Young Agents New Generation (Band 2) – Nur noch 48 Stunden - Andreas Schlüter - E-Book

Young Agents New Generation (Band 2) – Nur noch 48 Stunden E-Book

Andreas Schlüter

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Beschreibung

Der Prozess gegen den »Boss« und Torsten Maffei steht kurz vor dem Abschluss. Völlig klar ist allen Beobachtern des Prozessverlaufs, dass beide mehrmals lebenslänglich erhalten werden. Doch nur 48 Stunden vor der Urteilsverkündung verschwindet die erst achtjährige Tochter des Richters. Offenbar wollen die Entführer einen Freispruch erpressen. Der Countdown läuft! Die YOUNG AGENTS Tim, Abena und Balu müssen das Mädchen retten, damit der Prozess nicht gefährdet ist. Dabei müssen sie dieses Mal alle verfügbaren Ressourcen nutzen und so erhält die NEW GENERATION der YOUNG AGENTS tatkräftige Unterstützung ihrer erfahreneren Kollegen. Wird es ihnen gelingen, dem organisierten Verbrechen ein für alle Mal einen Riegel vorzuschieben?

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Seitenzahl: 242

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Young Agents – New Generation

Nur noch 48 Stunden

Band 2

eISBN 978-3-96129-222-6

Edel Kids Books

Ein Verlag der Edel Verlagsgruppe

Copyright © Edel Germany GmbH,

Neumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edel.com

Text: Andreas Schlüter

Coverillustration: Max Meinzold

Covergestaltung: Antje Warnecke, www.nordendesign.de

unter Verwendung von Illustration und Gestaltung von

© Max Meinzold

Lektorat: Sarah Heidelberger

ePub-Konvertierung: Datagrafix GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved.

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigungdes Verlages wiedergegeben werden.

INHALT

Schon wieder ein Einbruch

POLIZEI! POLIZEI!

Ein kühner Plan

Abenas Vorbereitung

Im Knast

Dem Gorilla auf den Fersen

Nacht im Gefängnis

Wilde Jagd

Eine böse Überraschung

Gorilla im Nebel

Die Einbrecher brechen aus

Gefangen!

Flucht!

Razzia!

Erneute Flucht

Endlich einen Schritt weiter!

Geheimes Treffen

Das Versteck des Mädchens

Von der Bildfläche verschwunden

Allein

Es geht um Leben und Tod!

Feuer auf dem Wasser

Verfolgung

Rettung in letzter Sekunde

SCHON WIEDER EIN EINBRUCH

Pst! Wegducken! Nicht bewegen! Für einen Moment den Atem anhalten!

Langsam schreitet der Polizist an uns vorbei.

Keine Gefahr mehr. Er sieht uns nicht. Das würde er vermutlich nicht einmal, wenn er direkt zu uns blicken würde. Aber auch das tut er nicht, denn dazu müsste er hochschauen.

Billy und ich sitzen vier Meter über der Straße hoch oben im dichten Geäst einer Kastanie. Wir tragen schwarze Overalls, die das Licht der Straßenlaterne eher verschlucken, statt es zu reflektieren. Billy hat sich zudem noch sein Gesicht mit schwarzbrauner Tarnfarbe eingeschmiert. Ich habe darauf verzichtet. Meine Haut ist dunkel genug, die leuchtet nachts im Lampenlicht nicht wie Billys bleiches Gesicht.

Durch mein Nachtsichtgerät habe ich das Haus im Blick. Es ist wie befürchtet gut abgeschirmt und bewacht. Vor der Toreinfahrt steht ein »Bully« von der Polizei. Darin sitzt ein Beamter und trinkt ein Heißgetränk aus seiner Thermoskanne und isst eine »Stulle« dazu. Trotz meiner großen Anspannung muss ich kurz über die Begriffe schmunzeln. Billy hat sie mir beigebracht. Ich bin noch nicht sehr lange in Deutschland, erst eineinhalb Jahre. Ich kam zufällig zu Billy in die Klasse und hab mich schnell mit ihm angefreundet, obwohl er mir von Beginn an etwas seltsam vorkam. Bis ich herausbekam, dass er ein echter junger Agent ist: ein YOUNG AGENTS. Ein Dreivierteljahr später gehörte ich auch dazu. Nicht nur dadurch habe ich sehr schnell Deutsch gelernt, sondern auch durch meine Eltern, die hier in Hamburg im ghanaischen Konsulat tätig sind. Früher waren sie selbst einmal Agenten, weshalb sie damit einverstanden waren, dass ich ebenfalls eine Agentin wurde. Aber diese lustigen Begriffe »Bully« für einen VW-Bus und »Stulle« für ein Butterbrot kannten sie auch nicht.

»Da rührt sich etwas.« Billy tippt mich an.

Ich schaue weiter durch mein Nachtsichtgerät und sehe einen Polizeibeamten mit einer Taschenlampe seinen Rundgang durch den Garten ums Haus machen.

»22:15 Uhr. Pünktlich wie jeden Abend macht er seine Runde. Um 22:20 Uhr wird er seinen Kollegen im Bus ablösen«, fasst Billy unsere Beobachtungen der vergangenen drei Tage zusammen. So lange haben wir das Haus bereits im Blick. Natürlich im Schichtdienst: Naomi und Balu, Charles und Tim, Billy und ich, Abena.

Sechs YOUNG AGENTS sind wir. Gemeinsam haben wir unseren letzten Fall gelöst, und auch jetzt sind wir alle sechs wieder zu diesem Fall zusammengerufen worden. Deshalb ist Naomi noch nicht nach Hause, nach Paris, und Charles nicht zurück nach London gefahren. Die beiden wohnen hier in Hamburg zusammen in einer Agentenwohnung, gemeinsam mit Balu, der vor Kurzem aus Mumbai, Indien, nach Deutschland gekommen ist. Ebenso wie Tim aus München.

Tim, Balu und ich gehören zu den drei sogenannten neuen YOUNG AGENTS. Wir sind die New Generation, sozusagen.

Im Augenblick sind wir alle sechs im Einsatz. Denn die Auswertung unserer Observationen hat ergeben, dass jetzt der günstigste Zeitpunkt für unser Vorhaben ist.

Billy und ich hocken in der Kastanie.

Naomi sitzt in der Drohne, die aber noch am Boden steht.

Charles wird gleich sein Ablenkungsmanöver starten.

Tim drückt sich gegen die Hauswand unseres Zielobjekts und ist einstiegsbereit.

Und Balu sitzt wie immer in der Agentenwohnung am Computer und koordiniert uns alle über sein Netzwerk.

»Da!« Wieder tippt Billy mich an. »Tim gibt uns ein Zeichen.«

In dem Haus, das wir observieren, wohnt Horst Kämmerer, zuständiger Strafrichter beim Hamburger Landgericht für den kurz vor dem Abschluss stehenden Prozess gegen die beiden Mafia-Gangster Thorsten Maffei und den »Boss«, die beide maßgeblich durch unsere Arbeit vor Gericht stehen. Es steht außer Frage, dass beide aufgrund der Vielzahl und der Schwere ihrer Verbrechen mehrfach lebenslänglich bekommen werden.

Eigentlich.

Es sei denn, den beiden fällt auf die letzte Minute noch eine Möglichkeit ein, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Der Geheimdienst glaubt, dass sie tatsächlich so ein Schlupfloch gefunden haben. Denn seit drei Tagen ist Sophie, die achtjährige Tochter des Richters, verschwunden!

Der Richter und seine Ehefrau behaupten, Sophie wäre mit ihren Großeltern aus Bayern zusammen verreist. Wandertour in den Bergen, derzeit unerreichbar.

Aber es sind gar keine Ferien!

Der Verdacht liegt nahe, dass das Mädchen entführt wurde und der Richter nun erpresst wird. Wenn seiner Tochter nichts zustoßen soll, muss er die beiden Gangster freisprechen. Natürlich darf der Richter niemandem etwas von der Entführung erzählen. Denn dann würde er abgesetzt und ausgetauscht werden, könnte niemanden freisprechen, und seiner Tochter würde etwas Schlimmes angetan.

Also hat der Prof uns losgeschickt, um herauszubekommen, wo die Tochter ist. Das heißt zunächst mal, ob sie wirklich entführt wurde. Solange diese Möglichkeit besteht, kann man den Richter nicht austauschen. Denn damit würde man vielleicht das Leben des Mädchens gefährden.

Jetzt sollen wir heimlich ins Haus einsteigen, nach Indizien suchen und auch Wanzen anbringen, um den Richter abzuhören. Leicht wird das nicht, denn das Grundstück steht aufgrund der Wichtigkeit des Prozesses durchgängig unter Polizeischutz.

Tim ist mit seinen 131,5 Zentimeter Körpergröße nur einen Zentimeter zu groß, um offiziell als »kleinwüchsig« zu gelten. Das brachte ihm bei unserem letzten Fall aber den Vorteil, sich schnell in eine neue Einbruchsbande einschleusen zu können. Denn Tim kommt durch nahezu jedes Kellerfenster, gekippte Fenster, Türspalten und so weiter.

Auch jetzt müssen wir wieder einbrechen, um Informationen und Indizien über den Verbleib des Mädchens zu bekommen.

Tim ist vorausgegangen, um die Lage zu sondieren, hat sich hinten durch ein Loch im Gartenzaun geschlichen und vor wenigen Augenblicken die Hausfassade erreicht.

»Viel Glück!«, flüstert er mir über das Netzwerk zu, dann gibt er das allgemeine Startzeichen: »Die Luft ist rein. Es geht los!«

Noch einmal vergewissere ich mich: Ein Polizist sitzt im Bully, einer steht vor dem Tor, einer hat seinen Rundgang beendet und wacht vor der Haustür. Ein vierter, der eben noch an unserer Kastanie vorbeigegangen ist, verweilt noch einen Augenblick bei seinem Kollegen am Tor, bevor er in zwanzig Minuten erneut einen Rundgang außen ums Gelände herum machen wird. So lange habe ich Zeit, zu Tim am Haus zu kommen.

Ich klettere leise die Kastanie hinunter. Unten werde ich links am Grundstück entlanglaufen bis zum hinteren Zaun. Zur rechten Seite, auf der Höhe des übernächsten Nachbarn, wird sich jetzt Charles platziert haben. Und da höre ich es auch schon: Hundegebell. Das ist Charles, der das Kläffen eines großen Wachhundes über einen Bluetooth-Lautsprecher per Smartphone abspielt. Eine Minute genügt, um sämtliche Hunde in der Nachbarschaft zu einem ohrenbetäubenden Nachtkonzert einzuladen. Als Erstes stimmt der Hund des übernächsten Nachbarn in das Gekläffe ein. Wie von uns gewollt. Es ist natürlich kein Zufall, dass Charles sich genau diesen Standort ausgesucht hat.

Ein kleiner Pinscher von schräg gegenüber gibt sein Bestes, um mit den großen Hunden mitzuhalten. Und noch zwei weitere Hunde stimmen nun mit ein. Vier Hunde gibt es in der Straße, alle leben, von uns aus gesehen, rechts vom Richterhaus. Ein Zufall, den wir uns zunutze machen. Denn die Aufmerksamkeit aller, die jetzt noch wach sind oder nun gerade geweckt wurden, konzentriert sich auf die rechte Seite vom Richterhaus, während ich links am Grundstück entlanglaufe, durch das Loch im Zaun schlüpfe und bei Tim ankomme.

Der nickt mir wortlos zu. Aus seinem Rucksack hat er schon seine Harpune gezogen. Sie sieht nicht ganz so aus, wie man sie von Tauchern kennt, funktioniert aber nach dem gleichen Prinzip. Außerdem ist sie deutlich kürzer und schießt auch keinen Speer ab, sondern ein langes, äußerst festes Seil mit einem kleinen Wurfhaken vornedran, der sich oben im Balkongitter mit einem leisen Klirren festhakt.

Das Geräusch geht locker im Hundegebell unter. Tim prüft die Festigkeit des Seils, indem er mehrmals daran zieht.

Wieder nickt er mir zu. Ich muss zweimal hingucken, um das zu erkennen. Denn wir stehen im Schatten des Laternenscheins, und Tim hat sich, ebenso wie Billy, das helle Gesicht mit Tarnfarbe geschminkt. In unseren schwarzen Overalls und den schwarzen Handschuhen sind wir in dieser dunklen Ecke so gut wie unsichtbar. Tim geht voran und klettert am Seil die Fassade hinauf bis zum Balkon. Ich folge ihm dicht auf den Fersen. Vom Balkon geht Sophies Zimmer ab, das wir durchsuchen wollen.

Die Balkontür ist verschlossen. Doch das ist für uns kein Problem. Ich überlasse es Tim, sie zu öffnen, obwohl ich es auch gekonnt hätte. Aber Tim hat bei unserem letzten Einsatz viele praktische Erfahrungen im Einbrechen sammeln können, die uns jetzt sehr nützlich sind.

Ohne Probleme hebelt er die Tür auf.

Ich gebe mit einer Rotlichttaschenlampe das vereinbarte Signal an Billy, dass wir drinnen sind. Der beobachtet uns zwar aus der Kastanie heraus mit dem Nachtsichtgerät, aber das Haus steht schräg, sodass er nur halbwegs Einblick auf unseren Balkon hat. Natürlich könnte ich unseren aktuellen Status auch übers Netzwerk per Headset an alle durchgeben, aber Tim und ich wollen möglichst nicht sprechen, solange wir so nah am oder im Haus sind.

Tim und ich steigen also ins Zimmer ein, schließen die Balkontür hinter uns, damit sie von außen betrachtet nicht auffällt. Auch hier drinnen wollen wir kein Licht anmachen, nicht einmal mit Taschenlampen. Deshalb durchsuchen Tim und ich das Zimmer mit unseren Nachtsichtgeräten. Vor uns liegt ein – fast – normales Mädchenzimmer einer Achtjährigen. Nur fast »normal«, denn man erkennt auf den ersten Blick, dass ihre Eltern viel Geld verdienen. In diesem Zimmer fehlt es an nichts, was ein achtjähriges Mädchen sich wünschen kann. Alles ist von bester, teurer Markenqualität. Nichts von diesem Billig-Plastikspielzeug, das man aus den Discountern oder Supermärkten kennt.

Außer einer Puppe, die auf dem Kinderbett liegt.

Da hätte ich eine teurere erwartet, vielleicht sogar ein Sammlerstück. Aber es scheint eine normale Kaufhauspuppe zu sein, wie man sie zu Tausenden kennt. Und dennoch, irgendetwas stört mich an dem Ding. Keine Ahnung, was es ist. Liegt es einfach daran, dass ihr Blick zufällig direkt auf mich gerichtet ist und ich mich dadurch beobachtet fühle? Das ist doch albern, mich durch eine Puppe observiert zu fühlen.

Tim bemerkt, wie sehr ich die Puppe anstarre, die er bis eben wohl noch gar nicht entdeckt hatte. Als er sie jetzt allerdings sieht, erschrickt er zunächst und legt den Zeigefinger auf seinen Mund. Dabei hatten wir uns ja ohnehin schon verständigt, nicht zu sprechen. Dann nimmt er die Puppe, untersucht sie, schaut sich um und entdeckt offenbar, wonach er gesucht hat. Sophies Smartphone!

In unserer Schulklasse sind die meisten zwölf oder 13 Jahre alt. Ein Drittel hat noch kein eigenes Handy. Von denen, die eines haben, besitzen wiederum nur die wenigsten ein teures iPhone. Aber hier liegt neben dem Bett eines achtjährigen Mädchens das neueste Modell, das bestimmt nicht unter achthundert Euro zu bekommen ist. Für mich ist klar: Wenn Sophie wirklich mit ihren Großeltern im Urlaub wäre, wie ihr Vater behauptet, dann hätte sie das iPhone ganz gewiss nicht hier liegen gelassen. Wenn man so etwas besitzt, lässt man es doch nicht aus den Augen! Und das heißt: Wenn sie entführt wurde – und das steht für mich eigentlich fest –, dann nicht von unterwegs, sondern direkt aus diesem Haus heraus. Bestenfalls aus dem Garten, doch ich denke eher, direkt aus diesem Zimmer. Das iPhone ist für mich ein klares Indiz dafür.

Aber: Welchen Zusammenhang sieht Tim zwischen Handy und Puppe? Er zeigt mir an, dass ich sämtliche darauf gespeicherten Fotos, Chatverläufe, Kontaktlisten und Playlists auf mein Smartphone übertragen soll. Besonders eine App, die er mir zeigt. Ich habe noch nie von dieser Anwendung gehört und auch keine Ahnung, welchem Zweck sie dient, mache aber, was er mir sagt. Danach lege ich das iPhone exakt wieder so hin, wie es gelegen hat, und Tim legt ebenso sorgfältig die Puppe auf ihren Platz zurück.

Anschließend schauen wir beide uns weiter um. Auch die Möbel machen einen teuren Eindruck. Ein Schreibtisch mit einem eigenen MacBook, die teuerste Computermarke überhaupt. Dieses Modell ist erst seit einem halben Jahr auf dem Markt. Ich kenne mich mit solchen Sachen ganz gut aus. Meine Eltern arbeiten im diplomatischen Dienst. Deshalb gehören auch wir ganz gewiss nicht zum ärmeren Teil der Bevölkerung – weder hier in Deutschland noch in Ghana. Bei Tim sieht die Sache schon anders aus. Er ist in armen Verhältnissen und im Heim aufgewachsen. Selbst durchs Nachtsichtgerät meine ich zu erkennen, wie sehr er darüber staunt, dass es Kinderzimmer wie dieses überhaupt gibt.

Eigentlich genügt mir das schon an Indizien. Doch wir durchsuchen den Raum weiter.

Teure Kopfhörer liegen da noch. Und Sportschuhe neben dem Bett. Aber keine Hausschuhe oder so etwas. Für mich ein weiteres Zeichen, dass Sophie direkt aus diesem Haus entführt wurde. Ich öffne den zweitürigen Kleiderschrank und entdecke nach und nach alles, was man zum Wandern beziehungsweise in einen Urlaub in den Bergen mitnehmen würde: eine regenfeste Jacke, Wanderstiefel, sportliche Pullover, Sonnenbrille, ein Baseballcap, Handschuhe. Und sogar einen Rucksack. Auf dem Schreibtisch liegt eine Digicam. iPhone und Fotoapparat hiergelassen? Keine Fotos im Urlaub mit Oma und Opa?

Tim drückt die Leertaste auf dem Apple-Laptop. Es erscheint die Seite eines Schreibprogramms. Offenbar war Sophie gerade dabei, für den Unterricht so etwas wie eine Buchvorstellung vorzubereiten. Auf der Seite ist ein Buchcover abgebildet, ein Foto der Autorin, ein weiteres von Sophie mit dem Buch in der Hand und eine Überschrift: der Titel des Buches, darunter das mittendrin abgebrochene Wort »Portfo«. Portfolio sollte das wohl mal werden. Doch dazu kam Sophie nicht mehr. Mitten in den Hausaufgaben hat sie jemand von hier fortgezerrt.

Der Papierkorb ist umgekippt, einige Utensilien vom Schreibtisch liegen auf dem Boden verstreut. Ansonsten wirkt das Zimmer recht ordentlich. Die Entführung ging vermutlich also schnell und schmerzlos. Die Eltern haben hier drinnen seitdem offenkundig nichts mehr angerührt.

Tim und ich nicken uns zu.

Wir haben genug gesehen und wissen Bescheid: Sophie ist entführt worden. Kein Zweifel. Anhand der Sicherungsspeicherung des Schreibprogramms wissen wir sogar exakt, wann: am vergangenen Montag, also vor vier Tagen, um 17:52 Uhr. Tim fotografiert die Seite des Schreibprogramms ab. Wir sehen uns noch einmal um. Haben wir etwas vergessen?

Nein, wir haben alles.

Wir können wieder gehen.

Bis auf eine Frage, die noch bleibt. Wann die Entführer hier waren, glauben wir zu wissen. Aber über welchen Weg haben sie mit der kleinen Sophie im Schlepptau das Haus verlassen? Auch über den Balkon? Vermutlich wurde das Mädchen betäubt, um es dann problemlos über den Balkon hinuntertransportieren zu können. Sollten von diesem Überfall oder gar vom Betäubungsmittel Spuren hinterlassen worden sein, dürfte der Richter diese längst gefunden haben. Trotzdem schaue ich mich noch mal genauestens um, finde aber nichts dergleichen.

Nun können wir wirklich wieder hinaus.

Ich will schon zur Balkontür gehen, da tippt Tim mich an und hält mir etwas vors Gesicht.

Verdammt! Natürlich! Wir müssen noch ein paar Abhörwanzen anbringen.

POLIZEI! POLIZEI!

Hier oben in Sophies Zimmer dürften die Abhörwanzen wenig Sinn ergeben. Besser, wir bringen sie irgendwo unten im Wohnzimmer oder in einem Arbeitszimmer an, das es hier im Haus bestimmt auch gibt.

Ich stecke die Chips wieder ein und gehe voran zur Zimmertür, bleibe dort stehen und horche erst einmal. Von außen wirkte das ganze Haus dunkel. Der Richter und seine Frau scheinen also zu schlafen. Es ist ja auch schon kurz vor halb eins in der Nacht. Aber sicher ist das eben nicht. Ich öffne leise die Zimmertür und spähe hinaus in den Flur. Die Zimmeraufteilung des Hauses kennen wir nicht beziehungsweise nicht genau. Wo Sophies Zimmer liegt, hatte Balu uns erzählt, der es irgendwie übers Hausnetzwerk herausbekommen hat. Aber das Schlafzimmer der Eltern? Ich befürchte, es ist gleich das Zimmer gegenüber. In der Mitte des Flurs hier im oberen Stockwerk dürfte das Badezimmer sein. Aber es gehen noch zwei Türen vom oberen Flur ab. Gästezimmer? Arbeitszimmer? Unten befinden sich dann wohl Wohnzimmer, Küche, vielleicht auch dort ein Arbeitszimmer?

Ich schleiche voran zur Treppe. Abena bleibt zunächst noch in der Tür von Sophies Zimmer stehen. Zum Glück können wir durch unsere Nachsichtgeräte sehr gut sehen.

An der obersten Stufe halte ich inne und schaue hinunter, wo die Treppe in einem kleinen Foyer endet. An der Ecke des Treppenabsatzes steht eine Zimmerpflanze. Wäre ein guter Ort für eine Abhörwanze.

Ich winke Abena zu mir.

Sie bleibt zunächst hier oben stehen, ich schleiche mich vorsichtig auf Zehenspitzen die Treppe hinunter. Doch es nützt nichts. Die vierte Stufe von oben gibt trotzdem ein lautes, hässliches Knarzen von sich. Ich erstarre mitten in der Bewegung. Auch Abena stockt der Atem. Ich schaue hoch zu ihr. Sie sieht sich um. Horcht. Gibt mir dann das Zeichen, dass oben noch alles ruhig ist. Ein Glück. Was, wenn dort oben plötzlich aus einer der Türen der Richter herausgeschossen kommt? Keine Ahnung, was wir dann tun sollten.

Wir sind zwar mit dem Auftrag hier, seine Tochter zu retten. Aber erstens würde der Richter uns das nicht glauben, und zweitens dürften wir es ihm nicht einmal erzählen. Denn wir sind YOUNG AGENTS. Uns gibt’s eigentlich gar nicht. Niemand weiß von unserer Existenz, außer einer äußerst kleinen Gruppe leitender Angestellter im Geheimdienst – und unseren Eltern natürlich. Und selbst diese wenigen Mitwisser würden unsere Existenz jederzeit sofort und vehement abstreiten. Was für uns als oberstes Gebot heißt: Wir dürfen uns nicht erwischen lassen. NIEMALS!

Abena gibt mir ein Zeichen, dass ich weitergehen soll.

Ich hebe langsam und behutsam meinen Fuß von der Treppe wie eine Katze, die entsetzt feststellt, dass sie gerade so etwas Widerwärtiges wie eine Pfütze mit der Pfote berührt hat. Ich gehe also weiter die Treppe hinunter, schaue mich um. Nach wie vor ist alles ruhig. Ich sehe hinauf zu Abena. Die nickt mir abermals zu: Alles in Ordnung. Also kann ich jetzt die erste Wanze hier in der Zimmerpalme platzieren. Ich pule eine aus meiner Hosentasche, will gerade schauen, wo an der Palme ich sie wohl am besten verstecke, da schreit es mit einem Mal durchs Foyer: »POLIZEI! POLIZEI!«

Ich schrecke zurück. Mein Puls explodiert. Instinktiv werfe ich mich zu Boden, mache eine Rückwärtsrolle, robbe unter die Treppe. Hektisch sehe ich mich um, kann aber niemanden sehen. Es bleibt auch alles dunkel. Was um Himmels willen war das?

Mein Herz pocht bis zum Anschlag. Abena habe ich aus dem Blickfeld verloren. Meine Nachtsichtbrille ist verrutscht, ich rücke sie wieder gerade und horche erneut in den Raum hinein. Alles still.

Nicht einmal Abenas Atem höre ich. Wo hat sie sich wohl verkrochen?

Da hat doch eindeutig jemand die Polizei gerufen.

Ich warte noch ein wenig ab. Als auch nach zwei Minuten nichts geschieht, robbe ich bäuchlings wieder ein wenig vor, schaue mich im Foyer um. Aber da ist nichts … Halt!

Blick zurück. Was ist das für ein Ständer? Ich rutsche noch ein bisschen vor und traue meinen Augen und meinem Nachtsichtgerät nicht. Auf einer Stange in der Ecke schräg gegenüber der Treppe hockt ein – Papagei! Ein Graupapagei, wenn ich es durch das unklare Bild des Nachtsichtgeräts richtig erkenne.

Ich glaub es nicht! Natürlich haben wir uns vor unserem Eindringen versichert, dass der Richter keinen Hund besitzt. Eine Katze wäre egal gewesen, aber auch die hat er nicht. Doch wer denkt schon an einen Papagei?

Langsam stehe ich auf, vermeide jede zu schnelle Bewegung. Unter keinen Umständen will ich den Vogel erneut erschrecken, sodass er wieder so einen Höllenlärm veranstaltet. Vermutlich macht er das aber öfter. Denn ansonsten rührt sich nichts im Haus. Weder der Richter noch seine Frau kommen zum Vorschein, um nach dem Rechten zu sehen. Entweder haben sie den Papagei nicht gehört, dann haben sie allerdings einen sehr festen Schlaf. Oder sie kennen es schon, dass er nachts manchmal grundlos herumkrakeelt, und kümmern sich nicht mehr darum. Aber jetzt, zu einer Zeit, da die Tochter entführt wurde und draußen mehrere Polizisten Personenschutz leisten? Ich denke, der Richter dürfte im Augenblick äußerst unruhig schlafen. Bisher verhält er sich allerdings ruhig.

Ich schaue hoch und sehe, wie Abena langsam die Treppe herunterkommt, wobei sie wohlweislich die knarrende Stufe übergeht.

Als sie bei mir ankommt, zeige ich stumm auf den Papagei. Abena nickt. Sie hat ihn auch schon entdeckt.

Mit einer Geste frage ich: Und jetzt?

Abena zeigt auf meine Hosentasche, in der ich die Abhörwanzen verstaut habe.

Gut, platzieren wir sie weiter. Ich zeige Abena, wo ich die erste versteckt habe.

Doch Abena schüttelt den Kopf und zeigt auf den Papagei.

Okay, ich weiß, was sie meint. Beim Abhören würden wir womöglich ständig nur das Gekrächze des Vogels im Ohr haben. Das kann natürlich extrem nerven. Aber wohin dann mit den Wanzen?

Abena meint allerdings etwas anderes.

Wir YOUNG AGENTS sind gerade dabei, die Gebärdensprache zu lernen, um uns im Einsatz stumm unterhalten zu können. Abena, dieses Sprachgenie, beherrscht sie natürlich schon fast perfekt, ich aber tue mich damit extrem schwer. Noch schwerer als Charles mit Deutsch. Trotzdem schafft Abena es, mir zu verdeutlichen, was sie meint: Ich soll eine der Abhörwanzen direkt am Papagei verstecken.

Ich verstehe! Billy hat mir mal erzählt, dass sie eine Abhörwanze im Halsband von Maffeis Hund versteckt hatten. Dadurch haben sie viel über den Gangsterboss erfahren. Kein Gangster misstraut seinem Haustier, und ein ehrbarer Richter schon gar nicht. Der Papagei ist den ganzen Tag im Haus. Und weil Papageien Geselligkeit brauchen und schon deshalb als Haustiere eigentlich völlig ungeeignet sind, werden der Richter und seine Frau dem Vogel hoffentlich wenigstens ihre Gesellschaft anbieten. Sprich: Er ist vermutlich ständig in ihrer Nähe, wenn sie im Hause sind.

Wie aber soll ich dem Papagei eine Wanze anheften, ohne dass er losschreit?

Abena liest mir meine Bedenken von den Lippen ab und streckt mir die Hand entgegen. Ich lege ihr eine Abhörwanze darauf.

Abena geht langsam auf den Papagei zu, der zur Begrüßung heftig den Kopf auf und ab bewegt. Verdammt, gleich krächzt der los, da bin ich mir sicher. Ich will Abena schon warnen, doch da ist sie schon dabei, den Vogel unterm Kopf zu kraulen, worauf der Papagei erst anfängt, leise zu schnurren wie eine Katze, und dann plötzlich eine Frauenstimme – vermutlich die von Frau Kämmerer – nachahmt und flüstert: »Jaaaaa. Kiki ist ein Braver. Jaaaaaa. Ganz ein Braver.«

Das ist eine gute Gelegenheit, ins Wohnzimmer zu schleichen, solange Abena den Vogel ruhig hält.

Im Wohnzimmer entdecke ich ein schnurloses Telefon, in dessen Aufladeschale ich eine Wanze platziere. Nun fehlt nur noch eine im Arbeitszimmer, falls es hier so etwas gibt. Ich kehre vom Wohnzimmer zurück und öffne die nächste Tür, die vom Foyer abgeht, in der Überzeugung, jetzt in ein Büro zu kommen.

Stattdessen fällt mir ein Besenstiel entgegen, als ich die Tür öffne. Der Besen reißt beim Umfallen noch das Saugrohr eines Staubsaugers mit, das krachend auf einen metallenen Putzeimer scheppert. Der Papagei schreckt auf, kreischt, flattert los und landet oben auf dem Treppengeländer. Kurz darauf geht oben eine der Türen auf.

»Was ist denn hier los?«, brummt der Richter.

Verflucht! Wir müssen uns verstecken!

Abena hechtet ins Wohnzimmer, ich folge ihr.

Hinter der geschlossenen Wohnzimmertür harren wir aus und lauschen.

Wir hören, wie Frau Kämmerer von der ersten Etage herunter fragt, was passiert sei. Der Richter ruft hinauf, dass in der Abstellkammer der Staubsauger umgekippt sei, und gibt dafür dem Papagei die Schuld.

Das war’s.

Wir hören, wie der Richter die Treppe wieder hinaufgeht.

Da haben wir noch mal Glück gehabt.

Jetzt müssen wir nur noch von hier fort. Das wird schwierig, denn durch die Terrassentür im Wohnzimmer sehen wir draußen den Lichtschein einer Taschenlampe. Einer der Polizisten dreht bereits wieder seine Runde. Durch den Aufstand des Papageis haben wir mehr Zeit verloren als geplant. Jetzt müssen wir improvisieren.

Abena und ich legen uns bäuchlings auf den Boden. Denn es kann jederzeit passieren, dass der Polizist hier ins Zimmer hineinleuchtet.

Jetzt, da wir wissen, dass der Richter und seine Frau wieder oben im Schlafzimmer sind, können wir hier unten im Wohnzimmer bei geschlossener Tür in Ruhe miteinander flüstern.

»Wir müssen Naomi und Billy Bescheid geben. Sie sollen die Polizisten ablenken«, schlage ich vor.

Doch Abena schüttelt den Kopf. »Das ist zu aufwendig. Beim Reinkommen mit den Hunden war’s okay, das hatten wir geplant. Aber jetzt ein zweites Mal? Sie müssten sich etwas Neues ausdenken und richtig Rabatz machen, um alle Polizisten von uns abzulenken.«

Das leuchtet mir ein. Aber was dann?

»Hast du eine Idee, wie wir hier wegkommen?«, frage ich sie.

»Ja«, antwortet Abena. »Ein anderer Helfer wird die Polizisten ablenken.«

»Wen meinst du?«, frage ich.

»Warte hier«, antwortet Abena. Sie erhebt sich, eilt leichtfüßig zur Wohnzimmertür und geht zurück ins Foyer.

Was hat sie vor?

Wenige Minuten später ist sie zurück – mit dem Papagei auf dem Arm! Mit der freien Hand krault sie ihn wieder vorn an der Brust.

»Jaaaaa. Kiki ist ein Braver. Jaaaaaa. Ganz ein Braver«, schnurrt der Vogel wieder mit Frau Kämmerers Stimme.

Ich liege nur da, noch immer auf dem Wohnzimmerteppich, und starre Abena an. Wie hat sie es geschafft, so geräuschlos den Papagei einzufangen?

Abena scheint die Frage aus meinen Gedanken abzulesen.

»Papageien sind Gesellschaftstiere«, flüstert Abena mir zu. »Der lässt sich doch die Gelegenheit nicht entgehen, dass sich jemand um ihn kümmert.«

»Und was hast du mit ihm vor?«, frage ich.

Abena schaut hinaus durch die Terrassentür. Der Lichtkegel der Taschenlampe entfernt sich gerade.

Abena geht zur Terrassentür, öffnet sie, tritt mit dem Vogel auf dem Arm auf die Terrasse hinaus und setzt den Papagei auf der Lehne eines Gartenstuhls ab.

Dann klatscht sie urplötzlich einmal laut in die Hände.

Erschreckt kreischt der Vogel auf und flattert los bis zum Apfelbaum, wo er sich auf einem Ast niederlässt und krächzend vor sich hin schimpft. Unter anderem, indem er laut krächzt: »POLIZEI! POLIZEI!«

Abena saust zurück ins Wohnzimmer, schließt hastig die Terrassentür und zischt mir zu: »Hinten raus. Durch die Küche!«

Und rast los.

Mir ist klar: Jeden Moment kann wieder der Richter die Treppe hinunterkommen, obwohl er wohl zunächst von oben aus dem Fenster schauen wird, was im Garten los ist. Dennoch laufe ich Abena hinterher.

Ein kurzer Blick durchs Foyer genügt, und wir sehen, wo die Küche ist, denn die Küchentür steht offen.

Wir laufen hinein, öffnen das Fenster, das sich leider direkt über der Spüle befindet. Wir müssen also über die Spüle klettern, um aus dem Fenster hinauszukommen.

Doch das gelingt uns beiden schnell.

Draußen landen wir in einem Blumenbeet.

Während Abena schon nach hinten rennt, zum Gartenzaun, verwische ich noch schnell unsere Fußspuren im Beet. Anschließend laufe auch ich über den gefliesten Weg ums Haus herum, dann weiter Abena hinterher, die hinter dem Zaun auf der anderen Seite schon auf mich wartet.

Dann weiter zur Seitenstraße, wo wir weiterrennen bis zu unseren E-Bikes, die wir um die Ecke abgestellt haben und die Billy jetzt für uns bereithält.

»Auftrag erledigt!«, ruft Abena ihm und gleichzeitig allen anderen in der Funkverbindung zu.

Wir schwingen uns auf die Räder und düsen los.

Im Hintergrund höre ich noch Frau Kämmerer entsetzt rufen: »Wie kommt denn Kiki nach draußen?«

Die Antwort gibt Kiki selbst.

»POLIZEI! POLIZEI!«, krächzt er durch die Nacht.

EIN KÜHNER PLAN

Als wir uns etwas später und weit genug vom Richterhaus entfernt wieder mit Naomi und Billy treffen, frage ich Tim, was es mit dieser Puppe auf sich hatte.

»Das war eine Cayla«, antwortet er.

Ich hab keine Ahnung, was er damit meint. Auch Billy schaut ihn ratlos an.

Naomi hingegen wird hellhörig.

»Du meinst die My friend Cayla-Cayla? Die so funktioniert wie die Hello Barbie?«

Tim nickt.

Billy und ich verstehen kein Wort.

»Seit wann interessierst du dich noch für Puppen?«, fragt Billy Naomi.

Naomi schmunzelt, bevor sie antwortet: »Ehrlich gesagt habe ich mich nie so richtig für Puppen interessiert. Schon als kleines Mädchen nicht. Aber schon immer für Technik. Und deshalb auch für diese beiden Puppen, die es erst seit wenigen Jahren auf dem Markt gibt. Es handelt sich um sogenanntes intelligentes Spielzeug. Über eine App und Bluetooth-Verbindung können die Kinder ihrer Puppe Fragen stellen. Die werden in Text umgewandelt und an die Internetseite der Spielzeugfirma gesendet, die eine Antwort zurückschickt, die die Puppe dem Kind dann mitteilt. Das Kind kann also mit seiner eigenen Puppe sprechen.«

»Nicht schlecht«, kommentiert Billy. »Wenn mein Black Panther das gekonnt hätte, das hätte ich super gefunden.«

»Black Panther?«, frage ich nach.

»Ja, ich hatte einen schwarzen Leoparden als Plüschtier«, antwortet Billy und fügt grinsend hinzu: »Der wohnt immer noch unter meinem Bett.«

»Aber es ist nicht nur toll«, erläutert Naomi weiter. »Dadurch, dass die Puppe alles aufnimmt, was das Kind ihr sagt, ist sie gewissermaßen ein Abhörgerät.«