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Die Amerikaner sind oberflächlich, haben keine Geschichte, keine Kultur, ernähren sich von Fast Food und verstehen kann man sie auch nicht. Dergleichen Vorurteile gibt es viele. Besser als Vorurteile zu pflegen ist es, das Land zu bereisen und sich gegenseitig kennenzulernen. Aber wo anfangen? Die USA sind so riesig. Das ist nicht nur ein Land, es so vielfältig wie ein Kontinent. Der Blick auf die Landkarte zeigt es schon. Wir entscheiden uns für den westlichen Teil, meine Frau und ich. Wir reisen gern, sind Camper und deshalb, warum nicht mit dem Wohnmobil die USA kennenlernen? Wir stellen fest, dass hier einiges anders abläuft, als wir es von Europa her gewohnt sind. Wir fahren sechs Wochen mit einem Truck Camper durch 15 Nationalparks und State Parks im Westen der USA. Wir durchqueren faszinierende Landschaften, beobachten wilde Tiere und lernen neue Freunde kennen. Es wartet manche Überraschung auf uns. Nicht immer geht alles glatt.
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Seitenzahl: 175
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Eine Reise durch den Westen der USA
Impressum
Buch
Sechs Wochen mit einem Wohnmobil durch Nationalparks und State Parks im Westen der USA. Meine Frau und ich reisen nun in diesem Land zum ersten Mal so, wie wir es als erfahrene Camper von Europa her gewohnt sind. Wo es unumgänglich ist, wird vorgebucht, alles andere lassen wir auf uns zukommen. Da wartet manche Überraschung auf uns. Wir stellen fest, dass hier einiges anders abläuft, als wir es von Europa her gewohnt sind.
Wir durchqueren faszinierende Landschaften, beobachten wilde Tiere und lernen neue Freunde kennen.
Eine unvergessliche Reise durch acht Bundesstaaten der USA.
Autor
Lothar Seffert, geboren 1951 in Berlin, pensionierter Beamter, Hobbymaler, Hobbyreisender, Camper aus Leidenschaft.
Titelbild: Old Faithful, gemalt vom Autor
Titelfoto: Lothar Seffert
Entweder man liebt dieses Land und kommt immer wieder, oder es gefällt einem nicht, dann bleibt es bei einem einmaligen Besuch. So der Angestellte in dem Reisebüro, bei dem wir 2013 unsere Flüge, den Mietwagen und die Übernachtungen für die Hotels und Motels buchten. Vorgefertigte Reisen sind nicht so unsere Sache. Wir hatten keine Erfahrung mit Fernreisen, wollten nun aber die Verwandten in Ontario in Kanada besuchen, die in der Nähe der Niagara Fälle wohnen. Bei der Gelegenheit wäre es praktisch, zusätzlich sich noch ein wenig in den USA umzuschauen, dachten wir uns. Das war sowieso schon immer ein Traum von uns gewesen. Wir sind Line Dancer und Country und Western Fans. Da bot sich ein Besuch im westlichen Teil des riesigen Landes an. Der hat sehr viele interessante Sehenswürdigkeiten, die aber weit voneinander entfernt liegen. Wie das nun alles unter einen Hut bekommen, wo überhaupt ansetzen?
Wir stellten fest, dass Las Vegas in Nevada ein günstiger Ausgangspunkt für eine kleine Rundfahrt durch die Wüstengebiete ist. Also entwickelten wir selbständig eine zehntätige Tour im Spätsommer von dort aus bis Phoenix in Arizona. Ein Flug von dem Zielort bis Buffalo im Staat New York ermöglichte uns dann den anschließenden Besuch in Kanada. Las Vegas stellte sich als ungemein attraktiver Ort heraus. Eine überdimensionale Kleinstadt mit Hotelbauten wie im Märchenfilm. Wir verbrachten ein paar Tage dort und gewöhnten uns zum ersten Mal an größere Zeitumstellungen. Noch nie waren wir so weit geflogen. Der nahegelegene Red Rock Canyon State Park ließ uns zum ersten Mal spüren, wie aufregend die Landschaften im Westen der USA sein können. Wir staunten über den gewaltigen Hoover Staudamm und über den Grand Canyon. In Williams und in Sedona erlebten wir noch einen Hauch von Wild West Atmosphäre. Das gleiche spürten wir auch in Scottsdale, einem Stadtteil von Phoenix, wo wir durch Zufall zur Mittagszeit auf einen Saloon stießen, in dem ein guter Countrymusiker auftrat.
Wir gehörten nun auf jeden Fall zu der Gruppe, die in die USA wiederkommen wollten. Im Jahre 2017 war es dann wieder so weit. Wir wollten noch mehr von diesem aufregenden Land mit seinen netten Bewohnern sehen. Wir fuhren im Februar/März mit dem Mietwagen von San Francisco in Kalifornien bis Houston in Texas eine südliche Route, um nicht in winterliche Gebiete zu geraten. Dabei lernten wir auch die Mojave Wüste kennen und besuchten den wunderschönen Josua Tree Nationalpark. Auch diese Reise planten wir selbständig und buchten über das Internet einen Mietwagen und die Motelübernachtungen, die Flüge direkt bei der Fluggesellschaft. Mit dem Auto ist solch eine Tour gut machbar. Wir empfanden es ist aber nicht immer nur als angenehm, in Motels und Hotels zu übernachten. Man lebt aus den Koffern, muss diese ständig hin und her tragen und immer wieder neu packen. Bezüglich des Essens ist man bei dieser Art des Reisens überwiegend auf Restaurants angewiesen. Zwar verfügen manche Motelzimmer über eine Mikrowelle, das kann aber immer nur eine Notlösung sein.
Als erfahrende Camper sind wir mit Zelt und Wohnwagen schon quer durch Europa gefahren und schätzen diese Art zu reisen sehr. Wir beschlossen, das auch mal in den USA auszuprobieren. Es gibt Möglichkeiten, sein eigenes Fahrzeug zu verschiffen. Das ist aber sehr umständlich, dauert lange und ist teuer. Außerdem ist es mittlerweile fast unmöglich, einen guten und bezahlbaren Versicherungsschutz für das Fahrzeug zu erhalten. Früher ging das wohl besser, wie man uns bei unseren Recherchen bei deutschen Vermittlern und amerikanischen Anbietern berichtete. Also blieb nur die Variante, sich vor Ort ein Wohnmobil zu mieten. Es gibt eine Reihe von Firmen in Deutschland, die so etwas vermitteln und dann gehört eine vernünftige Versicherung gleich mit dazu. Ein halbes Jahr planten wir nun eine praktikable Tour. Dabei war das Internet eine gute Hilfe. Wir wollten uns vor allem die Nationalparks und State Parks ansehen, die wir noch nicht kannten. Die Wetterbedingungen in den einzelnen Regionen waren zu beachten und eine Fahrstrecke herauszufinden, die die Gesamtmeilen in Grenzen hielt. Wir waren gespannt, ob die einzelnen Etappen in der Realität machbar sind, ob mit den Campingplätzen alles funktioniert und ob uns die Fahrt in einem Wohnmobil wirklich so gut gefällt, wie wir uns das vorstellten.
Im Spätherbst 2019 geht es also wieder los. Die Flüge sind gebucht, das Wohnmobil bestellt, das Hotelzimmer in Las Vegas reserviert, auch Stellplätze auf einigen Campingplätzen, wo uns das erforderlich erscheint. Die Reisetaschen und die Rücksäcke sind gepackt.
Amerika, wir kommen!
01.30 Uhr, so früh sind wir noch nie freiwillig aufgestanden. Wir wollen aber um 02.20 Uhr den Nachtbus N7 bekommen, um zum Flughafen Berlin Tegel zu fahren. Es ist eine richtige kleine Stadtrundfahrt und eine beschauliche nächtliche Atmosphäre. Die wenigen Fahrgäste sind entspannt. Wir bekommen mit, wie sich manche austauschen und ihre Lebensgeschichten erzählen, wo sie herkommen, was sie arbeiten und warum sie nachts unterwegs sind. Am Jakob-Kaiser- Platz steigen wir um in den Bus X9 und sind nach wenigen Minuten am Flughafen. Es ist der 1.Oktober des Jahres 2019 und bei unserer Ankunft nun 03.40 Uhr. Bei der Fluggesellschaft hat sich vor dem Gate 11 im Terminal A bereits eine Schlange gebildet. Der Flughafen ist zu der Uhrzeit eigentlich noch geschlossen. Erst um 04.00 Uhr geht es offiziell los, erste Geschäfte und Kioske öffnen dann. Das übliche Prozedere, Gepäck abgeben, Sicherheitskontrolle, dann wieder warten. Wir sind müde, aber auch aufgeregt. Unser Flugziel ist Las Vegas, zuerst soll uns die erste Maschine um 06.00 Uhr nach Amsterdam bringen. Pünktlich geht es an Bord, mit 45 Minuten Verspätung heben wir aber erst ab. Als wir noch auf dem Rollfeld warten, fängt es an zu regnen. Auf dem Flughafen Schiphol in Amsterdam haben wir dann genug Zeit. Wir machen uns auf den langen Weg vom Terminal C zum internationalen Terminal G und frühstücken zwischendurch eine Kleinigkeit in einem der vielen Selbstbedienungsrestaurants. Die Müdigkeit ist jetzt deutlich zu spüren.
Der Start des Dreamliners nach Minneapolis verzögert sich, da wir noch auf einige Passagiere warten müssen. So heben wir erst um 10.45 Uhr ab. Wir haben einen angenehmen Flug und können auch ein wenig schlafen. In Minneapolis sind wir die erste internationale Maschine, die an diesem Tag hier landet. So geht die Einreisekontrolle relativ schnell. Erst bekommen wir einen Automaten zugewiesen, mit dessen Hilfe die Einreiseformalitäten erledigt werden können. Dort machen wir bestimmte Angaben, als reisendes Paar müssen wir das gemeinsam machen und legen unsere Pässe auf ein Lesegerät. Fingerabdrücke nimmt der Automat auch noch ab. Da wir die Hände dabei nicht in die richtige Position bringen, müssen wir das dann bei einem Beamten am Schalter nochmals wiederholen. Er wünscht uns einen angenehmen Aufenthalt in den USA. Danach heißt es Gepäck in Empfang nehmen und damit durch den Zoll gehen. An einem speziellen Band geben wir das Gepäck dann wieder ab. Dort erkennen die Mitarbeiter gleich, wohin es gehen soll, da ja der Gepäckanhänger der Fluggesellschaft das sichtbar zeigt. Wir müssen mit unserem Handgepäck erneut durch eine Sicherheitskontrolle. Schließlich gehen wir auf dem relativ kleinen Flughafen zum Gate der amerikanischen Fluggesellschaft, die uns nach Las Vegas bringen soll. In diesem Bereich finden wir einen Geldautomaten und besorgen uns erst einmal ein paar Dollar. Wir werden sie in Las Vegas gleich passend für den Bus benötigen und dann für die weiteren ersten Ausgaben.
Um 16.15 Uhr Ortszeit landen wir schließlich in Las Vegas. Schon im Flughafengebäude stehen die ersten Spielautomaten. Es ist viel Betrieb und der Weg zum Gepäckband endlos lang. Es befindet sich in einem anderen Terminal. Dorthin bringt uns ein Shuttle-Zug. Irgendwann kommt schließlich unser Gepäck. Wir müssen noch einmal das Stockwerk wechseln und finden nach einigem Suchen die richtige Bushaltestelle vor dem Terminal. Im Bus WAX kaufen wir zwei 24- Stunden- Bustickets und fahren innerhalb von 20 Minuten zum Strip. Wir freuen uns auf den erneuten Aufenthalt in dieser aufregenden einzigartigen Stadt, mitten in der Wüste. Vor der Übernahme eines Wohnmobils ist nach Interkontinentalflügen eine Hotelübernachtung Vorschrift.
Im Themenhotel, das wir nach wenigen Minuten zu Fuß erreichen, liegt unser Zimmer im 11. Stockwerk, also etwa auf halber Höhe. Wir hatten dieses Hotel in Form einer Pyramide schon einmal besichtigt und es hatte uns sehr beeindruckt. Jetzt bloß noch durchhalten und nicht zu früh schlafen gehen, um einigermaßen in den Rhythmus durch die Zeitverschiebung zu kommen. Also duschen wir erst einmal und sehen uns dann im Hotel und im Außenbereich um. Alles ist fantasievoll gestaltet. Es ist inzwischen dunkel geworden. Wir essen in einem nahegelegenen Schnellrestaurant am Strip eine Kleinigkeit. Dort können wir uns die Mahlzeit selbst zusammenstellen und Platz nehmen. Nach einer Weile werden eine Nummer und unser Name aufgerufen und wir können das Essen am Tresen in Empfang nehmen.
Anschließend laufen wir weiter am Strip entlang, was ein wenig mühsam ist. An den Querstraßen gibt es kaum Ampeln. Ständig müssen wir Treppen hinauf- und wieder hinabsteigen, um über Brücken auf die nächste Straßenseite zu kommen.
Schließlich erreichen wir die berühmten Fontänen, die alle 15 Minuten mit Musikuntermalung in Gang gesetzt werden. Bei jeder Show sammelt sich eine riesige Menschenmenge an und verstreut sich danach wieder. Das Gewusel und die vielen Lichter sind toll, aber in unserer Verfassung anstrengend. Unglücklicherweise fährt auch noch eine Gruppe von jungen Leuten mit großen lauten Fahrzeugen den Strip auf und ab. An jeder Ampel lassen sie die Motoren aufheulen. Schwer zu ertragen! Schließlich ist die Luft völlig raus und meine Frau und ich fahren mit dem Bus DEUCE zurück zum Hotel und wollen nur noch schlafen.
Nächsten Morgen sind wir schon um 05.00 Uhr wach. Der Jetlag ist nicht zu leugnen. Wir steigen in den Lift und fahren abwärts. Spielautomaten und blinkende Lichter empfangen uns im Erdgeschoss. Der Zugang zum Restaurant, das sich im Kellergeschoss befindet, ist nicht leicht zu finden. Wir möchten das angebotene Frühstücksbuffet nutzen. Zu so früher Stunde müssen wir an der Kasse am Eingang nicht warten. Das Buffet ist nicht gerade preiswert, aber die angebotenen Speisen sind vielseitig und schmackhaft und die Dekoration des Raumes ist auch hier fantasievoll. Wir wissen nicht, wann wir heute wieder etwas zu essen bekommen werden und lassen uns daher Zeit. Als wir den Frühstücksraum verlassen, hat sich am Eingang eine lange Schlange gebildet.
Wieder im Zimmer rufen wir bei der Vermietstation an und erfahren dort, dass wir das vorbestellte Wohnmobil ab 14.00 Uhr abholen können. Was nun mit den dazwischenliegenden Stunden anfangen? Wir checken aus und geben unser Gepäck in der Hotellobby ab. Das tun viele hier. Es gibt einen speziellen Aufbewahrungsraum und ist kostenfrei.
Noch einmal fahren wir mit dem Bus den Strip entlang. Wir wollen uns eine riesige Hotelanlage ansehen, an der wir beim letzten Besuch nur vorbeigelaufen waren. Sie hat Wasserbecken und Gondeln vor der Tür hat und ist innen gestaltet ist wie der Markusplatz in Venedig. Unglaublich, was die Amerikaner so nachbauen. Wir staunen über die prachtvollen Deckengemälde. Alles sehr beeindruckend! Dann gehen wir langsam zu Fuß am Strip zurück und schauen in den einen und anderen interessant gestalteten Laden mit Las Vegas Souvenirs. Ständig werden wir von Darstellern in Kostümen von Stars angesprochen, die auf Geld für ein Foto mit ihnen hoffen. Zwischendurch werfen wir einen Blick auf das Riesenrad, das etwas zurückgesetzt in einer Seitenstraße liegt. Es soll das größte der Welt sein. Die Temperatur in Las Vegas beträgt heute ungefähr 25 °C. Dabei ist es sonnig.
Als wir wieder an unserem Hotel ankommen, holen wir das deponierte Gepäck gegen ein Trinkgeld ab und wollen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bis zur Vermietstation fahren. Die Bushaltestelle befindet sich direkt vor dem Hotel. Noch sind unsere 24- Stunden- Bustickets gültig. Wie so oft in den USA sind die Menschen aufmerksam und kümmern sich um Auswärtige. Beim Umsteigen am Busbahnhof werden wir von einer Aufsichtsperson gefragt, wo wir hin wollen und bekommen Hinweise, welchen Bus wir nehmen sollten, um nicht in die falsche Richtung zu fahren.
Bei unserem ersten Besuch in Las Vegas wurde diese Hilfsbereitschaft besonders deutlich. Wir kamen am Abend bei Dunkelheit mit dem Bus aus Downtown zurück, wo wir uns ein wenig umgesehen hatten. Bis zum Strip ist das eine ziemlich lange Fahrt. Irgendwann drückten wir den Knopf, um zu signalisieren, wir möchten an der nächsten Haltestelle aussteigen. Da sprach uns ein einheimischer Fahrgast an und fragte uns, wo wir hinwollten. Wahrscheinlich war das eine unsichere Gegend und er hatte das Gefühl, dass ein Aussteigen hier für uns falsch wäre. Wir nannten ihm unser Fahrziel und er bat uns, sitzen zu bleiben. Er würde uns rechtzeitig ein Zeichen geben, wenn wir dort ankommen. So geschah es dann auch.
Die Fahrt zieht sich lange hin. Wir fahren durch Vororte, die nicht sehr markant sind. Wir sehen Reihenhäuser, ab und zu ein Geschäft. Die Schilder an den Haltestellen sind sehr klein und aus dem Bus heraus kaum lesbar. Im Bus werden die Haltepunkte aber elektronisch angezeigt. Wir steigen an der richtigen Haltestelle aus und müssen nur noch eine kurze Entfernung bis zur Vermietstation laufen. Ich bin wohl ein wenig aufgeregt, zu hastig und will vorgehen. Dabei verhaken wir uns mit unseren Reisetaschen, die wir dank Rollen ziehen können. Meine Frau kommt mit dem Bein an eine Pflanze mit Stacheln am Straßenrand und bei ihrer Reisetasche bricht die Halterung einer Rolle. So müssen wir zunächst ein paar Stacheln aus der Haut entfernen und dann die Tasche mühsam schleppen. Einen Gehweg gibt es hier nur auf einer Straßenseite und die Vermietstation befindet sich gegenüber. In der Mitte der breiten Straße verläuft ein Grünstreifen. Bis dahin gehen wir erst einmal und wollen dann den Gegenverkehr abwarten. Das müssen wir aber gar nicht. Schon in angemessener Entfernung halten sämtliche Autofahrer und fahren erst weiter, als wir mit dem Gepäck die andere Straßenseite erreicht haben. So läuft das hier. Sind wir von zu Hause nicht gewohnt.
Im Büro der Vermietstation müssen wir nur kurz warten. Es sind mehrere Mitarbeiter am Tresen beschäftigt. Die Namen der Kunden stehen an einer Anzeigetafel und werden nacheinander aufgerufen. Der freundliche Angestellte fragt uns zuerst, ob wir ernsthaft den (für dortige Verhältnisse) winzigen Truck Camper mieten möchten oder doch lieber ein größeres Wohnmobil. Wir bestehen aber auf den Truck Camper, hatten die Bestellung über einen Vermittler in Deutschland organisiert und wegen der Größe auch lange überlegt. Dann gilt es einige Vordrucke auszufüllen. Eine ziemlich teure Zusatzversicherung gegen Diebstahl, die uns noch zusätzlich angeboten wird, möchten wir nicht. Die Papiere werden gecheckt, Unterschriften geleistet und dann fährt der Angestellte das Wohnmobil auf dem Hof vor. Wir wundern uns ein wenig, mit welcher Geschwindigkeit er das tut. Aus dem (offenen!) Tankablauf auf der Rückseite kommt ein Schwall Wasser heraus. Erst im Laufe der Reise wird uns klar, was er damit bezweckt hatte. Wir werden in das Fahrzeug eingewiesen und stellen innen und außen einige Kratzer, Beulen und andere Schadstellen fest. Er meint, das wäre alles nicht so schlimm. Wir bestehen aber darauf, dass wir ein Mängelprotokoll erhalten, um bei der späteren Rückgabe in Los Angeles keine Probleme zu haben. Dann wünscht man uns gute Fahrt und einen schönen Urlaub und meine Frau wagt sich vorsichtig mit dem für uns ungewohnt großen Fahrzeug vom Gelände.
Es ist ein Pickup 150 von Ford mit einer Wohnkabine auf der Ladefläche. Diese Wohnkabine ist abnehmbar, hier aber fest installiert. Einstieg ist hinten mit Hilfe einer Klappstufe. Hinten befindet sich auch das Fach mit einer Gasflasche, die liegend untergebracht ist und die Klappe, hinter der sich der Ablaufstutzen für Schwarzwasser (Toilette) und Grauwasser (Spül- und Waschwasser) verbirgt. Wir fahren zunächst nur eine kurze Strecke von 8 Kilometern bis zum Campingplatz einer großen Campingplatzkette. Dort richten wir uns ein, füllen Wasser auf und machen ein wenig sauber. Zum Glück hat der Vormieter das Fahrzeug ordentlich zurückgegeben.
Schließlich laufen wir zum Supermarkt, der sich gegenüber auf der anderen Straßenseite befindet. Wir wissen, dass wir in den nächsten Tagen nicht viel Gelegenheit zum Einkaufen haben werden. Als wir aus dem Laden herauskommen, sind unsere mitgebrachten Einkaufstaschen daher gut gefüllt. Es ist jetzt bereits dunkel. Verderbliche Sachen werden im Kühlschrank untergebracht, der Rest erst einmal im Auto verteilt.
Wir sind inzwischen sehr hungrig und machen uns schnell ein paar Fischstäbchen warm. In der Wohnkabine gibt es einen Zweiflammenkocher im Gasbetrieb. Das ist nicht viel, aber für zwei Personen ausreichend. Wir wussten vorher, dass es wenig Stauraum gibt, daher haben wir Reisetaschen als Gepäck mitgebracht, die ausgeleert unter den klappbaren Rücksitzen der Fahrerkabine Platz finden. Die Wäsche hatten wir schon zu Hause in Reisebeuteln mit Reißverschluss gepackt. Übereinander gestapelt bringen wir diese seitlich am Bett in Fächern unter. Geschlafen wird über der Fahrerkabine auf einer dicken stabilen Matratze. Es gibt Stufen, um in das Bett zu kommen. Bettwäsche hatten wir von dem Vermieter geordert. Dazu gehören zwei große Schlafsäcke. Einen benutzen wir als Unterbett und einen als Bettdecke. Die Kissen sind bequem. So lässt es sich gut schlafen und das machen wir dann auch bald, denn es ist noch einiges an Schlaf aufzuholen und die Zeitumstellung sorgt für zusätzliche Müdigkeit.
Wir schlafen ganz gut in der neuen Umgebung, sind aber schon relativ früh wach, da es am Morgen recht kalt ist. Erst einmal die Heizung aktivieren, Therme anstellen, frühstücken und duschen. Wir sind noch dabei, unsere Sachen für die Weiterfahrt zu sortieren, da fragt die Nachbarin auf dem Campingplatz, ob wir vielleicht Interesse an einigen Lebensmitteln und kleinem Campingzubehör haben, die sie nicht mehr benötigt, da sie ihre Reise mit ihrem gemieteten Wohnmobil jetzt in Las Vegas beendet. Gerne nehmen wir das entgegen und haben jetzt ordentlich Vorräte. Wenn wir das vorher gewusst hätten, wäre unser Einkauf gestern kleiner ausgefallen.
Im Februar 2017 hatten wir schon einmal das Death Valley besucht und uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten, wie das Badwater Basin und den Zabriskie Point angesehen. Damals war es kalt. Wir hatten dicke Jacken an. In den Senken standen große Pfützen von den letzten starken Regen, die wir teilweise vorsichtig durchfahren mussten. Jetzt wollten wir das Tal einmal bei Wärme und Trockenheit erleben und uns den weniger besuchten nördlichen Teil ansehen, den wir noch nicht kannten.
Los geht es über die Stadtautobahn in Las Vegas und dann auf den Highway 95 immer Richtung Nordwesten. Sofort hinter der Stadtgrenze stellt sich wieder dieses Gefühl von Freiheit und Abenteuer ein, dass uns schon bei den letzten Reisen im Westen der USA begleitet hat. In Beatty biegen wir Richtung Westen ab. Über den Daylight Pass und die kalifornische Grenze kommen wir in den Nationalpark. Es begegnen uns nur wenige Fahrzeuge. Halbwüste, wohin man blickt. Wir hatten uns schon in Deutschland einen Nationalpark Pass (America The Beautiful) besorgt, denn an diesem Zugang zum Death Valley gibt es lediglich einen Automaten, an dem man nur einen Tagespass für den Park erwerben kann. Die Visitor Center liegen von da aus gesehen weit weg. Ein Tagespass genügt uns nicht. Wir wollen ja viele Nationalparks besuchen und Einzeltickets gehen unnötig ins Geld. Der Nationalparkpass ist auch nicht billig, aber mit ihm sind sämtliche Eintrittspreise in den Nationalparks sowie in einigen State Parks, da gibt es eine Liste, abgedeckt.
Auf den Parkplätzen, auf denen wir anhalten, werden wir mehrmals von verschiedenen amerikanischen jungen Leuten angesprochen, offenbar spontane Tagesgäste aus Las Vegas oder Umgebung, was man sich in dem Tal denn ansehen kann und wie man dort jeweils hinkommt. Wir können helfen, da wir ja schon einmal hier waren. Dennoch ein wenig absurd, dass wir als Europäer Amerikanern in ihrem eigenen Land Auskunft geben sollen.
An der ersten Kreuzung, mitten in der Wüste, biegen wir auf die noch einsamere Straße Richtung Norden ab. Nach einer Weile kommen wir an dem gesperrten Abzweig vorbei, der zu Scotty’s Castle führt. Diese Einrichtung und auch die Straße dorthin, wird seit Jahren nach schweren Unwettern mit Erdrutschen immer noch restauriert. Kurz nach diesem Abzweig kommen wir an den 2000 Jahre alten Ubehebe Crater, einen erloschenen Vulkan. Vom Parkplatz aus können wir einen Blick in den tiefen erkalteten Krater werfen. Der Boden ringsherum ist überwiegend grau, es gibt kaum Vegetation und es weht ein strammer Wind. Wir haben sogar Mühe, den Fotoapparat ruhig zu halten.
Ähnlich windig ist es auf dem nahegelegenen Campingplatz, unserem heutigen Ziel. Er liegt einsam und abgelegen und hat nur wenige Besucher. Das Ticket ziehen wir (mit Kreditkarte) an einem Automaten am Eingang und befestigen es an einem Pfosten an dem Stellplatz, den wir uns
selbst aussuchen können. Er besteht aus einer großen Nische zwischen kleinen Wüstenbüschen und verfügt, wie meist in den USA, über Tisch und Bank. Dort können wir unsere Mahlzeiten einnehmen, müssen aber hier darauf achten, dass uns nichts vom Tisch wegfliegt. Der Wind hört erst
nach Sonnenuntergang schlagartig auf. Sobald am nächsten Tag die Sonne aufgeht, weht er wieder. Wir stehen unversorgt, also ohne Stromanschluss.
Auf dem Gelände gibt es mehrere Räume mit Trockentoiletten. Bei einer Temperatur von 30°C machen wir eine kleine Runde über den Campingplatz. Von den wenigen Besuchern ringsherum werden wir freundlich aus der Entfernung gegrüßt. So ist es überall üblich in den USA.
Langsam wird es dunkel. Der Vollmond geht auf, es herrscht totale Stille. Da es keine Beleuchtung auf dem Campingplatz gibt, können wir im Schatten des Truck Campers einen fantastischen Sternenhimmel sehen, sogar die Milchstraße ist erkennbar. Irgendwann wird es dann zu kühl und wir ziehen uns in das Wohnmobil zurück. Dank der Bordbatterie haben wir Licht. Der Kühlschrank läuft über Gas.
Wir haben gut geschlafen und sind langsam im Zeitrhythmus. Wir finden auch mehr und mehr ein Ordnungssystem im Fahrzeug. Schmutzwäsche verstauen wir in einer großen Plastiktasche auf dem Rücksitz der Fahrerkabine. An diesem Ort und hinter den Rücksitzen bringen wir auch Lebensmittel unter, die nicht gekühlt werden müssen, die Kochtöpfe und Pfanne sowie die gemieteten Faltstühle. Praktisch sind die jeweils zwei Türen auf Fahrer- und Beifahrerseite. Die Scharniere befinden sich außen, so dass wir, wenn beide Türen gleichzeitig offen sind, eine große Öffnung zum Beladen und Entladen haben.