40 Tage mit Martin Luther - Jörg Kailus - E-Book

40 Tage mit Martin Luther E-Book

Jörg Kailus

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Beschreibung

Mit diesem Andachtsbuch des promovierten Theologen Jörg Kalius begeben Sie sich auf eine 40-tägige Reise in die Gedankenwelt des großen Reformators Martin Luther: Ausgewählte Texte aus Luthers Werken - die Ablassthesen, die Tischreden, "Von der Freiheit eines Christenmenschen", Invokavit-Predigten und viele mehr - lassen ihn selbst zu Wort kommen. In 40 vertiefenden Andachten führt Jörg Kailus nicht nur durch Luthers Leben, sondern lässt vor allem das Zentrum des Denkens Luthers für uns heute lebendig werden: Das Evangelium von der freien Gnade Gottes. Ein Trost und eine Ermutigung für die, die selbst nicht glauben können, dass sie von Gott geliebt sind - für die im Glauben "Angefochtenen". Eine Ermahnung für die, die allzu selbstsicher sind: Ob wir von Christus angenommen sind, steht in keinem Zusammenhang mit unserer (Lebens-)Leistung. Lassen Sie sich von Luther inspirieren und entdecken Sie, was er uns heute noch für unseren Glauben und unsere Spiritualität zu sagen hat. Anregungen zum Weiterdenken helfen, die Gedanken Luthers ins eigene Leben zu bringen.

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Seitenzahl: 185

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Jörg Kailus

40 Tage mit Martin Luther

Ein Andachtsbuch

Die Texte von Martin Luther folgen der Ausgabe: Martin Luther, Ausgewählte Werke, Hg. H.H. Borcherdt und Georg Merz, 3. Auflage, München: Christian Kaiser Verlag, 1940-1963.

Bibelzitate folgen der Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

© 2024 Brunnen Verlag GmbH, Gießen

Lektorat: Uwe Bertelmann

Umschlagfoto: Votimedia / Adobe Stock

Umschlaggestaltung: Jonathan Maul

Satz: Brunnen Verlag GmbH

ISBN Buch 978-3-7655-3596-3

ISBN E-Book 978-3-7655-7869-4

www.brunnen-verlag.de

Für meine Eltern, Peter und Lore Kailus, und meine Frau, Nicole

Stimmen zum Buch

„Der ganze Luther ist ein allzu opulentes Menu, mit dem man ein ganzes Leben lang nicht fertig wird. Aber Luther eingeteilt in 40 leicht verdauliche und dennoch nahrhafte Portionen wird zur bekömmlichen Zwischenmahlzeit. Jörg Kailus hat sie angerichtet. In diesem Buch präsentiert er für jeden Tag einen zentralen Originaltext des Reformators mit den entsprechenden Bibelstellen, ordnet sie zeitlich zu und erzählt kenntnisreich, spannend und lebensnah, was dahintersteckt und was es für uns heute bedeutet. Dazu gibt’s für jeden Tag ein paar Anregungen zum Weiterdenken. Ein wunderbares Buch, das Appetit auf mehr macht!“

Jürgen Werth

„In diesen 40 Andachten leuchtet die tröstliche Seite der Theologie Martin Luthers. Dabei erzählt Jörg Kailus auch etwas vom Lebensweg des Reformators und macht uns dabei in allem Jesus groß.“

Pastor Dr. Malte Detje

Inhalt

Stimmen zum Buch

Vorwort

Tag 1

Hammerschläge

Tag 2

Kreuzverhör und Gelehrtenstreit

Tag 3

Unter dem Anschein des Gegenteils

Tag 4

Durchbruch zur Gewissheit

Tag 5

Eltern haften für ihre Kinder

Tag 6

Die Taufe und die Sünde

Tag 7

Was ist christliche Freiheit?

Tag 8

Blitz und Donner

Tag 9

Bruder Martin und die Bibel

Tag 10

22 Sterne

Tag 11

Anspruch und Zuspruch

Tag 12

Kein Hamsterrad

Tag 13

Von steinernen Herzen und glimmenden Dochten

Tag 14

Von Hochzeit und Kuchen

Tag 15

Ein Geschenk zum Einüben

Tag 16

Eine neue Umlaufbahn

Tag 17

Vor Kaiser und Reich

Tag 18

Junker Jörg greift ein

Tag 19

Wackelnde Denkmäler

Tag 20

Was für ein Schöpfer!

Tag 21

Christus für dich

Tag 22

Die Schule des Glaubens

Tag 23

Gesetz und Evangelium praktisch

Tag 24

Du bist gemeint

Tag 25

Nicht nur für Konfirmanden

Tag 26

Was ist die Mitte?

Tag 27

Kirche, aber wie?

Tag 28

Diamanten auf dunklem Samt

Tag 29

Gebetbuch der Kirche

Tag 30

Martin und Käthe

Tag 31

Wunderbare Quälgeister

Tag 32

Leben aus dem Zuspruch

Tag 33

Wunder der Weihnacht

Tag 34

Weihnachten – für mich

Tag 35

Die da oben

Tag 36

Das leidige Geld

Tag 37

Erste Hilfe bei Anfechtung (1)

Tag 38

Erste Hilfe bei Anfechtung (2)

Tag 39

Erste Hilfe bei Anfechtung (3)

Tag 40

Wir sind Bettler

Anhang

Luthers Leben – ein kurzer Überblick

Vorwort

Die Lutherrose. Die Wartburg. Die Reformation vor 500 Jahren. Wer heute zu einer landes- oder freikirchlichen evangelischen Gemeinde gehört, hat meist eine mehr oder weniger verschwommene Vorstellung von diesem Martin Luther. Man steht irgendwie auf dem Fundament der Reformation (und er selbst als Denkmal auf manchem Sockel) und kennt vielleicht das eine oder andere Lutherzitat, meist aus den Tischreden.

Aber was hat dieser Wittenberger Professor mit meinem Leben zu tun, heute, im 21. Jahrhundert? Eine Menge! Ich persönlich war überrascht, als ich mich damals im Rahmen meiner Doktorarbeit mit seinem großen Galaterkommentar beschäftigt habe. Luther hat hier (und anderswo) einige der ermutigendsten christlichen Texte geschrieben, die mir je begegnet sind. Ich möchte Sie einladen, diesen Martin Luther in den nächsten vierzig Tagen näher kennenzulernen.

Mein Fokus liegt dabei auf der Ermutigung, auf Luther als dem Tröster der im Glauben Angefochtenen und Prediger des Evangeliums der freien Gnade. Natürlich ist das nicht der ganze Luther. Dr. Martinus konnte auch gehörig donnern und das Gesetz treiben. Aber ich glaube, dass wir mit dieser Ausrichtung und den ausgewählten vierzig Texten die Mitte seines Glaubens und Denkens in den Blick bekommen. Das, worum es Luther im Kern ging, habe ich einige Male versucht in Form einer Beispielgeschichte anschaulich zu machen (die dann nicht in Luthers Zeit spielt).

Ich glaube, wir können eine Menge von Luther lernen, gleichgültig, ob wir einen lutherischen, reformierten oder freikirchlichen Hintergrund haben. Seine Texte sind keine spinnwebenverhangenen Dokumente einer vergangenen Zeit, die zu Staub zerfallen, sobald unser Blick darauf fällt. Es geht um unseren Glauben, ganz existenziell. Dr. Martinus malt uns Christus vor Augen, den Gekreuzigten, der für ihn persönlich, für mich und auch für Sie dort gestorben ist.

Für diejenigen von uns, die mit Luthers Leben nicht so vertraut sind, habe ich es in einem kurzen Überblick am Ende des Buchs zusammengefasst. Bedanken möchte ich mich bei meiner Frau, Nicole Kailus, für alle Rückmeldungen während der Abfassung der Andachten, und bei Dr. Uwe Bertelmann vom Brunnen Verlag, der das Andachtsbuch als Lektor begleitet hat.

Oberhausen, im April 2024, Jörg Kailus

Tag1Hammerschläge

5.

Der Papst will noch kann keine andere Strafe erlassen als die, die er nach seinem Gefallen oder nach den kirchlichen Satzungen auferlegt hat.

27.

Die predigen Menschentand, die da vorgeben, daß, sobald der Groschen in den Kasten geworfen, klingt, die Seele aus dem Fegfeuer auffahre.

36.

Ein jeder Christ, der wahre Reue empfindet über seine Sünden, hat völlige Vergebung von Strafe und Schuld, die ihm auch ohne Ablaßbriefe gehört.

81.

Solch freche und unverschämte Predigt vom Ablasse macht, daß es selbst den Gelehrten schwer wird, des Papstes Ehre und Würde zu verteidigen gegen Verleumdungen oder jedenfalls gegen die unleugbar scharfsinnigen Fragen des gemeinen Mannes.

82.

Wie beispielsweise: Warum befreit der Papst nicht alle Seelen zugleich aus dem Fegfeuer um der allerheiligsten Liebe willen und wegen der höchsten Not der Seelen als der für ihn allerbilligsten Ursache, da er doch unzählig viele Seelen erlöst um des allerunheilvollsten Geldes willen zum Bau von S. Peters Münster, also um der leichtfertigsten Ursache willen?

84.

Oder: Was ist das für eine neue Frömmigkeit Gottes und des Papstes, daß sie dem Gottlosen und dem Feinde um des Geldes willen vergönnen, eine gottesfürchtige und von Gott geliebte Seele zu erlösen, und wollen doch nicht vielmehr um der großen Not der gottesfürchtigen und geliebten Seele selbst willen sie aus Liebe umsonst erlösen?

(Aus den Ablassthesen, 1517)

„Und er ging in den Tempel und fing an, die Händler hinauszutreiben, und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: ‚Mein Haus wird ein Bethaus sein‘; ihr aber habt es zur Räuberhöhle gemacht.“ (Lukas 19,45-46)

Kardinal Albrecht von Mainz hat ein Problem. Der junge Erzbischof ist mehr als nur ein wenig überfordert mit den theologischen Fragen, die dieser Wittenberger Professor ihm aufzwingt. Er will doch nur ein weiterer Renaissancefürst sein, wohlwollend, ein Förderer der Künste. Und wenn man wie Albrecht ein jüngerer Sohn aus hochadeligem Hause ist – sein Bruder ist der Kurfürst von Brandenburg –, dann bietet sich eine kirchliche Karriere doch an. Man kann sogar ganz oben einsteigen im 16. Jahrhundert, vorausgesetzt, man ist ein Prinz und bereit, der Kurie eine angemessene Summe Goldes zu entrichten. Und wenn man für ein kirchliches Amt noch zu jung ist, ist gegen eine ähnlich angemessene Summe ein päpstlicher Dispens, also eine Ausnahmegenehmigung, möglich. Der Papst in Rom ist gerade mit dem Neubau des Petersdoms beschäftigt und braucht Geld. Sehr viel mehr noch, als ihm der brandenburgische Prinz Albrecht für den Mainzer Erzbischofsstab bezahlt. Eine Ablasskampagne soll es richten. Der Dominikanermönch Johann Tetzel und andere Ablassprediger bieten überall im Mainzer Erzbistum Ablassbriefe an, die die Befreiung der Gläubigen aus dem Fegfeuer versprechen. Die Hälfte des Gewinns geht an den Papst für sein Bauprojekt, die andere Hälfte an Albrecht, der sich das Geld für seine Erzbischofswürde von den Fuggern geliehen hat und nun mit den Einnahmen aus dem Ablass seine Schulden bezahlen will. Im benachbarten Kurfürstentum Sachsen stehen dem Augustinermönch und Theologieprofessor Martin Luther die Haare zu Berge, als er von Tetzels Geschäftspraktiken hört. Tetzel verspricht den Leuten praktisch den Himmel, wenn sie nur Ablassbriefe kaufen. Die Seelen der Verstorbenen könnten gegen Geld aus dem Läuterungsort, dem Fegfeuer, freigekauft und ins Himmelreich versetzt werden. Luther weiß, dass davon aber nach der eigentlichen Kirchenlehre keine Rede sein kann. Der Papst kann Strafen erlassen, die er selbst verhängt hat – also etwa Strafen wie die fünf Vaterunser und zehn Ave Maria, die der Priester in alten Filmen dem reuigen Sünder nach der Beichte auferlegt. Die Vergebung von Strafe und Schuld ist nicht gegen Geld möglich, schon gar nicht im Voraus. Gott erwartet echte Reue, aber dann sind seine Gnade und Vergebung umsonst. Die Ablassbriefe sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stehen, und wenn der Papst wüsste, welchen Schindluder die Ablassprediger damit treiben, dann würde er den Spuk selbstverständlich beenden. Denkt Luther – und lädt an der Universität Wittenberg zu einer theologischen Fachdiskussion zum Thema Ablass ein. In 95 Thesen. Aber die werden ohne Luthers Wissen kopiert, gedruckt und im ganzen Land verbreitet. Dieser Professor Luther spricht endlich aus, was viele denken. Der Sturm der Reformation bricht los und der arme Kardinal Albrecht weiß gar nicht, wie ihm geschieht, als ihm seine päpstlich abgesegnete Einnahmequelle davonweht.

»

„Was nichts kostet, ist auch nichts wert.“ Wirklich? Wie ernst nimmt Gott die Sache mit der Sündenvergebung? Wie ernst nehme ich sie?

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Die Kirchen der Reformation haben die Vorstellung von einem Fegfeuer nicht übernommen. Aber wir sterben nicht als moralisch perfekte Menschen. Wie verändert uns Gott wohl nach unserem Tod?

»

Evangelische brauchen sich für die Vergebung ihrer Sünden nicht mehr in einen Beichtstuhl zu setzen. Wann könnte ein Beichtgespräch mit einem Seelsorger aber trotzdem hilfreich sein?

Tag2Kreuzverhör und Gelehrtenstreit

1.

Ein jeder Mensch sündiget täglich, tut aber auch täglich Buße, wie Christus lehrt: „Tut Buße!“, außer einem vermeintlichen neuen Gerechten, der der Buße nicht bedarf, obwohl doch der himmlische Weingärtner auch die fruchtbringenden Reben täglich reinigt.

7.

Der zeigt, daß er überhaupt nicht versteht, weder was Glaube noch was Reue noch was der freie Wille sei, der da schwätzt, der freie Wille sei Herr über die Taten, seien es die guten oder die bösen, oder der da träumt, daß einer nicht allein durch den Glauben ans Wort gerechtfertigt werde oder daß der Glaube nicht wirklich alles aufhebe.

11.

Zu sagen, der Ablaß sei für die Christen etwas Gutes, heißt verrückt sein; in Wahrheit ist er nämlich gerade die Verhinderung einer guten Tat. Darum muß ein Christ den Ablaß verwerfen wegen des Mißbrauches, weil der Herr sagt: „Ich tilge deine Übertretungen um meinetwillen“, nicht: um des Geldes willen.

13.

Daß die römische Kirche über allen anderen sei, wird wohl aus den kahlen Dekreten der römischen Päpste begründet, die seit 400 Jahren aufgekommen sind; dawider aber stehen die beglaubigten Historien von 1100 Jahren, ebenso der Wortlaut der Heiligen Schrift und der Beschluß des Konzils von Nizaea, des heiligsten von allen.

(Aus der Leipziger Disputation, 1519)

„Aber mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden und hast mir Mühe gemacht mit deinen Missetaten. Ich, ich tilge deine Übertretungen um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht.“ (Jesaja 43,24-25)

Das Pochen der Hammerschläge, mit denen Luther der populären Überlieferung zufolge seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche geheftet hatte, war durch ganz Deutschland gehallt. Mancher Theologe an Luthers Universität und im Augustinerorden hatte sich auf seine Seite gestellt. Die Öffentlichkeit war auf ihn aufmerksam geworden. Aber zu einem Ende der Missstände mit dem Ablass hatte es nicht geführt. Vielmehr hatte auch die Kirchenleitung begonnen zu pochen, und zwar auf ihre Autorität. Dr. Martinus war nach Augsburg zitiert worden, um sich einem Verhör durch den Kardinal Cajetan zu stellen, einem Kirchenmann, der im Unterschied zu Albrecht von Mainz tatsächlich etwas von Theologie verstand. Luther wusste das und hoffte auf eine sachliche Diskussion, wollte darstellen, warum seine Kritik berechtigt und er keineswegs ein theologischer Wirrkopf war. Aber er war enttäuscht worden. Cajetan hatte sich auf keine Diskussion eingelassen und schlicht erwartet, dass Luther nachgab. So war dieser aber nicht gestrickt. Der Konflikt ging seinen Gang, und bald beschränkten sich die Streitpunkte nicht mehr nur auf die Ablassfrage. Und gestritten wurde. Neben Theologen, die Luthers Partei ergriffen, gab es auch solche, die auf der Seite der Kurie standen. Der bekannteste ist wohl Dr. Johann Eck aus Ingolstadt, Luthers Gegner bei der Leipziger Disputation. Dr. Martinus’ Wertschätzung für seinen Kontrahenten hielt sich, auch der damals üblichen deftigen Ausdrucksweise geschuldet, in engen Grenzen. So konnte er beim Namen „Dr. Eck“ das Pünktchen auch weglassen … Eingeladen hatte Eck und Luther der Herzog von Sachsen, Georg der Bärtige. Sachsen war damals in zwei Herrschaftsgebiete geteilt, und anders als Luthers Landesherr, Kurfürst Friedrich der Weise, hielt es Herzog Georg zeit seines Lebens mit der alten Kirche. Dr. Martinus hat ihn später als „den Meuchler zu Dresden“ bezeichnet.

Zusammen mit seinem Professorenkollegen Andreas Karlstadt disputiert Luther tagelang mit Eck. Karlstadt hat eine Menge Bücher als Argumentationshilfe mitgebracht, doch dann wird festgelegt, dass frei zu disputieren sei. Luther hält das nicht auf. Er klingt hier um einiges evangelischer als noch in den Ablassthesen. Wir erhalten Gottes Gnade nicht für irgendetwas, was wir Gott oder der Kirche geben, schon gar nicht für Geld. Gnade, die Vergebung unserer Schuld ist etwas Unverdientes. Ihr Grund liegt in Gottes Liebe, nicht in unserer Leistung. Gott erwartet Umkehr, aber er rechtfertigt den, der an sein Wort glaubt. Die Mittlerposition des Papstes und der Kleriker erwähnt Luther nicht. Die Autorität von Päpsten und Konzilien steht für Eck fest, aber der Wittenberger meldet Zweifel an. Päpste und Konzilien können irren. Luther findet einen neuen und doch alten Maßstab für Glaubensaussagen: die Heilige Schrift. Allein die Heilige Schrift. Für Johann Eck genügt, dass Luther die Autorität der kirchlichen Tradition, der Päpste und Konzilien, relativiert hat. Er sieht sich als Sieger der Disputation, doch tatsächlich zeigt sie nur, dass die Gräben tiefer wurden.

»

Was weiß ich eigentlich wirklich über den Glauben? Was steht nicht nur in meiner Bibel oder meinen theologischen Büchern, sondern ist in meinem Kopf und meinem Herzen angekommen? Es ist auch heute nicht verkehrt, Bibel- und Liedverse auswendig zu wissen.

»

Könnte ich Wörter wie Gnade, Buße und Vergebung definieren und sie so erklären, dass auch ein Kind sie versteht?

Danke, Vater im Himmel, dass Gnade etwas ist, das wir uns nie verdienen können. Du liebst uns nicht, weil wir gut genug wären, sondern, weil du gut bist!

Tag3Unter dem Anschein des Gegenteils

19.

Nicht der heißt mit Recht ein Theologe, der Gottes unsichtbares Wesen durch seine Werke wahrnimmt und versteht,

20.

sondern der heißt mit Recht ein Theologe, der das, was von Gottes Wesen sichtbar und der Welt zugewandt ist, als in Leiden und im Kreuz dargestellt, begreift.

Das der Welt Zugewandte, Sichtbare am Wesen Gottes ist dem Unsichtbaren entgegengesetzt, seine Menschheit, Schwachheit, Torheit, wie 1. Kor. 1,25 von der göttlichen Schwachheit und Torheit handelt. Denn da die Menschen die Erkenntnis Gottes aufgrund seiner Werke mißbrauchten, wollte wiederum Gott, daß er aus den Leiden erkannt werde, und wollte darum solche Weisheit des Unsichtbaren durch eine Weisheit des Sichtbaren verwerfen, auf daß so die, die Gott nicht verehrten, wie er in seinen Werken offenbar wird, ihn verehren sollen als den, der in den Leiden verborgen ist, wie es 1. Kor. 1,21 heißt: „Denn dieweil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch törichte Predigt selig zu machen die, so daran glauben.“ So ist es für niemand genug und nütze, Gott in seiner Herrlichkeit und Majestät zu erkennen, wenn er ihn nicht zugleich in der Niedrigkeit und Schmach seines Kreuzes erkennt. So macht er die Weisheit der Weisen zuschanden, wie Jesaja weiter sagt: „Fürwahr, du bist ein verborgener Gott.“

(Aus der Heidelberger Disputation, 1518)

„Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist es Gottes Kraft. Denn weil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt selig zu machen, die da glauben. Denn die göttliche Torheit ist weiser, als die Menschen sind, und die göttliche Schwachheit ist stärker, als die Menschen sind.“ (1. Korinther 1,18.21.25)

Wenn man älter wird, kann man an den Punkt kommen, an dem man die jüngere Generation betrachtet und sich fragt, ob diese den Gebrauch ihrer Geisteskräfte stillschweigend eingebüßt hat. Die Jungen denken – anders. Also doch bestimmt auch falsch. Was immer unwidersprochen und unhinterfragt gegolten hat, gilt für sie nicht mehr. Was ihnen hingegen so wichtig ist, verstehen die Älteren nicht (unbedingt). Vielleicht denken sie gar, sie verstünden die Welt nicht mehr, und fragen sich: „Sind wir dabei, die Deutungshoheit über die Wirklichkeit zu verlieren?“ Dieser Konflikt ist nicht neu. Er spielt sich wohl in jeder Generation so ab. Zu Beginn der Reformation war es nicht anders. Luther war 1518 35 Jahre alt und gehörte, gerade als Professor, zu den Jungen. Und es waren die Jungen unter den Theologen, die sich ihm und seiner neuen Lehre anschlossen, nach der Heidelberger Disputation des Augustinerordens wie zu Hause an der Wittenberger Universität. Selbst diese war noch jung. Kurfürst Friedrich der Weise brauchte für seinen sächsischen Landesteil eine Universität und so gründete er in dem kleinen Residenzstädtchen Wittenberg mit seinen 2000 Einwohnern die Hochschule, die für die Reformation maßgeblich wurde. Hier wurde im Gefolge der neuen Lehre das Theologiestudium komplett umgekrempelt. Federführend war dabei Luthers Mitstreiter Philipp Melanchthon und der war noch um einiges jünger als dieser. Ältere Theologen blieben meist bei der altgläubigen Kirche. Selbst Luthers Mentor, Johann von Staupitz, starb als katholischer Abt.

Nun, bei der Heidelberger Disputation von 1518, bei der Dr. Martinus den Vorsitz führte, machte er also einigen Eindruck. Statt auf die großen Werke der Schöpfung oder auf spektakuläre Wunder lenkt er unseren Blick auf Christi Kreuz und Leiden. Luthers Theologie ist zutiefst christozentrisch und Christus ist bei ihm nicht primär der göttliche Lehrer, sondern der Gekreuzigte, der Sünderheiland. Für uns ist das Kreuz ein theologisch aufgeladenes Symbol, wir tragen es vielleicht sogar als goldenes Schmuckstück an einem Kettchen. Doch zu Paulus’ Zeiten erschien die Predigt vom Kreuz als ein ungeheuerlicher Unfug. Dass dieser Hingerichtete der Retter und König der ganzen Schöpfung war – unerhört! Aber Luther erkennt wie Paulus: An diesem Kreuz geschieht das Entscheidende. Gott schafft sein Heil unter dem Anschein des Gegenteils (sub specie contraria). Der Mann mit der Dornenkrone ist der Sieger. Wir finden Gott in Kreuz und Leiden, in Christi Schwachheit. Aber darin steckt eine große Entlastung für uns. Wir sind Gott am nächsten in unserer Schwachheit, nicht nur auf den Höhen des geistlichen Lebens. Christus ist jedem von uns in die Dunkelheit vorausgegangen, ist in dem finsteren Tal an unserer Seite. Unsere subjektive Gottesferne ist angefüllt mit seiner Nähe.

»

Die jüngere Generation ist grundsätzlich offener für Neues als die ältere. Etwas ist nicht automatisch falsch, weil es neu ist. Und es ist ebenso wenig richtig, weil es neu ist. Wie finden wir in Lehrfragen die richtige Balance zwischen Offenheit und Bewahrung?

»

Wie wichtig ist es mir, in den Augen anderer, in der Gemeinde, aber auch in der Gesellschaft als klug zu gelten?

Danke, Gott, dass du mit anderen Maßstäben misst als wir. Hilf mir bitte, meine dunklen Stunden und Misserfolge nicht zu verdrängen, sondern sie als eine Chance zur Begegnung mit dir zu verstehen.

Tag4Durchbruch zur Gewissheit

„Ich schäme mich des Evangeliums nicht; darin wird die Gerechtigkeit Gottes offenbart.“ Das steckte mir immer im Sinn. Ich konnte dieses Wort nicht anders verstehen, wo immer es in der Schrift stand: „Gerechtigkeit Gottes“ als die Gerechtigkeit, durch welche er selbst gerecht wäre und alles gerecht urteilte usw. Mit ihm schlug ich mich eine Zeitlang immer heftiger herum; ich stand da und klopfte an, ob mir jemand öffnen würde – aber es war niemand da, der öffnete. Ich verstand nicht, was es bedeutete, bis ich weiterlas: „Der Gerechte wird seines Glaubens leben.“ Dieser Spruch ist die Erklärung jener Gerechtigkeit Gottes. Als ich das fand, freute ich mich mit solchem Jubel, daß nichts darüber ging. So war mir der Weg offen, als ich in den Psalmen las: „In deiner Gerechtigkeit errette mich“ – vielmehr: „In deiner Barmherzigkeit errette mich!“ Vorher erschrak ich und haßte die Psalmen und die Schrift, wo von der „Gerechtigkeit Gottes“ die Rede war, d. h. von der Gerechtigkeit, mit welcher er selbst gerecht war und nach unsern Sünden richtete, nicht mit der er uns annahm und gerecht machte. Die ganze Schrift stand wie eine Mauer da, bis mir beim Lesen das Verständnis aufging: „Der Gerechte wird seines Glaubens leben.“ Daraus habe ich gelernt, die Gerechtigkeit Gottes sei der Glaube an seine Barmherzigkeit, mit welcher er selbst uns rechtfertigt durch das Geschenk seiner Gnade.

(Aus den Tischreden, 75. Die offene Tür)

„Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen. Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht: ‚Der Gerechte wird aus Glauben leben.‘“ (Römer 1,16-17)