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Wegen ihrer schlechten Französisch-Note wird Sophie für die ganzen Osterferien nach Frankreich geschickt. Ein Glück, dass ihre Gastschwester Elodie genauso fußballbegeistert ist wie sie und sie mit zum Training nimmt! Die Mädchen vom AS St. Martin sind eine starke Mannschaft, aber Sophie hält gut mit. Als sie die Heimreise antritt, hat sie als Überraschung für ihre Freundinnen eine Einladung zum Turnier des AS in der Tasche. Ein verlängertes Wochenende mit der ganzen Mannschaft in Frankreich - kann es einen besseren Saisonabschluss geben, eine schönere Abschiedsvorstellung für die fünf Kameradinnen, die jetzt zu den Damen wechseln müssen? Aber es ist auch eine große Herausforderung, denn das Teilnehmerfeld des Turniers ist stark besetzt, und keine andere Mannschaft hat so junge Spielerinnen dabei wie Sophies. Sophie und ihre Freundinnen müssen die ersten Rückschläge schnell wegstecken und sich zurückkämpfen, sonst ist für sie das Turnier vorbei, noch ehe es richtig begonnen hat.
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Seitenzahl: 94
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Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Leseprobe Band 1: 11 laufen trotzdem auf
Leseprobe Band 2: 11 springen in die Bresche
Über die 11er-Reihe
Impressum
Meine Leistungen in Französisch lassen in diesem Schuljahr stark zu wünschen übrig. Ich stehe noch über dem Strich, und ich glaube nicht, dass ich bis zum Sommer noch auf eine Fünf abrutschen werde, aber zufriedenstellend ist eine Vier natürlich auch nicht.
Mama und Papa haben sich gewundert, als sie das Halbjahreszeugnis gesehen haben. Seit ich in der Siebten mit Franze angefangen hab, hab ich eigentlich immer auf einer Zwei gestanden, und jetzt gleich zwei Noten runter? Dass die Arbeiten nicht mehr so toll waren, haben Mama und Papa natürlich auch gesehen, aber das war immerhin mit zwei Dreien und zwei Vieren noch dazwischen. Natürlich haben sie erwartet, dass ich mit dem Mündlichen noch auf eine Drei komme, aber da war Frau Kuhmann vor, bei der ich seit Anfang des Schuljahres Franze hab. Die ist echt die schlechteste Lehrerin, die ich je gehabt hab: Meistens gehetzt, sie spricht wie ein Leierkasten, und der letzte, der sie hat lächeln sehen, muss schon lange tot sein. Ich versuch ja aufzupassen, aber den monotonen Monologen kann ich einfach nicht mehr als zwei Minuten zuhören, ohne dass meine Gedanken auf Wanderschaft gehen. So ist an eine gute mündliche Note natürlich nicht zu denken.
Mama und Papa haben wohl irgendwo Verständnis, aber keinen echten Rat. Frau Kuhmann einen Schubs geben zu wollen, damit sie mal gescheiten Unterricht macht, ist zwecklos; die geht in zwei Jahren in Pension und wird sich bestimmt nicht mehr ändern. Also muss ich mich irgendwie aufraffen, aber wie, zum Henker? Stellt die Kuhmann in eine Massenschlägerei mit hundert Leuten, und ich garantiere euch, in zwei Minuten hat sie alle in den Schlaf geleiert!
Das Ende vom Lied ist, dass ich meine Osterferien abhaken kann. Meine Eltern halten die Lösung, mich zum Schüleraustausch nach Frankreich zu schicken, für naheliegend. Ich halte es eher für eine Verzweiflungstat, die nichts, aber auch gar nichts bringen wird. Ich bin ja schließlich nicht zu blöd, um den Stoff zu lernen, ich kann mich bloß nicht motivieren, und daran werden zwei Wochen in Frankreich nichts ändern.
Doch die Entscheidung ist unumstößlich, Widerstand zwecklos. Mama und Papa waren sich schnell einig, und dann hat meine Tante ihnen auch noch erzählt, wie toll doch meine Cousine Beatrix letzten Sommer die drei Wochen in England gefunden hat, und wie viel besser danach ihre Englischnote geworden ist. Dabei hat Bea hauptsächlich ausgenutzt, dass sie außer Reichweite ihrer Mutter, die sie nur ungern abends weglässt, schön Party machen konnte, und den Sprachkurs am Vormittag so gut wie möglich vermieden. Dass ihre Englischnote trotzdem besser geworden ist, liegt schlicht daran, dass sie im neuen Schuljahr eine andere Lehrerin gekriegt hat, die weniger streng benotet.
Aber das behalte ich lieber für mich. Erstens will ich Bea nicht in die Pfanne hauen, und zweitens könnte ich mir damit auch ein Eigentor schießen. So streng wie Beas Mutter sind meine Eltern zwar nicht, aber wenn sie hören, was da abgegangen ist, könnten sie doch kalte Füße kriegen. Entweder stellen sie mir eine Gouvernante auf die Füße, die auch das letzte bisschen Spaß noch verbietet, oder sie blasen den Austausch ab und ich darf mich dafür bis zum Sommer mit einer vertrockneten Nachhilfelehrerin abgeben.
Wenigstens kann ich durchsetzen, dass ich mein Französisch nur in der praktischen Anwendung trainieren muss. Dass ich zu allem Überfluss auch noch jeden Vormittag in eine Sprachschule muss, so als hätte ich gar keine Ferien, kann ich zum Glück abbiegen. Ich muss nicht mal lange diskutieren dafür, meine Eltern sehen wohl ein, dass sie damit meine Abneigung gegen Frau Kuhmann und ihren Unterricht nur noch verstärken würden.
Damit eine passende Gastfamilie für mich gefunden werden kann, muss ich einen langen Fragebogen ausfüllen. Ich brauche fast eine halbe Stunde dafür, Name, Alter, Geschlecht, Hobbys, Einschränkungen beim Essen, Früh- oder Spätaufsteher... Nicht immer erschließt sich mir auf Anhieb, wozu die Antwort gut sein soll, und bei einigen Fragen bin ich mir auch nicht sicher, ob sie so gemeint sind, wie ich sie verstehe.
Nachdem ich den Fragebogen abgeschickt habe, heißt es warten, es wird wohl eine Weile dauern, bis ich erfahre, wohin ich komme. Die Organisation, bei der meine Eltern mich angemeldet haben, vermittelt ihre Kunden nach ganz Frankreich, und ich hab das Feld, wo man seine Wunschstadt oder -region angeben konnte, bewusst freigelassen. Wenn die Gastfamilie nicht passt, dann nutzt mir die schönste Landschaft nichts, deshalb will ich da nichts einschränken.
***
Es dauert bis Mitte Februar, ehe ich erfahre, was – beziehungsweise wer – mich in den Osterferien erwartet. Ich komme von der Schule nach Hause und finde auf dem Küchentisch einen Brief aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Nancy. Die Absenderin heißt Elodie Maréchal und ist knapp sechzehn. Was sie schreibt, hört sich nett an, und das beigelegte Foto zeigt ein dünnes, aber hoch aufgeschossenes Mädchen mit Brille und braunem Haar, das fast bis zum Po reicht. Sieht so aus, als könnte man mit ihr auskommen, und ich freue mich, als ich lese, dass sie wie ich im Fußballverein ist.
Verfasst ist der Brief auf Deutsch, denn Elodie lernt die Sprache seit fast vier Jahren in der Schule, also länger als ich Französisch. Ich schreibe natürlich auf Französisch zurück, und der Brief geht mir flott von der Hand. Was ich bei Frau Kuhmanns Vorgängerin gelernt habe, ist immer noch da, und dass ich am Anfang nicht genau weiß, was ich überhaupt schreiben soll, hält mich viel mehr auf als die Suche nach einer Handvoll fehlender Vokabeln.
Meine Eltern sehen nicht sehr glücklich aus, als ich ihnen erzähle, wer meine Gastfamilie ist. Sie freuen sich zwar, dass die Organisation offensichtlich eine gute Gastgeberin für mich gefunden hat, machen sich aber Sorgen, ob der Austausch so die gewünschte Wirkung hat. Sie hatten gehofft, dass ich irgendwo nach Paris kommen würde, wo das gesprochene Französisch näher an meinem Schulfranzösisch ist, und in eine Gastfamilie, in der niemand Deutsch spricht, damit ich mich nicht doch irgendwie ohne Französisch durchmogeln kann.
Beim nächsten Training frage ich meine Trainerin, was ich machen muss, um während der Ferien bei Elodies Mannschaft mittrainieren zu dürfen. Elodie hat geschrieben, dass sie mich gern mit zum Training nehmen würde, und wenn ich dann nur zuschauen dürfte, dann würde ich kaputtgehen. Elena wird mir keine Steine in den Weg legen, sie kennt mich schließlich, seit ich nach meiner E-Jugend-Zeit in die Mädchenmannschaft gekommen bin, und weiß, was sie mir damit antun würde. Allerdings ist sie für den Moment überfragt, das ist nicht der Standardfall, wo jemand mal eine Freundin mit zum Training bringt, deshalb kann sie mir so spontan auch nicht sagen, ob eine schriftliche Erlaubnis von ihr oder vom Jugendvorstand überhaupt ausreicht. Wenn ich Pech hab, dann muss das über den DFB gehen, dann kann ich das gleich vergessen; das wäre ein Weg durch etliche Mühlen, die viel zu langsam mahlen, als dass die Genehmigung noch rechtzeitig kommen würde.
***
Der nächste Brief von Elodie lässt nicht lange auf sich warten, und er ist deutlich dicker und schwerer als der erste, weil Elodie einen ganzen Packen Fotos dazugelegt hat. Die Mühe, die sie sich macht, ist echt Wahnsinn, und ihr Deutsch auch. Auf drei Seiten hat sie vielleicht ein Dutzend leichte Fehler, und sie traut sich sogar an Wortspiele, die ich mir auf Französisch im Leben nicht zutrauen würde. Über ihre Familie schreibt sie zum Beispiel, dass sie zusammengerechnet zwei Schwestern hat, nämlich eine ganze Schwester und zwei Halbschwestern.
Auf den Fotos hätte ich nicht erkannt, dass die beiden Jüngsten einen anderen Vater haben als Elodie und die einzige „ganze“ Schwester. Das Familienportrait zeigt eine Reihe, die von rechts nach links immer jünger wird, und alle kommen ohne jeden Zweifel voll auf die Mutter, die jeweiligen Väter machen sich äußerlich überhaupt nicht bemerkbar. Der Abstand beträgt immer hübsch gute zwei Jahre, Marine wird dreizehn, während ich da bin, Charlotte ist zehneinhalb und Lucille acht. Elodies Schwestern machen einen netten Eindruck, so weit ich das eben anhand der Fotos beurteilen kann, und das gilt auch für die Eltern. Madame Maréchal ist genauso dünn wie die Mädels und wirkt auf dem Foto viel zu jung für eine fünfzehnjährige Tochter; Elodie schreibt zwar, dass ihre Mutter siebenunddreißig ist, aber wenn ich nach dem Foto hätte schätzen müssen, dann hätte ich eher Anfang dreißig gesagt. Ihr Mann, der Vater von Charlotte und Lucille, ist ein paar Jahre älter, auch ziemlich schlank und optisch schon dadurch das auffälligste Familienmitglied, dass er im Gegensatz zu seinen fünf Frauen strohblond ist. Elodie mag ihn gern, das klingt deutlich zwischen den Zeilen heraus, er ist ganz bestimmt nicht der berüchtigte böse Stiefvater. Ihren leiblichen Vater erwähnt sie dagegen nicht, er scheint in ihrem Leben keine Rolle mehr zu spielen, die ein oder zwei Sätze wert wäre.
Umso mehr schreibt sie über ihre Fußballmannschaft, und natürlich ist bei den Bildern auch ein Mannschaftsfoto. Dass die Truppe Dritter in der höchsten lokalen Liga ist und im Pokal im Halbfinale steht, glaube ich gerne, wenn ich mir ansehe, was für Brecher die aufbieten können. Da sind mehrere ganz schön Große und Kräftige bei, und eine der beiden Torhüterinnen sieht ganz so aus, als könnte sie ohne zu springen Flanken in einer Höhe abfangen, wo andere noch einen Hubsteiger bräuchten. Viel fehlt der garantiert nicht an zwei Metern, wenn überhaupt, sie überragt selbst Elodie fast um einen Kopf, und die ist auch schon nicht gerade klein.
***
Ich antworte mit einem Brief, der nicht weniger lang wird als Elodies. Meine Eltern würden sich freuen, wenn sie sehen würden, wie wenig schwer mir das fällt, aber sie sind noch arbeiten. Elodie hat in ihrem Brief etliche Fragen gestellt, die ich so gut wie möglich zu beantworten versuche, und schreibe ganz am Schluss noch meine E-Mail-Adresse dazu, damit wir uns noch schneller schreiben können. Am Computer sichte ich meine Fotos und wähle ein gutes Dutzend aus, die ich auf einen Speicherstick kopiere, um sie in der Stadt ausdrucken zu lassen: von mir selbst, weil Elodie bis jetzt wenn überhaupt nur das Passfoto aus einem Fragebogen kennt, von meinen Eltern und natürlich von meiner Mannschaft bei den Ballfreunden.
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In den nächsten Wochen gehen täglich Mails hin und her, parallel schreiben Elodie und ich aber auch immer noch den einen oder anderen Brief. Wir lernen uns immer besser kennen, ich habe bald das Gefühl, dass ich alles, aber auch wirklich alles über Elodie weiß, und ich habe kein schlechtes Gefühl dabei, ebenso viel von mir selbst preiszugeben. Da hat der Laden, der das alles organisiert, ganze Arbeit geleistet, Elodie und ich liegen echt auf einer Wellenlänge. Als die letzte Schulwoche vor den Osterferien anbricht und ich die ersten Sachen zurechtlege, merke ich, dass der Wunsch, Frau Kuhmann den Hals umzudrehen, einem ganz anderen Gefühl Platz gemacht hat, einem, das ich nie erwartet hätte: Ich freue mich auf Frankreich.
Ich soll die Osterferien so gut wie möglich ausnutzen, um mein Französisch zu üben, und bin deshalb schon früh am ersten Ferientag auf dem Weg nach Frankreich. Meine Eltern lassen es sich nicht nehmen, mich zum Bahnhof zu bringen und mit mir auf den Zug zu warten, obwohl ich mit meinem kleinen Rollkoffer und einem Rucksack auch problemlos mit dem Bus hätte fahren können. Noch bin ich nicht besonders aufgeregt, aber es dauert ja auch noch acht Stunden, ehe ich Elodie leibhaftig gegenüber stehen werde.