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In ganz Althofen heißt Severin Moser nur der "Unglücksbauer". Ein Fluch liege über dem Moser-Hof, sind die Dorfbewohner überzeugt. Nicht nur, dass seine geliebte Kathrin und ihr zu früh geborener Sohn im Kindbett haben sterben müssen - auch danach war dem tüchtigen Bauern kein Glück in der Liebe mehr vergönnt. Kein Wunder, dass Severin mit den Frauen abgeschlossen hat.
Als er jetzt eine Wirtschafterin für seinen Hof sucht, hat er eigentlich eine gesetzte, etwas ältere Dame im Sinn - ganz gewiss aber nicht die hübsche Eva, die sich jedoch als Einzige auf die Stelle bewirbt. Von Anfang an erobert sie alle Herzen im Sturm auf dem Moser-Hof. Nur Severin behandelt sie seltsam kalt und abweisend. Denn er hat sich geschworen: Er will nie mehr lieben!
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Seitenzahl: 106
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Das Madel, das sein Glücksstern wurde
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-5492-8
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Das Madel, das sein Glücksstern wurde
Er wollte nie mehr lieben, doch Eva stellte sein Leben auf den Kopf
Von Nora Stern
In ganz Althofen heißt Severin Moser nur der „Unglücksbauer“. Ein Fluch liege über dem Moser-Hof, sind die Dorfbewohner überzeugt. Nicht nur, dass seine geliebte Kathrin und ihr zu früh geborener Sohn im Kindbett haben sterben müssen – auch danach war dem tüchtigen Bauern kein Glück in der Liebe mehr vergönnt. Kein Wunder, dass Severin mit den Frauen abgeschlossen hat.
Als er jetzt eine Wirtschafterin für seinen Hof sucht, hat er eigentlich eine gesetzte, etwas ältere Dame im Sinn – ganz gewiss aber nicht die hübsche Eva, die sich jedoch als Einzige auf die Stelle bewirbt. Von Anfang an erobert sie alle Herzen im Sturm auf dem Moser-Hof. Nur Severin behandelt sie seltsam kalt und abweisend. Denn er hat sich geschworen: Er will nie mehr lieben!
Severin Moser las noch einmal sorgfältig die Anzeige durch, die er aufgesetzt hatte:
Tüchtige Wirtschafterin, am liebsten mit abgeschlossener einschlägiger Ausbildung, für großen Bauernhof gesucht. Hilfspersonal vorhanden, schönes Zimmer sowie überdurchschnittliche Entlohnung werden geboten. Tel …
„Bauer, das Nachtmahl.“ Reni, die alte Magd auf dem Moser-Hof, steckte den Kopf zur Tür herein. „Es gibt Speckknödel und Krautsalat.“
„Danke, Reni! Ich komm gleich.“
Der fünfunddreißigjährige Bauer faltete das Blatt sorgfältig zusammen und steckte es in einen Umschlag. Darauf schrieb er die Adresse des Bauernblattes in der Kreisstadt Paldau und klebte eine Briefmarke auf. Er würde den Brief später noch ins Dorf zum Postkasten bringen.
„Endlich!“ Der Großknecht Nazl sah den Bauern herausfordernd an. Er und die beiden anderen Knechte sowie die kaum siebzehnjährige Stallmagd Ursel saßen bereits um den großen Esstisch und blickten verlangend auf die Schüssel mit den dampfenden Knödeln.
„Du wirst net am Verhungern sein“, erwiderte Severin schmunzelnd. Er kannte seinen Großknecht und wusste, dass Nazl oft ein recht loses Mundwerk hatte, aber im Grunde ein gutmütiger Mensch war. Und zupacken konnte Nazl auch.
Reni schlurfte nun auch heran und setzte sich an den Tisch. Die Brille war ihr wieder einmal bis auf die Nasenspitze gerutscht. Die Sehkraft der Alten hatte im letzten Jahr arg nachgelassen, und auch ihre körperlichen Kräfte begannen allmählich zu schwinden.
Nazl, der sich bereits drei Knödel und eine ordentliche Portion Krautsalat auf den Teller gehäuft hatte, grinste.
„Willst du deine Augengläser heut als Zuspeis essen?“
„Lass die Reni in Ruh“, mahnte Alois. „So gut wie sie kocht keine andere!“
„Aber den Krautsalat hab ich gemacht“, versicherte jetzt Ursel empört. „Und der schmeckt euch doch auch.“
„Ich weiß, dass du ganz tüchtig bist für dein Alter.“ Der Bauer lächelte. „Aber als Nachfolgerin von der Reni bist du halt doch noch ein bisserl jung.“
Für eine halbe Minute war es ruhig. Alle wussten zwar, dass es so nicht weitergehen konnte, schaffte doch Reni mit ihren sechzig Jahren die viele Arbeit im Haushalt kaum mehr, aber an den Gedanken, dass eine andere an ihre Stelle treten würde, konnte sich noch niemand gewöhnen. Freilich würde Reni auf dem Hof bleiben, doch mit einer neuen Wirtschafterin würde sich bestimmt manches ändern.
Reni selber sagte schließlich: „Jetzt lasst die Nasen net hängen! Bis der Bauer jemanden findet, muss halt die Ursel tüchtig im Haus mithelfen. Und ich denk, es gibt auch dann noch genug für zwei Frauen im Haus zu tun.“
„Das mein ich auch.“ Severin sah in die Runde, dann blieb sein Blick an Reni hängen. „Der gute Geist vom Haus bist seit Jahren du! Und so soll’s auch bleiben“, versprach er. „Du hast dir ein bisserl mehr Rasten redlich verdient.“
Reni seufzte verhalten. Es stimmte schon: Sie spürte nur allzu deutlich, wie die Kräfte immer weniger wurden. Vor allem machte ihr das Nachlassen ihrer Sehkraft zu schaffen.
Sie hatte ja immer gehofft, es würde eines Tages wieder eine junge Bäuerin auf dem Moser-Hof sein, aber seit die Kathrin im Kindbett hatte sterben müssen und die Gisela Pottschacher Severin so schmählich im Stich gelassen hatte, wagte sie kaum mehr daran zu glauben, dass ihr Bauer je wieder ans Heiraten denken könnte.
„Ich geh noch mal ins Dorf“, kündigte Severin jetzt an. „Schaut, ob der Hühnerstall gut zu ist, damit der Fuchs net wieder eindringen kann. Ich nehm die Blanka mit. Und geht net zu spät ins Bett. Morgen in aller Früh fangen wir mit der ersten Mahd an.“
Damit stand er auf und pfiff nach der Bernhardinerhündin, die sofort schwanzwedelnd angelaufen kam.
***
Auf dem Brandl-Hof in St. Georgen saßen Anna und Fritz Brandl und ihre Kinder in der Stube beieinander.
Hans, der Erbe, wollte bald seine Erika heiraten, und dann würden die Eltern den Hof auch übergeben.
Die achtundzwanzigjährige Helga wohnte noch zu Hause, obwohl sie tagsüber in der Schneiderei im Dorf arbeitete.
Die jüngste, die fünfundzwanzigjährige Eva, hatte mit achtzehn Jahren die Hauswirtschaftsschule abgeschlossen. Bis vor zwei Wochen hatte sie in Wien bei der Witwe des Geheimrats Wallner gearbeitet. Frau Wallner hatte darauf bestanden, dass Eva ihren Führerschein machte, und sie hatte sich oft von ihrer jungen Hausangestellten hinaus in die freie Natur fahren lassen. Auch als die Witwe schon recht kränklich gewesen war, hatte sie diese kleinen Ausflüge genossen.
Nach dem Tod der gütigen Emilie Wallner war für Eva allerdings kein Platz mehr in dem großen Haus gewesen. Also war ihr nichts anderes übrig geblieben, als nach Hause zurückzukehren. Freilich war der Brandl-Hof nicht groß, und wenn die junge Bäuerin einziehen würde, wollte Eva auf jeden Fall wieder auf eigenen Füßen stehen. Sie wusste, dass sie so bald wie möglich wieder Arbeit haben musste. Heute hatte Eva die Zeitung durchgeblättert, und gleich war ihr die Anzeige Severin Mosers aufgefallen.
Helga meldete Bedenken an. „Auf einem Bauernhof ist’s bestimmt kein Honigschlecken“, meinte sie. „Such dir lieber wieder was in der Stadt.“
„Na ja, alle sind net wie die Frau Wallner“, wandte Eva ein. „Außerdem könnt ich auf Dauer ohnehin net in der Stadt leben. Und anschauen kann ich mir diesen Hof und die Bauersleut ja.“
„Das kostet nix!“ Hans nickte lächelnd. „Aber versprich mir eins, Schwesterherz: Wenn es dir net gefällt, dann nimm die Stelle net an. Soviel bringt der Brandl-Hof schon, dass du hierbleiben kannst, bis du wirklich die Arbeitsstelle gefunden hast, die dir gefällt.“
„Danke, Hans“, sagte Eva leise. „Aber jetzt rufe ich dort an.“
„Moser …“ Es war eine dunkle, angenehm klingende Männerstimme, die sie hörte.
„Ich rufe wegen des Stellenangebots an.“
Das Gespräch dauerte kaum eine Minute, dann drehte sich Eva zu ihrer Familie um.
„Ich fahr morgen nach Althofen“, erklärte sie. „Der Bauer heißt Severin Moser, und er will mich kennenlernen. Er hat mich eingeladen, damit ich mir seinen Hof anschauen kann.“
„Nach Althofen?“ Fast erschrocken sah Anna Brandl ihre Tochter an. „Das ist ja auf der anderen Seite der Berge.“
Hell lachte Eva auf. „Aber Mutter! Wien ist doch noch viel weiter weg.“
„Auch wieder wahr.“ Jetzt musste Anna selber lachen.
Ihr Mann jedoch neckte sie weiter. „Jaja, die Mütter! Richtige Gluckhennen!“
„Und wer ist alle Tag als Erster zum Briefkasten und hat geschaut, ob’s Everl geschrieben hat?“, konterte Anna, was der Bauer mit verlegenem Gebrummel quittierte.
***
Als Eva Brandl gegen Mittag auf dem Dorfplatz von Althofen aus dem Postautobus stieg, hatte sie eine lange Fahrt hinter sich.
Um sechs Uhr früh war sie in St. Georgen weggefahren. In der Kreisstadt Paldau hatte sie auf den Bus nach Althofen warten müssen. Eine gute Stunde hatte die Fahrt in das hübsche Dörfchen am Ende des Tales dann noch gedauert.
Eva erkundigte sich bei einer älteren Frau nach dem Moser-Hof. Die sah das blonde Madl eigentümlich an, wies dann aber dorfauswärts.
„Zwanzig Minuten auf den Höchstein zu, du kannst es gar net verfehlen. Ist ein schönes Anwesen, der Moser-Hof. Nur …“ Die Alte sagte nichts mehr, und fragen wollte Eva nicht. Sie würde ja sehen.
Das Madl bedankte sich und schlug die angegebene Richtung ein.
Eine gute Viertelstunde später verbellte Blanka, die große Bernhardinerhündin, Eva Brandl.
Severin hörte den Hund anschlagen, und schon war er an der Tür. Er begrüßte Eva zwar freundlich, schien aber ein bisserl enttäuscht zu sein. Die junge Frau, die sich bisher als Einzige auf seine Anzeige hin gemeldet hatte, war ziemlich jung. Und verflixt hübsch war sie auch! Der jüngste der drei Knechte, der Lenz, bekam fast Stielaugen, als er Eva sah.
„Lenz, sag der Reni, sie soll ein Gedeck mehr auflegen“, trug der Bauer ihm auf, und der baumlange Bursch verschwand in der Küche.
Für einen Augenblick breitete sich ein warmes Lächeln auf dem Gesicht des jungen Bauern aus, erlosch aber sofort wieder.
„Hast du deine Zeugnisse mit?“, fragte er barsch.
Eva nickte. „Das von der Hauswirtschaftsschule und eins von meiner letzten Arbeitsstelle.“ Sie dankte im Stillen Emilie Wallner, die noch kurz vor ihrem Tod daran gedacht hatte, Eva ein gutes Zeugnis auszustellen.
„Dann komm ins Haus!“ Severin führte das Dirndl in die Stube. „Hab mir eigentlich eine Ältere, Gesetztere vorgestellt“, platzte er heraus, als Eva in ihrem Beutel nach den Papieren kramte. „Bei mir warten viel Arbeit und Verantwortung“, fuhr er fort, noch bevor er die Dokumente auseinanderfaltete. „Es ist keine Bäuerin im Haus, die Anweisungen geben könnt. Ich muss mich auf meine Wirtschafterin verlassen können.“
„Ich bin an selbstständiges Arbeiten gewöhnt“, erwiderte Eva ruhig. „Bei der Frau Wallner in Wien hab ich mich auch um alles kümmern müssen.“
„In Wien. Soso.“ Severin studierte die Zeugnisse. Er nahm jedoch gar nicht wahr, was er da las.
Mach net wieder einen Fehler, Severin, dachte er. Das ist ein blitzsauberes Madl!
„Also, ich weiß net“, meinte er wenig später kühl. „Ich glaub ja gern, dass du tüchtig und umsichtig bist, aber eine Gesetztere wär mir halt lieber.“
Eva schluckte. Was hätte sie auch sagen können?
„Ja, dann“, murmelte sie und machte Anstalten, aufzustehen.
„Brauchst net gleich davonzurennen“, brummte Severin. „Ich werd’s mir noch überlegen. Und jetzt warten sie bestimmt schon mit dem Essen auf uns.“
Ohne Evas Antwort abzuwarten, bedeutete der Bauer ihr, ihm in die große Küche zu folgen.
Fünf Leute musterten Eva genauestens. Lenz war der Erste, der das Madl wohlwollend angrinste. Dann nickte auch Nazl Eva zu, und Reni reichte ihr die Hand.
„Willkommen hier auf dem Moser-Hof“, nuschelte sie.
„So weit ist’s noch net“, unterbrach Severin sie trocken. „Jetzt bring bitte die Suppe, ja?“
Reni winkte der Jungmagd Ursel, und die holte den großen Suppentopf vom Herd.
„Ich hab selten so gute Milzschöberl gegessen“, entfuhr es Eva, als sie den ersten Löffel Suppe gekostet hatte.
„Mich freut’s, dass es dir schmeckt.“ Reni nickte der Jüngeren freundlich zu.
„Und was kannst du kochen?“, platzte jetzt der Alois heraus.
„Die Mutter sagt immer, niemand könnte den Erdäpfelsalat so anmachen wie ich, aber das ist natürlich Unsinn.“
Bald war ein reges Gespräch im Gange, bei dem jeder seine Lieblingsgerichte aufzählte. Nur der Bauer blieb wortkarg, ja stumm.
Nach dem Essen mussten die Männer wieder ins Heu. Es war Juni, und die erste Ernte musste unter Dach und Fach gebracht werden.
Zu Evas Überraschung wies der Bauer die alte Reni an: „Zeig ihr das Haus. Und vielleicht auch noch die Ställe.“ An Eva gewandt, setzte er dann hinzu: „Lass die Adresse da, wo ich dich erreichen kann. Ich meld mich in einer Woche. So oder so!“
Damit stapfte er hinter seinen Männern her.
„Komm …“, forderte Reni Eva auf, „… wenn der Bauer sagt, ich soll dir alles zeigen, dann sollst du es dir schon anschauen.“
„Aber ich dachte, er will mich net.“ Unsicher sah Eva die andere an.
„Manchmal ist er halt ein bisserl eigenartig, unser Bauer. Aber im Grunde ist er ein guter Kerl“, erwiderte Reni, dann winkte sie Eva, ihr zu folgen.
Die schöne, große Stube mit den vom Alter dunkler gewordenen Möbeln aus Zirbenholz hatte Eva ja bereits gesehen.
Die Zimmer jedoch, die Reni ihr kurz zeigte, überraschten Eva. Es waren durchweg helle Räume, in denen es an nichts fehlte. Der Keller und die Wirtschaftsräume setzten Eva jedoch wirklich in Erstaunen. Hier gab es alles, was das Herz begehrte, und mit den Lebensmittelvorräten wäre auch eine Großfamilie monatelang ausgekommen.
„Er hat eine gute Hand für die Wirtschaft, unser Bauer“, meinte Reni. „Was er anpackt, das gelingt ihm auch … Wenigstens, was die Wirtschaft angeht.“
„Und eine Bäuerin gibt’s net?“, erkundigte Eva sich jetzt vorsichtig. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass der sympathische, fesche und offensichtlich nicht gerade arme Severin Moser nicht verheiratet sein sollte.
„Nein!“, sagte Reni. Mehr nicht.
***