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Romana ist entschlossen, dem snobistischen Aktionär Niall Farraday gleich zwei Dinge zu beweisen: Zum einen, dass sie sehr wohl in der Lage ist, ein Kaufhaus zu leiten - zum anderen, dass auch er wie alle Männer auf eindeutige Reize einer Frau reagiert! Dass sie ihre Figur nicht gerade verhüllen muss, kommt ihr dabei sehr gelegen - mit superkurzem Mini und hübschem Dekolleté entfacht sie Nialls Begehren. Leider hat sie eins außer Acht gelassen: ihre eigenen Gefühle...
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Seitenzahl: 191
IMPRESSUM
Zauberhafte Tage mit Niall erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© by Liz Fielding Originaltitel: „The Corporate Bridegroom“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 1551 - 2003 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Marion Koppelmann
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format in 05/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733778026
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Pressemitteilung
Die Firmenleitung von „Claibourne & Farraday“ gibt bekannt, dass Miss India Claibourne mit sofortiger Wirkung zur Vorstandsvorsitzenden ernannt wird, wobei Miss Romana Claibourne und Miss Flora Claibourne zu voll stimmberechtigten Vorstandsmitgliedern werden.
London Evening Post, Rubrik: Unsere Stadt
Hat die Gleichberechtigung jetzt auch in den geheiligten Hallen des ältesten und schicksten Londoner Warenhauses Einzug gehalten?
Mit der heutigen Bekanntgabe, dass India Claibourne, 29, in die Fußstapfen ihres Vaters als ehemaligem Vorstandsvorsitzenden von „Claibourne & Farraday“ tritt, fällt eine der letzten Bastionen alleiniger männlicher Vorherrschaft im Einzelhandel.
Fast könnte man meinen, die großartigen Claibourne-Frauen, die an der Geschäftsführung teilhaben, seitdem sie alt genug sind, als Elfen verkleidet dem Weihnachtsmann zur Seite zu stehen, hätten beschlossen, mit dem verstaubten Führungsanspruch der männlichen Warenhausgründer im neunzehnten Jahrhundert aufzuräumen.
Seit 1832, als der Kammerdiener Charles Claibourne und der Butler William Farraday festlegten, dass nur der jeweils älteste männliche Erbe einer der beiden Familien Anspruch auf die Firmenleitung hat, ist ihre Nachfolgeverfügung nicht infrage gestellt worden.
Aber lassen sich die Männer der Familie Farraday den Vorstoß der Claibourne-Frauen einfach so gefallen? Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Memorandum
Von: Jordan Farraday
Zur Kenntnis: Niall Farraday Macaulay und
Bram Farraday Gifford
Bestimmt habt Ihr den beiliegenden Zeitungsausschnitt längst gelesen. Um Euren Fragen zuvorzukommen – ich habe bereits rechtliche Schritte eingeleitet, damit überprüft wird, ob India Claibourne überhaupt den Vorstandsvorsitz übernehmen darf.
Die Antwort der Claibourneschen Anwälte liest sich interessant. Dabei ist man weder auf die feministische Schiene verfallen, noch hat man auf die Gleichberechtigung der Geschlechter gepocht. Stattdessen äußerte man sich erstaunt, dass drei „so beschäftigte Männer“ wie wir es überhaupt in Erwägung ziehen, die Mühe auf uns zu nehmen, um uns mit dem Tagesgeschäft eines Warenhauses zu befassen.
Möglicherweise gehen die Claibournes davon aus, dass wir beabsichtigen, unsere Firmenanteile zu veräußern und damit letztlich den Ausverkauf des Unternehmens bewirken wollen. Allerdings werden die Damen nichts mehr dagegen tun können, wenn wir erst einmal die Firmenleitung übernommen haben. Trotzdem erscheint es mir wichtig, die Claibournes vom Gegenteil zu überzeugen, weshalb ich auch ihrem Vorschlag zugestimmt habe, ihnen während der kommenden drei Monate bei der Arbeit über die Schulter zu sehen.
Zweifellos erhoffen sich die drei, damit zu beweisen, dass ihre Erfahrung im Tagesgeschäft für die Leitung des Warenhauses größere Vorteile bringt als unsere Erfahrung auf den Finanz- und Wirtschaftsmärkten. Es wird unserer Sache nicht schaden, unsere Forderungen für drei Monate auf Eis zu legen. Ganz im Gegenteil, die Erkenntnisse, die wir gewinnen, wenn wir den Damen bei ihrer Arbeit zusehen, werden uns vor Gericht helfen, ihren Auszug aus der Vorstandsetage zu bewirken.
Deshalb habe ich folgendem Zeitplan zugestimmt: Niall beobachtet Romana Claibourne im April bei der Arbeit, Bram Flora im Mai und ich India im Juni. Anbei findet Ihr einige Unterlagen über die jeweilige Frau, die Euch zur Überprüfung zugedacht ist. Bitte widmet diesem Projekt so viel Zeit wie möglich.
Ich weiß, dass ich Euch damit viel zumute, aber denkt daran, dass der Lohn Eurer Arbeit die absolute Verfügungsgewalt über ein erstklassig eingeführtes Warenhaus sein wird, dessen Veräußerung der Teilbereiche uns außerdem noch eine der nachgefragtesten Immobilien des Landes beschert.
Von: [email protected]
Thema: Niall Farraday Macaulay
Liebe Romana,
unsere Anwälte haben um drei Monate gebeten, um dem Anspruch der Farradays, die alleinige Firmenführung zu übernehmen, sinnvoll begegnen zu können. Ich musste gute Miene zum bösen Spiel machen und den Farradays vorschlagen, uns bei der Arbeit über die Schulter zu sehen – als Verzögerungstaktik sozusagen. Überraschenderweise sind sie sofort darauf eingegangen.
In Kürze wird Niall Farraday Macaulay sich mit Dir in Verbindung setzen, um Terminabsprachen bezüglich seiner „Beschattungsaktion“ im April zu treffen. Bei dem Mann handelt es sich um einen Investmentbanker, dessen Hauptinteresse zweifellos dem Anlagevermögen unseres Warenhauses gilt. Du musst ihn unbedingt davon überzeugen, dass es das Beste ist, wenn wir auch weiterhin alles in unserer Hand haben.
Der Umstand, dass die Farradays meinem Vorschlag, uns bei unserem Tagesgeschäft über die Schulter zu sehen, zugestimmt haben, lässt vermuten, dass sie die Zeit nutzen wollen, um Insiderinformationen zu sammeln. Also sei vorsichtig!
Gruß, India
Romana Claibourne jonglierte mit einem Pappbecher voll Cappuccino, den sie im Augenblick bitter nötig hatte, einer kleinen Reisetasche und einigen Tüten mit ihren Einkäufen in verschiedenen Designer-Geschäften. Während sie versuchte, bei all den Taschen ihr Portemonnaie zu finden, geriet sie immer mehr in Panik. Das war allerdings nicht nur auf die vermeintlich fehlende Geldbörse zurückzuführen oder auf die Tatsache, dass sich Niall Farraday Macaulay ausgerechnet heute mit ihr treffen wollte.
Nein, es gab Schlimmeres als Männer mit dem Nachnamen Farraday oder den Umstand, zu spät zu einem Geschäftstreffen zu kommen, auch wenn ihre Schwester India anderer Meinung sein mochte.
Romana hatte nie zu den Überpünktlichen gehört, egal, worum es sich handelte. Deshalb war Indias SMS in einem Punkt auch ganz eindeutig gewesen: Sie, Romana, durfte nicht zu spät kommen! Niall Macaulay wollte Punkt zwölf Uhr mit ihr besprechen, wie seine „Beschattungsaktion“ organisiert werden konnte, und sie hatte deshalb alles stehen und liegen zu lassen. Nichts – nicht einmal die Eröffnungsveranstaltung anlässlich der karitativen Woche bei Claibourne & Farraday – sei wichtiger, hatte India noch hinzugefügt.
„Ich hab’s gleich!“ Romana warf dem Taxifahrer einen entschuldigenden Blick zu. „Mein Portemonnaie ist bestimmt hier irgendwo. Als ich das Abendkleid gekauft habe, war es auf jeden Fall noch …“
„Nur nichts überstürzen, Miss“, fiel ihr der Mann ins Wort, „ich habe alle Zeit der Welt.“
„Tatsächlich?“ Erstaunt sah Romana ihn an und begriff erst in diesem Moment, dass seine Bemerkung spöttisch gemeint war. Daraufhin schnitt sie ein Gesicht und verdoppelte ihre Anstrengungen, das verschwundene Portemonnaie wiederzufinden. Sie wusste genau, dass sie es in der Designer-Boutique noch gehabt hatte, denn da hatte sie zum Bezahlen ihre Kreditkarte benutzt. Dann, nach Indias SMS, hatte sie sofort einen Kaffee gebraucht.
In Gedanken ließ Romana die Situation noch einmal Revue passieren. Sie hatte den Cappuccino bestellt, bezahlt und das Portemonnaie … in die Jackentasche gesteckt!
Doch Romanas Erleichterung war nicht von Dauer. Als sie mit der linken Hand in die rechte Jackentasche griff, rutschte ihr eine der Einkaufstaschen vom Gelenk auf den Handrücken der rechten, sodass ihr der Kaffeebecher entglitt. Beim Aufschlag öffnete sich der Plastikdeckel, und der immer noch warme Milchschaum des Cappuccinos ergoss sich auf die handgenähten Schuhe eines Vorübergehenden, um daraufhin auch noch einige Spritzer auf dessen Hosenbeinen zu hinterlassen.
Der Mann blieb stehen, spießte den Pappbecher mit der Spitze seines Regenschirms auf und hielt ihn Romana hin. „Das gehört Ihnen, nehme ich an“, sagte er, und Romana strich sich nervös die Löwenmähne zurück, bevor sie den Pappbecher von der Schirmspitze zog – was ein Fehler war. Der Becher fühlte sich jetzt feucht und klebrig an, und die Entschuldigung, die ihr auf den Lippen gelegen hatte, wurde zu einem angeekelten: „Igitt!“
Daraufhin folgte Fehler Nummer zwei: Sie sah dem Mann ins Gesicht und hätte den Pappbecher beinah noch einmal fallen lassen. Der Fremde war nicht nur groß und dunkelhaarig, sondern sah auch noch umwerfend gut aus, sodass Romana einen Augenblick lang buchstäblich die Worte fehlten. Rede mit ihm, sagte sie sich. Sie musste sich entschuldigen und ihn nach seinem Namen fragen.
Aber als sie der Empfehlung ihrer inneren Stimme nachkommen wollte, stellte Romana fest, dass der Mann von dem unerwarteten Zusammentreffen mit einer der begehrtesten Frauen Londons keineswegs begeistert war. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, verband er Romanas Anblick lediglich mit den im Duden unter dem Stichwort „Blondchen“ verzeichneten Bedeutungserklärungen, woraufhin ihr die Entschuldigung auf den Lippen erstarb.
Aber das war egal. Offensichtlich interessierte den Mann nicht im Mindesten, etwas aus ihrem Mund zu hören. Er hatte sich bereits abgewandt und ging jetzt mit großen Schritten durch das vergoldete Eingangsportal von Claibourne & Farraday.
Niall Macaulay wurde schon erwartet und sofort ins Penthouse gebracht, in dem sich die Büros des Warenhauses befanden. Er reichte Schirm und Mantel der Empfangsdame, bevor er sich auf die Herrentoilette zurückzog, um Schuhe und Hose so gut wie möglich von den Cappuccinospritzern zu reinigen. Danach warf er das Papierhandtuch in den Mülleimer und sah ärgerlich auf die Armbanduhr. Ihm war ohnehin kaum Zeit geblieben, rechtzeitig herzukommen, und da hatte diese unbeholfene Frau auch noch dafür gesorgt, dass er sich verspätete.
Was hatte sie sich bloß dabei gedacht, bei so vielen Einkäufen, deren Wert wahrscheinlich einen Zwergstaat von seiner Schuldenlast befreit hätte, auch noch mit einem Kaffeebecher herumzuhantieren? Es gelang ihr ja nicht einmal, ihr Haar in Ordnung zu halten! Aber das konnte ihm jetzt auch egal sein. Romana Claibourne war ebenfalls zu spät dran.
Niall verließ die Herrentoilette, wies das Angebot von Miss Claibournes Sekretärin, ihm einen Kaffee zu bringen, ab, nahm aber ihr Angebot an, doch im Büro ihrer Chefin zu warten. Er durchquerte den äußert großzügig bemessenen Raum und ging zum Fenster. Dabei versuchte er, nicht daran zu denken, dass er im Augenblick wenigstens ein Dutzend wichtigerer Dinge zu tun hatte, als auf diese Frau zu warten.
„Das ist wohl nicht Ihr Tag, Miss, hm?“, stellte der Taxifahrer fest, als Romana dem Fremden mit dem Schirm nachsah und dachte: Was für ein Miesepeter! „Brauchen Sie eine Quittung?“
„Wie bitte? O ja!“ Sie hatte dem Taxifahrer einen Geldschein gegeben und sagte jetzt: „Der Rest ist für Sie.“ Nach wie vor hielt sie den tropfenden Kaffeebecher in der Hand. Es gab keinen Mülleimer in der Nähe, sodass sie gezwungen war, den Becher auf Armeslänge vor sich herzutragen und mit ins Büro zu nehmen.
Ihre Sekretärin befreite sie schließlich davon und nahm ihr auch den Mantel und die Taschen ab. „Ich erwarte einen Mr Macaulay. Aber ich kann ihm nicht mehr als fünf Minuten widmen. Deshalb verlasse ich mich darauf, dass Sie mir zu Hilfe …“ Romana verstummte, als sie den warnenden Blick ihrer Sekretärin sah, die ihr gleich darauf zuflüsterte: „Mr Macaulay ist vor wenigen Minuten eingetroffen. Er wartet in Ihrem Büro.“
Romana wirbelte herum und sah durch die geöffnete Tür einen Mann am Fenster stehen, der ihr den Rücken zugekehrt hatte und über die Dächer Londons blickte. O verdammt! Bestimmt war ihm ihre Bemerkung nicht entgangen. Das fing ja gut an! Sie wischte sich die Hände an einem Papiertaschentuch ab und verdrängte jeden Gedanken an eine Make-up-Auffrischung oder der Bändigung ihres Haars – aber dafür fand sie ja nie genug Zeit. Jetzt strich sie sich einfach den Rock glatt, zog die Kostümjacke zurecht und ging in ihr Büro.
Niall Macaulay war beeindruckend, zumindest von hinten. Er war groß, hatte perfekt frisiertes dunkles Haar und trug einen teuren Maßanzug, der seine breiten Schultern effektvoll zur Geltung brachte.
„Mr Macaulay?“, richtete Romana beim Durchqueren des Büros das Wort an ihn und hielt ihm die Hand hin, als er sich umdrehte. „Tut mir leid, dass ich Sie habe warten lassen.“ Gerade wollte sie ihre Verspätung erklären – ohne die Sache mit dem Kaffee zu erwähnen –, als sie feststellte, dass der Mann keinerlei Ausreden gelten lassen würde, da es sich bei ihm doch tatsächlich um den Miesepeter vom Bürgersteig handelte. Und das war kein Aprilscherz, sondern Ironie des Schicksals!
„Hat meine Sekretärin Ihnen schon …?“, begann Romana, zögerte dann aber verständlicherweise.
„Kaffee angeboten?“, vollendete Mr Macaulay ihren Satz mit einer so tiefen Stimme, dass Romana unwillkürlich erschauerte. Gleichzeitig wusste sie, dass diesen Mann nichts und niemand aus der Ruhe bringen würde. Sie hatte ja schon erlebt, wie beherrscht er war. „Vielen Dank“, sagte er jetzt, „aber ich glaube, für heute hatte ich schon mehr als genug Kaffee.“
Und das ist einer unserer stillen Teilhaber, dachte Romana, als er ihre Hand losließ, wobei das Wort „Krise“ eine ganz neue Bedeutung gewann. Bisher war es Romana nie in den Sinn gekommen, darüber nachzudenken, warum sich die Farradays so „still“ verhielten, obwohl ihr Name über dem Eingang des Warenhauses prankte. Wenn sie überhaupt einen Gedanken an die Mitinhaber von Farraday & Claibourne verschwendet hatte, war sie davon ausgegangen, sie seien zu alt oder einfach nicht daran interessiert zu arbeiten. Schließlich konnten sie von den Dividenden, die die Claibournes für sie erwirtschafteten, ein Leben in Saus und Braus führen, ohne selbst einen Finger zu rühren.
Erst nach dem schweren Herzanfall ihres Vaters Peter Claibourne hatten Romana und ihre Schwestern die Wahrheit über die Farradays herausgefunden. Die drei waren weit davon entfernt, sich auf den Millionen auszuruhen, die ihnen durch die Dividendenzahlungen zufielen. Nein, als Spekulant, Banker und Rechtsanwalt bauten sie sich ihre eigenen Firmenimperien auf. Und jetzt wollten sie auch noch das Claibournesche dazu.
Auf sie, Romana, hatte man den Banker angesetzt, der bereits unter Beweis gestellt hatte, wie kalt er war. Ihre Aufgabe bestand nun darin, ihm zu beweisen, dass sie das Zeug zu einer fähigen Geschäftsfrau besaß und in der Lage war, ein Unternehmen wie dieses mitzuführen. Da hatte sie ja gleich von Anfang an einen „schönen“ Eindruck gemacht! Aber es war schon okay. Das würde sie wieder hinbiegen. Sie hatte Niall Macaulay einfach nur an einem äußerst ungünstigen Tag kennengelernt. Morgen wäre sie wieder sie selbst, würde Boden gutmachen und ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen.
Verdammt, bevor man sie mit der Öffentlichkeitsarbeit betraut hatte, war das Image des Warenhauses etwa so aufregend gewesen wie das einer Anstandsdame. Sie, Romana, hatte es völlig verändert und konnte es mit einem Niall Macaulay bestimmt aufnehmen. Doch heute stand ihr noch der schlimmste Augenblick ihres Lebens bevor, und da hätte sie auf die unterkühlte Art des Bankers lieber verzichtet.
„Es tut mir wirklich leid, wegen der Sache mit dem Kaffee“, sagte Romana nun und lächelte ebenfalls so kühl wie möglich. „Ich hätte mich schon vorhin entschuldigt, wenn Sie mir die Möglichkeit dazu gegeben hätten.“ Sie wartete, damit er ihr bedeuten konnte, wohl etwas übereilt gehandelt zu haben. Aber nichts. Auch als sie hinzufügte: „Bitte schicken Sie mir die Rechnung von der Reinigung“, blieb sein Gesichtsausdruck verschlossen, und Romana hörte sich sagen: „Sie könnten die Hose auch jetzt schnell ausziehen, und unser Reinigungspersonal kümmert sich …“
Sie hatte ihm nur behilflich sein wollen, aber stattdessen sah sie ihn plötzlich in Boxershorts vor sich und errötete unwillkürlich. Das passierte ihr normalerweise nicht. „Sie können sich gern meines Büros bedienen, während Sie auf die Hose warten“, erklärte sie, warf rasch einen Blick auf die Uhr und fügte hinzu: „In ungefähr zehn Minuten muss ich einen anderen Termin wahrnehmen.“ Selbst wenn sie die Zeit gehabt hätte, hätte sie Mr Macaulay nicht Gesellschaft leisten wollen, während seine Hose beim Reinigen war.
Jeder andere Mann hätte inzwischen breit gegrinst und gehofft, dass sie trotzdem bei ihm bliebe. Nicht so Niall Macaulay. Nach wie vor sah er sie an, als hätte sie ihm den Kaffee gerade eben über die Hose geschüttet. In puncto Kaltschnäuzigkeit konnte sie ihm wirklich nicht das Wasser reichen und fuhr sich jetzt nervös durch die blonde Löwenmähne – eine Geste, die Männer entweder mochten oder verabscheuten. Mr Macaulay gehörte eindeutig zu Letzteren, was Romana dazu veranlasste, sie zu wiederholen. Denn die Abscheu in seinem Blick stellte zumindest eine Reaktion dar, auch wenn sie negativ ausfiel, war sie besser als nichts. Diesmal lächelte Romana dabei auch noch absichtlich aufreizend. Der Durchschnittsmann hätte ihr spätestens jetzt zu Füßen gelegen und darum gebettelt, dass sie es nicht bei dem Lächeln belassen möge. Aber Mr Macaulay war nicht durchschnittlich. Er war in keiner Hinsicht wie andere Männer …
„Miss Claibourne, mein Cousin Jordan hat mich gebeten, Ihnen eine Zeit lang beim Arbeiten über die Schulter zu sehen. Vorausgesetzt natürlich, Sie machen während der Bürostunden auch noch etwas anderes, als einkaufen zu gehen.“
Romana folgte seinem Blick, der inzwischen auf den Designer-Tragetaschen ruhte, die ihre Sekretärin aufs Sofa gelegt hatte.
„Sie sollten das Shoppen nicht verteufeln, Mr Macaulay. Unsere Vorfahren haben es als amüsanten Zeitvertreib erfunden, und das hat sie zu reichen Leuten gemacht. Und heutzutage sorgt das Kaufverhalten unserer Kunden dafür, dass Sie Dividenden auf Ihre Anteile erhalten.“
„Aber wohl nicht mehr allzu lange“, antwortete er und zog eine seiner dunklen Augenbrauen hoch, „wenn der Vorstand bei der Konkurrenz kauft.“
Romana ignorierte zunächst seine spitze Bemerkung und blätterte ihren Terminkalender durch. Schließlich sagte sie: „Sie müssen noch viel lernen, wenn Sie glauben, namhafte Designer würden uns ihre Entwürfe einfach so als Muster zusenden, denen wir unsere Kollektionen dann nachempfinden können. Teuer und luxuriös oder nicht, wir bleiben einfach ein Warenhaus und müssen selbst aktiv werden, wenn wir unseren Anspruch halten wollen.“ Romana seufzte zufrieden über ihre Retourkutsche und fragte dann: „Wie wär’s, wenn wir jetzt unsere Termine abgleichen?“
Doch anstatt seinen Kalender aus der Aktentasche zu nehmen, fragte Niall Macaulay: „Sie wussten nichts von der Vereinbarung, dass nur männliche Erben die Geschäftsleitung antreten dürfen und Sie die Vorstandsetage aufgeben müssen, sobald Ihr Vater sich aus den Geschäften zurückzieht, nicht wahr?“
Romana ließ sich mit ihrer Antwort ein wenig zu viel Zeit, und Niall Macaulay fügte hinzu: „Wissen Sie, die Details interessieren uns nicht. Dafür kann man Leute einstellen, und wir werden das beste Geschäftsleitungsteam beschäftigen, das für Geld zu haben ist.“
„Wir sind das beste Team“, erwiderte Romana. Schließlich gehörte ihr und ihren Schwestern die Hälfte des Warenhauses. Kein Angestellter würde sich je so dafür einsetzen. „Überlassen Sie uns die Geschäftsleitung, und Ihnen sind auch zukünftig satte Gewinne sicher, ohne dass Sie einen Finger krümmen müssen.“
„Und ohne dass wir etwas bei den Geschäftsentscheidungen zu sagen hätten. Seit drei Jahren stagnieren die Umsätze. Die Waren gehen nicht mehr so weg, wie sie sollten. Die Verkaufskonzepte sind überholt. Es wird Zeit für Veränderungen.“
Verdammt, dachte Romana, als Banker hat er seine Hausaufgaben gemacht. Bestimmt konnte er auf die zweite Nachkommastelle genau sagen, wie viel Gewinn sie im letzten Geschäftsjahr erwirtschaftet hatten. Wahrscheinlich würde ihm das sogar für die letzte Woche gelingen.
„In den vergangenen Jahren ging es dem Einzelhandel allgemein schlechter“, erklärte sie schließlich und dachte: Ich habe eigentlich schon zu viel gesagt. India hatte recht, sie hätte besser auf der Hut sein müssen.
„Ich weiß“, sagte er nun und klang beinah verständnisvoll. Doch davon ließ sich Romana nicht täuschen. „Aber Claibourne & Farraday scheinen sich schon viel zu lange auf ihren Lorbeeren, das schickste Warenhaus Londons zu sein, auszuruhen. Die Konkurrenz hat viel mehr Angebotsfläche.“
„Nun, wir haben vielleicht nicht das größte Warenhaus, dafür hat es aber einen ganz eigenen Stil. Und es ist bestimmt das gemütlichste der gesamten Stadt.“
„Gemütlich? ‚Meinen Sie damit altmodisch, langweilig und angestaubt‘?“
Mit dieser Einschätzung hatte er nicht ganz unrecht. Wie oft hatte sie ihren Vater bekniet, doch endlich die Innenausstattung zu modernisieren und vom Dekor im Stil des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts mit dem dunkelroten Teppich und der Mahagonivertäfelung wegzukommen. Aber das brauchte Mr Macaulay ja nicht zu wissen. Deshalb fragte Romana jetzt: „Und, haben Sie bahnbrechende neue Ideen?“
„Natürlich haben wir Pläne“, antwortete Niall Macaulay, als wäre es das Normalste von der Welt.
Aber was konnte er in seinem zugeknöpften Anzug, dem gestärkten Hemd und der mangelnden Leidenschaft im Blick schon für Londons größtes, unabhängiges Warenhaus tun?
„Ich habe nicht von Plänen, sondern von Ideen gesprochen, das ist etwas ganz anderes“, sagte Romana schließlich. „Mag ja sein, dass Sie planen, unser Warenhaus an eine der großen Ketten zu verkaufen. Dann hat man keinen Stress mehr, sondern nur ein hübsches Sümmchen auf der Bank, mit dem man ein wenig herumspielen kann. Und wenn Sie die Anteilsmehrheit besitzen würden, könnten wir nicht einmal etwas dagegen …“
„Miss Claibourne?“, klang da die Stimme ihrer Sekretärin aus der Sprechanlage. „Es tut mir leid, Sie unterbrechen zu müssen, aber wenn Sie sich jetzt nicht auf den Weg machen …“
Niall Macaulay sah auf seine Armbanduhr. „Genau fünf Minuten hat sie uns gelassen.“
Fünf Minuten zu viel dachte Romana, bevor sie laut sagte: „Es tut mir leid, Mr Macaulay, aber ich muss jetzt einen für unser beider Geschäftsinteresse wichtigen Termin wahrnehmen. Sie werden Ihren und meinen Kalender wohl mit Hilfe meiner Sekretärin abgleichen müssen. Lassen Sie sie einfach wissen, wann Sie ein wenig Zeit für das Warenhaus erübrigen können, dann beziehe ich Sie in meine Pläne mit ein.“ Ohne auf seine Antwort zu warten, nahm sie ihre kleine Reisetasche und verließ das Büro.
Ein wenig Zeit erübrigen? dachte Niall, der nicht beabsichtigte, sich einfach so abfertigen zu lassen. Er würde dieser Romana Claibourne schon noch beweisen, dass sie diejenige war, die sich nicht ausreichend ums Geschäft kümmerte. Deshalb ließ er sich umgehend seinen Mantel und den Regenschirm geben und folgte ihr.
„Miss Claibourne?“
Romana war so froh gewesen, Niall Macaulay los zu sein, wusste aber, dass sie sich zu früh gefreut hatte, als er sich jetzt zu ihr ins Taxi setzte. „Kann ich Sie irgendwo hinbringen?“
„Nein, ich begleite Sie, Miss Claibourne. Als ich erklärt habe, Ihnen über die Schulter sehen zu wollen, meinte ich damit nicht an einigen von Ihnen ausgewählten Tagen und zu bestimmten Ereignissen, die dazu angetan sind, mich zu beeindrucken. Ich meinte, von heute ab den ganzen Monat lang.“
„Glauben Sie mir, gerade heute wird es Ihnen überhaupt nicht gefallen, mich zu begleiten.“
„Miss Claibourne, wenn ich nicht die ganze Zeit mit Ihnen verbringe, werde ich nie erfahren, worin Ihre Arbeit besteht.“
„Sie haben mich nicht richtig verstanden. Heute …“
„Sie arbeiten doch heute oder etwa nicht? Immerhin bekommen Sie ein volles Monatsgehalt.“
„Ja, das tue ich.“ Und gerade heute verdiene ich jeden Penny davon, dachte sie, bevor sie sich vorbeugte, um dem Taxifahrer zu sagen, wohin sie fahren wollten.
India war überrascht gewesen, dass die Farradays auf ihre Verzögerungstaktik eingegangen waren, und hatte zur Vorsicht gemahnt. Plötzlich überkam auch Romana der Eindruck, dass es sich mit der Beschattungsaktion vielleicht nicht so einfach verhielt, wie sie zunächst angenommen hatte.
Niall Macaulay hatte ja bereits zugegeben, dass die Farradays nicht beabsichtigten, das Warenhaus selbst zu führen, sondern ihr eigenes Geschäftsleitungsteam einzusetzen. Warum also sollten sich drei dermaßen ausgelastete Männer die Zeit nehmen, drei junge Frauen zu beobachten, von denen sie ohnehin nichts lernen wollten? War ihr Ziel etwa, den Claibourne-Frauen zu beweisen, dass sie inkompetent waren, weil sie sie sonst nicht aus der Vorstandsetage bekamen?