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Eva und Tobias waren das Traumpaar auf dem College. Aber so sehr sie sich auch liebten, so unterschiedlich waren ihre Vorstellungen vom Leben. Und somit hatte ihre Liebe nie eine richtige Chance. Während es Eva in die große, weite Welt zog, fing Tobias im Unternehmen seiner Familie an und fühlt sich in seiner kleinen Heimatstadt in Montana auch heute noch pudelwohl. Als Eva nach Jahren dorthin zurückkehrt, um mit ihrem Dad Weihnachten zu feiern, trifft sie unverhofft auf Tobias. Sie verbringen eine leidenschaftliche Nacht zusammen, und dieses Mal soll es ein endgültiger Abschied sein. Denn noch immer sind beide nicht bereit, ihre Lebensentwürfe für den jeweils anderen aufzugeben. Doch schon ein paar Wochen später steht Eva erneut vor Tobias‘ Tür. Unter ihrem Herzen trägt sie den Grund, weswegen ihre Leben von nun an für ewig miteinander verbunden sein werden. Schaffen sie es diesmal, ihre Liebe siegen zu lassen?
Süß wie Schokolade, aufregend wie der Weihnachtsabend und spicy wie Lebkuchen - der perfekte Lesegenuss für die schönste Zeit des Jahres von USA Today Bestsellerautorin Devney Perry.
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Seitenzahl: 168
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Eva und Tobias waren das Traumpaar auf dem College. Aber so sehr sie sich auch liebten, so unterschiedlich waren ihre Vorstellungen vom Leben. Und somit hatte ihre Liebe nie eine richtige Chance. Während es Eva in die große, weite Welt zog, fing Tobias im Unternehmen seiner Familie an und fühlt sich in seiner kleinen Heimatstadt in Montana auch heute noch pudelwohl. Als Eva nach Jahren dorthin zurückkehrt, um mit ihrem Dad Weihnachten zu feiern, trifft sie unverhofft auf Tobias. Sie verbringen eine leidenschaftliche Nacht zusammen, und dieses Mal soll es ein endgültiger Abschied sein. Denn noch immer sind beide nicht bereit, ihre Lebensentwürfe für den jeweils anderen aufzugeben. Doch schon ein paar Wochen später steht Eva erneut vor Tobias‘ Tür. Unter ihrem Herzen trägt sie den Grund, weswegen ihre Leben von nun an für ewig miteinander verbunden sein werden. Schaffen sie es diesmal, ihre Liebe siegen zu lassen?
DEVNEY PERRY
Aus dem amerikanischen Englisch von Angela Koonen
Ich bin schwanger.
Nein, das würde ich nicht über die Lippen bringen. Noch nicht. Morgen vielleicht, aber ganz bestimmt nicht heute.
Mit einem flauen Gefühl im Magen blickte ich zum Haus. Ich wollte nicht hier stehen.
Die Kälte kroch mir bis in die Knochen. Meine Nase war bestimmt schon so rot wie die von Rudolph, dem Rentier. Noch ein paar Minuten und mir würden die kleinen Zehen abfrieren. Die Chancen dafür standen gut.
Ich sollte gehen. Zurück zum Auto. Oder zur Haustür.
Doch ich blieb. Als wäre ich festgefroren.
Ich hatte Heiligabend zu Hause verbringen wollen, im Flanellpyjama vor meinem Gaskamin mit einem heißen Kakao und einem guten Buch. Stattdessen stand ich auf dem Gehweg vor dem Haus meines One-Night-Stands und hoffte, meinen Mut zusammenraffen zu können, um bei ihm zu klingeln und ihm zu sagen, dass ich schwanger war.
Ich bin schwanger.
Wenn mir das doch laut über die Lippen käme, anstatt nur durch den Kopf zu hallen!
Zuerst einmal musste ich mich von der Stelle lösen.
Mein Auto stand hinter mir in der Auffahrt. Es war mir nicht schwergefallen herzukommen. Auch nicht, den Motor abzustellen und auszusteigen. Ich hatte es sogar geschafft, auf den Weg zu gehen. Sechs Meter trennten mich noch vom Ziel. Doch ich hätte ebenso gut mit den Füßen in Beton stecken können.
Wie war es so weit gekommen? Wie war ich in diese Lage geraten? Das hatte ich mich schon vor Stunden gefragt, als ich im Badezimmer mit dem positiven Testergebnis in der Hand auf dem Fußboden gesessen war.
Nur eine Nacht. Eine einzige Nacht mit Tobias. Die der Abschied hätte werden sollen.
Und jetzt war ich schwanger.
Diese verdammten, blöden Abschiede. Denn tatsächlich war das schon der zweite seiner Art gewesen.
Tobias und ich hatten uns auf einen Drink verabredet, um uns wiederzusehen, auszutauschen. Dabei flirteten wir ein bisschen. Tranken viel Cabernet. Als er mich bat, mit zu ihm zu fahren, dachte ich, das Schicksal würde uns eine zweite Chance geben, ihm Lebewohl zu sagen.
Unser erster Abschied war nicht so gut gelaufen. Es hatte Tränen gegeben – auf meiner Seite. Und zorniges Schweigen – auf seiner. Und Liebeskummer – bei beiden. Im Laufe der Jahre hatte ich über den Abend, an dem wir unsere Beziehung beendet hatten, viel nachgedacht. Ihn immer wieder gedanklich an mir vorbeiziehen lassen und mich gefragt, was ich hätte tun oder sagen sollen.
Meine Reue überfiel mich oft in stillen Momenten, wenn ich am wenigsten damit rechnete.
Daher dachte ich vor sechs Wochen, ich könnte mich mit ihm treffen und dann einen besseren Abschied hinkriegen. An dem Abend lachten wir viel, redeten und schwelgten in Erinnerungen. Und wie er eben war, hatte er mich auch im Schlafzimmer nicht enttäuscht. Ein One-Night-Stand, um endlich Klarheit zu schaffen.
Wieso hörte sich One-Night-Stand so schäbig und ordinär an? Tobias war keins von beidem. Er war attraktiv und einfühlsam. Witzig und fürsorglich. Loyal und charakterfest.
Unsere Nacht hatte mir vor Augen geführt, wie wunderbar er war. Und vielleicht auch ihn daran erinnert, dass ich früher nicht die Böse gewesen war, sondern die Frau, die er geliebt, nicht die Frau, die ihm das Herz gebrochen hatte.
Wir hatten also unseren zweiten Abschied gehabt. Den perfekten Abschied. Und dennoch stand ich nun vor seinem Haus, um ihm zu eröffnen, dass ich sein Kind unter dem Herzen trug.
»Oh Gott.« Es drehte mir fast den Magen um. War es nicht noch zu früh für Morgenübelkeit?
Ich wusste nichts übers Schwangersein. Nichts über Babys. Nichts über Mutterschaft. Wie sollte ich ein Kind großziehen, wenn ich nicht mal an einer Haustür klingeln und drei Wörter sagen konnte?
Es war ja nicht so, als müsste ich diese Nachricht einem wildfremden Mann überbringen. Der Mann war Tobias. Er kannte mich. Sehr gut sogar. Und genau deshalb schreckte ich davor zurück.
Es wäre zwecklos, meine Ängste verbergen zu wollen. Zwecklos, die unangenehmen Fragen aufzuschieben. Oder das Kinn zu heben und so zu tun, als wäre das alles kein Problem.
Ein Schritt, Eva. Nur ein kleiner Schritt.
Ich hob einen Fuß. Und senkte ihn wieder ab – in meinen Abdruck im Schnee.
Vielleicht sollte ich einen Zettel in den Briefkasten werfen? Meine Hände zitterten jedoch so sehr, ich würde vermutlich keinen Stift halten können.
In der Tasche meines Parkas steckte das Teststäbchen. Vielleicht sollte ich es ihm vor die Tür legen und abhauen wie die Kinder, die Leuten eine Tüte mit Hundekacke auf die Stufe schmissen, diese anzündeten und klingelten, um dann wegzurennen, als ginge es um ihr Leben.
Nicht, dass ich diesen Streich mal jemandem gespielt hätte.
Mein Kinn fing an zu zittern.
Wieso war das so schwer? Wieso konnte ich mich nicht vom Fleck bewegen?
Zum Glück hatte Tobias keine Nachbarn. Die hätten inzwischen schon längst die Polizei gerufen. Aber wenn ich genauer darüber nachdachte … war es bedauerlich, dass er keine hatte. Denn wenn die Polizei käme, könnte ich denen das Teststäbchen in die Hand drücken und sie bitten, ihm die Neuigkeit zu überbringen.
Musste er unbedingt so einsam wohnen?
Ich bin schwanger.
Nur drei kleine Wörter. Ein Satz. Sag es, Eva. Sag es einfach.
Ich öffnete den Mund.
Nichts. Nur eine weiße Atemwolke.
Die Fahrt hätte ich mir sparen können. Ich wäre besser zu Hause geblieben und auf und ab gelaufen. Das Ausbleiben meiner Periode hatte mich zwar beunruhigt, aber ich hatte das dem Stress zugeschrieben, denn wenn es um meine persönlichen Probleme ging, konnte ich meisterhaft ausweichen.
Umzuziehen war immer mit Stress verbunden, egal wie oft ich schon umgezogen war, und ich hatte viel zu tun gehabt, um mich auf London vorzubereiten. Doch ausweichen konnte man nicht ewig, und diese Woche, als wieder ein Tag ohne Periode vergangen war und ich festgestellt hatte, dass meine Brüste immer mehr spannten, war es höchste Zeit gewesen, sich der Realität zu stellen.
Ich war in den nächsten Supermarkt gegangen, mit einem Schwangerschaftstest durch die Selbstbedienungskasse gehuscht und nach Hause geflitzt, um drüberzupinkeln.
Die Welt war stehen geblieben, als das Wort schwanger in pinken Buchstaben auf dem weißen Teststreifen erschien. Mit dem Stäbchen in der Faust hatte ich eine Stunde lang im Bad auf dem Fußboden gesessen, und dann war ich hin und her getigert.
In einer leeren Wohnung war reichlich Platz dafür. So viel Platz, dass ich es zwei Stunden lang getan hatte. Dann hatten mich meine Füße zum Auto getragen und der Wagen hatte mich hergebracht.
Was ich unterwegs an Mut gehabt haben mochte, hatte sich inzwischen in Luft aufgelöst. Und jetzt steckte ich fest. Ich war schon lange nicht mehr in solch einer Klemme gesessen.
Meine Hände hörten nicht auf zu zittern. Meine Augen schwammen in Tränen. Wie sollte ich das alles hinkriegen? Tobias einweihen und was danach noch kam? Wie sollte ich es schaffen, Mutter zu sein?
Ich stand kurz davor, in den Schnee zu sinken und den Tränen freien Lauf zu lassen. Doch in dem Moment wurde die Haustür aufgerissen. Und da stand er. Groß und breitschultrig füllte er den Türrahmen.
»Eva, was tust du hier?«
Ich schaute auf meine Füße.
»Du stehst da«, antwortete er an meiner Stelle.
Ich nickte.
»Schon seit einer halben Stunde.«
So lange, hm? Kein Wunder, dass mir so kalt war.
»Wirst du klingeln?«, fragte er.
»Weiß noch nicht.« Innerlich reckte ich die Siegerfaust, weil ich drei Wörter herausbekommen hatte. Fortschritt. Das war gut. Drei Wörter laut war gut.
»Es ist kalt.«
»Ja. Du solltest wieder reingehen. Ich komme hier klar.«
»Eva.«
Seht ihr? Das war das Problem mit Tobias. Er brauchte mich nur anzusehen und wusste, dass ich so was von gar nicht klarkam.
»Komm rein«, befahl er.
»Ich kann nicht.«
»Warum nicht?« Er trat von der Türstufe auf den Gehweg. Mit seinen langen Schritten kam er auf mich zu, und als er stehen blieb, ragte er vor mir auf. »Was ist los? Ist alles in Ordnung?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich stecke in der Klemme.«
Nach einem langen Seufzer zog er meine rechte Hand aus der Parkatasche und legte die Finger um meine Finger, sodass unsere Daumen einander gegenüberstanden. »Eins, zwei, drei, vier, ich erklär den Daumenkrieg.«
Ich schloss die Augen, um nicht zu weinen, dann sprach ich die nächste Zeile. »Fünf, sechs, sieben, acht, ist für mich ein Kinderspiel.«
»Gewinne ich, kommst du mit rein.«
»Okay«, sagte ich leise.
»Los.« Er legte den Daumen an meinen, beugte und streckte ihn, dann drückte er meinen Daumen runter, weil ich den Kampf nicht aufnahm.
Wir wussten beide, dass ich ihn als Sieger brauchte.
So waren unsere Daumenkriege immer gelaufen. Er zettelte sie an, ich kapitulierte.
Und als er meine Hand fester packte und sanft zog, löste er mich von der Stelle.
Nachdem ich so lange in der Kälte gestanden hatte, war sein warmer Flur wie eine Sauna.
Tobias schloss die Haustür. »Soll ich dir den Mantel abnehmen?«
»Nein danke.« Ich schob die Hand wieder in die Tasche und schloss die Faust um das Teststäbchen.
»Möchtest du dich setzen?«, fragte er.
Unentschlossen hob ich eine Schulter.
Würde er mich dafür hassen? Vielleicht hatte er in den vergangenen sechs Wochen eine andere kennengelernt. Eine, mit der er aus eigenem Entschluss ein Kind plante. Der Gedanke trieb meinen Puls in die Höhe, und darum schob ich ihn beiseite.
»Eva.«
Meine Kehle war wieder wie zugeschnürt.
Er seufzte und lenkte mich am Ellbogen zur Küche. An der Sitzinsel zog er mir einen Hocker hervor, damit ich mich ausruhen konnte, ging daran vorbei und lehnte sich an die Küchenzeile, um zu warten.
Er wartete.
Auch das hatte ich immer an ihm geliebt. Er drängte mich nie. Meine Schwester wäre von meinem Schweigen genervt gewesen und hätte draußen in der Kälte schon aufgegeben. Mein Vater hätte eine Frage nach der anderen gestellt und mir keine Ruhe gelassen, bis ich redete.
Als Teenager hatte er mich immer erst drängen müssen, damit ich ihm meine Gedanken anvertraute. Über die Schule, über Freunde, über meine Mutter. Doch ich war kein Teenager mehr, der mit dem Verlust eines Elternteils und den Dramen der Heranwachsenden fertig werden musste.
Tobias wusste, ich würde zusammenbrechen, wenn er mich zu etwas drängte.
Warum war ich so? Das war im Augenblick nicht die wichtigste Frage, aber in mir die lauteste. Bei der Arbeit war ich nie blockiert. Niemals. Ich wusste immer, was ich sagen, was ich tun musste. Das war vermutlich der Grund, weshalb ich so gern arbeitete und genauso gern allem auswich, was einem persönlichen Gespräch auch nur ähnelte.
Wird unser Kind so geduldig sein wie er?
Die Frage brachte meinen Magen zum Schlingern. Wir würden ein Kind bekommen. Würde es ihn wütend machen, wenn ich auf seinen schicken Holzboden kotzte?
Ich kniff die Augen zu und versuchte, die Übelkeit zu überwinden. Nach ein paar tiefen Atemzügen gelang es mir, und als ich die Augen langsam öffnete, hatte sich Tobias noch nicht bewegt. Er stand stoisch neben seiner Spüle.
Das Licht vom Fenster hinter ihm schien auf seine breiten Schultern. Seine Haare waren länger als vor sechs Wochen, die dunklen Strähnen leicht feucht und nur grob zurückgestrichen, als wäre er gerade aus der Dusche gekommen. Ein Bart bedeckte sein markantes Kinn und passte perfekt zu dem weichen, groß karierten Flanellhemd, das sich an seinen muskulösen Oberkörper schmiegte.
Er sah sexy aus.
»Ich mag deinen Bart.«
Er nickte. »Das hast du schon gesagt.«
Stimmt. Ein paarmal sogar, nämlich an jenem Abend vor sechs Wochen, als ich seine bärtigen Wangen zwischen den Oberschenkeln gespürt hatte. Bevor das Kondom gerissen war und seine Spermien im Freistil meine Vagina entlang in die Eileiter geschwommen waren, wo ein Ei auf sie gewartet hatte.
Verdammte Torpedos!
Aber hey, es könnte schlimmer sein. Tobias Holiday war ein guter Fang. Er lachte viel. Sein Lächeln war so strahlend wie ein sonniger Tag in Montana. Seine blauen Augen waren wie Saphire und funkelten umso mehr, wenn er mich ansah.
Zumindest war das früher so gewesen.
Jetzt sah er mich an, als wäre ich nicht ganz bei Verstand.
Keine Sorge, ich bin nur schwanger …
»Fröhliche Weihnachten.«
»Fröhliche Weihnachten.«
»Bist du, äh, hast du irgendwas vor?«
Er nickte. »Heute Abend ist die jährliche Weihnachtsparty meiner Eltern.«
»An Heiligabend?« Ich war oft zu der Party gegangen, aber die hatte sonst immer am Wochenende vor Weihnachten stattgefunden.
»Der Saal war am gewohnten Termin schon vergeben.«
»Ah. Das hat immer Spaß gemacht.«
»Wird bestimmt ein schöner Abend.«
Ich bekam ein wackeliges Lächeln hin, dann schaute ich mich um und kehrte ihm dabei den Rücken zu, damit er mein Gesicht nicht sah.
Das Haus hatte er zweifellos selbst entworfen. Es erinnerte mich an seine Ideen in der Collegezeit. Während wir bei unseren Dates auf das Essen gewartet hatten, hatte er Häuser auf Servietten skizziert.
Er hatte immer auf dem Land leben wollen, wo er sich keine Gedanken zu machen brauchte, ob ihm die Nachbarn in die Fenster spähten – und wo es keinen Verkehrslärm gab.
Nachdem ich jahrelang von einer Millionenstadt in die nächste gezogen war, würde ich wahrscheinlich verrückt werden, wenn ich hier draußen allein wohnen müsste.
»Eva.« Tobias’ tiefe Stimme klang wie immer ein wenig rau und ließ mein Herz höherschlagen.
»Ja?« Ich spannte mich an.
»Würdest du dich bitte umdrehen und mich ansehen?«
Ich sträubte mich dagegen, gehorchte aber und sah ihn zur Sitzinsel kommen.
Er stützte die Hände an der Tischkante ab. »Was ist los?«
»Wieso glaubst du, dass etwas los ist?«
Er warf mir einen gelangweilten Blick zu. »Eva.«
Es war unfair, wie mühelos er mich durchschaute, selbst nach der Trennung.
»Ich …« Der Satz blieb mir im Hals stecken.
»Du machst mir Angst.« Wie besorgt er mich ansah, tat mir weh. »Geht es um deinen Dad?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Deine Schwester?«
»Nein«, sagte ich leise. »Es ist …«
Ich drückte den Daumen so fest gegen das Teststäbchen, dass ich fürchtete, es würde durchbrechen. Ich machte die Augen zu, straffte die Schultern und folgte einem Impuls.
Ich sang: »On the third day of Christmas my true love gave to me …«
Tobias hatte es immer geliebt, wenn ich beim Duschen Lieder sang und spontan den Text veränderte. Er war dann immer ins Bad geschlichen und hatte sich auf die Toilette gesetzt, um zuzuhören. Ich war oft zu Tode erschrocken, wenn ich den Duschvorhang beiseitezog und ihn da sitzen sah. Und wie seine Augen lachten wegen meiner albernen Liedzeilen.
»Eva, was ist denn …?«
Ich hob einen Finger. »… three French hens. Two turtle
Doves …«, sang ich weiter.
Ich machte die Augen auf, zog die Faust aus der Tasche und warf ihm das Teststäbchen zu.
Er fing es auf.
»… and a partridge and a pregnancy.«
Denk darüber nach!
So lauteten Evas Worte vor zwei Tagen, als sie mir den positiven Schwangerschaftstest zugeworfen hatte.
Denk darüber nach!
Seitdem hatte ich kaum etwas anderes getan.
Eva war schwanger. Wir würden ein Kind bekommen. Heilige Scheiße. Wir würden vielleicht ein Kind bekommen. Ich war derart perplex gewesen, dass ich gar nicht gefragt hatte, was sie nun plante. An unserem Abend vor sechs Wochen hatte sie erzählt, als Nächstes nach London zu ziehen. Hatte sie das noch vor?
Mir schossen lauter Fragen durch den Kopf. Wollte sie das Kind behalten? Wollte ich es?
Ja.
Als ich durch das leere Foyer von Holiday Homes schaute, das ich gestaltet hatte, hätte das Ja ebenso gut an die Wand gemalt sein können.
Ja, ich wollte das Kind. Ich war darauf nicht vorbereitet. Eva wahrscheinlich auch nicht. Aber mein Ja kam aus dem Herzen. Das war in etwa die einzige Schlussfolgerung, zu der ich in den letzten zwei Tagen gelangt war.
Diese und dass ich mit Eva reden musste.
Ich zog das Handy hervor. Meine Herzschläge dröhnten wie eine Basstrommel, als ich ihre Nummer fand. Die stand seit Jahren in den Kontakten, aber seit dem Bruch unserer Beziehung hatte ich sie nur noch ein einziges Mal angerufen.
Nachdem ich von dem Schlaganfall ihres Vaters erfahren hatte.
Ich tippte auf Anrufen und lehnte mich an die Rezeption, weil ich fürchtete umzukippen, wenn ich mich nicht irgendwo aufstützte.
Beim dritten Klingeln nahm sie ab. »Hi.«
»Hallo.«
Ein unbehagliches Schweigen folgte und zog sich in die Länge, aber mein Herz hämmerte weiter.
»Wie war dein Weihnachten?«, fragte sie.
»Schön. Und bei dir?«
»Nett. Dad und ich haben zusammen entspannt. Meine Schwester war mit Mann und Kindern bei den Schwiegereltern.«
»Wie geht es deinem Vater?«
»Gut. In dem Seniorenheim ist es wirklich nett. Er hat sein eigenes Apartment und eine gute Clique.«
»Das ist doch toll.«
»Ich habe dir noch gar nicht für die Blumen gedankt, die du nach seinem Schlaganfall geschickt hattest. Sie waren schön. Danke.«
»Gern geschehen.« Der Small Talk war so schmerzhaft wie der Nagel, den ich mir mal mit einer Nagelpistole in die Hand getrieben hatte. »Wir müssen reden.«
»Ja.« Sie seufzte. »Das müssen wir.«
Weihnachten hatte mich von den offenen Fragen abgelenkt, aber jetzt nagten sie wieder an mir. »Kannst du später vorbeikommen?«
»Sicher. Um wie viel Uhr?«
»Ich habe jetzt ein Meeting, das ein bis zwei Stunden dauern wird. Danach fahre ich nach Hause.« Die Firma machte bis nach Neujahr Betriebsferien.
»Dann komme ich gegen zwei.«
»Bis dann.« Ich legte auf und steckte das Handy weg. Die Anspannung in der Brust löste sich ein wenig. Zwei Uhr. Ich musste nur noch bis zwei Uhr durchhalten.
Die Eingangstür ging auf, und mein Bruder Maddox schritt herein. »Hallo.« Er atmete tief ein. »Hier riecht es wie in Dads altem Büro.«
»Ein nagelneues Gebäude, und es riecht wie das alte. Aber das mag ich.« Es roch nach starkem Kaffee und Sägespänen. Das war der Grund, warum ich die letzten zwei Tage viel Zeit im Büro verbracht hatte. Der Geruch gab mir Halt. Er war eine Konstante, während die Welt sich zu schnell und vielleicht in die falsche Richtung drehte.
»Ich auch.« Maddox kam und schüttelte mir die Hand. »Danke, dass du dich heute mit mir triffst.«
Ich war dafür mindestens genauso dankbar. Es würde mir guttun zu arbeiten, einen Bleistift zwischen die Finger zu klemmen und zu zeichnen.
Maddox hatte beschlossen, mit Violet, seiner kleinen Tochter, wieder nach Bozeman zu ziehen. Er hatte jahrelang in Kalifornien gelebt und seine milliardenschwere Firma aufgebaut, den Streamingdienst Madcast