Als ich in Indien war - Frido Suti - E-Book

Als ich in Indien war E-Book

Frido Suti

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Beschreibung

Kurt Risigattis Reise nach Indien führte über Nürnberg, Antwerpen und Portugal. Dort musterte er als Pferdepfleger auf einem Segelschiff an. Vorher war er in der Schweiz als Schenkwirt tätig gewesen, wo er für die Franzosen Kriegsknechte anwerben musste. Worauf die Häupter der Stadt Zürich sein Wirtshaus niederbrennen liessen. Er musste fliehen. Sein Leben wird nicht als zeitlich geordneter Rosenkranz heruntergebetet, sondern in Gedankensprüngen vorgeführt. Zurück in seine Kindheit etwa, wo er in einem Waisenhaus aufwuchs und ein weibliches Weltbild erhielt. Dann gibt es Sprünge nach vorn, zu späteren Zeitpunkten in seinem Leben. In Indien unterwarf er sich nicht den Jesuiten, welche alle Hindu Tempel in katholische Kirchen umzuwandeln versuchten. Deshalb wurde er verurteilt, das Land wieder zu verlassen. Seine Heimreise war abenteuerlich. Zuletzt war ihm jemand auf den Fersen. Aber ein Schutzengel verhinderte, dass ihm sein Gegner den Kragen umdrehen konnte.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

KAPITEL

KAPITEL

KAPITEL

KAPITEL

KAPITEL

KAPITEL

KAPITEL

KAPITEL

KAPITEL

KAPITEL

KAPITEL

KAPITEL

KAPITEL

KAPITEL

Vorwort, eine Warnung!

Liebe Leserinnen und Leser. Ich hoffe, ihr seid nicht verärgert, wenn ich meine Geschichte in einer Form erzähle, die nicht auf gewohntem Pfad wandelt. Als „Rosenkranz Erzählung“ bekannt. Zeitlich geordnet von A bis Z. Das ist nicht mein Stil. Weil es im Leben immer anders läuft als gedacht. Nach A kommt nicht immer B. Dort steht möglicherweise ein mir übel gesinnter Nachbar. Oder C ein böser Hund. Oder D ein unerwarteter Wetterumschlag. Sogar die Tücke eines Objekts auf E. Halt! Ich bin einer, der «alles durcheinanderbringt», hat mir jemand vorgeworfen. Darum findet mein Text wahrscheinlich nicht überall Anklang. So sei es denn! Immer wenn ich künftig einen Gedankensprung mache, stelle ich das Sinnbild des Blitzes als Warnung voran. Das bedeutet: Achtung. In Gedanken bin ich wieder woanders!

Lob und Tadel auf: www.frido-suti.ch

1. KAPITEL

Die Geschichte beginnt am Rhein. In einer dunklen Nacht nähert sich ein Wanderer mit zwei Maultieren von Frankreich her der Stadt Basel. Er liebt es, ungesehen zu reiten. Hier überschreitet er die Landesgrenze und will von niemandem gesehen werden. Er ist von schlanker Statur, ein sicherer Reiter, so wie er auf dem Maultier sitzt oder rüstig voranschreitet. Schon wochenlang unterwegs auf Pilgerwegen, von Portugal herkommend.

Bereits im dritten Monat ist er auf der Reise und noch niemals in irgendwelche Gefahr geraten, aber er weiß, jemand ist ihm auf den Fersen. Dass sich dieser nicht zeigt, beunruhigt ihn. In Basel wird er dann von einem reitenden Boten als Kurt Risigatti erkannt, der vor vielen Jahren aus der Schweiz verschwinden musste, weil er damals eine Taverne führte und für die Franzosen Kriegsknechte anwarb, was den Häuptern der Stadt Zürich nicht gefiel.

Die Taverne wurde niedergebrannt, in einer Zeit, als man Ziffern, also die Zeichen von Zahlen, in arabischer Schrift darstellte. Es war das Jahr 1535.

Zehn Jahre später kommt er wieder zurück. Nun wird 1545 geschrieben.

Risigatti, den wir jetzt kennen, ist von Heimweh getrieben. Später, als er zu Hause freudig aufgenommen wird, bricht er beinahe in Tränen aus, so überwältigend klingt der Ton der heimatlichen Sprache in seinem Ohr. Die Kunde seiner Rückkehr ist ihm vorausgeeilt. Das Haus, welches er nun betritt, füllt sich mit Dörflern, die ungefragt kommen, sie wollen seine Geschichte hören.

Nicht jedermann liebt diesen Risigatti, aber jedermann hat schon von ihm gehört. Damit wir seiner Geschichte gut folgen können, stellen wir

Frido Suti vor. Er ist auch ein Dörfler, dazu einer der es liebt, in Kneipen herumzusitzen, besonders in jenen von Zürich. Er ist schon hochbetagt.

Er kennt Risigatti gut, aber er ist schwerhörig. Es wird gesagt, er kitzle seine Geschichten aus dem Hörrohr heraus das er mit sich herumträgt. Aber Frido kann schreiben und lesen, er hat das im Kloster gelernt. Ursprünglich betreute er lediglich das Kirchenbuch des Dorfes, in das wurde geschrieben, wer getauft wurde, ob ehelich geboren oder unehelich. Wer wen heiratete, wer verstorben war. All das schrieb Frido mit der Gänsefeder auf Papier, immer im Auftrag des Dorfpfarrers, den manche einen Pfaffen nannten. Frido fing dann damit an, für jeden, der so etwas brauchte, einen Brief zu schreiben, wenn man ihm einen Batzen gab. Jahre vergingen, Frido wurde Gemeindeschreiber, sogar für Gerichts Verhandlungen wurde er angeheuert.

Es ist also kein Zufall, dass Frido den Risigatti kennt, er hatte ihn einst im Kirchenbuch als „ehelich geboren“ eingetragen. Nun sitzt er zwischen seinen Nachbarn und erzählt allen, die nicht von Anfang an dabei waren, die Geschichte von Kurt Risigatti, der neben ihm sitzt. Der war in Indien und ist nun wieder heimgekommen. Frido weiß alles, was der erlebt hat! Aber Achtung! Es könnte sein, dass Frido „Senf“ auftischt, denn er weiß viel über Kurt, betrachtet die Welt aber aus einem ganz anderen Blickwinkel als die Landsleute um ihn herum. Viele kennen ihn und sehen ihm auf den Mund und oft hinterfragt ihn einer sogar. So ist das im Dorf, nicht jeder liebt jeden. Hören wir also genau zu, wie er Kurt Risigatti beschreibt wie irgendeinen anderen Jungen. Blondes Haar, das Gesicht strahlend vor Lebensfreude, von Sommersprossen übersät.

Von der Dorfjugend wurde er Armenhäusler gerufen, weil er im Haus von Witwe Berner aufwuchs. Die betrieb unter der Aufsicht des Klosters ein Waisenhaus und nahm stets nur Mädchen auf, alles uneheliche Kinder. Für die Dörfler war es das Armenhaus. Ein Schimpfwort, das Kurt quälte und ihn später mit einer Elsi, die ihn heiraten wollte, in Feindschaft geraten ließ. Sein Vater war ein zugewanderter Kriegsknecht.

Risigatti sein Name, ein Säumer, der mit Maultieren Waren beförderte, wenn er nicht im Krieg weilte.

Dann heiratete der Säumer die Tochter von Witwe Berner und ein Sohn kam zur Welt. Die Großmutter dieses Sohnes erzog den Knaben, weil dessen Mutter früh starb und dessen Vater nicht mehr aus dem Krieg zurückkam. Dieser Sohn entwickelte schon als Junge eine besondere Neigung.

Alles Technische reizte ihn übermäßig. Er konnte Brot backen, Mahlzeiten kochen, Feuer anfachen, Tücher weben, Strumpfhosen stricken, Unterhosen nähen, Schuhe flicken. Er geriet beinahe aus dem Häuschen, wenn er mit seiner Schwester Lotte die Zettelfäden des Webstuhls spannen durfte, auf der sie Leintücher wob; das verstand er gut.

Einmal im Monat wurde in der Küche ein großer Zuber aufgestellt. Warmes Wasser gemacht und gebadet. Da zeigte sich der «Kleine Unterschied». Die Mädchen machten sich lustig über den Zipfel von Kurt.

Die Witwe mischte sich da nicht ein. Das Problem «Schwangere Frau» zeigte sich erst später.

Wir sehen ihn jetzt, wie er den Rhein entlang reitet, und vor Rheinfelden kaufte er beim Bauern etwas Heu und einen Sack Möhren, für sich selbst Brot und Speck.

Der Bauer mit dem runzligen Gesicht war der erste Mensch, mit dem er sich in schweizerdeutscher Mundart unterhalten konnte. Darum zog sich das Gespräch in die Länge und Kurt erhielt – wie Donnergrollen jenseits der Wälder - einen Fingerzeig über jenen, der ihm auf den Fersen war.

Im Auftrag der reichen Fugger, erzählte der Bauer, tauchten in den Gasthöfen von Rheinfelden zwielichtige Gestalten auf. Durchreisende auf dem Weg nach Baden in der Schweiz, eine Thermalbäder-Stadt, wo jeweils die Tagsatzung der Eidgenossenschaft stattfand.

Diese zwielichtigen Gestalten waren nicht nur Deutsche und Franzosen, sondern auch Holländer, Spanier und Portugiesen, alle auf der Suche nach Schweizer Söldnern, die in fremden Ländern Kriegsdienste leisten wollten.

Das Wort Portugiesen traf Kurt wie einen Schlag auf den Kopf und tief im nächsten Wald machte er sich über Brot und Speck her, legte sich eine Weile hin und verdaute das Gehörte. Die Vorstellung, dass ihm jemand auf den Fersen war, mischte sich mit den Erwartungen an die Rückkehr in sein Heimatdorf. Seine Gedanken eilten voraus. Wie würden sie ihn aufnehmen? Wer waren die Portugiesen die von Rheinfelden nach Baden kamen? Es gab nur einen, vor dem er sich hüten musste. Bohn, ein Deutschportugiese, der deutschen Sprache mächtig, einer, der im Gasthof nicht als Portugiese auftreten würde.

Und abermals wanderten seine Gedanken in die Vergangenheit. Er dachte an Mutter Berner, die ihm ein handgestricktes weibliches Weltbild vermittelt hatte.

Das half ihm später, unter abenteuerlichsten Ereignissen, sich immer zurechtzufinden. Sich selbst Nahrung zu beschaffen und die Kleider in gutem Stand zu halten, nicht elegant, aber sauber.

Nun würde er bald zu Hause sein und der Gedanke an dieses „zu Hause“ blieb an einem Punkt hängen, an dem sich damals dunkle Wolken über sein Schicksal schoben. Das erzählte Frido seinen Zuhörern, die immer noch auf Risigatti warteten.

Mutter Berner lebte nicht mehr. Und Lotte war schwanger geworden. Sie hatte sich in einem Nachbardorf in einen katholischen Hilfsprediger vergafft, der ließ sie sitzen.

Für Lotte bedeutete das den Weltuntergang. Da bot eine andere Frau Hilfe an. Elsi, Tochter eines Wirtes in Höngg, am Rande von Zürich, dessen Gaststätte zwar Gewinn abwarf, aber der Mann war sterbenskrank. Seine Tochter, diese Elsi, war die gelegentliche Geliebte eines Apothekers in Zürich, der verschaffte ihr ein Pulver, gemahlenes Mutterkorn. Das ermöglichte Frauen, unerwünschte Kinder abzutreiben.

Es war aber gefährlich und konnte zu inneren Blutungen führen. Im Grunde war es ein fieser Handel von Elsi, der Lotte dieses „Pülverchen“ unter der Bedingung zu verschaffen, dass sie einst „JA“ sagen würde, damit Elsi den Kurt heiraten könnte. Denn nach dem Tod von Mutter Berner war Lotte das Oberhaupt der Familie geworden und durfte sagen, wer wen heiratete und wen nicht. Witwe Berner hatte das vor ihrem Tod so verordnet.

Unsere Elsi? Was war das für eine? Frido wusste es! Sie besaß neben ihrem Apotheker keinen anderen Liebhaber. Zudem hatte sie zwei Gebrechen, einen Klumpfuß und ein leicht verkrümmtes Rückgrat. Richtig gehen konnte sie nicht, nur humpeln. Dafür zeigte sie sich mit rot gefärbtem Haar, das aber lockte keinen heiratslustigen Burschen ins Haus. Elsi war zudem sehr rechthaberisch. Kurt, der Tausendsassa, würde in ihrem Gasthaus höchst nützlich sein, das wusste sie haargenau. Nur Kurt wusste nichts von diesem Handel.

Zusammen mit Gretchen, der jüngsten Schwester, pflegte Kurt damals die am Rande des Todes stehende Lotte, die er sehr gern mochte, selbst wenn sie Jahre älter war als er. „Wir müssen uns das vorstellen“, rief Frido, „wie sie beinahe verblutet im Bett lag.“

Aber das Kind wurde tot geboren und damit war die Schande vom Tisch. Noch etwas anderes erlebte Kurt in jener Zeit. Ihn verprügelte mehrmals ein Hilfsgärtner. Aus Rache, denn Ignaz der Gärtner, wie er hieß, wollte sich an Gretchen heranmachen, diese ließ ihn aber abblitzen. Um sich zu wehren, trug Kurt ständig einen Hufnagel mit sich und zerschnitt dem Ignaz das Gesicht, als er von diesem abermals verprügelt wurde. Darum nahm der Schmied den Kurt als Hilfskraft in seine Werkstatt, im Glauben, Kurt sei ein Raufbold.

Das war er aber nicht. An Wochenenden tat er Dienst in der Klosterkirche als Messdiener und war alles andere als ein Lümmel.

Darum wohl holte ihn die Frau des Schmiedes, eine Französin, wenn der Meister nicht im Hause war, herauf in ihre Wohnung und brachte ihm „Französisch sprechen“ bei, wie sie im Dorf erzählte.