4 Alpenkrimis Juni 2023 - Robert Gruber - E-Book

4 Alpenkrimis Juni 2023 E-Book

Robert Gruber

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Beschreibung

Kauzige Typen und urige Kommissare vor der Kulisse der alpinen Bergwelt! Krimis der Sonderklasse - hart, actionreich und überraschend in der Auflösung. Ermittler auf den Spuren skrupelloser Verbrecher. Spannende Romane in einem Buch: Ideal als Urlaubslektüre. Mal provinziell, mal urban. Und immer anders, als man zuerst denkt. Dieser Band enthält folgende Krimis: Der Goldmord (Robert Gruber/Peter Haberl) Es kann der Frömmste nicht in Frieden morden (Peter Haberl) Der Erbmord (Robert Gruber/Peter Haberl) Der Tote im Karpfenteich (Peter Haberl)

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Robert Gruber, Peter Haberl

4 Alpenkrimis Juni 2023

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Inhaltsverzeichnis

4 Alpenkrimis Juni 2023

Copyright

Der Goldmord

Es kann der Frömmste nicht in Frieden morden …

​Der Erbmord: Alpen-Krimi: Kommissar Dampfmoser ermittelt 1

Der Tote im Karpfenteich

4 Alpenkrimis Juni 2023

Peter Haberl, Robert Gruber

Kauzige Typen und urige Kommissare vor der Kulisse der alpinen Bergwelt!

Krimis der Sonderklasse - hart, actionreich und überraschend in der Auflösung. Ermittler auf den Spuren skrupelloser Verbrecher. Spannende Romane in einem Buch: Ideal als Urlaubslektüre.

Mal provinziell, mal urban. Und immer anders, als man zuerst denkt.

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Der Goldmord (Robert Gruber/Peter Haberl)

Es kann der Frömmste nicht in Frieden morden (Peter Haberl)

Der Erbmord (Robert Gruber/Peter Haberl)

Der Tote im Karpfenteich (Peter Haberl)

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

COVER A.PANADERO

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

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Alles rund um Belletristik!

Der Goldmord

– Kommissar Dampfmoser ermittelt

Alpenkrimi 2

Roman von Peter Haberl & Robert Gruber

nach einem Exposé von Robert Gruber

Kommissar Dampfmoser und sein Kollege Berger haben es diesmal mit einem ganz besonderen Mord zu tun. .

Die alte Berta Perlmacher wird umgebracht, während niemand auf dem Hof ist und sich alle um den Alm-Abtrieb der kümmern Jemand hat ihr mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf geschlagen.

Tatwaffe: Eine Vase, die man zerbrochen in der Nähe findet.

Unter den Sachen der alten Frau befindet sich ein Goldbarren mit einer Prägung aus den 1920er Jahren.

In Verdacht gerät Eugen Gombacher, ein junger Bergführer. Jemand hat ihn gesehen, wie er zum Hof der Perlmachers fuhr, sodass er zur Tatzeit dort gewesen sein könnte...

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

Exposé: Robert Gruber

Robert Gruber ist ein Pseudonym von Alfred Bekker

Kommissar Dampfmoser wurde erfunden von Alfred Bekker

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Alles rund um Belletristik!

1

„Sakra, Sakra“, grummelte Hauptkommissar Dampfmoser. „Unsere heile Welt gerät langsam aus den Fugen.“ Er und sein Kollege Roderich Berger, seines Zeichens Oberkommissar bei der Kriminalpolizei, befanden sich auf dem Perlmacherhof im Austragshäusl und standen vor dem Leichnam der neunundneunzigjährigen Berta Perlmacher. Die Kollegen von der Spurensicherung hatten die Konturen der Gestalt, der am Boden in einer Blutlache liegenden alten Frau, mit Kreide nachgezeichnet. Dem ersten Augenschein nach war sie in den Vormittagsstunden erschlagen worden. Um sie herum lagen die Scherben einer schweren Tonvase, der Rest der Vase stand an der Wand unter dem Fenster.

Jetzt war es Abend, die Sonne war hinter den Bergen im Westen versunken und nur noch ihr Widerschein färbte den Horizont rot. Von Osten her kroch grau in grau die Dämmerung ins Land.

Franz Perlmacher, der Bauer, hatte seine Großtante tot in ihrer Küche im Austragshäusl aufgefunden, nachdem er und der Rest seiner Familie vom Almauftrieb zurückgekehrt waren. Sie hatten Kühe und Schafe hinaufgebracht. Ein Senn namens Gustl Gröbner und dessen drei Hirtenhunde würden sich den Sommer über um das Vieh dort oben kümmern.

„Wer kann gegen das alte Weibl was gehabt haben?“, sinnierte Roderich Berger. „Der Bauer, seine Frau, die beiden Söhne und die Tochter Franziska haben ein Alibi. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Nach einem Raubüberfall schaut es auch net aus, wenn auch die Schränke und Kommoden durchsucht worden sind. Der Geldbeutel der alten Dame mit fast hundert Euro Inhalt hat auf dem Küchentisch gelegen. Den würd‘ der Täter gewiss net übersehen haben, wär’s ihm drum gegangen, Beute zu machen. Sonst gab’s bei der alten Frau auch nix zu holen? Mit ihren paar Euro Rente kann sie kaum große Reichtümer angehäuft haben.“

„Das ist die Frage“, murmelte Dampfmoser nachdenklich und wiederholte Roderichs Frage: „Wer kann gegen das alte Weibl was gehabt haben?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich begreif’s net, Roderich. Muss ein Mensch, der sein Leben lang arbeitsam, ehrlich und gottesfürchtig war, ein geradezu biblisches Alter erreichen, um schließlich mit einer Vase erschlagen zu werden?“

„Die Antwort auf diese Frage muss ich dir leider schuldig bleiben, Kollege“, knurrte der Oberkommissar. „Um sie zu beantworten, müsst‘ man wissen, was den Mörder geleitet hat. Da es offensichtlich kein Raubmord war, dem die Berta zum Opfer gefallen ist, geh‘ ich davon aus, dass jemand auf dem Hof war, mit dem die Berta in Streit geraten ist. Die Sach‘ ist eskaliert und der Täter hat sie im Affekt erschlagen.“

„Das ist reine Spekulation“, stieß Ludwig hervor.

„Natürlich. Solang wir den Täter und den Tathergang net kennen, ist alles Spekulation, Kollege.“

„Ich wollt‘ dich net kritisieren“, entschuldigte sich Ludwig.

„Hab‘ ich auch gar net so aufgefasst“, erwiderte Roderich und begleitete seine Äußerung mit einer wegwerfenden Handbewegung.

„Hier können wir nix tun, Roderich“, erklärte Ludwig schließlich. „Also überlassen wir das Feld den Leuten von der Spurensicherung. Fakt ist, dass die alte Berta nimmer lebt und dass sie keines natürlichen Todes gestorben ist. Gehen wir.“

Er sagte dem Leiter des Profilerteams Bescheid und erhielt die Zusage, sofort informiert zu werden, sobald die sichergestellten Spuren ausgewertet sein würden.

Ludwig und Roderich verließen das Austragshäusl und gingen über den Hof zum Wohnhaus der Familie Perlmacher. Die gesamte Familie war im Wohnzimmer versammelt. Da waren der dreiundfünfzigjährige Franz Perlmacher und seine Gattin, die beiden Söhne Martin und Thomas sowie die hübsche Tochter Franziska, mit ihren dreiundzwanzig Jahren das jüngste Familienmitglied. Die Gesichter waren bleich und von Fassungslosigkeit sowie Entsetzen geprägt. Die Frauen hatten gerötete und verquollene Augen, was verriet, dass sie bereits eine Menge Tränen vergossen hatten.

Ludwig hatte gegen die Tür geklopft und diese, ohne die Aufforderung zum Eintreten abzuwarten, geöffnet. Er betrat den großen, gemütlich eingerichteten Raum, und Roderich folgte ihm auf dem Fuße. Flackernde Augen fixierten voll angespannter Erwartung die beiden Polizisten.

„Dürfen wir uns setzen?“, fragte Ludwig und schaute den Bauern fragend an.

Franz Perlmacher nickte. „Bitte“, entrang es ihm mit belegter Stimme, dabei wies er auf zwei freie Plätze.

“Mei, das ust ja schonmal was.”

“Was meinen Sie damit?”

“Dass man sich setzen kann”, sagte Dampfmoser. “Ich stehe nämlich nicht gerne.”

“Manch einer ist halt schon mit wenig zufrieden”, sagte der Perlmacher.

“Ja, aber zu der Sorte gehöre ich normalerweise nicht”, gab Kommissar Dampfmoser zurück.

Ludwig setzte sich in einen Sessel, Roderich quetschte sich neben den Sohn Martin auf die Couch.

Franz Perlmacher räusperte sich, schluckte und fragte: „Gibt’s schon irgendwelche Erkenntnisse?“

„Nein“, antwortete Ludwig.

“Noch gar nichts?”

“Wir sind bei der Mordkommission, nicht auf der Flucht”, sagte Dampfmoser.

“Mei, man wird ja mal fragen dürfen.”

„Die Tat dürft heut‘ Vormittag geschehen sein, Tatwaffe war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine schwere Tonvase, deren Scherben rund um den Leichnam verstreut sind.

“Aha…”

“So ist die Lage.”

“Und mehr Erkenntnisse gibt es noch net?”

“Wir müssen abwarten, ob die Spurensicherung was ergibt. Hat jemand von euch eine Ahnung, wer hinter der Tat stecken könnt‘?

Der Permacher schüttelte den Kopf.

“Da fällt mir wirklich erstmal niemand ein.”

“Hatte die alte Frau Feinde, gab es im Vorfeld Drohungen?“

„Feinde?“, wiederholte Franz Perlmacher und wiegte den Kopf. Seine Mundwinkel waren nach unten gezogen.

Kommissar Dampfmoser nickte.

“Menschen, die ihr nicht wohlgesonnen waren oder denen sie vielleicht sogar aus irgendeinem Grund im Weg stand.”

„Nein, die Tante hatte keine Feinde.”

“Aber irgendjemand muss sie net gemocht haben.”

“Nun…”

“Sonst wäre sie jetzt net tot.”

“Das stimmt natürlich.”

“Sehen Sie!”

“Es gibt sicher einige Leut‘, mit denen sie net besonders grün war.”

“Und wer?”, hakte Dampfmoser sofort nach.

Aber sein Gesprächspartner winkte gleich ab.

“Dass sie deswegen einer erschlägt, ist kaum vorstellbar.“

„Nennen S‘ mir Namen, Herr Perlmacher“, forderte Ludwig. „Jeder noch so kleine Hinweis kann wichtig sein.“

Der Perlmacher kratzte sich am Kinn.

Er wirkte nachdenklich.

Eine tiefe Furche bildete sich auf seiner Stirn und gab ihm ein grüblerisches Aussehen.

Dampfmoser ließ de Perlmacher Zeit, damit der seine Gedanken ordnen konnte. Auch wenn es dem Kommissar schwer fiel, denn ein besonders geduldiger Mensch war der polterige Kommissar nicht immer. Aber er bemühte sich. Das ist wie mit Möhren, dachte er. Wenn man an denen zieht, wachsen die auch nicht schneller. Und manche Zeugenaussagen sind eben wie Möhren. Man muss ihnen Zeit geben, um zu wachsen.

Der Perlmacher sagte dann: “Also ich weiß nicht. Ich will ja auch niemanden in falschen Verdacht bringen.

“Aber so kommen wir jetzt nicht weiter”, mischte sich nun der Kollege Roderich Berger ein. Der wurde nun auch schon langsam etwas ungeduldig.

„Im Altenclub hat’s ein paar Damen gegeben, mit denen die Tante net so recht warm geworden ist“, ergriff nun Luisa, die Gattin des Bauern, das Wort. „Sie hat halt oft über diese oder jene dieser Frauen geschimpft, nachdem sie ein paar Stunden mit ihnen verbracht gehabt hat. Gewusst hat s‘ ja über jeden etwas, die Berta. Die eine war ihr zu geizig, die andere zu vorlaut, wieder eine andere war nach ihrer Aussage trotz ihres hohen Alters noch hinter den Mannsbildern her …“ Luisa winkte ab. „Ich glaub‘, in dem Altenclub ist eine wie die andere. Keiner gönnt dem oder der anderen was. Da dreh’ ich die Hand net um.“

„Der Eugen war net gut auf die Tante zu sprechen“, mischte sich nun Sohn Martin ein.

„Lass den Eugen aus dem Spiel!“, regte sich die hübsche Franziska auf. Ihre Augen funkelten, der Blick, mit dem sie ihren Bruder maß, war vernichtend.

„Wer ist der Eugen?“, wollte Roderich Berger wissen.

„Eugen Gombacher“, antwortete Martin. „Ein Bergführer. Der Eugen ist hinter der Franzi her wie der Teufel hinter der armen Seele. Und wenn ich das richtig beurteil‘, dann wär‘ meine Schwester net abgeneigt, mit dem Eugen was anzufangen.“

„Und warum war Eugen Gombacher net gut auf die Berta zu sprechen?“, hakte Ludwig nach.

„Er ist kein Mann für die Franzi!“, platzte es aus dem Bauern heraus. „Bergführer! Was ist denn das für ein Beruf? Der Gombacher ist ein Hungerleider, der sich bei uns sicherlich gern ins gemachte Nest setzen würd‘. Den mag hier keiner – außer meiner Tochter. Aber der werd‘ ich die Flausen auch noch austreiben.“

„Du bist unfair, Papa!“, brach es über die zuckenden Lippen der Dreiundzwanzigjährigen. Sie erhob sich mit einem Ruck und ging zur Tür. „Der Eugen liebt mich. Er würd‘ mich auch lieben, wenn ich arm wie eine Kirchenmaus wär‘. Ja, ich mag ihn. Und wenn du dich auf den Kopf stellst, Papa: Ich lass‘ auf den Eugen nix kommen.“

Sie klinkte die Tür auf, verließ den Raum und warf die Tür hinter sich zu.

„Mir kommt der Gombacher jedenfalls net auf den Hof!“, schimpfte Franz Perlmacher. „Der will sich bei uns nur ein feines Leben erschleichen, indem er dem dummen Madel schöne Augen macht. Nur über meine Leiche …“

Er verschluckte sich fast, denn ihm kam selbst zu Bewusstsein, wie makaber seine Aussage angesichts der Ermordung seiner Großtante war.

„Eine Leiche reicht schon“, knurrte Ludwig. „Hat die Berta auch was gegen den Gombacher einzuwenden gehabt?“, erkundigte er sich dann.

„Die Tante hat den gleichen Standpunkt vertreten“, antwortete Franz Perlmacher. „In ihren Augen war der Gombacher ein nichtsnutziger Faulenzer, ein Tagedieb, der als Bergführer lediglich Gelegenheitsjobs ausübte und sich gerade so über Wasser hielt. Wir waren uns einig: Der Gombacher ist ein Hungerleider, ein Habenix, der sich durchs Leben schlägt und unserem Madel den Kopf verdreht hat, weil er sich was erwartet. Er ist ein windiger Häuslschleicher, und mit ihm braucht mir die Franzi net kommen.“

Dampfmoser und sein Kollege wechselten einen vielsagenden Blick, dann sagte der Hauptkommissar: „Wir werden uns mit dem Eugen Gombacher unterhalten. Und dann sehen wir weiter. Im Moment kann ich euch nur noch einmal mein Mitgefühl ausdrücken. Aber für euch geht das Leben weiter. Der Kollege Berger und ich werden alles Erdenkliche tun, um den Mörder der alten Berta zu überführen. Euch rat ich, die Augen offenzuhalten, denn es ist möglich, dass der Täter noch einmal auftaucht. Es ist nämlich net auszuschließen, dass er irgendetwas gesucht hat.“

„Machen S‘ mir net Angst, Herr Hauptkommissar“, sagte die einundfünfzigjährige Bäuerin.

„Das ist ganz sicher net meine Absicht, Frau Perlmacher“, entgegnete Dampfmoser. „Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Und ausschließen kann man nix. Jemand, der einem neunundneunzigjähren Weibl den Kopf einschlägt, ist unberechenbar und daher gefährlich.“

Die beiden Beamten verabschiedeten sich und fuhren in die Stadt zurück, wo sie in der Polizeiinspektion ein gemeinsames Büro zur Verfügung hatten.

2

Am folgenden Morgen, kaum dass Ludwig Dampfmoser sein Büro betreten hatte, dudelte das Telefon auf seinem Schreibtisch. Ludwig war gerade dabei, seine Lederjacke auszuziehen. Er warf sie achtlos über den Stuhl und schnappte sich den Telefonhörer, hob ihn ans Ohr und sagte: „Dampfmoser, Polizeiinspektion.“

„Guten Morgen, Herr Dampfmoser“, erklang eine männliche Stimme.

Der Hauptkommissar erwiderte den Gruß. „Wegen was rufen S‘ denn an? Haben S‘ auch einen Namen?“

„Mein Name ist uninteressant“, erhielt Ludwig zur Antwort. Er registrierte, dass der Sprecher leicht mit der Zunge anstieß, sodass vor allem der Buchstabe ‚s‘ leicht zischend rüberkam. „Ich hab‘ gehört, dass jemand die alte Perlmacher-Berta erschlagen hat.“

„Haben S‘ etwa sachdienliche Angaben zu machen?“, erkundigte sich Ludwig.

Eine kurze Pause verstrich.

Dampfmoser hörte auf der anderen Seite der Leitung zunächst nur ein Atmen.

Zumindest hielt der Kommissar es dafür.

„Ich glaub‘, ich weiß, wer’s getan hat“, erklärte der Anrufer.

“Sie wissen es?”

“Ja.”

„Dann sind S‘ doch so gut und lassen S‘ mich an Ihrer Erkenntnis teilhaben“, versetzte Dampfmoser.

Sein Gegenüber druckste noch etwas herum.

“Mei, nun lassen Sie es doch net eine schwere Geburt werden”, sagte Dampfmoser dann tief durchatmend.

„Es war der Gombacher-Eugen.“

Einen Moment lang war der Hauptkommissar ein wenig perplex. Den Namen hatte man auch bei der Familie Perlmacher mit dem Mord in Verbindung gebracht. „Und wie kommen S‘ zu dieser Erkenntnis? Haben S‘ etwa beobachtet, wie er das alte Weibl erschlagen hat? Oder hat er’s Ihnen erzählt? Und wollen S‘ mir net endlich Ihren Namen nennen? Ich halt‘ nämlich net viel von anonymen Anrufen oder Schreiben.“

„Sie können davon halten, was Sie wollen. Meinen Namen erfahren S‘ net. Nehmen S‘ den Gombacher fest. Ich hab‘ ihn gestern Vormittag mit seinem Auto auf der Straße gesehen, die zum Perlmacherhof führt. Da die Straß‘ beim Hof endet, kann nur er das Ziel der Saukerls gewesen sein. Es ist ja bekannt, dass er mit der Perlmacher-Franzi ein Techtelmechtel angefangen hat, weswegen man in Franzis Familie gar net gut auf ihn zu sprechen ist. Die alte Berta soll ihn beschimpft haben, als er neulich vor dem Hof mit seinem Auto auf das Madel gewartet hat.“

„Das ist eine ziemlich schwerwiegende …“ Ludwig brach ab, denn der Anrufer hatte die Verbindung kurzerhand unterbrochen. Er war noch dabei, der Stimme hinterherzulauschen, als Roderich Berger das Büro betrat. „Grüaß di“, grüßte der Oberkommissar und runzelte die Stirn. „Du schaust drein, als hättest du deine Umgebung vergessen. So einen Blick hat du immer nur dann drauf, wenn dir irgendwas net in den Kopf will.“

„Mich hat eben einer angerufen und den Gombacher-Eugen des Mordes an der alten Berta beschuldigt“, murmelte Ludwig versonnen.

„Den haben s‘ doch auch auf dem Perlmacherhof in Verdacht – abgesehen von der Franziska Perlmacher, die den Burschen scheinbar recht gern sieht“, erwiderte Roderich.

„Mein erster Gedanke war, dass es jemand aus der Perlmacherfamilie gewesen ist, der mich eben angerufen hat“, erklärte Ludwig. „Er will das Auto des Gombacher-Eugen gestern Vormittag auf der Straße gesehen haben, die zum Perlmacherhof führt. Die Getötete soll ihn kürzlich erst beschimpft haben, als er die Franziska abgeholt hat. Ist dir was aufgefallen, dass jemand in der Familie leicht lispelt, dass jemand ein Problem damit hat, das ‚S‘ klar und deutlich auszusprechen?“

Roderich überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf. „Nein. Das wär‘ mir net entgangen“, antwortete der Oberkommissar. „Dennoch sollten wir uns mit dem Gombacher mal unterhalten. Sollt‘ er auf die alte Frau sauer und gestern Vormittag tatsächlich auf dem Perlmacherhof gewesen sein, dann gibt das auf jeden Fall zu denken.“

„Okay“, stimmte Ludwig zu. „Stellen wir seine Adresse fest und statten wir ihm einen Besuch ab. Die Hinweise, die wir haben, sind es jedenfalls wert, ihm einige Fragen zu stellen.“

In dem Moment, als er nach seiner Jacke griff, um sie ordentlich über die Stuhllehne zu hängen, klingelte sein Telefon erneut. Es war der Kollege, der das Team der Spurensicherung am Tatort geleitet hat. Er grüßte und sagte: „Fakt ist, dass die Berta Perlmacher infolge einer Gewalteinwirkung auf den Kopf getötet worden ist. Tatwaffe war die Vase, von der die Scherben in der ganzen Küche verteilt waren. An verschiedenen Trümmern wurden Blutspuren festgestellt – Blut der Getöteten. Außerdem haben wir bei der Durchsuchung der Wohnung einen hundert Gramm schweren Goldbarren gefunden, der mit einem Datum von 1920 geprägt ist.“

„Einen Goldbarren?“, echote Ludwig überrascht. „Hundert Gramm schwer? Der ist doch einiges wert. Woher mag die alte Berta den Barren gehabt haben?“

„Keine Ahnung“, antwortete der Profiler. „Als der Barren gegossen worden ist, hat sie jedenfalls selber noch net gelebt. Vielleicht ein Erbstück.“

„Nach dem 1. Weltkrieg hat doch eine ziemlich einschneidende Inflation ihren Anfang genommen“, sinnierte Ludwig laut. „Wenn ich mich richtig erinnere, dann hat sie in den Jahren 1922 und 23 ihren Höhepunkt erreicht.“

„Ja, das stimmt“, pflichtete der Kollege dem Hauptkommissar bei. „Du scheinst im Geschichtsunterricht gut aufgepasst zu haben. In dieser Zeit war, um die Inflation abfangen zu können, der private Besitz von Gold verboten. Vorhandene Goldreserven, auch Schmuck, mussten zu einem festgesetzten Preis an den Staat verkauft werden.“ Roderich verzog den Mund. „Daran scheint sich derjenige, von dem die alte Berta den Goldbarren erhalten hat, aber net gehalten zu haben“, fügte er schließlich hinzu.

„Er muss ja net während der Zeit der Inflation in ihren Besitz gekommen sein“, wandte Ludwig ein.

„Das ist wahr“, gab der Kollege zu. „War eine rein rhetorische Aussage. Vergiss sie.“

„Wie auch immer“, knurrte Ludwig. „Vielleicht kann uns jemand auf dem Hof verraten, woher die Berta Perlmacher den Goldbarren hatte. Möglicherweise hatte es der Mörder sogar auf das Gold abgesehen. Hundert Gramm Gold dürften gut und gerne fünfeinhalbtausend Euro wert sein.“

„Gut geschätzt, Ludwig“, sagte der Profiler. „Dass der Mörder auf das Gold scharf war, glaub‘ ich aber net. Der Barren hat nämlich in einem der durchwühlten Schübe einer Kommode gelegen. Das heißt, der Mörder muss ihn entdeckt haben, hat ihn aber liegen lassen. Für mich ein Indiz, dass er was anderes gesucht hat. Etwas, das für ihn von einem immensen Wert ist – und das muss net unbedingt materieller Art sein.“

„Was könnt‘ das sein?“, fragte Ludwig. „Vielleicht hatte die Berta ihren Mörder auf irgendeine Art in der Hand“, fügte er sogleich hinzu. „Eventuell hat er irgendwann mal was angestellt, von dem die alte Dame gewusst hat. Ich schließ‘ in einem solchen Zusammenhang gar net aus, dass es Aufzeichnungen gegeben hat. Briefe möglicherweise, oder ein Tagebuch …“

„Das ist hier die Frage“, erwiderte der Beamte von der Spurensicherung. „Findet den Mörder, Ludwig, und du wirst die Antwort erhalten. Ich drück‘ euch jedenfalls die Daumen.“

„Danke“, knurrte Ludwig. „Sollten sich neue Erkenntnisse ergeben, sag‘ mir bitte Bescheid. Der Roderich und ich folgen bereits einer Spur. Ob sie allerdings heiß ist, weiß der liebe Gott. Wir wollen uns den Burschen, der uns jetzt zum zweiten Mal als der Mörder angepriesen worden ist, zur Brust nehmen. Und dann fahren wir zum Perlmacherhof und erkundigen uns, ob jemand von denen dort eine Ahnung hat, woher die Getötete den Goldbarren hatte.“

„Wie gesagt, Kollege: Viel Erfolg.“

„Hoffen wir das Beste“, verlieh Ludwig seiner Hoffnung Ausdruck. „Wir bleiben in Verbindung. Habe die Ehre.“

Er hörte noch den Abschiedsgruß des Kollegen, dann war die Leitung tot. Ludwig legte den Hörer weg und richtete den Blick auf Roderich. „Auf in den Kampf, mein Freund. Knöpfen wir uns den angeblich nichtsnutzigen Bergführer vor, und dann reden wir noch einmal mit den Leuten vom Perlmacherhof. Vielleicht sind wir heut‘ Abend ein bissel schlauer als jetzt. Denn im Moment haben wir nix in Händen, abgesehen von den beiden Hinweisen auf den Eugen Gombacher.“

Roderich stemmte sich am Schreibtisch in die Höhe. „Verlieren wir keine Zeit“, brummte er.

3

Die Adresse Eugen Gombachers herauszufinden war ein Kinderspiel. Die beiden Beamten sagten der Sekretärin ihres Chefs, Kriminaldirektor Schrotz, Bescheid, dass sie sich in den Außendienst begaben und Ludwig wies überflüssigerweise darauf hin, dass sie ja jederzeit per Mobiltelefon zu erreichen seien, dann begaben sie sich in den Hof, setzten sich in ihren Dienstwagen und fuhren zu dem kleinen Bergdorf, in dem der sechsundzwanzigjährige Bergführer und Skilehrer lebte. Er hatte im Haus seiner Eltern die Dachwohnung inne.

Eugen war ein beachtlicher Bursche. Eins fünfundachtzig groß, sportliche Figur, dunkle, leicht gewellte Haare und blaue Augen, die offen in die Welt blickten. Dass ein hübsches Madel wie die Perlmacher-Franziska auf einen Typ wie ihn abfuhr, wunderte weder Ludwig noch Roderich. Eugen besaß eine gesunde Gesichtsfarbe, die bewies, dass er sich viel in der frischen Luft aufhielt.

Die beiden Polizisten hatten Glück und trafen ihn in seiner Wohnung an. Nachdem Ludwig sich und den Oberkommissar vorgestellt hatte, sagte er: „Wir haben einige Fragen an Sie, Herr Gombacher.“

„Ich hab‘ Sie erwartet“, erklärte Eugen. „Es ist nämlich schon bis zu uns durchgedrungen, dass die alte Perlmacher-Berta umgebracht worden ist. Bitte, Kommen S‘ in die Wohnung. Wir sollten über die Sach‘ net zwischen Tür und Angel reden.“

Eugen schien nicht im Geringsten über den Besuch erstaunt zu sein. Er zeigte auch keinerlei Anzeichen von Unruhe oder Unbehaglichkeit.

Ludwig und Roderich folgten ihm in die Wohnung. Im Wohnzimmer bot er ihnen Sitzplätze an und nahm selbst auch Platz. „Ich war gestern Vormittag auf dem Perlmacherhof“, gestand er. „Sie müssen wissen, ich bin ziemlich mit der Franzi verbandelt, hab‘ aber den Rest der Familie gegen mich. Leider hab‘ ich auf dem Hof nur die alte Berta angetroffen. Ich hab' sie nach der Franzi gefragt, aber sie hat aus dem Fenster ihres Austragshäusls gekeift, dass ich die Hände von dem Madel lassen und vom Hof verschwinden soll. Ich hab‘ der alten Bissgurn zugerufen, dass sie das schon der Franzi überlassen müsst‘, ob sie mit mir geht oder net, und dann bin ich wieder heimgefahren. Es war mir auch net möglich eine Handyverbindung mit der Franzi herzustellen. Am Abend hat sie mir dann erzählt, dass die ganze Familie beim Almauftrieb teilgenommen und sie ihr Handy ausgeschaltet gehabt hat.“

„Sind Sie und die Perlmacher-Franziska ein Paar?“, hakte Ludwig nach.

„Wir haben uns einige Male getroffen.“ Eugen schaute kurze Zeit versonnen auf einen unbestimmten Punkt im Raum, dann fügte er hinzu: „Ich hab‘ mich in die Franzi verliebt, und zwar bis über beide Ohren. Und sie hat für mich auch sehr, sehr viel übrig, hat s‘ mir gestanden. Sie meint, dass sie ihre Eltern net fragen muss, wen sie lieben darf, ist sie doch volljährig. Und da ihr Bruder Martin mal den Hof übernimmt und sie, die Franzi, diesen früher oder später verlassen wird, ist sie der Auffassung, dass man es ihr überlassen muss, wem sie ihr Herz schenkt.“

„Das sieht man scheinbar in der Familie Perlmacher ganz anders“, brachte sich Roderich in das Gespräch ein. „Sie haben sich gestern Vormittag also, nachdem Sie Ihre – hm, Freundin Franzi besuchen wollten und diese net angetroffen haben, mit der später Getöteten gestritten“, konstatierte der Oberkommissar.

„Iwo, net gestritten. Ich hab‘ ihr lediglich zugerufen, dass sie es der Franzi überlassen soll, ob sie mir wohlgesinnt ist oder net. Sie hat dann noch irgendetwas hinter mir her gekeift, aber ich hab net verstanden, was. Sicher war’s nix Freundliches.“

„Dann hat die alte Dame noch gelebt, als Sie den Hof verlassen haben, Herr Gombacher?“, sagte Ludwig, und es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

„Ja, sie war putzmunter.“

Die durchdringenden Blicke der beiden Beamten waren auf das Gesicht Eugens gerichtet. Der Bursche zeigte noch immer keine Nervosität, sondern erwiderte die forschenden Blicke, ohne mit den Wimpern zu zucken.

„Sind Sie net, ehe Sie den Hof verlassen haben, in das Austragshäusl gegangen und haben S‘ sich mit der alten Dame gestritten?“, fragte Roderich. „Der Streit eskalierte schließlich und Sie nahmen das nächstbeste Trum, schlugen es der Frau auf den Kopf und verließen erst dann den Hof. War’s net so, Herr Gombacher.“

Eugens Brauen hoben sich. „Nein, so war’s net. Ich bin weder in die Wohnung der Tante gegangen, noch hab‘ ich irgendetwas auf ihren Kopf geschlagen. Sie hat gelebt, als ich vom Hof gefahren bin. Ich hab‘ mir noch gedacht, dass man der Berta, wenn s‘ mal das Zeitliche segnet, die Gosch’n (den Mund) extra erschlagen muss, damit s‘ endlich das Maul hält. Aber ich hab‘ sie net erschlagen, in bin nämlich kein Mörder. Und um Mord handelt es sich wohl. Glauben Sie, ich hätt‘ Ihnen erzählt, dass ich, ehe die Berta umgebracht worden ist, auf dem Hof war und sie ganz allein angetroffen hab‘, wenn ich ein schlechtes Gewissen haben müsst‘?“

„Das kann Berechnung sein“, entgegnete Ludwig. „Sie sind gesehen worden, als Sie zum Hof fuhren.“

„So, von wem denn? Unabhängig davon ist mir das wurscht, denn ich hatt‘, als ich zum Hof fuhr, nix zu verbergen. Ich mach‘ ja auch kein Hehl draus, dass ich dort war.“

„Es spricht aber vieles dafür, dass Sie vielleicht doch zugeschlagen haben“, stieß Roderich hervor.

Jetzt schoben sich Eugens Brauen finster zusammen, sein Blick, den er auf den Oberkommissar richtete, war stechend. „Sie konstruieren da etwas, das ganz und gar net zutrifft. Falls Sie einen Mörder brauchen, um einen Erfolg vorweisen zu können, dann müssen S‘ den wo anders suchen. Ich war auf dem Hof, und die Perlmacher-Berta hat sich aufgeregt. Sie hat mich einen Hungerleider und Nichtsnutz genannt. Ich hab‘ jedoch ihr Häusl net betreten. Warum hätt‘ ich das alte Weibl erschlagen sollen? Weil s‘ der Überzeugung war, dass ich net gut genug für die Franzi wär‘? Da müsst‘ ich auch den Vater und die Mutter der Franzi erschlagen, und möglicherweise auch ihre Brüder. Denn die halten alle das Gleiche von mir – nämlich nix.“

„Kennen Sie jemand, der beim Sprechen leicht mit der Zunge anstößt und deshalb das ‚S‘ ein wenig zischelnd ausspricht?“, fragte Ludwig.

Eugen musste nicht lange überlegen. „Ein Kollege von mir, der Brunner-Florian, lispelt ein bissel. Ja, das ‚S‘ kommt ein wenig zischelnd aus seinem Mund. Warum möchten S‘ das wissen?“

„Nur so, nichts von Bedeutung“, antwortete Ludwig. „Dürfen wir mal einen Blick in ihr Auto werfen?“

„In mein Auto? Warum?“ Etwas verständnislos fixierte Eugen den Hauptkommissar.

„Reine Routine“, erwiderte Ludwig. „Wir können das Auto auch beschlagnahmen …“

„Großer Gott! Nein! Das ist net nötig. Schließlich hab‘ ich nix zu verbergen. Gehen wir hinunter, das Auto steht im Hof.“

Er erhob sich und holte einen Schlüsselbund. Ludwig und Roderich warteten schon im Flur. Sie begaben sich in den Hof und Eugen öffnete den Wagen, einen VW Passat. Die beiden Beamten begannen mit der Durchsuchung. Im Handschuhfach fand Roderich eine aufgerissene Packung Latexhandschuhe sowie ein gebrauchtes Paar schmutziger Arbeitshandschuhe, das zusammengeknüllt in dem Handschuhfach gelegen hatte. „Wozu benötigen Sie diese Handschuhe?“, erkundigte er sich bei Eugen.

„Mein Auto ist nimmer das Neueste“, antwortete der junge Bergführer. „Es ist schon einige Male stehengeblieben. Dann muss ich dieses oder jenes Kabel im Motorraum prüfen, eventuell auch die Zündkerzen herausschrauben, den Ölstand nachschauen oder die Festigkeit eines Keilriemens checken. Hin und wieder befördere ich auch Gartenabfälle. Dafür brauche ich die Arbeitshandschuhe.“

„Wie alt ist Ihr Auto denn?“, wollte Ludwig wissen.

„Fast siebzehn Jahre. Ich bin gerade zur Kommunion gekommen, als ihn der Papa damals gekauft hat. Als ich achtzehn war und den Führerschein hatte, übernahm ich das Auto vom Papa. Er hat sich ein anderes gekauft. Ich werd‘ den Passat fahren, bis er auseinanderfällt.“

„Die Handschuhe nehmen wir mit“, erklärte Roderich. „Ich erkläre sie für beschlagnahmt.“

„Meinetwegen“, gab Eugen etwas genervt zu verstehen. „Die Arbeitshandschuhe können S‘, nachdem S‘ sie in Ihrem Labor auf Spuren untersucht haben, wegwerfen. Ich kauf‘ mir ein paar neue.“

„Das wär’s für den Moment“, erklärte Ludwig. „Fakt ist, Herr Gombacher, dass Sie der Letzte waren, der die Frau Perlmacher lebend gesehen hat. Fakt ist auch, dass Sie nach allem, was wir in Erfahrung gebracht haben, gewiss net gut auf die alte Dame zu sprechen waren. Ich weiß net, was ich davon halten soll. Mal hören, was der Staatsanwalt sagt.“

„Versuchen S‘ nur net, mir was in die Schuhe zu schieben“, fuhr Eugen den Hauptkommissar an. Seine blauen Augen blitzten herausfordernd, seine Hände öffneten und schlossen sich. Seit dem Beginn der Befragung war es das erste Mal, dass er ein wenig die Contenance verlor. Dem maß Ludwig aber keine Bedeutung bei. Es war nicht einfach, die Ruhe zu bewahren, wenn man eines brutalen Mordes verdächtigt wird.

„Sie hören wieder von uns“, sagte der Hauptkommissar unbeeindruckt. „Und merken S‘ sich, Herr Gombacher, dass wir nie versuchen, jemand was in die Schuhe zu schieben. Es ist unser Job, jedem noch so kleinem Hinweis nachzugehen. Ich wiederhole mich jetzt. Aber Sie waren derjenige, der die alte Berta Perlmacher zuletzt lebend gesehen hat. Ein Alibi für die Tatzeit haben S‘ net. Und dass sie mit der alten Dame eine gewisse Zeit auf dem Hof waren, das haben S‘ ja selber zugegeben.“

Eugen zog die Unterlippe zwischen die Zähne und begann darauf herumzukauen. Nachdenklich murmelte er: „Da spricht wohl einiges gegen mich. Sakra, sakra! Das schaut gar net gut für mich aus.“

„Wie wär’s mit ‚nem Geständnis, Herr Gombacher?“, schnappte Roderich.

„Was soll ich gestehen?“, maulte Eugen. „Etwas, das ich net getan hab‘? Kreuzdonnerwetter!“ Seine Stimme hatte sich gehoben und klang wütend. „Ich hab‘ den alten Drachen net auf’m Gewissen. Schau‘ ich vielleicht aus wie einer, der alte Frauen erschlägt?“

„Wie schaut einer aus, der das tut?“, kam Ludwigs Gegenfrage. „Habe die Ehre, Herr Gombacher. Wenn Sie’s net waren, der die alte Berta umgebracht hat, dann brauchen S‘ sich auch keine Gedanken zu machen. Wir finden den Täter. Eher geben wir net auf. Noch sind net alle Spuren ausgewertet. Und eine wird am Ende dabei sein, die uns zum Totschläger führt.“

4

Auf dem Perlmacherhof waren nur Franziska und ihre Mutter, die einundfünfzigjährige Luisa, anzutreffen. „Die Mannsbilder sind im Wald“, wusste Luisa zu berichten. „Sie holen die Wind- und Schneebrüche heraus, ehe sich der Borkenkäfer einnistet. – Das mit der Tante können wir noch immer net fassen. Die Frage, warum sie erschlagen wurde, lässt keinen von uns los. Sicher, sie war kein besonders verträglicher Mensch und sie hat auch uns ziemlich zugesetzt. Aber muss man sie deswegen gleich umbringen? Fürchtet denn der, der das auf dem Gewissen hat, net Sünden?“

„Wir wissen net, ob es sich um einen gottesfürchtigen Menschen handelt, Frau Perlmacher“, versetzte Ludwig. „Wir haben noch ein paar Fragen. Vielleicht sind Sie in der Lage, sie uns zu beantworten, möglicherweise hat Ihre Tochter die Antwort auf die eine oder andere Frage. Wenn wir mit Ihnen net weiterkommen, werden wir am Abend noch einmal vorbeischauen, wenn Ihr Mann und Ihre Söhne daheim sind.“

Sie saßen am Tisch in der Küche des Wohnhauses. Es roch nach kochenden Kartoffeln. Ein Topf voll stand auf dem E-Herd. Das siedende Wasser hob ein um das andere Mal den Deckel an, und es zischte, wenn Wasser über den Topfrand auf die Herdplatte rann.

Luisa erhob sich und drehte die Hitze der Kochplatte etwas zurück. Als sie wieder saß, fragte sie: „Haben S‘ den Gombacher-Eugen schon verhört? Wir alle sind davon überzeugt, dass er die Tante umgebracht hat. Vielleicht gar net mal vorsätzlich. Wahrscheinlich war er da, als wir alle das Vieh auf die Alm getrieben haben, um der Franzi einen von seinen Überraschungsbesuchen abzustatten. Obwohl er weiß, dass wir ihn hier net haben wollen, taucht er immer wieder auf. So möglicherweise auch gestern. Es ist zum Streit mit der Tante gekommen, und er hat sie im Affekt erschlagen.“

„Zu so etwas würd‘ sich der Eugen niemals hinreißen lassen!“, verteidigte Franziska ihren Liebsten. „Ich mag ihn, wir lieben uns. Und es wird euch nie gelingen, zwischen ihn und mich einen Keil zu treiben, Mama. Weil ihr net leiden könnt‘, weil er in euren Augen ein windiger Habenix ist, würdet ihr ihm sogar einen Mord andichten.“

„Was redest du von Liebe?“, begehrte Luisa auf. „Du bist ja noch net mal trocken hinter den Ohren.“ Sie schaute Ludwig an. „Der Kerl hat dem Madel den Kopf verdreht. Dass er ein sauberes Mannsbild ist, bestreitet ja auch niemand. Es ist eine Verliebtheit, ein Strohfeuer, das schnell niederbrennen wird, wenn die Franzi erst merkt, was für ein Windhund der Gombacher ist. Der ist doch hinter jedem Rock her. Zurzeit ist unser dummes Madel dran. Wenn er sich geholt hat, was er haben möcht‘, lässt er sie fallen wie eine heiße Kartoffel.“

„Das ist net mein Problem“, versetzte Ludwig. „Ich kann dazu auch nix sagen. Natürlich haben wir mit dem Gombacher gesprochen. Er gibt ja auch zu, hier gewesen zu sein, als ihr das Vieh auf die Alm getrieben habt. Er behauptet aber auch steif und fest, dass die Großtante ihres Mannes noch lebte, als er den Hof wieder verlassen hat. Sie habe ihn beschimpft und ihm empfohlen, schnellstens zu verduften. Er, der Eugen Gombacher, ist wieder heimgefahren, nachdem er feststellen musst‘, dass die Franziska net da war.“

„Das glauben S‘ ihm doch net?“, stieß Luisa hervor.

„Solang es keinen Beweis gibt, dass er die Tat begangen hat“, mischte sich nun Roderich ein, „gilt in unserem Land die Unschuldsvermutung.“

„Der Eugen ist unschuldig!“, rief Franziska mit Nachdruck in der Stimme.

„Wenn’s er net war, wer dann?“, keifte Luisa.

„Das herauszufinden ist unser Job“, erklärte nun Ludwig. „In den Sachen der Tante wurde ein hundert Gramm schwerer Goldbarren gefunden“, kam er auf den Punkt zu sprechen, den es seiner Meinung nach vorrangig zu klären galt. „Es wurde entsprechend der Prägung im Jahr 1920 gegossen. Sein Wert liegt bei etwa fünfeinhalbtausend Euro. Haben Sie eine Ahnung, wo die Getötete den Barren her hatte?“

Luisa hatte ganz runde Augen bekommen. Ungläubig starrte sie den Hauptkommissar an. „Ein Goldbarren – fünfeinhalbtausend Euro wert?“, entrang es sich ihr geradezu fassungslos. „Das – das kann net sein. Die Tante hat sich doch immer wegen dem bissel Rente beschwert. Sie reicht kaum zum Leben, hat s‘ immer lamentiert. Und jetzt stellt sich heraus, dass Sie einen wertvollen Goldbarren besessen hat. Ich werd‘ ja nimmer!“

Sie erhob sich, griff sich an den Kopf und nahm in der Küche eine unruhige Wanderung auf. Drei Schritte hin, drei zurück. Es schien in der Tat ihr Begriffsvermögen zu übersteigen.

Doch jetzt ergriff Franziska das Wort, indem sie sagte: „Manchmal war die Tante schon recht senil und sie hat wirres Zeug dahergeredet. Ich bin abends des Öfteren bei ihr gewesen, um ihr ein bissel Gesellschaft zu leisten. Sie hat immer wieder von einem Goldschatz geredet, den, als sie noch ein Kind war, ein reicher Bauer vergraben haben soll. Sie habe ihn dabei beobachtet, wurde aber erwischt und der Bauer hat gedroht, ihr den Hals umzudrehen, wenn sie irgendjemand ein Sterbenswort verrät. Irgendwie scheint ihr das ihr ganzes Leben lang nachgegangen zu sein, und sie hat immer wieder das Gespräch mit unserem Pfarrer gesucht. Ihm hat sie vertraut. Vielleicht kennt er die Geschichte. Was Genaues weiß ich allerdings net.“

„Hat die Frau Perlmacher denn keine Namen genannt?“, hakte Ludwig nach.

„Doch. Ich erinnere mich, dass sie einmal den Namen Obermeier nannte, ein anderes Mal sprach sie von einem Rudi. Der muss aber längst verstorben sein, denn immer, wenn die Tante seinen Namen in den Mund genommen hat, folgte der Spruch: ‚Gott hab‘ ihn selig.‘“

Roderich Berger notierte die Namen. „Wer ist der Pfarrer dieser Gemeinde?“, fragte er dann.

„Pfarrer Grömler. Er wohnt im Pfarrhaus gleich neben der Kirche.“

„Denken S‘ nach, Franziska“, forderte Ludwig die junge Frau auf. „Vielleicht fallen ihnen noch ein paar Details ein.“

Franziskas Mutter hatte in der Zwischenzeit ihre Wanderung unterbrochen und stand nun am Fenster, starrte mit leerem Blick nach draußen und schien vollkommen geistesabwesend zu sein. Sie schien aber alles, was ihre Tochter von sich gegeben hatte, mitbekommen zu haben, denn jetzt drehte sie sich um und sagte: „Es hat früher mal einen Bauern namens Wolfgang Obermeier gegeben. Das war allerdings vor meiner Zeit. Den hat vor einem Menschenalter der Blitz erschlagen. Wär er eines normalen Todes gestorben, hätt‘ wahrscheinlich kein Mensch mehr eine Erinnerung an ihn gehabt. Meine Oma hat ihn noch gekannt. Als ich noch ein kleines Madel war und wenn es gewittert hat, erinner‘ ich mich, hat sie immer gesagt: ‚Bleibt nur im Haus, Kinder‘, sonst geht’s euch wie dem Obermeier-Wolferl. Den hat mitten auf seinem Hof der Blitz getroffen und er war auf der Stelle tot.‘“

„Da fällt mir ein, dass die Tante einmal gesagt hat, dass sie ihr Gewissen erleichtern müsse, ehe sie vor ihren himmlischen Richter tritt“, erinnerte sich Franziska. „Als hätt‘ sie geahnt, dass sie nimmer lang zu leben hat …“

„Mit neunundneunzig Jahren hat man auch keine allzu große Lebenserwartung mehr“, flocht Roderich ein.

„Die Tante war kerngesund“, erklärte Luisa. „Der Arzt hat mal gesagt, sie verfügt über eine Natur wie ein Büffel. Wenn sie so weitermacht – so der Arzt - wird sie hundertzehn oder noch älter.“

Roderich schaute skeptisch drein. „Das hat net mal der Johannes Heesters geschafft. Und von dem hat man auch schon angenommen, dass er unsterblich wär'."

„Hat sie auch verraten, was ihr Gewissen belastete?“, erkundigte sich der Hauptkommissar.

Franziska schüttelte den Kopf. „Sie hat das nur so beiläufig erwähnt. Ich war der Meinung, dass sie einfach nur beichten wollte. Für alle Fälle. Damals, als sie das geäußert hat, hab‘ ich mir nix dabei gedacht. Jetzt seh‘ ich die Aussage in einem etwas anderen Licht. Vielleicht hat die Tante irgendein Geheimnis mit sich herumgetragen.“

„Kaum vorstellbar, dass die Tante in früheren Jahren, also vor unserer Zeit, was angestellt hat, an dem sie ein Leben lang schwer zu tragen gehabt hätt‘“, murmelte Luisa. „Sie war manchmal ausgesprochen schwierig, aber was Unrechtes trau‘ ich ihr net zu. Als sie davon gesprochen hat, dass sie ihr Gewissen erleichtern müsse, war das sicher tatsächlich nur so dahergeredet, ohne einen konkreten Hintergrund.“

„Wir werden jedenfalls mit dem Pfarrer reden“, versicherte Ludwig Dampfmoser und erhob sich. „Ein paar Hebel, an denen wir eventuell ansetzen können, haben S‘ uns jedenfalls geliefert, Franziska.“ Er nickte seinem Kollegen zu. „Meiner Meinung nach können wir hier abbrechen, es sei denn, du hast noch Fragen.“

Roderichs Gestalt wuchs vom Stuhl in die Höhe. „Keine Fragen. - Oder doch: Sie haben vorhin den Namen Obermeier-Wolferl erwähnt, Frau Perlmacher. Wolferl, nehm‘ ich an, steht für Wolfgang.“

„Das vermut‘ ich mal“, antwortete Luisa. „Wissen tu‘ ich’s allerdings net.“

„Wolferl kann nur für Wolfgang stehen“, entschied Ludwig. „Danke, die Damen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, unsere Fragen zu beantworten.“ Er schaute Franziska an. „Und was den Gombacher-Eugen angeht, so muss ich neidlos zugeben, dass er in der Tat ein schneidiger Bursch‘ ist. Wenn ich ein Madel Anfang der zwanzig wär‘, würd‘ ich mich auch nach ihm umdrehen.“

Er grinste nach diesen Worten verkniffen, zwinkerte Franziska zu und registrierte mit einem schnellen Seitenblick, dass ihn Luisa mit einem vernichtenden Ausdruck in den Augen anstarrte.

„Auf Wiedersehen, Frau Perlmacher, auf Wiedersehen, Franziska. Ein bissel haben Sie uns weitergeholfen. Vergelt’s Gott dafür.“

Sie verließen das Haus und fuhren mit dem Dienstwagen in den Ort. Der Hof lag etwa zehn Gehminuten außerhalb. Die Kirche überragte sämtliche Gebäude des Dorfes und war nicht zu übersehen. Sie war gelb und weiß getüncht, der Zwiebelturm war mit Kupferblech verkleidet, das im Laufe der Zeit eine dunkelgrüne Patinierung angenommen hatte.

5

Ludwig läutete an der Tür des Pfarrhauses, das am Rand des großen Platzes vor der Kirche erbaut worden war. Es war ein alter Bau mit großen Sprossenfenstern, der wie die Kirche in den Farben gelb und weiß gestrichen war. Ein neuer Anstrich wäre längst fällig gewesen.

Die Tür wurde aufgezogen und vor den beiden Beamten stand eine dralle Mittfünfzigerin, die mit einem knielangen Wickelschurz aus geblümten Stoff bekleidet war. Ihr strenger Blick wechselte von Ludwig zu Roderich und wieder zu Ludwig. „Bittschön?“, kam es schließlich fragend aus ihrem Mund.

„Grüaß Ihnen Gott“, grüßte Ludwig und holte das Mäppchen mit seinem Dienstausweis aus der Innentasche seiner Lederjacke. "Ich bin Hauptkommissar Dampfmoser von der Kriminalabteilung der Polizeiinspektion. Das ist mein Kollege, Oberkommissar Berger. Wir ermitteln in der Sache Berta Perlmacher. Wie sie wissen, wurde die alte Frau gestern tot in ihrer Wohnung auf dem Perlmacherhof aufgefunden. Wir hätten gern mit dem Herrn Pfarrer gesprochen.“

„Ich bin Rosemarie Faltenbacher“, erwiderte die Frau und hielt den Blick auf den Ausweis gerichtet, den ihr Ludwig vor die Augen hielt. „Die Pfarrhaushälterin. Was wollen S‘ denn vom Herrn Hochwürden? Er hat sofort, als die Nachricht vom gewaltsamen Tod der Berta das Pfarrhaus erreicht hat, ein Gebet für ihre Seele gesprochen. Er wird Ihnen kaum was sagen können, was der Aufklärung des Falles dienlich sein könnt‘.“

„Ihre Meinung in allen Ehren, Frau Faltenbacher“, versetzte Ludwig ruhig und geduldig, „aber wie wir unsere Arbeit machen, das müssen S‘ schon uns überlassen. Da wir wissen, dass die Verstorbene hin und wieder Kontakt mit dem Herrn Pfarrer pflegte, schließ‘ ich net aus, dass er ein paar sachdienliche Hinweise für uns hat. Also sind S‘ so gut, Frau Faltenbacher, und melden S‘ uns beim Herrn Pfarrer an. Oder möchten S‘ riskieren, dass wir ihn förmlich in die PI vorladen?“

Das etwas knochige Gesicht der Pfarrhaushälterin hatte sich verschlossen. „Wie ich den Herrn Hochwürden kenn‘, will er in diese Sache net hineingezogen werden“, posaunte sie.

„Dann nehmen S‘ bitte zur Kenntnis, Frau Faltenbacher, dass wir möglicherweise in einem Mordfall ermitteln“, stieg es grollend aus Roderichs Kehle. „Und wenn wir es für nötig befinden, den Herrn Pfarrer zu befragen, dann bitt‘ ich Sie, das net in Zweifel zu ziehen. Also sind S‘ so gut und melden S‘ dem Herrn Pfarrer, dass wir ihn sprechen möchten.“

Da ertönte im Hintergrund ein Stimme: „Lassen S‘ die Herren herein, Frau Faltenbacher. Soweit es mir möglich ist, steh‘ ich ihnen gerne Rede und Antwort.“

Seufzend gab die Haushälterin die Tür frei. Die beiden Polizisten betraten das Haus. Der Pfarrer stand in einer offenen Tür. Er war ein mittelgroßer Mann mit Halbglatze und einem etwas fleischigen Gesicht. Sein Alter schätzte Ludwig auf Mitte vierzig. Er war mit einem schwarzen Anzug und einem weißen Priesterkragen bekleidet. Seine Füße steckten in Filzpantoffeln. „Bitte, treten S‘ näher“, lud der Priester die beiden Gäste ein und vollführte eine einladende Handbewegung, gleichzeitig machte er kehrt und ging in den Raum, aus dem er gekommen war. Es war sein Büro. Der Monitor seines Computers zeigte einen Bildschirmschoner.

Pfarrer Grömler wies auf den runden Besuchertisch, um den fünf Stühle gruppiert waren. „Setzen wir uns. Im Sitzen spricht es sich angenehmer.“

Als sie Platz genommen hatten, stellte Ludwig sich und Roderich vor, zeigte auch dem Pfarrer seinen Dienstausweis und sagte dann: „Ihnen ist bekannt, dass gestern Vormittag die Frau Berta Perlmacher einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist, Herr Pfarrer.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

Der Pfarrer nickte. „Gott sei ihrer armen Seele gnädig. Er lasse sie ruhen in Frieden. – Weshalb kommen Sie zu mir? Ich glaub‘ net, dass ich etwas zur Aufklärung des Falles beitragen kann.“

Ludwig lehnte sich auf dem Stuhl zurück und verschränkte die Hände über seinem beachtlichen Leib. „Sie waren Berta Perlmachers Beichtvater, Herr Pfarrer.“

„Das ist richtig“, bekannte Pfarrer Grömler lakonisch. Er zeigte sich unvermittelt absolut reserviert.

„Die alte Frau hat der Franziska gegenüber mal geäußert, dass sie ihr Gewissen erleichtern müsste, ehe sie vor ihren himmlischen Richter tritt“, sagte der Hauptkommissar. „Vielleicht können Sie uns auf die Sprünge helfen und uns verraten, was sie damit wohl gemeint haben kann.“

„Kann ich net“, entgegnete der Pfarrer.

„Es könnte bei der Aufklärung der Gewalttat hilfreich sein“, gab Roderich zu bedenken. „Es ist doch sicher auch in Ihrem Interesse, Herr Pfarrer, dass wir denjenigen, der das alte Weibl so brutal erschlagen hat, so schnell wie möglich dingfest machen.“

„Ich kann Ihnen nichts dazu sagen“, behauptete der Pfarrer. „Ich glaub‘, ich muss Sie net explizit drauf hinweisen, dass es ein Beichtgeheimnis gibt. Das verpflichtet mich, über alles zu schweigen, was im Beichtstuhl an mich herangetragen wird.“

„Das seh‘ ich ein“, gestand Ludwig. „Dann können S‘ uns sicher auch nix zu der Tatsache sagen, dass bei der alten Berta ein Goldbarren aus dem Jahr 1920 im Wert von mehr als fünfeinhalbtausend Euro gefunden worden ist. Vielleicht haben Sie eine Ahnung, woher das Gold stammen könnt‘“.

„Ich hab‘ net die geringste Ahnung“, erklärte der Pfarrer mit Nachdruck im Tonfall. Wie bedauernd hob er die Hände, ließ sie wieder sinken und fügte hinzu: „Es ist doch keine Sünd‘, einen Goldbarren zu besitzen. Also musst‘ mir die Berta auch net beichten, woher sie ihn gehabt hat.“

„Na schön“, brummte Ludwig. „Sagt Ihnen der Name Wolfgang Obermeier etwas, Herr Pfarrer? Den soll irgendwann in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts der Blitz erschlagen haben.“

Jetzt nickte der Pfarrer. „Ja, die Geschichte kenne ich. Das war ein reicher Bauer in der Gemeinde. In der Zwischenzeit wurde sein Hof mehrere Male weitervererbt, und jetzt heißt der Besitzer Konrad Haberger. Er hat eine Urenkelin, vielleicht auch Ur-Urenkelin des Wolfgang Obermeier geheiratet.“

„Ah ja, vom Haberger-Konrad hab‘ ich schon gehört“, erklärte Ludwig. „Aber der dürft‘ für uns uninteressant sein. Kommen wir auf den Wolfgang Obermeier zurück. Die Berta hat hin und wieder davon gesprochen, dass sie als Kind einen reichen Bauern beobachtet hat, wie er einen Goldschatz vergrub. Wahrscheinlich wollt‘ er ihn vor dem Staat in Sicherheit bringen. Kann es sein, dass es sich bei dem Bauern um Wolfgang Obermeier gehandelt hat?“

„Sie stellen mir Fragen“, erregte sich der Pfarrer. „Woher soll ich denn wissen, ob irgendein Landwirt vor siebzig, achtzig oder neunzig Jahren einen Goldschatz vergraben hat? Ich hab‘ den Obermeier net gekannt. Als ich geboren worden bin, war der wahrscheinlich schon fast ein halbes Jahrhundert tot. Irgendjemand aus seiner Nachkommenschaft hat mir mal von ihm und seinem tragischen Tod – ein Blitz hat ihn erschlagen -, erzählt.“

„Die Berta Perlmacher hat manchmal auch von einem Rudi gesprochen“, führte Roderich die Befragung des Pfarrers weiter. „Er soll auch schon längst verstorben sein. Wir nehmen an, dass es sich vielleicht um einen Jugendfreund der Getöteten gehandelt hat. Können Sie uns weiterhelfen, Herr Pfarrer?“

„Rudi – Rudi – Rudolf …“, sinnierte der Pfarrer laut und schaute nachdenklich drein. „Von den Jugendfreunden der alten Berta dürft‘ kaum noch einer am Leben sein.“

„Sag‘ ich ja“, stieß Roderich hervor. „Dieser Rudi ist längst verstorben. Hat die Frau Perlmacher, wenn Sie mit ihr geredet haben, denn nie aus ihrer Kindheit oder Jugendzeit erzählt? Ist in einer ihrer Geschichten vielleicht mal ein Kind namens Rudi vorgekommen?“

„Ich erinnere mich wirklich net“, erwiderte Pfarrer Grömler. Seine Stimme hob sich, als er fortfuhr: „Ich versichere Ihnen aber, dass die Berta Perlmacher nichts angestellt hat, was ihr Gewissen belasten hätte müssen. Dass sie selbst so manches, was sie getan hat, als moralisch verwerflich fand, mag sein. Tatsächlich aber war ihr Sündenkonto kaum nennenswert. Sie hat ruhigen Gewissens vor ihren himmlischen Richter treten können.“

„Irgendein Geheimnis, das sie mit sich herumgetragen hat, muss sie ziemlich belastet haben“, brachte Ludwig zum Ausdruck. „Ich persönlich bin der Überzeugung, dass der Obermeier Wolfgang, dieser ominöse Rudi und ein Goldschatz zu dem Puzzle gehören, das wir zusammensetzen müssen, um das Verbrechen, dem die alte Berta zum Opfer gefallen ist, aufzuklären.“

„Ich kann Ihnen leider net helfen“, sagte der Pfarrer. „Tut mir leid.“

Ludwig empfand es lediglich als Lippenbekenntnis und nicht als echtes Bedauern. Die Tatsache, dass sich der Geistliche auf das Beichtgeheimnis berufen hatte, war für ihn der Beweis, dass er genau wusste, was es war, das Berta Perlmacher so sehr belastet hatte. Wäre er nämlich ahnungslos gewesen, hätte er das zum Ausdruck gebracht, ohne das Beichtgeheimnis ins Feld führen zu müssen. Der Hauptkommissar legte sich seine nächsten Worte im Kopf zurecht und sprach sie schließlich auch aus. „Ich weiß net, ob es Sinn und Zweck des Beichtgeheimnisses ist, einen Mord, zumindest aber einen Totschlag zu decken, Herr Pfarrer. Vielleicht denken S‘ darüber mal nach. Für den Fall, dass Sie zu dem Schluss kommen, dass Sie hinsichtlich des Beichtgeheimnisses auch mal über Ihren Schatten springen können, lass‘ ich Ihnen eine von meinen Visitenkarten hier. Da steht auch meine Telefonnummer drauf.“

Er holte aus seiner Brieftasche das kleine Kärtchen und reichte es dem Priester. Der nahm es, warf einen schnellen Blick darauf und legte es auf den Tisch. „Danke. Machen S‘ sich aber keine allzu große Hoffnung. Für mich ist das Beichtgeheimnis bindend.“

„Dann wollen wir Ihre kostbare Zeit nimmer länger in Anspruch nehmen, Herr Pfarrer“, erklärte Ludwig und erhob sich. Nach einem Blick auf die Uhr sagte er: „Beeilen wir uns, Roderich. Wir müssen noch zur Blaubeeralm hinauf.“

Pfarrer Grömler, der ebenfalls dabei war, sich zu erheben, erstarrte mitten in der Bewegung. „Was wollen S‘ denn auf der Blaubeeralm?“, stieg es aus seiner Kehle. Er räusperte sich und schluckte. Sein Blick war unruhig geworden.

„Man hat uns gesagt, dass dort oben ein Mann namens Florian Brunner lebt. Er ist Bergführer. Wir haben auch an ihn ein paar Fragen. Kennen Sie den Brunner, Herr Pfarrer? Sie haben eben geradezu erschreckt reagiert, als ich von der Blaubeeralm gesprochen hab‘.“

Der Pfarrer winkte ab. Er hatte seine Empfindungen wieder unter Kontrolle. „Sie irren sich“, gab er zu verstehen. „Ich war nur überrascht. Ja, ich kenn‘ den Brunner-Florian. Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Ich weiß auch, dass er auf der Blaubeeralm wohnt.“ Der Blick des Priesters wurde lauernd. „Steht er in irgendeinem Zusammenhang mit dem Tod der alten Berta Perlmacher, weil Sie ihn aufsuchen wollen?“

„Darüber kann wiederum ich Ihnen keine Auskunft geben, Herr Pfarrer“, antwortete Ludwig mit einem Unterton von Triumph in der Stimme. „Ermittlungstaktische Gründe! Ich denk‘, Sie verstehen das. Auch bei der Polizei hat man das eine oder andere Geheimnis zu wahren.“

„Ja, ja, ich verstehe“, murmelte Pfarrer Grömler und verzog den Mund.

Er wirkte jetzt fahrig, irgendwie geistesabwesend, und Ludwig fragte sich, weshalb ihn der Hinweis darauf, dass sie dem Bergführer Florian Brunner auf der Alm einen Besuch abstatten wollten, derart aus der Fassung gebracht hatte.

Sie verabschiedeten sich von dem Pfarrer. Während er in seinem Büro zurückblieb, gingen die beiden Beamten zur Haustür. Ehe sie sie erreichten, trat die Pfarrhaushälterin aus der Tür zur Küche. Leise sagte sie: „Entschuldigen S‘, wenn ich vorhin net gerade freundlich zu Ihnen war. Aber ich hab‘ ein bissel was von Ihrem Gespräch mit dem Herrn Hochwürden mitbekommen …“

‚Sie hat an der Tür gelauscht!‘, schoss es Ludwig durch den Kopf.

Roderich dachte wohl dasselbe, denn er schaute seinen Kollegen vielsagend an.

Die Haushälterin fuhr fort; flüsternd, mit verschwörerischem Gesichtsausdruck: „Manchmal ist die alte Berta noch in den Supermarkt oder in die Bäckerei gekommen, um Kleinigkeiten zu besorgen. Und da hat sie immer wieder die Geschichte mit dem Goldschatz, den der Obermeier vor fast hundert Jahren vergraben hat, erzählt. Sie und ihr Freund, der Brunner Rudi, haben ihn dabei beobachtet, sind aber von dem Bauern erwischt worden. Sie mussten ihm schwören, nie zu verraten, dass und wo er das Gold vergraben hat. Die beiden Kinder waren noch keine zehn Jahr‘ alt. Der Obermeier hat sie überdies eingeschüchtert, indem er ihnen eine schlimme Strafe angedroht hat, falls sie ihren Schwur brechen.“

Die Haushälterin seufzte und schaute immer wieder zu der Tür hin, die ins Büro des Pfarrers führte, als fürchtete sie, von ihm bei einem unerlaubten Tun ertappt zu werden.

„Den Obermeier hat bald darauf der Blitz erschlagen“, sprach wie weiter. „Der Brunner-Rudi ist vor mehr als dreißig Jahren verstorben. Der Goldschatz aber ist nie wieder aufgetaucht. Einige Leut‘, die die Geschichte aus dem Mund der alten Berta vernommen haben, wollten wissen, wo genau der Schatz vergraben sein soll, doch die Berta hat immer behauptet, den genauen Ort vergessen zu haben.“

„Sehr interessant“, murmelte Ludwig. „Ich glaub‘, Sie haben uns ein schönes Stück weitergebracht, Frau Faltenbacher. Vielen Dank.“

In dem Moment ging die Tür zum Pfarrbüro auf und der Priester trat über die Schwelle. „Ah, Sie sind noch da“, rief er. „Vernehmen S‘ jetzt die Frau Faltenbacher?“

„Nein“, erwiderte Ludwig. „Wir haben uns bei ihr nur nach dem kürzesten Weg zur Blaubeeralm erkundigt.“

„Das hätten S‘ von mir auch erfahren können“, erklärte der Geistliche.