111 Gründe, Bayer 04 Leverkusen zu lieben - Jens Peters - E-Book

111 Gründe, Bayer 04 Leverkusen zu lieben E-Book

Jens Peters

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Beschreibung

Lange Jahre weinten die Leverkusener Fans bittere Tränen. Nach fünf deutschen Vizetiteln, zwei verlorenen DFB-Pokal-Endspielen und einer Pleite im Champions-League-Finale umweht den Werksverein der Hauch des ewigen Verlierers. Doch seit einiger Zeit wandelt sich die Stimmung in Leverkusen. Der einst ironisch vom Verein gesicherte Titel 'Vizekusen' ist nicht nur eine hohle Vokabel, sondern wird von den Anhängern gelebt. Während die gegnerischen Fans noch 'Ihr werdet nie deutscher Meister' singen, skandiert die Nordkurve mit stolzer Brust 'Deutscher Vizemeister SVB'. In Leverkusen sieht der geneigte Fußballfan gepflegte Spielzüge auf dem Platz und kann jungen Talenten zuschauen, wie sie sich erste Meriten in der Liga verdienen. Aber auch der ein oder andere Star findet eine Heimat an der Dhünn und nährt die Hoffnung, dass es doch noch eines Tages mit dem Meistertitel klappt. Und wenn nicht, dann kann man inzwischen auch über sich selber lachen und feiert den zweiten Platz wie einen Erfolg.

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Jens Peters

111 GRÜNDE, BAYER 04 LEVERKUSEN ZU LIEBEN

Eine Liebeserklärung an den großartigsten Fußballverein der Welt

WIR SIND DER ZWÖLFTE MANN,FUSSBALL IST UNSERE LIEBE!

WAS NOCH FEHLT, IST DIE DEUTSCHE MEISTERSCHAFT

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wenn Sie dieses Buch in den Händen halten, sind Sie entweder ein Fan des großartigsten Vereins der Welt oder Sie kennen vielleicht jemanden, der Anhänger dieses grandiosen Klubs ist und wollen ein schönes Stück Literatur verschenken. Vielleicht haben Sie es auch nur zufällig in die Hand genommen, weil das Cover so schön bunt war und darauf ganz viele Menschen zu sehen sind, die Fahnen hochhalten und jubeln. Vielleicht hat man Ihnen das Buch auch geschenkt und Sie fragen sich, was Sie damit sollen. So oder so, legen Sie dieses Buch nicht beiseite. Sie würden es bereuen. Ich werde Ihnen erzählen, warum.

Ich sprach vom großartigsten Verein der Welt. Es handelt sich um Bayer Leverkusen. Wenn Sie bereits Fan sind, dann brauche ich Sie nicht mehr zu überzeugen. Sie haben das Bayer-Gen in sich, lieben den Verein und können über abfällige Rufe gegenüber den »Pillendrehern« nur schmunzeln. Sie werden aber vielleicht in diesem Werk den einen oder anderen Grund finden, warum Bayer Leverkusen so liebenswert ist und sich wundern. Wirklich? Bernd Schuster hat die ersten drei Plätze beim Tor des Jahres belegt? Simon Rolfes hat die zweitschnellste Rote Karte der Bundesligageschichte bekommen und Jürgen Gelsdorf bekam Morddrohungen? Vielleicht ist tatsächlich etwas dabei, was Sie noch nicht wussten und was Ihre Liebe noch größer macht.

Natürlich sind auch die bitteren Momente der Vereinsgeschichte aufgearbeitet. So mancher Vizetitel findet hier Erwähnung, überhaupt – der Beginn von Vizekusen, aber auch Fastabstiege und Rote-Karten-Rekorde. Für alle ist etwas dabei und auch diese Geschichten machen den Verein nur noch liebenswerter.

Nun fragen sich die Nicht-Bayer-Anhänger, warum Sie dieses Buch nicht weglegen sollten. Aus den oben genannten Gründen. Weil Ihnen ein fremder Verein ein kleines Stückchen näher gebracht wird, von dem Sie vielleicht gar nicht dachten, dass Sie ihn auch mögen könnten. Dieser Verein wird etwas in Ihnen treffen, von dem Sie gar nicht wussten, dass es existiert. Sie müssen nur weiterlesen.

Sie sind gar kein Fußballfan? Das macht nichts, denn auch Sie werden bestens versorgt. Sie werden erfahren, wie es ist, Lebensgefährte eines Fußballfans zu sein. Sie werden aber auch die typischen Themen eines jeden guten Romans auf diesen Seiten wiederfinden. Es geht um Liebe, Spannung und Dramatik. Es gibt Tränen der Freude, aber auch des Schmerzes. Von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt werden Sie fast jede Emotion in diesem Buch wiederfinden. Sie lieben Krimis? Liebesromane? Sachbücher? Das alles finden Sie hier. Dass es um einen luftgefüllten Lederball geht, werden Sie schnell vergessen. Es geht um mehr.

Zurück zum Fußball: Der Fußball kann alle verbinden und wenn Sie Ihr Herz an diesen Verein verlieren wollen, dann gibt es wohl keinen besseren Moment als diesen. Leverkusen ist ein schmucker Verein geworden, der attraktiven Fußball spielt, mit jungen talentierten Nachwuchsspielern, in einem kleinen, aber feinen Stadion und der sich aufmacht, die Großen aus München und Dortmund zu ärgern.

Mit einer vernünftigen Vereinspolitik und einem klugen Trainer hat man es geschafft, eine Mannschaft aufzubauen, die leistungsstark ist und auch international bestehen kann. Man muss keine Spieler mehr abgeben, weil der Verein X mal eben 20 Millionen auf den Tisch legt. Bayer hat ein gesundes Selbstbewusstsein aufgebaut. Was noch fehlt, ist eins – die deutsche Meisterschaft! Und was gibt es schöneres für einen Fan als die erste deutsche Meisterschaft? Wir Bayer-Fans haben diesen Traum nicht aufgegeben!

Jens Peters

KAPITEL 1

VON ADLER BIS ZÉ ROBERTO

SPIELER, DIE DER WERKSELF EIN GESICHT VERLIEHEN

1. GRUND

Weil in Leverkusen der weiße Brasilianer spielte

Von Bernd Schneider erzählt man sich, dass er einst in einen Klub irgendwo auf einer sonnigen Insel im Mittelmeer fuhr und sich langweilte. So ganz ohne Ball am Fuß ging es bei Schneider nie, also suchte er den nächsten Bolzplatz und fragte die dort kickenden Engländer, ob er mitspielen dürfe. Schneider, der nie ein großes Gehabe um seine Person gemacht hatte, wurde natürlich nicht erkannt. Er trug weder extravagante Kleidung noch Brillis im Ohr oder Ringe an den Händen, kein Bodyguard oder gar eine Entourage begleiteten ihn.

Also zockte der Leverkusener mit den Engländern und nach einigen Beinschüssen, Lupfern und Tricks der Marke Extraklasse wunderten sich diese schon, wer denn da sein Können zeigte. Schneider klärte seine Mitspieler jedoch nie auf. Er war immer bescheiden, und umso tragischer ist es, dass er ohne großen Titel im Jahr 2010 nach einer langwierigen Wirbelsäulenverletzung abtreten musste. Immerhin auf dem Platz vor seinem Publikum in der BayArena.

Er verkörperte stets die Freude am Spiel. Unter seinen Kollegen war er als »Schnix« bekannt. Bereits zu Jugendzeiten in Jena hatte man ihm diesen Spitznamen verpasst, denn »schnixeln« bedeutet dort tricksen und das konnte Schneider wie kein Zweiter. Er war einer der Letzten, die noch in die Kategorie Straßenfußballer passte. 1999 wechselte er von Eintracht Frankfurt nach Leverkusen für rund zwei Millionen Deutsche Mark. Er zahlte es dem Verein mit Treue und Leistung zurück. Sein brasilianischer Mitspieler Emerson nannte ihn aufgrund seiner Fähigkeiten den »weißen Brasilianer«.

Sein größtes Spiel, aber sicherlich auch seine größte Niederlage erfuhr Schneider im WM-Finale 2002 – gerade gegen diese Brasilianer. Seine Gegenspieler trieb er mit seinen Drehungen, Finten und Dribblings in den Wahnsinn, doch Deutschland verlor. Für Schneider der Abschluss einer bitteren Saison, die schon zuvor in Leverkusen mit drei Vizetiteln in der Liga, im Pokal und in der Champions League endete. Danach klopften Vereine wie der FC Barcelona und Juventus Turin an, um Schneider zu verpflichten. Doch der Thüringer blieb Leverkusen treu, auch wenn Summen von 20–25 Millionen Euro im Raum standen. Eine Ablöse, die zu dieser Zeit noch eher unüblich war.

2010 absolvierte Schneider dann unter stehenden Ovationen sein letztes Spiel für Bayer gegen Borussia Mönchengladbach. Für sein offizielles Abschiedsspiel fertigte man extra Schuhe an. Auf Wunsch von Schneider mit silbernen Streifen anstelle von goldenen, wie der Sponsor eigentlich geplant hatte. »Das passt besser«1, so Schneider. Zum ewigen Zweiten halt.

2. GRUND

Weil selbst ein Chancentod in Leverkusen noch gut spielt

Recherchiert man mit Google den Begriff »Chancentod«, bekommt man ca. 100.000 Ergebnisse geliefert. Präzisiert man die Suche mit dem Nachnamen von Leverkusens Stürmer Stefan Kießling, bleiben am Ende noch fast 50 Prozent der Treffer übrig. Lange Jahre galt der Franke als talentierter Spieler, dem jedoch jeder Ball vom Fuß springt. Kießling bekam Pässe in den Lauf, die er leichtfertig vertändelte. Kießling bekam Flanken maßgenau auf den Kopf serviert, aber der Stürmer vollbrachte es, den Ball meterweit neben das Tor zu setzen. Kießling stand alleine vor dem leeren Tor und platzierte den Ball fahrlässig neben dem Tor.

In seiner ersten Saison für Leverkusen 2006 wurde Kießling in einem Europapokal-Match gegen Beşiktaş Istanbul als Sturmhoffnung eingewechselt. Das Spiel war bezeichnend für die ersten Jahre des Spielers bei der Werkself. Kießling hatte die Großchancen, doch versagte er im entscheidenden Moment. Kießlings Glück in diesem Spiel war, dass aus seinem Versagen eine Möglichkeit für die Mitspieler zum Torerfolg entstand und Leverkusen am Ende 2:0 gewann. Bayer jubelte, Kießling trottete wie ein Verlierer vom Platz. Statt zweier Tore blieben vom Stürmer nur die wie Flipperkugeln wegspringenden Bälle, die Flanken auf die Tribüne und Gewaltschüsse, die in Zeitlupentempo beim gegnerischen Torhüter ankamen, im Gedächtnis.

Wer an Kießling in seiner Anfangszeit denkt, der hat den Chancentod im Hinterkopf. Einer, der viel arbeitet, aber sich nicht belohnt. Über die Jahre besserte sich die Situation um den aus Nürnberg gewechselten Franken. In seiner ersten Saison schoss er gerade acht Tore in der Bundesliga. In seiner vierten Spielzeit knackte er erstmals die 20-Tore-Marke mit 21 erzielten Treffern. In der Saison 2012/2013 schaffte er es mit 25 Toren sogar zum Torschützenkönig.

Wer heute an Stefan Kießling denkt, sieht einen Spieler vor sich, der der erfolgreichste deutsche Stürmer in der Bundesliga ist und der sich mit dem Verein voll und ganz identifiziert. Alle Abwerbungsversuche anderer Vereine prallen an ihm ab, für ihn gibt es nur Leverkusen. Seine Fähigkeiten haben sich enorm verbessert. Er ist der Spieler mit den meisten Zweikämpfen auf dem Platz und gewinnt sie vor allem in der Luft. Seine Dribblings haben inzwischen eine Raffinesse, dass so manchem Verteidiger der Atem stockt, und der Abschluss hat eine neue Qualität gewonnen. Der Kießling aus dem Jahr 2013 hat nichts mehr mit dem von 2006 zu tun. Der Franke hat durch kontinuierliche Arbeit eine außergewöhnliche Entwicklung genommen. Aus dem Chancentod wurde ein Torschützenkönig.

3. GRUND

Weil man Bum-kun Cha nach Leverkusen holte

Bayer Leverkusen war 1983 alles andere als ein Spitzenverein. Erst kurz vor Ende der Spielzeit hatte man den Abstieg verhindert und war am Schluss auf Platz 11 gelandet. Die Tabellenposition differierte somit von den Ansprüchen des Vorstands, der die Fußballabteilung gerne früher oder später im Europapokal sehen wollte. Um dieses Ziel zu erreichen, benötigte Trainer Dettmar Cramer jedoch stärkere Spieler, um dem Kader mehr Tiefe zu geben.

Ein Spieler, der ins Blickfeld von Manager Reiner Calmund rückte, war der zigfache südkoreanische Rekordnationalspieler Bum-kun Cha. Dessen Vertrag bei der Frankfurter Eintracht lief im Sommer aus, und es war klar, dass die Hessen Cha nicht weiter beschäftigen konnten. Zu leer waren die Kassen bei der Eintracht. Der Spieler wusste dies bereits während der Saison und äußerte frühzeitig Wünsche, wo er in Zukunft spielen wollen würde. Ein Spitzenverein sollte es sein für den Nationalspieler. Heißester Kandidat war der Hamburger SV, der gerade Meisterschaft und Europapokal gewonnen hatte. Problem war, dass Cha bereits 30 Jahre alt war und die Hanseaten eher nach einem Perspektivspieler suchten. Letztlich fanden sie in Wolfram Wuttke von Schalke 04 den gewünschten Spieler. Cha fuhr somit ohne Vertrag in den Sommerurlaub in die südkoreanische Heimat nach Seoul.

Diese Zeit nutzte Calmund, um über die südkoreanische Dependance von Bayer erste Kontakte zum Spieler zu knüpfen. Trainer Dettmar Cramer ging den Weg über Südkoreas Nationaltrainer, den er bei Lehrgängen kennengelernt hatte. Spektakulär wurde die Verpflichtung letztlich durch die Vertragsunterzeichnung, bei der man dem 1. FC Nürnberg zuvorkam. Club-Manager Michael Adolf Roth hatte sich bereits mit Eintracht Frankfurt auf einen Wechsel geeinigt, lediglich die Zustimmung von Cha fehlte noch. Also musste Calmund besonderen Einsatz zeigen, um den Südkoreaner von Bayer Leverkusen zu überzeugen. Zusammen mit Vorstandsmitglied Volrath Hoene fuhr er nach Frankfurt, um Cha am Flughafen abzufangen, und lotste den Spieler ins Hotel Sheraton.

Dass Leverkusen den Zuschlag bekam, lag wohl letztlich daran, dass man dem Spieler Rechtsbeistand in einem kniffligen Fall anbot, denn Cha hatte bei der deutschen Bundesrepublik Steuerschulden im sechsstelligen Bereich. Diese löste die Rechtsabteilung von Bayer, sodass Cha am Ende freudig bei Bayer Leverkusen unterschrieb und sich sogar als Werbefigur für das Werk zur Verfügung stellte. Für eine Ablösesumme von einer Million Mark wechselte er schließlich von Frankfurt nach Leverkusen, wo er 1988 den UEFA-Cup holte und 1989 seine Karriere beendete.

4. GRUND

Weil ein Engel in Leverkusen spielte

Er war der blonde Engel und er trug diesen Spitznamen völlig zu Recht. Bernd Schuster trug sein Haar in der Regel schulterlang und hatte himmlische fußballerische Qualitäten. Der Mittelfeldspieler war torgefährlich, hatte aber auch immer einen Blick für seine Mitspieler, die er aufgrund seiner außergewöhnlichen Technik immer wieder galant einsetzte. Dieser blonde Engel wurde zur Spielzeit 1993/1994 von Reiner Calmund verpflichtet, der damit endlich diesen Mittelfeldstar von seiner Wunschspielerliste streichen konnte.

Der Manager hatte schon mehrere Male probiert, Schuster nach Leverkusen zu lotsen, doch war er jedes Mal am Veto des Trainers gescheitert. Der Mittelfeldspieler galt nämlich alles andere als einfach im Charakter und fiel bei seinen Vereinen immer wieder durch Eskapaden auf. Den ersten Einspruch gab es von Rinus Michels 1988 nach Leverkusens UEFA-Cup-Sieg. Für den Trainer war Schuster zu schwierig. Zwei Jahre später lehnte Jürgen Gelsdorf einen Transfer mit den Worten »Schuster ist zwar ein genialer Spieler, doch er bringt mir zu viel Unruhe in eine intakte Truppe« ab.

Gelsdorf hatte mit seinem Team einen guten Start hingelegt, während Schuster schon während der Saison bei Real Madrid gekündigt hatte, da es dort nicht nach seinen Vorstellungen gelaufen war. Erst beim dritten Versuch hatte Reiner Calmund bei seinem Übungsleiter Dragoslav Stepanović Erfolg. Wieder hatte der Mittelfeldspieler Probleme bei seinem Verein. Bei Atlético Madrid war Schuster von der UEFA für fünf Europacup-Spiele gesperrt worden, weil er zusammen mit Mannschaftskollegen den deutschen Schiedsrichter Aaron Schmidhuber attackiert und ihm Bestechlichkeit vorgeworfen hatte. Atlético schied vorzeitig aus dem Wettbewerb aus, was dazu führte, dass Madrids Präsident Jesús Gil y Gil den Spielern nicht mehr im Verein wissen wollte.

Dieser Vorfall machte somit den Weg frei für Schusters Wechsel nach Deutschland. Der blonde Engel hatte schon mehrfach geäußert, dass ihm Leverkusen als zukünftiger Verein gefallen würde, sodass die Vertragsverhandlungen ein Leichtes für Reiner Calmund waren. Schuster freute sich auf seine neue Aufgabe und hoffte auf große Erfolge. »Ich will es in Deutschland noch mal allen zeigen und mit dem richtigen Trainer traue ich mir das auch zu. Stepanović und ich können in Leverkusen etwas bewegen.«2 Sein größter Erfolg blieb das Belegen der ersten drei Ränge beim Tor des Jahres 1994.

Schusters Ende war typisch für seine Karriere. Nach diversen persönlichen Querelen geriet er mit seinem späteren Trainer Erich Ribbeck aneinander und wurde von diesem suspendiert. Schuster klagte daraufhin gegen Bayer vor dem Arbeitsgericht, die ihm eine saftige Abfindung zahlen mussten. Für den Fan bleiben seine wunderbaren Pässe, Flanken und Tore zurück. Der blonde Engel halt.

5. GRUND

Weil Leverkusen den einzigen Spieler in seinen Reihen hatte, der sich in der Halbzeit rasieren musste

Für kaum ein Produkt hätte Ulf Kirsten besser Werbung machen können als für Elektrorasierer. »Der Schwatte«, wie ihn Fans und Mitspieler aufgrund seiner Haarfarbe und seines Bartwuchses nannten, machte den Eindruck, als ob er sich halbstündlich rasieren müsste und die Halbzeitpause für eine frische Rasur nutzen würde. Natürlich war das übertrieben, aber Kirstens Bartwuchs war immer wieder gut für einen Spruch der Marke »Jetzt wird er nur so früh ausgewechselt, damit er sich den Bart trimmen kann«, wenn der Stürmer schon vor der 70. Minute den Platz verlassen musste.

Natürlich war Kirstens Haarpracht nicht das einzige herausstechende Merkmal des Stürmers und sicher nicht der Grund, warum er in jeder Bayer-Jahrhundertelf eines Leverkusen-Fans auftaucht. Wer nämlich an den Stürmer denkt, der hat auch seine unzähligen Tore im Sinn, seinen Kampfgeist und seinen Einsatz für die Mannschaft. Kirsten war es, der dreimal die Torjägerkanone für den besten Torschützen der Bundesliga gewann, und Kirsten war es, der Bayer den ersten und einzigen nationalen Titel bescherte. Sein Treffer sicherte den DFB-Pokal 1993 gegen die Amateure von Hertha BSC.

In 350 Bundesliga-Spielen erzielte er 182 Tore. Für Deutschland lief er 50-mal auf und ließ 20-mal das gegnerische Netz erzittern. Für Reiner Calmund war der in Riesa geborene Spieler sein Meisterstück. »Trotz Ballack, Völler, Schuster, Zé Roberto und Lúcio – Kirsten war mein Jahrhundert-Transfer«3, so der ehemalige Manager von Leverkusen. Wie in vielen Fällen zuvor bewies Calmund auch hier mal wieder den richtigen Riecher und zeigte enormen Einsatz, um den Spieler zu verpflichten.

Nachdem man bereits Andreas Thom als ersten DDR-Spieler in die Bundesliga holte, sollten auch die beiden Top-Spieler Kirsten und Sammer folgen. Ersten Kontakt gab es beim DDR-Länderspiel im Wiener Praterstadion gegen Österreich. Calmund schleust den Bayer-Mitarbeiter Wolfgang Karnath als Rotkreuz-Mitarbeiter und als Fotograf in den Innenraum des Stadions. Karnath nimmt direkt Kontakt zu den Spielern auf und macht sich sogar so gut, dass er mit der DDR-Mannschaft zurück nach Berlin fliegt und die Kontaktdaten der Spieler einsammelt. Calmund lädt die beiden Spieler dann über die Weihnachtstage 1989 an den Chiemsee ein.

Zu diesem Zeitpunkt hat Sammer schon seine Zusage an den VfB Stuttgart gegeben und Kirsten Interesse an einem Wechsel zum VfL Bochum signalisiert. Hermann Gerland war dort gerade Trainer, welcher Kirsten noch zu DDR-Zeiten ein Kofferradio geschenkt hatte. Aus Dankbarkeit wollte er nun ins Ruhrgebiet. Bochum konnte sich den Transfer jedoch nicht leisten. Danach vergehen zunächst ein paar Monate, ehe Bayer-Finanzchef Achim Fischer Calmund grünes Licht für den Transfer und die Investition von 3,5 Millionen Mark Ablöse gibt. Calmund fackelt nicht lange und fängt den Spieler nach seinem Länderspiel für die DDR in Glasgow am Berliner Flughafen ab und fährt mit ihm nach Dresden, um den Deal in trockene Tücher zu bringen. Ein Deal, der sich bezahlt machte. Kirsten wurde der Spieler der Neunzigerjahre und Identifikationsfigur für Anhänger in Leverkusen, aber auch in ganz Fußballdeutschland.

6. GRUND

Weil Heiko Herrlich in Leverkusen Jorginho kennenlernte

Es war eine schicksalhafte Begegnung zweier Sportler. Der hoffnungsvolle Nachwuchsstürmer Heiko Herrlich trifft auf den brasilianischen Vollblutverteidiger Jorginho. Herrlich – gerade 18-jährig – galt als großes Talent, als Reiner Calmund den langen Schlaks mit dem Lockenkopf 1989 nach Leverkusen holt. Jorginho dagegen sollte erst gar nicht zu Bayer kommen. Das Trainerteam Peter Herrmann und Jürgen Gelsdorf waren im Juni desselben Jahres zum Länderspiel der Brasilianer gegen Portugal gereist, um den Mittelfeldspieler Bernardo zu beobachten. Doch statt Bernardo spielte sich Jorginho in den Vordergrund, sodass Herrmann und Gelsdorf ihre Meinung änderten und Calmund anhielten, sich um den Abwehrspieler zu bemühen. Mit Erfolg.

Die beiden Neuankömmlinge freundeten sich flugs an und teilten sich bei Auswärtsfahrten ein Hotelzimmer. Während Jorginho noch Anpassungsschwierigkeiten mit der deutschen Sprache hatte und gerne mal »Halbzeit« statt »Mahlzeit«4 zum Essen sagte – zur Freude seiner Mitspieler, die ihn erst sehr spät auf diesen Fauxpas aufmerksam machten –, kam Herrlich spielerisch in Leverkusen gar nicht klar. 75 Einsätze sammelte er zwar in vier Jahren, doch in der Startelf stand er gerade 20-mal. Nur sechs Tore schoss er für Bayer. Zu wenig, um an Spielern wie Marek Leśniak oder Ulf Kirsten vorbeizukommen.

Die Akte Herrlich wurde in Leverkusen dann 1993 geschlossen, als er nach Gladbach wechselte und dort den Durchbruch schaffte. Dennoch war die Zeit bei Bayer keine verschenkte, denn Herrlich fand durch Jorginho seinen Weg zum Glauben an Gott. Der Brasilianer, der nach Toren immer wieder T-Shirts unter seinem Trikot mit der Botschaft »Jesus liebt dich« hervorzauberte, hatte irgendwann einen Bibelkreis gegründet und den jungen Stürmer dazu eingeladen. Für Herrlich ein wichtiger Schritt in seiner Karriere und in seinem Leben, der ihm viel Halt in schweren Zeiten gab. Denn nicht nur die Zeit in Leverkusen war von Rückschlagen geprägt, auch seine weitere Karriere sollte kein Zuckerschlecken werden.

1995 wollte Herrlich aus seinem Vertrag bei Gladbach aussteigen, da der damalige Manager Rolf Rüssmann ihm dies wohl mündlich zugesichert hatte. Im Verein konnte sich nur niemand daran erinnern, sodass Herrlich schließlich über lange Zeit die Arbeit verweigerte. Beendet wurde dieses traurige Kapitel durch den DFB, der zwischen Dortmund und Gladbach einen Wechsel vermittelte. Sehr viel Geld floss wohl zwischen beiden Vereinen, sehr zum Ärger der Fans, die ihn fortan als Söldner beschimpften. Dortmund wurde dann seine erfolgreichste Zeit mit der Meisterschaft 1996 sowie dem Champions-League-Erfolg 1997.

Im Jahr 2000 erhielt er dann die Schreckensnachricht Krebs. Ein Tumor hatte sich im Mittelhirn breitgemacht und die Prognose deutete zunächst darauf hin, dass Herrlich wohl diesen Kampf nicht gewinnen könnte. Doch es kam anders. Nach einer sechswöchigen Strahlentherapie scheint der Krebs bis heute besiegt. Mit Gottes Hilfe, wie Herrlich erklärt: »Durch ihn habe ich immer wieder neu Trost und Kraft und inneren Frieden erfahren. Das ist eine Erfahrung, die ihren Wert auch über diese Wochen hinaus behalten wird und die ich auch anderen von Herzen wünsche.«5 Hätte Herrlich damals in Leverkusen nicht Jorginho getroffen, wäre diese Zeit vielleicht ganz anders verlaufen. Heute kann er sagen, dass es eine Begegnung mit Wert für ihn war. Noch heute besuchen sich die Spieler gegenseitig und sind miteinander befreundet.

7. GRUND

Weil Jürgen Gelsdorf ein Foul überlebte

Jürgen Gelsdorf überlebte ein Foul. Doch nicht er wurde gefoult, sondern er griff zu unlauteren Mitteln. Mit unglaublichen Folgen, denn Gelsdorf erhielt Morddrohungen. Bum-kun Cha war vorbereitet für dieses Spiel. Er wusste, dass ihn einiges erwarten würde. Er trug doppelte Schienbeinschützer, speziell angefertigte Plastikschalen für Achillessehne und Wade sowie Bandagen, als es am 23. August 1980 nach Leverkusen ging. Der Frankfurter Stürmer war neben Karl-Heinz Rummenigge der beste Stürmer der Liga, und in Leverkusen warteten die unangenehmen Gegenspieler Dietmar Demuth und besagter Jürgen Gelsdorf auf ihn, um den Südkoreaner die Lust am Spiel zu nehmen.

Dies gelang. Der Spielbericht des kickers vermerkte in den ersten Minuten bereits drei Fouls von Demuth an Cha, doch der alternde Ex-FIFA-Referee Klaus Ohmsen verzichtete vorerst auf eine Verwarnung. In der 15. Minute passierte dann, was Gelsdorf später als Allerweltsfoul bezeichnen sollte: »Ein Zweikampf wie tausend andere, die ich bislang in meiner Karriere geführt hatte. Nur mit ganz anderen Folgen. Cha wollte an mir vorbei, ich grätschte zum Ball, traf seinen Fuß, er stürzte. Ein Foul.«6

Die Folgen waren für Cha, dass er zunächst einmal ins Krankenhaus transportiert wurde. Er war auf den Rücken gefallen, hatte sich eine Rippe gebrochen und fiel anderthalb Monate aus. Die Folgen jedoch für Gelsdorf waren ganz andere. Er bekam Gelb für diese Grätsche. Doch aufgrund der Tatsache, dass das Foul durchaus spektakulär ausgesehen hatte, wähnte Eintracht-Trainer Lothar Buchmann bereits das Karriereende für seinen Spieler. Er habe sogar Stollenabdrücke auf Chas Rücken gesehen.

Die Presse sprang auf diesen Zug auf. Die BILD-Zeitung forderte »fünf Jahre Haft« für Gelsdorf und der kicker titelte »Stoppt endlich diese Treter«7. Doch damit nicht genug, denn es kam noch schlimmer für Gelsdorf: »Die ersten Morddrohungen trafen bereits am Sonntag ein, mit Beginn der neuen Woche wurden es immer mehr. Hunderte, so erzählte man mir später, gingen in dieser Zeit auf der Geschäftsstelle von Bayer Leverkusen ein. In einem Drohbrief hieß es: ›In einer halben Stunde legen wir den Gelsdorf um! Gezeichnet: Das Mordkommando Bum-kun Cha‹«8 Gelsdorf erhielt Personenschutz, doch dem Spieler setzten die Drohungen extrem zu. Nicht Cha stand vor dem Karriereende, Gelsdorf dachte darüber nach, die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen.

Vier Wochen ging das so, ehe sich die Lage beruhigte, die Medien zurückruderten und der Leverkusener auf Personenschützer verzichten konnte. Knapp drei Jahre später verpflichtete dann Reiner Calmund Bum-kun Cha für Bayer. »Als wir uns sahen, mussten wir lachen. So verrückt ist nur das Leben. Wir umarmten uns, jetzt würden wir gemeinsam Fußball spielen.« Gelsdorf und Cha wurden gute Freunde. »Das hat der liebe Gott so geregelt«9, so Cha.

8. GRUND

Weil in Leverkusen gute Spieler nicht in der Nationalmannschaft spielen müssen

Was in der deutschen Presselandschaft im Jahr 2013 weiterhin für Verwunderung sorgt, sollte Bayer Leverkusen-Fans freuen. Ein Spieler, der in der Liga absolute Topleistungen auf hohem internationalen Niveau bringt, spielt keine Rolle in den Planungen des Bundestrainers. Jogi Löw interessiert sich nicht für Stürmer Stefan Kießling, und das ist auch gut so. Ein Vorteil für den Verein und für die Anhänger. Denn obwohl Kießling Torschützenkönig in der Saison 2012/2013 wurde und gleichzeitig auch noch die meisten Scorerpunkte sammelte, spielt er keine Rolle in der Nationalmannschaft und spart sich damit in schöner Regelmäßigkeit lästige Spiele unter der Woche oder gar große Turniere im Sommer.

Wenn andere Spieler sich zwischen zwei Spieltagen mit langen Flügen nach Aserbaidschan zu unwichtigen Qualifikationsspielen quälen, legt Kießling eine lockere Trainingseinheit mit seinen Mannschaftskollegen ein, um sich auf den nächsten Gegner in der Bundesliga vorzubereiten. Und während im Sommer die Nationalmannschaft unter Jogi Löw doch nur Zweiter oder Dritter bei einer Welt- oder Europameisterschaft wird, genießt der Franke im Leverkusener Trikot den Urlaub in der Dominikanischen Republik oder am Bodensee. Er kommt ausgeruht aus der Sommerpause, ohne Verletzung und darf sich auf die neue Saison freuen.

Während bei den Bayern immer gemosert wird, dass nach großen Turnieren keine Titel geholt werden, weil alle Spieler bei der Nationalelf waren, kann dies in Leverkusen nicht passieren. Okay, die Titel blieben bisher aus, aber man hat auch andere Voraussetzungen bei Bayer. Also sollten sich Stefan Kießling, aber auch der Verein und die Fans freuen, wenn er mal wieder nicht zu einem Länderspiel eingeladen oder für eine Weltmeisterschaft nominiert wurde. Soll doch Jogi Löw Mario Gomez vorziehen, auch wenn er nur einige wenige Male in der Liga getroffen hat. Oder Miroslav Klose, auch wenn der die ganze Saison verletzt war. Oder wenn beide verletzt sind, kann man ja immer noch Mittelfeldspieler in den Sturm ziehen. Mario Götze und Marco Reus haben da ja auch ihre Qualitäten.

Letztlich zählt ja der Erfolg, und da sollte sich Stefan Kießling nicht grämen. Erfolg hat er in der Liga. Von Jahr zu Jahr verbessert sich der Franke im Trikot der Leverkusener, und dieses Jahr krönte er seine Entwicklung mit der Torjägerkanone. Das ist doch auch schon was. Und wenn eines Tages Jogi Löw nicht mehr Trainer der Nationalmannschaft sein sollte und ein anderer Teamchef bei Kießling anruft, dann kann Kießling ja noch mal drüber nachdenken, ob ihm das Trikot der DFB-Elf stehen würde.

9. GRUND

Weil Michael Ballack in Leverkusen spielte

Die Geschichte von Michael Ballack in Leverkusen ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Sie ist vor allem geprägt von Ballacks zweitem Engagement bei Bayer zum Abschluss seiner Karriere. 2010 gelang Rudi Völler der Überraschungscoup, als man den einstigen Capitano noch einmal für zwei Jahre ablösefrei aus Chelsea holte. Ballack sollte das Gesicht der Mannschaft werden. Ballack sollte im Mittelfeld noch mal Fäden ziehen, wo vorher keine waren, und Ballack sollte seine alte Torgefährlichkeit in Leverkusen wiederentdecken.

Von all den Erwartungen erfüllte er nur wenige. Nach Abschluss seiner zwei Spielzeiten hörte man ihn sagen, dass es »eine Zeit zum Vergessen war«10. Ballack verletzte sich direkt zu Beginn seiner ersten Saison. Der Schienbeinkopf brach im Spiel gegen Hannover und Ballack war damit erst einmal weg vom Fenster. Erst zur Rückrunde stieß er wieder in Stammelf zurück und brachte es noch auf 17 Spiele unter Jupp Heynckes, der zum Abschluss seiner Beschäftigung bei Bayer natürlich den Vizetitel sicherte.

In Spielzeit zwei sollte unter Robin Dutt dann alles besser werden, doch es wurde eher schlimmer. Das Verhältnis zwischen Dutt und ihm war mehr als angespannt, speziell weil Dutt befand, dass es eine Ehre sei, auf der Bank von Leverkusen zu sitzen, und Ballack sich als Stammspieler sah. Tatsächlich gelang es dem Mittelfeldstrategen ab und an, sein Können aufblitzen zu lassen. Speziell auf der großen Bühne, in Spielen wie gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber Chelsea, wurde klar, was für Hoffnungen Völler und Holzhäuser in die Verpflichtung Ballacks gesetzt hatten und was er zu leisten imstande war.

Dutt musste irgendwann gehen. Ballack saß trotzdem oft auf der Bank, verletzte sich zusätzlich noch an der Wade und auch seine zweite Saison bei Bayer hinterließ kaum Bemerkenswertes. Am 34. Spieltag gegen Hannover 96 feierte er seinen Abschied von Leverkusen, von der Bundesliga und von der großen Fußballbühne. Ballack beendete seine aktive Karriere. Trotz seines eher unwürdigen Abschieds bleibt den Fans dennoch der große Ballack in Erinnerung.

Der Ballack, der Leverkusen bis fast ganz nach oben an die Spitze Europas führte. Der einst für acht Millionen Deutsche Mark als hochgehandeltes Talent aus Kaiserslautern kam und Bayer zu einem Meisterschaftskandidaten machte. Der immer kämpfte. Der immer biss. Der auch in der Nationalmannschaft Verantwortung übernahm und Deutschland 2002 mehr als überraschend ins Finale führte. Der 2002 17 Tore in der Bundesliga schoss, was ein absoluter Spitzenwert für einen Mittelfeldspieler ist, und erstmals Deutschlands Fußballspieler des Jahres wurde. Der 2002 als Mittelfeldspieler des Jahres ausgezeichnet wurde.

All dies ist Michael Ballack. Da machen auch zwei mehr schlechte als rechte Jahre und Unterhaching nichts mehr aus. Ballack wird immer seinen Platz in Leverkusen haben.

10. GRUND

Weil Marek Leśniak nicht mehr angerufen werden muss

Marek Leśniak war wohl, seit es Mobilfunkgeräte gibt, in jedem Handy deutscher Sportreporter gespeichert. Alljährlich wenn Bayer Leverkusen in München spielte, wurde der Schnauzbart kontaktiert. »Sag mal Marek, wie war das eigentlich, als du Bayer zum letzten Mal einen Sieg in München beschert hast?«, dürften die Redakteure dann gefragt haben, und der schnauzbärtige Pole dürfte einmal tief geschnauft und dann seine Geschichte erzählt haben.

Am 21. Oktober 1989, kurz vor dem Fall der Mauer, gastierte die Werkself in München. Traditionell gab es da nie viel zu holen, doch in diesem Jahr schrieb Bayer Geschichte. Marek Leśniak schrieb Geschichte, der in der 14. Minute im Zusammenspiel mit Christian Schreier und Andrzeij Buncol das 1:0 für Leverkusen erzielte. Es blieb dabei. Bayer siegte 1:0. Es sollte der letzte Sieg einer Bayerelf bis ins Jahr 2012 in München sein. Erst 23 Jahre später siegte Bayer beim legendären Triple-Meister der Spielzeit. Es war Bayerns einzige Niederlage in dieser Spielzeit.

Doch Marek Leśniak ist alles andere als traurig, dass er nun keine Anrufe mehr erhält. »Ach, alle Serien reißen mal. Die Leute rufen ja trotzdem noch an«, erklärt der Pole, dessen Telefon nach dem Sieg der Werkself im Jahr 2012 nicht stillstand. Stefan Kießling hatte Bayer in Front geschossen, doch bei Leśniaks Wunschergebnis blieb es nicht. »Ich saß im Auto, habe Radio gehört und dabei gehofft, dass es beim 0:1 bleibt. Das wäre exakt das Ergebnis von damals gewesen«, erklärt er. »Außerdem wäre Stefan Kießling der neue Marek Leśniak gewesen. Damit hätte ich gut leben können.«11

Am Ende wurde es dann jedoch die Nase von Jérôme Boateng, die Geschichte schrieb. Bayern glich zwischenzeitlich aus, doch Sidney Sam schoss kurz vor Ende der Partie Boateng an, von dessen Kopf der Ball ins Netz von Bayerns Keeper Manuel Neuer trudelte. Leverkusen gewann 2:1. Die Reporter der Nation können nun die Nummer von Leśniak löschen – oder? Wer weiß? Denn der Pole hatte auch für seine anderen Vereine immer einen guten Lauf gegen die Bayern.

Mit Wattenscheid sicherte er einst in München im Alleingang ein 3:3-Remis. Ein Jahr zuvor hatte er per Fallrückzieher die Münchner erlegt und Wattenscheid einen unerwarteten Sieg ermöglicht. Wattenscheid spielt zwar gerade Oberliga, aber vielleicht trifft man ja eines Tages im Pokal aufeinander und dann werden sich die Reporter an Leśniak erinnern.

Übrigens trägt der ehemalige Bayerstürmer keinen Schnauzbart mehr. Nach mehr als 20 Jahren trennte er sich von seinem Markenzeichen und ließ sich nun auch rund um den Mund einen Bart wachsen. »Als ich in der Oberliga angefangen habe und sich meine Karriere langsam dem Ende entgegen neigte, wollte ich mich aber doch endlich mal verändern und dann kam der Schnauzer ab.«12 Ein kleines Stück Geschichte wurde abrasiert.

11. GRUND

Weil mit Sami Hyypiä eine Legende in Leverkusen spielte

Am 4. Mai 2009 flatterte in die Redaktionen der Republik eine überraschende Meldung. Sami Tuomas Hyypiä, die finnische Legende von der Anfield Road, der Abwehrrecke, der jahrelang die Schotten beim FC Liverpool dicht hielt, wurde an diesem Tag für die Werkself verpflichtet. Viele wunderten sich, warum man einen 35-jährigen Mann für die zentrale Position in der Abwehr holte. Was soll der alte Mann noch reißen? Er wird sich nicht mehr so schnell bewegen können und wohl oft das Nachsehen in der immer besser werdenden Bundesliga haben.