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Was für ein hübscher Hintern! Schade nur, dass ein wütender Hund zugebissen hat. Und noch mehr bedauert Dr. Daniel Sawyers, dass dieser wohlgerundete Po ausgerechnet seiner größten Feindin, der Sextherapeuten Lace McGee, gehört - der er mit Nadel und Faden plötzlich erfreulich nah ist.
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Seitenzahl: 206
Alle Rechte, einschließlich das der vollständigen oder auszugsweisen Vervielfältigung, des Ab- oder Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten und bedürfen in jedem Fall der Zustimmung des Verlages.
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Lori Foster
Sexy3 – Zum Küssen Schön
Roman
MIRA® TASCHENBUCH
MIRA® TASCHENBÜCHER
erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,
Valentinskamp 24, 20354 Hamburg
Geschäftsführer: Thomas Beckmann
Copyright © 2012 by MIRA Taschenbuch
in der Harlequin Enterprises GmbH
Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:
Little Miss Innocent
Copyright © 1999 by Lori Foster
erschienen bei: Silhouette Books, Toronto
Published by arrangement with
HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln
Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln
Titelabbildung: Jupiterimages GmbH, München
pecher und soiron, Köln
Autorenfoto: © by Harlequin Enterprise S.A., Schweiz
Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
ISBN eBook 978-3-95576-040-3
www.mira-taschenbuch.de
eBook-Herstellung und Auslieferung:readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net
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Nein, das konnte nicht wahr sein. Daniel blinzelte und mochte kaum glauben, was er sah. Aber als er wieder hinschaute, war Lacy McGee immer noch da.
Es war eine lange, endlose Nachtschicht gewesen und ein noch längerer Tag. Jetzt war es fast neun Uhr und Zeit für ihn, nach Hause zu fahren. In der Notaufnahme herrschte zwar noch hektische Betriebsamkeit, aber Daniel war jetzt hundemüde. Er wollte nur noch aus dem Krankenhaus hinaus und zu seinem Wagen gehen, aber nun stand sie im Ausgang, und er war wie gebannt und konnte sich nicht von der Stelle rühren. Schon ihr Anblick war verführerisch und herausfordernd. Sie war ihm ein Dorn im Auge, eine Nervensäge, die ihm ständig Kopfschmerzen bereitete. Im Grunde gab es keinen Teil seines Körpers, der nicht auf die eine oder andere Weise viel zu heftig auf Lacy reagierte.
Er würde sie einfach übersehen. Und so verabschiedete er sich von den Krankenschwestern, die in der Nähe waren und ihm sehnsüchtige Blicke zuwarfen. Sie waren beharrlich, aber wenigstens nicht auf aufdringliche Art. Sie respektierten den Wunsch eines Junggesellen, Junggeselle zu bleiben. Nicht wie Lacy, die mal wieder seine Gedanken beherrschte, ob er das nun wollte oder nicht. Bestimmt gefiel es ihr nicht, dass er sie jetzt zu ignorieren versuchte. Als ob irgendein Mann sie tatsächlich übersehen könnte. Dafür war sie viel zu aufsehenerregend.
Also sah er wie magisch angezogen wieder in ihre Richtung und konnte dann den Blick nicht mehr von ihr nehmen. Seine Handflächen wurden feucht, seine Brillengläser beschlugen.
War sie hier, um ihn erneut zu reizen, bis sein Körper den Kampf gegen die Vernunft verlieren und seine Willenskraft endgültig nachgeben würde? Sein Herz schlug unwillkürlich schneller, und er runzelte die Stirn, wie immer in ihrer Gegenwart. Nein, er würde nicht zulassen, dass sie gewann.
Sie kam nun herein, und die Tür schloss sich hinter ihr.
Jetzt, im grellen Licht, fiel ihm auf, dass Lacy nicht so selbstbewusst zu sein schien wie gewöhnlich. Ihr Gesicht war eher blass als strahlend, ihr langes hellblondes Haar ungepflegt, und als sein Blick tiefer glitt, sah er einen großen Riss in ihrer schwarzen Hose und Blut auf ihrem Bein. Sein Herz zog sich schmerzvoll zusammen beim Anblick ihres schlanken zarten Beins.
Eine Krankenschwester war schon an ihrer Seite, als er nun zu Lacy lief.
“Lacy, was zum Teufel ist geschehen?”
Die Schwester sah ihn erstaunt an, aber Lacy warf ihm nur ein halb spöttisches, halb verführerisches Lächeln zu, das allerdings nicht ganz auf der Höhe ihres üblichen Maßstabs lag.
“Hallo, Danny.” Ihr Blick glitt von seinem Gesicht zu seinem Körper, und ihre Stimme wurde zu einem heiseren Flüstern. “Mann, siehst du heute aber fit aus!”
Sie machte ihm immer absichtlich lächerliche Komplimente, um ihn aus der Fassung zu bringen, und das gelang ihr auch noch. Zum Teufel mit ihr! Aber diesmal nicht. Nicht wenn sie offensichtlich verletzt war. Er nahm ihren Arm, um sie zu stützen, und hob ihr Cape hoch.
Lacy klopfte ihm auf die Finger.
Er ließ das Cape los und fragte mit sanfter Stimme: “Was ist passiert, Lacy?”
Sie lehnte sich leicht an ihn, was ihn nicht überraschte, da das zu ihren üblichen Tricks gehörte. Doch dieses Mal wich er nicht vor ihr zurück, sondern hielt sie fest. Ihr Körper fühlte sich warm und weich an. Als sie jetzt jedoch hochblickte, war der Ausdruck in ihren Augen ernst, nicht kokett. Das gefiel ihm ganz und gar nicht. Das war nicht die Lacy, die er kannte.
“Ich bin gebissen worden. Von einem großen, blöden Nachbarshund.”
Sofort war er besorgt. Dabei wollte er keine Besorgnis für Lacy empfinden, verflixt noch mal! Er wollte überhaupt nichts für sie empfinden. Er mochte die Frau ja nicht einmal.
Er begehrte sie nur.
Ihre Hose war hinten über dem rechten Oberschenkel bis vorn zum Knie zerrissen. Die Krankenschwester kam mit einem Rollstuhl herbeigeeilt, aber er winkte ab. “Ich glaube nicht, dass sie sitzen kann. Besser, wir holen eine Trage.”
“Ich schaff es schon allein.”
Er kannte diesen störrischen Zug um Lacys Mund. Sie hatte ihn immer in seiner Anwesenheit. Und da sie die beste Freundin seiner Schwester war, die ihm sehr nahestand, geschah das ziemlich häufig. In letzter Zeit immer öfter, und damit erklärte er sich auch, warum er allmählich verrückt wurde.
Einen Arm um ihre schmale Taille gelegt und eine Hand an ihrem Ellbogen, brachte er Lacy in das nächste Untersuchungszimmer. Dort half er ihr, sich auf einem Bett auf den Bauch zu legen.
“Wo genau bist du gebissen worden?” Er musste sich zusammenreißen, um gelassen zu bleiben. Doch bei dem Gedanken, dass ein Tier sie angegriffen hatte, zog sich ihm der Magen zusammen, und sein Herz klopfte wild. Er mochte sie nicht und war mit ihrer Lebenseinstellung nicht einverstanden, aber sie war eine so zierliche Person, und dass ihre zarte Haut von scharfen Zähnen verletzt worden sein könnte, war eine entsetzliche Vorstellung.
Erstaunlicherweise errötete sie. “In den Po.”
Er hätte nie erwartet, Lacy in Verlegenheit zu sehen. Die Frau war schließlich Psychologin, bekannt für ihre Bücher über die sexuelle Revolution und für ihre nächtliche Radio-Talkshow. Als Expertin für Partnerschaftsfragen sprach sie offen und ohne Scham über jedes intime Thema, das man sich denken konnte.
Also hätte es ihr eigentlich nichts ausmachen dürfen, diesen etwas delikaten Körperteil zu erwähnen. Aber er versuchte nicht einmal, sie zu verstehen. Er hatte es viele Male getan, und es hatte ihn nur aufgeregt und ihm Kopfschmerzen verursacht.
Daniel nahm seine Brille ab und wischte sie an einem Ärmel sauber, um etwas Zeit zum Nachdenken zu haben. “Sag mir jetzt, was genau passiert ist.”
“Ich war gerade von einer späten Verabredung zurückgekommen …”
“Einer Verabredung?” Er setzte die Brille wieder auf.
“Desinfizieren Sie mal Ihre Gedankengänge, Doktor. Oder ist es Ihre Libido, die sich unters gemeine Volk gemischt hat?”
Er runzelte die Stirn. Lacy hatte immer irgendeine freche Erwiderung parat, die seine sachlichen Bemerkungen vollkommen ignorierte. Sie gab ihm nie eine richtige Antwort, wozu sie natürlich auch nicht im Geringsten verpflichtet war.
“Ich hatte gerade meine Handtasche hingelegt und ging wieder hinunter ins Treppenhaus, um nach der Post zu schauen. Irgendwie war eine Katze ins Gebäude gekommen und genau hinter mir. Der Hund des Nachbarn lief an mir vorbei und auf sie zu, und als ich Dummkopf der Katze helfen wollte, rastete er natürlich aus. Bisher hatte der blöde Hund nie Anzeichen von Aggressivität gezeigt, also hatte ich wirklich nicht erwartet, dass er mich beißen würde.”
“Halt still.”
“Nein.” Sie starrte ihn fast panikartig über die Schulter an. “Was machst du da?”
“Ich schneide die Hose auf, damit wir uns den Schaden ansehen können.”
“Wir?” Ihre Stimme triefte vor Sarkasmus. “Benutzt du hier den ‘Pluralis Majestatis’? Denn du bist der Einzige, der etwas sehen kann. Ich jedenfalls kann nichts sehen.”
“Sei still, Lacy. Die Schwester ist gleich wieder da.”
“Ich will aber nicht still sein!” Ihre Stimme überschlug sich fast, als er ihr die blutige Hose herunterzog. “Ich verlange einen anderen Arzt!”
“Du hast aber nun mal nur mich.” Beim Anblick ihrer Verletzung zuckte er zusammen. Lacys Slip war dunkel von Blut. Die Zähne des Hundes hatten sich an mehreren Stellen in ihre Haut gebohrt und Reißwunden hinterlassen, wahrscheinlich als Lacy sich dem Hund entziehen wollte.
Behutsam wischte Daniel das Blut ab. Seine Hand zitterte dabei, und er hasste sich dafür. Er hatte unzählige weibliche Pos gesehen, aber niemals Lacys. Natürlich hatte er sich in all den Nächten, in denen er von ihr geträumt hatte, vorgestellt, ihrem vollkommen geformten Po so nah zu sein wie jetzt. Aber da war Lacy außer sich vor Sehnsucht nach ihm gewesen. In seiner Fantasie hatte sie jedenfalls niemals Schmerzen gelitten.
Er berührte eine besonders tiefe Wunde, und Lacy schrie auf.
Daniel stöhnte innerlich. Alle früheren Ärgernisse Lacys wegen waren vergessen. Es tat ihm weh, sie leiden zu sehen. Aber da sie die beste Freundin seiner Schwester war, erklärte er sich seine starke Reaktion damit.
“Ich weiß, dass es brennt. Es wird auf jeden Fall genäht werden müssen, denn die Wunden sind recht tief.”
“Verdammt, Daniel, hör auf, meinen Po anzusehen!”
“Ich muss ihn ansehen, wenn ich deine Verletzung richtig behandeln will.”
“Ich verlange einen plastischen Chirurgen!”
Daniel hielt inne. “Lacy, die Narbe wird minimal sein, und dort, wo sie sich befindet, wird sie nicht einmal von einem gelegentlichen … Besucher bemerkt werden.” Er räusperte sich. “So schlimm wird es schon nicht sein. Selbst der knappste Badeanzug wird die Stelle bedecken. Aber das ist gar nicht der Punkt, nicht wahr?” Er betrachtete ihr halb abgewandtes Gesicht. “Ich gebe zu, wenn man besonders fantasievoll vorgeht, könnte man die Narbe eventuell sehen. Wie oft gedenkst du denn diesen Teil deiner Anatomie männlichen Blicken vorzuführen, Lacy?”
Sie hatte bei seinen ersten Worten nach Luft geschnappt, jetzt waren ihre Wangen hochrot. “Das geht dich einen feuchten Kehricht an, du verdammter Lustmolch!”
In diesem Moment kam die Schwester herein und blieb abrupt stehen bei Lacys aufgebrachten Worten. Zu Daniels Erleichterung presste Lacy jetzt die Lippen zusammen und machte keine weitere Bemerkung. Sie wandte das Gesicht ab und verschränkte die Arme über dem Kopf.
Daniel bemühte sich um Geduld, die ihm immer dann zu fehlen schien, wenn er in Lacy McGees Nähe war. Sie hatte das seltene Talent, immer das Schlimmste in ihm wachzurufen, und es ärgerte ihn ungemein, dass er das mit sich geschehen ließ. Er hatte vor langer Zeit lernen müssen, sich zu beherrschen, und war ein Meister darin geworden, seine Gefühle zu verbergen und sich nur um seine Arbeit zu kümmern, weil das lebensnotwendig gewesen war. Nachdem seine Mutter gestorben und sein Vater zusammengebrochen war, hatte sich jemand um seinen jüngeren Bruder und seine kleine Schwester kümmern müssen. Und nur er, Daniel, hatte das übernehmen können.
Aber um seine Selbstdisziplin war es jedes Mal geschehen, wenn diese Frau, Lacy McGee, auf der Bildfläche erschien.
Er holte tief Luft und nickte der Schwester zu. “Helfen Sie ihr dabei, die Hose auszuziehen, damit wir sichergehen können, dass es nicht noch mehr Bisse gibt. Ich bin gleich wieder da.”
Daniel verließ den Raum und lehnte sich atemlos gegen die Wand neben der Tür. Seine Müdigkeit nach der langen Nacht war verflogen. Er fühlte sich jetzt hellwach und voller Entschlossenheit. Nur der Grund, den diese neue Lebendigkeit in ihm verursacht hatte, wollte ihm nicht behagen.
Lacy war eine freizügige Frau, eine sündhaft verführerische, aufregende Frau, und sie übte einen schlechten Einfluss auf seine Schwester Annie aus. Nach fünfundzwanzig Jahren, in denen Annie ein niedlicher lieber Wildfang gewesen war, wurde sie plötzlich dickköpfig und eigensinnig. Und sie sah außerdem viel zu … weiblich aus. Er scheute vor dem Wort “sexy” zurück, wenn er an seine kleine Schwester dachte.
Aber es stimmte. Annie zog die Männer jetzt an wie das Licht die Motten, und das gefiel ihm ganz und gar nicht. Annie war über ihre Entwicklung allerdings mehr als zufrieden. Erst vor Kurzem war sie in einer Bar, in der sich vor allem Singles trafen, in einen Streit verwickelt und von der Polizei aufgegriffen worden. Bis dahin war sie überhaupt noch nie allein in einer Bar gewesen, und er wusste immer noch nicht, was sie dort eigentlich zu suchen gehabt hatte.
Aber er wusste, dass es irgendwie Lacys Schuld gewesen war. Sie hatte seine Schwester in eine eigensinnige Femme fatale verwandelt, und sie hatte auf ihn selbst eine solch starke Wirkung, dass er sich nicht wieder erkannte. Sie sprach offen über Sex, sie flirtete mit ihm, nur um ihn auf die Palme zu treiben, und mit der Wahl ihrer Kleidung wollte sie ihn bewusst provozieren. Es machte ihr Spaß, ihn sich winden zu sehen. Sie waren in jeder Hinsicht das Gegenteil voneinander, und Lacy betonte diese Tatsache, wann immer sie konnte.
Aber ihr war nicht bewusst, dass er nach ihrer einzigartigen Art, ihn zu quälen, süchtig geworden war. Immerhin war er ein Mann, und er konnte nicht anders, als auf ihre Reize zu reagieren. Wenn sie nicht da war, dachte er an sie und träumte von ihr. Obwohl er nicht einverstanden war mit dem Leben, das sie führte. Als intelligenter, verantwortungsvoller Mann lehnte er offene Beziehungen mit wechselnden Partnern ab, aber Lacy verteidigte diesen Lebensstil mit jedem Atemzug, den sie tat. Wenn er sich von seiner Vernunft leiten ließ, konnte er Lacy nicht ausstehen.
Aber das hielt ihn nicht davon ab, sie zu begehren. Von allen Frauen auf der Welt sehnte er sich so sehr nach Lacy McGee, dass er nachts kaum noch schlafen konnte. Er verzehrte sich vor Verlangen nach ihr, und jeden Tag fiel es ihm schwerer, ihr zu widerstehen.
Und jetzt, zum ersten Mal in seinem Leben, war er nicht in der Lage gewesen, einem Patienten bei der Behandlung vollkommen neutrale Gefühle entgegenzubringen. Mit jeder Faser seines Körpers war er sich bewusst gewesen, dass es Lacy war, die er berührte. Diese Tatsache verletzte seinen beruflichen Stolz. Er sollte sich aus dem Staub machen, bevor er noch total die Beherrschung verlor. Aber er wollte verdammt sein, wenn er es einem anderen Arzt erlaubte, Lacy zu behandeln.
Lacy wünschte, sie könnte sich irgendwo verstecken. Egal, wo. Unter einem moosbedeckten Stein wäre perfekt. Warum musste es von allen Ärzten auf der ganzen Welt ausgerechnet Daniel sein, der sie untersuchte? Und warum, wenn er doch so offensichtlich alles an ihr verabscheute, bestand er darauf, sich um sie zu kümmern? Wenn er wüsste, wie unendlich peinlich ihr die ganze Sache war, wäre er sicher höchst amüsiert.
Dieser verflixte Höhlenmensch! Er hielt sie für eine Frau mit lockeren Moralvorstellungen. Sie erinnerte sich noch gut an das erste Mal, als sie ihn getroffen hatte – nicht weil diese Begegnung sie besonders angeregt hätte, sondern weil das engstirnige Urteil, das Daniel sofort über sie gefällt hatte, sie so aufgebracht hatte.
Daniel hatte nicht die Freundlichkeit, Höflichkeit und Intelligenz an den Tag gelegt, die Annie immer so gepriesen hatte. Nein, der unmögliche Flegel hatte die Nase über sie gerümpft und sich aufgrund ihrer Arbeit und ihres Aussehens jede Menge Vorurteile über sie gebildet.
Natürlich war sie es gewohnt, dass Männer das taten. Die meisten nahmen an, sie wäre leicht zu haben, und versuchten sich an sie heranzumachen. Doch sie hatte in all den Jahren gelernt, die Erwartungen dieser Männer schnell zu korrigieren.
Aber Daniel hatte sie für unwert befunden und sie nicht nur nicht in seinem Bett haben wollen, er billigte auch nicht die Freundschaft seiner Schwester zu ihr. Zu ihrem Glück entwickelte Annie jedoch einen eigenen Willen und gehorchte den Befehlen ihres großen Bruders nicht mehr. Und das gab Daniel natürlich die Gelegenheit, ihr, Lacy, auch noch vorzuwerfen, sie würde seine kleine Schwester – Annie war fünfundzwanzig! – gegen ihn aufhetzen.
Allerdings hatte sie ihrerseits nichts getan, um Daniel von seinen lächerlichen Vorstellungen abzubringen. Sie hatte ihn in seinem Glauben gelassen, weil es sie geärgert hatte, dass er so wenig von ihr hielt. Als ob sie etwas für ihr Aussehen gekonnt hätte. Sie hatte nun einmal die hellblonden Haare, die grünen Augen und die wohlgerundeten Formen ihrer Mutter geerbt, was ihr schon viel Ärger, aber keine Schande bereitet hatte.
Was ihre Arbeit betraf, so war die ihr sehr wichtig, und sie war ebenso stolz darauf wie Daniel auf seine Arbeit. Sie half den Menschen, mit ihren Problemen fertig zu werden. Aber das würde er natürlich niemals so sehen.
Sie fand, dass er viel zu ernst, im Grunde sogar trübselig war. Ihn zu piesacken war wie eine Art Vergeltung für sein griesgrämiges Verhalten. Aber in letzter Zeit war es zu einem richtigen Wettkampf geworden. Nur ein einziges Mal wollte sie ihm eine andere Gefühlsäußerung entlocken als kalte Verachtung und Sarkasmus. Sie wollte ihn leidenschaftlich brüllen hören oder voller Feuer reagieren sehen. Aber das würde wohl niemals geschehen. Der gute Doktor besaß offenbar ein Patent auf Nüchternheit.
Daniel kam wieder herein, und ohne ein Wort an sie zu richten, fing er an, eine Spritze vorzubereiten. Sie spürte die kühle Luft an ihrem Po und atmete erleichtert auf, als die Schwester, die Daniel mit einem nachdenklichen Blick betrachtete, schnell wieder das Laken über ihre Kehrseite zog.
“Was tust du da?”, fragte sie Daniel misstrauisch.
“Ich werde dir eine Injektion geben, um deinen … um den verletzten Bereich zu betäuben, und dann werde ich die Wunde nähen.”
“Daniel …”
“Kennst du den Namen des Hundebesitzers? Die Polizei wird ihn wissen wollen, und wir müssen ihnen einen Bericht geben.”
“Vergiss es. Ich kenne den Mann und den Hund auch, und das Tier ist nicht wirklich böse. Es hat sich einfach nur schrecklich aufgeregt.”
“Lacy.” Ernst sah er sie an. “Und wenn der Hund sich aufregt, wenn ein Kind in der Nähe ist? Was dir passiert ist, könnte für ein Kind zehnmal schlimmer ausgehen.”
“Du hast recht. Tut mir leid.”
Daniel wirkte überrascht, als sie so schnell einwilligte, und nickte dann.
Sie überlegte angestrengt. Irgendetwas musste geschehen. Denn schon der Gedanke, der Hund hätte seine Zähne in den Körper eines kleinen Kindes bohren können, ließ sie erschaudern. Der Hund war zwar ein ständiges Ärgernis, ewig bellend und offensichtlich ohne die geringste Disziplin, aber er gehörte einem Mann, der sehr einsam war und dessen einziger Freund er war.
“Was werdet ihr unternehmen?”, fragte sie.
“Ich bin nicht sicher. Zunächst einmal müssen wir sehen, ob er alle nötigen Impfungen erhalten hat.”
“Das hat er. Sein Besitzer hat es mir versichert, nachdem er seinen Hund von mir loskriegen konnte.”
Daniel zuckte zusammen und fluchte leise, und sie glaubte fast, so etwas wie Mitgefühl in seinem Gesicht zu erkennen. Unmöglich, dachte Lacy verblüfft.
“Ich kann nicht glauben, dass du nicht wütend bist.” Während er sprach, trat er hinter sie und hob das Laken hoch.
Sie wünschte, sie wäre tot gewesen. Sie wollte ihm befehlen, die Augen zu schließen oder den Blick abzuwenden. Sie hasste es, vor diesem Mann so hilflos zu sein. Also fing sie an draufloszuplappern, um sich abzulenken.
“Ich bin natürlich nicht froh darüber, dass ich gebissen wurde, aber es war ein Unfall. Der Hund ist normalerweise nicht gefährlich. Im Grunde ist er noch gar nicht ausgewachsen, nur eben so verflixt groß. Vielleicht sollte er zu einem Hundetrainer gebracht werden, um Disziplin zu lernen. Er ist sonst immer ein so netter Hund. Und … au!”
“Tut mir leid.”
Er klang ganz und gar nicht so, als ob es ihm leidtäte, und sie sah ihn vorwurfsvoll an. “Das hat wehgetan!”
“In einer Minute spürst du nichts mehr.” Zum Kuckuck mit ihm, er nahm den Blick einfach nicht von ihrem Po. “Übrigens, wie bist du hierhergekommen?”
Sie wusste, er fragte sie das nur, um sie abzulenken, und sie war ihm dankbar für seinen Versuch. Es sah Daniel sonst überhaupt nicht ähnlich, sie mit Rücksichtnahme zu behandeln, aber wahrscheinlich tat er das jetzt auch nur in seiner Eigenschaft als Arzt.
“Ein netter Mann, der zufällig in der Nähe war, bot mir an, mich in seinem Auto mitzunehmen. Ich konnte ja nicht selbst fahren, und er hatte einen breiten Rücksitz und Vinylpolsterung, sodass ich keinen allzu großen Schaden anrichten konnte.”
“Du bist mit einem Unbekannten hergefahren?”
Die Schwester war ganz Ohr, deswegen wollte Lacy nicht das aussprechen, was ihr auf der Zunge lag. Am liebsten hätte sie Daniel eine saftige Ohrfeige verpasst für seine unverschämten Vermutungen. Aber da das noch weniger ging, tat sie das Nächstbeste. Sie grinste ihn frech an.
“Genau. Er war ein wirklicher Schatz. Er bot sogar an, auf mich zu warten, doch ich sagte ihm, das sei nicht nötig. Aber ich gab ihm meine Telefonnummer, falls er später nach mir schauen möchte.”
Daniel starrte sie nur fassungslos an. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war eine Mischung aus Wut, Ungläubigkeit und Abscheu. Seine Entrüstung war eindeutig. Gleichzeitig wirkte er irgendwie resigniert, als ob er nichts anderes von ihr erwartet hätte. Sie versuchte zu lachen, schaffte es aber nicht ganz. Verflixt, warum musste dieser Mann sie immer verurteilen? Der Mann, der sie in seinem Auto mitgenommen hatte, war um die siebzig gewesen, und er hatte seine Frau bei sich gehabt. Sie hatte beide viele Male in ihrem Apartmenthaus gesehen, und auf der Fahrt zum Krankenhaus hatten sie sich rührend um sie gekümmert, als ob sie ihr einziges Enkelkind wäre.
Daniels Reaktion tat weh, und Lacy hörte sich sagen: “Es ist nicht so, wie du denkst …”
Aber er unterbrach sie. “Das ist nicht wichtig, Lacy. Wie du dein Leben lebst, ist nicht meine Sache.”
Sie hätte klüger sein sollen, als zu versuchen, diesem prüden Besserwisser etwas zu erklären. Er wollte die Wahrheit über sie ja gar nicht wissen, und bis zu diesem Moment hatte es ihr auch nie etwas ausgemacht. Doch offenbar war sie durch den Blutverlust vorübergehend überempfindlich geworden. Dabei war er nur ein schrecklich konservativer Mann wie so viele andere Männer, und seine Meinung war ihr schnurzegal.
“Wann hast du das letzte Mal eine Tetanusspritze erhalten?”
“Keine Ahnung.”
Er gab ihr eine Tetanusspritze, ohne weitere Fragen zu stellen, und diesmal zuckte sie nicht einmal zusammen. Daniels Miene war immer noch finster, aber er schien auch besorgt zu sein, und sie war überrascht von diesem seltenen Anblick. Sie wusste, dass er ein hervorragender Arzt war. Annie rühmte ihn ständig. Ein paarmal hatte sie ihre Freundin ins Krankenhaus begleitet und dabei festgestellt, dass man ihm dort tatsächlich sehr viel Respekt entgegenbrachte und die Patienten ihm vertrauten. Er war also ein wundervoller Arzt und ein sündhaft gut aussehender Mann – aber er missbilligte sie.
In diesem Moment untersuchte er gerade ausführlich ihren Po. Sie hätte im Erdboden versinken mögen.
“Du bist in einem ziemlich üblen Zustand, Lacy. Etwa fünfzig Wunden müssen genäht werden. Du wirst eine ganze Weile nicht sitzen können, und du wirst versuchen müssen, diese Körperregion für eine Weile nicht zu überanstrengen.”
“Keine tiefen Kniebeugen, was?” Sie war oft patzig, wenn sie nervös war, aber sie konnte nichts dagegen tun.
Daniel schien es diesmal nichts auszumachen. “Ich werde dir ein Antibiotikum und etwas gegen die Schmerzen verschreiben. In zwei Tagen muss ich dich wieder sehen, um den Verband zu wechseln, und wenn alles in Ordnung ist, kannst du es danach allein tun. Achte auf Zeichen einer Infektion, zunehmenden Schmerz, zunehmende Rötungen oder Schwellungen. Du wirst viele Blutergüsse haben.”
“Ach, das verpatzt mir jetzt meinen Fototermin!”
Daniel stieß einen gereizten Laut aus, und sie verbarg ein Lächeln. Er hatte angefangen, ein wenig zu gelassen zu klingen, aber das hatte sie sehr leicht wieder behoben. Jetzt gab er der Schwester einige Anweisungen und begann danach mit dem Nähen der Wunden. Sie versuchte an andere Dinge zu denken. Doch leider drehte sich jeder andere Gedanke auch um eine Situation, in der Daniel sich ausführlich ihrem Körper widmete.
“Wenn dein Retter schon gegangen ist, wie hast du dann vor, nach Hause zu kommen?”
“Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Mir war zunächst einmal wichtiger, irgendwie herzukommen. Aber ich freue mich nicht gerade darauf, mich bäuchlings in ein Taxi zu werfen, wenn es das ist, was du wissen willst. Besonders da du meine Hose vollkommen ruiniert hast.”
“Falls du dich erinnerst, es war der Hund, der ein Stück aus dir und deiner Hose gebissen hat, nicht ich. Aber ich kann dir eine unserer OP-Hosen geben. Kein Problem.”
Er starrte sie nachdenklich an, während sie sich abmühte, sich auf die Seite zu drehen, ohne dass das Laken dabei herunterrutschte. Er wirkte verärgert und gereizt und seufzte schließlich. “Dann werde ich dich eben nach Hause fahren.”
Sie war ganz und gar nicht erfreut. “Du machst Witze, nicht wahr?”
“Meine Schicht war gerade zu Ende, als du hereinkamst. Ich wollte sowieso gehen, also ist das kein Problem. Und wie du schon so viele Male betont hast, besitze ich einen ekelhaft biederen Wagen mit Rücksitzen, als ob ich einen ganzen Kindergarten darauf unterbringen müsste. Für dich also gerade ausreichend.”