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Kayla war noch klein, als ihre Mutter verschwand und bereits erwachsen, als ihr Vater verstarb. Ihre beste Freundin Ava stand ihr zur Seite und sie kämpften sich gemeinsam durchs Leben. Als sie ihrem Ex wieder über den Weg lief, stellte sich ihre ganze Welt auf den Kopf. Sie hätte sich gleich für ihn entscheiden sollen und für ihn kämpfen, anstatt sich auf jemand anderes einzulassen. Denn dieser jemand hatte keine guten Absichten, weder ihr noch sonst jemandem gegenüber.
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Seitenzahl: 261
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Es ist mir eine große Freude und Ehre, all denen meine aufrichtige Dankbarkeit auszusprechen, die einen Beitrag dazu geleistet haben, mein Buch Wirklichkeit werden zu lassen.
Ein besonderer Dank geht an Fernando, der mit unermüdlichem Engagement und akribischer Sorgfalt das Manuskript überarbeitet und korrigiert hat. Dein Einsatz hat maßgeblich dazu beigetragen, dass dieses Buch die bestmögliche Form erreichen konnte.
Kevin, deine Inspiration hat mir die kreativen Türen geöffnet und neue Perspektiven eröffnet. Deine Ideen haben diesem Werk eine zusätzliche Tiefe verliehen, die ohne dich nicht möglich gewesen wäre.
Meiner geliebten Oma möchte ich für ihre stetige Motivation danken. Deine Worte haben mir in den schwierigen Momenten die Kraft gegeben, weiterzumachen, und in den guten Zeiten meine Freude geteilt.
Ein herzliches Dankeschön geht an meine Freunde, die sich die Zeit genommen haben, das Buch zu lesen und konstruktives Feedback zu geben. Eure Perspektiven haben mir geholfen, das Werk zu verfeinern und zu verbessern.
Zuletzt, aber keineswegs weniger wichtig, möchte ich mich bei allen Lesern bedanken, die sich das Buch gekauft haben und es lesen. Eure Unterstützung gibt meinem Schreiben einen Sinn, und ich hoffe, dass die Seiten dieses Buches euch genauso viel Freude bereiten, wie es mir Freude gemacht hat, sie zu schreiben.
Mit tief empfundener Dankbarkeit,
Eure Laura
Prolog
Kapitel 01
Kayla
Kapitel 02
Juliano
Kapitel 03
Kayla
Juliano
Kapitel 04
Kayla
Kapitel 05
Juliano
Kayla
Kapitel 06
Kayla
Juliano
Kapitel 07
Kayla
Juliano
Kapitel 08
Lucia
Juliano
Kapitel 09
Kayla
Ava
Kapitel 10
Juliano
Kapitel 11
Kayla
Juliano
Kapitel 12
Kayla
Kapitel 13
Kayla
Lucia
Kapitel 14
Juliano
Kapitel 15
Juliano
Kayla
Kapitel 16
Kayla
Juliano
Kapitel 17
Kayla
Ava
Kapitel 18
Juliano
Kayla
Epilog
Juliano
Ich lag einfach nur neben ihm und sah ihn an. Ich konnte mein Glück kaum fassen, dass er wirklich hier war. Sanft drückte ich ihm einen Kuss auf die Schläfe und er gab ein leises Brummen von sich. Im nächsten Moment drehte er sich zu mir und lächelte mich verschlafen an.
„Ich liebe dich“, gab er verträumt von sich und entlockte mir ein Lächeln. Er sah so perfekt aus und das, obwohl er gerade aufgewacht war. Er schlang seine Arme um mich und mit einer perfekten Bewegung schaffte er es, dass ich im nächsten Moment auf ihm saß.
„Ich liebe dich“, flüsterte ich und küsste ihn. Es fühlte sich immer noch so an, als wäre das alles ein wunderschöner Traum, aus dem ich nicht mehr aufwachen wollte. Ich liebte diesen Menschen mit jeder Faser meines Körpers. Jeder Kuss war so elektrisierend und magisch. Jede Berührung gab mir ein Gefühl der Leichtigkeit und Schwerelosigkeit. Seine Stimme war atemberaubend und sexy. Sein Geruch ließ mich auf Wolke sieben schweben. Er war es, der mich daran glauben ließ, dass es so etwas wie wahre Liebe tatsächlich gab. Ich fühlte mich so unglaublich sicher und beschützt, wenn er in meiner Nähe war.
„Ich kneife meine Augen jetzt ganz fest zusammen, denn ich glaube, ich träume immer noch. Wenn ich sie wieder öffne, bist du sicher nicht mehr hier.“ Also schloss ich sie ganz fest und als ich sie wieder öffnete, war er immer noch hier.
„Siehst du? Ich bin noch da. Du träumst nicht. Es passiert tatsächlich“, schmunzelte er und zog mich an sich, um mich zu küssen. „Und du wirst sehen, ich werde auch morgen und übermorgen und die Tage danach noch hier sein. Weil ich dich liebe.“
Ich war immer noch davon überzeugt, dass das alles nur meiner Fantasie entsprang.
„Wieso machst du dich an meinen Freund ran?“ Ich wollte noch nicht einmal auf ihre Poolparty und nun kann ich mir schon wieder Lucias Wahnvorstellungen anhören, die sie tagtäglich mit jedem teilen musste. Mit eisigem Blick musterte sie mich und wartete auf eine Antwort, doch mehr als ein Lächeln würde sie nicht von mir bekommen. Ich machte es mir mittlerweile zur Aufgabe, sie zu belächeln und zu provozieren. Es war jedes einzelne Mal wie in einer Irrenanstalt, wenn sie damit begann, mich zu beschuldigen, dass ich mich schon wieder an ihren Freund herangemacht habe. Und es amüsierte mich zutiefst. Wie zu erwarten, machte sie das umso wütender. Ich meinte fast ein paar Rauchwolken aus ihren Ohren aufsteigen zu sehen und musste unweigerlich laut loslachen. Amüsiert betrachtete ich sie, wie sie mit beiden Armen verschränkt vor mir stand und ihre Augen vor Wut funkelten. Würden Blicke töten können, wären vermutlich sämtliche Personen auf dieser Party bereits umgefallen und sie hätte ihre Seelen bestimmt in sich aufgesaugt. Ob sie meine Seele auch begehrte?
„Jetzt beruhige dich doch. Ich habe nichts mit deinem überheblichen und arroganten Freund. Behalte deine Wahnvorstellungen bitte für dich und hol dir endlich Hilfe, Lucia. Wie oft wir dieses Thema eigentlich durchkauen müssen, ist schon gespenstisch. Schön langsam ist es nur mehr lächerlich. Komm runter von deinem hohen Ross und werde endlich lockerer.“, ich versuchte es ihr gelassen und möglichst ohne Lachen zu vermitteln. Es fiel mir irrsinnig schwer, gelassen zu bleiben und mich nicht unabsichtlich auf ihr Niveau herabzulassen. Man sah ihr ganz genau an, wie sich auf ihrer hohen Stirn immer mehr Falten bildeten. Jeden Moment würde sie platzen und versuchen mich zu erniedrigen und mich bloßzustellen. Ihr rundes Gesicht wurde von Sekunde zu Sekunde roter und sah aus wie eine Tomate. Dieser Anblick war göttlich im Angesicht dessen, dass ich es liebte, sie auf die Palme zu bringen. Mit großen Schritten kam sie im nächsten Moment auf mich zu gestampft und packte mich bei meinem langen Pferdeschwanz. Sie hatte mich tatsächlich fest im Griff. Ich hatte keine Lust mich zu wehren, denn das, was sie jetzt mit mir vorhatte, wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Es würde bestimmt den Rahmen sprengen. Sie schrie mich an und verfluchte mich sogar.
Fast alle Leute hatten sich bereits um uns versammelt. Sie sahen uns verwundert, erstaunt und sogar freudig zu. Einige wussten, worauf es hinauslief, und fingen auch schon damit an, sie anzufeuern. Wie auf dem Basketballfeld, wenn die Cheerleader ihre Posen vorführten. Jedoch schien es Lucia überhaupt nicht zu kümmern, was die Leute um uns herum fabrizierten. Sie schrie mich weiterhin unbekümmert an.
„Du bist das größte Miststück, das mir jemals über den Weg gelaufen ist. Zu all dem besitzt du auch noch die Frechheit, dich an meinen Freund heranzumachen. Du weißt ganz genau, dass wir seit der Highschool ein Paar sind. Also sag mir, warum du das machst!“
„Also wenn du das, was ihr habt, eine Beziehung nennst, weiß ich nicht mehr, was die wirkliche Bedeutung davon ist“, brachte ich noch von den Lippen, ehe ich erneut in Lachen ausbrechen musste. Dann fiel es mir wieder ein, warum ich die Situation vielleicht doch nicht so sehr ausreizen sollte. Ihre Eltern waren Anwälte und nahmen ihre kleine, ach so arme Tochter immer in Schutz. Und wehe, es würde ihr jemand psychischen oder physischen Schaden zufügen. Diesen Tag würde dieser Jemand niemals überleben, geschweige denn überhaupt vergessen. So weit würde es Juliano aber nicht kommen lassen. Er war meine einzige Chance, dieser Situation zu entkommen, ohne dass mir etwas widerfährt. Denn nur er konnte sie besänftigen. Ich weiß nicht, wie er das jedes Mal aufs Neue schaffte, aber egal, was er tat, es half wirklich, mich vor einem schrecklichen Schicksal zu bewahren. Dennoch glaubte ich, dass ich nun wirklich zu weit ging. Sie zog noch fester an meinen Haaren und stolzierte mit mir in Richtung Pool. Im nächsten Moment riss sie meinen Kopf hoch, sodass ich ihr in ihre schmalen eisblauen Augen schauen musste und fragte mich unmissverständlich, ob ich mich nicht doch lieber entschuldigen wolle. Sie legte ihren Kopf provokant auf die Seite und war jederzeit bereit für den nächsten Schritt. Tief im Inneren wusste ich bereits, was mir gebührte, wenn ich nicht tat, wonach sie verlangte. Doch ich wollte es wissen. Ich musste es wissen und flüsterte ihr mit einem Grinsen auf den Lippen zu: „Nein, du Bitch.“ Sie kochte bereits und fing langsam an zu zittern vor Wut. Lucia riss an meinen Haaren, gab mir noch einen Schubs und ich landete rückwärts im Pool. Einen kurzen Moment fragte ich mich, woher sie diese Kraft nahm, und dann fiel mir wieder ein, dass sie Judo praktizierte. Und trotzdem war sie so zierlich und schmal.
Ich hielt die Luft so lange an, wie es nur möglich war. Vielleicht würde sie dann so etwas wie Reue oder Angst verspüren. Konnte sie das überhaupt? Oder sie wäre einfach nur froh darüber, dass ich abkratzte. Zum Glück ragte nur mein Rücken aus dem Wasser, denn so konnte niemand sehen, wie sehr ich mich anstrengte, nicht zu lachen. Kurz bevor ich auftauchen wollte, spürte ich, wie mich jemand unter den Schultern packte und aus dem Wasser zog. „Gott, bitte lass es nicht Juliano sein“, flehte ich innerlich. Ich musste mich noch mehr konzentrieren, nicht die Augen zu öffnen oder meine Miene zu verziehen. Es würde alles ruinieren und trotzdem interessierte es mich brennend, wer mein Ritter in der Not war.
Er legte meinen Kopf vorsichtig auf seine Oberschenkel und streichelte mit seiner rauen Hand vorsichtig über meine weiche Wange. Er zitterte. „Verdammt. Es ist Ju.“ Keiner sonst würde sich so sehr sorgen, dass er zittern würde. „Kayla, bitte wach auf“, flüsterte er kaum hörbar in mein Ohr. Langsam öffnete ich sie uns sah direkt in seine kastanienbraunen Augen, die vollkommen in Angst gehüllt waren. „Mir geht es gut. Ich danke dir für deine Rettung, jedoch wollte ich ihr nur etwas Angst machen. Sei mir bitte nicht böse.“ Ich biss die Zähne zusammen und zwang mich zu einem entschuldigenden Lächeln. Ich hoffte, dass er mir nicht allzu sehr böse war. Aber jede Hoffnung umsonst. Keine Sekunde später war die Angst aus seinen Augen verschwunden und sie funkelten vor Wut. Seine Miene wurde steinhart. „Hilf mir bitte auf, bevor du mich umbringen willst“, versuchte ich es noch mit einem kleinen Witz. Unsanft stieß er meinen Kopf beiseite und sprang auf. Jedoch reichte er mir trotz allem die Hand und half mir auf. Er zog so heftig an meiner Hand, dass ich mich auf seiner Brust abstützen musste. Unsere Gesichter waren so nahe, würde ich mich nur ein wenig nach vorn beugen, könnte ich ihn küssen. Stattdessen verharrten wir in dieser Position für einen Moment und sahen uns einfach nur in die Augen. „Starke Arme“, hauchte ich ihm zu. Ich trat einen Schritt zurück, ehe es unangenehm werden könnte, und betrachtete ihn erneut. Er war so unglaublich sexy, wenn seine lockigen Haare nass waren.
„Und ich soll paranoid sein? Er rettet sogar deinen Arsch! Du verlogene Schlampe! Und dann besitzt du auch noch die Frechheit, ihn so lange und innig zu umarmen. Verkaufst du mich wirklich für so bescheuert, Kayla?“, schrie Lucia von der Seite. Sie war noch wütender als davor. Sie kam noch einen Schritt näher und holte aus. Ich war zu langsam. Sie traf mich auf der Wange und wollte mich erneut ausholen. Ju stellte sich zwischen uns und versuchte seine Freundin zu beruhigen.
„Meine ganze Party ist ruiniert!“, rief sie noch, schon fast am Heulen, und verschwand in der großen Villa ihrer Eltern. Mein Retter warf mir noch einen entschuldigenden Blick zu, ehe er sich ihr zuwandte und verschwand.
So Unrecht hatte sie gar nicht, denn ihre Party war ruiniert und die übertriebene Eifersucht auf mich hatte vielleicht doch ihre wahren Gründe. Jedoch nicht mehr nach so langer Zeit.
„Kayla? Du weißt schon, dass du Lucia nicht so provozieren darfst, oder? Aber ich sag’ dir eines, das war der Wahnsinn!“, kicherte mir meine beste Freundin in mein Ohr. Ava mochte Lucia genauso wenig wie ich. Sie genoss es jedes Mal, wenn ich Lucia auf die Palme brachte.
„Ach, das wird sie schon überleben“, meinte ich lachend und sie stieg mit ein. „Sollte ich vielleicht nicht doch in die Klapse anrufen, um zu fragen, ob die noch einen Platz freihaben?“, legte ich noch einen darauf, als wir uns auf dem Weg zum Auto machten. Die Zeit war reif. Es war aufs Neue ein Spektakel gewesen und man sollte doch gehen, wenn es am lustigsten wird. Als wir das Tor passierten, erlaubte ich mir noch einen Blick über die Schulter. Vielleicht war er zurückgekehrt und lief mir nach. Enttäuscht ließ ich den Kopf hängen – aber nur für eine Sekunde. Als Ava mich irritiert musterte, als ich in den schwarzen Wagen steigen wollte, wurde mir klar, dass ich nach wie vor klitschnass war. Ich musste zu Fuß nach Hause.
„Zum Glück nur zwei Blocks, meine Liebe“, gab sie lachend von sich und hielt die Hände auf. Ich warf ihr den Schlüssel über das Auto rüber und sie sperrte ihn auf. Kaum hatte ich ihr den Rücken gekehrt und machte einen Schritt, hörte ich auch schon den Motor des Chevrolets aufheulen. Dieser Sound war atemberaubend. Sie ließ die Reifen durchdrehen und ließ mich verärgert und mit verschränkten Armen zurück. Sie sollte das doch nicht machen. Diese Reifen kosteten ein Vermögen und das wusste sie. Als sie um die Ecke war, musste ich dennoch schmunzeln. Ich hätte es wahrscheinlich nicht anders gemacht.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte ich die Wohnungstür und klopfte. Ava hatte immerhin meine Schlüssel und die Tür ließ sich von außen ohne Schlüssel nicht öffnen. Sie öffnete mir die Tür und hielt bereits ein blaues Handtuch hoch, in das ich mich sofort einwickelte. Es war ziemlich kalt geworden. Fast sprintete ich zum Badezimmer, so kalt war mir. Mein rosarotes Kleid hängte ich über den Heizkörper – ich würde es erst morgen waschen. Als ich endlich unter der Dusche war und mich das heiße Wasser traf, atmete ich erleichtert auf. Kaum hatte ich mich aufgewärmt, shampoonierte ich meine Haare ein und gab danach eine Spülung rauf. Chlor schadete meinem Haar mehr, als ich dachte. Es fühlte sich so strohig an, dass ich mir noch eine Ladung Spülung genehmigte.
Sobald ich meine Haare ausgespült hatte, wickelte ich sie in ein großes Handtuch ein, zog mir ein viel zu großes Shirt und eine Jogginghose über und gesellte mich zu Ava auf das viel zu große Sofa, welches unseren Wohnraum schmückte. Wir hatten einen großen Raum, in dem sich Esszimmer, Küche und Wohnzimmer befanden. Mein Vater hatte mir diese zweistöckige Penthouse Wohnung zu meinem achtzehnten Geburtstag geschenkt, sowie den schwarzen Chevrolet Impala '67. Genau den Wagen, den Sam und Dean in Supernatural fuhren. Ich brachte kein Wort heraus und weinte einfach vor Freude. Es war das perfekte Geschenk. Mein Vater war ein sehr wohlhabender Mann, doch er erzählte mir nie, was er machte, um ein solches Vermögen zu verdienen. Vor einem Jahr sah ich auf meinem Konto einen Eingang mit mehreren Millionen Dollar. Wäre mein Vater nicht zu diesem Zeitpunkt gestorben, hätte ich mich vielleicht sogar gefreut. Doch die Tatsache, dass ihm ein Betrunkener mit 100 km/h hineinfuhr, war nicht zu verkraften. Dieser Jemand hatte dann sogar Fahrerflucht begangen und man konnte ihn nie fassen. Man hatte noch nicht einmal etwas auf den Verkehrskameras gesehen. Es war sogar für die Polizei ein Mysterium. Die einzige logische Erklärung, die mir einfiel, war, dass es jemand von der Polizei selbst war oder jemand, der sie schmierte.
Eine Träne fand den Weg über meine Wange und ich wischte sie so schnell weg, wie sie aufgetaucht war. Ava sollte nicht mitbekommen, dass ich schon wieder daran denken musste. Es war auch für sie kaum tragbar gewesen, denn er war auch ein guter Vater zu ihr gewesen, zudem sie ihren eigenen nicht kannte.
Ava legte ihren Kopf auf meine Schulter und hängte sich bei mir ein. Unsere Lieblingsserie Supernatural lenkte mich ein wenig ab.
Mein Handy riss mich aus dem Schlaf. Es war mein Wecker. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich schon wieder verschlafen hatte. Ich sprang auf und rannte ins Badezimmer. Erst als ich meine Zähne putzte, fiel mir auf, dass meine Haare noch in das Handtuch eingewickelt waren. „Verdammte Scheiße!“, fluchte ich, während ich es mir vom Kopf zog. Meine Haare hatten sich darin verwickelt und es schmerzte sehr. Als ich einen Blick in den Spiegel wagte, fing ich beinahe an zu weinen. Sie standen kreuz und quer. Ich kam nicht drumherum, sie erneut zu waschen. Es kostete mich so viel Zeit, die ich nicht hatte. Sie mussten ohne Spülung überleben. Zumindest war ich so auch gleich frisch geduscht, um erneut zu spät zur Arbeit zu erscheinen. Mein Glück in diesem Moment war, dass Ava bereits mit einer Tasse Kaffee vor der Tür wartete.
„Hätte ich nicht selbst verschlafen, hätte ich dich geweckt.“ Sie hob entschuldigend die Achseln, überreichte mir die Tasse und verschwand wieder in die Küche. Da kam mir erst der Geruch von frisch getoastetem Brot entgegen. Ich versuchte sehnlichst gegen meinen Magen, der sich gerade gemeldet hatte, anzukämpfen. Vergeblich. Ich beeilte mich, zog mir ein schlichtes weißes Top und eine schwarze Jeans über, die meinen Hintern etwas betonte. Keine Minute später saß ich bei der Theke. Mein Dad wollte, dass die Küche komplett schwarz und matt sein sollte. Er war ein Mensch, bei dem Standards keine Chance hatten. Alles musste mehr oder weniger speziell sein. Ich musste nur mein Auto anschauen.
„Guten Morgen, übrigens“, lächelte Ava mich an und stellte mir einen Teller mit Toastbrot vor die Nase. Ich wartete keine Sekunde, ehe ich mir Butter und Nutella auf das Brot schmierte und es anschließend förmlich verschlang. Es tat so gut und auch mein Bauch freute sich über feste Nahrung. Immerhin hatte ich seit zwölf Stunden keine anständige Nahrung mehr aufgenommen. Nur Alkohol und Salzgebäck.
„Warum schmunzelst du so?“ Ich war dezent verwundert über ihre Fröhlichkeit. Normalerweise war sie ein Morgenmuffel, so wie ich.
„Also … ich habe heute ein Date.“ Sie konnte ihre Freude kaum bei sich behalten, kam langsam auf mich zu und sah mich prüfend an. Sie wollte wohl wissen, ob ich gut genug gelaunt war für eine Umarmung. Ich machte es ihr leicht, streckte ihr meine Arme entgegen und freute mich mit ihr. Es kam immerhin nicht oft vor.
„Du kannst das ruhig alles stehen lassen. Ich mach’ mich jetzt fertig und räume zusammen, bevor ich verschwinde. Hoffentlich hast du einen angenehmen Tag bei der Arbeit.“ Sie gab mir noch einen sanften Kuss auf die Wange und verschwand im Badezimmer. Zufrieden stopfte ich mir den letzten Bissen in den Mund und machte mich auf den Weg ins Autumn.
Ich liebte meinen Job als Barkeeperin in diesem kleinen Kaffee. Ich verdiente zwar nicht so viel, aber es reichte. Immerhin zahlten wir keine Miete, da die Wohnung bereits abbezahlt war. Das Autumn war der perfekte Treffpunkt für Studierende, da es sogar Plätze mit Computern gab. Auch fanden bei uns viele Geschäftsmeetings im kleinen Kreis statt. Man erfuhr so einiges. Meine Freunde und Bekannten trafen sich hier auch regelmäßig und schütteten mich mit Klatsch und Tratsch zu. Ich konnte mir eigentlich nichts Besseres vorstellen. Man war immer auf dem Laufenden und mittendrin. Dieses Café gab mir den gewissen Abstand zu meinem Alltag. Nachdem was damals alles geschehen war, konnte ich mich kaum aufrecht halten. Ava war die einzige Person gewesen, die mir stets zur Seite stand und mir half, wieder ein halbwegs normales Leben zu führen. Es fing schon in der Highschool an. Ich wurde kaum beachtet und wenn doch, dann mit Gelächter und Gespött. Ich war keine Beauty-Queen sowie die Cheerleader, aber auch nicht unansehnlich. Dann entdeckte mich Juliano. Ich schloss meinen Spind und er stand plötzlich direkt neben mir. Die ganze Zeit über, wo wir uns verabredeten, dachte ich, dass ich bloß eine Wette wäre oder etwas dergleichen. Anscheinend war dem nicht so, denn er gestand mir sogar öffentlich seine Liebe, indem er mich vor allen küsste und mich an sich zog. Er lächelte, egal wann ich seinen Weg kreuzte. Und wenn er meinen kreuzte, war es, als würde die Welt stillstehen. Es gab nur noch ihn und mich. Seine dunkelbraunen, sanften Locken passten perfekt zu seinem markanten Gesicht. Er sah sportlich aus, aber nicht zu sportlich. Seine Bewegungen fesselten mich jedes Mal aufs Neue. Seine Küsse waren elektrisierend und wenn er mich mit seinen kastanienbraunen Augen musterte, wurde mir ganz schwummrig. Jede Faser meines Körpers verlangte nach ihm und ich konnte dem nicht mehr ausweichen. Es war zu spät.
Obwohl er Teamcaptain des Football-Teams war und sich wirklich jede Frau hier schnappen konnte, wählte er mich. Ich konnte es heute noch nicht fassen.
Ich musste mich eindeutig auf andere Gedanken bringen, denn es breitete sich Gänsehaut auf meinem ganzen Körper aus, nur weil ich an seine weichen Lippen auf meinen dachte.
Endlich hatte ich das Autumn erreicht. Jetzt konnte ich mich endlich ablenken. Sichtlich habe ich mich etwas zu früh über einen angenehmen Start gefreut. Mein Chef, Mr. Collins, wartete bereits mit verschränkten Armen und enttäuschtem Blick auf mich. Mit gesenktem Kopf trat ich einen Schritt nach dem anderen auf ihn zu.
„Kayla, so kann es wirklich nicht mehr weitergehen. Ich habe dir schon so oft gesagt, dass du dich bemühen sollst und zumindest früher ins Bett gehst. Ich will dich wirklich nicht feuern müssen.“ Er sah mich so traurig an, dass mir fast die Tränen kamen. Ich wollte ihn nicht enttäuschen. Nur mühsam brachte ich ein Nicken hervor. Ich wünschte, ich könnte etwas dazu sagen, doch es würde sich nichts bringen. Ich wusste, dass ich mich bessern musste. Jede andere Kellnerin hätte er sofort gefeuert. Ich konnte nur dankbar sein, dass er mich so sehr mochte. Vielleicht lag es auch daran, dass er und mein Dad beste Freunde waren und er es mehr oder weniger verstehen konnte. Doch es muss einmal der Zeitpunkt kommen, an dem man sein Leben wieder in den Griff bekommen sollte. Und das sollte jetzt sein.
Ich konnte mich fast nur noch daran erinnern, wie Kayla in den Pool gefallen war. Alles davor schien wie verschwunden, als hätte ich einfach geschlafen. Ich hatte definitiv zu viel Alkohol intus, obwohl ich mir voriges Wochenende geschworen hatte, dass ich es das nächste Mal zumindest langsam angehen werde. Ich war schlecht darin, mich an solche Dinge zu halten.
Wir feuerten die Mädchen an, doch als Lucia mit Kayla auf den Pool zusteuerte, wurde mir langsam bewusst, was da eigentlich vor sich ging. Bis zu einem gewissen Grad hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass mich diese Szene so amüsierte. Immerhin ging es um Kayla und meine Freundin. Es machte einen lauten Knall, als Kayla die Wasseroberfläche traf und unterging. Mir schoss das Adrenalin ins Blut als Kayla nicht mehr auftauchte. Sie konnte doch schwimmen? Oder war sie zu betrunken und verfiel in einen Schock? Ohne groß nachzudenken, schmiss ich mein Glas mit Whisky beiseite, sprang hinein und holte sie heraus. Es würde zwar ein gewaltiges Nachspiel mit Lucia geben, aber das war mir in dem Moment egal. Kaum hatte ich sie aus dem Wasser gezogen, legte ich ihren Kopf vorsichtig auf meine Oberschenkel und streichelte ihr sanft über ihr zierliches Gesicht. Ich war so überwältigt von meinen Gefühlen in diesem Moment, dass mir beinahe eine Träne entkam. Ich schluckte heftig, tätschelte leicht ihre Wange und flehte, dass sie aufwachen soll. Als sie ihre Augen öffnete, schluckte ich erneut und war so erleichtert, wie ich es noch nie war. Sie war am Leben und atmete. Dann bewegten sich ihre Lippen und sie sagte etwas zu mir, was mich beinahe zum Kochen brachte. „Mir geht es gut. Ich danke dir für deine Rettung, jedoch wollte ich ihr nur etwas Angst machen. Sei mir bitte nicht böse.“ Es war unglaublich, was sie sich hier erlaubte. Trotzdem half ich ihr auf. Ich zog so fest an ihrer Hand, dass sie sich an meiner Brust abstützen musste. Unsere Gesichter waren so nahe, ich hätte sie küssen können. Die Versuchung war so groß und doch konnte ich ihr widerstehen. Lucia hätte uns beide umgebracht. Kaum hatte ich mich von ihr gelöst, stand Lucia neben uns, schrie sie an und kam einen Schritt näher heran, um Kayla mitten ins Gesicht zu schlagen. Als sie erneut ausholen wollte, stellte ich mich dazwischen und sie ließ die Hand wieder fallen.
„Meine ganze Party ist ruiniert!“, rief sie, ehe sie sich in das Haus verzog. Ich glaubte, dass ich mich jetzt entscheiden musste. Entweder würde ich Lucia hinterherlaufen und sie beruhigen oder das, was ich lieber machen würde – Kayla ein Handtuch holen, damit sie nicht erfriert. Es war für Juni ziemlich frisch und sie war klatschnass. Dennoch entschied ich mich für Lucia. Es war die einzig richtige Entscheidung und wohl auch die Klügste. Ich ging am Badezimmer vorbei und überlegte kurz, ob ich nicht doch schnell ein Tuch holen und zu Kayla gehen sollte. Ich griff nach der Türklinke und wollte sie gerade nach unten drücken, als mir in den Sinn kam, wie lächerlich es doch sein musste. Es war aus und vorbei.
Mein Glück war, dass ich mich in diesem Haus gut auskannte, denn sonst würde man sich bei all den Türen und Fluren ziemlich schnell verlaufen. Wer kam bitte auf so eine Idee? Was musste man sich dabei gedacht haben? Lange schmale Flure und alle paar Meter waren entweder links oder rechts eine schwere schwarze Flügeltür angebracht. Lucias Zimmer war am Ende des Ganges auf der linken Seite. Ich klopfte vorsichtig an ihrer Tür und hoffte inständig, dass sie nicht hier war und sich woanders verzogen hatte. Ich überlegte abermals zu verschwinden, doch würde das bestimmt nicht gut ausgehen. Sie würde toben und mich finden. Als ich ihre Schritte hinter der Tür hörte, war es allerdings zu spät und ich musste mich zwangsläufig in die nächste Diskussion stürzen.
„Hey, ist alles in Ordnung bei dir? Es tut mir so leid, dass das alles nicht so gelaufen ist, wie du es dir erhofft hattest“, versuchte ich mit ernstem Interesse nachzufragen, was mir beinahe misslang, da sich ein Grinsen auf meinen Lippen breitmachen wollte. Ich fand es zeitweise einfach nur mehr lächerlich, wie sie sich benahm und vor den anderen Leuten präsentierte. Wir waren seit der Highschool ein Paar, wobei ich nie Gefühle oder etwas dergleichen für sie aufbringen konnte. Es ging ihr immer um ihr Image, da ich der Football-Captain war und sie die Queen der Cheerleader. Mit ihren zwei Freundinnen, die stets links und rechts an ihrer Seite waren, stolzierte sie hochnäsig durch die Schulflure und warf jedem Mädchen, welches ihrer Vorstellung nicht entsprach, einen angewiderten Blick zu. Man konnte es sich so vorstellen, wie man es in Filmen immer sah. Das große, schmale Mädchen, das alle Blicke auf sich zog und die Jungs zum Sabbern brachte, wenn sie ihr langes, blondes Haar über die Schulter warf und stolzierte. Ich hatte mich nur deshalb auf sie eingelassen, weil sie mein persönlicher Schutzschild war. Kein Mädchen traute sich, mich anzusprechen. Ich hatte nach der Trennung von meiner absoluten Traumfrau keine Lust mehr auf andere Mädchen. Dazu kam, dass mich ihre Eltern immer wieder aus der Scheiße holten. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum ich sie bis heute nicht verlassen hatte. Allerdings gab es Tage, an denen ich mir eine richtige Beziehung wünschte. Eine, wo man sich wirklich liebte und akzeptierte, wo man einander unterstützte und einem Halt geben könne. Das war bei Lucia und mir nie der Fall, weshalb ich auch oft darüber nachdachte, sie einfach zu verlassen, jedoch würde dann der Luxus, Anwälte als Schwiegereltern zu haben, einfach wegfallen und ich müsste mich selbst um meine Angelegenheiten kümmern.
„Ju, bitte lass es einfach gut sein. Es interessiert mich nicht, was du zu sagen hast!“, fuhr sie mich an und holte tief Luft, um noch einen draufzulegen. Doch anstelle auszurasten, fing sie einfach an zu weinen und kniff sich mit Zeigefinger und Daumen auf die Stelle zwischen den Augen, die die Tränen angeblich etwas unterdrücken sollte. Doch es schien bei ihr nicht zu wirken und sie ließ ihren Tränen freien Lauf. „Ach, das arme Ding“, lachte ich in mich hinein. Sie vergrub ihr schmales Gesicht in beide Hände, atmete ein paar Mal tief ein und aus und sah mir dann tief in meine Augen. Ihre eisblauen Augen funkelten wütend und sie versuchte so bedrohlich wie möglich zu wirken, doch mich beeindruckte dieser Blick nicht mehr und das sollte sie wissen.
„Ju, ich weiß nicht, was ich noch alles tun soll, damit sie endlich verschwindet. Am besten, sie würde gar nicht erst auf meinen Partys erscheinen. Wer hat sie überhaupt eingeladen? Sie versucht doch alles Erdenkliche, dass du dich von mir trennst. Wie kann man eine solche Schlampe sein und nicht akzeptieren, dass du vergeben bist und mir gehörst? Das weiß doch wirklich jeder.“ Sie versuchte nicht zu weinen, während sie mich mit diesen Fragen löcherte, doch es misslang ihr wie jedes Mal. Sie sah mich mit ihren großen, in Tränen getränkten Augen an und erwartete ernsthaft Mitleid von mir. Ich dachte, ich wäre im falschen Film. Sie sollte doch eigentlich wissen, aus welchem Grund ich mit ihr zusammen war. Langsam drohte mir, der Kragen zu platzen. Egal, wann wir Kayla über den Weg liefen, packte sie mit ihrer geheuchelten Eifersucht und ihren irrsinnigen Wahnvorstellungen aus. Es war genug. Sie lebte definitiv in ihrer eigenen Welt und wollte die wahre Welt gar nicht mehr akzeptieren. Es drehte sich alles um sie und wenn ihr etwas nicht passte, zuckte sie sofort aus und suchte immer und überall Streit, wo keiner sein sollte. Ich würde das nicht mehr lange aushalten und mich fast selbst einweisen lassen. Musste ihr Kopf nicht schon explodieren, bei so viel Fantasie?
„Hör mir jetzt genau zu, Lucia. Ich sage es dir jetzt noch ein allerletztes Mal und ich hoffe, du kapierst es endlich. Kayla kommt niemals an mich ran und könnte mir nie das geben, was ich mit dir habe.“, innerlich lachte ich, denn in einer verdrehten Art und Weise log ich noch nicht einmal. Kayla war das genaue Gegenteil. Sie versuchte alles positiv zu betrachten und war immer gut gelaunt. Meistens lächelte sie ohne einen Grund. Sie war fürsorglich und empathisch. All diese Dinge treffen in keiner Weise auf die Frau vor mir zu. „Das mit dir ist unbeschreiblich“, setzte ich noch einen drauf, als sie mir keine Antwort gab. Sie band sich stattdessen einen Zopf und schloss für einen Moment die Augen. Als sie sie wieder öffnete, wusste ich sofort, dass wir nun den Höhepunkt der Diskussion erreicht hatten und sie in Kampflaune war.
„Jetzt sei ehrlich und denk mal darüber nach. Sie versucht ständig besser, als ich zu sein und dich zu bekommen. Sie wollte immer schon das, was sie nicht haben konnte. Warum sollte es jetzt anders sein? Dazu kommt noch, dass sie eine jämmerliche Kellnerin ist. Mehr hat sie wohl nicht drauf“, schrie sie mich an und brach dann in Gelächter aus. Es war zu viel des Guten. Dass sie eifersüchtig ist, alles schön und gut, aber dass sie sie derartig beleidigen musste, ging einfach zu weit. Ich musste mich wirklich zusammenreißen, dass ich mich nicht auf Lucias Niveau herabließ. Ich atmete einmal tief durch, ehe ich zur Antwort ansetzen würde. Es musste wohlüberlegt sein, was ich ihr jetzt sagen würde. Doch ich konnte nicht. Sie ging zu weit und ich musste ihr die Grenze noch deutlicher machen.