Schnell wird klar, dass es um noch viel mehr geht als den Kalender: Während sich die Atmosphäre immer weiter aufheizt, entflammen die Gefühle – und für jeden der zwölf Männer führt eine aufregende Begegnung zu ungeahnten Konsequenzen …

Entdecken Sie zwölf leidenschaftliche Liebesgeschichten:

Year of Passion – Januar

Year of Passion – Februar

Year of Passion – März

Year of Passion – April

Year of Passion – Mai

Year of Passion – Juni

Year of Passion – Juli

Year of Passion – August

Year of Passion – September

Year of Passion – Oktober

Year of Passion – November

Year of Passion – Dezember

Die Autorin

Die Bestsellerautorin J. Kenner arbeitete als Anwältin, bevor sie sich ganz ihrer Leidenschaft, dem Schreiben, widmete. Ihre Bücher haben sich weltweit mehr als drei Millionen Mal verkauft und erscheinen in über zwanzig Sprachen. J. Kenner lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in Texas, USA. Ihre lieferbaren Romane und Erzählungen finden Sie unter J. Kenner im Diana Verlag. Wenn Sie mehr über J. Kenner erfahren wollen, entdecken Sie Das große J. Kenner Fanbuch.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Vollständige deutsche E-Book-Ausgabe 12/2018

Copyright © 2018 by Julie Kenner

Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel Man of the Month.

Start Me Up bei Martini & Olive.

Copyright des deutschsprachigen E-Books © 2019 by Diana Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Anita Hirtreiter

Umschlaggestaltung: t.mutzenbach design, München

Umschlagmotiv: © sergiophoto, surachet khamsuk, Christopher Hall, MrVander/ Shutterstock

Satz: Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich

Alle Rechte vorbehalten

e-ISBN 978-3-641-23720-2V002

www.diana-verlag.de

1

»Guuuuuuuten Morgen, Austin!«, schmetterte Nolan in bester Robin-Williams-Manier ins Mikrofon. »Es ist sechs Uhr am Mittwochmorgen, und wenn ihr geglaubt habt, früh genug aufgestanden zu sein, um dem Berufsverkehr zu entgehen, dann seid ihr noch durchgeknallter als ich. Da draußen herrscht das totale Chaos, aber das ist schon okay, weil’s hier drin auch ganz schön verrückt zugeht. Allerdings werde ich hier sein, um eure Autofahrt noch ein bisschen abgefahrener zu machen. Ganz egal, ob ihr gerade einfach nur die Straße entlangfahrt oder durch die ganze Stadt düst.«

Er drückte auf die Taste an seinem Bedienpult, um die Titelmelodie von Twilight Zone abzuspielen, dann lehnte er sich näher an das Mikro, senkte die Stimme und ahmte Rod Serling nach. »Es liegt zwischen Comedy und Dummheit, zwischen Humor und Schwachsinn. Ganz recht, liebe Leute. Ich bin euer Moderator – Nolan Wood! Und das hier ist …« Er legte eine Kunstpause ein, während der Sendeleiter Connor den Hall bei den Soundeffekten erhöhte, und beendete das Ganze schließlich mit dem Titel der Sendung Mornings with Wood.

Seine kleine Showeinlage hatte er im Stehen gemacht – es mochte zwar erst sechs Uhr in der Früh sein, doch vor einer Sendung war Nolan immer aufgekratzt und gab gut gelaunt sein Bestes –, aber jetzt ließ er sich auf seinen Stuhl plumpsen. Er rollte gerade etwas zurück in Richtung Rückwand des kleinen verglasten Studios, als Connor das Zeichen gab, den Satisfaction-Soundeffekt abzuspielen. Das war ein kleiner Clip, den Nolan zusammengeschnitten hatte, der zu steigendem Applaus anschwoll und mit dem befriedigten »O Nolan!«-Schnurren einer Frau seinen Höhepunkt fand.

Dann wurde die Titelmusik der Show, die zur Hauptsendezeit lief, abgespielt. Sie endete mit dem Slogan, der von einem der Sprecher des Senders aufgezeichnet worden war: »Ihr hört Mornings with Wood bei KIKX Austin auf 96.3. Zeitlose Musik und klassenloses Gequatsche mit eurem Moderator – Nolan Wood!«

Ganz im Rhythmus – so natürlich wie Sex – war Nolan wie aufs Stichwort wieder zurück am Mikro, sein ganzer Körper summte vor Energie, als er in seine Rolle verfiel. »Ganz recht, Camper! Es ist ein wundervoller Maimorgen. Die Sonne scheint. Das Gras ist grün. Die Vögel zwitschern. Südlich von Mo-Pac in der Nähe der Far-West-Ausfahrt kommt es zu einem verdammt großen Verkehrsaufkommen. Haut ab, solange ihr noch könnt, weil das alles andere als schön ist. Und falls ihr keine alternative Route haben solltet … na ja, dann hoffe ich, dass euch der Anblick von eurem Armaturenbrett gefällt, weil das – mit Ausnahme von dem Heck des Wagens vor euch – euer einziger Anblick sein wird, bis ihr von dem Highway zur Hölle wieder runterkommt. Und wenn das mal kein guter Übergang ist, dann fällt mir auch nichts mehr ein. Hier gibt’s jetzt gleich AC/DC, um euch ein bisschen wachzurütteln und um euren Schmerz zu lindern.«

Als Nolan aufhörte zu reden, spielte Connor Highway to Hell ab, und Nolan blickte grinsend auf. »Verdammt, ich liebe diesen Job!«

»Gut«, erwiderte Connor. »Weil ich ihn nämlich mit Sicherheit nicht wollen würde.« Er schaute runter auf den gelben Notizblock, den er immer dabeihatte. »Als Nächstes kommt ein Werbespot, und womit willst du danach weitermachen? Musikwünsche? Naked News? Super-Dating-Event?«

Das war einer der Gründe, warum Nolan es liebte, mit Connor zu arbeiten. Nolans letzter Sendeleiter hatte darauf bestanden, dass er das Programm immer im Voraus plante. Aber als Connor vor neun Monaten bei ihnen eingestiegen war, hatte Nolan gesagt, dass die Show mehr Energie haben würde, wenn er mehr Spielraum hätte. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass sein Wunsch auf Widerstand stoßen würde, doch der dünne ehemalige Surfer aus Kalifornien hatte lediglich mit den Schultern gezuckt und gemeint, dass, solange Nolan wusste, was er tat, er mit seiner vollen Unterstützung rechnen könnte.

Und um mal ganz ehrlich zu sein – wenn Connor Titten gehabt hätte, wäre Nolan in dem Moment auf die Knie gegangen und hätte ihm einen Heiratsantrag gemacht. Aber unter den gegebenen Umständen hatte er seinen neuen Sendeleiter anschließend nur auf einen Drink in seiner Lieblingsbar – The Fix on Sixth – eingeladen. Dann hatten sie sich gegenseitig ihre Lebensgeschichten erzählt, während sie bei diesem althergebrachten Männerfreundschaftsritual dermaßen viel tranken, bis sie sternhagelvoll waren.

Und was diese Heiratssache anging, wäre daraus sowieso nichts geworden. Gail, mit der Connor seit fünf Jahren verheiratet war, hätte dieser Idee niemals zugestimmt. Andererseits vielleicht ja doch. Schließlich hatte Gail – im Gegensatz zu Nolans Ex – durchaus Sinn für Humor.

Frustriert schüttelte Nolan den Kopf, um die unwillkommenen Gedanken an Lauren zu verscheuchen. »Machen wir mal weiter mit Come With Me«, schlug er vor und bezog sich damit auf einen neuen Beitrag, den er sich erst vor Kurzem ausgedacht hatte.

Connor räusperte sich. »Was das angeht: nein. Jedenfalls nicht, solange uns Manny noch nicht sein Okay gegeben hat. Er glaubt, dass du es noch mit zu vielen Orgasmus-Witzen übertreiben wirst.«

Die meiste Zeit über ließ der Geschäftsführer des Senders, Manuel Ortega, Nolan relativ freie Hand. Aber ab und zu wurde er stinksauer wegen einer bestimmten Idee.

»Es ist doch nur ein Beitrag, in dem es ums Reisen geht«, protestierte Nolan. Was ja mehr oder weniger auch stimmte. In diesem Falle dann allerdings wohl eher weniger als mehr.

»Du wirst also nicht den Gewinner auswählen, der zuerst durch-kommt? Und ich meine damit nicht im übertragenen Sinn.«

»Wie wär’s, wenn wir einfach Naked News machen«, schlug Nolan vor und schenkte seinem Freund sein charmantestes Lächeln, um dessen Frage aus dem Weg zu gehen. »Ich hab jetzt Lust, sichtbar zu werden.«

Connor grinste und schüttelte den Kopf in vorgetäuschter Verzweiflung, während er nach seinem Telefon griff. Als Nolan das erste Mal das Live-Video-Streaming einiger Beiträge auf den Social-Media-Plattformen des Senders vorgeschlagen hatte, war Connor sich noch unsicher gewesen. Aber bei ihrem ersten Versuch – mit nichts weiter als Nolan hinter dem Mikro, der gerade irgendetwas auf die Schippe nahm – waren die Einschaltquoten in die Höhe geschossen, und Anrufer hatten stundenlang die Telefonleitungen blockiert.

Connor, der nie ein schlechter Verlierer war, war am nächsten Tag mit einer Liste von Beiträgen, die sie in Nolans Programm einarbeiten könnten, zur Arbeit gekommen. Als er Naked News vorschlug, hatte Nolan seinem Kumpel auf die Schulter geklopft, sich eine Pseudo-Träne aus dem Augenwinkel gewischt und Connor gesagt, dass er so stolz wie ein frischgebackener Vater sei.

Jetzt rollte Nolan die Hauptrequisite für den Beitrag vor seinen Stuhl – es war ein Bild einer mit Schaumblasen gefüllten Badewanne, das auf einer Sperrholzplatte aufgemalt war. Daraufhin riss er sich sein T-Shirt vom Leib und setzte sich, während Connor das Smartphone auf einem Stativ in einem 90-Grad-Winkel zu der Requisite positionierte.

An diesem Morgen trug Nolan eine Jogginghose. Für einen zusätzlichen Effekt zog er das linke Hosenbein hoch und enthüllte sein Bein, schleuderte den Schuh weg und ließ dann seinen Fuß über den hölzernen Rand der Fake-Wanne baumeln. Dadurch war er von seinem normalen Mikro zu weit entfernt, aber sie hatten noch andere Mikros, die man von oben herunterziehen konnte und die an vier zentralen Stellen im Studio installiert waren. Er schnappte sich das Mikrofon über ihm, zog es bis zum richtigen Level herunter und griff schließlich nach der Zeitung.

In den drei Sekunden, die der Werbespot noch dauerte, lehnte sich Nolan auf seinem Platz zurück. Sobald sich der Spot dem Ende zuneigte, legte er los. Er erzählte seinem Publikum, dass mit Naked News die Stunde der Wahrheit gekommen war. »Wir waschen den Dreck ab und übergeben euch nichts als die harte, saubere Wahrheit hinter der Story. Und all das machen wir live!« Begleitet wurde das Ganze von dem Beifall und Jubel von einem der vielen einprogrammierten Soundeffekte der Sendung.

Er drehte den Kopf in die Richtung der Kamera, als das Streaming begann. Die Folge war, dass jeder Zuhörer, der gerade nicht hinter dem Lenkrad saß – und traurigerweise wahrscheinlich auch ein paar, die gerade durchaus hinter dem Steuer saßen –, zu den Social-Media-Accounts des Senders wechseln und sich dort dann etwas ansehen konnte, was so aussah wie ein nackter Nolan, der in einer Wanne voller Schaumblasen hockte, sein Bein über den Badewannenrand hängen ließ und eine aufgeschlagene Zeitung vor sich hatte. Die Zeitung blieb natürlich auf wundersame Weise trocken.

Eine der Aufgaben des Senders war es, die Zuhörer über lokale Neuigkeiten auf dem Laufenden zu halten. Auch wenn die Nachrichtenabteilung das schon komplett übernahm, sah sich Connor dennoch jeden Morgen die Austin American-Statesman durch und lieferte Nolan anschließend einen mündlichen Bericht als Teil für dessen Vorbereitung auf die bevorstehende Sendung. Er fand immer irgendetwas in den Nachrichten, was er in Comedy-Gold verwandeln konnte.

Der heutige Tag war da keine Ausnahme. Er hatte etwas über die vor Kurzem stattgefundene Beauftragung eines Beratungsunternehmens von der Stadt gefunden, um die Vor- und Nachteile besser abwägen zu können, ob die Stadt innerstädtische historische Gebäude und Grundstücke erwerben sollte, um diese dann als Museen und andere Treffpunkte zu erhalten. »Wissen die denn nicht, dass Alkohol ein Konservierungsmittel ist? Das macht aus der Sixth Street eine der am besten erhaltenen historischen Straßen des ganzen Landes. Was zur Hölle wollen die denn noch? Und wenn wir schon mal dabei sind – lasst uns doch mal ein paar Tickets für das bevorstehende Pink-Chameleon-Konzert in San Antonio verschenken. Nur noch etwas über einen Monat – und dann ist es schon so weit!«

Er hielt sich an den Armlehnen seines Stuhls fest, was die Zuschauer jedoch nicht sehen konnten. Danach drückte er sich hoch, sodass es aussah, als ob sein Oberkörper aus den Fake-Schaumblasen emportauchen würde. Im selben Augenblick drückte Connor auf die Taste für die tiefe, rauchige Frauenstimme. »Ooooh, Nolan! Du bist ja so groß und stark! Erzähl mir mehr!«

»Stets zu Ihren Diensten«, sagte er grinsend in die Kamera, während er zurück auf seinen Stuhl und somit in die falschen Schaumblasen rutschte. Normalerweise ging Connor immer auf Nummer sicher, dass Nolan über mindestens fünf Nachrichtenthemen informiert worden war. Heute hatte das zweite Thema auf Connors Liste Nolan jedoch einen Schock versetzt, sodass er bei den letzten drei Themen mit seinen Gedanken ganz woanders gewesen war. Weshalb Nolan seinen Sendeleiter nun auch damit verwirrte, dass er die Konzerttickets schon viel früher weggab als normalerweise.

Verdammt! Jetzt brauchte Nolan etwas, womit er die freie Zeit überbrücken konnte.

»Pink Chameleon hat einen glänzenden, funkelnden Grammy bekommen, und die Performance verspricht, allererste Sahne zu sein. Die Leadsängerin Kiki King ist ein Mädel aus Austin, und ich bin mir sicher, dass sie sich freut, zurück in Texas zu sein – für diese zwei zusätzlichen Auftritte in Dallas und San Antonio. Also wie gewinnt ihr? Der erste Anrufer, der den ursprünglichen Namen von Austins historischer Sixth Street kennt, ist unser glücklicher Gewinner.«

Daraufhin begann er, die Anrufe entgegenzunehmen – und war überrascht, wie viele Hörer keine Ahnung hatten. »Müssen alle während der großen kalifornischen Migration hierhergezogen sein«, sagte er in die Kamera. Aber dann rief der sechste Anrufer an und wusste die richtige Antwort – Pecan Street –, und Nolan holte eine altmodische Autohupe aus seiner Requisitenkiste heraus, hielt sie über die Badewanne und hupte siegreich.

»Und das war’s, Leute …«, schloss er und gab Connor damit zu verstehen, dass der Beitrag nun vorbei war. Doch Connor – verflucht sollte er sein – gab ihm ein Zeichen, er solle mit der Naked-News-Nummer weitermachen. Offensichtlich hatte er gerade irgendeine kleine Panne am Bedienungspult.

Na ja, Scheiße! Denn während Nolan normalerweise kein Problem damit hatte, sich mit Müllreden seinen Weg durchs Leben zu bahnen, und jegliche Nachrichten oder Tratsch auf die Schippe nahm, waren die Neuigkeiten, die er im Briefing gehört hatte, absolut nichts, über das er nachdenken wollte, und noch weniger wollte er darüber reden.

Doch es gab keine anderen Nachrichten mehr. Es sei denn, dass Nolan selbst die Zeitung überfliegen und eine Geschichte auf Sendung auseinanderpflücken wollte. Aber da so etwas nicht passieren würde, musste er sich entweder auf die Neuigkeiten über seine Exfrau Lauren und ihren wunderbaren neuen Ehemann stürzen … oder er müsste einfach die Zeit absitzen, ohne einen Mucks zu sagen.

Und in Nolans Sendung gab es so etwas nie.

Scheiß drauf, dachte er. Und dann gab er sich ganz seiner Erniedrigung hin.

»Die nächste Neuigkeit ist zum Teil eine öffentliche Bekanntmachung. Bloß eine freundliche Erinnerung an euch arglose Leute da draußen, gewissenhaft mit Zeitungen umzugehen. Ihr wisst nie, wann die Worte ihre Hand ausstrecken und zuschnappen. So wie an diesem Morgen. Seht ihr das?« Er zeigte auf seinen Hals. »Bissspuren. Große, heftige, spitze Bissspuren. Solche, die nur von wilden Tieren und von Exfrauen zurückgelassen werden.«

Connor hob den Kopf und runzelte die Stirn, was Nolan nicht überraschte. Er war zweiundzwanzig gewesen, als Lauren und er sich nach nicht so schönen sechs Monaten getrennt hatten. Heute war er neunundzwanzig und dachte kaum noch an sie. Und neigte auch ganz bestimmt nicht dazu, sie mal beiläufig zu erwähnen – nicht einmal bei ausschweifenden Trinkgelagen mit seinen Kumpels.

»Sie und ihr Senatoren-Ehemann – und ja, ich meine damit einen unserer Senatoren aus Texas – sind allem Anschein nach anlässlich ein paar Veranstaltungen in der Stadt. Unter anderem waren sie gestern Abend bei einem Empfang in der Villa des Gouverneurs. Ich hoffe, es gab dort Eisskulpturen. Es wäre schade, diese frostigen Exfrau-Vibes ungenutzt zu lassen.«

Eigentlich wollte er an diesem Punkt aufhören, doch sein Mund quasselte einfach immer weiter. »Aber jetzt mal ganz im Ernst, Leute. Ich wünsche den beiden nur das Beste. Natürlich hat sie immer gesagt, dass mein Bestes nicht besonders gut war. Aber wisst ihr was? Ich denke, da irrt sie sich ganz gewaltig. Schaut mich jetzt doch mal an!«

Mit einer Handbewegung zeigte er auf die Fake-Badewanne, dann drückte er sich wieder hoch und wies mit einer Hand auf seinen Oberkörper, von dem er verdammt genau wusste, wie gut der bei Frauen ankam. »Nackt und im Radio. Ich meine, kommt schon. Kann es denn überhaupt noch besser werden als das? Also, weißt du was, Baby? Hier ist alles, was ich dir zu sagen habe.«

Er drehte seine Hand, um den Stinkefinger in die Kamera zu halten, und bekam noch mit, dass Connor – nur wenige Sekunden bevor dieses Bild live übertragen wurde – die Kamera ausschaltete. Aber – und da war sich Nolan ziemlich sicher – nicht schnell genug, um Manny zu beruhigen.

Und dann bediente Connor wie ein echtes Programmierungsgenie die Regler und schaltete Nolans Mikro aus, während er die wilden Klänge von Toby Keiths How Do You Like Me Now?! einspielte.

»Verdammt perfekt«, sagte Nolan.

»Was zur Hölle?«, entgegnete Connor. »Ich informiere dich darüber, was in dem Artikel steht, und du erwähnst nicht mal, dass die Frau des Senators deine Ex ist?«

»Das war auch nicht besonders erwähnenswert, das kannst du mir ruhig glauben.«

Connor kniff die Augen zusammen. Er sah aus, als ob er gerade überlegen würde, ob Nolan das auch wirklich ernst meinte.

Er glaubte ihm.

»Sie ist sehr hübsch, und ich war jung und dumm. Aber wir haben nie wirklich zusammengepasst. Sie war ein kleines reiches Mädchen, und es ging ihr einzig und allein um ihr Image. Und darum, dass ihr ganzes Leben – und jede Person, die darin eine Rolle spielte – wie aus dem Bilderbuch war. Als wir damals zusammen waren, dachte ich, sie wäre eine Prinzessin. Es hat eine Weile gedauert, bis ich kapiert hab, dass sie mich für einen Frosch hielt.«

Bevor sie ihn verließ, hatte sie ihm noch gesagt, dass sie heißen Sex und multiple Orgasmen mit Liebe verwechselt hätte. Dass er für sie ein aufregendes Abenteuer gewesen wäre und sie Spaß mit ihm gehabt hätte, aber sie letztendlich einen Mann wollte, der es irgendwann mal zu etwas bringen würde, und sie ihn hätte niemals heiraten sollen. Allem Anschein nach war ihre Vorstellung von Prince Charming wohl kein Highschool-Abbrecher, der nur ein bescheidenes Gehalt als Angestellter und Teilzeit-Tontechniker bei einem winzigen Radiosender vierzig Meilen außerhalb von Austin hatte.

Er schüttelte den Kopf und versuchte, die Überbleibsel der Gedanken an Lauren aus seinem Hirn zu verscheuchen. »Heute ist es besser. Hauptsächlich hänge ich mit anderen Fröschen ab. Und was Prinzessinnen angeht …«

Mit einem Achselzucken verstummte er allmählich, dachte an all die hübschen Frauen, die ihm heute hinterherliefen, da er eine lokale Berühmtheit war. »Ich lasse sie in mein Bett«, gab er zu, weil Connor das sowieso schon wusste. Nolan ging jedes Mal sicher, dass keine Frau, die er flachlegte, jemals unbefriedigt sein Bett verließ oder sich über seinen mangelnden sexuellen Ehrgeiz beschwerte. »Aber ich suche nach nichts Festem.«

Er hatte sich schon mal zum Deppen gemacht. Das würde ihm nie wieder passieren – auf gar keinen Fall.

2

»Das hier ist eine richtig schlechte Idee«, murmelte Shelby, als sie aus Hannahs Mercedes stieg und versuchte, auf den ungewohnten zehn Zentimeter hohen Absätzen aufrecht zu stehen.

»Blödsinn«, erwiderte Hannah und blickte über das Autodach zu Shelby. Die kupferfarbenen Highlights in ihren blonden Locken schimmerten in der späten Nachmittagssonne und schienen mit Hannahs verschmitztem Grinsen um die Wette zu strahlen. »Junggesellinnenabschiede verlangen nun mal nach einem passenden Geschenk. Vertrau mir – was Flitterwochen-Zubehör angeht, ist kein Ort in Austin besser geeignet als Forbidden Fruit.«

Shelby blickte auf die rosarote Ladenfront in der Schickimicki-Shoppingmeile North Loop. In großen Buchstaben stand der Name des Geschäfts auf einem Panoramafenster, was Shelby erschaudern ließ, weil einfach jeder, der an dem Laden vorbeilief, sie da drin sehen würde. Shelby gehörte jetzt wirklich nicht zu dieser Sorte Frau, die in einen Sexshop ging. Ja, sie besaß einen Vibrator, aber den hatte sie auf ordnungsgemäße Weise besorgt – still und heimlich bei einem Versandhaus bestellt, das eine diskrete Verpackung versprach. Und selbst da hatte sie ganze zwei Tage abgewartet, bis sie die Schachtel öffnete. Danach hatte sie sich in ihrem Schlafzimmer verbarrikadiert, bevor sie mit der Nagelschere das Klebeband durchschnitt.

All das hatte sie getan, obwohl sie alleine lebte und gerade kein anderer Mensch bei ihr zu Hause gewesen war. Doch was ein paar Dinge anging, konnte man gar nicht vorsichtig genug sein.

Hannah lachte nur und schüttelte den Kopf, als sie um den Wagen herumkam und nach Shelbys Ellenbogen griff. »Du schaffst das. Komm schon. Sieh es als Meilenstein in deinem Leben. Eine verrückte Sache, die du auf deiner Liste mit Dingen, die du vor deinem Tod gemacht haben willst, abhaken kannst.«

»Verrückt ist genau das richtige Wort«, murmelte Shelby, während sie neben ihrer Freundin zum Eingang stöckelte und sich wünschte, ihre bequemen Pumps und ihr gewohntes Leinenkostüm mit dem Rock, der ihr bis unter das Knie reichte, zu tragen. Aber nein. Sie stand gerade kurz davor, einen Sexshop zu betreten, während sie Pornotreter und ein hautenges, kurzes schwarzes Kleid anhatte, das sie sich von Hannah ausgeliehen und das einen Schlitz hatte, der von dem Kleidersaum in Knielänge bis zur Mitte ihres Oberschenkels reichte. Beide Frauen waren gleich groß, während Hannah allerdings schlank und athletisch war, hatte Shelby deutliche Kurven, an die sich die Elasthan-Baumwoll-Mischung wie Frischhaltefolie anschmiegte.

Damit sich kein Slip abzeichnen konnte, trug sie einen Tanga, und ihre Beine waren nackt. Was in Anbetracht dessen, dass Shelby normalerweise immer eine Strumpfhose anhatte, ziemlich befremdlich war, weil sie einen deutlichen Luftzug an Stellen spürte, wo sie so etwas normalerweise nicht fühlte.

Aber jetzt mal ganz im Ernst – warum hatte sie überhaupt auf Hannah gehört? Denn nun stand Shelby kurz davor, in einen Sexshop hineinzuspazieren, und war auch noch so angezogen, als ob sie dort sei, um sich mit einem Vorrat an Arbeitsutensilien einzudecken.

»Du schuldest mir was«, sagte sie zu Hannah.

»Na schön. Und jetzt komm schon. Es ist fast sieben, und um acht müssen wir schon wieder zurück in der Innenstadt sein, um die Mädels zu treffen.«

Der Junggesellinnenabschied war für Celia James, eine der Sekretärinnen bei Brandywine Financial Consulting – die Firma, bei der Shelby als Wirtschaftsprüferin und Hannah als Unternehmensjuristin arbeitete. Die Feier fand mitten in der Woche statt und war eine zwanglose Angelegenheit, da Celia ihre offizielle Party bereits mit ihren Collegefreundinnen in Cancún gehabt hatte. Als Shelby Hannah darauf hingewiesen hatte, um ihrem Argument Nachdruck zu verleihen, dass Arbeitskleidung – oder selbst Jeans und ein Blazer – doch völlig in Ordnung wären, hatte Hannah ihr Beste-Freundinnen-Vetorecht aus dem Ärmel geschüttelt.

»Na schön«, erwiderte Shelby. »Aber ich will nach wie vor nicht lange bleiben. Schließlich muss ich morgen arbeiten.«

»Wir müssen morgen alle arbeiten«, konterte Hannah und hielt dann die Glastür auf. »Komm schon.«

Mit einem Seufzer gab Shelby nach, und ihre Augen wurden immer größer, als sie in der Mitte eines höhlenartigen Raums stand und die Auslagen eingehend inspizierte. Wände voller Vibratoren und Dildos. Behälter mit Gleitgel. Es gab Bereiche in dem Laden mit Handschellen und Augenbinden und anderen BDSM-Sextoys. Und Leder. Viel Leder.

Eine freundlich lächelnde Frau begrüßte die beiden Freundinnen und fragte, ob sie ihnen behilflich sein könnte, aber Hannah versicherte ihr, dass bei ihnen alles in Ordnung sei. Shelby sagte überhaupt nichts dazu, doch vor lauter Schreck entfuhr ihr ein leises Quieken. Es war nicht so, dass sie prüde war. Natürlich hatte sie durchaus schon mal Sex gehabt – und auch nicht nur in der Missionarsstellung.

Aber das hier war ja so dermaßen öffentlich.

Anfangs klebte sie noch förmlich an Hannah. Als ihre Freundin allerdings die Verkäuferin herbeirief, um sich von ihr die Vor- und Nachteile von verschiedenen Vibratoren erklären zu lassen, schlenderte Shelby weg und fand sich schließlich in der Nähe einer Vitrine wieder, in der Leder-Handfesseln, eine Augenbinde aus Pelz und eine Rolle von irgendetwas, was wie Isolierband aussah, lagen.

Sie biss sich auf die Unterlippe, als ihr Blick über die Auslage schweifte. Ein angenehmes Kribbeln begann sich unterhalb ihres Bauchnabels auszubreiten, und sie versuchte sich vorzustellen, wie sie nackt in einem Bett lag – mit der Maske über ihren Augen und ihre Arme ans Kopfende gefesselt.

Fast schon konnte sie den Druck der rauen und starken Hände eines Mannes spüren, die ihren Körper herunterwanderten und sich schließlich um ihre Hüften legten. Und dann die Hitze seines Mundes an ihrer Brust, als er …

»Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«

Shelby kreischte tatsächlich auf und geriet auf ihren hohen Absätzen ins Wanken, während sie versuchte, wieder festen Halt zu finden. »Ich … hm … nein. Ich warte bloß auf meine Freundin.«

»Sehen Sie sich ruhig um«, sagte die Verkäuferin. »Und wenn Sie Hilfe brauchen, einfach Bescheid sagen!«

»Oh. Natürlich. Unbedingt.«

Die Frau drehte sich bereits um, als Shelby ihr – zu ihrer eigenen Überraschung – dann doch eine Frage stellte. »Was ist das hier eigentlich?« Sie zeigte auf die Rolle Isolierband. »Tut das nicht weh?«

Die Frau schüttelte den Kopf, sie wirkte freundlich und sehr professionell. »Nein, das Bondage-Tape haftet nur an sich selbst. Deshalb wird es nicht an Ihrer Haut ziepen oder irgendwelche Rückstände hinterlassen«, erklärte sie. »Viel unauffälliger als Handschellen und unendlich vielseitiger einsetzbar.«

»Ohhhh!«, sagte Hannah, die gerade hinter ihnen auftauchte.

»Für mich dann bitte auch eine Rolle davon.« Sie zwinkerte Shelby zu. »Wir werden dafür sorgen, dass Celia die besten Flitterwochen aller Zeiten haben wird. Ich denke, das war dann alles«, sagte sie zu der Verkäuferin.

»Wunderbar. Kommen Sie einfach zur Kasse, wenn Sie fertig sind.«

Hannah nickte und gab Shelby einen kleinen Schubs. »Schaust du auch noch nach einer Kleinigkeit für dich? Ich meine, da gibt’s ja schließlich immer Alan, oder …«

Shelby runzelte die Stirn, als sie an Alan Lowe dachte, einen Assistenzprofessor, den sie datete, seitdem ihre Mutter sie vor drei Monaten einander vorgestellt hatte. Sie hatte ihrer Tochter versichert, dass die beiden perfekt zueinanderpassen würden. Was tatsächlich so war. Alan war lieb, höflich und aufmerksam. Und die beiden Male, die sie miteinander geschlafen hatten, waren auch ganz nett gewesen. Aber …

Sie schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht, dass Bondage-Tape Alans Ding ist.«

Hannahs Lippen wurden dünner, als sie sich ganz offensichtlich das Lachen verkniff.

»Was?«

»Ich finde nur deine Wortwahl äußerst interessant. Nicht Alans Ding? Heißt das, dass es dein Ding ist?«

Shelby rollte mit den Augen. »Oh, ich bitte dich. Geh zahlen, und dann nichts wie raus hier.«

Hannah schaute auf die Uhr. »Scheiße. Wir müssen tatsächlich los.« Als sie in Richtung Kasse eilte, warf Shelby noch einen letzten Blick auf die Handschellen und das Bondage-Tape.

Definitiv nicht Alans Ding, aber auch wenn sie nie richtig darüber geredet hatten, fest zusammen zu sein, so war Alan im Moment doch der einzige Kerl, der in Shelbys Leben eine Rolle spielte.

Also wer war dieser fremde Mann in ihrer heißen kleinen Fantasie? Und warum hatte sie überhaupt irgendwelche Fantasien? Sie war schließlich mit Alan und ihrer zwanglosen Nicht-Beziehung vollkommen glücklich und zufrieden. Vielleicht lief zwischen ihnen alles ein bisschen langsamer, als es heutzutage üblich war, aber daran war doch auch nichts verkehrt.

»Um auf Alan zurückzukommen …«, fing Hannah an, als sie wieder in ihrem Auto saßen und in Richtung Innenstadt fuhren. »Ganz offensichtlich fesselt er dich nicht, und um den Verstand vögelt er dich wohl auch nicht …«

»Hannah!«

»Also was ist da zwischen euch beiden eigentlich los?«

»O mein Gott«, sagte Shelby ein bisschen verwirrt, weil Hannahs Frage ihre eigene so genau wiedergab, wenn auch auf eine total demütigende Weise. »Du bist echt unmöglich.«

»Ich weiß. Das bin ich wirklich. Es ist einfach nur so leicht, dich zu ärgern. Aber die Frage ist völlig legitim. Wir beide haben schließlich schon seit Wochen nicht mehr die Möglichkeit gehabt, mal in Ruhe zu quatschen. Und ich will doch wissen, was bei dir los ist!«

Shelby zog eine Schulter hoch, war wieder ein bisschen besänftigt. »Alan ist toll. Er ist der perfekte Mann. Klug. Attraktiv. Und er hat eine Stelle an der Uni.« Alan war Assistenzprofessor an der UT im selben Institut, in dem auch ihre Mutter arbeitete. Diese hatte einen Posten auf Lebenszeit als Professorin in dem Institut für Statistik und Data Science. Und Shelbys Vater – ein hochrangiger Statistiker bei der State of Texas – war der Meinung, dass Alan ein toller Kerl war.

»Mom sagt, dass er eines Tages wahrscheinlich der Dekan des Instituts sein wird«, fügte Shelby noch hinzu.

»Und?«

»Und was?«

»Ach, komm schon, Shel. Vergiss mal das Bondage-Tape … Bringt er deinen Motor auf Hochtouren?«

Shelby grinste. »Meinem Motor geht’s ausgezeichnet. Außerdem geht es in einer Beziehung doch um weitaus mehr als nur um Sex.« Alan war nett, klug, belesen, und sie interessierten sich beide für dieselben Dinge, wie zum Beispiel Konzerte, Filmklassiker und ruhige Abende zu Hause.

Alles in allem machten Shelby und Alan Sinn. Genauso wie eine Reaktionsgleichung einen Sinn ergab. Und genauso wie in der Mathematik konnte Shelby bereits sehen, wie sich die Formel umsetzte. Noch zwei weitere Monate der gelegentlichen Treffen, und dann würden sie über eine feste Beziehung reden. Sechs Monate später würden sie sich verloben. Im Sommer darauf würden sie heiraten, und vor dem nächsten Winter wäre sie schon Mrs. Alan Lowe.

Hannah warf Shelby einen flüchtigen Blick zu, bevor sie in den Spiegel schaute und die Spur wechselte. »Ich … ach, vergiss es.«

»Was?«

»Ach, nichts. Ich schwör’s. Es ist bloß so, dass … na ja, ich will nicht mit ansehen, dass du dich nur mit ihm zufriedengibst.«

»Alan zu daten bedeutet nicht, sich mit etwas zufriedengeben. Er ist dieser Typ Mann, der der perfekte Ehemann und Vater wäre.«

»Du wirst ihn heiraten?«

»Na ja, natürlich nicht sofort. Aber ich glaube, Alan erfüllt definitiv alle wichtigen Kriterien.«

Hannah zog die Augenbrauen hoch. »Auch, was die ehelichen Pflichten angeht?«

»Was soll das denn jetzt heißen?«

»Ich will doch bloß, dass du auch deinen Spaß hast.«

Shelby setzte sich aufrechter hin. »Ich habe Spaß. Nur weil ich nicht durch die Gegend vögele, heißt das noch lange nicht, dass ich keinen Spaß habe.«

»Oh, verdammt«, erwiderte Hannah. »Du weißt, dass ich das nicht so gemeint habe.«

Shelby sank auf ihrem Platz in sich zusammen. »Ich weiß«, sagte sie. Und das tat sie auch. Ihr ganzes Leben hatte sie wohlmeinende Freunde gehabt, die sie für schüchtern oder ruhig oder langweilig oder für eine zu große Intelligenzbestie hielten, als dass sie ihr irgendwelche sozialen Kompetenzen zugetraut hätten. Und vielleicht stimmte das ja auch. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie nicht glücklich war. Das war sie nämlich sehr wohl! Schließlich hatte sie ihr Ehrgeiz sehr erfolgreich gemacht.

Und außerdem wusste Shelby auch ganz genau, was sie wollte – sowohl in beruflicher als auch in privater Hinsicht.

Was ihre Karriere betraf, war Shelby bereits von Zahlen besessen gewesen, seitdem ihr Vater ihr das Einmaleins beigebracht hatte. Die Art, wie es funktionierte, was es darstellte, die stromlinienförmige Schönheit der Wahrheit, die es repräsentierte.

Wirtschaftsprüfung passte perfekt zu ihr. Sie half nicht nur anderen Leuten und Firmen, sondern konnte auch in dieser festgelegten Welt mitspielen, die einfach immer einen Sinn ergab. Weil letztendlich – zumindest in der Welt der Wirtschaftsprüfung – zwei plus zwei immer vier ergab.

Sie wünschte sich ein Zuhause wie dasjenige, in dem sie aufgewachsen war – ein Zuhause, in dem es Respekt und Sicherheit gab und einen Partner, der sowohl ambitioniert als auch loyal seiner Familie gegenüber war. Ein Mensch, der das Leben und Beziehungen ernst nahm.