Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Humorvoll-bissige, witzig-ironische Geschichten über den Alltag unter Mitmenschen, Männern und Kindern Eine Frau sein ist kein Sport und schon gar nicht olympisch, aber oft schweißtreibend genug. Im Dauerlauf zwischen Haushalt und Beziehungskisten, zwischen Eheleben und Kindererziehung kann einem schon manchmal die Luft ausgehen, die frau zum Lachen braucht. Denn kein Problem, vor das einen der ganz normale Wahnsinn des Familienalltags stellt, ist so ernst, dass es sich nicht mit Humor lösen ließe. Das beweist Christine Nöstlinger auf ihre unnachahmliche Weise, voller Witz und Gelassenheit, mit einem liebevoll ironischen Blick auf das Leben und seine kleinen wie größeren Herausforderungen.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 90
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Alles in Butter
Eine Frau sein ist kein Sport Teil 5
herausgegeben von Hubert Hladej
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
www.residenzverlag.at
2. Auflage 2011
© 2011 Residenz Verlagim Niederösterreichischen PressehausDruck- und Verlagsgesellschaft mbHSt. Pölten – Salzburg
Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten.Keine unerlaubte Vervielfältigung!
ISBN ePub (Einzelgeschichte):978-3-7017-4262-2
ISBN ePub (Gesamtausgabe):978-3-7017-4245-5
ISBN Printausgabe:978-3-7017-1575-6
Alles in Butter?
Wohin mit dem Kummer?
Ein offenes, klärendes Gespräch
Das hat er von dir!
Geschichten zu zweit
Menschenkenntnis
Klebelächeln gefragt
Ja warum nur?
Die Verkopften
Anderer Leute Probleme
Opfer ohne Wert
Entlarvende Tätigkeit?
Verschwiegen wie ein altes Waschweib
Empfohlener Richtwert: Eins zu Fünf
Wer redet mehr?
Für Männer erlaubt, für Frauen verboten
„Ich merke doch, dass du was hast!“
„Schon gewählt?“
Kleines Dummerl
„Iss schön auf!“
Den Hammer im Nähzeug verlegt
Familienharmonie – um welchen Preis?
Meine Freunde, die Feuerzeug-Hamster
Alles in Butter?
Neues gibt es nur in Filmen
Nur außerhäuslich!
Keine Umstände machen Umstände
Mode kontra Handke
Ein g’sundes Übel – diese kranken Helden
Abschalten
Beim Zirkus müsste man sein
„Warum sagt mir keiner was?“
Verzweifelt über stille Hocker
Was wollte ich Ihnen heute bloß sagen?
Schätzen Sie doch, wie alt ich bin
Straßenbahnfahrt
Ehekitt besonderer Art
Einigung unmöglich!
Auf dass es binde ...
Guter Rat unmöglich!
Familiäre Notengebung
Himmelvata, schau oba!
Erträumte Stunden des Alleinseins
Psychosomatische Fettsucht
Man müsste nein sagen können
Freizeitvergnügen?
Das fehlende Zimmer
Folterkammer Örtchen
Wer kennt ihn nicht, den Dings
Wirklich »gute Freunde« hat man gottlob nicht nur für Jux und Tollerei und heitere Stunden im Leben, sondern auch für die »beladenen« Zeiten. Da darf man bei ihnen »abladen«. Aber kaum einer der guten Freunde sieht sich als »sprachloser Abladeplatz«, welcher Kummer nur anhört, verständnisvoll nickt, mitleidig seufzt, ein Taschentuch reicht und – bei Bedarf – sanft unser zitterndes Handerl tätschelt.
Gute Freunde neigen dazu, unseren Kummer »auseinander zu nehmen«, die tieferen Ursachen hinter den akuten Anlässen aufzudecken, Ratschläge zu geben und hinterher zu beobachten, ob unsereiner die Ratschläge auch beherzigt. Und weil das so ist, sollte sich jeder Mensch für jeden Kummer den passenden Menschen zum »Abladen« auswählen.
Nehmen wir den Fall eines argen Ehestreits. Da hat also die Grete schrecklichen Kummer mit ihrem Hans. Trägt sie ihren Kummer zur Anna, von der sie weiß, dass die den Hans nicht mag, hat sie zwar zu erwarten, dass ihr diese Freundin absolut Recht geben wird, aber sie wird auch hören: »Ich hab dir ja schon voriges Jahr gesagt, dass du dich scheiden lassen sollst!«
Und schluchzt dann die Grete aufgrund ihrer tristen Tagesstimmung: »Morgen geh’ ich zum Anwalt!«, so steht sie zwei Wochen später, nach der Versöhnung mit dem Hans, auf zwiespältigem Freundesfuß mit der Anna, muss versuchen, dieser die »guten Seiten« vom Hans darzulegen, und erntet Blicke, die besagen: Bei dir sind Hopfen und Malz verloren!
Trägt die Grete aber den Kummer zur Maria, die den Hans sehr mag, versucht diese unentwegt, Hansens Standpunkt darzulegen, einer angeblichen »Objektivität« verpflichtet. Und wer will die schon, wenn er auf Trost aus ist?
Zudem neigen ja Marias und Annas meistens dazu, Freundeskummer wiederum mit anderen Freunden zu besprechen. O nein, das ist kein Tratsch! Das ist nur »echte Betroffenheit«, die man nicht bei sich behalten kann!
Aber es gefällt einem halt weniger, drei Monate nach der Versöhnung mit dem Ehemann auf der Straße von einer flüchtigen Bekannten gefragt zu werden, wie denn die Scheidung so verlaufen sei!
Hören Sie auf mich: Laden Sie Kummer bei Ihrer Katze ab! Die lässt sich das Fell nass weinen, schnurrt tröstend, erzählt nichts weiter, gibt keine Ratschläge, und ihr unergründlicher Katzenblick sagt Ihnen, dass Menschenkummer so ernst wieder auch nicht zu nehmen ist.
Hat man Probleme mit Partnern, Kindern, Freunden oder Kollegen, kriegt man heute üblicherweise den Rat, die belastende Problematik mit dem Problemverursacher im Gespräch zu klären. Da heißt’s: »Sprich dich aus mit ihm (ihr), rede offen darüber, diskutiere es aus, sage ihm (ihr), wie sehr dich sein (ihr) Verhalten kränkt, erkläre ihm (ihr) ehrlich, warum du dich so verhältst!« Das hört man von gelernten Psychologen, liest man in den Trost- & Ratspalten von Zeitschriften, schlagen einem Freunde vor.
Ich hege dennoch Zweifel, ob »offene Aussprache« ein Patentrezept für Krisenfälle ist, glaube eher, dass es oft vernünftiger ist, Konflikte so wortkarg wie möglich durchzustehen. Siebzig Jahre Lebenserfahrung lehrten mich, dass es auch Menschen gibt, die total missinterpretieren, was man ihnen »offen« sagt, und man auch selbst selten in der Lage ist, exakt auszudrücken, was man anderen vermitteln will. Dass »beim Reden d’ Leut’ zammkommen«, ist möglich, aber ebenso, dass sie dabei »auseinander kommen«. Jedenfalls hörte ich schon viele seufzen: »Hätte ich nur nicht davon zu reden ang’fangen, besser wär’s gewesen, ich hätt’ mir die Zunge abgebissen!«
Ich kenne zwei Damen, die flogen vor Jahren zusammen nach Korfu, da ihre Männer so emsig hinter ihren Karrieren her waren, dass sie Urlaube für »unnütze Investition« hielten. Die beiden, von ihren Männern nicht nur urlaubsmäßig, sondern auch alltagsmäßig vernachlässigten Damen verliebten sich auf Korfu in zwei glutäugige Herren und holten sich von denen eine lang entbehrte Portion Zärtlichkeit, Anbetung und Bestätigung dafür, dass sie noch immer reizvoll und liebenswert seien.
Heimgekehrt, waren beide Damen sehr bedrückt; sie waren ja hochmoralische Damen. So bedrückt waren sie, dass es ihren Männern trotz beruflicher Inanspruchnahme auffiel und sie nachfragten. Die eine Dame fand’s passend, im »offenen Gespräch« die ganze Ehe-Problematik und ihren Frust auszubreiten, inklusive des daraus resultierenden Seitensprungs. Zwei Monate später war sie geschieden. Die andere Dame sagte wortkarg, sie fühle sich nur schlapp und matt, das sei alles. Der Mann riet zu Vitamin c und widmete sich wieder seiner Karriere. Die Dame ist heute noch mit ihm verheiratet und – wie sie sagt – glücklich, denn ein Jahr nach dem Korfu-Urlaub erlitt er, vom Stress niedergeprackt, einen Kollaps, legte geschockt seinen Berufsehrgeiz ab und wandelte sich im Laufe der Jahre zum fast perfekten Partner.
Falls Sie „d’ Moral von der G’schicht« für unmoralisch halten, haben Sie sicher Recht. Also sagen wir vielleicht diskreter so: Bevor man mit einem Menschen »offen« redet, sollte man überlegen, ob ihm Offenheit zumutbar ist.
Es ist absolut nichts dagegen einzuwenden, dass eine Mama begeistert ihrem kleinen Sohn zuschaut, wie dieser erstaunlich geschickt, ohne sich auf die zarten Fingerchen zu schlagen, mit Hammer und Nagel hantiert, und dann zum Ehemann und Kindesvater anerkennend sagt: »Das hat er von dir!«
Genauso zulässig ist es, wenn eine Mama über die beneidenswerte Fähigkeit ihrer Teenie-Tochter, täglich an die 8.000 Kalorien zu futtern, ohne auch nur ein Gramm Fett anzusetzen, zum ranken, schlanken Ehemann und Kindesvater sagt: »Das hat sie von dir!«
Schon gar nichts ist dagegen zu sagen, dass ein Papa verzückt seiner Tochter allerliebstes Stupsnäschen betrachtet und zur Ehefrau und Kindesmutter sagt: »Das hat sie von dir!« Oder wenn ebendieser Ehemann und Kindesvater das Talent seines Sohnes, ein Gedicht mit zwölf Strophen in einer Stunde auswendig zu lernen, der Ehefrau und Kindesmutter mit »Das hat er von dir!« erklärt.
Problematisch hingegen wird es, wenn ein Elternteil Eigenschaften und Angewohnheiten, welche ihm am gemeinsamen Kind missfallen, mit dem Sager »Das hat er (sie) von dir!« dem anderen Elternteil unterjubeln will. Wobei völlig egal ist, ob damit unterstellt wird, es handle sich um unschöne Erbmasse oder um unschönes Verhalten, zugelegt durch das schlechte Vorbild, welches dieser Elternteil tagtäglich abgibt.
Ist zum Beispiel der halbwüchsige Sohn nicht wie hoch und heilig versprochen um Mitternacht von der Party daheim, möge es sich die Mama verkneifen, zum besorgten Papa zu sagen: »Das hat er von dir!« Selbst dann, wenn dieser Papa ebenfalls oft wesentlich später heimkommt als beim Weggehen hoch und heilig versprochen. Jetzt ist der Papa ja daheim, Vorwürfe über seine Verspätung sind ihm zu machen, wenn er selbst später als versprochen heimkommt!
Ist schon klar, die liebende Mama versucht, den Sohn zu entlasten, ihn teilweise von Schuld freizusprechen. Wenn’s der Bub »vom Vater hat«, kann er ja »nix dafür«. Ist aber kaum anzunehmen, dass ein Vater in besorgter Warteposition das versteht und tolerant hinnimmt. Der fühlt sich eher zu Unrecht attackiert, und möglicherweise legt er sich dann dieselbe Taktik zu, und beim nächsten Vergehen des Sohnes trumpft er mit »Das hat er von dir!« auf. Und dann kommt es in manch Familie so weit, dass bei allfälligem Fehlverhalten des Nachwuchses die Eltern nur noch darüber streiten, von wem er (oder sie) »das hat«.
»Zwei Fliegen mit einer Klatsche zu schlagen«, gilt zwar als spezieller Akt der Tüchtigkeit, aber bitte nicht, wenn Ehepartner und Kind als »Fliegen« herhalten müssen!
Begeben sich Ehepartner gemeinsam in eine Gesellschaft, wo Plaudern und Austausch erwähnenswerter Erlebnisse üblich ist, gibt’s welche, wo ausschließlich der Ehemann am Reden ist. Höchstens, dass die Ehefrau die »Einleitung« für ihn besorgt, etwa mit den aufmunternden Worten: »Na, erzähl doch, Hasi, wie das damals in Kritzendorf war, wie wir uns gesonnt haben ...« Und dann erzählt der Ehemann die erstaunliche, erheiternde Geschichte vom Sonnenbaden in Kritzendorf, und die Ehefrau begnügt sich mit zustimmendem Kopfnicken. Kann natürlich auch umgekehrt sein: Die Ehefrau ist die Geschichtenerzählerin, der Ehemann ist der kopfnickende Statist und steuert höchstens ein »Wirklich, so war’s« bei, wenn die anderen ungläubig schauen.
Aber es gibt halt auch Ehepaare, die sich nicht darauf geeinigt haben, wer erzählen darf. Und solch Ehepaar in geselliger Runde gibt dann ein ergötzlich Schauspiel ab.
SIE fängt an: »Da muss ich euch erzählen, wie wir uns in Kritzendorf gesonnt haben. Ein schöner Sonntag war’s ...«
Und während sie Luft holt, fällt ER ein: »Nein, ein Montag war’s, Pfingstmontag, um genau zu sein, und wir wollten eigentlich gar nicht nach Kritzendorf, sondern ...«
»Jetzt fang bloß nicht wieder bei Adam und Eva an«, unterbricht SIE ihn ungehalten, »das hat doch für die ganze Geschichte überhaupt keine Bedeutung!«
»Doch!«, sagt ER. »Sonst versteht man ja nicht, warum wir kein Badezeug mithatten!«
»Okay, okay«, seufzt SIE. »Wir wollten also zu seinem Onkel, aber der war nicht daheim, und weil die Sonne so schön geschienen hat, sind wir ans Donauufer, weit und breit war kein Mensch, und da ist uns die Idee gekommen, wir ziehen uns aus und sonnen uns.«
»Dir ist die Idee gekommen, ich war eh dagegen!«, ruft ER.
»Darf ich vielleicht MEINE Geschichte allein zu Ende erzählen?«, fragt SIE giftig.
»Wieso DEINE Geschichte!«, ruft ER entrüstet. »Schließlich bin ICH zuletzt nackert ohne Kleider dagestanden!«
»Na bestens!«, sagt SIE. »Jetzt hast DU wieder einmal die Pointe kaputtgemacht.«