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In London ist die ganze Welt zu Besuch. Das kulturelle und touristische Angebot der Stadt ist unvergleichlich, hier finden Weltpremieren statt und werden Trends kreiert! All dies macht London zu einer der beliebtesten Destinationen weltweit, in der es eine schier unerschöpfliche Menge an Attraktionen zu entdecken gibt. In diesem Sinne bietet der unkonventionelle Reiseführer "101 London - Geheimtipps und Top-Ziele" Einblicke in das weniger bekannte London und zeigt unbekannte Seiten namhafter Sehenswürdigkeiten: In 101 farbig bebilderten Porträts, gegliedert in Rubriken wie "Multikulturelles London", "Geschichte erleben", "Kunst und Kultur", "Bummeln, Einkaufen & Essen" oder "Ausflüge", vermitteln die Autoren das Lebensgefühl der Stadt. Dabei erhebt der "Reise-Verführer" keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern konzentriert sich auf besondere Erlebnisse. In dem Extra-Stadtplan sind alle Spots eingetragen.
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Seitenzahl: 387
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1.KULTUREN LONDONS
Chinatown, Brixton, Golders Green, Brick Lane – die Londoner sind ein buntes Volk, das seine verschiedenen Wurzeln in vielfältigen Kultur-, Ess- und Lebensgewohnheiten zum Ausdruck bringt, ab S. 24.
2.GESCHICHTE ERLEBEN
Zeugen der Vergangenheit: Die Blue Plaques, die an den Fassaden zahlreicher Häuser angebracht sind, weisen auf historisch, wissenschaftlich oder kulturell bedeutende Bewohner hin, S. 44.
3.KUNST, KULTUR, DESIGN UND LIFESTYLE
London ist eine der Mode- und Designhauptstädte der Welt. Im Design Museum in Kensington kann man rund tausend Alltagsgegenstände bewundern, die teilweise ganze Trends kreiert haben, S. 90.
4.ARCHITEKTUR
Ob Renaissance, Klassizismus, Barock oder Moderne – ein Spaziergang durch London führt an beeindruckenden Gebäuden jeden Stils vorbei, die sich oft ganz nahe beieinander finden, ab S. 108.
5.IM GRÜNEN
Der Holland Park zwischen Kensington und Notting Hill bietet viele verträumte Ecken. Kulturgenuss garantiert die Opera Holland Park mit Freiluftaufführungen im Sommer, S. 154.
6.EINKAUFEN UND ESSEN
Der Camden Market bietet die größte Auswahl an schrägen Klamotten jeder Stilrichtung – Camden ist schließlich die Heimat der Musikszene. Hipster versammeln sich lieber im East End beim Upmarket oder Spitalfields Market, wo es auch Street Food gibt, ab S. 168, 180, 201.
7.AKTIVITÄTEN
Für ganz besondere Ausblicke begibt man sich am besten nach oben: z. B. auf das London Eye, in die Gondeln des Sessellifts über die Themse oder auf das Dach der O2 Arena in Greenwich, S. 186.
8.AUSFLÜGE
Zahlreiche Sehenswürdigkeiten rund um London sind lohnende Ziele für einen Tagesausflug: z. B. das Olympia-Gelände in Stratford, die Kew Gardens, das Wimbledon Lawn Tennis Museum oder der einstige Königssitz Richmond, ab S. 210.
Lilly Nielitz-HartSimon Hart
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101 London – Geheimtipps und Top-Ziele
4. Auflage 2023
© Reisebuchverlag Iwanowski GmbH
Salm-Reifferscheidt-Allee 37 • 41540 Dormagen
Telefon 0 21 33/26 03 11 • Fax 0 21 33/26 03 34
www.iwanowski.de
Titelfoto: Richie Chan / Adobe Stock
Tower Bridge
Alle anderen Farbabbildungen: siehe Bildnachweis S. 5
Layout: Ulrike Jans, Krummhörn
Karten: Klaus-Peter Lawall, Unterensingen
Titelgestaltung: Point of Media, www.pom-online.de
Redaktionelles Copyright, Konzeption und deren ständige Überarbeitung:
Michael Iwanowski
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Gesamtherstellung Printausgabe : Grafisches Centrum Cuno, Calbe
Printed in Germany
ISBN: 978-3-86457-466-5 (epub)
ISBN: 978-3-86457-467-2 (mobipocket)
ISBN: 978-3-86457-468-9 (pdf)
Einleitung
London – Schmelztiegel unzähliger Kulturen
Im touristischen Herzen der Stadt
1Houses of Parliament – die Mutter der Parlamente
2Regierungsviertel – Downing Street No. 10 und Whitehall
3Freiluftmuseum Trafalgar Square
4Königspalast mit Tradition – Buckingham Palace
5Piccadilly Circus bis Leicester Square
6Publikumsliebling – Covent Garden
Ansichten und Kulturen Londons
7Asiatisches London – Soho und Chinatown
8Curryhäuser, Moscheen und Hipstermärkte – Brick Lane
9Jüdisches Leben in London
10Notting Hill – Karneval und Flohmarkt
11Musik und Black Culture in Brixton
12Southwark – mittelalterliches Amüsierviertel und Gourmetmarkt
13Rund um King’s Cross
14Durch die Docklands I – Canary Wharf
Geschichte erleben
15Blaue Plaketten – auf den Spuren bekannter Persönlichkeiten
16Westminster Abbey – Geschichte durch die Jahrhunderte
17Das juristische Zentrum Londons und die Temple Church
18Shakespeare’s Globe – Theater wie zu Zeiten der Tudors
19London Bridge – von der Römerzeit bis heute
20Vom Coffeehouse zum Bankenzentrum – die City of London
21Inmitten moderner Hochhausriesen – die Gedenkstätte The Monument
22Schreib- und Trinkkultur im 18. Jahrhundert – Dr. Johnson’s House
23Verbrechen und Strafe – The Old Bailey und Newgate Prison
24Chronist der viktorianischen Zeit: Charles Dickens
25Scotland Yard – moderne Gesetzeshüter
26East End ganz ohne Gangster – Whitechapel Gallery
27St. Bartholomew’s – das älteste Krankenhaus Englands
28Smithfield – alter Markt weicht neuem Museum
29Unterirdische Schienen – die U-Bahn und das Postal Museum
30Tunnel unter der Themse – Brunel Museum Rotherhithe
Kunst und Kultur, Design und Lifestyle
31South Bank – Kunst und Kultur am laufenden Band
32Filmkunst und Nostalgie im British Film Institute (BFI) und dem Cinema Museum
33Britische Kunst – Tate Britain und der Turner Prize
34Moderne Kunst im Industriebau – Tate Modern
35Klassische Musik und Weltklasse-Museen in South Kensington
36Chelsea entdecken
37Alltagskunst im Design Museum
38Am Puls der Zeit – Hoxton und Shoreditch
39Kunstschätze der National Gallery und National Portrait Gallery
40Wahrhaft königlich – die Kunstsammlung der Queen’s Gallery
41Impressionistische Eindrücke – Courtauld Institute of Art
42Bloomsbury – der Literatur, Kultur und Bildung verschrieben
43Londoner Modedesign – auf dem Laufsteg und im Museum
44Ein Londoner Unikum – die Pearly Kings & Queens und das Costermongers Harvest Festival
45Nostalgische Jugendkultur – das Ace Café
Architektur
46Lambeth Palace – mittelalterliche Burg und Gartenmuseum
47Das Banqueting House – italienische Renaissance in Westminster
48Meisterkirchen des Barock – Sir Christopher Wren
49Markantes Symbol in der City – die St. Paul’s Cathedral
50Die Queen-Anne-Kirchen von James Gibbs und Nicholas Hawksmoor
51Die schönsten Bauten aus der Epoche des Regency – John Nash
52Klassizistische Statuen und modernes Leben – Euston Station
53Bahnhöfe mit Flair – St Pancras
54Medienarchitektur in Fitzrovia – BT Tower und BBC
55Barbican Centre – brutalistische Architektur der 1970er-Jahre
56More London und Shad Thames – rund um die Tower Bridge
57On His Majesty’s Secret Service – wo der britische Geheimdienst wohnt
58Sir Giles Gilbert Scotts Battersea Power Station
59Thames Barrier – die schönste Hochwasserbarriere der Welt
60Durch die Docklands II – St. Katharine Docks bis Limehouse
Im Grünen – Parks, Kanäle und Themse
61Vom St. James’s Park zum Green Park
62Hyde Park und Lake Serpentine
63Palast der Prinzessinnen – Kensington Palace und Kensington Gardens
64Regent’s Park, London Zoo und Primrose Hill
65Der Regent’s Canal I – Paddington Basin bis Little Venice
66Der Regent’s Canal II – Little Venice bis Camden Lock
67Konzerte im Holland Park und das Arts and Crafts Movement
68Putney Bridge – Themse-Idyll und Rock-Geschichte
69Es grünt so grün – Kew Gardens
70Bootsfahrt auf der Themse
Bummeln, Einkaufen & Essen
71Foodies – Streifzug durch die Londoner Gastroszene
72Essen wie ein Cockney – Jellied Eels im East End
73Petticoat Lane Market und Spitalfields Market
74Alternativszene im East End – von der Columbia Road zum Broadway Market
75Bummeln in Bermondsey
76Islington und Clerkenwell – Politik, Theater und Antiquitäten
77Oxford Street – die längste Einkaufsstraße Londons
78Savile Row – den Schneidern auf die Finger geschaut
79Camden Town – Märkte ohne Ende
80Flaniermeilen erster Klasse – Mayfair, Knightsbridge und Belgravia
Aktivitäten
81Schöne Aussichten – London von oben betrachtet
82Stadtrundfahrt mit dem Doppeldecker
83Radfahren in London – Rent a Bike
84Auf grünem Rasen – Lord’s Cricket Ground
85Wembley-Stadion-Tour
86Das Sherlock Holmes Museum
87Auf den Spuren berüchtigter Gangster
88Street-Art-Tour durchs East End
89Bahnsteig 9 3/4 – mit Harry Potter durch London
90Erinnerungen an die Beatles
91Musikszene in Camden – Rock, Punk, Britpop und mehr
92The Comedy Store – britische Stand-up-Comedians
Ausflüge
93Ungewöhnliche Ausblicke – Royal Docks und City Island
94Greenwich I: Old Royal Naval College und National Maritime Museum
95Greenwich II: Royal Observatory und der Nullmeridian
96Art-déco-Juwel im Süden – Eltham Palace
97Ausflug nach Richmond
98Wimbledon Common und Tennis Museum
99Der Queen Elizabeth Olympic Park in Stratford
100Die Metropole aus der Ferne – Hampstead Heath
101Highgate Cemetery – verwunschenes Kleinod in Nordlondon
Anhang
Geschichtlicher Abriss
Besondere Unterkünfte – eine kleine Auswahl
London mit Kindern
Festivals und Events
Praktische Informationen
London in Zahlen
Stichwortverzeichnis
Die Autoren
U-Bahn-Netz
Abbildungsverzeichnis
Alle Abbildungen stammen von den Autoren, außer
© Dickens House Museum: S. 63 o. - © Camilla Greenwell/The Place: S. 123 - © The Royal Collection Trust: S. 18, 96, 97 - © The Postal Museum: S. 73 - © The Environment Agency: S. 136/137 - © Wimbledon Lawn Tennis Museum, AELTC, Joe Toth: S. 222 - © London B&B Agentur: S. 235 - © Rolf Radke: S. 12, 116, 171, 189, 190, 217 - © Lord’s Cricket Ground MCC/Jed Leicester: S. 192 o. und u. - © Pixabay (CC0): S. 49 (Kablingymoneygenerator), S. 135 (Kev) - © wikipedia: S. 77 u., 197, 227
London ist eine der vielfältigsten Metropolen der Welt und bietet eine perfekte Mischung aus althergebrachter Tradition und hippem Zeitgeist. Schon um 50 n. Chr. unter den Römern gegründet, ist die Stadt über viele Jahrhunderte aus vielen kleineren Orten zusammengewachsen. Ein homogenes Stadtbild wird man vergebens suchen: Die Architektur ist extrem abwechslungsreich und jedes Viertel hat seine Besonderheiten. Der Grundriss des historischen Stadtkerns, der „City of London“, entspricht noch dem mittelalterlichen Muster. Bis heute dehnt die schnelllebige Stadt ihren Einzugsbereich ständig weiter aus.
Neben bedeutenden historischen Sehenswürdigkeiten trifft der Besucher auf ein einmalig umfassendes Angebot an Kultur, Mode, Design und Gastronomie. Vom stilvollen Nachmittagstee bis zum Nachtleben der Subkultur hat man die Qual der Wahl – allein der Besuch der 192 Londoner Museen und Galerien würde Monate in Anspruch nehmen. Nicht zuletzt bietet die Stadt einen Querschnitt der britischen Geschichte – viele der wichtigsten historischen Momente haben sich in der Hauptstadt ereignet und spielen sich noch hier ab. All dies macht London zu einer der beliebtesten Destinationen der Welt.
Dieser Reiseführer möchte neben den weltbekannten Highlights auch Einblicke in das weniger vertraute London vermitteln, das mehr als nur einen flüchtigen Blick verdient.
London ist unter Europäern für einen Kurzurlaub ebenso wie als Studien- und Arbeitsplatz begehrt wie eh und je. Auch die Geschäftswelt pflegt nach wie vor enge wirtschaftliche Beziehungen zu den Ländern der Europäischen Union. Seitdem Großbritannien die EU-Austrittserklärung unterzeichnete, am 31. Januar 2020 den sogenannten „Brexit“ vollzog, gehört das Land jedoch dem Schengenraum nicht mehr an. Zwar hatten sich die Londoner wie Schottland und Nordirland mehrheitlich für einen Verbleib in der EU ausgesprochen, doch 51,9 % der Bevölkerung hatten in einem Referendum für den Austritt gestimmt.
Der Brexit spaltet die Bevölkerung nicht nur im Hinblick auf die wirtschaftliche Zukunft des Landes. Etliche Londoner Unternehmen und Banken haben ihren Schwerpunkt auf das europäische Festland verlagert. Die ständigen Querelen um die Ausrichtung der britischen Politik haben auch Folgen für die regierende Partei der Tories: Zwischen 2016 und 2022 gaben sich in der Downing Street fünf Premierminister und -ministerinnen die Klinke in die Hand.
Das zuletzt einschneidendste Ereignis für London und das gesamte Vereinigte Königreich waren der Abschied von Queen Elizabeth II., die am 8. September 2022 verstarb, und der damit einhergehende Monarchenwechsel. Die 96 Jahre alte Königin regierte 70 Jahre und 214 Tage – länger als jedes andere britische Oberhaupt vor ihr. Die Queen erhielt ein Staatsbegräbnis in der Westminster Abbey und wurde auf Schloss Windsor in der dortigen St. George’s Chapel neben ihrem Gatten Prinz Philipp beigesetzt. Ihr ältester Sohn trat als König Charles III. ihre Nachfolge an. Die Monarchie will sich modernisieren und verschlanken, doch wie die Zukunft aussieht, ist noch ungewiss.
Im inneren Stadtbereich (Urban London) leben 9,5 Mio. Menschen, Tendenz steigend. London lockt mit den meisten Arbeitsplätzen im Vereinigten Königreich. Die gesamte Metropolregion, die neben dem urbanen London auch die Orte außerhalb der Ringautobahn M25 und den Pendlergürtel mit einschließt, umfasst 14,3 Mio. Menschen. Das Umland besteht aus selbstständig verwalteten Grafschaften, den sogenannten Home Counties.
London ist ein Schmelztiegel aus unzähligen Kulturen und Gesellschaftsschichten. Mehr als 300 Sprachen werden hier, wo man schon allein kulinarisch eine Weltreise machen kann, gesprochen. Traditionell von Einwanderern geprägte Viertel wie das East End haben jedoch in den letzten Dekaden große Umwälzungen erfahren. Während dort im 18. und 19. Jahrhundert die Ärmsten der Armen eine Zuflucht fanden, bewohnt heute die wohlhabende Mittelklasse die schicken Apartments hinter den restaurierten historischen Fassaden. Die Gentrifizierung drängt Normalverdiener immer weiter aus dem Zentrum heraus.
Das stärkste Wachstum findet rund um die ehemaligen Docklands statt, die sich von der Tower Bridge bis weit an die östlichen Stadtgrenzen entlang der Themse ziehen. Mit der Hochbahn Docklands Light Railway zuckelt man dort durch einen atemberaubenden Hochhauswald aus Glas und Stahl, der asiatische Millionenstädte imitiert. Aber auch im westlichen Stadtbereich, rund um die Battersea Power Station, haben internationale Immobiliengiganten die attraktiven Grundstücke aufgekauft und sie mit Luxusgebäuden versehen. Spätestens seit der Coronakrise in den Jahren 2020–2021 bröckelt das Konzept: Wegen finanzieller Engpässe kamen Projekte zum Stillstand und ganze Hochhaustürme stehen bis heute leer.
Der Bürgermeister Sadiq Khan (Labour Party) steht unter Druck, bezahlbaren Wohnraum (affordable housing) zur Verfügung zu stellen, um für das Bevölkerungswachstum der kommenden Jahre gewappnet zu sein. Bei jedem Neubauprojekt muss daher eine Mindestquote an bezahlbarem Wohnraum eingeplant werden.
Lilly Nielitz-Hart & Simon Hart
Den prägnantesten Blickfang Londons mit dem größten Wiedererkennungswert bieten die Houses of Parliament mit dem Uhrenturm Elizabeth Tower und seiner Glocke Big Ben. Der Ort ist bereits seit dem Mittelalter Regierungssitz. Edward the Confessor verlegte 1065 seine Residenz vom alten Stadtkern im Osten in den neuen Palace of Westminster an der Themse und in den darauffolgenden Jahrhunderten wurden immer wieder Anbauten errichtet.
Hier trat der große Rat, „Great Council“, zusammen, der frühe Vorläufer des Parlaments. 1265 versammelte sich zum ersten Mal eine Gruppe rebellischer Barone unter Simon de Monfort. Ab 1295 kamen dann regelmäßig Vertreter der mittleren Stände, Adlige, Kaufleute und Würdenträger, zusammen. Nach 1547 fanden diese Treffen im Chorgestühl der ehemaligen Stephanskirche (s. u.) statt. Hieraus entstanden später die beiden Kammern des Parlaments: House of Lords (Oberhaus) und House of Commons (Unterhaus). Heinrich VIII. verlegte sein Domizil nach Whitehall (S. 14), woraufhin die Palastgebäude nur noch zur Abwicklung von Regierungsgeschäften dienten.
Die Westminster Hall (1097) ist eines der wenigen noch erhaltenen Gebäude des ehemaligen Palastes. Direkt davor steht die Statue des Lordprotektors Oliver Cromwell, der nach dem Bürgerkrieg für eine kurze Zeit anstelle des hingerichteten Charles I. die republikanische Regierung führte.
Ein großer Brand im Jahr 1834 bot Anlass, über ein architektonisch zeitgemäßes Parlamentsgebäude nachzudenken. Charles Barry und Augustus Pugin wurden mit dem Neubau beauftragt, der unter Queen Victoria im Jahr 1840 begann. Es entstand ein Palast der Neogotik, der das Selbstbewusstsein einer starken Nation repräsentierte.
Houses of Parliament
Der heutige Elizabeth Tower war der Glockenturm der ehemaligen Stephanskirche und ist 96,3 m hoch. Das Besondere an ihm ist die Hauptglocke Big Ben aus dem Jahr 1858. Sie läutet jeweils zur vollen Stunde und spielt eine Melodie, die einer Arie aus Händels „Messiah“ nachempfunden ist. Fünf Jahre lang, bis Ende 2022, blieb Big Ben während aufwendiger Restaurierungsarbeiten stumm.
Big Ben mit dem London Eye im Hintergrund
In der Stephanskirche saßen früher die Abgeordneten auf Bänken des Chorgestühls. Bis heute hat das Unterhaus diese Sitzordnung beibehalten, in der sich die Regierungsvertreter und die politische Opposition auf langen Bänken gegenübersitzen. Am Kopfende wacht der Speaker über das Geschehen und ruft zur Ordnung, wenn die Wortgefechte ausufern. Im Oberhaus befindet sich der Thron des Monarchen, von dem aus dieser jedes Jahr nach der Sommerpause in einer formellen Staatszeremonie das Parlament wiedereröffnet. Eine Lobby trennt die beiden Abgeordnetenkammern, zu denen der Zutritt nur den Mitgliedern der jeweiligen Häuser erlaubt ist.
Außerhalb des Gebäudes, vor dem Sovereign’s Entrance, durch den der Monarch das Gebäude betritt, steht der 650 Jahre alte Jewel Tower. Er gehört zum einzig noch erhaltenen Teil der mittelalterlichen Anlage. Dort findet man eine informative Ausstellung über die Geschichte des Palastes.
Info
Hinkommen: U-Bahnstation Westminster, District, Circle oder Jubilee Line. [C4]
Information: Houses of Parliament und Westminster Hall, www.parliament.uk/visiting/visiting-and-tours. 90-minütiger Besuch mit Multimediaguide (Sprache wählbar) i. d. R. samstags 10–16.30 Uhr, genaue Termine und Buchung s. Website. Eintritt £ 25, erm. £ 18, 5–15 Jahre £ 8. Geführte Tour (englisch) zw. 10/10.30–16 Uhr, buchbar online (Eintritt £ 32/£ 26/£ 16).
Jewel Tower, Abingdon St., SWIP 3JX, 0722-22219, www.english-heritage.org.uk/visit/places/jewel-tower. April–Okt. Mi–So 10–17, Nov.–März. Sa/So 10–16 Uhr, Eintritt £ 6,80, erm. £ 5,90, 5–17 Jahre £ 3,60.
Das Regierungsviertel erstreckt sich entlang der Straße „Whitehall“. Vielen Menschen ist vor allem die Adresse Downing Street No. 10, der Sitz des Premierministers, aus den Nachrichten ein Begriff. Schon seit dem 16. Jahrhundert wird von hier aus das Land regiert.
Mit einem Spaziergang beginnt man am besten an der Südseite des Trafalgar Square. Dort steht die Statue von Charles I., der 1649 während des Englischen Bürgerkrieges von Republikanern hingerichtet wurde. Die Statue markiert das offizielle Zentrum Londons, alle Entfernungen innerhalb der Stadt werden von hier aus gemessen. Hoch zu Ross blickt Charles auf die Whitehall in Richtung Banqueting House, wo er sein Leben lassen musste; nach seiner Hinrichtung regierte nie wieder ein Monarch in absolutistischer Weise. Das Denkmal wurde von seinem Sohn Charles II. errichtet, der elf Jahre später zwar die Monarchie wieder einführte, jedoch wurde 1688 in der „Glorious Revolution“ eine konstitutionelle Monarchie erstritten und ein Parlament eingesetzt, das die Macht der Regenten für immer in die Schranken wies.
Wenn man nun die Whitehall hinunterspaziert, gelangt man in den Bereich des ehemaligen Whitehall Palace, nach dem die Straße benannt ist. Henry VIII. (1491–1547) ließ 1530 den Palast erbauen, der mit mehr als 1.500 Sälen zu seiner Zeit einer der größten in Europa war. Er erstreckte sich etwa eine halbe Meile entlang der Themse, die damals die Haupttransportader der Stadt war. Jedes Gebäude des Palastes hatte seinen eigenen Bootssteg mit Fährbetrieb, damit die Bewohner und Besucher des Palastes sich nicht auf den ungepflasterten, unsauberen und überfüllten Straßen bewegen mussten. Leider wurde der Palastkomplex durch ein Feuer im Jahr 1698 zerstört.
Downing Street No. 10: Hier wohnt der Premierminister
Heute befinden sich auf beiden Seiten der Whitehall die Regierungsgebäude mit den wichtigsten staatlichen Ministerien wie dem Finanzamt, dem Verteidigungsministerium und dem Foreign Office. Das einzige noch intakte Gebäude aus den damaligen Palastzeiten ist das Banqueting House auf der linken Seite der Straße (S. 112). Gleich gegenüber befinden sich die Life Guards, die Leibgarde des Monarchen, in der traditionellen roten Uniform. Auf dem Paradegelände hinter dem ehemaligen Eingangstor zum Palast von Westminster wurden einst Wettkämpfe und Turniere ausgetragen. Heute scharen sich Touristen mit Kameras um die Gardekavallerie, vor allem während der Wachablösung um 11 Uhr. Im Household and Cavalry Museum kann man mehr über die Geschichte der berittenen Garde erfahren.
Beliebtes Fotomotiv: die berittenen Life Guards
1732 zog der erste Premierminister Robert Walpole (1676–1745) in die Downing Street No. 10 ein. Seitdem ist diese Tradition ungebrochen. Im Nachbarhaus Nr. 11 wohnt der Finanzminister. Die äußere Fassade täuscht, denn dahinter erstreckt sich ein Gewirr von Räumen, Gängen und Tunneln. Die Gebäude sind unterirdisch miteinander verbunden, sodass die Ministerien und die Houses of Parliament ungesehen erreicht werden können. Nach einem Anschlag 1991 durch die IRA wurde das Gelände großflächig abgeriegelt, sodass man heute nur noch durch einen Zaun in die Straße hineinblicken kann. Die Eingangstür wird meist nur als Hintergrund bei Fototerminen oder Ansprachen genutzt.
Ein Stück weiter die Straße Whitehall hinunter steht der von Edwin Lutyens 1919 entworfene Cenotaph. An dem Sonntag vor oder nach dem 11. November wird an diesem Ehrenmal der Toten des Ersten Weltkrieges und aller nachfolgenden Kriege gedacht. Anstecker in Form einer Mohnblume (Poppy) werden an dem Volkstrauertag verkauft, deren Erlös Hilfsorganisationen für Kriegsgeschädigte erhalten. Am 11. November um 11 Uhr (Zeit der offiziellen Beendigung des Ersten Weltkrieges) wird traditionell eine Schweigeminute abgehalten, an der das ganze Land teilnimmt. Seit 2005 befindet sich ein Stück weiter nördlich das Monument of the Women of World War II, das an die Frauen erinnert, die während des Zweiten Weltkrieges ihrer Nation dienten und dabei oft ihr Leben ließen.
Die Whitehall mündet auf den Vorplatz der Westminster Abbey (S. 46), wo eine Statue den legendären Politiker Winston Churchill zeigt. Über die Westminster Bridge gelangt man von hier aus über die Themse zur South Bank (S. 78).
Info
Hinkommen: U-Bahnstation Charing Cross, Bakerloo und Northern Line. [C3]
Information: Household and Cavalry Museum, Horse Guards Parade, SW1A 2AX, https://householdcavalry.co.uk. April–Okt. tgl. 10–18, Nov.–März tgl. 10–17 Uhr, Eintritt £ 10, erm./5–16 Jahre £ 8.
Der Trafalgar Square ist nicht nur der zentralste Platz Londons, sondern auch ein beliebter Treffpunkt. Überragt wird er von der Nelson’s Column, einer 51,5 m hohen Säule, auf der die Statue von Admiral Horatio Nelson thront. Der Nationalheld errang 1805 in der Seeschlacht von Trafalgar den Sieg über die Spanier und Franzosen.
Bis 1760 befanden sich auf dem Gelände des heutigen Trafalgar Square noch die Great Mews, die Stallungen des königlichen Hofes Whitehall Palace. Zu Beginn des 19. Jh. beauftragte man den Meisterarchitekten der Regency-Periode John Nash (S. 120) mit dem Entwurf eines öffentlichen Platzes für das freigewordene Gelände. Sein heutiges Gesicht entstand jedoch erst ab 1843, als die Nelson’s Column errichtet wurde, 1868 platzierte man die vier Bronzelöwen von Edwin Landseer auf dem Sockel der Säule. Sie sind ein beliebtes Fotomotiv für Touristen.
Nelson’s Column wurde 1843 errichtet und ist weithin zu sehen
Der weitläufige Platz wird gesäumt von vier Podesten, drei davon mit permanenten Denkmälern. Im Nordosten blickt man auf eine Reiterstatue von König George IV. Im Südosten und Südwesten stehen die Statuen der Generäle Charles Napier und Henry Havelock, die in Indien für das British Empire kämpften. Für die Nordwestecke war eine Statue von William IV. vorgesehen, der wie sein Bruder George zu Pferde sitzen sollte. Der Entwurf aus dem Jahr 1841 von Charles Barry wurde aus Geldmangel nie verwirklicht, stattdessen nur das Podest aufgestellt.
Der Sockel blieb leer, bis man mit der Idee, das Podest mit wechselnden Kunstwerken zu besetzen, eine zufriedenstellende Lösung gefunden hatte. Unter der Schirmherrschaft der „Royal Society for the Encouragement of Arts, Manufactures and Commerce“ (RSA) wurden 1998 zum ersten Mal Skulpturen bei den Künstlern Mark Wallinger, Bill Woodrow und Rachel Whiteread in Auftrag gegeben. Das Ergebnis stieß bei der Öffentlichkeit auf so großes Interesse, dass das Konzept beibehalten wurde. Inzwischen ist der sogenannte Fourth Plinth zu einer renommierten Ausstellungsfläche geworden, der die Aufmerksamkeit auf oft kontroverse Kunstwerke lenkt, die jeweils für zwei Jahre im Freiluftmuseum stehen. Hierfür erfolgt jeweils eine Ausschreibung, bei der Künstler Vorschläge einreichen, aus denen ein Komitee den Sieger auswählt. Das Projekt wird von der Stadt London finanziert.
Im Jahr 2009 sorgte die Initiative „One and Other“ für Diskussionen: Der Bildhauer Antony Gormley hatte Bürger eingeladen, Vorschläge für einen Kurzauftritt auf dem Sockel einzureichen. Aus 35.000 Bewerbern wurden 2.400 ausgewählt. Sie konnten jeweils für eine Stunde als menschliche Skulptur ihre Ideen oder sich selbst auf dem Sockel vorstellen. Seit September 2022 steht die Skulptur „Antelope“ des malawischen Konzeptkünstlers Samson Kambalu auf dem Plinth. Sie erinnert an die Kolonialzeit in Südwestafrika, als es Farbigen nicht erlaubt war, in Gegenwart von Weißen einen Hut zu tragen. Aus Protest trug der Baptistenprediger und Freiheitskämpfer John Chilembwe bei einer Zusammenkunft mit dem europäischen Missionar John Chorley sehr wohl einen Hut. Ein Foto dieses Aufeinandertreffens aus dem Jahr 1914 diente Kambalu als Vorlage für sein Werk, das den britischen Kolonialismus kritisch sichtbar macht.
Seit dem Tod Queen Elizabeths II. wird diskutiert, ob ab 2024 ein permanentes Denkmal für die langjährige Monarchin am Trafalgar Square platziert werden soll.
Auf der Ostseite des Platzes kann man eine Kuriosität entdecken: Dort findet sich der unscheinbare Sockel einer Laterne, in dem einst die kleinste Polizeistation Großbritanniens untergebracht war. Durch spaltförmige Öffnungen konnte der Gesetzhüter von seinem Unterstand das Geschehen auf dem Platz beobachten. Heute wird die Box allerdings nur noch als Geräteschuppen genutzt.
Die National Gallery flankiert den Trafalgar Square im Norden
Tipp
St. Martin-in-the-Fields
Die Modelle für die Plinth-Kunstwerke werden in der Kirche St. Martin-in-the-Fields (s. auch S. 119) auf der Ostseite des Trafalgar Square ausgestellt. Dort kann die Bevölkerung ihre Meinung kundtun, die in die endgültige Auswahl einfließt.
Info
Hinkommen: U-Bahnstation Charing Cross, Northern Line oder Bakerloo Line. [C3]
Information:www.london.gov.uk/fourthplinth.
Essen & Trinken: Vista at the Trafalgar, 2 Spring Gardens, Trafalgar Sq., SW1A 2TS, 0787-02900, https://trafalgarstjames.com/the-rooftop. Die Rooftop-Bar des Trafalgar Hotels bietet im Sommer ungeahnte Ausblicke auf den Platz und die Stadt. Mo/Di 16–23, Mi/Do 12–24, Fr/Sa 12–1, So 12–23 Uhr (Reservierung, besonders für den Außenbereich, wird empfohlen, es gilt ein Mindestverzehr von £ 35–50).
George VI. ging als verschwenderischer König in die Geschichte ein. Zu seinen extravaganten Vorhaben zählen viele pompöse Bauprojekte, das größte war der Buckingham Palace.
Auf dem Gelände des heutigen Palastes stand seit 1702 die Residenz des Duke of Buckingham, dessen Familie mit dem Königshaus eng verbunden war. 1762 kaufte George III. das Haus für seine Frau Charlotte von Mecklenburg-Strelitz. Nachdem George IV. die Thronfolge angetreten hatte, beauftragte er 1826 seinen Hofarchitekten John Nash (S. 120) mit dem Ausbau von Buckingham House (umgangssprachlich auch „Bucks House“ genannt) zu einem großen Palast. Auch die Stallungen, Royal Mews, wurden vom Trafalgar Square hierher verlegt.
John Nashs aufwendige Entwürfe trieben die Kosten für den Bau immer weiter in die Höhe. Nach Georges Tod beendete sein Bruder und Nachfolger William IV. daher die Zusammenarbeit mit dem Architekten. Mithilfe von Eward Blore wurde eine abgespeckte Version des Palastes fertiggestellt. Erst Königin Victoria zog 1837 dauerhaft hierher, ließ jedoch nach ihrer Heirat mit Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha die unwohnlichen Räumlichkeiten für die rasch wachsende Familie angemessen umbauen. Trotz der hohen Gestaltungskosten qualmten nämlich die Kamine und der Palast ließ sich schlecht belüften. Ihre Nachfolger nutzten den Palast nur widerwillig als Hauptwohnsitz, dies gilt auch für die verstorbene Monarchin Queen Elizabeth II.
Wenn der König zu Hause ist, wird die Standarte im Buckingham Palace gehisst
Seit September 2022 empfängt König Charles III. hier den Premierminister, der ihn über den Gang der Staatsgeschäfte informiert – so sieht es die Tradition vor. Ist der Monarch im Palast, wird normalerweise die königliche Standarte gehisst und es stehen vier Guards vor dem Tor. Während seiner Abwesenheit weht stattdessen die britische Flagge und es sind nur zwei Guards vor dem Eingang positioniert.
Besucher zieht die eher nüchterne Fassade des Gebäudes vor allem an, weil sie einmal einen Blick auf die königliche Familie erhaschen oder die Wachablösung der Garde beobachten wollen. Auf dem der Mall zugewandten Balkon zeigen sich die „Royals“ aber nur bei besonderen Anlässen wie Jubiläen oder Hochzeiten und winken den Menschenmassen zu, die sich vor dem schmiedeeisernen Tor versammeln.
Bei einer Besichtigung des königlichen Wohnsitzes sind die 19 Staatsräume, in denen Politiker, Botschafter und andere wichtige Persönlichkeiten empfangen werden, der Thronsaal sowie das Musikzimmer geöffnet. In den Staatsräumen befinden sich wertvolle Kunstwerke aus der Sammlung früherer Monarchen. Der Ballsaal ist der größte Raum im Palast, hier werden beispielsweise die Ehrentitel verliehen. Der Rundgang endet im Garten, wo jeden Sommer Partys veranstaltet werden.
Charles III. und seine Frau Camilla nutzen den riesigen Palast vorerst nicht als Zuhause. Stattdessen bewohnt das Paar weiterhin das benachbarte Clarence House und verbringt die restliche Zeit auf Schloss Sandringham in Norfolk und auf Schloss Windsor. In Windsor Castle, das man auch gut auf einem Tagesausflug von London aus besuchen kann, sind in der St. George’s Chapel Queen Elizabeth II. und ihr Ehemann Prinz Philipp beigesetzt.
Info
Hinkommen: U-Bahnstation Victoria Station, Victoria, District und Circle Line. Green Park-Station, Victoria, Jubilee and Piccadilly Line. Hyde Park Corner, Piccadilly Line. [C3/4]
Information: Buckingham Palace, 0303-1237300, www.rct.uk/visit/buckingham-palace. Mitte Juli–Aug. 9.30–19.30, Sept. 9.30–18.30 Uhr, im Sommer bleiben die State Rooms Di/Mi geschl. Eintritt £ 30, 18–24 Jahre £ 19,50, erm./5–17 Jahre £ 16,50 (Online-Preise, vor Ort £ 2–3 teurer). Von Nov.–Feb. werden exklusive Führungen angeboten Fr/Sa/So (£ 90).
Changing the Guard: Mo, Mi, Fr, So um 11 Uhr findet vor dem Palast die Wachablösung der königlichen Leibgarde statt. Mai–Juli tgl. www.changing-the-guard.com.
Schloss Windsor: Windsor, Berkshire, SL4 1NJ, 0303-1237304, www.rct.uk/visit/windsor-castle. Anreise: Windsor and Eton Central/Windsor and Eton Riverside – mit dem Zug von Bahnhof Paddington, 32 Min. März–Okt. 10–17.15, Nov.–Feb. Do–Mo 10–16.15 Uhr, Eintritt £ 28, 18–24 Jahre £ 18, erm./5–17 Jahre £ 15,50. Vor Ort sind die Tickets £ 1–2 teurer.
Leuchtreklamen gab es am Piccadilly Circus bereits ab 1908. Seit 2020 funkt dem Kommerz regelmäßig ein Kunstprojekt dazwischen: jeden Abend um 20.22 Uhr pausiert die Werbung für drei Minuten. Internationale Künstler zeigen in dieser Zeit auf dem Billboard Kunstwerke, Performances und Videos. Kuratiert wird die Initiative vom Cultural Institute of Radical Contemporary Art (CIRCA), die in anderen Ländern ähnliche Projekte organisiert.
Die Straßenkreuzung Piccadilly Circus entstand im Jahr 1819 als Verbindungsstück der damals im Bau befindlichen eleganten Regent Street (S. 121) und der Straße Piccadilly. Die Geschichte des Viertels reicht allerdings viel weiter zurück und ist verknüpft mit der Erfolgsgeschichte einer Manufaktur, die Robert Baker 1612 eröffnete: Spitzenkragen, sogenannte „piccadills“, waren damals ein modisches Accessoire und wurden über die Kleidung am Nacken festgebunden. Bereits ab 1743 hatte sich der Name Piccadilly für die Gegend eingebürgert. Bald schon siedelten sich Gasthäuser, Geschäfte und kurzzeitig auch Buchhändler an. Als Relikt dieser Zeit findet man heute den ältesten Buchladen Londons samt historischer Holzfront in der Piccadilly Nr. 187. Schon im Jahr 1797 eröffnete John Hatchard die heute als Hatchards bekannte Buchhandlung.
Auf dem Circus herrscht immer reges Treiben
Der Shaftesbury Memorial Fountain von 1893 mit der Statue eines geflügelten Engels, die den Gott Anteros darstellt, erinnert an den Sozialreformer Anthony Ashley-Cooper, den 7. Earl of Shaftesbury. Im Jahr 1833 verfasste er den Ten Hours Act, den ersten Gesetzesentwurf zur Einschränkung von Kinderarbeit. Damit sollte die Arbeitszeit von unter Achtzehnjährigen auf zehn Stunden pro Tag begrenzt werden. Durch Coopers unermüdlichen Einsatz wurde das Gesetz 1847 verabschiedet. Cooper stritt auch für die Rechte von Minenarbeitern und war 1844 Mitbegründer der „Ragged schools“, die Straßenkindern den Schulbesuch ermöglichten.
Piccadilly Circus gilt als Achse von West End: In Richtung Nordosten führt die Shaftesbury Avenue ins sogenannte Theatreland von London. Hier reihen sich große Musical-, aber auch Sprechtheater aneinander mit Dauerbrennern und neuen Produktionen. Einige der Schauspielhäuser haben eine lange Historie wie das Apollo Theatre aus dem Jahr 1901, das Sondheim Theatre (ehemals Queen’s Theatre, 1907) oder das Gielgud Theatre (1906). Auch in den Seitenstraßen verstecken sich viele Bühnen wie das Harold Pinter Theatre oder der Comedy Store in der Oxendon Street (S. 208). In Richtung Süden findet man das alteingesessene Theatre Royal Haymarket und weitere entlang der Straße Haymarket. Der Name verweist auf die Tastsache, dass früher die Droschkenkutscher dort das Heu für ihre Pferde einkauften.
Das Londoner West End: geballtes Angebot an Musicals und Theatern im Theatreland rund um die Shaftesbury Avenue
Orientiert man sich vom Piccadilly Circus stattdessen auf der Coventry Street in Richtung Osten, gelangt man zum Leicester Square. Dort haben die großen Premierenkinos ihren Sitz, regelmäßig laufen die Stars der Blockbuster über den roten Teppich. Hier gibt es auch einen Kiosk, an dem man verbilligte Theatertickets für Musicals und andere Stücke ergattern kann (s. u.). Rund um die Grünanlage im Zentrum des immer geschäftigen Leicester Square tummeln sich etliche Skulpturen, die an Film- und Fernsehhelden erinnern. Zu entdecken sind u. a. Charlie Chaplin, Mary Poppins, Mr. Bean, Harry Potter oder Paddington Bär. Auf einem Springbrunnen thront William Shakespeare über allem.
Info
Hinkommen: U-Bahnstation Piccadilly Circus oder Leicester Square, Piccadilly Line. [C3]
Informationen: TKTS, Theatre Tickets, Leicester Sq., WC2H 7DE, 0207-5576700, https://officiallondontheatre.com/tkts. Mo–Sa 10.30–18, So 12–16.30 Uhr. Hier kommt man oft an verbilligte Restkarten für die Shows. Viele Theater bieten außerdem Matinée-Vorstellungen an, die meist nicht ausverkauft sind.
Hatchards, 187 Piccadilly, W1J 9LE, 0207-4399921, www.hatchards.co.uk. Mo–Sa 9.30–20, So 12–17 Uhr. Der älteste Buchladen Londons.
In den restaurierten Markthallen von Covent Garden findet man einen bunten Mix aus Mode, Accessoires und Kunsthandwerk im Apple Market sowie Antiquitäten und Nippes im benachbarten Jubilee Market. Fast ununterbrochen bieten Straßenkünstler Akrobatik oder Musik dar. Auch das London Transport Museum (S. 189) ist hier ansässig.
Die Geschichte von Covent Garden begann 1630 mit dem Auftrag des 4. Earl of Bedford, Francis Russell, an den Architekten Inigo Jones, ein neues Wohnviertel anzulegen. Inigo Jones (1573–1652) gestaltete eine italienische Piazza – umgeben von einem rasterartigen Straßenverlauf mit eleganten Häuserterrassen. Die St. Paul’s Church mit dem Säulen-Portikus am Eingang entwarf Jones 1633 in Anlehnung an die toskanische Bauweise. Der Baumeister war ein Pionier des palladianischen Stils, einem Vorläufer des Klassizismus. Sein Entwurf für Covent Garden wurde später zur Blaupause für andere Stadtviertel.
St. Paul’s ist als sogenannte Actor’s Church bekannt, denn sie wurde von vielen Darstellern frequentiert. Zahlreiche Gedenksteine im Inneren erinnern an bekannte Namen der britischen Schauspielgeschichte. In Covent Garden soll zudem die erste Vorstellung des britischen Kasperletheaters Punch and Judy stattgefunden haben. Der Londoner Chronist Samuel Pepys berichtet in seinen Tagebüchern, er habe 1662 unter dem Portikus der Kirche ein solches, von italienischen Puppenspielern veranstaltetes Spiel gesehen. Tatsächlich eignet sich der Portikus perfekt als überdachte Bühne und wird auch gerne von Straßenkünstlern genutzt.
Covent Garden ist ein Eldorado für Straßenkünstler
Für Markthändler war die offene Piazza attraktiv. Kaffeehäuser und Kneipen öffneten in der Nachbarschaft. Bald zog Prostitution ein und im 18. Jh. war Covent Garden zum Rotlichtbezirk verkommen. Zu dieser Zeit hatten die reichen Bewohner das Viertel längst verlassen. 1830 entstand die zentrale Markthalle für den Grün- und Blumenmarkt, der Mitte des 20. Jh. nach Nine Elms umzog. Die aufwendige Restauration der großen Halle in den 1980er-Jahren lockte Geschäfte und Restaurants zum Einzug – die Touristen folgten.
An der Peripherie des Theatreland (S. 21) gelegen, findet man auch rund um Covent Garden bekannte Schauspielhäuser: Das Theatre Royal in der Drury Lane entstand bereits 1663. Unter James I. hieß es „King’s Playhouse“, bis unter den Puritanern das Theaterspielen ganz verboten wurde. Erst Charles II. belebte das Kunstgewerbe wieder. Leider brannte das Gebäude 1809 nieder und wurde erst 1812 wieder aufgebaut. Heute gehört es, wie so viele andere Musicaltheater, zu Andrew Lloyd Webbers’ „The Really Useful Group“. Im Jahr 1732 entstand das heute führende Opernhaus Londons, das Royal Opera House, dessen Musikdirektor Georg Friedrich Händel (S. 44) zahlreiche seiner Werke hier uraufführte. Auch dieser Bau blieb nicht von Bränden verschont und erfuhr viele Umbauten. Bis heute sind die „Royal Opera“ und das „Royal Ballet“ dort beheimatet. Westlich von Covent Garden zeigt das St. Martin’s Theatre bereits seit 1974 The Mousetrap, „Die Mausefalle“, von Agatha Christie. Obwohl das Stück davon lebt, dass man die Identität des Mörders nicht kennt, ist die Faszination der Besucher selbst nach Jahrzehnten der Entlarvungen des Schurken ungebrochen.
Antiquitäten und Allerlei gibt es auf dem Jubilee Market
Tipp
Neal’s Yard
Wer dem geschäftigen Treiben am Covent Garden entkommen möchte, wandert nordwärts auf der Monmouth Street, die in den Kreisverkehr Seven Dials mündet, von dem sieben Straßen abzweigen. In Richtung Nordosten erstreckt sich das als Neal’s Yard bekannte Gassengewirr mit bunt angemalten Häusern und alternativen Geschäften, wo man neben Biokosmetik und veganer Gastronomie ausgefallene Boutiquen entdecken kann.
Info
Hinkommen: U-Bahnstation Covent Garden, Piccadilly Line. [C3]
Information: Covent Garden (6a), WC2, www.coventgarden.london.
St. Paul’s Church (6b), Bedford St., WC2E 9ED, 0207-8365221, https://actorschurch.org. Mo–Fr 8.30–17.30, So 9–13 Uhr, Sa geschl.
Die Londoner Chinatown ist eine einzigartige Enklave asiatischer Kultur, eingebettet zwischen der Shaftesbury Avenue und der Coventry Street, wohlhabenden Innenstadtvierteln des West End und den Seitenstraßen von Soho mit seinen einst berüchtigten Nachtclubs. Das chinesische Flair etablierte sich erst in den 1950er-Jahren, vorher lebten hier Hugenotten, Malteser und Italiener.
Rund um die Gerrard Street in Soho reihen sich Cafés und Restaurants aneinander. Längst hat sich die gastronomische Auswahl an traditionell chinesischer Küche um mongolische, japanische oder koreanische Lokale und ein großes veganes Angebot erweitert. Ihre Spezialitäten sollte man unbedingt probieren. Daneben gibt es asiatische Supermärkte, Eismanufakturen und Bäckereien mit farbenfrohen Torten.
Die ursprüngliche Chinatown Londons lag im Osten in den Docklands bei Limehouse (S. 138). Zuerst ließen sich dort chinesische Seeleute nieder, die auf den Schiffen der „East India Company“ arbeiteten und als Berater und Navigatoren in den unbekannten Gewässern des Fernen Ostens fungierten. Nachdem Hongkong 1843 unter britische Herrschaft gelangte, kam es zu einer Einwanderungswelle.
Limehouse hatte keinen guten Ruf. Hier gab es Opiumhöhlen, in denen Bohemiens der Droge verfielen. Dies ging wiederum Hand in Hand mit zunehmender Kriminalität. Besonders bekannt war der Stadtteil jedoch für seine Wäschereien, die „Limehouse Laundries“, eine Dienstleistung, auf die sich die Chinesen spezialisiert hatten. Während der Luftangriffe („The Blitz“) im Zweiten Weltkrieg 1939 wurde dieser Teil der Docklands großflächig zerstört.
Die aus dem Zweiten Weltkrieg heimgekehrten Briten hatten die asiatische Küche im Fernen Osten schätzen gelernt. Die wachsende Nachfrage führte zu mehr und mehr chinesischen Restaurants in West End rund um die Lisle Street und die Gerrard Street.
Girlanden von roten Papierlaternen zieren Chinatown
In den 1950er-Jahren entwickelte sich Soho allmählich zu einem Dreh- und Angelpunkt der Film- und Musikszene, aber auch zu einem Drogenumschlagplatz mit hoher Kriminalität, Glücksspiel und Prostitution. In den Jazzclubs trafen sich die Beatniks, und in Rock’n’Roll-Clubs tanzte man die Nächte durch. Damit einher gingen allerdings auch niedrige Mieten, was den asiatischen Geschäftsleuten zugute kam. Es dauerte rund 30 Jahre, bis die Gemeinschaft so etabliert war, dass die chinesischen Eingangstore in den 1980er-Jahren zum Bezirk aufgestellt wurden. Heute ziehen sich Girlanden von roten Papierlaternen quer über die Straßen.
Dim Sum serviert ein Potpourri chinesischer Spezialitäten
Stetig bauten die Chinesen ihre kleine Gemeinschaft aus und neben der Gastronomie entwickelte sich eine Kulturszene. So entstanden Kinos, die chinesische Filme zeigen, und man feiert im Januar oder Februar das chinesische Neujahr mit bunten Paraden. Besucher nehmen nur einen kleinen Teil des geschäftigen Treibens wahr, der hinter den Fassaden in den verwinkelten Hinterhöfen und Kellern vor sich geht. Inzwischen verdrängen leider mehr und mehr Wettshops die traditionelleren Läden mit chinesischem Nippes, die besonders für Touristen ihren Reiz hatten.
Dim Sum: Beim sonntäglichen Mittagessen, dem „Dim Sum“, bestellt man viele kleine Häppchen von der Speisekarte, die man dann mit der Familie teilt, darunter Nudeln, Fisch und Frittiertes.
Info
Hinkommen: U-Bahnstation Leicester Sq., Northern oder Piccadilly Line. U-Bahn Piccadilly Circus, Piccadilly oder Bakerloo Line. [C3]
Information:https://chinatown.co.uk/en.
Essen & Trinken: Lucky Foods, 14, Gerrard St., W1D5PT. Tgl. 11–22 Uhr. Einmal probieren sollte man die exotisch anmutenden asiatischen süßen oder salzigen Snacks wie Pocky, die süßen Keks-Sticks aus Japan, oder koreanische Turtle Chips mit verschiedenen Geschmacksrichtungen.
Dumplings’ Legend, 15–16 Gerrard St., W1D 6JE, 0749-41200. Mo–Do 11.30–23, Fr/Sa 11.30–3, So 11.30–22 Uhr. Dieses Restaurant mit offener Küche offeriert eine große Speisekarte. Zu den Spezialitäten gehören chinesische Dampfklöße, „Dumplings“, die mit verschiedenen Einlagen gefüllt sind.
Shu Xiang Ge Hot Pot, 10 Gerrard St., W1D 6JS, 0744-5366666. Tgl. 12–22 Uhr. Hier wird der szechuanische Feuertopf serviert: Die Gäste sitzen rund um eine köchelnde Brühe (hot pot), in der die Zutaten garen.
Es gibt kaum eine Straße in London, die eine so mannigfaltige Geschichte und multikulturelle Entwicklung aufweist wie die Brick Lane. Sie grenzt an drei wichtige Bezirke des East End: Whitechapel, Spitalfields und Bethnal Green. Der Name rührt von alten Ziegeleien her, die die Ziegelsteine (bricks) brannten, mit denen London nach dem Großen Brand von 1666 wieder aufgebaut wurde. Als die Stadt sich auszudehnen begann, wurden die Brennöfen nach und nach durch Wohnhäuser ersetzt, zunächst im Süden, dann im Norden der Straße.
Diverse Wellen von Immigranten prägten die Gegend: Auf die Hugenotten Ende des 17. Jh. folgten im 19. Jh. irische und Anfang des 20. Jh. jüdische Flüchtlinge. Im 20. Jh. zogen dann vermehrt Einwanderer aus Indien, Pakistan und Bangladesch hierher, sodass das Viertel bis heute den Beinamen „Banglatown“ trägt. Der südliche Teil der Straße ist bekannt für seine Curry Houses, denn die asiatische Küche gehört auf jeden britischen Speiseplan. Ursprünglich kochten wenige Restaurants für bengalische Seeleute. Proportional zum Wachstum der Einwohnergemeinschaft nahmen die Etablissements jedoch zu, sodass man die Brick Lane als „Curry Lane“ Großbritanniens, also die Curry-Hauptstraße des Landes bezeichnet.
Zwar hat man sich dem westeuropäischen Geschmack angepasst und die Speisen sind nicht ganz so scharf gewürzt wie in Indien oder Bangladesh. Wer noch nie ein Curry gegessen hat, sollte dennoch die Madras- oder Vindaloo-Variante meiden, die zu den schärfsten Gerichten gehören.
Jedes Jahr Ende Mai feiern die Bangladescher das farbenfrohe „Pohela Boishakh“ (engl. Boishakhi Mela, S. 238), die bengalische Neujahrsfeier, mit einer Straßenparade, Tanzvorführungen und anderer kultureller und musikalischer Unterhaltung rund um das Mile End Stadium im Osten Hackneys.
Tür an Tür: asiatische Küche in der Brick Lane
Einige Gebäude entlang der Brick Lane hatten im Laufe der Jahrhunderte die verschiedensten Funktionen inne. An der Ecke zur Fournier Street steht zum Beispiel die Brick Lane Jamme Masjid – die Große Londoner Moschee. Sie wurde im Jahr 1742 als eine Hugenottenkirche erbaut und im 19. Jh. zur bedeutendsten Synagoge in Spitalfields, bevor die Juden hier wegzogen und die Muslime aus Bangladesch 1976 ihr Gotteshaus einrichteten.
Weiter nördlich, nahe der Truman Brewery (S. 200), ändert sich das Flair, die Brick Lane sowie ihre Seitenstraßen sind gespickt mit Hipster-Boutiquen und Vintage-Läden.
Tipp
Immigrationsgeschichte hautnah erleben
Den Erfahrungen der Einwanderer kann man in gleich zwei Museen nachspüren. Das Haus in der 19 Princelet Street aus dem Jahr 1719 war einst die Heimat von Hugenotten, die hier eine Seidenweberei betrieben. Später war es eine Werkstatt und dann entstand im Garten eine Synagoge. Die Ausstellung betrachtet die Einwanderungswellen aus der Sicht von Kindern.
19 Princelet Street, E1 6QH, 0724-75352, www.19princeletstreet.org.uk. Zweimal im Sommer gibt es einen Tag der offenen Tür (aktuelle Termine unter: www.facebook.com/19PrinceletStreet, Eintritt frei), ansonsten nur als Gruppenbesuch (auf Spendenbasis) nach Voranmeldung.
Im Dennis Severs’ House in der Folgate Street erfahren Besucher, wie wohlhabende Seidenhändler des East End im 18. Jh. gelebt haben mögen. Der kanadische Künstler und Literat Dennis Severs (1948–1999) verwandelte ein Anwesen aus dem Jahr 1724 mit zehn Zimmern in den Lebensraum der fiktiven Hugenotten-Familie Jervis. In den Räumen findet man Spuren der vermeintlichen Bewohner, wie ein ungemachtes Bett, einen Topf mit Suppe etc. Das Ganze wird durch eine dezente Geräuschkulisse untermalt. Fast gruselig sind die abendlichen Führungen bei Kerzenlicht.
Dennis Severs’ House, 18 Folgate St., E1 6BX, 0207-2474013, https://dennissevershouse.co.uk. Do–So 12–16 Uhr, verlängerte Öffnungszeiten während der Weihnachtszeit, Touren von £ 15–£ 75, Vorausbuchung notwendig.
Info
Hinkommen: U-Bahnstation Aldgate East, District Line/Hammersmith & Circle Line. [E2/3]
Essen & Trinken: City Spice, 138 Brick Ln., E1 6RU, 0207-2471012, https://cityspice.co. Mo–Mi 15–23.30, Do–So 12–23.30 Uhr. Hier kocht Chef Niaz indisch-bengalische „Fusions“-Küche mit einer großen Auswahl an Gemüsen und veganen Gerichten. Auf Anfrage serviert er gerne ein sehr scharfes Curry. Wenn jemand es tatsächlich ganz verzehrt, werden die Einnahmen für karitative Zwecke gespendet.
An vielen Orten in London, zum Beispiel im East End, in Stamford Hill oder im entlegenen Nordwesten der Stadt, trifft man auf jüdisches Leben, denn seine Geschichte reicht weit zurück.
Jüdische Einwanderung hatte es seit 1066 gegeben, aber Edward I. verbannte die Juden im Jahr 1278. Erst nach und nach kamen wieder jüdische Siedler ins Land, die mehr oder weniger geduldet wurden. Ab der Mitte des 19. Jh. mehrten sich im Zuge des erstarkenden Antisemitismus in Europa Einwanderungswellen nach Großbritannien. Gegen Ende des Jahrhunderts reisten zahlreiche aschkenasische Juden aus Osteuropa ein. Wie so viele Zugewanderte, fanden auch viele Juden zunächst in den beengten Verhältnissen des East End ein Unterkommen. Rund um die Petticoat Lane (S. 168) bildete sich schnell ein Zentrum mit Gewerben wie Schneiderei, Schuhmacherei, Zigarrenfertigung oder Diamantenschleiferei. Religiöser Mittelpunkt waren dort zum Beispiel die Sandys-Row-Synagoge am Nordwestende der Middlesex Road und die Bevis-Marks-Synagoge in Aldgate.
Zwischen der Reichspogromnacht am 9. November 1938 und dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 suchten etwa 80.000 deutsche Juden in Großbritannien Zuflucht vor Verfolgung durch die Nazis. Sie siedelten sich vor allem im nordwestlichen Bezirk von Golders Green an. Heute lebt in dem grünen Vorortviertel eine der größten Gemeinden orthodoxer Juden im Königreich. Die zentrale Straße in Golders Green ist die Finchley Road, auf der man viele koschere Shops und Restaurants findet.
Jüdisches London – das alte East End
Die Geschichte des Viertels begann in der benachbarten Planstadt „Hampstead Garden Suburb“ im Norden und Westen der Hampstead Heath (S. 226). Rund um die Hoop Lane verwirklichten Anfang des 20. Jh. die christlich-sozialen Wohltäter Henrietta Barnett (1851–1936) und Samuel Barnett (1844–1913) ihre Idee einer Musterstadt. Das Ehepaar hatte sich zuerst in Whitechapel, im East End engagiert, wo sie sich um Arme und Ausgestoßene bemühten. Zum dortigen Bildungsprogramm für Erwachsene gehörte auch die Öffnung der Kunstgalerie Whitechapel Gallery (S. 66). In der Gartenvorstadt sollten unterschiedliche soziale Gruppen vereint werden. Stattdessen wurde die Vorstadt schnell zu einer Enklave von besser gestellten Bürgern, denn sie bot eine Heimat im Grünen, weit weg von der schlechten Luft und den beengten Verhältnissen der Innenstadt. Außerdem war Golders Green ab 1907 an die U-Bahn angebunden.
Heute wird die Musterstadt von einem Trust verwaltet und Änderungen an den Bauten sind streng reguliert, um den ursprünglichen Charakter möglichst zu bewahren.
Gegenüber dem jüdischen Friedhof in Golders Green in der Hoop Lane befindet sich das Golders Green Crematorium and Mausoleum, wo seit 1902 viele berühmte Persönlichkeiten beigesetzt wurden. Die Spanne reicht von Literaten wie Doris Lessing, Enid Blyton, „Dracula“-Autor Bram Stoker über Sigmund Freud (S. 227), die russische Primaballerina Anna Pavlova, Glam-Rock-Star Marc Bolan von der Gruppe T. Rex (S. 156), Keith Moon, Drummer der Rockband The Who, bis zu Ronnie Scott, Jazz-Musiker und Gründer des gleichnamigen Jazzclubs.
Tipp
Battle of Cable Street