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Selenes Liebesleben ist eine Katastrophe, denn immer hat sie hat eine Schwäche für die falschen Männer. Im Berufsleben läuft es hingegen perfekt und sie ist genau da, wo sie immer hinwollte. Bis ihre Firma von einem Mann aufgekauft wird, den Selene nur allzu gut kennt. Und auf einmal muss sie ihr chaotisches Liebesleben und einen sehr attraktiven Chef unter einen Hut bringen …
Ronan spielt das Dating-Spiel nicht nur, er beherrscht es meisterhaft. Und er gewinnt immer. Doch als ihm in seinem neuen Unternehmen diese eine Frau gegenübersitzt, erreicht sein Adrenalin-Level eine neue Stufe. Denn es ist niemand anderes als Selene Taylor, die Frau, die er nie vergessen konnte.
Selene zu erobern, bedeutet Risiko. Aber nichts liebt Ronan mehr.
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Veröffentlichungsjahr: 2022
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Selenes Liebesleben ist eine Katastrophe, denn immer hat sie hat eine Schwäche für die falschen Männer. Im Berufsleben läuft es hingegen perfekt und sie ist genau da, wo sie immer hinwollte. Bis ihre Firma von einem Mann aufgekauft wird, den Selene nur allzu gut kennt. Und auf einmal muss sie ihr chaotisches Liebesleben und einen sehr attraktiven Chef unter einen Hut bringen …
Ronan spielt das Dating-Spiel nicht nur, er beherrscht es meisterhaft. Und er gewinnt immer. Doch als ihm in seinem neuen Unternehmen diese eine Frau gegenübersitzt, erreicht sein Adrenalin-Level eine neue Stufe. Denn es ist niemand anderes als Selene Taylor, die Frau, die er nie vergessen konnte.
Selene zu erobern, bedeutet Risiko. Aber nichts liebt Ronan mehr.
Über Claire Kingsley
Claire Kingsley schreibt Liebesgeschichten mit starken, eigensinnigen Frauen, sexy Helden und großen Gefühlen. Ein Leben ohne Kaffee, E-Reader und neu erfundene Geschichten ist für sie nicht vorstellbar. Claire Kingsley lebt mit ihrer Familie im pazifischen Nordwesten der USA.
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Claire Kingsley
Always will
Übersetzt von Anna Wichmann aus dem amerikanischen Englisch
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Kapitel 12
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Kapitel 14
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Kapitel 21
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Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Epilog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Epilog
Kurzgeschichte
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Nachwort
Impressum
Mein Date Aidan erzählt von seinem Tag. Ich halte mich am Weinglas fest, schlage die Beine übereinander und bemühe mich, ehrlich interessiert auszusehen.
Ich sollte wohl so fair sein und Aidan als meinen Freund bezeichnen. Schließlich treffen wir uns schon so lange, dass der Begriff »Date« eigentlich nicht mehr passt. Wir waren schon oft zusammen aus, und obwohl wir nie darüber gesprochen haben, erwartet er bestimmt von mir, dass ich ihm treu bin.
An und für sich ist Aidan perfekt. Er ist gut aussehend und groß – bei meiner Körpergröße von eins achtzig ein absolutes Muss –, zudem klug und hat einen soliden Job in der Finanzbranche. Außerdem gehört er definitiv nicht zu den Bad Boys, mit denen ich mich sonst einlasse.
Das ist auch genau der Grund, warum ich mit ihm ausgehe.
Nach zwei verkorksten Beziehungen im letzten Jahr – der eine hat mich jedes Mal, wenn er auf Reisen war, mit einer seiner, wie meine beste Freundin Kylie es ausdrückte, Reisemätressen betrogen, der andere kurz nach unserem gemeinsamen Urlaub in Mexiko per SMS mit mir Schluss gemacht – habe ich beschlossen, dass es reicht. Ich fühle mich immer zum selben Typ Mann hingezogen: supersexy, mit einem Traumkörper und einer Attitüde, als wären sie Gottes Geschenk an die Frauen. Warum ich diese Art von Arroganz attraktiv finde, weiß ich selbst nicht, aber mein Radar ist eindeutig kaputt.
Also habe ich mir eine Pause von den Männern gegönnt und mich darauf konzentriert, Kylie bei den Vorbereitungen für ihre Hochzeit zu helfen. Vor ein paar Monaten haben sie und mein Zwillingsbruder Braxton geheiratet. Hätte mir jemand vor einem Jahr gesagt, dass er mal irgendwen heiraten würde – noch dazu Kylie –, hätte ich denjenigen für verrückt erklärt. Mir war bisher nicht einmal klar, dass Braxton zu einer derartigen Bindung überhaupt fähig ist. Wir drei sind uns seit unserer Kindheit sehr nah, und ich hatte immer das Gefühl, ich müsste Kylie vor ihm beschützen. Mein Bruder ist ein toller Kerl, aber er war auch ein fürchterlicher Casanova, und ich wollte auf gar keinen Fall, dass er Kylie verletzt.
Ich konnte ja nicht ahnen, dass er bis über beide Ohren in sie verliebt war. Beinahe hätte ich den beiden alles ruiniert, und deswegen fühle ich mich bis heute schuldig. Zu meiner Verteidigung möchte ich allerdings anmerken, dass Brax ihre Beziehung vor mir verheimlicht hat. Was hätte ich denn denken sollen? Ich wusste immer, dass er auf Kylie steht, aber ich dachte eben, dass er nur mit ihr schlafen will.
Ich bin wirklich unglaublich erleichtert, dass ich mich geirrt habe. Mitanzusehen, wie sich die beiden das Jawort geben, war wohl der beste Moment meines ganzen Lebens. Es ist wundervoll zu wissen, dass sie einander haben.
Nach der Hochzeit habe ich mit Kylie einen Deal gemacht: Bevor ich mich mit jemandem verabrede, muss sie den Typen erst einmal absegnen. Ich habe keine Ahnung, nach welchen Kriterien sie entscheidet, und die Tatsache, dass die Liebe ihres Lebens ausgerechnet mein Bruder ist, lässt mich ihr Urteilsvermögen natürlich ein bisschen infrage stellen. Aber ich brauche eben eine Zweitmeinung. Auf meine eigene kann ich mich ja offenbar nicht verlassen.
Bei Aidan hat sie jedenfalls sofort grünes Licht gegeben. Wir haben uns im Fitnessstudio kennengelernt, was schon mal beweist, dass ihm seine Gesundheit wichtig ist. Er brauchte ein bisschen Zeit, um mich anzusprechen, obwohl wir uns fast jeden Tag begegnet sind, was Kylie als Pluspunkt verbuchte. Als er mich auf einen Kaffee eingeladen hat, habe ich zugestimmt, weil ich mehr über ihn erfahren wollte. Den Rest überließ ich Ky. Sie hat die sozialen Medien nach ihm durchstöbert und nichts Beunruhigendes gefunden. Sein Facebook-Feed enthielt weder haufenweise Frauen noch Selfies, auf denen er mit seinen Bauchmuskeln angibt. Er schien … normal zu sein. Einfach nur ein attraktiver, hart arbeitender Mann, der möglicherweise auf der Suche nach der Liebe ist.
Der perfekte Typ, oder?
Aidan lacht, und ich trinke einen Schluck Wein, um zu verbergen, dass ich seinen Witz nicht mitbekommen habe. Er trägt ein hellblaues Hemd, hat den obersten Knopf jedoch nicht zugeknöpft. Ich liebe diesen Look bei Männern. Normalerweise verleitet er mich dazu, das Hemd langsam aufknöpfen zu wollen, um nach und nach den darunter verborgenen muskulösen Körper zu enthüllen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Aidan ansehnliche Bauchmuskeln hat. Er macht schließlich viel Sport und ist obendrein groß und schlank, daher wäre das naheliegend. Aber wenn ich ihn mir so ansehe, gerate ich trotzdem nicht in Versuchung. Wir treffen uns nun schon seit über einem Monat und haben noch nicht einmal miteinander geschlafen. Kylie hält das für etwas Gutes, aber ich weiß nicht, ob ich das überhaupt will.
»Entschuldige, Selene«, sagt er plötzlich. »Ich rede die ganze Zeit nur von mir. Wie war dein Tag?«
Ich weiß, dass sein Interesse nicht geheuchelt ist, und irgendwie finde ich das süß. An dieser Tatsache halte ich mich immer dann fest, wenn er mich langweilt.
»Stressig, wenn ich ehrlich sein soll«, erwidere ich. »Es war eine lange Woche. Brad, dem die Firma gehört, bei der ich arbeite, führt in letzter Zeit ständig Telefonate hinter verschlossenen Türen, und letzte Woche war er verreist, und niemand weiß, warum. Wir haben bisher immer eng zusammengearbeitet, aber plötzlich redet er nicht mehr mit mir, und das macht mich langsam nervös.«
Aidan legt seine Hand auf meine. »Solche Unsicherheit am Arbeitsplatz ist wirklich schrecklich. Tut mir leid, dass du das mitmachen musst.«
Ich lächele ihn an. Er ist wirklich nett. Warum bin ich dann die ganze Zeit versucht, zur Toilette zu gehen, um bei meiner Rückkehr zum Tisch so zu tun, als hätte ich einen wichtigen Anruf bekommen und müsse gehen?
Die Kellnerin kommt an unseren Tisch. »Kann ich Ihnen noch einen Nachtisch bringen?«
Aidan mustert mich fragend. »Möchtest du noch was? Ein Dessert oder vielleicht einen Kaffee?«
»Nein, danke.«
Er sieht sie an. »Nein, wir sind fertig.«
»Alles klar.« Sie gibt ihm die Rechnung.
Er zückt seine Kreditkarte und überreicht sie der Bedienung. Jedes Mal bietet er zumindest an, die Rechnung zu bezahlen, aber führt sich nicht wie ein Macho auf, wenn ich darauf bestehe, das auch mal zu übernehmen. Er ist so ungemein liebenswürdig. Und er erwartet nie von mir, dass ich mit zu ihm komme. Wenn ich genau darüber nachdenke, hat er es noch nicht einmal vorgeschlagen. Wir treffen uns ein-, zweimal die Woche zum Abendessen, dann bringt er mich nach Hause und begleitet mich wie der perfekte Gentleman bis zur Haustür. Vielleicht will er mir den nächsten Schritt überlassen.
Zuerst hielt ich das für ein gutes Zeichen, weil er offenbar nicht nur darauf aus ist, mich ins Bett zu kriegen. Ein netter Typ eben. Aber inzwischen hätte ich lieber einen Mann, der sich ein wenig ins Zeug legt, um mich nackt zu sehen. Die langsame und süße Tour war anfangs erfrischend, aber mittlerweile frage ich mich, ob er jemals richtig zur Sache kommen wird.
Kann Aidan das überhaupt?
Die Kellnerin kehrt zurück, und er unterschreibt die Quittung. »Bist du so weit?«, erkundigt er sich.
»Ja.«
Wir gehen zu seinem Auto, und er fährt mich nach Hause. Wie jedes Mal küsst er mich an der Haustür. Der Kuss ist … nett. So wie alles an Aidan. Er ist süß und nicht drängend. Als ich die Tür aufschließe, macht er einen Schritt zurück, als wäre es okay für ihn, nicht mit reinzukommen. Dann verabschiedet er sich.
Seufzend schließe ich die Tür hinter mir.
Kylie sitzt auf der Couch und sieht fern. Als sie mich reinkommen hört, macht sie den Fernseher aus.
»Hey, Ky.«
»Hi, Süße«, sagt sie. »Wie war dein Date?«
»Gut«, antworte ich ohne große Begeisterung. »Wo ist Brax?«
»Oben. Er schläft.«
Ich verdrehe die Augen. »Bitte sag mir, dass ihr nicht wieder in meiner Küche Sex hattet. Ich hätte mir am liebsten die Augäpfel gebleicht, nachdem ich euch letzte Woche dabei erwischt habe.«
Sie muss lachen. »Das war nicht unsere Schuld. Du kommst sonst nie mittags nach Hause. Außerdem warst du diejenige, die Brax gebeten hat, mal wieder deinen Müllschlucker zu reparieren.«
»Ich konnte ja nicht ahnen, dass Klempnerarbeiten ein solches Aphrodisiakum sind.«
»Ähm, kennst du deinen Bruder überhaupt? Er macht aus absolut allem ein Sexspiel«, sagt sie. »Aber nein, wir hatten keinen Sex. Er hat eine Nebenhöhlenentzündung und weigert sich, auch nur einen Tag freizunehmen, um sich zu erholen. Ich habe ihn gezwungen, sich hinzulegen, und nach ungefähr zehn Sekunden war er eingeschlafen. Dann war mir langweilig, also bin ich nach unten gekommen.«
»Er ist so ein Klischee.«
»Stimmt«, meint Kylie. »Ich hoffe, es ist okay für dich, dass wir hier sind. Ich hätte dir vorher Bescheid sagen sollen, falls Aidan mit reinkommt. Aber ich dachte mir, er tut es wahrscheinlich sowieso nicht, und dann hätten wir zwei ein bisschen Zeit für uns.«
»Richtig gedacht.« Ich ziehe mir die Schuhe aus und setze mich neben Kylie. »Und ihr könnt jederzeit vorbeikommen, das weißt du doch.«
»Und? Immer noch nichts Neues bei ihm, nehme ich an?«
»Nein«, gebe ich zurück. »Er ist ein wirklich netter Kerl. Höflich. Es ist nett, Zeit mit ihm zu verbringen.«
»Aber nett reicht dir nicht aus.«
Ich lege die Füße auf den Kaffeetisch und seufze. »Ich warte irgendwie ständig darauf, dass er … Ich weiß auch nicht, irgendwas tut. Wir stecken in diesem immer gleichen Muster fest, und ich weiß nicht, wieso. Jedes Mal, wenn wir ausgehen, bringt er mich danach zur Haustür, aber er hat noch nie vorgeschlagen, mit reinzukommen. Oder dass ich mal mit zu ihm komme. Und trotzdem treffen wir uns immer wieder. Wenn er mich nicht attraktiv fände, würde er die Sache doch beenden, oder?«
»Sollte man annehmen«, stimmt sie mir zu. »Vielleicht bist du nur nicht daran gewöhnt, mit einem netten Kerl auszugehen. Er nimmt sich eben Zeit und will zuerst eine gute Basis schaffen. Ich wette, es braucht nur noch ein paar Dates und du lernst eine ganz neue Seite an ihm kennen. Dann lässt er sein inneres Biest frei und vögelt dich um den Verstand, und all die Warterei hat sich total gelohnt. Und dann hast du alles – einen netten Typen, der dich gut behandelt, dich genug respektiert, um dich zuerst richtig kennenzulernen, und der im Bett auch noch eine Granate ist.«
»Ich bezweifle, dass solche Männer existieren.«
»Vielleicht ist Aidan so einer«, beharrt sie.
»Kann schon sein. Du hast ja recht. Und es ist nicht so, dass ich nicht gern mit ihm zusammen bin.«
»Ich weiß wirklich nicht, was du hast«, fährt sie fort. »Alles, was du mir bisher über ihn erzählt hast, klingt positiv. Dein einziges Problem scheint zu sein, dass er bisher nicht versucht hat, dich ins Bett zu zerren. Das ist dir schon klar, oder?«
Lachend verpasse ich Kylie einen Klaps auf den Arm. »So ist das nicht. Ich meine, okay, es ist eine Weile her, und langsam werde ich unruhig. Aber ich bin mir einfach nicht sicher, ob es zwischen uns überhaupt knistert. Ich würde gern irgendwas fühlen. Aber im Moment bin ich vor allem abgestumpft.« Ich beuge mich vor und lege den Kopf an Kylies Schulter. »Ist es zu spät, auf dein Angebot zurückzukommen und lesbisch zu werden?«
Sie hält die linke Hand hoch, an der ihr Ehering glitzert. »Ich fürchte ja. Die Chance hast du wohl verpasst.«
»Verdammt«, erwidere ich. »Ist ja mal wieder typisch.«
Braxton kommt die Treppe runter. Er sieht verschlafen aus, und sein dunkles Haar ist zerzaust.
»Baby«, schimpft Kylie sanft, als er zur Couch kommt. »Du sollst doch schlafen.«
Er legt sich hin und kuschelt den Kopf auf ihren Schoß. »Du warst aber weg.«
Sie fährt ihm leise lachend mit den Fingern durchs Haar. »Du bist krank und gehörst ins Bett.«
»Ich will aber lieber da sein, wo du bist.« Er legt ihr einen Arm über die Beine und schließt die Augen.
Ich beiße mir auf die Unterlippe und drehe den Kopf zur Seite, um die Tränen zu verbergen, die mir in die Augen schießen. Die beiden sind so süß, dass es schon lächerlich ist, und es gibt für mich nichts Schöneres, als meinen Bruder so glücklich zu erleben. Dadurch wächst mir Kylie nur noch mehr ans Herz.
»Tja, es ist noch nicht mal zehn, und das ist anscheinend unser Freitagabend«, kommentiert Ky und betrachtet Brax, der auf ihrem Schoß eingeschlafen ist. »Sollen wir uns einen Film ansehen?«
»Gibt’s Wein?«
»Natürlich.«
»Wollt ihr heute hier übernachten?«, will ich wissen. Kylie und Braxton haben eine Wohnung, und ich lebe immer noch in dem Haus, in dem mein Bruder und ich aufgewachsen sind. Unsere Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als wir zehn Jahre alt waren, und danach haben wir hier mit unserer Tante gewohnt. Als sie starb, erbten wir das Haus, aber Braxton bestand darauf, dass ich es behalte, und hat sich eine Wohnung in der Nähe gekauft. Seitdem lebe ich ganz allein in der Riesenbude. Während der Collegezeit haben wir vorübergehend zu dritt hier gewohnt. Deshalb haben Kylie und Brax immer noch ein Zimmer und übernachten hier ziemlich oft. Natürlich schläft Kylie inzwischen oben bei Braxton und nicht mehr in ihrem alten Zimmer im Erdgeschoss. Aber das Arrangement funktioniert so gut wie eh und je. Ich mag es, wenn die beiden hier sind. Allein in dem großen Haus zu wohnen, ist oft einsam.
»Höchstwahrscheinlich«, erwidert Kylie. »Hast du was dagegen?«
»Natürlich nicht.«
»Danke, Süße.«
Ich stehe auf. »Ich ziehe mir schnell was Bequemeres an und hole den Wein, damit du dich nicht bewegen musst.«
»Danke«, gibt sie lachend zurück und beugt sich hinunter, um Braxton auf die Stirn zu küssen.
Ich gehe die Treppe hinauf in mein Zimmer. Das Hauptschlafzimmer benutze ich nie. Ehrlich gesagt habe ich es seit Jahren nicht betreten. Es ist bestimmt furchtbar staubig da drin. Aber das Haus mit seinen sechs Schlafzimmern und vier Bädern ist riesig, so dass ich mehr als genug Platz habe. Seit ich hier wohne, habe ich mehrere Veränderungen vorgenommen, aber das alte Zimmer meiner Eltern ist der eine Raum, den ich nie anfasse.
Ich tausche die Arbeitsklamotten gegen eine Yogahose und ein ärmelloses Top und greife mir eine flauschige Decke vom Fußende des Bettes. Meine Beinbekleidung reicht nicht ganz bis zu den Knöcheln, und ich gleiche dieses Manko aus, indem ich so tue, als wäre es eine Caprihose. Die Tatsache, dass ich so verdammt groß bin, ignoriere ich geflissentlich. Kylie sagt immer, sie beneidet mich um meine langen Beine, aber sie hat ja keine Ahnung, wie schwer es ist, passende Klamotten zu finden.
Ich gehe wieder nach unten und schenke uns zwei Gläser Wein ein. Dann kuschele ich mich neben Kylie, und wir suchen uns irgendeinen Film aus. Eine Flasche Wein und ein Filmabend mit meiner besten Freundin sind nicht die schlechteste Art, einen Freitagabend zu verbringen. Trotzdem frage ich mich, ob ich meine Zeit mit Aidan verschwende. Ob da draußen vielleicht jemand anderes auf mich wartet.
Jemand mit etwas mehr Feuer.
Das Flugzeug hebt ab, und mir schießt das Adrenalin durch die Adern. Den Sicherhdeitscheck habe ich bereits am Boden gemacht. Meine Ausrüstung ist perfekt. Ich sehe zum Sprungkoordinator, und er nickt mir zu.
Das Geräusch der Triebwerke dröhnt mir in den Ohren, und ich sehe zu, wie sich der Boden immer weiter entfernt, je höher wir steigen. Der Himmel über dem Lake Elsinore ist wolkenlos – der perfekte Tag für einen Sprung. Bei mir im Flieger sitzen noch zwei andere Typen mit Fallschirm. Ich kenne sie nicht, aber der gelassene Ausdruck auf ihren Gesichtern sagt mir alles, was ich wissen muss: Das sind Profis. Uns steht ein guter Sprungtag bevor.
Mein Herzschlag beschleunigt sich, und das Gewicht, das permanent auf meinen Schultern lastet, wird leichter, je höher wir fliegen. Mein Kopf wird leer. Ich weiß, der Rausch steht kurz bevor, und mein ganzer Körper kribbelt vor Vorfreude. Ich fühle mich lebendig.
Mein Bruder Damon nennt mich einen Adrenalinjunkie und verpasst keine Gelegenheit, mir die Abneigung unserer Eltern gegen meine Hobbys mit drastischen Worten zu schildern. Wahrscheinlich kann ich ihnen deswegen keinen Vorwurf machen. Sie sind gute Menschen, haben mich aber nie verstanden – besonders nicht den Mann, der ich heute bin.
Ich gehe gern Risiken ein. Das war schon immer so. Ich war das Kind, das sich einbildete, wie Superman fliegen zu können, wenn ich es mir nur fest genug vornahm. Oft genug versucht habe ich es jedenfalls. Furcht war mir damals zwar nicht unbekannt, aber ich habe mich förmlich von ihr ernährt. Sie trieb mich an, immer höher, schneller und weiter zu gehen. Die unvermeidlichen Stürze waren bloße Lernerfahrungen. Ich hatte immer noch Angst, habe sie jedoch mehr oder minder ignoriert und all die verrückten Dinge trotzdem getan.
Nein, die Angst ging erst viel später verloren.
Inzwischen fühle ich mich nur noch in Momenten wie diesem wirklich lebendig.
Der Wind rauscht am Flugzeug vorbei; die Triebwerke dröhnen. Der Pilot bringt uns auf die Höhe von achttausend Fuß hoch über der Welt. Mein Herz rast. Alles wird klarer – die Sicht wird schärfer, die Gedanken völlig fokussiert. Meine Lungenflügel dehnen sich aus, nehmen den Sauerstoff auf, diese klare und reine Luft. Jeder Muskel ist angespannt und bereit.
Es ist ein bisschen wie vor einem Orgasmus. Anspannung und Hitze bauen sich auf. Du weißt, dass sie unmittelbar bevorsteht – diese Explosion, die deinen ganzen Körper erschüttert und dich mitreißt.
Genau dafür lebe ich.
Der Sprungkoordinator öffnet die Tür, und die Druckveränderung saugt mir die Luft aus der Lunge. Der Pilot hält die Maschine stabil auf einer Höhe. Der Erste von uns dreien geht in Absprungposition. Er bekommt die Freigabe, lässt los und verschwindet aus meinem Sichtfeld. Jetzt ist der zweite dran. Er begibt sich ebenfalls auf Position, wartet auf das Signal und ist kurz darauf verschwunden.
Ich trete an die offene Tür und lehne mich aus dem Flugzeug. Die vorbeisausende Luft zieht mich nach unten. In dem Augenblick erfasst mich eine Euphorie, die mir sofort zu Kopf steigt. Ich kann gar nicht anders als lächeln. Nun bin ich ganz kurz davor, gleich reißt mich der ersehnte Höhepunkt mit sich. Ich schwebe hoch über der Welt, und der Tod ist mir dicht auf den Fersen.
Sobald ich das Okay erhalte, lasse ich los.
Ich falle so schnell, dass der Lärm der Triebwerke sofort durch das ohrenbetäubende Tosen des Windes ersetzt wird. Sofort breite ich die Arme und Beine aus, löse die Laschen meines Flügelanzugs und gleite auf der Luftwoge dahin. Sie trägt mich hoch und höher, und ich lege mich auf die Seite, ehe ich die Position korrigiere und die Balance zurückerlange.
Ich fliege, verdammt noch mal.
Als ich vor Freude laut losschreie, kann ich meine Stimme hinter mir hören. Der Flügelanzug hält mich oben – ich gleite eher, als dass ich falle. Die Welt ist so weit weg, dass sie bedeutungslos wird. Ich bin im Himmel und reite auf dem gottverdammten Wind. Ein Hochgefühl erfasst mich, durchzuckt meinen Verstand und hinterlässt nichts als Leere. Ich bin so klar wie das glitzernde Wasser des unter mir liegenden Sees und surfe auf einem Hoch, das mir keine Droge jemals beschert hat.
Der Boden kommt näher, und ich lehne mich zur Seite, um die Landezone zu erreichen. Ich bin schon Dutzende Male gesprungen – oft genug, um den Rausch immer öfter zu brauchen. Nun will ich immer noch höher, noch schneller fliegen.
Angefangen habe ich mit dem Fallschirmspringen, aber nach hunderten Sprüngen brauchte ich Abwechslung. Einen Sommer lang habe ich es mit Bungeejumping versucht, aber das ist mir zu schnell vorbei. Dann habe ich Basejumping von Gebäuden und Brücken ausprobiert. Selbst das eine Mal in Nevada, als ich um Haaresbreite eine Klippe verfehlte, konnte mich nicht von meinem Kurs abbringen.
Dann traf ich einen Kerl, der auf Wingsuit-Diving stand, und wusste sofort, das will ich auch machen. Vom ersten Sprung an war ich süchtig. Es ist wie Fallschirmspringen auf Drogen. Der Wind verfängt sich im Anzug, und man reitet auf ihm wie ein Vogel.
Mir bleibt nicht mehr viel Zeit, um den Fallschirm zu öffnen. Ich breite die Arme weiter aus, um mehr Wind einzufangen, und steige tatsächlich noch einmal etwas höher. Das Adrenalin hat meinen ganzen Körper durchdrungen, und ich falle so schnell, dass ich einen Absturz niemals überleben würde. Ich erspähe den Landeplatz und zögere, wobei ich die Hand bereits an der Reißleine habe. Jetzt sollte ich sie langsam ziehen, aber bin noch nicht so weit. Der Rausch fühlt sich zu gut an; ich will nicht, dass er aufhört. Ich fliege und falle gleichzeitig und kann vor Euphorie kaum atmen.
Ich bin durch und durch lebendig.
Drei Sekunden. Mehr bleiben mir nicht.
Zwei.
Eine.
Ich ziehe die Reißleine, und der Schirm schießt hinter mir hervor, fängt den Wind ein und reißt mich nach oben. Das Geschirr spannt sich um meine Brust.
Lenkend schwebe ich nach unten, wo die Bodencrew mich bereits erwartet. Die anderen beiden Springer sind schon wieder auf den Beinen und packen ihre Schirme ein. Ich ziehe an den Lenkleinen, um meinen Anflug so sanft wie möglich zu gestalten. Der Boden rauscht auf mich zu, und wieder durchzuckt mich ein Adrenalinstoß. Die Landung beschert mir einen neuerlichen Rausch, einen Moment der Gefahr, weil sie oft schiefgeht.
Aber heute ereilt mich der Tod nicht.
Ich lege eine Punktlandung hin, fange an zu laufen, als meine Füße den Boden berühren und der Schirm hinter mir hinabsinkt. Mein Atem geht stoßweise, und die Euphorie hält immer noch an.
Nach diesem Sprung werde ich stundenlang high sein. Er war perfekt.
Wir packen unser Zeug zusammen, und ein Truck bringt uns zum Hangar zurück. Das war mein vorerst letzter Sprung am Lake Elsinore, aber die Crew hier ist so gut, dass ich bestimmt bald wiederkomme. Morgen früh ziehe ich zurück nach Seattle – ob für immer oder nur für ein paar Monate, weiß ich noch nicht. Das entscheide ich, wenn ich weiß, wie es mit der Firma läuft, die ich dort kaufen will.
Der Gedanke beschert mir noch einen kleinen Kick. Mit dem Kauf gehe ich sowohl beruflich als auch finanziell ein großes Risiko ein, aber genau deshalb kann ich nicht widerstehen. Denn wenn sich das Glücksspiel auszahlt, werde ich damit nicht nur einen Haufen Geld verdienen, sondern auch die von mir anvisierten Märkte signifikant beeinflussen. Niemand hat je etwas erreicht, ohne Risiken einzugehen, und genau diese Risiken sind es, für die ich lebe. Ich wandere von einem zum nächsten, immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Immer auf der Suche nach mehr.
Die letzten fünf Jahre in San Francisco waren ziemlich gut. Ich habe alles erreicht, was ich wollte, und noch mehr. Und jetzt frage ich mich, was mich in Seattle erwartet.
Auf dem Bildschirm erscheint eine Meeting-Anfrage, und ich spüre Angst in mir aufsteigen. Die Besprechung ist für heute Nachmittag angesetzt, also total kurzfristig, und als ich die Teilnehmerliste durchgehe, entdecke ich darin die gesamte Führungsebene und alle Abteilungsleiter. Mich beschleicht das Gefühl, dass Brad uns endlich sagen wird, was uns bevorsteht.
Hoffentlich verliere ich nicht meinen Job. Es ist zwar nicht so, als könnte ich keinen neuen finden, aber ich arbeite wirklich gern bei Vital Information. Das ist nämlich buchstäblich das Einzige in meinem Leben, bei dem alles perfekt läuft. Man hat mich vor vier Jahren eingestellt, und inzwischen kann ich behaupten, dass ich endlich meine Nische gefunden habe. Ich bin Brand Manager und arbeite seit Jahren Seite an Seite mit Brad. Unser Team ist richtig gut und legt sich wirklich ins Zeug, und wir haben einiges erreicht. Mehrere unserer Geräte, die Informationen zu Gesundheit und Ernährung tracken, sind für Patente angemeldet, und wir haben in den vergangenen Jahren deutlich größere Fortschritte gemacht als geplant.
Trotzdem deuten die Zeichen seit einiger Zeit auf Veränderung hin. Ich bin mir fast sicher, dass wir das Wort »Downsizing« hören werden.
Nach dem Mittagessen gehe ich in den großen Konferenzraum. Ich bin eine der Ersten und setze mich an ein Ende des langen Tisches, wo ich während des Wartens noch ein paar E-Mails beantworte. Der Raum heizt sich auf, je mehr Leute eintreten, und ich hebe mir das lange Haar aus dem Nacken und bereue, es heute nicht hochgesteckt zu haben.
Als ich auf die Uhr sehe, stelle ich fest, dass Brad spät dran ist. Beinahe hätte ich die Augen verdreht. Es ist so typisch für ihn, uns alle zusammenzutrommeln und dann schmoren zu lassen.
Endlich betritt er den Raum. Er trägt Oberhemd und Krawatte, und sein ergrauendes Haar ist kurz geschoren.
»Entschuldigt, dass ihr warten musstet«, sagt er und stellt sich vor das Whiteboard. »Die letzten Tage war ziemlich viel los. Oder eher die letzten Wochen.«
Er hält inne, und die Anspannung im Raum steigt.
»Ich entschuldige mich auch für die Funkstille in der letzten Zeit. Ihr ahnt bestimmt schon, dass hier irgendwas vor sich geht, aber ich konnte aus mehreren Gründen nicht öffentlich darüber reden. Bis heute.«
Noch eine Pause. Ich verändere meine Sitzposition und schlage die Beine übereinander.
»Vor etwa zwanzig Minuten wurde das Unternehmen verkauft.«
Sofort hallen unzählige Fragen und scharfe Atemzüge durch die Luft, aber ich sage keinen Ton und starre Brad nur fassungslos an. Verkauft? Wie konnte er das vor mir verheimlichen? Ich reiße mir den Arsch auf, um uns über Wasser zu halten, übernehme sogar seine Aufgaben, wann immer er auf einer seiner zahlreichen Urlaubsreisen ist. Es wäre das Mindeste gewesen, mich wenigstens unter vier Augen vorzuwarnen.
Ich lehne mich auf meinem Stuhl zurück und gehe im Kopf bereits meinen Lebenslauf durch. Mir ist nämlich vollkommen klar, was passiert, wenn Unternehmen den Besitzer wechseln. Die Käufer bringen immer ihre eigenen Leute mit. Mir bleiben vielleicht noch ein paar Monate, aber trotzdem sollte ich bald anfangen, Klinken zu putzen, denn dass ich irgendwann rausfliege, ist nur eine Frage der Zeit.
Verdammt. Was für eine Enttäuschung.
»Hört mir bitte zu.« Brad hebt die Hände und versucht, wieder Ruhe reinzubringen. »Eure Überraschung ist nachvollziehbar, aber glaubt mir, die Übernahme ist gut für VI. Ich hätte meine Firma nicht irgendwem überlassen und versichere euch, dass der neue Besitzer nicht plant, jemanden zu entlassen. Er hat das Unternehmen wegen euch allen gekauft.«
Klar doch. Von meiner letzten Anstellung weiß ich genau, wie solche Buyouts ablaufen. Den Spruch hört man jedes Mal, aber sobald der neue Besitzer das Gebäude betritt, flattern die Kündigungen nur so durch die Büros.
»Ihr habt sicher viele Fragen, und ich möchte mir jetzt die Zeit nehmen, einige zu beantworten«, erklärt Brad. »Ich habe bereits ein Memo aufgesetzt, das jeder nach diesem Meeting erhält; ihr könnt eure Teams also schon einmal vorwarnen. Ab sofort wird alles offengelegt. Aber ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass niemand um seinen Job fürchten muss.«
Brads Blick schweift über die Gruppe und hält bei jedem von uns kurz inne. Trotz meiner aktuellen Frustration weiß ich, dass er ein guter Chef war. Er hat meiner Arbeit immer vertraut, und ich konnte viel eigenständig machen. Aber die letzten beiden Jahre ist das Unternehmen so schnell gewachsen, dass der Crash absehbar war. Es überrascht mich nicht im Geringsten, dass Brad sich ausgerechnet jetzt zurückzieht.
Die Kollegen stellen ihre Fragen, und er beantwortet sie ehrlich, aber vage. Trotz seiner Beteuerungen, dass wir nicht um unsere Jobs fürchten müssen, kann er uns nichts über die Pläne des neuen Besitzers sagen. Tatsächlich hat er noch nicht einmal einen Namen genannt. Soweit ich weiß, gibt es mehrere mögliche Kandidaten – Wettbewerber, die sich alle zehn Finger nach unseren Produkten lecken würden.
Endlich hebe ich die Hand.
»Selene«, sagte er.
»Wer genau ist der Käufer?«
»Das ist eine gute Frage.« Er öffnet den Mund, aber in dem Moment öffnet sich die Tür des Konferenzraums, und Brad hält inne.
Ein Mann tritt ein. Er trägt Sonnenbrille, als käme er direkt von draußen, und ein makellos glattes weißes Oberhemd, wobei er den obersten Knopf offengelassen hat. Sein dunkles Haar ist ein wenig durcheinander, aber es lässt ihn eher selbstbewusst als chaotisch erscheinen. Er schenkt Brad ein Lächeln und nimmt die Sonnenbrille ab.
Mir stockt der Atem. Verdammt noch mal, das kann doch nicht wahr sein.
Ronan Maddox.
Ich versuche, meine Überraschung zu verbergen, während Ronan Brads Hand schüttelt. Trotzdem spüre ich, wie mir die Farbe ins Gesicht steigt, und kann nur hoffen, dass meine Sonnenbräune ausreicht, um die Röte zu verbergen. Ich habe Ronan seit fünf Jahren nicht gesehen – seit seinem letzten Abend bei Tech Solutions, meiner vorigen Firma. Einige Kollegen sind nach der Arbeit noch was trinken gegangen – eine kleine Abschiedsparty an Ronans letztem Tag. Der Abend endete damit, dass Ronan und ich in seinem Hotelzimmer miteinander schliefen.
Seitdem habe ich nie wieder etwas von ihm gehört.
Scheiße. Das ist nicht gut. Gar nicht gut.
Ich habe eine feste Regel, mich niemals mit Kollegen einzulassen. Mein Liebesleben mag ja ein Desaster sein, aber an dieses eine Gesetz habe ich mich immer gehalten. Es endet nie gut, wenn man Arbeits- und Privatleben auf diese Weise miteinander verbindet. In jener einen Nacht habe ich eine unüberlegte Ausnahme gemacht, zum einen, weil es sein letzter Tag war und wir damit technisch gesehen keine Kollegen mehr waren, und zum anderen, weil er wirklich überzeugend sein kann. Wenn ich ihn mir jetzt so ansehe, weiß ich wieder, warum es dazu gekommen ist, und mein Herz schlägt schneller.
Er sieht … unglaublich gut aus. Groß und schlank, mit hohen Wangenknochen und kantigem Kinn. Genauso gut wie vor fünf Jahren. Eigentlich sogar noch besser.
»Leute, das ist Ronan Maddox«, stellt Brad ihn vor. »Seit einigen Jahren Geschäftsführer von Edge Gear, das er vom kleinen Unternehmen mit weniger als einer Million Dollar Jahresumsatz zum Powerhouse mit einhundert Millionen Umsatz allein im letzten Jahr gemacht hat – eine Zahl, die er in diesem Jahr wohl noch verdoppeln wird. Ich versichere euch, VI ist bei Ronan in den besten Händen.«
Ronan nickt und steckt die Sonnenbrille in seine Hemdtasche. Am liebsten würde ich mich unter dem Tisch verkriechen. Ich lasse mir das Haar halb ins Gesicht fallen und starre nach unten in der verzweifelten Hoffnung, er möge mich nicht bemerken, auch wenn das noch so unwahrscheinlich ist.
»Danke für die Vorstellung«, sagt er, und seine Stimme jagt mir einen Schauder über den Rücken. Verdammt, er klingt sogar besser als in meiner Erinnerung. »Das kommt für alle garantiert überraschend, aber ich möchte euch versichern, dass sich vorerst nichts ändern wird. Im Verlauf der nächsten Wochen werde ich mich mit jedem und jeder Einzelnen zusammensetzen, um ein besseres Gefühl für die Abteilungen und eure Aufgaben im Unternehmen zu bekommen. Aber ich habe nicht die Absicht, euch sofort mit Veränderungen zu überfahren. VI wird nicht von Edge übernommen. Ich betrachte die Unternehmen als eigenständige Marken, und ihr seid meine Experten. Daher erwarte ich von euch, dass ihr mich auf den neuesten Stand bringt und mir dabei helft, während der Übergangszeit alles am Laufen zu halten.«
Ich hebe den Blick gerade so weit, dass ich Ronan sehen kann. Seine kleine Rede sollte mich eigentlich beruhigen und mir die Sorge nehmen, noch in dieser Woche entlassen zu werden, aber allein der Klang seiner Stimme bringt mein Herz zum Rasen. Die eine Nacht mit ihm war …
Ich muss wirklich aufhören, daran zu denken. Das ist Jahre her, und wenn Ronan seinem Ruf von damals treu geblieben ist, gab es nach mir bestimmt reihenweise Frauen. Ich bezweifle, dass er sich überhaupt an mich erinnert. Wir kannten einander schon als Kollegen nicht besonders gut. So viel wie an dem Abend hatten wir vorher nie miteinander gesprochen. Er hat mir bei der Arbeit zwar immer wieder Avancen gemacht, aber ich habe ihn jedes Mal abblitzen lassen. Vermutlich sah er in jener Nacht endlich seine Chance gekommen, weil er bald verschwunden sein würde und meine Regel damit nicht mehr galt.
Und so war es ja auch.
Er spricht weiter, beantwortet ein paar Fragen. Mich scheint er nicht bemerkt zu haben. Ich verhalte mich ruhig und starre weiter auf die Tischplatte, um ja nicht seine Aufmerksamkeit zu erregen. Ich bin heilfroh, dass ich dieses Ende des Konferenztisches gewählt habe. Vielleicht kann ich das Meeting hinter mich bringen, ohne dass er mich wahrnimmt. Ich bin hin- und hergerissen zwischen der Hoffnung, er möge mich nicht erkennen, und der ein wenig beleidigenden Vermutung, er hätte mich vergessen.
»Wunderbar«, sagt er, als die Fragen verebben. »Danke, dass ihr alle gekommen seid.«
Ich sehe hoch und hoffe, dass die anderen aufstehen und Ronans Blickfeld weit genug einschränken, damit er mich nicht doch noch entdeckt. Er öffnet den Mund, um noch etwas zu sagen, als sein Blick den meinen trifft.
Auf seinem Gesicht zeigt sich kaum eine Reaktion – nur eine leicht erhobene Augenbraue. Meine Kollegen stehen auf, und er dreht sich weg, um jemanden zu begrüßen.
Ich lasse einen langen Atemzug entweichen und versuche, meinen donnernden Herzschlag zu beruhigen. Falls er mich erkannt hat, kümmert es ihn offenbar nicht im Geringsten. Ich bin sowohl erleichtert als auch leicht gekränkt. Ich habe mit dem Kerl geschlafen. Es wäre schön zu wissen, dass ich irgendeinen Eindruck hinterlassen habe.
Denn ich habe ihn offensichtlich nicht vergessen.
Nach und nach leert sich der Konferenzraum. Ronan steht in einer Ecke und redet mit mehreren Kollegen, als ich hinausgehe. Ich kehre in mein Büro zurück und frage mich, was zum Henker gerade passiert ist.
Natürlich musste es Ronan Maddox sein. Von allen möglichen Kandidaten, die das Unternehmen, für das ich arbeite, hätten kaufen können, musste es ausgerechnet ein Mann sein, mit dem ich eine Nacht verbracht habe.
Eine dumme, leichtsinnige Nacht.
Eine heiße, verschwitzte, unvergessliche Nacht.
Aber mit solchen Gedanken halte ich mich jetzt nicht auf. Ich bin sehr wohl in der Lage, mich professionell zu verhalten. Das hier ändert gar nichts.
Ich mache einfach wie bisher meinen Job, und damit basta.
Der Konferenzraum leert sich, und irgendein Typ, dessen Namen ich schon wieder vergessen habe, fängt mich ab. Ich sage die richtigen Dinge und schenke ihm das richtige Lächeln, aber meine Aufmerksamkeit hat soeben den Raum verlassen – noch dazu auf zwei herrlich wundervoll langen Beinen.
Die gottverdammte Selene Taylor.
Es fiel mir sehr schwer, mir die Überraschung nicht anmerken zu lassen, als ich sie am anderen Ende des Raums bemerkt habe. Eigentlich hatte ich vorgehabt, die Personalliste noch vor dem Meeting durchzusehen, aber ich hätte es vermutlich gar nicht geglaubt, wenn ich ihren Namen darauf entdeckt hätte. Es könnte in Seattle schließlich noch eine zweite Selene Taylor geben, richtig? Der Vorname ist zwar eher ungewöhnlich, aber sie wird kaum die einzige sein. Ich fasse es nicht, dass ich ausgerechnet die Firma gekauft habe, für die sie arbeitet.
Aber sie war es – glattes braunes Haar, weiche gebräunte Haut, dunkle Augen, volle Lippen. Großer Gott, ich weiß noch genau, wie es sich angefühlt hat, diese fantastischen Lippen zu küssen.
Ich habe keine Ahnung, warum sie so aus der Masse hervorsticht. Wir haben nur eine einzige Nacht miteinander verbracht. Vielleicht, weil ich mich fühlte, als hätte ich den Mount Everest bezwungen, als ich sie endlich im Bett hatte. Viele Männer versuchen es, wenigen gelingt es, und mich hat sie immer wieder abblitzen lassen. Sie hat mir von Anfang an klargemacht, dass sie sich nicht mit Arbeitskollegen einlässt, und damit war es ihr vollkommen ernst.
Viele Frauen behaupten das, aber wenn man sie lange genug umgarnt, geben sie irgendwann nach. Aber nicht Selene Taylor. Während der ganzen Zeit, in der wir zusammengearbeitet haben, hielt sie mich auf – gewaltigem –Abstand. Ich glaubte ehrlich, diese Frau hätte keinerlei Schwächen. Mir war natürlich klar, dass sie sich durchaus mit Männern verabredete. Aber an dieser einen heiligen Regel kam ich partout nicht vorbei.
Bis zu meinem letzten Abend bei Tech Solutions.
Wir gingen in einer großen Gruppe noch etwas trinken, und irgendwann stand Selene allein an der Bar und trank einen Martini. Ich liebe Herausforderungen, und die Tatsache, dass Selene seit Ewigkeiten unerreichbar für mich war, machte sie absolut unwiderstehlich. Wir redeten viel an dem Abend, und je länger er dauerte, desto mehr wurde mir klar, dass sie nicht nur ein hübscher Hintern mit dem entsprechend attraktiven Gesicht ist.
Sie war klug und witzig – auf jeden meiner Sprüche hatte sie einen Konter parat. Eine Frau wie sie würde mich auf Trab halten, und das passiert selten.
Ich war wie ein Raubtier, das seine Beute umkreist, und es dauerte nicht lange, ehe ihre eiserne Regel zu bröckeln anfing. Schließlich waren wir im Grunde genommen keine Arbeitskollegen mehr. Die Chemie stimmte jedenfalls – ich glaube, in dem Punkt waren wir uns beide einig. Ich nahm sie mit aufs Hotelzimmer, das ich für meine letzten Nächte in Seattle gebucht hatte, und dort ging es richtig zur Sache.
Sie war genauso köstlich, wie ich es mir immer ausgemalt hatte. Ein schlanker, trainierter Körper und endlos lange Beine. Brüste, die jedes Bikinimodel vor Neid erblassen lassen. Und sie fühlte sich noch besser an, als sie aussah, falls das überhaupt möglich ist. Ich verwöhnte und liebkoste sie, bis sie sich keuchend unter mir wand. Als sie zum ersten Mal kam, ließ ich sie nicht aus den Augen, und der Orgasmus, den sie mir bescherte, war absolut episch. Schweißgebadet und erschöpft lagen wir danach im Bett und rangen nach Atem. Dann berührte ich sie, kostete sie und fachte ihr Verlangen erneut an. Das zweite Mal war erst langsam und sanft und wurde innerhalb von zwei Sekunden wieder leidenschaftlich und wild.
Himmel, es ist unfassbar, wie gut ich mich daran erinnere. Diese Nacht ist fünf Jahre her, und es ist nicht so, als hätte es seit ihr keine Frauen in meinem Leben gegeben – im Gegenteil. Aber diese eine Nacht werde ich nie vergessen.
Und jetzt arbeitet sie für mich.
Ich schüttele die Hand von Wie-hieß-er-noch-gleich, und es gelingt mir, mich endlich aus dem Konferenzraum zu stehlen. Mir ist schon klar, dass die Leute viele Fragen haben. Schließlich habe ich gerade das Unternehmen gekauft, und alle warten bestimmt nur darauf, dass ich meine eigenen Leute dazu hole und sie nach und nach ersetze. Was ich wahrscheinlich nicht tun werde.
Ein paar Leute müssen gehen – das ist unvermeidlich. Aber es war vor allem der Vorbesitzer, der den Karren an die Wand gefahren hat. In dieser Firma läuft auch vieles richtig, und mit mir am Steuer werden wir den Markt verdammt noch mal übernehmen. Ich werde mich nur dort einmischen, wo es notwendig ist; vorerst gebe ich mich damit zufrieden, aus der Ferne zuzusehen und die großen Personalentscheidungen auf später zu verschieben.
Ich gehe in mein neues Büro. Brad hat sein Zeug gestern am späten Abend abgeholt, damit niemand etwas davon mitbekommt. Das war seine Entscheidung, nicht meine. Ich habe den Eindruck, der Mann will dringend Abstand gewinnen. Er hat mir zwar versichert, dass er mir für Fragen zur Verfügung steht, aber darauf werde ich mich garantiert nicht verlassen. Er greift sich seinen Anteil und taucht ab – vermutlich an einen Ort, an dem es tropisch warm ist. Mich beschleicht das Gefühl, dass Brad bei seiner privaten Steuererklärung nicht immer ganz ehrlich gewesen ist.
Die Kaufprüfung ist jedenfalls abgeschlossen; laut meinen Anwälten ließen sich bei dem Unternehmen keine Ungereimtheiten feststellen. Aber Brad? Ich kenne Typen wie ihn. Er hat bestimmt irgendwo in Übersee einen Haufen Geld geparkt. Für mich macht das keinen Unterschied. Ich bin immer für Risiken – die sorgen für den besten Rausch –, aber es gibt Grenzen, die nicht einmal ich überschreite. Steuerhinterziehung zum Beispiel.
Ein paar Kartons mit meinen Sachen erwarten mich bereits auf dem großen Mahagonischreibtisch, hinter dem riesige Fenster den Blick auf die Innenstadt freigeben. Mir war nicht klar, wie sehr mir Seattle gefehlt hat. San Francisco war auch toll und definitiv der richtige Schritt, was meine Karriere angeht. Aber es ist schön, wieder hier zu sein.
Ich setze mich hin und klappe den Laptop auf, kann mich jedoch nicht recht konzentrieren. Stattdessen lehne ich mich zurück und lege mir eine Hand ans Kinn. Die Tatsache, dass Selene in meiner Firma arbeitet, stellt mich vor ein Dilemma. Die Frau ist zweifellos eine Klasse für sich. Und ich würde mir etwas vormachen, wenn ich behaupte, sie hätte keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dabei gelingt das nur wenigen Frauen.
Eigentlich keiner. Jedenfalls seit langer Zeit nicht mehr.
Das ist der Hauptgrund, warum ich mich nie bei ihr gemeldet habe. Es war leicht, die Schuld auf den Umzug zu schieben. Schließlich war ich buchstäblich am nächsten Morgen unterwegs nach Kalifornien. Mein Zeug war gepackt und ebenfalls auf Reisen, meine neue Wohnung bezahlt, und mein neuer Job erwartete mich.
Doch diese eine Nacht hat gereicht, um all das infrage zu stellen.
Als ich an dem Morgen aufwachte, ihr dunkles Haar auf dem Kissen und ihre sanften Kurven unter der Decke, war ich mir nicht mehr so sicher, ob ich wirklich gehen wollte. Aber eine Nacht mit einer Frau – egal, wer sie ist – sollte nun wirklich keine lebenswichtigen Entscheidungen beeinflussen.
Also habe ich das Arschloch in mir gewinnen lassen und bin abgehauen, als hätte mir unsere Nacht nichts bedeutet. Als wäre ich nur auf der Suche nach ein bisschen Spaß gewesen und froh, meiner Wege gehen zu können. Nach der Aktion stehe ich bestimmt nicht gerade weit oben auf ihrer Liste der Männer, die sie gern wiedersehen würde.
Was sie jetzt wohl denkt? Beim Meeting habe ich sie nicht lange genug gesehen, um ihren Gesichtsausdruck deuten zu können. Ich wünschte, ich hätte sie gleich beim Betreten des Raums bemerkt. Sie war im Vorteil – sie konnte mich eine ganze Weile beobachten, ehe ich sie überhaupt wahrgenommen habe. Was hat sie gedacht, als ich hereinkam? War sie sauer? Interessiert? Abgestoßen?
Ist ihr Höschen ein bisschen feucht geworden?
Es gibt eine Menge guter Gründe, mich von Selene fernzuhalten. Sie arbeitet jetzt für mich, und ich nehme an, sie hält nach wie vor an ihrer Regel fest, sich nicht mit Arbeitskollegen einzulassen. Aber sie hat irgendetwas an sich, das mich nervös macht – so unruhig habe ich mich seit Jahren nicht mehr gefühlt. Ich frage mich, ob ich mich von dieser unfassbar anziehenden Frau fernhalten sollte.
Selene ist ein Risiko. Ein großes.
Aber Risiken sind für mich wie Crack. Ich kann einfach nicht widerstehen.
Aidan rückt mir den Stuhl zurecht, und ich setze mich. Wir sind zum Essen verabredet. Wieder einmal. Das Restaurant ist allerdings neu – ich schätze, dafür verdient er wohl einen Pluspunkt. Er streicht sanft über meine Schulter, während er den Tisch umrundet, um sich zu setzen. Eine unnötige Berührung. Wow!
Ich schenke ihm ein freundliches Lächeln und nehme die Speisekarte zur Hand.
Seit dem Meeting gestern habe ich Ronan nicht gesehen. Ich weiß nicht, ob er heute überhaupt im Büro war, ich bin ihm jedenfalls nicht begegnet und habe den Flur zu seinem Büro wie die Pest gemieden. Die Tatsache, dass ich früher oder später von Angesicht zu Angesicht mit ihm sprechen muss, zehrt an meinen Nerven. Ich wünschte, ich hätte es einfach gestern hinter mich gebracht. Ich hätte in seinem Büro vorbeischauen und Hallo sagen können. Es ist ja nicht so, als hätte ich keinen Grund dazu. Ich habe eng mit Brad zusammengearbeitet und viele wertvolle Informationen, die Ronan brauchen wird. Aber vor allem will ich dieses erste Gespräch hinter mich bringen, damit wir nach vorn blicken können.
Und nun sitze ich mit meinem Freund (er ist doch mein Freund, oder?) im Restaurant, während meine Gedanken bei einem anderen Mann sind. Das ist kein gutes Zeichen.
»So«, sage ich, um irgendetwas zu tun. »Wie geht es dir?«
Aidan lächelt mir über die Speisekarte hinweg zu. »Ganz gut. Und dir?«
»Bei der Arbeit ist ganz schön was los«, antworte ich. »Unser Unternehmen wurde aufgekauft.«
Er verzieht das Gesicht. »Das ist nicht gut. Sorgst du dich um deinen Job?«
»Na ja, uns wurde versichert, dass niemand gefeuert wird, aber ich weiß nicht, ob ich darauf vertrauen kann.« Schließlich kamen diese Worte aus Ronans Mund, und dem Mann traue ich keine zehn Meter weit.
»Willst du dich nach etwas Neuem umsehen?«
»Auf jeden Fall.«
Während ich die angebotenen Gerichte überfliege, spüre ich ein Kribbeln im Nacken. Ich habe das untrügliche Gefühl, dass mich jemand beobachtet. Ich rutsche nervös auf meinem Stuhl herum und rede mir ein, dass ich paranoid bin. Wir befinden uns in einem vollem Restaurant. Eine Menge Leute könnten gerade in meine Richtung sehen.
Aber das Gefühl geht nicht weg. Ich wage einen Blick über die Schulter und lasse fast die Karte fallen. Ronan sitzt am anderen Ende des Restaurants und stützt das Kinn auf eine Hand. Unsere Blicke treffen sich, und er versucht gar nicht erst, sein Starren zu verbergen.
Schnell drehe ich mich wieder zu Aidan um.
»Alles okay?«, erkundigt er sich. »Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.«
Ich gebe mein Bestes, meinen Gesichtsausdruck neutraler erscheinen zu lassen. »Nein, alles in Ordnung. Was nimmst du?«
Aidan öffnet den Mund, um zu antworten, und sieht dann überrascht hoch.
Ronans weiche Stimme lässt mich beinahe vom Stuhl fallen. »Selene.«
Verdammte Scheiße. Natürlich kreuzt er am Tisch auf, um mir den Abend zu verderben.
Ich versuche, die Sache herunterzuspielen, als wäre Ronan nicht der einzige Mann hier am Tisch, der mich nackt gesehen hat. »Ronan«, sage ich. »So eine Überraschung.«
»Entschuldigt die Störung.« Sein Blick flattert zu Aidan und gleich darauf wieder zu mir. »Ich habe dich nur hier sitzen sehen und dachte, ich sage Hallo.«
»Aidan, das ist Ronan Maddox«, erkläre ich und gestikuliere in seine Richtung. »Ronan und ich waren früher Arbeitskollegen.«
Aidan und Ronan schütteln sich die Hand, aber Ronan beachtet ihn kaum.
»Und jetzt arbeiten wir wieder zusammen, nicht wahr?«, meint Ronan.
»Ach ja?«, wirft Aidan ein.
»Ich konnte leider noch nicht bei dir vorbekommen.« Ronan sieht weiterhin nur mich an, als hätte Aidan nichts gesagt. »Ich hatte den ganzen Tag Besprechungen mit Anwälten.«
»Es gibt keinen Grund, sich zu entschuldigen«, wiegele ich ab. »Ich habe dich nicht erwartet.«
»Nicht?« Er schnappt sich einen Stuhl, stellt ihn an den Tisch und setzt sich. »Ich hatte jedenfalls nicht geplant, so lange damit zu warten, dich persönlich zu begrüßen. Wir haben eine Menge zu bereden.«
Ende der Leseprobe