Zu Tisch bei Diktatoren - Victoria Clark - E-Book

Zu Tisch bei Diktatoren E-Book

Victoria Clark

0,0
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wer hätte gedacht, dass Mussolini schüsselweise rohen Knoblauch vertilgte? Oder dass Idi Amin bis zu vierzig Orangen pro Tag verzehrte? Dieses Buch betrachtet die schlimmsten Diktatoren des 20. Jahrhunderts aus einer ganz neuen Perspektive, nämlich mit Blick auf ihre kulinarischen Obsessionen. Und nicht nur die Essgewohnheiten werden beleuchtet, sondern alles, was rund ums Essen sonst noch eine Rolle spielt: Tischgespräche, Manieren oder ernährungspolitische Maßnahmen. Zu allen Gerichten gibt es die Rezepte zum Nachkochen. Mit europäischen Alternativen im Falle zu sehr exotischer Originalzutaten - guten Appetit!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 141

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Victoria Clark * Melissa Scott

Zu Tisch bei

Diktatoren

Die Lieblingsspeisen der Tyrannen

Aus dem Englischen von Robert Brack

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel

Dictators’ Dinners – A Bad Taste Guide To Entertaining Tyrants

bei Gilgamesh, London

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten,

so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung,

da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich

auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische

Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung

sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung

oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt

und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Unter www.heyne-hardcore.de finden Sie das komplette Hardcore-Programm,

den monatlichen Newsletter sowie alles rund um das Hardcore-Universum.

@heyne.hardcore

Copyright © 2015 Victoria Clark und Melissa Scott

Copyright © 2021 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Lektorat: Kirsten Naegele

Redaktion: Lars Zwickies

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung eines Motivs von www.titoville.com

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN: 978-3-641-25790-3V001

www.heyne-hardcore.de

INHALT

Vorwort

1. EUROPA

Josef Stalin, UsdSSR

Benito Mussolini, Italien

Adolf Hitler, Deutschland

Antonio Salazar, Portugal

Francisco Franco, Spanien

Josip Broz Tito, Jugoslawien

Erich Honecker, Deutsche Demokratische Republik

Nicolae Ceauşescu, Rumänien

2. NAHER OSTEN

Saddam Hussein, Irak

Muammar al-Gaddafi, Libyen

3. AFRIKA

Hastings Kamuzu Banda, Malawi

Jean-Bédel Bokassa, Zentralafrikanische Republik

Idi Amin, Uganda

Mobutu Sese Seko, Kongo

Mengistu Haile Mariam, Äthiopien

Francisco Macias Nguema, Äquatorial-Guinea

Kwame Nkrumah, Ghana

4. ASIEN

Mao Zedong, China

Ferdinand Marcos, Philippinen

Pol Pot, Kambodscha

Saparmurat Nijasow, Turkmenistan

Kim Jong-il, Nordkorea

5. NORD- UND SÜDAMERIKA

Rafael Trujillo, Dominikanische Republik

François »Papa Doc« Duvalier, Haiti

Alfredo Stroessner, Paraguay

Fidel Castro, Kuba

VORWORT

In diesem Buch werden die schlimmsten Diktatoren des 20. Jahrhunderts aus einer ganz neuen Perspektive betrachtet, nämlich mit dem besonderen Blick auf ihre kulinarischen Obsessionen …

Wer hätte gedacht, dass Adolf Hitler, obwohl er Vegetarier war, ein Faiblee für junge Tauben hatte, gefüllt mit Zunge und Leber? Oder dass Mussolini am liebsten rohen Knoblauch aß, den er sogar schüsselweise vertilgte? Hastings Banda, der asketische Herrscher von Malawi, ging nie aus dem Haus, ohne sich ein paar knusprige Würmer als Snack in seine Hosentaschen zu stopfen! Und Idi Amin – den man im Verdacht hatte, kannibalistischen Gelüsten zu frönen – verzehrte bis zu vierzig Orangen pro Tag. Hat der Kommunist Fidel Castro seinen Gästen wirklich beigebracht, wie man Hummer grillt? Und liebte Pol Pot tatsächlich nichts so sehr wie Kobra-Eintopf?

In diesem etwas anderen Geschichtsbuch, das gleichzeitig auch Fotoalbum und Rezeptsammlung ist, gehen wir nicht nur den Essgewohnheiten der Tyrannen auf den Grund, sondern beschäftigen uns darüber hinaus mit allem, was rund ums Essen sonst noch eine wichtige Rolle spielte: mit Tischgesprächen, Manieren, Verdauungsproblemen, häuslichen Angelegenheiten, Suchtproblemen, Krankheiten und ernährungspolitischen Maßnahmen. Sofern keine humanitären Gründe dagegen sprachen, haben wir die Lieblingsgerichte der Diktatoren mit Rezepten zum Nachkochen abgedruckt. Wo das nicht möglich war, sind wir auf eine naheliegende Spezialität ausgewichen.

Die vorliegende Zusammenstellung kann natürlich nicht alle Diktatoren des 20. Jahrhunderts berücksichtigen, das hätte zu weit geführt. Es fehlen zum Beispiel Enver Hodscha aus Albanien, Augusto Pinochet aus Chile, Ho Chi Minh aus Vietnam oder Gamal Abdel Nasser aus Ägypten. Bis auf den ehemaligen äthiopischen Präsidenten Mengistu, der heute im Exil in Simbabwe lebt, sind alle porträtierten Tyrannen verstorben.

Wir hoffen, dass unser Buch eine unterhaltsame und lehrreiche Lektüre darstellt und die Leser und Leserinnen mit einigen Geheimnissen exotischer Gerichte bekannt macht. Es zeigt uns, wie schmal der Grat ist, der den Menschen vom Ungeheuer trennt. Darüber hinaus ist nicht zu leugnen, dass alle hier vorgestellten Autokraten während ihrer Amtszeiten von zahllosen Politikern und Staatsmännern aus aller Welt anerkannt und hofiert wurden.

Victoria Clark und Melissa Scott

1. Europa

JOSEF STALIN

1878 – 1953

Stalin war noch Schüler am Seminar für orthodoxe Priester in der georgischen Hauptstadt Tiflis, als er zum ersten Mal die Schriften von Lenin in die Hände bekam. Der pockennarbige junge Mann, dessen linker Arm kürzer war als der rechte, was von einem Kutschenunfall im Alter von zehn Jahren herrührte, schloss sich einer Untergrundgruppe an und überfiel Banken im Namen der Revolution. Dank seines Ehrgeizes und seiner Rücksichtslosigkeit gelang es ihm, in die Führungsriege von Lenins Bolschewiki aufzusteigen, der er bereits angehörte, als die Partei in der Oktoberrevolution 1917 die Macht eroberte.

Obwohl Lenin seine Genossen auf dem Sterbebett vor dem brutalen Charakter seines Ziehsohns gewarnt hatte, wurde Stalin 1924 zu seinem Nachfolger gekürt. Fortan verfolgte er gnadenlos alle Rivalen und festigte seine Herrschaft durch rigorose »Säuberungen« in Partei und Staatsapparat und ließ zahllose Schauprozesse durchführen. Auf sein Geheiß wurden während der Jahre des »Großen Terrors« 1,5 Millionen Menschen verhaftet und die Hälfte davon erschossen. Seine Maßnahmen zur Zwangskollektivierung auf Kosten der Kulaken führte zur großen Hungersnot 1932/33, die allein in der Ukraine 3,5 Millionen Menschen das Leben kostete. Er ließ zahlreiche Gefangenenlager in Sibirien einrichten, in denen tatsächliche oder vermeintliche Staatsfeinde unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit leisten mussten, und ordnete die Deportation ganzer Volksgruppen nach Zentralasien an.

Unter seiner Herrschaft, die geschätzten 22 Millionen Menschen das Leben kostete, wurde die Sowjetunion von einem Agrar- in ein Industrieland umgewandelt. Nach dem Angriff der deutschen Wehrmacht im Juni 1941 mobilisierte er alle Kräfte im »Großen Vaterländischen Krieg« und konnte den Feind in einer verlustreichen Auseinandersetzung zurückschlagen. Aus dem Zweiten Weltkrieg ging die Sowjetunion als eine von zwei Supermächten hervor, entwickelte eine eigene Atombombe und sorgte für die Installation russlandfreundlicher kommunistischer Regierungen in den Ländern Osteuropas. Wegen seiner Erfolge bei der Etablierung der sowjetischen Vorherrschaft in Asien und Osteuropa wird er noch heute von vielen russischen Nationalisten verehrt.

Stalins kulinarische Vorlieben sind wesentlich von den Spezialitäten seiner Heimat Georgien geprägt.

In der Küche des Kaukasus-Staats spielen Walnüsse, Knoblauch, Pflaumen und Granatäpfel eine wichtige Rolle. Die Weine der Region werden von den Georgiern als die besten der Welt gefeiert. Georgien hat eine lange Tradition der Gastfreundschaft. Dementsprechend waren festliche Gelage am Hof des Terror-Zaren Stalin praktisch an der Tagesordnung. Sein Nachfolger Nikita Chruschtschow sagte dazu einmal: »Ich glaube nicht, dass es jemals einen Herrscher mit vergleichbarer Verantwortung gab, der mehr Zeit damit verschwendete, üppige Abendessen und Trinkgelage zu veranstalten, als Stalin.«

Aber war das wirklich nur Zeitverschwendung? Die Supra, die typische georgische Festtafel mit ihren zahllosen Speisen, war die ideale Bühne für seine spezielle Art des tödlichen Machtspiels, durch das er jahrzehntelang seine Position festigte. Traditionell ist es in Georgien die Aufgabe des Tamada genannten Tischmeisters, für den entsprechenden Anlass spezielle Trinksprüche vorzubereiten. Durch die Länge seiner Eröffnungsrede wird der Alkoholgenuss der Gäste anfangs noch weitgehend unter Kontrolle gehalten. Dann steigern sich die Ehrbezeugungen, und die Gläser werden immer häufiger gefüllt und leer getrunken. Jeder muss mitmachen, andernfalls würde er die Ehre des Gastgebers verletzen. Stalin lud seine Gäste gerne in eine seiner vielen Sommerresidenzen ein, vor allem in seine Datscha bei Kunzewo in der Nähe von Moskau. Trinkspiele wie »die Temperatur schätzen«, das Stalin besonders gern mochte, sorgten dafür, dass viele Gäste, die er dort bewirtete, früher oder später sturzbetrunken und kotzend durch den Garten taumelten.

Jugoslawiens Staatschef Tito versuchte Haltung zu bewahren, indem er sich in seinen Jackenärmel übergab, der tschechoslowakische KP-Führer Klement Gottwald hingegen lag irgendwann dem Diktator zu Füßen und bettelte darum, dass sein Land sich der UdSSR anschließen dürfe. Chruschtschow wiederum stellte nach einem dieser berüchtigten Abendessen fest, dass er ins Bett gemacht hatte. Im Sommer 1942 trank Winston Churchill, der berühmt für seine Trinkfestigkeit war, dermaßen viel von Stalins Lieblingswein, dem lieblichen roten Khvanchkara, dass er um drei Uhr morgens über Kopfschmerzen klagte.

Wenn Stalin zu einem »kleinen Imbiss« einlud, musste man damit rechnen, dass das Ganze in ein sechsstündiges Gelage ausartete, das erst um fünf Uhr morgens zu Ende ging. Sein Lieblingskoch war übrigens Spiridon Putin, der Großvater des heutigen russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin. Stalin quälte und langweilte seine Gäste mit den immer gleichen Anekdoten und trug sie derart unflätig vor, dass sogar seine Tochter Swetlana sich für ihn schämte. Mitunter bewarf er seine Genossen aus dem Politbüro mit Tomaten. Auch das Schnippen von Brotkügelchen und peinliche kindische Scherze gehörten zu seinem Repertoire. Und wehe, man kam den Aufforderungen zum Vortragen eines Liedchens oder zum Tanzen nicht nach!

Gerüchten zufolge soll Stalin vergiftet worden sein. Aber man darf annehmen, dass schon ein ganz normales georgisches Abendessen im Kreise seiner engsten Freunde genügt hätte, um bei dem fünfundsiebzig Jahre alten Tyrannen einen Schlaganfall hervorzurufen.

SATSIVI

Für 6 Personen

Der Name dieses Gerichts bedeutet »Abgekühltes«, denn es wird traditionell lauwarm oder kalt serviert, in der Regel als Vorspeise.

1 Hühnchen, ca. 1,5 kg

700 g Walnüsse

5 mittelgroße Zwiebeln

4 Knoblauchzehen

2 Esslöffel Weißweinessig

1 Teelöffel Koriandersamen, gemahlen

1 Teelöffel Bockshornkleesamen, gemahlen

1 gehäufter Teelöffel Ringelblumenblüte (ersatzweise Kurkuma)

1 gehäufter Teelöffel kleine rote Paprikaschoten

½ Teelöffel Zimtpulver

5 Nelken, zermahlen

Salz

Das Huhn in einem Topf mit 2 Litern Wasser halb gar kochen, herausnehmen und auf einen Ofenrost setzen. Einen Teil des Fetts, das sich auf dem heißen Wasser abgesetzt hat, dazu benutzen, um das Hühnchen damit zu überziehen. Das Wasser nicht weggießen. Das Hühnchen nun bei 180° C im Ofen braten. Das fertig gegarte Huhn entbeinen und das Fleisch in mundgerechte Stücke zerteilen.

Die Zwiebeln hacken und 6 – 7 Minuten in dem abgeschöpften Fett schmoren.

Die Zwiebeln mit einem Handmixer oder in einem Mörser zu einer Paste zermahlen und in die Hühnerbrühe einrühren.

Walnüsse mit dem Mixer oder in einem Mörser zermahlen, Koriander, Bockshornklee, Ringelblume/Kurkuma, Zimt und Nelken hinzufügen und vermischen.

Die Knoblauchzehen mit der Paprika und dem Salz in einem Mörser zerreiben und diese Mischung sowie den Essig zu der Walnussmischung geben.

Den Rest der Hühnerbrühe langsam in die Mischung einrühren, bis sie eine sämige Konsistenz hat. Anschließend durch ein Sieb passieren.

Das Hühnchenfleisch in die Sauce geben und kurz erhitzen. Vom Feuer nehmen und abkühlen lassen. Lauwarm oder kalt servieren.

BENITO MUSSOLINI

1883 – 1945

Der schon in jungen Jahren sehr beleibte und großspurige Benito Mussolini war der älteste Sohn einer Dorfschullehrerin, die eher konservativen Ideen anhing, und eines Schmieds, der als Sozialist politisch aktiv war. Er ging in verschiedenen kleinen Städten in der Emilia-Romagna zur Schule und verdingte sich anschließend als Wanderarbeiter in der Schweiz. Als er seiner Einberufung zum Militärdienst nicht nachkam, wurde er als Deserteur verurteilt. In der Schweiz erwachte sein politisches Interesse, er trat der Auslandsabteilung der Sozialistischen Partei Italiens bei und wurde Chefredakteur des Parteiblatts Avanti! Bald schon vermengte er marxistische Ideen mit nationalistischem Pathos und sozialdarwinistischen Ideen, wurde aus der Partei ausgeschlossen und gründete seinerseits 1921 die Faschistische Partei.

Flankiert von den Schwarzhemden, seiner Sturmtruppe, die zum großen Teil aus arbeitslosen Veteranen des Ersten Weltkriegs bestand, initiierte er im Oktober 1922 den spektakulären »Marsch auf Rom«. Wenig später ernannte König Viktor Emanuel III. ihn zum Ministerpräsidenten. Als jüngster Regierungschef, den Italien je gesehen hatte, verwandelte er das politische System in eine Diktatur und ernannte sich selbst 1925 zum »Duce«, Führer. Als glühender Nationalist wollte er an die glorreiche Vergangenheit Italiens, das alte Römische Reich, anknüpfen und setzte auf eine expansive kolonialistische Außenpolitik.

Nach der Besetzung von Libyen eroberten seine Truppen Abessinien (das heutige Äthiopien), annektierten Albanien, und zu Beginn des Zweiten Weltkriegs ging Mussolini ein Bündnis mit dem nationalsozialistischen Deutschland und Japan ein. Aber aufgrund seiner strategischen Unfähigkeiten und des bröckelnden Rückhalts in der eigenen Bevölkerung wurde seine Position immer schwächer. Der Invasion Italiens durch die Alliierten 1943 wusste er nichts entgegenzusetzen, und seine eigenen Anhänger empfahlen dem König die Absetzung des Duce. Aus seiner anschließenden Internierung konnte er mithilfe der Deutschen entkommen und rief kurz darauf in Salò in Norditalien eine »Sozialrepublik« aus, einen Marionettenstaat der deutschen Besatzer, der nur kurze Zeit existierte. 1945 griffen kommunistische Partisanen ihn in der Nähe des Comer Sees auf und richteten ihn hin. Seine Leiche wurde in Mailand neben der seiner Geliebten Clara Petacci kopfüber unter dem Dach einer Tankstelle aufgehängt.

Mussolini war ein theatralischer Mensch, er stolzierte mit geschwellter Brust und erhobenem Kinn umher und sah aus wie jemand, der auch in kulinarischer Hinsicht unmäßig ist. Ein Vielfraß war er jedoch nicht.

Sein Lieblingsgericht war ein schlichter Salat aus grob gehackten Knoblauchzehen, die er mit Zitronensaft und Olivenöl vermischte. Seiner Ansicht nach war das gut fürs Herz. »Er hat immer eine ganze Schüssel davon aufgegessen«, beklagte sich seine Ehefrau Rachele einmal. »Danach war es unmöglich, in seiner Nähe zu sein. In der Nacht musste ich ihn allein schlafen lassen und im Kinderzimmer Zuflucht suchen!«

Von der weltberühmten Küche seines Heimatlandes zeigte sich Mussolini wenig beeindruckt. Vielmehr bewunderte er Mahatma Gandhi und George Bernard Shaw wegen ihrer vegetarischen Lebensweise. Sogar dem Alkohol schwor er im Alter von vierzig Jahren endgültig ab.

Pasta interessierte ihn nur, weil sie aus Weizen hergestellt wurde, dessen Produktion Mitte der 1920er-Jahre um ein Drittel gesteigert werden konnte, was ein großer Erfolg der faschistischen Regierung war. Mussolini bemühte sich, die italienischen Bauern zu Höchstleistungen anzutreiben, indem er ihnen den Titel »Velites« verlieh, eine Bezeichnung für die Vorhuttruppe im alten römischen Heer, die auch Napoleon für seine Kaisergarde übernommen hatte. 1928 verfasste Mussolini sogar ein kleines Gedicht zum Lob des Brotes, von dem er behauptete, es sei nahrhafter für körperlich arbeitende Menschen als Pasta:

Liebet das Brot, das Herz eures Hauses,

den Duft der Kantine, das Juwel eures Herds.

Achtet das Brot, den Schweiß eures Antlitzes,

den Stolz eurer Arbeit, das Gedicht eures Opfers …

Verschwendet das Brot nicht, den Reichtum der Nation,

Gottes süßes Geschenk

und Lohn der Arbeit des Menschen.

Wie sehr auch die Staatsgeschäfte ihn beschäftigten oder seine außerehelichen Affären ihn beanspruchten, Mussolini nahm sich immer die Zeit, seine Mahlzeiten zu Hause mit Rachele und seinen fünf Kindern zu genießen. Er kam immer pünktlich und verlangte, dass alle anderen bereits am Tisch saßen, wenn er am Kopfende des ovalen Esstischs Platz nahm. Beim Essen ermunterte er seine Gäste zu anregenden Diskussionen und Meinungsäußerungen. In ihrem Buch A tavola con il Duce (Zu Tisch beim Duce) beschrieb Maria Scicolone, Schwester von Sophia Loren und Ehefrau von Romano Mussolini, dem Sohn des Duce, wie sich die politischen und persönlichen Obsessionen des Familienvaters bei Tisch auswirkten. So fügte er nach der italienischen Eroberung von Libyen seinem Ernährungsplan die Grapefruit hinzu und provozierte gerne ausufernde Diskussionen über den wahren geografischen Ursprung von Tomaten und anderen Gemüsesorten.

Wenn man ihn nach seinen Ansichten über die verschiedenen Nationalküchen fragte, erklärte Mussolini gern, dass er die französische Küche für absolut überschätzt halte und die italienische die beste der Welt sei. Was die Regionen betrifft, so sah er die Küche der Emilia-Romagna an der Spitze, gefolgt von der toskanischen. Er aß immer sehr schnell und verabscheute, genau wie sein Freund Adolf Hitler, lange formelle Bankette, wie sie im Palast des italienischen Königs zu Ehren von Staatsgästen zelebriert wurden.

Außerhalb seiner Familie gab es viele, die sich über seine Tischsitten beklagten, zum Beispiel »die weit ausholenden Kreisbewegungen, die er vollführte, wenn er Messer und Gabel benutzte«, wie es seine Angewohnheit in jungen Jahren gewesen war. Als er an die Macht kam, lernte er, besser damit umzugehen, konnte aber seine Herkunft als Sohn eines einfachen Schmieds nie ganz verleugnen. Seine Vorliebe für einfache Genüsse könnte daher rühren, dass ihm als Kind zu Mittag nur ein bisschen Gemüse mit ein paar Tropfen Olivenöl und einer Scheibe Brot vorgesetzt wurde, wenn er seine Großmutter besuchte.

1925, knapp drei Jahre nach seiner Machtergreifung, wurde bei Mussolini ein Geschwür am Zwölffingerdarm diagnostiziert. Die italienischen Ärzte setzten jedoch eine falsche Behandlung an und verordneten ihm, pro Tag mindestens einen Liter Milch zu trinken. Erst 1943 konstatierte ein anderer Arzt, dass er an Schlaflosigkeit, Blutarmut und akuter Verstopfung litt, außerdem an einer vergrößerten Leber, erhöhtem Blutzuckerspiegel und einem deformierten Dickdarm. Sein Speiseplan wurde geändert, und er musste ab sofort Kaninchen und Hühnchen essen, was eine erstaunliche Verbesserung seines Gesundheitszustands zur Folge hatte. Kartoffelpüree allerdings konnte er sein ganzes Leben lang nicht ausstehen, weil es ihm angeblich Kopfschmerzen verursachte.

Mussolini mochte zwar grundsätzlich kein Fleisch, konnte aber einem zarten Kalbsfilet nicht widerstehen, wenn es mit frischen Gartenkräutern, vor allem Majoran, mariniert wurde. Alle Mitglieder der Mussolini-Familie liebten frisch gebackenen Ciambellone, einen Ringkuchen, der nicht mit Butter, sondern Olivenöl zubereitet wird und auf verschiedene Arten aromatisiert werden kann, mit Zimt, kandierten Zitrusfrüchten, Schokolade oder sogar mit Anis-Likör.

CIAMBELLONE

Für 6 Personen

Dieser schlichte Rührkuchen mit Schuss war eine der Leibspeisen im Hause Mussolini.

500 g Mehl

2 Eier

150 g Zucker

240 ml Milch

120 ml Olivenöl

abgeriebene Zitronenschale

240 ml Anis-Likör (z. B. Mistrà oder Sambuca)

eine Tüte Trockenhefe

Den Ofen auf 180° C vorheizen.

Eier, Zucker, Milch und Öl in einer Schüssel verschlagen. Zitronenschale und Anis-Likör hinzufügen, dann nach und nach Mehl und Hefe einrühren.