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Mit einem anderen Ehepaar machen sich meine Frau und ich mit nagelneuen Wohnmobilen im zeitigen Frühjahr von der Fabrik in der Nähe von Chicago aus auf den Weg quer durch die USA. Es geht durch Indiana, Illinois, Missouri, Arkansas, Texas, New Mexiko, Arizona und Nevada bis nach Kalifornien. Wir lassen uns dafür vier Wochen Zeit. Von Schnee bis Sommerwetter ist alles dabei. Es ist eine sehr abwechslungsreiche Tour. Manchmal geht auch etwas schief. Abschließend ist im Rahmen einer Kreuzfahrt an der mexikanischen Küste von Los Angeles aus Entspannung angesagt.
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Seitenzahl: 199
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Von Chicago nach Los Angeles
Eine Wohnmobilüberführung
Von Lothar Seffert
Impressum
Autor:
Lothar Seffert, geboren 1951 in Berlin, pensionierter Beamter, Hobbymaler, Hobbyreisender, Camper aus Leidenschaft.
Texte
und Fotos: © Copyright by Lothar Seffert
Umschlag: © Copyright by Lothar Seffert
Titelbild : Fotos vom Autor
Verlag:Lothar Seffert
Druck:epubli, ein Service der
neopubli GmbH, Berlin
Printed in Germany
Inhalt
1 Neue Pläne
2 Die schöne Schwester von New York
3Winterliches Indiana
4Richtung Süden in die Wärme
5Schneevögel
6 Begegnungen mit der texanischen Geschichte
7Eindrucksvolle Wüstenlandschaften
8 Schnee am Grand Canyon
9Auf ins Spielerparadies
10Wildes Kalifornien
11Tage am Pazifik
12Eine lange Reise geht zu Ende
13 Nachwort
Neue Pläne
Wer kann das schon, sich gleichzeitig auf zwei Kontinenten aufhalten, dem europäischen und dem nordamerikanischen. Auf Island geht das an mehreren Stellen. Dort kommen die europäische und die nordamerikanische Platte zusammen. Wir haben diese interessante Insel im Sommer 2023 mit unserem Wohnmobil besucht, anlässlich einer Kreuzfahrt von Reykjavik aus auch Grönland. Von dort aus ist es zur nordamerikanischen Küste nicht mehr sehr weit. Vier Mal haben wir nun schon die USA und Kanada besucht und die Landschaften und Menschen dort ziehen uns immer wieder in ihren Bann. Wir begegnen auf Island einem Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen, die dort ebenfalls mit ihrem Wohnmobil herumreisen. Da die Insel nicht sehr groß ist und die Anzahl der Campingplätze begrenzt, trifft man sich am Abend nach einer Tagestour immer wieder hier und da. Wir erzählen von unseren Nordamerikareisen und machen sie offenbar so neugierig, dass sie dort auch gern mal hinreisen würden. Schließlich geben sie zu verstehen, dass sie sich uns anschließen würden, sollten wir nochmals eine Reise auf dem nordamerikanischen Kontinent unternehmen. Na gut, das sagt sich ja schnell und konkrete Planungen hatten wir nicht.
Im Herbst 2023 bekommen wir von unserem Reisebüro, das auf Amerikareisen spezialisiert ist, ein Angebot für Überführungen von Wohnmobilen, von der Fabrik direkt zu einer der Mietstationen. Davon hatten wir früher schon gehört und wissen, dass dieses sehr günstige Angebot immer schnell vergriffen ist. Spontan entscheiden wir uns, zu buchen und dafür die maximal längsmögliche Zeit von 28 Tagen auszunutzen. Die Fabrik befindet sich in der Nähe von Chicago und als Ziel legen wir Los Angeles fest.
Wir erinnern uns an das Gespräch mit dem Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen und schicken ihnen eine Nachricht, dass wir ab Ende Februar 2024 erneut eine Reise in die USA planen und einen Vertrag für eine Wohnmobilüberführung geschlossen haben. Zu unserer Überraschung sagen sie sofort zu und buchen ebenfalls eine Wohnmobilüberführung für den gleichen Zeitraum und mit dem gleichen Endziel.
Eine Route wird entworfen, Tobias und Anne, den interessierten Mitreisenden, zugesandt und gefragt, ob noch etwas verändert, oder zugesetzt werden soll. Sie sind mit allem einverstanden, vertrauen uns, dass wir wissen, was wir da tun. Nun gut, einiges wird vorgebucht, da, wo nicht klar ist, ob Plätze rar sein könnten. Immerhin kommen wir mit zwei Wohnmobilen gleichzeitig.
Wir treffen uns noch einmal mit Anne und Tobias, stimmen uns noch detaillierter ab. Eigentlich kennen wir uns bisher ja gar nicht richtig. Wir stellen aber fest, dass wir weitgehend gleiche Vorstellungen davon haben, wie ein Urlaub ablaufen sollte. Sie machen sich Gedanken, ob sie uns zur Last fallen würden, denn sie sprechen kein Englisch. Das empfinden wir aber nicht als Problem und mit zwei Wohnmobilen zu fahren hat auch seine Vorteile. So kann im Notfall einer dem anderen helfen und Anne und Tobias sind erfahrener mit Wohnmobilen als wir. Zudem sind sie, im Gegensatz zu uns, technisch versiert.
So sollte das also klappen. Tobias macht sich Sorgen, dass er kein Werkzeug dabeihaben wird. Wir können ihn beruhigen, dass das nirgendwo ein Problem sein wird, da die Amerikaner äußerst hilfsbereit sind und uns bei Bedarf aushelfen werden.
Nach Abgabe des Wohnmobils in Los Angeles wollen wir noch mit einem Kreuzfahrtschiff ein paar Orte entlang der mexikanischen Küste kennenlernen. Solche Gelegenheit ergibt sich vermutlich nie wieder. Anne und Tobias haben noch nie eine Kreuzfahrt gemacht, sind auch skeptisch, ob ihnen das gefällt. Dennoch sagen sie spontan zu, auch das mitzumachen und buchen ebenfalls diese Tour.
Die Wochen verfliegen, Weihnachten und Jahreswechsel sind vorbei und dann steht der Flug nach Chicago an. Wir schreiben Mittwoch, den 21. Februar 2024.
Das nächste Abenteuer kann beginnen.
Die schöne Schwester von New York
Unser Flug nach Amsterdam geht erst um kurz nach 10.00 Uhr morgens. Wir befinden uns am Flughafen BER am Stadtrand von Berlin und haben noch ausreichend Zeit. Die kurze Anreise war kein Problem und für die Sicherheitskontrolle hatten wir ein Zeitfenster gebucht. Die Security tastet uns bei der Kontrolle ab und bewundert dabei meine glattgebügelte Jeans. So etwas habe ich auch noch nicht gehört. Wir wissen nicht, wann wir etwas während der Flüge zu essen bekommen werden und haben uns noch ein belegtes Brötchen mitgebracht. So überbrücken wir die Wartezeit am Abflugsteig.
In Amsterdam landen wir pünktlich. Allerdings wird die kleine Maschine dort in einen abgelegenen Bereich geleitet und wir müssen über eine Gangway austeigen. Ein Busshuttle bringt uns zum Hauptgebäude. Von dort aus ist es nicht mehr weit zum Terminal für den Weiterflug nach Chicago.
Anne und Tobias warten dort schon auf uns. Sie sind vom Flughafen in Düsseldorf aus angereist. Dann haben wir noch genug Zeit, zu plaudern, denn der Flug nach Chicago verspätet sich um eine Stunde. Die Maschine ist zwar schon da, aber die Reinigung ist noch nicht fertig.
Schließlich geht es an Bord. Wir haben Sitze mit größerer Beinfreiheit gebucht und das stellt sich auch als sehr angenehm heraus. Anne, Tobias und Christa sitzen zusammen und ich gegenüber, dazwischen der Gang. Der Platz neben mir bleibt frei. Das ist ideal. So ist nichts beengt. Während des Fluges können wir uns immer wieder untereinander austauschen. Anne hat Bedenken mit dem Straßenverkehr in den USA und ich versuche ihr, diese zu nehmen. Autofahren ist dort in der Regel sehr entspannt.
Vor uns sitzt eine Familie aus den USA, ein Ehepaar im Ruhestand. Aus den Gesprächen entnehme ich, dass sie mehrere Kinder adoptiert haben. So besteht die Familie aus einer lustigen Mischung aller Hautfarben von verschiedenen Kontinenten. Die Crew kümmert sich liebevoll um die Familie, zumal eines der Kinder, vermutlich ein Enkelkind, schwerstbehindert ist. Das Mädchen, 13 Jahre alt, sitzt die ganze Zeit über auf dem Schoß eines der Erwachsenen. Sie ist blind und kann kaum laufen. Die Familie lebt in Illinois in der Region Chicago auf dem Land und erfährt, wie ich höre, viel Unterstützung durch die christliche Gemeinschaft in ihrem Heimatort.
Insgesamt haben wir einen guten und ruhigen Flug. Wir überqueren Island und Grönland und da erinnern wir uns an manchen der Orte dort. Andere lesen vielleicht nur einen Namen auf der Landkarte. Wir haben durch die Reise im letzten Jahr eine Vorstellung, wie es dort aussieht. Zwischendurch schließen wir auch mal längere Zeit die Augen und dösen vor uns hin.
Mit einer halbstündigen Verspätung landen wir um 15.00 Uhr Ortszeit auf dem Flughafen Chicago O‘Hare.Zu Hause ist es jetzt schon 22.00 Uhr.
Mit der Einreise haben wir insofern Glück, dass die Schlange vor den Abfertigungsschaltern nicht allzu lang ist. Wir hatten erwartet, dass wir uns elektronisch über Automaten anmelden müssen. Zu unserer Überraschung werden wir aber von Menschen abgefertigt. Es ist das übliche Prozedere, Pass und Esta-Bescheinigung vorlegen, Foto und Fingerabdrücke machen und Fragen beantworten. Alles geht reibungslos und flott. Da ich inzwischen gelernt habe, dass meine Fingerkuppen oft sehr trocken sind, habe ich mit Creme vorgesorgt und so gibt es mit den Fingerabdrücken keine Probleme mehr.
Nach uns kommen Anne und Tobias zur Einreisekontrolle und der Grenzbeamte nimmt mein Angebot, für sie zu übersetzen, wo erforderlich, gern an. So geht auch deren Einreise schnell.
Wir nehmen unsere Koffer in Empfang und füllen eine Zollerklärung aus. Während wir das tun, beobachten wir die Kontrolle eines der herumstehenden Koffer durch Grenzbeamte mit Spürhund. Der Koffer wird von ihnen geöffnet. Was dann damit weiter passiert, sehen wir nicht mehr, denn wir müssen durch den Zoll, dann mit einem Shuttlezug von Terminal 5 bis zum Terminal 2 fahren. Dort heben wir Geld am Geldautomaten ab und wechseln noch einmal die Straßenebene, hier gibt es zwei übereinander. Schließlich finden wir vor dem Terminal die Haltestellen, an denen die Shuttlebusse der Hotels halten. Ständig kommen und gehen solche Zubringer. Der für unser Hotel ist nicht zu sehen. Ich erkundige mich bei einem der Fahrer und er hat mitbekommen, dass unser Shuttle vor kurzem weggefahren ist. Er zeigt mir die Stelle, an der dieser gewöhnlich hält. Nun gut, dann heißt es eben noch warten. Um uns herum braust der Verkehr. Ständig steigen Hotelgäste ein und aus und wir sehen auch jede Menge Taxis. Schließlich kommt der Shuttle mit der Aufschrift unseres Hotels. Wir können einsteigen und nach kurzer Zeit sind wir schon da. Inzwischen ist es 17.30 Uhr. Das Hotel ist etwas kühl, sachlich und modern gestaltet. Das Einchecken geht zügig. Wir stellen unser Gepäck in unseren Zimmern ab und gehen gleich noch vor die Tür. Inzwischen ist es dunkel geworden.
Gegenüber vom Hotel gibt es ein Kaufhaus. Um dorthin zu gelangen, müssen wir eine breite, dichtbefahrene Straße überqueren. Einen Übergang oder Zebrastreifen gibt es hier nicht. Trotz Müdigkeit bewältigen wir diese Aufgabe, finden uns auch in dem großen Kaufhaus schnell zurecht. In der überschaubaren Lebensmittelabteilung besorgen wir uns ein paar Erfrischungsgetränke und einen kleinen Imbiss für den morgigen Stadtbummel.
Wieder im Hotel, ziehen wir uns bald zurück. Wir sind alle redlich müde und gehen um 20.30 Uhr schlafen. Zu Hause ist es jetzt schon wieder früh am Morgen. So richtig geschlafen haben wir nun seit ca. 24 Stunden nicht, nur zwischendurch mal ein wenig gedöst.
Die Dusche am nächsten Morgen tut gut. Wir sind noch nicht ganz fertig, da ruft Tobias schon an und fragt, wie es bei uns steht. Um 7.15 Uhr treffen wir uns im Frühstücksraum des Hotels. Dort ist ein reichhaltiges Buffet aufgebaut. So findet jeder etwas, was ihm schmeckt. Es sind auch nicht viele Tische besetzt, so dass wir erst
einmal in aller Ruhe die erste Mahlzeit auf amerikanischen Boden genießen können.
So richtig gut geschlafen haben wir alle noch nicht. Durch die Zeitverschiebung ist der Rhythmus gestört und Durchschlafen ist ein Problem. Das wird auch noch ein paar Tage so bleiben, wissen wir aus Erfahrung.
Draußen ist es relativ kühl, aber sonnig. Wir wollen heute ein wenig die Innenstadt von Chicago erkunden. Um 9.30 Uhr brechen wir auf und müssen zunächst einmal wieder die mehrspurige Straße von gestern Abend überqueren, dann noch eine weitere an der nächsten Kreuzung. Auch dort gibt es keine Ampel und keinen Übergang. Vor einem Hotel schräg gegenüber ist dann die
etwas unscheinbare Haltestelle. Der Bus, so hatte ich herausgefunden, fährt zu der Tageszeit nur einmal in der Stunde. Er kommt auch pünktlich und bringt uns zu einem nicht weit entfernten Bahnhof. Die Fahrscheine muss man bar passend im Bus bezahlen. Mit dem Fahrschein kann man dann aber nicht umsteigen.
Für den Zug, in den wir dann wechseln, müssen wir extra (an einem Automaten) bezahlen. Wir lösen dort aber für jeden gleich ein Tagesticket, das dann später auch bei der Rückfahrt im Bus vorgelegt werden kann. Das ist alles etwas verwirrend. Die Fahrt in dem Zug (Blue Line) dauert dann ca. eine Stunde. Es ist eine Mischung zwischen S- und U-Bahn. Mal fahren wir oberirdisch, mal unter der Erde. Zu dieser Tageszeit sind nicht so viele Fahrgäste unterwegs.
Wir durchqueren etliche Vororte. Wie überall auf der
Welt, sind auch hier die an die Bahnlinie grenzenden Grundstücke und Gebäude nicht immer schön. Vieles sieht schon ein wenig baufällig aus. Feuerleitern zwischen den Stockwerken kennen wir in der Regel nicht. Hier haben das viele Häuser.
Als wir dann in der Innenstadt aussteigen, sind wir alle sofort überwältigt von dem Eindruck. Wir stehen in einer engen Straßenschlucht zwischen Hochhäusern und über uns verläuft der Loop, die Hochbahn. Die Sonne scheint, aber es weht ein frischer Wind. Bald sind wir am berühmten Riverwalk, ein Flanierweg entlang des Chicago River. Hier entfaltet sich die ganze Schönheit dieser Stadt. Von allen Blickwinkeln aus sieht man auf die Skyline mit den gepflegten, eindrucksvollen Hochhäusern.
Unten auf dem Fußweg am Ufer entlang, sind derzeit nicht viele Menschen unterwegs. Ab und zu begegnen uns Jogger. Da der Weg überwiegend im Schatten liegt, wechseln wir manchmal auf den Gehweg, der oben parallel verläuft. Dort ist es wärmer, aber auch voller und wir müssen an den Kreuzungen oft an Ampeln warten. Auch ist es durch den Autoverkehr lauter, als unten. Auffällig ist, wie gepflegt und sauber die Stadt hier ist. Wir sehen einige Gedenktafeln und Statuen, mit denen an historische Ereignisse erinnert wird, beispielsweise an George Washington und an den Vietnam Krieg.
Auf dem Fluss fahren Ausflugsschiffe. Es gibt jede Menge Brücken. Die älteren sind meist flacher und können bei Bedarf hochgeklappt werden.
Wir kommen an berühmten Gebäuden vorbei, zum Beispiel dem Wrigley Building mit seinem Uhrenturm und dem Hochhaus des Chicago Tribune. In Glasfassaden spiegeln sich Gebäude von gegenüber. Jedes der Hochhäuser hat eine andere Farbe, eine andere Struktur. Langeweile kommt nicht auf. Auch ein ehemaliger Präsident hat sich hier ein Denkmal gesetzt. An dem Hochhaus steht lediglich sein Name.
Das ganz alte historische Chicago gibt es nicht mehr. Ein Brand hat es 1871 fast völlig zerstört. Die heutigen Gebäude sind eine Mischung zwischen älteren und modernen. Alle sind jedenfalls ziemlich hoch und eindrucksvoll.
Der Chicago River mündet im Lake Michigan. Wir folgen ihm bis zu dieser Mündung. Dort sehen wir links im Hintergrund den Navy Pier, heute ein Vergnügungspark. Wir wenden uns aber nach rechts und kommen an einigen Jacht Clubs vorbei. Es ist relativ frisch, gerade hier am Seeufer. So früh im Jahr ist noch nicht viel Betrieb, weder am Ufer, noch im Wasser. Aber auch hier eine tolle Atmosphäre mit der parkähnlichen Anlage und der Skyline im Hintergrund. Die Bäume sind noch kahl, so dass wir einen weiten Blick haben. Ich habe auf dem Smartphone ein Lied von Frank Sinatra über Chicago abgespeichert und hier ist eine gute Gelegenheit, das mal abzuspielen. Das ergibt dann noch eine besondere Stimmung. Die Stadt gefällt uns allen wirklich sehr gut. Man nennt sie auch die schöne Schwester von New York.
Erstaunt sind wir über Tobias, der spontan äußert, er könnte hier gut leben. Für jemanden, der noch nie in den USA war, zumindest ungewöhnlich. Uns freut aber, dass es sowohl Anne, wie Tobias auf Anhieb in diesem für sie fremden Land gefällt.
Für Christa und mich ist es wie wieder nach Hause kommen. Wir haben überhaupt keine Probleme mit der Umstellung nach den Reisen in dieses Land zuvor, abgesehen von der Zeitverschiebung. Selbst in dieser Großstadt sind die Menschen freundlich und hilfsbereit, wie wir es zuvor immer wieder erlebt hatten.
Am Grand Park am Lake Michigan biegen wir auf den Jackson Boulevard ab. Hier beginnt auch die legendäre Route 66, die in Los Angeles am Santa Monica Pier endet.
Ein Hinweisschild darauf gibt es hier noch nicht. Wir laufen erst entlang des Parks, kommen an einem Kunstinstitut vorbei und überqueren noch breite Gleisanlagen. Hinter der Michigan Avenue steht dann ein Schild am linken Straßenrand, das darauf hinweist, dass hier die Route 66 endet (historisch eigentlich beginnt, denn der Treck ging nach Westen). Das Schild ist fast unscheinbar und teilweise leider überklebt. Schade, dass die Stadt sich nicht intensiver um die Pflege bemüht.
Bis zu dieser Kreuzung ist der Jackson Boulevard Einbahnstraße. Möchte man also die Route 66 Richtung Westen von hier aus befahren, muss man auf die nördliche Parallelstraße ausweichen, ebenfalls Einbahnstraße. Ich hatte mir den Beginn der Route 66 romantischer vorstellt.
Der Highway 66 wurde 1926 offiziell eingeweiht und war als Verbindung zwischen den östlichen Landesteilen und Kalifornien gedacht, als das Automobil immer populärer wurde. Heute ist von der legendären Straße nicht mehr viel übriggeblieben. An ihre Stelle sind oft Schnellstraßen getreten. Historische Reste der Route 66, wie der Highway auch genannt wurde, haben wir bei unseren früheren Reisen schon gesehen. Diesmal wollen wir das auffrischen und vertiefen. Wir werden dem ehemaligen Verlauf nicht überall folgen, werden aber immer wieder auf die berühmte Straße stoßen. Wir sind gespannt, was uns erwartet.
Nun entschließen wir uns, das chinesische Viertel von Chicago aufzusuchen und nehmen dazu die Hochbahn, den berühmten Loop. Die Bahn hat zwei verschiedene Linien. Wir nehmen zunächst die falsche und fahren nicht nach Süden, wie wir sollten, sondern Richtung Norden. Als wir das merken, steigen wir wieder aus und versuchen, uns neu zu orientieren. Dabei hilft uns schließlich eine junge farbige Bahnangestellte. Die Frau beschreibt uns ausführlich den richtigen Weg. Wir fahren also zurück und steigen noch einmal um. In der Hochbahn, die auf den alten Stahlgestellen fährt, ist viel Betrieb und es ist in den Schmalspurzügen auch relativ eng. Nicht einfach, einen Sitzplatz zu bekommen. Nach dem Umsteigen sehen wir vom Zug aus das Stadion der bekannten Basketballmannschaft der Chicago Bulls. Schließlich erreichen wir endlich den richtigen Bahnhof. Davor ist schon das Tor von China Town zu sehen.
Wir sind gespannt. Solche Orte haben wir schon in San Francisco und in Vancouver gesehen. Hier fühlen wir uns gleich wohl. Es ist ein gepflegtes Viertel mit interessanten Geschäften und vielen Restaurants. Dazu überall bunte Laternen.
Noch ist Mittagszeit und wir verspüren Hunger. Nur in welches der unterschiedlichen Lokale sollen wir gehen? Wir entscheiden uns für ein größeres, wo wir ein Buffet erwarten. Das stellt sich aber nur zum Teil als richtig heraus. Auf den Tischen gibt es jeweils eine Kochplatte. Dort wird dann ein großer Topf abgestellt, der vor sich hin köchelt. Was dann in den Topf kommen soll, muss der Gast selbst bestimmen und wie ich das als einziger von uns, der besser Englisch beherrscht, verstehe, kann das dann hier für einen bestimmten Preis ohne Begrenzung sein, also nach dem Prinzip „All, you can eat“. Wir beobachten unsere Umgebung und bekommen eine Ahnung, dass eine solche Mahlzeit sich über Stunden hinziehen kann. So viel Zeit wollen wir hierfür nicht erübrigen. Ich versuche der Bedienung, die durch den Akzent ziemlich schwer zu verstehen ist, klarzumachen, dass wir einfach ein Mittagessen wünschen. Sie legt uns also eine andere Speisekarte vor, die für uns auch nicht wesentlich besser verständlich ist. Für einen günstigeren Preis kann jeder von uns mehrere Komponenten bestellen und die dann in dem Topf garen.
Also gut, wir entschließen uns für Rind- und Hühnerfleisch, Reisplätzchen und Glasnudeln und fangen dann an, zu kochen. In der gewählten Tomatenbrühe mit Gewürzen in dem großen Topf verschwindet alles, was wir dort versenken und ist mühsam wiederzufinden. Schon festzustellen, ob die Komponenten gar sind, ist nicht so einfach. Und dann versucht auch noch jeder von uns das wiederzufinden, was er selbst hineingetan hat. Auf Wunsch bringt man uns zumindest westliches Besteck und Schöpfmöglichkeiten, was etwas hilft. Es erinnert ein wenig an ein Fondue ohne Spieß und wir werden beim Suchen in dem Topf immer alberner. Die Glasnudeln sind eine besondere Herausforderung. Jeder hat Hunger und kämpft mit der Materie. Es ist jedenfalls eine lustige Mahlzeit. Wir haben aber auch schon preiswerter gegessen.
Danach machen wir uns auf den weiten Rückweg zum Hotel. In den Bahnen ist es jetzt ziemlich voll. Wir haben Berufsverkehr. Auf einem Bahnhof versuchen wir uns beim Umsteigen an einem Übersichtsplan zu orientieren. Ein Mitarbeiter der Security, der ziemlich verwegen aussieht, fragt, ob wir Hilfe benötigen. Er erklärt uns dann, wo wir noch umsteigen werden müssen. Ein junger Mann, der in der Nähe steht, gibt dann zu verstehen, er werde sich darum kümmern, dass wir das nicht verfehlen, er hätte den gleichen Weg. Sehr nett, dann kann ja nichts mehr schief gehen. Und so kommt es auch, wir werden richtig geleitet und ich winke schließlich dem jungen Mann auf einem vollen Bahnsteig nochmals dankend zu. Müde kommen wir schließlich zu dem Ausgangsbahnhof und der Bus wie heute Morgen bringt uns das letzte Stück wieder zum Hotel.
Wir gehen relativ zeitig schlafen. Die Müdigkeit steckt noch in den Knochen. Morgen müssen wir auch sehr früh aufstehen.
Winterliches Indiana
Heute ist Freitag, der 23. Februar. Schon um 5.00 Uhr morgens klingelt der Wecker. Ein Busshuttle wird uns zu der Fabrik bringen, an der uns die Wohnmobile zur Überführung nach Los Angeles übergeben werden.
Als wir 30 Minuten später in die Hotelhalle kommen, warten Anne und Tobias schon auf uns. Sie haben, wie wir, die vergangene Nacht schon besser geschlafen, als während der ersten.
Draußen ist es noch stockdunkel. Der Reisebus steht schon vor der Tür. Er ist offen und das Gepäck darf eingeladen werden. Wir setzen uns ganz nach vorn und verteilen uns in den ersten Reihen. Das sollte sich noch als Fehler herausstellen. Nach und nach steigen weitere Fahrgäste ein und schließlich ist der Bus mehr als zur Hälfte gefüllt. Bevor wir um 6.00 Uhr starten, stellt der junge farbige Busfahrer die Bordfernseher ein. Sie befinden sich vorn vor unseren Köpfen. Das wäre an sich nicht schlimm, aber wir müssen nun während der gesamten Fahrt einen brutalen Actionfilm über uns ergehen lassen. Die Bilder sind schwer zu ertragen und dazu ist der Ton viel zu laut eingestellt. Alle Fahrgäste sind noch müde. Jeder ist vermutlich, wie wir, ein wenig aufgeregt und freut sich auf das Wohnmobil. Da passt das mit dem Film überhaupt nicht. Ich drehe mich zwischendurch um und bemerke, dass sich keiner um das kümmert, was auf dem Bildschirm passiert. Manche dösen vor sich hin, andere sehen aus dem Fenster oder beschäftigen sich mit ihrem Smartphone. Im hinteren Bereich ist der Film aber vielleicht erträglicher als bei uns vorn. Na gut, da müssen wir jetzt durch.
Nach einiger Zeit haben wir den Stadtrand von Chicago erreicht. Wir verlassen Illinois und überqueren die Grenze zu Indiana. Damit wechseln wir von der Central Time Zone zur Eastern Time Zone und müssen die Uhren eine Stunde vorstellen. Inzwischen ist es hell geworden. Mehrmals wechseln wir die Highways und erreichen schon um 9.00 Uhr Ortszeit das Fabrikgelände in Elkhart.
Dort stehen im vorderen Bereich Wohnmobile aufgereiht und warten schon auf uns. Der Busfahrer ist offenbar zum ersten Mal hier und findet sich zunächst nicht zurecht. Er bekommt dann von örtlichem Personal Hinweise, wo er mit uns hinfahren soll. Schließlich stehen wir vor einem flachen Gebäude gegenüber von den abgestellten Wohnmobilen und werden noch im Bus von dem Abteilungsleiter des Büros begrüßt, das die Übergabe mit uns organisieren wird. Er gibt ein paar Vorhinweise auf Besonderheiten der amerikanischen Fahrzeuge, worauf man während der Fahrt achten sollte und dass sie derzeit winterfest gemacht sind. Die Abfertigung soll in der Reihenfolge erfolgen, in der wir uns für die Überführung bei den Reisebüros angemeldet haben.
Es ist leicht bewölkt und recht kühl. Wir steigen aus und laden die Koffer aus. Sie werden vor dem Büro abgestellt. Dann erfahren Christa und ich, dass wir an zweiter Stelle bei der Abfertigung sein werden, Anne und Tobias an fünfter Stelle. Sehr schön, dann kann ich bei ihnen sprachlich behilflich sein, da wir uns nicht überschneiden werden.
Das Büro besteht aus einem großen Raum mit langem Tresen. Etliche Stühle stehen für die Wartenden bereit. Alle sind gebeten, bei der Abfertigung leise zu sein, damit die Angestellten alles gut erklären können. Wir werden aufgerufen, legen Pässe und Führerscheine vor, unterschreiben Verträge und dann geht ein älterer, etwas lustlos wirkender Herr, der auch Deutsch spricht, mit uns zu dem uns zugeteilten Wohnmobil. Es ist ein ca. 8 Meter langes Alkovenfahrzeug mit Doppelbereifung an der Hinterachse. Der Generator läuft gerade auf vollen Touren, vermutlich, damit die Bordbatterie gut gefüllt ist. Benzin- und Gastank sind voll. Der Zählerstand vom Generator wird festgehalten und das Gerät dann abgeschaltet. Eine Nutzung muss später gesondert gezahlt werden. Wir verwenden ihn aber während der Fahrt nicht, haben in der Regel überall Stromanschluss und sind nicht darauf angewiesen. Angenehm ist das Geräusch bei Betrieb auch nicht und man verbraucht Benzin aus dem normalen Tank.