Zukunft? Ja, nein, weiß nicht? - Peter Schneider - E-Book

Zukunft? Ja, nein, weiß nicht? E-Book

Peter Schneider

0,0

Beschreibung

Beim Kombinieren von Aussagen von Nietzsche, Beckenbauer und Rudi Carrel kommt heraus: Unser aktueller Raubbau an der Umwelt könnte so schmerzhaft enden wie ein Biss in den Schwanz. Dass das nicht nur ein ungutes Gefühl ist, sondern auch objektiv belegbar, erläutert Peter Schneider in seinen ScienceSlams und in diesem Buch. Und die Politik? Agiert teilweise so bescheuert, dass der Autor den Hut zieht vor den unfreiwilligen Pointen, die dabei herauskommen. Irgendwo zwischen Poetry Slam, ScienceSlam und Kabarett erzählt Peter Schneider, was alles schief läuft, und dass es bessere Wege gäbe.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 145

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Für die Zukunft!

Vielleicht.

Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg’ auch keinem ander’n zu. Das gilt auch für unser’n Planeten, und kostet alle ein paar Moneten. Doch dieses Buch hat auch seinen Preis, und wenn Du Geld hast für so’nen Scheiß…

Inhalt

Was bisher geschah

Zukunft – ja, nein, weiß nicht

Von Regen und Schwiegermutter

Wie der Hummer den Hummer bekämpft

Was bringt die Zukunft?

Die Tupper-Theorie

In dubio pro Tupper

Der kollektive SUV

Ausweg Elektromobilität?

Ökologie versus Ökonomie

Und jetzt?

Was bisher geschah

Liebe Leserin, lieber Leser, ich bin selbst äußerst überrascht, dass es dieses Buch gibt. Entstanden ist es aus verschiedenen „ScienceSlams“, über deren Existenz ich auch sehr überrascht bin. Daher möchte ich Ihnen und mir zunächst erklären, wie es dazu kam.

Ich habe Maschinenbau an der RWTH Aachen studiert und danach an einem Institut als wissenschaftlicher Mitarbeiter gearbeitet. Mein Forschungsgebiet war die Weiterentwicklung von Herstellungsprozessen für Leichtbaukomponenten aus Kunststoff, die dafür sorgen können, dass Windräder, Autos und Flugzeuge günstiger, leichter und effizienter werden. Sowohl das Studium als auch meine Zeit am Institut blieben im Wesentlichen ohne besondere Vorkommnisse. Bis zu jenem Tag, als das Institut gefragt wurde, ob es einen Redner für einen „ScienceSlam“ an der RWTH zur Verfügung stellen könne – also jemanden, der sich abends auf eine Bühne stellt, um Quatsch zu erzählen, garniert mit einigen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Glaubwürdige Quellen haben mir zugetragen, dass mein Professor, in Kenntnis meiner üblichen Vortragsart, diese Anfrage innerhalb von Sekundenbruchteilen mit meinem Namen pariert hat. Ob das nun ein Lob meiner bisweilen vorhandenen Eloquenz ist, oder ob er froh war, dass ich meine berüchtigten Gags dann abends konzentriert loswerde, statt sie in meine wissenschaftlichen Vorträgen einzubauen, ist nicht überliefert. Fakt ist aber, dass ich einige Wochen später mit meinem ersten „ScienceSlam“ Vortrag auf der Bühne stand und es mir so viel Freude bereitet hat, dass ich viele weitere Vorträge gestaltet habe.

Was genau ist nun ein „ScienceSlam“? Oft werden „ScienceSlams“ als Wettstreit der Wissenschaften beschrieben. Wissenschaftler1 stellen ihren Fachbereich und ihre Haupterkenntnisse in einem Vortrag von wenigen Minuten dem Publikum vor. Am Ende stimmen die Zuhörer per Applaus darüber ab, wessen Vortrag am gelungensten war. Da das Publikum meist nicht nur wissenschaftlich, sondern insbesondere humoristisch interessiert ist, hat derjenige die besten Chancen, bei dem es etwas zu lachen gibt – denn auch wer seine Forschung mit großer Ernsthaftigkeit betreibt, wird hin und wieder über seine Arbeit lachen. Missgeschicke während der Forschung, witzige Erkenntnisse und ein paar Frotzeleien unter Kollegen lassen sich ganz hervorragend in die Vorträge einbauen und sorgen dafür, dass dem Publikum die Wissenschaft weniger fremd und sehr menschlich im Gedächtnis bleibt. Meine Masche war und ist es, ein paar kabarettistische Einlagen in meine Vorträge einzubauen, um die Motivation für meine Forschung aus ökologischer, politischer und gesellschaftlicher Sicht darzustellen. Mein Forschungsgebiet, der Leichtbau – also die Reduktion des Bauteilgewichts bei ähnlicher Leistungsfähigkeit – wird gerne mit dem Ziel der Ressourcenschonung begründet. Leichtere Autos fahren mit weniger Brennstoff, leichte Flugzeuge können mehr Passagiere bei gleichem Verbrauch transportieren, und leichtere Windräder produzieren gleich viel Strom bei geringerem Materialeinsatz. Die Hintergründe und Rahmenbedingungen meiner Forschungen sind daher die Ressourcenschonung und der Klimaschutz. Da ich diese Hintergründe bisweilen interessanter und wichtiger finde als meine eigene Forschung, erläutern viele meiner Vorträge weniger Fachwissen aus dem Maschinenbau, sondern vor allem die Auswirkungen des Maschinenbaus auf die Natur und das Klima sowie den gesellschaftlichen und politischen Umgang damit.

Jedem Wissenschaftler wohnt der Wunsch inne, seine Erkenntnisse zu verkünden und zu diskutieren. Zur Verkündung eignen sich ScienceSlams ganz hervorragend. Auch die Diskussion ist nach dem Vortrag möglich. Die Wissenschaftler sitzen üblicherweise im Publikum und stehen nach ihrem Vortrag bereit, um Fragen zu beantworten. Das ist umso wichtiger, da in den Vorträgen natürlich Details weggelassen werden. Wer die Erkenntnisse aus teils mehreren Jahren Forschungsarbeit inklusive der Hintergründe und Motivation innerhalb von zehn Minuten vermitteln möchte und dabei noch einige Witze einbaut, muss entweder extrem schnell reden, oder seine Bachelor-, Master- oder Doktorarbeit wesentlich kürzen.

Dieses Buch ist nun der Versuch, meine Vorträge noch weiter zu verbreiten. Und da wir – das liegt in der Natur der (Druck-) Sache – nach der Lektüre nicht wie nach einem ScienceSlam diskutieren können, habe ich teilweise ein bisschen weiter ausgeholt. Sie werden es deswegen nicht innerhalb von zehn Minuten lesen können, sorry. Seien Sie sich aber dennoch bitte im Klaren darüber, dass dieses Buch, genau wie meine Vorträge, nicht alle Tatsachen in der korrekten wissenschaftlichen Tiefe abbildet. Das ist gar nicht mein Anspruch. Ich vereinfache viele Zusammenhänge, stelle nur die wichtigsten Faktoren dar und versuche, die Komplexität auf ein annehmbares Maß zu reduzieren. Ich bin zwar sowohl Deutscher als auch Ingenieur, also von Natur aus eigentlich doppelt kleinkariert. Aber beim Versuch, alle Zusammenhänge aufzuzeigen, müsste ich wahrscheinlich allzu oft Alan Greenspan zitieren mit den Worten „Sollten Ihnen meine Aussagen zu klar gewesen sein, dann müssen Sie mich missverstanden haben“2. Die Vereinfachung führt dazu, dass meine Rechenexempel in den Nachkommastellen oft Fehler aufweisen würden. Daher lasse ich die Nachkommastellen und die Fehler einfach weg. Wissenschaftlich ist das natürlich nicht korrekt, aber zur Darstellung der Größenordnung eines Zusammenhangs ist es dennoch geeignet. Ich lade daher dazu ein, dieses Buch als einen Denkanstoß für eigene Recherchen und Diskussionen zu nehmen. Wie in der Wissenschaft üblich, habe ich die Quellen meiner Recherchen in Fußnoten angegeben (Beispiel siehe oben).3 Sie können also direkt nachlesen, auf welche Bücher, Artikel, Essays und Kartenspiele ich mich stütze und worauf meine Schlussfolgerungen basieren. Das ist ein Vorteil dieses Buchs gegenüber einem Bühnenauftritt, bei dem wohl die wenigsten die Zeit finden, die Quellen zu prüfen. Kommen Sie doch trotzdem einmal zu einem ScienceSlam, es ist ein ganz anderes Erlebnis als die Lektüre eines Buchs! Ich könnte auch sagen „Nothing compares to Schneider on stage“, aber das erscheint mir etwas vermessen. Hinweis an den Verlag: Diesen Satz bitte streichen.4

Ich bitte Sie zu beachten, dass ich sowohl auf der Bühne als auch als Autor dieses Buchs bisweilen Rollen einnehme, um die Inhalte witzig zu verkaufen. Kabarett und Comedy leben, ganz im Gegensatz zur nüchternen Wissenschaft, von Übertreibungen, Klischees und Ironie. Die Verbindung von Wissenschaft und Witzen ist deswegen so spannend, da es sich eigentlich widerspricht. Objektive Inhalte werden in einem weniger objektiven Umfeld dargestellt. An einigen Stellen – Sie werden selbst merken, wo – verlasse ich sogar ganz bewusst die objektive Darstellung und lasse meine persönliche Meinung mit einfließen. Insbesondere wenn es um politisches Verhalten geht, dass Kindergartenkinder vor Neid erblassen ließe, oder wenn Menschen riesige Autos fahren, um mutmaßlich etwas anderes, klitzekleines, zu kompensieren, habe ich nicht die geringste Absicht, objektiv zu bleiben. Bitte verstehen Sie die teils übertriebene Darstellung dabei aber als Satire in meiner Rolle als Slammer oder Autor, nicht als objektive wissenschaftliche Abhandlung.

Noch ein Hinweis an diejenigen, die dieses Buch nach dem Besuch eines ScienceSlams erworben haben und eine direkte Abschrift meines Vortrags erwarten: Dieses Buch ist keine direkte Abschrift meiner Vorträge. Ich habe die Themen anders gegliedert, weil sich manche Themen in den Vorträgen überschneiden oder sogar zu widersprechen scheinen. „Wissenschaftlichen Diskurs“ kann ich sogar ganz alleine! (Sie merken schon, ich mag Paradoxa.) Die meisten Gags, die Sie von mir gehört haben, sind allerdings in diesem Buch enthalten. Sie mögen aber etwas anders formuliert sein als auf der Bühne, da ich sie im Eifer des Gefechts auf der Bühne vielleicht spontan etwas verändert habe. Außerdem soll Ihnen dieses Buch ja auch noch etwas Neues bieten, und nicht nur eine Transkription sein.

Gewähren Sie mir noch einen letzten Hinweis, dann geht es endlich los. Die Gliederung des Buchs und der Texte funktioniert erst richtig, wenn Sie das Buch von vorne nach hinten lesen und kein Kapitel auslassen oder den Schluss zuerst lesen. Es gibt am Ende des Buchs ein paar Gags, die sich auf den Anfang beziehen. Mir gefällt zum Beispiel besonders die Schlusspointe auf der allerletzten Seite. Die ist ein echter Knaller. Freuen Sie sich jetzt schon drauf! Aber Achtung, Sie laufen Gefahr, diese und andere Pointen nicht zu verstehen, wenn Sie zuerst das Ende lesen. Es gibt sogar Gags, die beim Umblättern einer Seite ihre volle Wirkung mit Wucht entfalten. Das achtlose, schnelle Vorblättern kann Ihnen also in Nullkommanix eine fantastische Pointe versauen. Sie müssen aufpassen wie ein Luchs (oder wie ein Hummer)! Der grundsätzliche Tipp, nicht mit dem Ende zu starten, mag banal klingen, weil es banal ist. Falls dieses Buch nicht Ihr erstes ist, könnte es auch sein, dass Sie diese Lektion bereits einmal schmerzlich bei einem Krimi oder ähnlichem gelernt haben. Dennoch sei Ihnen dieser Tipp mit auf den Weg gegeben, denn, falls dieses Buch doch Ihr erstes sein sollte, wird er Ihnen nicht nur hier helfen, sondern auch bei allen weiteren Büchern. Es sei denn, sie tragen den Titel „Duden“, „Lexikon“ oder „Telefonbuch der Stadt Bielefeld“5. Aber völlig unabhängig davon, ob dieses Buch Ihr erstes, mittleres oder letztes Exemplar eines gebundenen Papierstapels oder E-Books ist, danke ich Ihnen für den Erwerb und wünsche Ihnen eine interessante, lustige und manchmal auch nachdenkliche Lektüre.

Peter Schneider

Herzlichst

1 Hiermit sind natürlich alle denkbaren Geschlechter gemeint. Der einfachen Lesbarkeit halber beschränke ich mich aber im Text immer auf die männliche Formulierung.

2 M.-U. Kling: Game of Quotes. Gesellschaftsspiel Nr. 692926 des KOSMOS Verlag, 2017

3 Ich gebe zu, dass das obige Beispiel „Game of Quotes“ keine klassische wissenschaftliche Quelle ist. Man muss auch mal kreativ sein bei der Recherche!

4 Falls dieser Satz nicht gestrichen wurde, habe ich wohl keinen Verlag gefunden. Ein schönes Paradoxon.

5 Manche sehen hierin noch ein Paradoxon, da es Bielefeld gemäß vieler Quellen gar nicht gibt. Googeln Sie das mal, falls Sie es noch nicht wussten!

Zukunft – ja, nein, weiß nicht

„Allem Zukünftigen beißt das Vergangene in den Schwanz“ hat bereits Friedrich Nietzsche gesagt.6 Ich weiß nicht, ob Nietzsche da seine eigenen Erfahrungen gemacht hat, aber ich stelle mir das äußerst schmerzhaft vor. Deswegen lohnt es vielleicht, es sich nicht vollständig mit der Vergangenheit zu verscherzen, wenn man eine schöne Zukunft haben möchte. Diesen Ansatz verfolgen auch die mehr als 15.000 Wissenschaftler, die Ende 2017 eine „Warnung an die Menschheit“ unterschrieben haben.7 Ihre Botschaft: Bereits 25 Jahre zuvor hatten Forscher eine Warnung an die Menschen herausgegeben. Tenor: Es wird zu wenig für den Umweltschutz getan. Nun, 25 Jahre später, schauen die Forscher zurück und bewerten anhand einiger ausgewählter Indikatoren, ob sich die Situation verbessert hat. Oder ob wir weiter Gefahr laufen, dass uns die Vergangenheit à la Nietzsche in den Schwanz beißen könnte. Ergebnis: Nie war unser kollektiver menschlicher Schwanz mehr in Gefahr als heute.

Der Artikel der Wissenschaftler liest sich ein bisschen wie eine Bauanleitung zur Apokalypse. Das Bevölkerungswachstum hält ungehindert an. Die in vielen Teilen der Welt sehr schlechte Trinkwasserversorgung bremst das Wachstum zwar minimal, aber das kann wohl kaum positiv gewertet werden. Apropos Wasser: Die Anzahl sauerstoffarmer Todeszonen in den Ozeanen hat unter anderem durch den Eintrag von Dünger und Erdöl um 75 % zugenommen. Das dürften viele Fischbestände allerdings nicht mehr zur Kenntnis nehmen, da sie nicht mehr existieren. Sie folgen damit einem allgemeinen Trend an Land und im Wasser. „Aussterben“ scheint im Moment ungemein hip zu sein und war das Hobby von fast einem Drittel aller Wirbeltier-Arten seit 1992. Damit haben wir das Tempo, mit dem Arten aussterben, von der natürlichen Rate um den Faktor 1.000 bis 10.000 erhöht – das reicht fast an die Bedingungen heran, unter denen die Dinos einst den Planeten verließen.8 Konsequenterweise wurden die nicht mehr benötigten Lebensräume vieler Landtierarten, Wälder, um 120 Millionen Hektar dezimiert. Das dort gespeicherte Kohlenstoffdioxid (CO2) hat sich dabei weitestgehend in Luft aufgelöst und ist gemeinsam mit dem Erdöl, welches nicht ins Meer, sondern in Verbrennungskammern geleitet wurde, in die Atmosphäre geströmt. Ergebnis: ein weltweiter Anstieg der CO2 Emissionen um 62 % seit 1992.

Es gibt also ein paar gute Gründe, Angst vor dem Biss in den Schwanz zu haben. Doch statt substanzielle Änderungen anzustreben, kneift die Menschheit eben jenen Schwanz ein und macht weiter wie bisher. Ich bin kein großer Freund religiöser Zitate, aber aus meinem Religionsunterricht in der Grundschule ist immerhin hängen geblieben, dass laut Mose der Auftrag an die Menschheit lautet „Seid fruchtbar und … herrscht über die Fische im Meer … und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“9 Er lautet nicht „Seid furchtbar zu den Fischen im Meer und zu allem Getier“, und mir wäre auch keine Ausgabe der Bibel mit einem entsprechenden Übersetzungsfehler bekannt. Ergo: Wer die Bibel befolgen möchte, sollte schauen, dass er auch zukünftig noch ausreichend Fische und Getier findet, über die er herrschen kann. Und alle anderen sollten dies aus Sorge um den Schwanz tun.

Apropos Grundschulwissen: Kennen Sie früher aus der Schule diese Liebesbriefe zum Ankreuzen? „Willst Du mit mir gehen? ja, nein, weiß nicht“ Nehmen wir einmal an, die Erde würde das Stockholm-Syndrom10 zeigen, und uns einen solchen Liebesbrief schreiben. „Willst Du mit mir in die Zukunft gehen? ja, nein, weiß nicht“ Intuitiv würden wir natürlich „ja“ ankreuzen wollen, wie damals in der Schule. Unser Verhalten zeigt allerdings, wohlwollend betrachtet, ein gleichgültiges „weiß nicht“. Und, wenn wir ehrlich sind, müssten wir eigentlich konsequenterweise „nein“ ankreuzen.

Ich möchte, dass wir nicht in den Schwanz gebissen werden und „ja“ ankreuzen. Deswegen beleuchte ich in meinen Vorträgen und damit auch in diesem Buch immer wieder Themen, die auch in der „Warnung an die Menschheit“ auftauchen. Insbesondere den Ressourcenverbrauch und die Auswirkungen des menschlichen Energiehungers auf das Klima betrachte ich dabei ausführlich. Allerdings möchte ich mit diesen komplexen Themen nicht starten. Das kommt später und wird noch lustig genug.11 Nein, starten werden wir mit einem viel greifbareren, praktischen Phänomen, das jeder von Ihnen kennt – schlechtes Wetter! Wenn Sie also keine Lust haben auf „anthropogenen Klimawandel“ und weitere schlechte Nachrichten, können Sie wenigstens das nächste Kapitel noch lesen. Das darin erworbene Wissen können Sie zum Beispiel in Smalltalk-Situationen nutzen, ohne Klima oder Schwanz retten zu wollen. Und wenn Sie mit dem Smalltalk Erfolg haben und die Zukunft (und den entsprechenden Schwanz) etwas mehr wertschätzen, dann können Sie ja immer noch weiterlesen.

6 Friedrich Wilhelm Nietzsche: Fragmente - Juli 1882 bis Herbst 1885, Band 4

7https://academic.oup.com/bioscience/article/67/12/1026/4605229,21.12.2017 sowiehttp://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/umweltschutz-15-000-forscher-unterschreiben-warnung-an-die-menschheit-a-1177754.html,17.11.2017

8 K. Jacob: Die sechste Katastrophe.http://www.sueddeutsche.de/wissen/massenaussterben-die-sechste-katastrophe-1.2108160-2; 17.01.2018

9 Mose 1:28, Die Bibel

10 Das Stockholm-Syndrom beschreibt, dass ein Opfer mit seinem Peiniger sympathisiert. Bekannt aus „James Bond: The World is not enough“. Mir jedenfalls, Sie können es aber auch bei Wikipedia nachlesen.

11 Dieser Satz ist vollständig satirisch gemeint. Wenn Sie ihn so verstanden haben, werden Sie viel Spaß mit diesem Buch haben. Falls nicht, könnte es nach dem nächsten Kapitel eine anstrengende und aufreibende Lektüre werden.

Von Regen und Schwiegermutter

Sie kennen das – mit großen Erwartungen starten Sie in einen Urlaub. Sie haben Reiseführer gelesen, Ihren Eltern und Freunden davon erzählt, und sogar Ihre Freundin oder Ihren Freund in die Urlaubspläne eingeweiht. Manche gehen ja so weit, dass sie gar erwägen, ihren Partner mit in den Urlaub zu nehmen.

So weit bin ich selten gegangen. Und so kam es, dass ich mich im Sommer 2017 auf einen Segelurlaub in den Niederlanden freute. Alleine, aber ich hatte allen davon erzählt. Die Erwartungen der Eingeweihten fasse ich höchst subjektiv so zusammen:

Erwartungen an meinen Urlaub

In Reimform könnte ich diese unterschiedlichen Erwartungen so formulieren:

Südseefeeling kommt in Holland schnell,

wer braucht schon Reggae; hier gibt‘s Frikandel!

Und gibt‘s mal einen Tag Wetterschmuddel,

hilft Instant-Karibik aus der Buddel!

Bei Sonne kann man Gästen Aufmerksamkeit schenken

und den Anker in einsamen Buchten versenken.

Allerdings entsprechen die Erwartungen selten der Realität. Auch meine Realität sah etwas anders aus…

Realität meines Urlaubs

Oder in Reimform:

Doch die meisten Erlebnisse muss ich missen –

das Wetter war einfach zu beschissen.

Hätt‘ ich für jeden Regentag einen Bacardi genommen,

ich hätte den Amy-Winehouse-Preis12 bekommen.

Erinnern Sie sich noch an den Juli 2017? Den „Sommermonat“? Ich habe es nachrecherchiert, im Juli 2017 fielen in Deutschland im Durchschnitt etwa 130 Liter Regen pro Quadratmeter13! 130 Liter! Das sind umgerechnet etwa 260 Weizen oder sogar 650 Kölsch. Wer mag da noch von einem Segelsommer sprechen? Das Wort „Pegelsommer“ beschreibt es deutlich besser; ein Sommer, in dem man sich besser mit den oben genannten 650 Kölsch betrinkt (für Nicht-Kölner ein weiteres Paradoxon). Mal ehrlich: Das gute Abschneiden der Partei „AfD“ bei der Bundestagswahl im September 2017 lässt sich doch nur damit erklären, dass die Deutschen am Ende des Sommers zumindest ein bisschen braun werden wollten!

Wie kam es zu diesem verregneten Sommer? Klimawandel? Oder gehört Regen einfach zu einem Sommer bei uns dazu? Das wollte ich wissen.

Eine adäquate Maßnahme, um herauszufinden, ob ein verregneter Juli „normal“ ist, wäre die Lektüre meteorologischer Jahrbücher oder die Befragung von Experten. Für einen ScienceSlam fand ich es allerdings viel lohnender, in der Musikgeschichte nach Hinweisen auf verregnete Sommer zu suchen. Ich war verblüfft, in wie vielen Klassikern Regen tatsächlich ein Thema ist. Hier eine kleine Auswahl:

1963 veröffentliche Bob Dylan seinen Song „A Hard Rain's a-Gonna Fall“

14

1975 sang sich Rudi Carrell mit „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“ in die deutschen Hitparaden

15

1984 war wohl für die britischen Eurythmics ein verregnetes Jahr: „Here comes the rain again“

16