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Die Wechseljahre – gefürchtet und und hartnäckig verleugnet. Dennoch muss sich jede Frau früher oder später mit dem Thema auseinandersetzen. Auch Bestsellerautorin Monika von Ramin hat es erwischt. Mit viel Humor erzählt sie von Schweißausbrüchen, Selbstzweifeln und Stimmungsschwankungen oder von Fältchen und Pölsterchen, die morgens aus dem Spiegel winken, und von vielen weiteren Situationen, in denen sich jede Frau in den Wechseljahren wiedererkennt. Darüber hinaus gibt sie Tipps, was man tun kann, um sich besser zu fühlen, wie man mit der neuen Situation umgeht und vielleicht sogar Vorteile daraus zieht. Der beste Umgang mit den Wechseljahren ist aber, gemeinsam mit Monika von Ramin und allen anderen Frauen darüber zu lachen – denn: Du bist nicht allein!
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Seitenzahl: 225
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen:
1. Auflage 2015
© 2015 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
Korrektorat: Corinna Rindlisbacher www.ebokks.de
Dieses Buch basiert auf dem Titel Mein letzter Tampon – Wenn böse Mädchen in die Jahre kommen 2005, Eichborn Verlag.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Redaktion: Doris Engelke
Umschlaggestaltung: Kristin Hoffmann, München
Umschlagabbildung: iStockphoto
Satz: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering
Druck: CPI books GmbH, Leck
Printed in Germany
ISBN Print 978-3-86882-571-8
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86415-756-1
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86415-757-8
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.mvg-verlag.de
Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter
www.muenchner-verlagsgruppe.de
Dein erster Schweißausbruch ist schon eine Weile her. Bis jetzt hast du mit Riesenschritten auf High Heels die Welt erobert. In letzter Zeit trägst du manchmal freiwillig diese herrlich weichen Flachtreter. Und morgens um halb vier fragst du dich, warum die Welt dir nicht mehr so zu Füßen liegt wie früher. Es hat sich doch gar nichts verändert. Oder? Deine Gedanken kreißen und gebären jede Nacht eine neue Maus. Wenn dem so ist, dann ist dieses Buch für dich. Es macht dich nicht jünger. Aber vielleicht fröhlicher.
Vorwort
War’s das jetzt? Diese Frage, liebe Leserin, stellen sich gerade rund fünf Millionen Frauen in Deutschland. Du bist also nicht allein.
Ich war 39 Jahre alt, als meine Frauenärztin mir die Diagnose stellte: »Wechseljahre.« Was für ein Schock! Ich war doch noch nicht mal vierzig und gerade frisch verliebt. Zehn Jahre später habe ich »Mein letzter Tampon« geschrieben, also so viele Jahre später, wie dieser Zustand gemeinhin andauert.
Zigtausende Frauen haben »Mein letzter Tampon« gelesen, sich wiedererkannt und verstanden gefühlt, haben sich zusammen mit mir aufs Sofa gelegt, über sich selbst und ihr Leben nachgedacht und häufig herzlich gelacht. Das ist jetzt zehn Jahre her.
Die Generation »Ich will alles« ist inzwischen in die Wechseljahre gekommen, eine Generation von Frauen, die sich freiwillig und mit Indianergeheul auf alle Herausforderungen des Lebens gestürzt haben. Geht nicht, gibt’s nicht, lautete die Devise und so haben die meisten sich mehr auf die Schultern geladen, als es den zarten Schultern einer Frau gut tut.
Die »Wir um die fünfzig« von heute sind gut ausgebildet, selbstbewusst, haben ihre Karriere gemacht, geheiratet, Kinder bekommen und großgezogen. Viele Frauen sind inzwischen geschieden, leben in Patchworkfamilien oder als alleinerziehende Mütter, haben Eltern kurz vor oder im Pflegeheim. Sie haben ihr Leben mit dem Timer organisiert und jeder Topmanager wäre mit ihrem Tagesplan überfordert.
Neulich war ich auf einer Party. Da standen sie in der Küche, diese Top-Family-Managerinnen: jede von ihnen ein Crack in ihrem Job, jede von ihnen mit mindestens einem, wenn nicht gar zwei Kindern kurz vor oder in der Pubertät, jede von ihnen mit angestrengten Gesichtszügen. Ich habe ihnen zugehört. Sie klangen nicht wie glückliche Frauen, sondern wie Frauen kurz vor dem Zusammenbruch. Tolle Frauen, die sich um alles kümmern, nur nicht um sich selbst. Frauen, die sich selbst verloren haben. Auf der Strecke geblieben sind zwischen Spaghetti mit Tomatensauce und Tortendiagrammen, zwischen Hausbau, häuslicher Krankenpflege und Elternabenden. Zwischen Liebhabern, Exmännern und Partnersuche.
So stand ich dazwischen mit meinen fast 60 Jahren, glücklich, entspannt, erfolgreich. Und dachte, ach, sieh mal an, so war das also, damals, in den Wechseljahren. Am nächsten Tag habe ich »Mein letzter Tampon« aus dem Buchregal gerupft und voller Erstaunen mein eigenes Werk gelesen.
Ich war geschockt. Von dem Cover schaute mir eine völlig verspannte Frau entgegen. Ich sah älter aus als heute. Und dann las ich voller Staunen, was ich vor zehn Jahren geschrieben habe. Ich war zutiefst erschrocken. Die Erinnerung ist eine wirklich gnädige Einrichtung. Man vergisst die Schmerzen, die Leiden, alles Schlechte im Leben. Ich habe die Zeit meiner Wechseljahre, also die Zeit zwischen 39 und 49, als die bis dahin glücklichsten und erfülltesten Jahre meines Lebens in Erinnerung.
Vergessen sind die Selbstzweifel, das Gefühl, alt zu werden, von der Gesellschaft ausgemustert, das Gefühl der Müdigkeit, der Perspektivlosigkeit. Wenn ich damals gewusst hätte, was das Leben noch für mich bereithält, ich hätte freiwillig noch ein paar Jahre dazu geschummelt.
Es war vor allem der fehlende Silberstreif am Horizont, der mir damals zu schaffen gemacht hat. Es gab keine Vorbilder, Frauen, die über ihre Wechseljahre geredet und uns vorgelebt haben, was man aus diesem Chaos machen kann.
Und so beschloss ich: Es wird Zeit für eine Neuauflage meines Wechseljahresklassikers »Mein letzter Tampon«. Natürlich um einige Erfahrungen erweitert, überarbeitet, zeitgemäß verpackt und mit einem neuen Titel.
Liebe Leserin, ich sage einfach du. Denn wir werden über intime Dinge reden, über die kleinen Geheimnisse, die wir Frauen sogar gegenüber unserer besten Freundin haben. Komm, mach es dir bequem. In deinem Lieblingssessel, im Bett oder auf dem Sofa. Entspann dich.
Ich weiß, in letzter Zeit fühlst du, dass sich etwas verändert. »Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins« ist einer unerklärlichen Schwere gewichen. Die Probleme, die du ein Leben lang mit links gelöst hast, scheinen dich zu erschlagen. Du fühlst dich ausgelaugt, müde von der schlaflosen Nacht, gebeutelt von Schweißausbrüchen und die Männer laufen dir auch nicht mehr in Scharen hinterher. Deine Eltern sind krank, deine Kunden oder Kollegen werden immer jünger, deine Existenzangst immer größer.
Was ist nur geschehen? Wechseljahre. Du brauchst weder einen Psychotherapeuten noch einen Psychiater, denn Wechseljahre sind keine Krankheit. Du brauchst auch keine Ratgeber, wie man gesund durch die Wechseljahre kommt oder wie man bis ins hohe Alter fit bleibt. Danach bist du genauso schlau wie vorher und noch deprimierter. Denn bei jedem dieser Bücher tröpfelt so langsam die Ahnung ins Hirn, dass jetzt Schluss sein könnte mit lustig.
Du brauchst nur eins: dich. Es ist Zeit, dich neu zu orten. Denn du bist einfach mal wieder auf dem Sprung!
1. DIE HORMONFALLE
Lass dich bloß nicht beim Älterwerden erwischen
Irgendwann hat es dich unerwartet erwischt. »Liebling, es ist so furchtbar heiß hier, kannst du das Fenster aufmachen?« Sowie du den Satz ausgesprochen hattest, dräute dir, dass du jetzt dran bist. Natürlich hast du erst mal eine Grippe in Erwägung gezogen. »Leider nicht«, sagte das Fieberthermometer. Und dann bist du zu deinem Frauenarzt gestiefelt und der hat, so schien es dir, dein Todesurteil gesprochen: »Wechseljahre.«
Den Gedanken an die Menopause (ein noch ekligeres Wort als Wechseljahre) hattest du genauso verdrängt wie den an deine eigene Beerdigung. Du hattest um Frauen, die in den Wechseljahren waren und (unerhört!) darüber auch noch redeten, immer einen großen Bogen gemacht. Du, nein, du würdest einfach von den Wechseljahren nichts merken. Punkt.
Und plötzlich fiel es dir wie Schuppen aus den Haaren: diese ständigen Kreislaufstörungen, neulich die Panikattacke, das Herzrasen damals im Restaurant, als du dachtest, vom Stuhl zu fallen. Ach ja. Dein erheblich gestiegener Verbrauch an Kopfschmerztabletten. Ach so. Die kleinen Pölsterchen, die sich um deine Hüften geschmiegt haben. Nein, das kam nicht davon, dass du aufgehört hast zu rauchen. Und es waren auch nicht deine Sorgen, die dich in den letzten Monaten um den Schlaf gebracht haben.
Und jetzt? Jugend ade! Die nächste Panikattacke kündigte sich umgehend an. Die Angst, die du so lange erfolgreich verdrängt hattest, überfiel dich innerhalb von Minuten. Gehöre ich jetzt zum alten Eisen, hast du dich gefragt. Was wird mein Mann dazu sagen? Also hast du erst mal beschlossen, weder deinem Mann noch irgendwem sonst etwas von deinen Wechseljahren zu erzählen.
Wut, Schweiß und Tränen
Erst mal Muttern fragen. Die erinnert sich wahrscheinlich gar nicht mehr an ihre Wechseljahre. (»Ich habe was Schweres gehoben und da hörte es plötzlich auf«, sagte meine Mutter. Und behauptete bezeichnenderweise steif und fest, sie sei Anfang fünfzig gewesen. Bei kühlem Nachrechnen bin ich allerdings dahinter gekommen, dass sie gerade mal vierundvierzig gewesen war, als ihre Periode ausblieb. Und ich war damals mitten in der Pubertät.) Verdammt, auch keine Hilfe.
Also ab in den Buchladen. Wahrscheinlich hast du dort die tollen Ratgeber gefunden, in denen man dir zeigt, wie du mit Diät und Lockerungsübungen bis ins hohe Alter fit bleibst, inklusive Tipps zum Thema Sex im Alter. Die hast du, wenn überhaupt, heimlich im Park gelesen und sie entsetzt weggeschmissen. Da stand was von Blasenschwäche und Scheidentrockenheit. Lieber Gott, wie eklig! Nein, also dann doch lieber Hormone, hast du gedacht. Und bist wieder zum Gynäkologen gegangen. Der hat dir ein paar bunte Pillen verschrieben und dich damit in die Wüste geschickt.
In den nächsten Wochen erging es dir auch nicht besser, trotz der Hormontabletten. Du hast ausgesehen wie ein Pfannkuchen und den Hosenbund nicht mehr zubekommen. Deine Beine waren angeschwollen, abends ging kein Ring mehr ab. Also hast du es zur Abwechslung mit Entwässerungstabletten versucht, die dir dein Frauenarzt gegen die Wasseransammlungen verschrieben hat. Als die auch nicht wirkten, hast du die Hormontabletten höchstwahrscheinlich in den Müll geschmissen. Die Schweißausbrüche waren ja verschwunden. Zwei Monate lang hast du alles verdrängt und auf eine kurzfristige Hormonstörung gehofft. Bis es dich eines Nachts wieder erwischte.
Irgendwann hast du angefangen, deine Freundinnen zu beobachten. Ob die auch? Die Elke ist seit einiger Zeit fürchterlich zickig und schnorrt alle zwei Wochen bei dir Tampons. Und Regina ist eine Frischluftfanatikerin geworden. Als du Elke und Regina (natürlich getrennt und diskret unter vier Augen) mal vorsichtig darauf angesprochen hast, hast du nur entrüstete Ablehnung gehört. »Ich in den Wechseljahren, spinnst du?« Von Elkes drei Lovern kennst du sogar die Farbe der Unterhosen und Reginas Kleptomanie ist immer für einen Witz gut. Seit Jahrzehnten teilt ihr eure intimsten Geheimnisse. Du hast mit den beiden vier Ehen, fünf Kinder, einen Konkurs und drei Jahre Arbeitslosigkeit überstanden. Aber die Wechseljahre wirst du voraussichtlich alleine durchstehen müssen. Denn Elke und Regina kriegen so was nicht.
Also hast du dich reif für die Biotonne gefühlt. Und da du eine Frau und schon deshalb masochistisch veranlagt bist, hast du angefangen, junge Frauen zu beobachten. Du hast ihre Haut mit deiner verglichen, ihre Wirkung auf das männliche Geschlecht mit deiner, ihre Taille mit deinem Rettungsring. Prompt hast du Depressionen bekommen.
Und weil nach Murphys Gesetz der Teufel sich immer den größten Haufen aussucht, sind auch noch deine Eltern krank geworden, sind deine Kinder in eine WG oder zu ihren Liebhabern gezogen, hast du in deinem Job oder mit deinem Mann Schwierigkeiten.
Deine Komplexe sind also ins Unendliche gestiegen und deine Kraft, so zu tun, als ob alles normal wäre, ist ins Endliche gesunken. Kurzum: Das Leben macht dir jetzt überhaupt keinen Spaß mehr.
Du hast Angst, dass die Leute anfangen, über dich zu reden. Natürlich reden sie über dich, warum redest du nicht über deine Wechseljahre? Eines muss dir doch klar sein: Als Kind hat man dir pubertäres Verhalten nachgesagt, wenn du dich über irgendetwas beschwert hast. Als du ein junges Mädchen warst, hat man gedacht: ›Die hat wohl ihre Tage.‹ Als junge Frau fand man, was dir fehlt, sei einfach ein Mann, der es dir »richtig besorgt«. Und jetzt? Jetzt glauben alle, dass du völlig durchgeknallt bist, bloß weil du in den Wechseljahren sein könntest. Tröste dich. Selbst wenn du nicht in den Wechseljahren wärst, würde man sie dir in deinem Alter unterstellen. Und es wird noch schlimmer kommen. Kaum wirst du die Wechseljahre hinter dir haben und dich fühlen wie eine junge Göttin (das verspreche ich dir!), wird bereits die kleinste Schusseligkeit von dir zum ersten Anzeichen von Altersdemenz erklärt.
Du bist nun mal eine Frau. Alles, was Frau tut, so denkt die männliche Bevölkerungshälfte, ist hormonell bedingt. Dass die meisten Herren der Schöpfung komplett vom unteren Teil ihres Körpers gesteuert sind, vergessen sie dabei völlig.
Helden in den Wechseljahren
Auch Männer kommen in die Wechseljahre, weigern sich allerdings beharrlich, diese zur Kenntnis zu nehmen. Sonst würden sie Zeitungen zum Thema herausgeben. Die Forschungsetats lägen in der Größenordnung der Aids-Hilfe und sie würden sich Plaketten anstecken mit einem Lorbeersymbol, das sie als Angehörige eines magischen Zirkels ausweist. Symposien zum Thema »Mit Erfolg zum Schweißausbruch«, Seminare »Synergien der Depression«, Kongresse wie die »menocom« oder die »bloodex« würden in ihren Terminkalendern stehen. Karl Lagerfeld hätte schon längst den Sensorfächer designt, der in die Anzugtasche passt und beim Anstieg der Körpertemperatur für Kühlung sorgt. In jedem guten Restaurant würde der Kellner unaufgefordert weiße Handtücher zum Aperitif servieren. Und die Helden würden sich mit der Anzahl ihrer nächtlichen Schweißausbrüche gegenseitig übertrumpfen. Bettdecken mit automatisch sich öffnenden Ventilen wären neben Hosen und Schuhen mit unendlichen Klettbandverschlüssen der absolute Renner und ich schwöre dir, die Raumtemperatur in allen Konferenzsälen dieser Welt würde garantiert nicht über sechzehn Grad liegen. Die neuesten Hormontabletten würden das Medienecho von Viagra übertreffen. Und Tausende von Vorstands-Assistenten würden immer Tampons in ihren Aktenkoffern rumschleppen, für den Fall, dass es den Boss bei der Aktionärsversammlung erwischt. Und du, du kannst nicht mal mit deiner besten Freundin darüber reden!
Liebling, mach das Fenster auf
Schluss damit! Mach das Fenster auf und lass frischen Wind herein. Du hast noch mindestens die Hälfte deines erwachsenen Lebens vor dir. Da hilft kein Jammern und Verkriechen, da helfen nur neue Ideen, Interessen und Ideale. Und eine dicke Portion Humor.
Versuch doch mal, mit Elke bei ein paar Sushis (Eiweiß ist gut für den Hormonspiegel) über Zukunftspläne zu ratschen. Und lade Regina zu einem Wochenende aufs Land ein (weit weg von allen Geschäften), um mit ihr herzlich bei einer Kneipp-Kur über eure Blödheit zu lachen. Und wenn das nicht geht, dann empfehle beiden dieses Buch. Wie heißt doch der uralte Poesiealbumspruch: Wenn du lachst, lacht die Welt mit dir, wenn du weinst, dann weinst du allein.
2. BLOSS NIE WIEDER JUNG SEIN
Traue keinem über dreißig
Erinnere dich: Wann hast du das erste Mal erkannt, dass du nicht mehr jung bist? Das dürfte schon ziemlich lange her sein. Wahrscheinlich an deinem dreißigsten Geburtstag. Der erste Tag im Leben einer Frau, an dem sie flüchtig das Gefühl bekommt, dass die Zeit schneller vergeht, als ihr lieb ist.
Das hat dich vorübergehend in eine tiefe, ernstzunehmende Lebenskrise gestürzt. Du bist zum Friseur gegangen, hast dir Fingernägel ankleben lassen, dir für ein halbes Monatsgehalt einen viel zu engen Fummel gekauft, dich mit der besten Freundin betrunken, Horoskope gelesen und Bilanz gezogen.
»Traue keinem über dreißig« hieß es in meiner Studentenzeit. Solltest du dir also aufgrund dieses massiven Vertrauensverlustes keinen Strick genommen haben, ist es wahrscheinlich, dass du deinen dreißigsten Geburtstag bereits vier Tage später ohne bleibende Schäden überstanden und vergessen hast.
Dann bist du zu deinem Chef gewandert und hast eine Gehaltserhöhung verlangt. Oder dir einen neuen Job, einen neuen Freund oder ein Kind zugelegt. Zumindest hast du irgendetwas getan, was dich weitergebracht hat. Denn das ist der Vorteil von so schrecklichen Ereignissen wie einem dreißigsten Geburtstag: Sie geben Anstöße, im Leben etwas zu ändern. Du hast also dein Leben in den Griff gekriegt und dich weiterhin jung gefühlt.
Unterbezahlt und unglücklich
Manchmal kann ein einziger Satz ein Leben ändern. So ging es mir. Ich werde nie den Schock vergessen, als ein Kollege meinte, wir stünden ja in der Lebensmitte. Himmel, ich war fünfunddreißig. Geradezu unerträglich jung. Und ehrgeizig. Ich wollte ganz nach oben, erfolgreich sein, ich wollte alles. Eine gute Beziehung, die beste Frau der Branche sein, ich wollte Geld, Macht und Einfluss. Und ich hatte nichts davon.
Ich war dick, hässlich, unterbezahlt und unglücklich. Obwohl es mir sehr viel besser ging als mit fünfundzwanzig. Da war ich auch dick, hässlich, noch unterbezahlter und noch unglücklicher. Der Unterschied war nur, dass ich mir mit fünfundzwanzig keine tollen Klamotten leisten konnte, den Mistkerl, der mich unglücklich machte, geliebt habe und nicht mal im Ansatz wusste, wovon ich im nächsten Monat die Miete bezahlen sollte, geschweige denn, was ich anstellen könnte, um endlich reich zu werden. Dafür habe ich allerdings damals neunzig Stunden die Woche gearbeitet.
Nach dem Gespräch mit meinem Kollegen bin ich nach Hause gegangen und habe mich von meinem Mann getrennt. Mit Sack und Pack bin ich zu einer Freundin gezogen, die mir ihre Wohnung für ein paar Monate zur Verfügung stellen konnte. Dort gab es etwas, was es bei uns zu Hause nicht gab: wandfüllende Spiegel. Und dort lernte ich, dass es nur auf die Betrachtungsweise ankommt.
Knick in der Pupille
Eines Abends, ich lag glücklich Schokolade lutschend im Bett, hatte ich Lust auf ein Glas Orangensaft. Also, raus aus den Federn und ab in die Küche. Und plötzlich stand da eine fremde Frau im Flur. Ich schrie auf. Als sich mein Schreck legte, stellte ich fest, dass ich das war, die fremde Frau. Nackt stand ich vor einem überdimensionalen Spiegel. Und was ich sah, war eine hübsche, schlanke Frau. Das war ich. Kleidergröße sechsunddreißig.
Wenn ich also nicht dick und hässlich war, obwohl mein Mann mich immer Dicke genannt hatte, dann konnte ich auch nicht unglücklich und unterbezahlt sein. Denn erstens hatte ich den Mann verlassen, der mich unglücklich machte, und zweitens hatte der mir immer gesagt, ich sei unterbezahlt. Und so lernte ich an jenem Abend vor dem Spiegel, dass ich schlank, hübsch, glücklich und verdammt erfolgreich war.
Diese Verschiebung des Blickwinkels ist doch immer wieder erstaunlich. Hast du mal zufällig irgendwo ein altes Foto von dir gefunden? Du weißt noch ganz genau, wie du dich an diesem Tag gefühlt hast: Das Kleid hast du noch nie gemocht, du hattest einen Pickel auf der Nase und der Pony war mal wieder total fettig. Kurzum, du hattest deine Tage und fühltest dich abstoßend hässlich. Aber auf dem Foto siehst du toll aus. Das haben wahrscheinlich alle anderen damals schon so gesehen – nur du nicht.
Auch Claudia Schiffer hat Probleme
Erinnere dich an die Verzweiflung, die dich beim Anblick deiner Cellulitis befallen hat. Wann immer du mit einem Mann ins Bett gegangen bist, hast du dich gefragt, warum der überhaupt was von dir will.
Ich kann dir versichern, sogar Claudia Schiffer hat dieses Problem. Denn es gibt immer jemanden, der noch hübscher, noch schlanker, noch knackiger ist als du. Und wenn man jung ist, dann vergleicht man sich immer mit anderen. Dass man dabei schielt, spielt für den Effekt überhaupt keine Rolle.
Okay, wir haben also festgestellt, früher sahst du toll aus, aber du hast dich nicht toll gefühlt. Und heute? An deine Cellulitis hast du dich längst gewöhnt, an deine zu dünnen oder zu krausen Haare, zu dicken oder zu kurzen Beine, den zu kleinen oder zu großen Busen. Du hast dich irgendwann mit dem Unveränderbaren abgefunden. Und das betont, von dem du erkannt hast, dass es das Schöne, das Liebenswerte an dir ist. Na also, älter werden hat doch Vorteile, auch wenn man jetzt vielleicht wirklich eine Brille braucht.
Immer Ärger mit den Kerlen
Erstaunlicherweise waren die Männer hinter dir her, obwohl du dich so hässlich gefühlt hast. Und du? Bist reihenweise auf ihre blöden Sprüche reingefallen. Erinnere dich an die vielen SOS-Anrufe bei deiner besten Freundin. Erst hast du zwei Tage geheult, dann deine Freundin angerufen und dann habt ihr die halbe Nacht geredet. Es kam immer, wie es kommen musste: Am nächsten Tag hattet ihr einen Kater und beim nächsten Mann ging alles wieder von vorne los.
Dann hast du endlich deine große Liebe gefunden. Und mit diesem Mann dein Leben geplant. Das war wirklich toll. Geld hattet ihr nicht, Erfahrung hattet ihr nicht, aber jede Menge Träume. Und er war der Größte. Du hast alles für ihn getan. Geputzt und gebügelt (schließlich wolltest du ihm beweisen, dass du eine brauchbare Frau bist), gekocht (langsam hast du dich von Dosenfutter zu Spaghetti bolognese hochgearbeitet), bist nach der Arbeit noch einkaufen gegangen (klare Frauensache!), um dann nach vollendetem Tagewerk und vollständig versauter Küche todmüde auf die Laken zu sinken. Dort erwartete dich dann das, was du damals für guten Sex gehalten hast. Heute weißt du, was wirklich guter Sex ist, hast vielleicht sogar eine Putzfrau, zauberst viergängige Menüs, ohne die Küche zu verwüsten, und schickst deinen Mann einkaufen. Oder du sitzt gemütlich beim Italiener oder Asiaten und lässt auftischen. Wieso willst du eigentlich wieder jung sein?
Wenn du Pech hattest, hast du mit deiner ersten großen Liebe auch gleich noch Nachwuchs bekommen. Klar liebst du deine Kinder über alles! Aber wenn du nicht zu den exotischen Exemplaren der Gattung ewig glücklich verheirateter Ehefrauen gehörst, bist du wahrscheinlich von dem Vater deiner Kinder längst geschieden. Und hast weiter geputzt, gebügelt, gekocht, bist einkaufen gegangen, hast mit dir selbst Sex gehabt und alle Sorgen, die man so als alleinerziehende Mutter hat. Und noch dazu weniger Geld.
Wenn du Glück hattest, hast du dich von dem Kerl frühzeitig getrennt. Denn spätestens als du erkannt hast, dass er a) nicht der Größte war und b) du viel mehr gearbeitet hast als er, war die Grundlage für eure Beziehung dahin. Natürlich hast du noch ein paar Jahre weitergemacht, denn so schnell trennt man sich ja nicht.
Erinnerst du dich noch an die abendlichen Kämpfe, die Scharmützel, die ihr euch bei Spaghetti bolognese geliefert habt? Du hättest ihn umbringen können. Also bist du nicht nur todmüde in die Kissen gesunken, sondern auch noch unglücklich und heulend und dann hat er natürlich erwartet, dass ihr euch wieder vertragt. Das führte regelmäßig zu Beschwerden, mit denen du deinen Gynäkologen reich gemacht hast.
So oder so, ich hoffe für dich, dass du ihn verlassen hast. Wenn er dich verlassen hat, kannst du dem Schicksal zwar auch dankbar sein, aber der Stachel sitzt natürlich erstmal ziemlich tief.
Heute lebst du entweder mit einem netten Mann zusammen oder bist alleine. Du hast (hoffentlich) deine Illusionen über die männliche Hälfte der Welt begraben und das gesucht, was du wirklich brauchst. Zumindest hat dich diese harte Zeit gelehrt, was du nicht brauchst.
Wenn du dich nach einem harmonischen Abend wohlig in deine Laken kuschelst, denkst du manchmal, wie gut du es doch hast. Ich hoffe jedenfalls, dass du das denkst. Und nicht, ach, ich möchte so gern noch einmal von vorn anfangen, warum finde ich keinen netten Mann, mit dem ich mein Leben teilen kann. Wenn du das denkst, dann erinnere dich doch einfach mal daran, wie schrecklich anstrengend es war.
Das Kompetenzdefizit
Nachdem du ihn zurück zu Mutti geschickt und dieses zum Schluss mehr als unerfreuliche Kapitel deines Lebens abgeschlossen hattest, war endlich Zeit, dich – Volldampf voraus – um deine eigene Karriere zu kümmern. Schließlich warst du begabt, gut ausgebildet und jetzt erst recht voller Elan.
Also hast du dich ins Business-Kostüm gezwängt, deine Walle-walle-Mähne zu einem dezenten Zopf gebunden und bist Richtung Vorstandsetage marschiert. Komisch war nur, dass sie dich trotz deines dezenten Outfits so gar nicht ernst genommen haben. Irgendwie warst du für alles zu jung. Und außerdem eine Frau.
Sobald du in einer Sitzung zaghaft die Stimme erhoben hast, haben dich alle mitleidig angeschaut. Ach Gott, die Kleine, haben sie gedacht. Deine Verbesserungsvorschläge wurden mit Kommentaren wie »Das haben wir schon immer so gemacht« im Keim erstickt. Deine Konzepte ließ man wohlwollend »einfließen«, was nichts anderes hieß, als dass sich jemand die Mühe machte, jeden Satz, den du geschrieben hast, so umzuformulieren, dass er zwar den Sinn behielt, sich aber schlechter anhörte. Man wollte, dass du Kaffee kochst und ansonsten das Büro dekorierst.
Sollte es dir mit der Tarnung sämtlicher weiblicher Attribute (Busen mit Blazer bedecken, Hosen statt Strapse, Nivea statt Prada, Klarsicht- statt Rotlacknägel, Labello statt Rouge absolut) gelungen sein, in einer überdurchschnittlichen Position Fuß zu fassen, durftest du regelmäßig Kunden- oder Mitarbeitermeetings besuchen.
Alle wollten nur das eine
Du hast dich die halbe Nacht darauf vorbereitet, die Aktenlage sondiert und besonders schlaue Einwände zurechtgelegt. Und dann saßest du da in trauter Männerrunde. Hast gelächelt und Kaffee eingeschenkt. Sie hörten dir ein bisschen zu, aber eben nur ein bisschen. Was kein Wunder war. Denn die ganze Zeit haben sie versucht, einen Blick auf deinen Busen zu werfen. Oder festzustellen, wie lang deine Beine sind.
Selbst wenn du keinen Busen und Stummelbeine hattest, konntest du sicher sein, dass sie wirklich nicht bei der Sache waren. Sie haben dich schlicht und ergreifend in Gedanken im Bett gehabt. Und wenn du etwas wirklich Schlaues von dir gegeben hast, dann waren sie erst recht der Meinung, dass dir einfach nur ein guter Fick gefehlt hat, denn sonst wäre deinem Spatzengehirn so ein Gedanke nicht entsprungen.
Das hat dich schier zur Verzweiflung gebracht. Also hast du noch einen Zahn zugelegt und die ganze Nacht gearbeitet, inklusive Wochenenden. Irgendwann (so Mitte dreißig) hast du eine Strategie gefunden, wie du deine weiblichen Vorteile einsetzen konntest, und hattest damit sogar Erfolg. Den hast du zwar nicht sofort am Konto gespürt, aber immerhin am warmen Händedruck, den dein Chef freigiebig austeilte.
Blick zurück im Zorn
Und heute? Dein Konto dürfte nach menschlichem Ermessen besser gefüllt sein. Bei so viel Einsatz! Du grämst dich doch wohl nicht etwa, dass die Männer nicht mehr so mit dir flirten wie früher. Weib, sei froh, dass sie dich endlich ernst nehmen. Wenn du jetzt durchdrehst, hochgeschlitzte Miniröcke trägst und den Busenansatz im Gigantoausschnitt raushängen lässt, dann ist dir auch nicht mehr zu helfen. In dem Fall hast du a) nichts gelernt und b) ist das auch vergebene Liebesmüh, wie wir in einem der nächsten Kapitel sehen werden.
Also, bloß nie wieder jung sein. Du hast das, was du hattest, nicht genießen können und das, was du noch nicht hattest, lag in unerreichbarer Ferne. Erinnere dich daran, wie schwer es früher für dich war, und schon geht es dir besser. Wer sich die Vergangenheit schönredet, kann von der Zukunft nur enttäuscht werden.
3. ABSCHIED VON ALTEM ROLLENVERHALTEN
Mit den Wimpern klimpern
Stell dir bitte mal folgende Szene vor: Eine gut aussehende, superschlanke Fünfzigjährige betritt ein Restaurant. Die Frau schaut sich suchend nach einem Platz um? Nein, sie wartet auf einen Kellner, der auf sie zustürzt und ihr den Mantel abnimmt. Als sich endlich einer der italienischen Beaus bemüht, bedankt sie sich mit innigem Blick und herzigem Augenaufschlag.
Sie stolziert zum Tisch und setzt sich mit gekonntem Beinüberschlag so hin, dass der Rest des Restaurants ihre wirklich wohlgeformten Beine bewundern kann. Der hübsche Kellner bringt ihr die Speisekarte, die die Dame ebenso gekonnt ignoriert. Ihre hellblonden Haare werden mit einer riesigen Sonnenbrille aus der Stirn gehalten. Jetzt nimmt sie die Brille ab und schüttelt filmreif die Mähne. Dann wieder dieser innige Blick. Während sie über ihre Bestellung nachdenkt, fängt sie an, am Bügel ihrer Sonnenbrille zu lutschen. Der Ober wird sichtlich nervös, weil am Nachbartisch bereits zum dritten Mal nach ihm gerufen wird.