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Der Band "Akteure weltweit" beinhaltet Einzelschicksale unserer Zeit. Die Erzählungen kommen in Gestalt von Balladen daher. Jede Episode hat sich ihre eigene, passende Form gesucht; kein Schema bestehend aus Strophen, Rhythmus und Reimen wiederholt sich, ebenso wie jede der hier erzählten Begebenheiten einzigartig ist.
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Seitenzahl: 85
Der Umzugswillige
Ein letzter Einsatz am Hindukusch
Doña Maura
Der Klima-Asket
Der Whistleblower
Die Start-up-Gründerin
Entkommener Goldwäscher
Ungewolltes Samenspenden-Kind
Der aufmüpfige Tiroler
Der Profi(t)fußballer
Die Verlobungsparty
Stalleinbruch
Die Raffsüchtige
Der Aussteiger
Junge Flüchtlingsfrau
Schwarzwaldrauschen
Der Junge im brennenden Moor
Die Reproduktionsmedizinerin
Der Beschützer der letzten Orang-Utans
Ausverkauf
Der Waldbrand
Frau mit Bart
Der Sänger
Veteraninnen-Zweisamkeit
In Europa gestrandeter Migrant
Die Mütter von Fukushima
Fernnähe
Ronnie Coleman
Der Alzheimererkrankte
Datentaucher
Das Olympia-Eiskunstlauffinale
Heimreise aufs Land
Roboterbeherrscht unterwegs im Raumschiff
Ein fröhlicher Landmann
Der Bio(u)topist
Laufsteg
Langzeittourist
Volksbegehren Artenvielfalt
Unbelangter Despot
Die Rückkehr der Wölfe
Das Unwetter
Pilgertour
Im Sog des Braunkohlereviers Garzweiler
Erwischt
Zu spät
Beratschlagung einiger Inuits aus Iqaluit
Greta
Vertuschung
Einlenken eines Präsidenten
Der Uigure
Auf Safari
Die Waldrestauratorin
Das eingestürzte Haus
Nostalgieaufritt einer Popsängerin
Streiter gegen Atomwaffen, für den Schutz des Klimas
Minderjährige Rebellin gegen Initiationsriten in Afrika
Jetzt erst Recht
Moderner Volksheld
Sturz in die Gletscherspalte
Neuer Zauber
Dass du spontan zum Umzug rüstest!!
Am Telefon, da klangst
Du keineswegs entschlossen. Müsstest
Doch froh sein hinter Glasfrontwaben
Im Epizentrum digitaler Trans-
Formation, Job und Büro zu haben?
Und dazu deine fachlichen Brillanz!
Extreme Mieten! Finanzielle
Belastung, dass du wankst?
Ist da nicht deine Frau zur Stelle,
Die auch verdient? Sodass ihr beide
Euch einen Lebensstandard leisten könnt,
Wie wenige? – Vor Arbeit wenig Freude?
Empfehl, dass ihr euch eine Pause gönnt.
Mir scheint es besser, dass du frische
Impressionen tankst,
Als fortziehen zu wollen! Mische
Dich unter Start-up-Unternehmer:
Und du wirst feststellen, was sich hier tut.
»Silikon Valley« ist das Fortschrittsschema,
Das auf Computerfreaks wie dir beruht.
Erinnerst du dich, als du letztes
Jahr mit mir sprachst und trankst
Im Coffeeshop, zu dem du hetztest,
Voll von Elan und Optimismus?
In Goldgräberstimmung. Und jetzt? Nur Hohn.
Im Sog des boomenden Kapitalismus
Half dir bis jetzt die eigene Vision.
Verfolg die doch beharrlich weiter!
Du selbst weißt, du gelangst
Mit Fleiß auf der Karriereleiter
Ganz automatisch weit nach oben. -
Packst weiter? Sprich, ist dir der Firmenboss
Zu desinteressiert, zu abgehoben?
Kenn ihn, war einmal Gast in seinem Schloss.
Ein Neureicher, den nur beeindruckt,
Wenn du mit Luxus prangst,
Den nur des Lebens schöner Schein juckt.
So schien ich ihm denn nebensächlich
Am Pool, wo die Elite kreischt und schwatzt.
Er diskutierte mit mir oberflächlich,
Wann wohl die Immobilienblase platzt.
Ist, was dich stört, dass der Solvente,
Dem du dein Geld verdankst,
Dich jederzeit rausschmeißen könnte?
Ist es das wachsende Gefälle
Von Arm und Reich, das dich empört und dass
Es keinen Mechanismus, keine Quelle
Sozialen Ausgleichs gibt? Dir wohl zu krass? -
Fürwahr! Ich glaube zu verstehen,
Weswegen du nicht schwankst
Im Vorsatz von hier wegzugehen:
Suchst Halt!, naturnah, bodenständig,
Den du als Programmierer hier nicht kriegst.
Träumst vom Gehöft und dass du eigenhändig
Fruchttragendes Geäst zur Ernte biegst?
Adieu, mein Kamerad, ich wette,
Du handelst auch aus – – Angst,
Die ich bestimmt genauso hätte,
Wenn ich, wie Du, mit Klarheit wüsste,
Es gäb hier keine Zukunft, nur das Jetzt,
Und ein Programm entwickeln müsste,
Das, wenn es fertig ist, mich selbst ersetzt.
Als Bundeswehrsoldat im Rahmen
Der NATO-Mission. Afghanistan.
Begegnungen mit unbeugsamen
Den Terror predigenden Taliban.
Ein letzter Kampfeinsatz nach langer
Dienstpflicht, die vor 2 Jahren startete.
Die Heimreise geplant in banger
Gespanntheit: Die Familie wartete.
Wie ein Eremitenorden:
Camp Marmal am Fuß des Hindukusch.
Aufklärungsfahrt weit nach Norden.
Dorfdurchkämmung. Hinter Fels und Busch:
Angreifer! MG-Geknatter.
Bombenexplosionen, Run and Kill.
Schreie. Hubschraubergeknatter,
Konfusion, urplötzlich war es still.
Dann aufgewacht im Staub des Grabens.
Kein Kamerad? Frakturen? Schmerz im Bein.
Kein Schimmer, war es morgens, abends?
Geblendet durch Granaten! Und allein.
Geruch nach Brand und Kriegszerstörung.
Kein Sanitäter oder Arzt vor Ort?
Strapazen, Orientierungsstörung.
Wer hülfe einem Blinden von hier fort?
Waren es lokale Pendler,
Die etwas beredeteten?
Aufgebrachte Schmuggler, Händler
Die sich laut befehdeten?
Helfer jedenfalls, die pflegend
Tätig wurden. Dann, trotz Qual,
Ging‘s per Maultier durch die Gegend,
Hoch auf Berge, steil zu Tal.
Die disparate Reisetruppe
Verweilte manchmal im Versteck.
Mitläufer schieden aus der Gruppe
Oder schlossen sich neu an: Track
Durch rar bebauten oder wegen
Der Dürre aufgegebenen
Distrikt. Mit Durchhaltevermögen
Durchquerung von Hochebenen.
Waren es Junbish-Milizen,
Die etwas verhandelten,
Bauern, die sich zu Komplizen
Von Mohndealern wandelten?
Mittler jedenfalls, entschlossen,
Dass sie »meinen Fall« abschließend
Klärten und mich an Genossen
In der Steppe abstießen.
Umsäumt von Filzschichten der Jurten,
Den Jahreszeitenrythmen angepasst,
Dem Sterben nah und den Geburten
Vom Sog des weiten Hügellands erfasst
Zieh ich mit reitenden Nomaden,
Die mit den Herden in Bewegung sind
Und in der Zeitlosigkeit baden,
Die sich als Freiheit um ihr Dasein spinnt.
Sie ist jetzt auch mein Zuhause.
Dank der Künste einer Heilerin
Lern ich nach der Blindheitspause
Wieder sehen, staunen. Neubeginn
Fern vom Dunst des Stadtgewimmels
Unter neuen Weggefährten und
Den Auspizien des Himmels
Sorglos mit Naturmächten im Bund.
oder: der Pipeline-Bau
Plötzlich war er da, der Mann, der achtlos
Saat platt trampelte, fotographierte,
Stutzige absichtlich ignorierte,
Laufend anrief, sich Notizen machte,
Anschließend auf Blumen urinierte.
Weiß noch wie ich eingeschüchtert dachte:
Dessen Bösartigkeit hat Routine,
Gegen diesen Scheißer sind wir machtlos.
Scheußlich abweisend war sein Miene.
Er kam achtmal wieder und begehrte
Übergabe von Grundstückspapieren.
Ich verweigerte. Der Zornentbrannte
Klärte auf, ein Unternehmen werde
Gaspipelines durch die Plantagen führen.
Töricht, wenn ich mich dagegen wehrte.
Als ich Rat suchte bei der Behörde
Und sich der Beamte zu mir wandte,
Merkte ich, es war just das bekannte
Gesicht.
Da war mir bewusst, mit welcher Feindschaft
Ich es hier zu tun hatte. Ich wollte
Mich partout nicht zwangsumsiedeln lassen.
Wüsste nicht, wohin ich ziehen sollte.
Gründete mit ebenso bedrängten
Frauen eine Regionalgemeinschaft.
Aus Empörung. Unser Bündnis grollte
Arg den Kräften, die zwecks Erdgas-Trassen
Alte Mayaheiligtümer sprengten.
Gab es von den zahlreichen Versprechen
Des Konzerns auch nur ein eingelöstes?
Lügen rankten um das Pipelinebauen.
Dorfvorsteher ließen sich bestechen,
Fütterten den Rohrlindwurm mit Flächen.
Tula-Tuxpan war die letzte Hürde.
Klar, dass es bald Unheil geben würde.
Daher hatte das bewährte Frauen-
Bündnis in Puebla für mich größtes
Gewicht.
Terror ließ sich nun nicht mehr verleugen:
Schulmädchen verschwanden; Sie gerieten
Offenbar ins Netz von Menschenschindern.
Ernten brannten ab; man sah Banditen
Kaufläden verwüsten, Häuser plündern.
Der Konzern verbreitete, wir Dummen
Würden ein Zentralprojekt verhindern.
Daher schuldeten wir ihm Unsummen.
Es sei höchste Zeit uns zu enteignen.
Drängten uns Verzweiflung, Selbsterhaltungs-
Trieb, Wut? Wir, die doofen Indigenen,
Stießen in den Planungsunterlagen
Des Projekts auf grobe Falschaussagen,
Falsche Zahlen, schlampige Prognosen
Und entschieden daraufhin zu klagen.
Gegen das Verharmlosen und Schönen.
Mit Erfolg. Den Stopp des mafiosen
Pipelinebaus verfügte ein Verwaltungs-
Gericht.
Herr G., Unternehmensberater,
Verheiratet, mehrfacher Vater,
Erfährt, wie sich das Erdenklima
Katastrophal
Zu wandeln
Begonnen hat:
Extremer Niederschlag zermalmt die Stadt;
Durch Sturm und Flut kommt es zu Toten.
Er registriert mit wachsendem Verdruss,
Dass von der Staatsregierung niemand
Bereit ist endlich so zu handeln,
Wie es geboten
Ist: Radikal!
Und fasst den einsamen Entschluss
Zu handeln wie er handeln muss.
Mit Hilfe eines Institutes
Lässt er akribisch sein akutes
Und voriges Konsumgebaren
Auf CO2-
Erzeugung
Hin voll und ganz
Analysieren. Die Abgasbilanz:
Durch Flugreisen und Autofahren
Entsteht der meiste Treibhausgasausstoß.
Seine Strom-/ Gasverbraucherquoten
Beweisen ferner seine Neigung
Kaum einzusparen.
Verschwenderei!
Der Ausstoß ist ihm viel zu groß.
Er muss das ändern, schonungslos!
Er will mit seinen Emissionen
Dramatisch runter, Klima schonen
Und rafft sich auf zur Klimabuße:
Heizt kaum, verpasst
Sich eisern
Konsumverzicht,
Verkauft sein Dieselfahrzeug, fliegt auch nicht
Mehr, fährt mit Bahn, Rad, geht zu Fuße.
Bei der Ernährung setzt er den Akzent
Auf einheimische Speisen, meidet
Fleisch, dämmt sein Haus, entscheidet
Auf Urlaubsreisen
Zu wandern, nennt
Ein Institut im Testament,
Das sich mit Klimaschutz befasst.
Als ich merkte, dass die Kapitalanlagen,
Die ich für betuchte
Kunden tätigte, vorbei am Augenmerk
Der Behörden im Finanznetzwerk
Offshore landeten und ich
Augenscheinlich willentlich
Von der Bank, für die ich Banker
War, missbraucht wurde, verfluchte
Ich den Job, der krank und kränker
Machte, ich war angeschlagen.
Als ich dann von meinem Arbeitgeber
Transparenz bezüglich
Der Struktur
Dubioser Überweisungen begehrte,
Wurde
Der gesamte Umgangston untrüglich
Gröber
Und bedrohlich. Ich bekam absurde
Vorwürfe zu hören, was indessen nur
Meine Hypothese nährte.
Als ich mit authentischen Belegen
Ausgestattet, wütend und ernüchtert
Klare Worte forderte
Und darauf bestand,
Nicht mehr Werkzeug illegaler Praktiken
Sein zu wollen, fand
Ich mich Irreführungstaktiken
Ausgeliefert, eingeschüchtert,
Woraufhin man mich sogar noch wegen
»Illoyalität« ins Abseits orderte.
Als ich tausende von Kundendaten
Fahndungsteams verraten
Hatte und die Bank verpfiff,
Die sich massiven Beschwerden
Ausgesetzt sah, floh ich, der Gefahr
Der Vergeltung ausweichend. Ich war
Bass erstaunt als ich begriff,
Dass die von mir wachgerüttelten
Auslandsstrafbehörden
Dort auch gegen mich ermittelten.
Als ich später wegen Beihilfe zur Steuer-
Hinterziehung
Im Gefängnis einsaß, zweifelte
Ich am Rechtsstaat, dessen Apparat dank treuer
Hinweise und Aufklärungsbemühung
Meinerseits enorme Summen
Nachgezahlt bekommen hatte,
Mich jedoch als Ratte,
Ja als dummen
Straftäter verteufelte.
Falls mich heute die Regierung
Eines Landes fragt,
Wie man hinterzognes Geld zurückgewinnt,
Helf ich als Berater gerne
Bei der Requirierung
Der dem Fiskus vorbehaltnen Beute;
Unterstütze sonst moderne
Robin Hoods, beherzte Leute,
Whistleblower, die zur Stelle sind,
Wo die Ordnungsmacht des Staats versagt.
Sie ging am Strande vor sich hin;
Sie wollte eine Firma gründen
Und brauchte dazu einen Plan.
Doch alles was ihr in den Sinn
Kam, schien unpraktikabel, Nicht einmal diskutabel
Und war somit von Anfang an
Gedanklich gleich wieder passé.
Die passende Geschäftsidee
Die wollte nicht so richtig zünden.
Der Strand war voller Plastikmüll,
Sie war zutiefst entsetzt und fragte:
Warum rief niemand Notstand aus?
Warum verhielt der Staat sich still,
Wo dringliche Verfahren Des Umschwungs nötig waren?
Welch Ignoranz des Super-Gaus!
Wer profitierte von dem Schein
Der Norm? Warum sprang niemand ein,
Wo Regulierungsmacht versagte?
Sie musste irgendetwas tun,
Weil sie die wachsende Vermüllung
Des Ozeans nicht mehr ertug.
Es war verdammt noch mal High Noon
Um aktiv einzuschreiten.
Ab jetzt hieß es zu fighten,
Und kostete es Schlafentzug.
Wenn sich nichts radikal und sehr
Schnell änderte, dann starb das Meer
An Plastikabfallüberfüllung.
Sie kam auf eine Strategie
In dreierlei synchronen Schritten:
Vonnöten schien den Kunststoffdreck
So drastisch wie nur irgendwie
Dem Menschenwohl verträglich In der Verwendung täglich