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Als Fabian bei einem Preisausschreiben einen Abenteuerurlaub in Kenia gewinnt, freut sich das ganze Dorf mit ihm. Gemeinsam mit seinem Freund Fritz tritt er die Reise an, und bald genießen die beiden die wilde Schönheit der afrikanischen Landschaft. Doch die Fahrt findet ein jähes Ende, als der Wagen streikt und sie für ein paar Tage auf einer Farm bleiben müssen. Hier lernt Fabian die dunkelhäutige Anna kennen, die auf einer deutschen Missionsschule erzogen wurde, und verliebt sich auf den ersten Blick in sie. Die zwei verbringen wundervolle Stunden miteinander, und als Fabian abreist, gibt er Anna das Versprechen, sie später in seine Heimat nachzuholen.
Der Hofsohn ahnt nicht, welchen Wirbel seine Entscheidung auslöst - und dass es in St. Severin deswegen bald drunter und drüber gehen soll ...
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Klatsch und Intrigen in St. Severin
Vorschau
Impressum
Klatsch und Intrigen in St. Severin
Heimatroman um ein Dorf in Aufruhr und Herzen in Not
Von Nora Stern
Als Fabian bei einem Preisausschreiben einen Abenteuerurlaub in Kenia gewinnt, freut sich das ganze Dorf mit ihm. Gemeinsam mit seinem Freund Fritz tritt er die Reise an, und bald genießen die beiden die wilde Schönheit der afrikanischen Landschaft. Doch die Fahrt findet ein jähes Ende, als der Wagen streikt und sie für ein paar Tage auf einer Farm bleiben müssen. Hier lernt Fabian die dunkelhäutige Anna kennen, die auf einer deutschen Missionsschule erzogen wurde, und verliebt sich auf den ersten Blick in sie. Die zwei verbringen wundervolle Stunden miteinander, und als Fabian abreist, gibt er Anna das Versprechen, sie später in seine Heimat nachzuholen.
Der Hofsohn ahnt nicht, welchen Wirbel seine Entscheidung auslöst – und dass es in St. Severin deswegen bald drunter und drüber gehen soll ...
»Hast du auch wirklich alles?« Margret Steindl sah besorgt zu ihrem um gut einen Kopf größeren Sohn hinauf. »Hast du die Wollweste, die ich dir zum Geburtstag geschenkt habe? Und hast du die Brotzeit eingepackt, die ich dir gerichtet hab? Die Ohrentropfen hab ich dir ins Außenfach der Reisetasche getan ...«
»Mutter, bitte!« Fabian verdrehte genervt die Augen. »Meine Ohrenentzündung liegt vier Wochen zurück, und die dicke Norwegerweste brauche ich in Afrika bestimmt nicht! Für den Ausflug auf den Kilimandscharo habe ich den Thermoanzug, den ich auch tragen werde, wenn wir auf Skitour gehen.«
»Und in jedem Flugzeug wird etwas zu essen serviert«, brummte jetzt Fabians Vater. Er streifte seine Frau mit einem amüsierten Seitenblick. »Unser Büberl wird also weder erfrieren noch verhungern!«
Das »Büberl« gab seiner Mutter einen Kuss auf die Wange und griff nach seinem Gepäck.
Fabian Steindl, der Maschinenschlosser und Nebenerwerbslandwirt, war fast einen Meter achtzig groß, hatte breite Schultern, dichtes mittelblondes Haar und war achtundzwanzig Jahre alt.
»Da kommen der Hannes und der Fritz schon«, meinte er, als er aus der Haustür trat.
Eine letzte Umarmung der Eltern, dann ging es los in Richtung Flughafen.
Fabian Steindl hatte vor einiger Zeit das Preisausschreiben einer Illustrierten mitgemacht und den Hauptpreis, eine dreiwöchige Abenteuerreise durch Ostafrika gewonnen. Und das für zwei Personen!
Fritz Manhardt, sein Freund und Arbeitskollege im Stahlwerk, drehte sich zu Fabian um.
»Also, wenn mir vor einem Monat jemand gesagt hätte, dass ich heut nach Afrika fliegen werde ...«
»Den hättest du für deppert erklärt!«, kam es jetzt respektlos von Hannes, der sich bereit erklärt hatte, die beiden Abenteuerurlauber zum Flughafen nach München zu fahren, wo die Maschine nach Nairobi starten würde. »Und dass der Fabian ausgerechnet dich mitnimmt ...«
»Ich freue mich, dass du mitkommst, Fritz!« Fabian strich sich durch sein ein wenig widerspenstiges Blondhaar. »Wir haben doch schon einiges gemeinsam durchgestanden.«
»Ich weiß noch gut, wie ihr beide damals, bei eurer Erstkommunion, den alten Kohlenbunker erforscht habt.« Hannes lachte gutmütig. »Die Eltern hat fast der Schlag getroffen, als ihr kohlrabenschwarz wieder aufgetaucht seid.«
Ja, sie waren wirklich schon lange gute Freunde, Fabian Steindl und Fritz Manhardt. Beide waren in dem kleinen Bergdorf St. Severin geboren und aufgewachsen. Sie hatten zusammen die Schulbank gedrückt, und danach hatten sie beide Ausbildungsplätze im Stahlwerk der Kreisstadt Offenberg gefunden.
»Und Waltraud ist wirklich net bös, dass du mich eingeladen hast?«, erkundigte Fritz sich jetzt.
Ein Schatten huschte über Fabians Gesicht.
»Ach, manchmal frag ich mich ohnehin, ob es einen Sinn hat mit der Waltraud und mir«, erwiderte er. »Ich glaub, wir passen net zusammen.«
Nun war auch Hannes wieder ernst geworden. Er warf Fabian über den Rückspiegel einen verständnisvollen Blick zu. Er wusste nur zu gut, wie schwer es für einen jungen Landwirt war, eine Frau zu finden, die bereit war, in einem kleinen Ort wie St. Severin zu leben, und die sich auch nicht scheute, auf dem Hof zuzupacken. Aber Waltraud Sailer?
Pfarrer Schaffer hatte sie eingestellt, als er vor zwei Jahren endlich »seinen« Kindergarten hatte eröffnen können. Und beim Severins-Kirchtag hatten sie sich dann näher kennengelernt. Fabian hatte sich gefreut, denn er hatte gehofft, in ihr eine wirkliche Partnerin gefunden zu haben.
Nach und nach allerdings war er gar nicht mehr sicher, ob Waltraud die Richtige für ihn war. Sie sprach immer wieder davon, doch wegzugehen aus St. Severin, schwärmte vom umso viel aufregenderen Leben in der Stadt und nörgelte nur allzu oft über Fabians »Erdverbundenheit«, die ihn viel von seiner Freizeit kostete.
Die drei jungen Männer erreichten den Flughafen. Fritz und Fabian verabschiedeten sich noch am Parkplatz von Hannes, grüßten die Daheimgebliebenen noch einmal, dann marschierten sie mit ihrem Gepäck in die Abfertigungshalle.
***
Drückende Hitze schlug Fabian Steindl und Fritz Manhardt entgegen, als sie die Maschine in Nairobi verließen.
Ein Schwarzer im weißen Leinenanzug kam auf sie zu.
»Mein Name ist Ngono Sahini. Ich komme vom Reisebüro ›Kenia-Tours‹ und heiße Sie in Afrika willkommen. Am besten, ich bringe Sie in Ihr Hotel. Dort werden Sie heute nächtigen. Nach dem Abendessen soll ich Ihnen die Schlüssel des Geländewagens übergeben, mit dem Sie morgen oder übermorgen Ihre Reise antreten können. Wenn Sie wollen, bin ich Ihnen gern bei der Zusammenstellung der Reiseroute behilflich.«
Fritz und Fabian wechselten einen raschen Blick. Sie wussten zwar, dass sie bis zu ihrem Abflug in drei Wochen weitgehend auf sich allein gestellt sein würden, doch nun war ihnen doch ein wenig seltsam zumute.
Das Vier-Sterne-Hotel, in das Ngono die beiden brachte, war voll klimatisiert. Nachdem der Angestellte des Reisebüros nach ihm gerufen hatte, erschien ein schlanker schwarzer Boy mit herrlich kühlen Getränken.
Fabian blinzelte. Er konnte kaum glauben, dass er um diese Zeit in einem afrikanischen Luxushotel verwöhnt wurde. Daheim würde er jetzt melken und danach die Ställe ausmisten.
Fritz mochte ähnliche Gedanken haben. Er griff schon nach einem zweiten Glas des fruchtig-aromatischen Getränks, das so wunderbar schmeckte.
Ngono sah auf die Uhr.
»Ich denke, Sie werden sich jetzt etwas erfrischen wollen! In eineinhalb Stunden hole ich Sie zum Abendessen ab.« Mit einer kleinen Verbeugung zog Ngono sich zurück.
Einer der wie die Ameisen umherwimmelnden Hotelboys nahm sich des Gepäcks an, und gleich darauf standen Fritz und Fabian in einem geräumigen und luftigen Zimmer. Die Betten links und rechts an der Wand verschwanden fast unter den üppigen Seidenkissen, darüber hingen Schilder und verschiedene Lanzen als Ziergegenstände. Besonders die große, aus Ebenholz geschnitzte Maske hatte es Fabian angetan.
Für die beiden Männer war alles neu, faszinierend und ungewohnt, und allmählich ließ die Anspannung der Reise nach.
Wie versprochen, kam Ngono später zurück, und bei einem opulenten Abendessen stellten sie mit Hilfe des afrikanischen Reisebüroangestellten die Route der Tour zusammen, zu der sie gleich am nächsten Morgen aufbrechen wollten. Von Nairobi aus sollte es erst einmal zum Mount Kenya gehen. Von dort dann weiter durch den Aberdare-Nationalpark in Richtung Viktoriasee, und dann – wenn noch Zeit blieb – über den Kilimandscharo zurück nach Nairobi, wo sie den Rückflug antreten würden.
»Sie müssen auf Ihrer Rundreise natürlich einiges beachten«, begann Ngono. »Es ist vorgeschrieben, unbedingt auf den Straßen zu bleiben, also keineswegs auf eigene Faust auf Entdeckungsreisen gehen, ja?«
Fabian und Fritz nickten.
»Zudem sollten Sie unterwegs den Wagen nur im äußersten Notfall verlassen. Am besten, Sie berechnen die Tagesrouten so, dass sie mühelos den nächsten Lagerplatz oder die Lodge erreichen.«
So ging es noch eine ganze Weile weiter mit verschiedensten Regeln, die es unbedingt zu beachten galt. Obwohl den beiden Freunden die Köpfe schwirrten, stieg ihre Vorfreude immer weiter. Sie waren beide sicher, dass unvergessliche Wochen vor ihnen lagen.
Ngono zeigte ihnen dann noch den Geländewagen, der in der hoteleigenen Garage nur darauf wartete, von Fabian und Fritz in Betrieb genommen zu werden.
»Einige Vorräte sind bereits im Kofferraum verstaut«, sagte Ngono schmunzelnd. »Dazu noch zwei Reservekanister mit Treibstoff sowie ein Zweimannzelt und natürlich zehn Liter Trinkwasser.«
Der Kenianer gab ihnen noch eine genaue Karte der Reiseroute, dann verabschiedete er sich mit letzten guten Ratschlägen.
***
Groß und rot stieg die Sonne am Morgenhimmel höher, und als Fabian Steindl die Augen aufschlug, war er überwältigt von dem Naturschauspiel. Hier, so nahe am Äquator, erschien ihm die Sonnenkugel wie ein riesiger roter Ball vor einem makellos blauen Himmel.
Irgendwo waren Vogelstimmen zu hören, die nur sehr wenig mit dem heimatlichen Gezwitscher der Amseln oder dem Gekreische der Spatzen gemein hatten.
»Fritz!« Fabian rüttelte den Freund wach. »Das Abenteuer kann endgültig beginnen!«
Sofort war auch Fritz Manhardt auf den Beinen.
Nach einem ausgiebigen Frühstück setzte Fritz sich erst einmal hinters Steuer des Geländewagens. Es war nicht allzu schwer, die Straße aus dem Stadtzentrum zu finden, und schon nach etwas mehr als zehn Kilometern machten die beiden jungen Deutschen erste Bekanntschaft mit der Eigentümlichkeit Afrikas. Sie passierten die Grenzen des Nairobi-Nationalparks, den sie durchqueren und erst am Athi wieder verlassen sollten.
Die Straße führte zuerst schnurgerade durch etwas öde wirkendes Grasland, doch dann tauchte einer der kleinen Stauseen auf. Und eine Herde Impalas überquerte unmittelbar vor dem Geländewagen die Fahrpiste, wohl um ihren Durst am See zu stillen.
Dann entdeckte Fabian die ersten Flöten- und Schirmakazien. Erneut wurde ihm die Fremdartigkeit des Landes bewusst, und er dankte dem Schicksal, dass ausgerechnet er das Glück gehabt hatte, diesen Preis zu gewinnen.
Fritz mochte es ähnlich gehen.
»Schade, dass die Eltern und mein Bruder nicht auch hier sein können«, sagte er.
»Stimmt!«, meinte Fabian lächelnd. »Aber ich weiß, dass meine Eltern mir die Reise gönnen. Ich bedaure allerdings, dass sie jetzt mit der vielen Arbeit allein sind.«
»Waltraud könnte doch ein bisserl einspringen«, erwiderte Fritz und drosselte das Tempo, um die Giraffe nicht zu rammen, die, gefolgt von ihrem Jungen, gemächlich die Fahrbahn überquerte.
»Waltraud ...« Fabian seufzte. »Weißt du, sie ist zwar eine recht fähige Kindergärtnerin, aber eine Bäuerin? Die wird sie niemals sein.«
»Na ja, so viel Glück wie Hannes kann net jeder haben«, meinte Fritz. »Eine Frau wie meine Schwägerin Ulla findet man halt nicht jeden Tag.«
Fabian konnte ihm nur zustimmen. Auch er schätzte Hannes Manhardts junge Frau, die so tüchtig zupacken konnte und trotz der vielen Arbeit stets gut gelaunt war. Auf ihre Initiative hin hatten die Manhardts hinter dem Wohnhaus auf dem Gelände des ehemaligen, überalterten Obstgartens ein Gästehaus gebaut. Nun hatten sie schöne Einkünfte von Städtern, die sich für »Urlaub auf dem Bauernhof« begeisterten.
Viel zu rasch verging die Zeit, und die beiden erreichten den Athi.
Am Horizont zeichnete sich – freilich etwas verschwommen im Dunst – ein mächtiges Gebirge ab.
»Nach der Karte muss das der Mount Kenya sein«, rief Fabian begeistert.
»Wenn alles klappt, werden wir ihn uns morgen aus der Nähe ansehen«, meinte Fritz. »Bis zum Zeltplatz, den Ngono uns empfohlen hat, sind es bestimmt noch mehr als zwei Stunden Fahrzeit. Und dann, denke ich, haben wir für den ersten Tag auch genug.«
Der Zeltplatz, den man im Busch für Abenteurer und Touristen angelegt hatte, lag in einer kleinen Senke am Ufer eines unwahrscheinlich klaren Steppensees.
Rasch war das Zweimannzelt aufgebaut. Ein Restaurant gab es hier in der Wildnis zwar keines, aber einen lang gestreckten Bau, in dem sich eine erstaunlich saubere Küche befand. Dort trafen die Freunde auf ein englisches Ehepaar sowie auf eine Gruppe japanischer Jugendlicher.
Während Fabian und Fritz ihre Gulaschdosen öffneten und deren Inhalt wärmten, kam rasch eine amüsante Unterhaltung in den verschiedenen Sprachen in Gang.