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Der schockierende Kultroman über einen Serienmörder in der glitzernden Welt der Wall Street. Patrick Bateman ist gut aussehend, gut erzogen und intelligent. Tagsüber sitzt er in seinem Büro an der Wall Street und vermehrt seinen Reichtum. Doch seine Nächte verbringt er auf unfassbare Weise – als brutaler Serienmörder, der seinen ganz eigenen amerikanischen Traum lebt. »›American Psycho‹ läuft drohend, grollend wie ein Unwetter an, und plötzlich schlägt der grausame Blitz ein: Die Banalität des Schrecklichen, die wir verdrängen wollen, trifft uns und zwingt uns, das Unerträgliche wahrzunehmen: die Oberflächlichkeit, die Brutalität, mit der wir uns abfinden.« Elke Heidenreich Bret Easton Ellis' schonungsloser Roman ist eine verstörende Erkundung der dunklen Seite des modernen Lebens. In einer Welt aus Konsum, Drogen und Gewalt führt er uns die Abgründe der menschlichen Seele vor Augen. »American Psycho« ist ein literarischer Schock, der unter die Haut geht.
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Seitenzahl: 720
Veröffentlichungsjahr: 2023
Bret Easton Ellis
Roman
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Titelseite
Über Bret Easton Ellis
Über dieses Buch
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Hinweise zur Darstellung dieses E-Books
zur Kurzübersicht
Bret Easton Ellis wurde 1964 in Los Angeles geboren. Er besuchte die private Buckley School und begann 1986 ein Musikstudium am Bennington College in Vermont. Schon während seiner Highschool-Zeit bis in die Anfänge der 80er-Jahre spielte Ellis Keyboard in diversen New-Wave-Bands und wollte ursprünglich Musiker werden. Im Laufe des Studiums zog es ihn jedoch immer mehr zum Schreiben. Mit 21 Jahren veröffentlichte Ellis das Debüt »Unter Null« und zog zwei Jahre später nach New York City. 1991 erschien »American Psycho«, der Roman machte ihn endgültig zum Kultautor. Seit 2006 lebt er wieder in Los Angeles, in der Nähe von Beverly Hills.
Clara Drechsler, geboren 1961, und Harald Hellmann, geboren 1958, übersetzen gemeinsam aus dem Englischen, u. a. Werke von Bret Easton Ellis, Nick Hornby, Adam Thirlwell und Irvine Welsh.
Harald Hellmann, geboren 1958, und Clara Drechsler, geboren 1961, übersetzen gemeinsam aus dem Englischen, u. a. Werke von Bret Easton Ellis, Helen Walsh und Irvine Welsh.
zur Kurzübersicht
Patrick Bateman sieht gut aus, ist gut erzogen und intelligent. Tagsüber sitzt er in seinem Büro in der Wall Street und vergrößert seinen Reichtum. Seine Nächte hingegen verbringt er auf unfassbare Weise. Er ist ein Serienmörder und lebt seinen ganz eigenen amerikanischen Traum.
»Bret Easton Ellis ist mit diesem monströsen Buch eine literarische Markierung des ausgehenden 20. Jahrhunderts gelungen.« Hubert Winkels, Frankfurter Rundschau
»Die Wut, mit der man auf ›American Psycho‹ reagiert hat, war eine direkte Reaktion auf die Seriosität dieses Romans: Dieses Buch ist ein verwegenes, höchst anspruchsvolles Werk eines glänzenden jungen Autors, der sich weigert, die Spielregeln einzuhalten.« Joan Didion
Hinweise zum Werk
Widmung
Motto
Aprilscherze
Morgen
Harry’s
Pastels
Tunnel
Büro
Fitness-Center
Verabredung
Reinigung
Harry’s
Deck Chairs
Business Meeting
Videothek, danach D’Agostino’s
Gesichtskosmetik
Date mit Evelyn
Dienstag
Genesis
Lunch
Konzert
Flüchtiger Blick auf einen Donnerstagnachmittag
Yale Club
Toter Hund
Girls
Shopping
Weihnachtsfeier
Nell’s
Paul Owen
Paul Smith
Geburtstag, Brüder
Lunch mit Bethany
Donnerstag
Whitney Houston
Dinner mit Sekretärin
Detective
Sommer
Girls
Angriff der Tunte
Totes Kind im Zoo
Girls
Ratte
Noch ein Abend
Girl
Und noch ein neues Restaurant
Versuch, Girl zu kochen und zu essen
Mit der Uzi im Gym
Chase, Manhattan
Huey Lewis and the News
Im Bett mit Courtney
Smith & Wollensky
Was im Fernsehen
Sandstone
Beste Stadt fürs Geschäft
Training
Ende der Achtziger
Aspen
Valentinstag
Penner auf der Fifth
Neuer Club
Taxi Driver
Bei Harry’s
Alle handelnden Personen, alle Begebenheiten und Dialoge sind, von den gelegentlich erwähnten Markenprodukten, Dienstleistungsunternehmen oder Personen des öffentlichen Lebens abgesehen, frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen oder die Schmähung der Produkte oder Dienstleistungen der genannten Firmen wären völlig unbeabsichtigt.
Für Bruce Taylor
Sowohl der Autor dieser Aufzeichnungen als auch die Aufzeichnungen selbst sind erdacht. Nichtsdestoweniger sind Menschen wie der Verfasser dieser Aufzeichnungen nicht nur denkbar, sondern unausbleiblich, wenn man jene Verhältnisse in Betracht zieht, unter denen sich unsere Gesellschaft gebildet hat. Ich wollte dem Publikum deutlicher, als es sonst zu geschehen pflegt, einen Repräsentanten der jüngst verflossenen Vergangenheit vor Augen stellen. Er gehört zu der noch in unsere Tage ragenden Generation. In diesem Fragment, »Das Kellerloch« betitelt, stellt er sich selbst vor, seine Anschauungen, und bemüht sich gewissermaßen, die Gründe zu klären, warum er aufgetaucht ist und warum er mit Notwendigkeit bei uns auftauchen musste. In dem folgenden Fragment beginnen die wirklichen Aufzeichnungen dieses Menschen über gewisse Ereignisse in seinem Leben.
Fjodor Dostojewskij Aufzeichnungen aus dem Kellerloch
Einer der Hauptfehler vieler Menschen liegt in der Annahme, gute Manieren seien dem Ausdruck heiterer Gefühle vorbehalten. Doch tatsächlich lässt sich die ganze Bandbreite menschlichen Verhaltens in zivilisierte Umgangsformen kleiden. Das macht unsere Kultur aus – sich zivilisiert zu verhalten, und nicht feindselig. Einer unserer Irrwege war die rousseauistisch-naturalistische Bewegung der Sechzigerjahre, deren Credo lautete: »Warum nicht einfach aussprechen, was einem durch den Kopf geht?« Zivilisation erfordert ein Mindestmaß an Beherrschung. Wenn wir alle unseren Impulsen nachgeben würden, würden wir uns gegenseitig umbringen.
Miss Manners (Judith Martin)
And as things fell apart
Nobody paid much attention
Talking Heads
»Ihr, die ihr hier eintretet, lasset alle Hoffnung fahren« ist in blutroten Lettern auf die Wand der Chemical Bank an der Ecke Eleventh und First geschmiert, so groß, dass man es auch vom Rücksitz des Taxis aus erkennen kann, das sich im Verkehr aus der Wall Street vorarbeitet, und eben als Timothy Price die Schrift bemerkt, schiebt sich ein Bus neben uns, und eine Seitenwerbung für Les Misérables versperrt den Blick, aber Price, sechsundzwanzig und bei Pierce & Pierce, scheint das nicht zu kümmern, denn er verspricht dem Fahrer fünf Dollar, wenn er das Radio lauter stellt, »Be My Baby« auf WYNN, und der Fahrer, ein Schwarzer, kein Amerikaner, macht es.
»Ich bin einfallsreich«, sagt Price. »Ich bin kreativ, ich bin jung, skrupellos, hoch motiviert, hoch qualifiziert. Will sagen, die Gesellschaft kann es sich nicht leisten, mich zu verlieren. Ich bin ein echter Aktivposten.« Price regt sich wieder ab und starrt weiter aus dem schmutzigen Taxifenster, höchstwahrscheinlich auf das Wort FURCHT, das in Rot auf die Wand eines McDonald’s an der Fourth und Seventh gesprüht ist. »Ich meine, Tatsache ist doch, dass sich niemand einen Dreck um seine Arbeit schert, jeder seinen Job hasst; ich hasse meinen Job, und du hasst deinen, hast du mir erzählt. Also, was soll ich machen? Zurück nach Los Angeles? Keine Alternative. Dafür bin ich nicht von der UCLA nach Stanford gewechselt. Ich meine, bin ich denn der Einzige, der findet, dass wir unterbezahlt sind?« Wie in einem Film erscheint ein weiterer Bus, die nächste Seitenwerbung für Les Misérables verdeckt das Wort – es ist nicht derselbe Bus, denn jemand hat LESBE auf Eponines Gesicht geschrieben. Tim platzt heraus: »Ich hab hier eine Eigentumswohnung. Ich hab ein Haus in den Hamptons, Herrgott noch mal.«
»Nicht du, Junge. Deine Eltern.«
»Ich kauf es ihnen gerade ab. Machen Sie das jetzt vielleicht bald lauter, verdammte Scheiße?«, schnauzt er den Fahrer an, aber nur halbherzig, immer noch plärren die Crystals aus dem Radio.
»Nicht lauter gehen«, sagt der Fahrer möglicherweise.
Timothy ignoriert ihn und fährt gereizt fort: »Ich könnte weiter in dieser Stadt leben, wenn sie bloß Blaupunkt in die Taxis einbauen würden. Vielleicht das ODM III oder das ORC II Dynamic Tuning System?« Hier senkt sich seine Stimme: »Egal welches. Hip, alter Knabe. Sehr hip.«
Er nimmt den teuer aussehenden Walkman vom Hals, noch immer lamentierend: »Ich hasse es – wirklich, ich hasse es –, mich immer wieder über den Dreck zu beschweren, über den Müll, den Aussatz, darüber, wie zutiefst verkommen diese Stadt ist, und wir wissen beide, dass sie ein Scheißhaufen ist …« Er redet weiter und öffnet dabei seinen neuen Tumi-Diplomatenkoffer aus Kalbsleder, den er bei D. F. Sanders gekauft hat. Er legt den Walkman neben ein westentaschengroßes, kabelloses, zusammenklappbares Panasonic-Portable Easa-phone (früher hatte er das NEC 9000 Porta Portable) und zückt die heutige Tageszeitung. »In einer Ausgabe, in einer einzigen Ausgabe haben wir … mal sehen … erwürgte Models, Babys, die von Mietskasernendächern geworfen werden, in der U-Bahn getötete Kinder, Kommunisten, die sich zusammenrotten, einen umgelegten Mafia-Boss, Nazis« – erregt überfliegt er die Seiten – »Baseballspieler mit AidS, noch mehr Mafia-Kram, Verkehrskollaps, die Obdachlosen, diverse Psychopathen, wie Fliegen in den Straßen sterbende Homos, Leihmütter, die Absetzung einer Soap Opera, Kinder, die in einen Zoo eingebrochen sind und diverse Tiere bei lebendigem Leib gequält und verbrannt haben, noch mehr Nazis … und der Witz, die Pointe ist, all das passiert in dieser einen Stadt – nirgendwo sonst, nur hier, es ist zum Kotzen, oh, warte, noch mehr Nazis, Verkehrskollaps, Verkehrskollaps, Baby-Händler, Schwarzmarkt-Babys, Aids-Babys, Baby-Junkies, Haus über Baby eingestürzt, Psychopathen-Baby, Verkehrskollaps, Brücke eingestürzt –« Seine Stimme bricht ab, er holt Luft und sagt bedächtig, den Blick auf einen Bettler an der Ecke Second und Fifth geheftet: »Das ist die Nummer vierundzwanzig heute. Ich hab mitgezählt.« Fragt dann, ohne mich anzusehen: »Warum trägst du nicht den Blazer aus marineblauem Kammgarn zu der grauen Hose?« Price trägt einen Anzug aus Wolle und Seide mit sechs Knöpfen von Ermenegildo Zegna, ein Hemd aus reiner Baumwolle mit Doppelmanschetten von Ike Behar, eine Ralph-Lauren-Seidenkrawatte und Flügelkappen-Brogues von Fratelli Rossetti. Schwenk auf die Post. Da gibt es eine halbwegs interessante Geschichte über zwei Leute, die während einer Party auf der Yacht einer zweitrangigen New Yorker Schickeriagröße spurlos verschwanden, während das Boot die Insel umschiffte. Blutspuren und drei zerbrochene Champagnergläser sind die einzigen Hinweise. Man vermutet ein Gewaltverbrechen, und die Polizei schließt aus gewissen Kratzern und Kerben auf Deck, dass der Killer eine Machete benutzte. Leichen wurden nicht gefunden. Verdächtige gibt es nicht. Price hatte mit seinem Sermon heute beim Lunch angefangen, ihn beim Squash-Spiel wieder aufgegriffen und während der Drinks bei Harry’s, drei J&B’s mit Soda, weiterpalavert, da allerdings wesentlich Interessanteres, nämlich über den Fisher-Account, den Paul Owen betreut. Price ist nicht zu stoppen.
»Krankheiten!«, ruft er mit schmerzverzerrtem Gesicht aus. »Da gibt es jetzt diese Theorie, dass man, wenn man den Aids-Virus durch Geschlechtsverkehr mit einem Infizierten bekommen kann, auch alles andere so bekommen kann, ob Virus oder nicht – Alzheimer, Muskelschwund, Bluterkrankheit, Leukämie, Magersucht, Diabetes, Krebs, multiple Sklerose, Stoffwechselstörungen, Kinderlähmung, Legasthenie, mein Gott, man kann durch Ficken Legastheniker werden …«
»Ich bin nicht ganz sicher, Mann, aber ich glaube kaum, dass Legasthenie ein Virus ist.«
»Ach, wer weiß? Die wissen es nicht. Beweis das Gegenteil.« Draußen, auf den Bürgersteigen, kämpfen schmutzige und aufgedunsene Tauben vor einem Gray’s Papaya um Hotdog-Reste, während Transvestiten müßig zusehen und ein Streifenwagen lautlos in falscher Richtung durch eine Einbahnstraße fährt, der Himmel ist grau und niedrig, und aus einem Taxi, das unserem gegenüber im Verkehr stecken geblieben ist, winkt ein Typ, der ganz wie Luis Carruthers aussieht, zu Timothy herüber, und als Timothy den Gruß nicht erwidert, erkennt der Typ – zurückgekämmtes Haar, Hosenträger, Hornbrille –, dass wir nicht die sind, für die er uns gehalten hat, und blickt wieder in seine Ausgabe von USA Today. Beim Schwenk auf den Bürgersteig sieht man eine hässliche alte Stadtstreicherin mit einer Gerte, und sie schlägt damit nach den Tauben, die unbeirrt weiterpicken und hungrig die Überreste der Hotdogs umkämpfen, und der Streifenwagen verschwindet in einer Tiefgarage.
»Aber dann, gerade wenn du dich voll und ganz mit diesen Zeiten abgefunden hast, wenn sich dein Körper irgendwie auf diesen Irrsinn eingestellt hat und du an den Punkt gelangst, wo der Groschen fällt und das alles Sinn macht, kommt plötzlich so eine beschissene, verrückte obdachlose Niggerfrau an, die allen Ernstes auf der Straße leben will – verstehst du, Bateman – auf eben diesen Straßen, schau, da draußen« – er zeigt drauf –, »und wir haben einen Bürgermeister, der nicht auf sie hören will, einen Bürgermeister, der dieser dämlichen Schlampe nicht ihren Willen lassen kann – Herr Jesus –, der die dämliche Schlampe nicht erfrieren lassen kann, damit sie endlich aus ihrem beschissenen selbst gewählten Elend erlöst ist, und schon bist du wieder da, wo du angefangen hast, verwirrt und am Ende mit deinem Latein … Nummer vierundzwanzig, nee, fünfundzwanzig … Wer wird alles bei Evelyn sein? Warte, lass mich raten.« Er hebt eine tadellos manikürte Hand. »Ashley, Courtney, Muldwyn, Marina, Charles – so weit richtig? Vielleicht auch einer von Evelyns ›Künstler‹-Freunden aus dem – herrje – ›East‹ Village. Du kennst die Sorte: der Typ, der Evelyn fragt, ob sie einen schön trockenen weißen Chardonnay hat …« Er schlägt sich die Hand vor die Stirn und schließt die Augen, dann presst er mit zusammengebissenen Zähnen hervor: »Ich hau ab. Ich schicke Meredith in die Wüste. Sie legt es doch tatsächlich darauf an, dass ich sie gern habe. Mir reicht’s. Warum ist mir jetzt erst aufgegangen, dass sie die Persönlichkeit einer gottverdammten Quizmasterin hat? … Sechsundzwanzig, siebenundzwanzig … Ich meine, ich sage ihr, wie einfühlsam ich bin. Ich hab ihr erzählt, dass mir die Challenger-Katastrophe fast das Herz gebrochen hat – was will sie mehr? Ich bin moralisch gefestigt, tolerant, also ich bin mit meinem Leben wirklich hochzufrieden, ich blicke optimistisch in die Zukunft … ich meine, du etwa nicht?«
»Klar, aber …«
»Und von ihr kommt nur Mist zurück … Achtundzwanzig, neunundzwanzig, heilige Scheiße, das ist ja ein verdammtes Nest von Pennern. Ich werd dir was sagen …« Er verstummt, als sei er plötzlich müde, wendet sich von einer weiteren Reklame für Les Misérables ab, erinnert sich an etwas Wichtiges und fragt: »Hast du das von diesem Quizmaster gelesen? Der zwei Jungs ermordet hat? Degenerierte Schwuchtel. Ulkig, wirklich ulkig.« Price wartet meine Reaktion ab. Es kommt keine. Plötzlich: Upper West Side.
Er fordert den Fahrer auf, an der Ecke Eighty-first und Riverside zu halten, weil man in die Straße nicht rechts einbiegen kann.
»Fahren Sie nicht extra um die …«, beginnt Price.
»Vielleicht ich nehme anderen Weg rum«, meint der Taxifahrer.
»Machen Sie sich keine Mühe.« Und dann, zwischen den Zähnen, ein kaltes, knappes: »Verdammter Volltrottel«.
Der Fahrer hält den Wagen an. Zwei Taxis hinter uns hupen und ziehen dann vorbei.
»Sollten wir Blumen mitbringen?«
»Ach was. Zum Teufel, du knallst sie, Bateman. Warum sollten wir Evelyn Blumen mitbringen? Ich hoffe, Sie können auf einen Fünfziger rausgeben«, sagt er mit Blick auf die roten Zahlen des Taxameters drohend zum Fahrer. »Verdammt. Steroide. ’tschuldigung, dass ich so reizbar bin.«
»Ich dachte, du wärst davon runter.«
»Ich habe Akne an Armen und Beinen gekriegt, und das UVA-Bad hat nichts ausgerichtet, also bin ich stattdessen in ein Bräunungsstudio gegangen, und das half. Mein Gott, Bateman, du solltest sehen, wie stahlhart mein Bauch aussieht. Wunderbar modelliert …«, sagt er in kühlem, eigentümlichem Tonfall, während er auf das Wechselgeld des Fahrers wartet. »Stahlhart.« Er bescheißt den Fahrer beim Trinkgeld, aber der ist trotzdem aufrichtig dankbar. »Bis dann, Shlomo«, verabschiedet sich Price.
»Verdammt, verdammt, verdammt«, flucht Price, während er die Tür öffnet. Beim Aussteigen entdeckt er auf der Straße – »Bingo: dreißig« – einen Bettler in einem gammeligen, dreckig-grünen Overall, unrasiert, mit schmutzigem, zurückgeklatschtem fettigem Haar, und hält ihm zum Spaß die Taxitür auf. Der Penner, verstört und leise brabbelnd, den Blick beschämt aufs Pflaster gerichtet, hält uns mit unsicherer Hand einen leeren Styropor-Kaffeebecher hin.
»Ich glaube, er will das Taxi nicht«, kichert Price und knallt die Taxitür zu. »Frag ihn, ob er American Express nimmt.«
»Nehmen Sie AmEx?«
Der Penner nickt und schlurft langsam davon.
Es ist kalt für April, und Price marschiert forsch die Straße entlang auf Evelyns Wohnblock zu, schwingt »If I Were A Rich Man« pfeifend seinen Tumi-Diplomatenkoffer, sein Atem formt kleine Dampfwolken. Eine Gestalt mit zurückgekämmtem Haar und Hornbrille erscheint in der Ferne, bekleidet mit einem beigen, zweireihigen Anzug aus Wollgabardine von Cerruti 1881 und in der Hand den gleichen Tumi-Diplomatenkoffer von D. F. Sanders, den Price hat, und Timothy fragt sich laut: »Ist das Victor Powell? Das darf nicht wahr sein.«
Der Mann geht mit verwirrtem Gesichtsausdruck unter dem schimmernden Lichtkegel einer Straßenlaterne hindurch, kräuselt die Lippen einen Moment lang zu einem schwachen Lächeln und blickt Price kurz an wie einen Bekannten, aber im gleichen Moment wird ihm klar, dass er Price nicht kennt, und ebenso schnell erkennt Price, dass es nicht Victor Powell ist, und der Mann geht vorbei.
»Gott sei Dank«, murmelt Price, während er sich Evelyns Haus nähert.
»Er sah ihm sehr ähnlich.«
»Powell und Dinner bei Evelyn? Das passt zusammen wie Paisley und Plaid.« Price überdenkt das noch mal. »Wie weiße Socken zu grauen Hosen.«
Eine langsame Überblendung, und Price springt die Stufen zum Brownstone hoch, das Evelyns Vater ihr gekauft hat, und schimpft, weil er vergessen hat, die Videos zurückzubringen, die er gestern Abend bei Video Haven ausgeliehen hat. Er klingelt. Aus Evelyns Nachbarhaus kommt eine Frau – Stöckelschuhe, klasse Arsch – und geht weg, ohne abzuschließen. Price blickt ihr nach, und als er hinter der Tür Schritte im Korridor hört, dreht er sich um und richtet seine Versace-Krawatte, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Courtney öffnet die Tür; sie trägt eine cremefarbene Seidenbluse von Krizia, einen Rock von Krizia aus rostrotem Tweed und d’Orsay-Pumps aus Seidensatin von Manolo Blahnik.
Ich schüttele mich und reiche ihr meinen schwarzen Mantel aus reiner Wolle von Giorgio Armani, sie nimmt ihn mir ab und haucht mir vorsichtig einen Kuss auf die rechte Wange, dann wiederholt sie die Prozedur mit den gleichen exakten Bewegungen bei Price, während sie seinen Armani-Mantel nimmt. Aus dem Wohnzimmer erklingt dezent die neue CD der Talking Heads.
»Ein bisschen spät dran, wie, Jungs?«, fragt Courtney mit frechem Grinsen.
»Unfähiger haitianischer Taxifahrer«, murmelt Price und haucht Courtney einen Kuss auf. »Haben wir irgendwo reserviert, und jetzt sag bloß nicht, um neun bei Pastels.«
Courtney lächelt und hängt beide Mäntel in den Korridorschrank. »Abendessen zu Hause, ihr Süßen. Tut mir leid, ich weiß, ich weiß, ich hab versucht, es Evelyn auszureden, aber es gibt … Sushi.«
Tim schiebt sich an ihr vorbei durchs Foyer Richtung Küche. »Evelyn? Wo bist du, Evelyn?«, ruft er mit Singsang-Stimme. »Wir haben was zu besprechen.«
»Schön dich zu sehen«, sage ich Courtney. »Du siehst heute blendend aus. Dein Gesicht hat ein … jugendliches Strahlen.«
»Du verstehst es wirklich, Komplimente zu machen, Bateman.« In Courtneys Stimme schwingt kein Sarkasmus mit. »Soll ich Evelyn verraten, dass du so empfindest?«, fragt sie kokett.
»Nein«, antworte ich, »aber ich wette, das würdest du gern.«
»Komm«, sagt sie, löst meine Hände von ihrer Hüfte, legt mir ihre Hände auf die Schultern und schiebt mich durchs Foyer in Richtung Küche. »Wir müssen Evelyn retten. Seit einer Stunde arrangiert sie die Sushi um. Sie versucht, deine Initialen nachzubilden – das P mit Yellowtail, das B mit Thunfisch –, aber jetzt findet sie, der Thunfisch sähe zu blass aus …«
»Wie romantisch.«
»… und fürs B reicht der Yellowtail nicht mehr« – Courtney holt Luft –, »und ich glaube, sie versucht’s darum stattdessen mit Tims Initialen. Macht dir das was aus?«, fragt sie, nur leicht besorgt. Courtney ist Luis Carruthers‹ Freundin. »Ich bin entsetzlich eifersüchtig und rede wohl besser mal mit Evelyn«, antworte ich und lasse mich von Courtney sanft in die Küche schieben.
Evelyn steht an einer hellen Holztheke und trägt eine cremefarbene Seidenbluse von Krizia, einen Rock von Krizia aus rostrotem Tweed und die gleichen d’Orsay-Seidensatin-Pumps wie Courtney. Ihr langes blondes Haar ist zu einem recht strengen Knoten aufgesteckt, und sie erwidert meinen Gruß, ohne von der ovalen Wilton-Servierplatte aus rostfreiem Stahl aufzusehen, auf der sie kunstvoll die Sushi arrangiert hat. »Ach, Darling. Es tut mir leid. Ich wollte eigentlich in dieses reizende neue kleine salvadorianische Bistro auf der Lower East Side …«
Price stöhnt vernehmlich.
»… aber wir haben keinen Tisch mehr bekommen. Timothy, stöhn nicht so.« Sie nimmt ein Stück Yellowtail und legt es andächtig an den oberen Teil der Platte, um damit etwas zu vervollständigen, das wie ein großes »T« aussieht. Sie tritt einen Schritt zurück und inspiziert das Ergebnis. »Ich weiß nicht. Ach, ich bin so unschlüssig.«
»Ich hab dir doch gesagt, du sollst Finlandia parat haben«, grummelt Price, als er die Flaschen an der Bar – hauptsächlich Magnums – durchsieht. »Nie hat sie Finlandia«, sagt er zu niemand Besonderem, zu uns allen.
»Mein Gott, Timothy. Tut’s Absolut nicht auch?«, fragt Evelyn, und dann gedankenverloren zu Courtney: »Die California Roll sollte den Rand der Platte schmücken, oder?«
»Bateman. Drink?«, seufzt Price.
»J&B mit Eis«, ordere ich und finde es plötzlich merkwürdig, dass Meredith nicht eingeladen ist.
»Oh, mein Gott, es ist eine Katastrophe«, stöhnt Evelyn. »Gleich fang ich an zu heulen.«
»Die Sushi sehen wunderbar aus«, versichere ich ihr beruhigend.
»Es ist eine Katastrophe«, jammert sie weiter, »eine Katastrophe.«
»Nicht doch, die Sushi sehen herrlich aus«, erkläre ich und nehme, um sie so weit wie möglich zu beruhigen, ein Stückchen Flunder, stecke es mit wohligem Seufzen in den Mund und umarme Evelyn von hinten; noch mit vollem Mund gelingt es mir, »köstlich« zu sagen.
Sie gibt mir, offensichtlich erfreut über meine Reaktion, einen spielerischen Klaps, haucht mir schließlich vorsichtig einen Kuss auf und wendet sich wieder Courtney zu. Price reicht mir einen Drink und geht Richtung Wohnzimmer, während er versucht, irgendetwas Unsichtbares von seinem Blazer zu entfernen. »Evelyn, hast du eine Kleiderbürste?«
Lieber als hier zu essen, hätte ich mir das Baseballspiel angesehen, wäre zum Training ins Fitnessstudio gegangen oder hätte das neue salvadorianische Bistro ausprobiert, das ein paar gute Kritiken bekommen hat, eine im New York Magazine, die andere in der Times, aber ein Gutes hat ein Dinner bei Evelyn: Es ist nah bei meiner Wohnung.
»Ist es in Ordnung, wenn die Sojasoße nicht genau Zimmertemperatur hat?«, fragt Courtney. »Ich glaube, da ist Eis in einer der Schalen.«
Evelyn häuft gerade blassrosafarbene Ingwerstreifen zierlich neben eine Porzellanschale mit Sojasoße. »Nein, das ist keineswegs in Ordnung. Patrick, kannst du so freundlich sein und den Kirin aus dem Kühlschrank nehmen?« Dann geht ihr der Ingwer anscheinend auf die Nerven, und sie wirft den ganzen Packen auf die Platte. »Ach, vergiss es. Ich mach’s selbst.«
Ich schiebe mich trotzdem Richtung Kühlschrank. Price kommt mit düsterem Blick zurück in die Küche und fragt: »Wer zum Teufel ist da im Wohnzimmer?«
Evelyn heuchelt Unwissenheit: »Ach, wer ist denn da?«
Courtney fragt warnend: »Ev-el-yn. Du hast es ihnen doch hoffentlich gesagt?«
»Wer ist es?«, frage ich verschreckt. »Victor Powell?«
»Nein, es ist nicht Victor Powell, Patrick«, meint Evelyn beiläufig. »Es ist ein befreundeter Künstler, Stash. Und Vanden, seine Freundin.«
»Ach, das war also ein Mädchen da drinnen«, sagt Price. »Das musst du gesehen haben, Bateman«, fordert er mich auf. »Lass mich raten. East Village?«
»Oh, Price«, flötet sie und öffnet die Bierflaschen. »Aber nein. Vanden geht nach Camden, und Stash lebt in SoHo, zufrieden?«
Ich gehe aus der Küche, vorbei am Speisezimmer, in dem der Tisch gedeckt ist und Bienenwachskerzen von Zona in silbernen Kerzenständern von Fortunoff strahlen, ins Wohnzimmer. Was Stash anhat, kann ich nicht erkennen, denn alles ist schwarz. Vanden hat grüne Strähnen in ihrem Haar. Sie raucht eine Zigarette und glotzt auf ein Heavy-Metal-Video auf MTV.
»Ähem«, räuspere ich mich.
Vanden blickt misstrauisch herüber, bis zum Haaransatz voll mit Drogen. Stash rührt sich nicht.
»Hi. Pat Bateman«, stelle ich mich mit ausgestreckter Hand vor, registriere dabei mein Bild in einem Spiegel an der Wand – und lächle mir wohlgefällig zu. Sie nimmt meine Hand, ohne etwas zu sagen. Stash schnüffelt an seinen Fingern.
Harter Schnitt, und ich bin wieder in der Küche.
»Schmeiß sie bloß raus.« Price kocht vor Wut. »Sie glotzt total bedröhnt MTV, und ich will den verdammten MacNeil/Lehrer-Report sehen.«
Evelyn öffnet immer noch mächtige Flaschen Importbier und bemerkt geistesabwesend: »Wir sollten dieses Zeug möglichst bald essen, sonst werden wir uns alle vergiften.«
»Sie hat eine grüne Strähne im Haar«, berichte ich. »Und sie raucht.«
»Bateman«, sagt Price, der immer noch zornig auf Evelyn starrt.
»Ja?«, antworte ich. »Timothy?«
»Du bist ein Trottel.«
»Oh, lass Patrick in Ruhe«, schaltet sich Evelyn ein. »Er ist der nette Junge von nebenan. Das ist Patrick. Du bist kein Trottel, nicht wahr, Schätzchen?« Evelyn ist ganz woanders, und ich gehe zur Bar, um mir noch einen Drink zu machen.
»Der nette Junge von nebenan«, grinst Tim süffisant und nickt, dann ändert er seine Miene und fragt Evelyn erneut rüde nach einer Kleiderbürste.
Evelyn hört endlich auf, japanische Bierflaschen zu öffnen, und bittet Courtney, Stash und Vanden zu holen. »Wir müssen das hier jetzt essen, sonst werden wir alle vergiftet«, murmelt sie, dreht langsam den Kopf und lässt den Blick durch die Küche wandern, um sicherzugehen, dass sie nichts vergessen hat.
»Falls ich sie vom neusten Megadeth-Video loseisen kann«, meint Courtney, bevor sie geht.
»Ich muss mit dir reden«, sagt Evelyn.
»Worüber?« Ich trete zu ihr.
»Nein«, sagt sie und zeigt auf Tim, »mit Price.«
Tim starrt sie immer noch grimmig an. Ich sage nichts und sehe auf Tims Drink.
»Sei ein Schatz«, sagt sie zu mir, »und stell die Sushi auf den Tisch. Die Tempura ist in der Mikrowelle, und der Sake steht kurz vor dem Überkochen …« Ihre Stimme verklingt, während sie Price aus der Küche führt.
Ich frage mich, woher Evelyn die Sushi hat – Thunfisch, Yellowtail, Makrelen, Shrimps, Aal, Bonito sogar, alles sieht so frisch aus, und es gibt Berge von Wasabi und Massen von Ingwer, strategisch auf der Wilton-Platte verteilt – aber mir gefällt auch die Vorstellung, es nicht zu wissen, es niemals zu wissen und in den Sushi dort in der Mitte des Glastisches von Zona, den Evelyns Vater ihr gekauft hat, eine geheimnisvolle Erscheinung aus dem Orient zu sehen, und als ich die Platte abstelle, erhasche ich einen Blick auf mein Spiegelbild in der Tischplatte. Im Kerzenlicht wirkt meine Haut dunkler, und ich stelle fest, wie gut doch der Haarschnitt aussieht, den sie mir letzten Mittwoch bei Gio’s gemacht haben. Ich mache mir noch einen Drink. Ich bin besorgt über den Kochsalzgehalt der Sojasoße.
Zu viert sitzen wir am Tisch und warten darauf, dass Evelyn und Timothy von der Suche nach einer Kleiderbürste für Price zurückkehren. Ich sitze am Kopf des Tisches und nehme große Schlucke J&B. Vanden sitzt am anderen Ende, blättert desinteressiert in irgendeinem East-Village-Blättchen namens Deception, die knallige Headline lautet: DOWNTOWN STIRBT. Stash hat ein Essstäbchen in ein einsames Stückchen Yellowtail gesteckt, das mitten auf seinem Teller liegt wie ein schimmerndes aufgespießtes Insekt, und das Stäbchen steckt aufrecht fest. Hin und wieder schiebt Stash das Sushihäppchen mit dem Stäbchen auf dem Teller herum, aber er blickt weder zu mir noch zu Vanden oder Courtney auf, die neben mir sitzt und Pflaumenwein aus einem Champagnerglas nippt.
Evelyn und Timothy kommen ungefähr zwanzig Minuten, nachdem wir Platz genommen haben, zurück, und Evelyn ist nur leicht errötet. Tim starrt mich an, während er mit einem frischen Drink in der Hand neben mir Platz nimmt, und beugt sich zu mir, um etwas zu sagen, ein Geständnis loszuwerden, als Evelyn plötzlich unterbricht: »Nicht dort, Timothy«, dann, kaum ein Flüstern: »Junge Mädchen, junge Mädchen.« Sie zeigt auf den leeren Stuhl neben Vanden. Timothy richtet seinen stechenden Blick auf Evelyn und nimmt dann zögernd neben Vanden Platz, die gähnt und eine Seite ihres Magazins umblättert.
»Also, Leute«, sagt Evelyn lächelnd, zufrieden mit dem von ihr bereiteten Mahl, »haut rein.« Dann, als sie das von Stash aufgespießte Stückchen Sushi bemerkt – er hat sich jetzt über den Teller gebeugt und flüstert ihm zu –, scheint sie ihre Fassung zu verlieren, lächelt aber tapfer und flötet: »Wer möchte Pflaumenwein?«
Niemand sagt etwas, bis Courtney, die auf Stashs Teller starrt, unsicher ihr Glas hebt und mit gequältem Lächeln sagt: »Es ist … köstlich, Evelyn.«
Stash schweigt. Auch wenn er sich unbehaglich fühlen mag, weil er so ganz anders aussieht als die anderen Männer im Raum – sein Haar ist nicht zurückgekämmt, keine Hosenträger, keine Hornbrille, die Kleidung schwarz und formlos, kein Verlangen nach einer guten Zigarre, vermutlich unfähig, sich einen Tisch im Camols zu sichern, sein Nettoeinkommen lachhaft –, ist sein Betragen doch äußerst unangemessen, er sitzt einfach da, wie hypnotisiert durch das glänzende Stückchen Sushi, und gerade als die Tischrunde sich damit abgefunden hat, ihn einfach zu ignorieren und mit dem Essen zu beginnen, richtet er sich auf, deutet anklagend auf seinen Teller und sagt laut: »Es hat sich bewegt!«
Timothys Blick ist so unermesslich abschätzig, dass ich kaum mithalten kann, aber ich gebe mir redlich Mühe, es ihm gleichzutun. Vanden scheint amüsiert und Courtney nun bedauerlicherweise auch – ich muss fast annehmen, dass sie den Affen attraktiv findet –, aber ich schätze, als Luis Carruthers‹ Freundin würde es mir auch so gehen. Evelyn lacht gutmütig und sagt: »Oh, Stash, du bist vielleicht eine Nummer«, und fragt dann besorgt: »Tempura?« Evelyn ist leitende Angestellte in einer Finanzierungsgesellschaft, FYI.
»Ich, bitte«, sage ich und hebe ein Stück Aubergine von der Platte, das ich aber nicht essen werde, weil es in Fett gebraten ist.
Am Tisch beginnt man zuzugreifen, Stash erfolgreich ignorierend. Ich starre Courtney an, sie kaut und schluckt.
Nach einem langen, fast nachdenklich wirkenden Schweigen sagt Evelyn in dem Versuch, ein Gespräch in Gang zu bringen: »Vanden studiert in Camden.«
»Ach, tatsächlich?«, fragt Timothy eisig. »Wo ist das?«
»Vermont«, antwortet Vanden, ohne von ihrer Zeitung aufzusehen.
Ich blicke hinüber zu Stash, um zu sehen, ob ihn Vandens unverfroren kaltschnäuzige Lüge freut, aber er benimmt sich, als höre er gar nicht zu, als sei er in einem anderen Raum oder irgendeinem Punkrock-Club im dunkelsten Viertel der Stadt, aber es ärgert mich, dass die übrigen am Tisch es genauso halten, denn ich bin ziemlich sicher, wir alle wissen, dass Camden in New Hampshire liegt.
»Wo bist du gewesen?«, seufzt Vanden, nachdem ihr endlich klar geworden ist, dass sich niemand für Camden interessiert. »Tja, ich war in Le Rosay«, beginnt Evelyn, »und dann in der Schweiz auf der Business School.«
»Ich hab auch eine Business School in der Schweiz hinter mir«, meint Courtney. »Aber ich war in Genf. Evelyn war in Lausanne.«
Vanden schmeißt die Ausgabe von Deception neben Timothy hin und grinst auf lässige, abschätzige Art, und obwohl ich ein bisschen genervt bin, dass Evelyn Vandens herablassender Haltung kein Kontra bietet, hat der J&B mich so weit entstresst, dass es mir nichts ausmacht zu schweigen. Evelyn hält Vanden vermutlich für süß, verloren, verwirrt, eine Künstlerin halt. Weder Price noch Evelyn essen etwas; ich wittere Kokain, bin mir aber nicht sicher. Während er einen kräftigen Schluck von seinem Drink nimmt, hält Timothy die Nummer von Deception hoch und kichert in sich hinein. »Downtown stirbt«, sagt er, und dann, auf die beiden Worte in der Headline deutend: »Scheiß drauf.«
Instinktiv erwarte ich, dass Stash sofort von seinem Teller aufblickt, aber er starrt immer noch auf das einsame Stückchen Sushi, lächelt vor sich hin und nickt mit dem Kopf.
»Hey«, sagt Vanden, als sei sie persönlich beleidigt. »Das betrifft uns.«
»Oh ho ho«, macht Tim warnend. »Das betrifft uns? Was ist mit den Massakern in Sri Lanka, Schätzchen? Betreffen uns die nicht auch? Was ist mit Sri Lanka?«
»Na ja, das ist ein cooler Club im Village.« Vanden zuckt die Schultern. »Klar, das betrifft uns auch.«
Plötzlich, ohne aufzusehen, spricht Stash. »Der heißt The Tonka.« Er klingt sauer, aber seine Stimme ist ruhig und leise, sein Blick haftet immer noch auf dem Sushi. »Er heißt The Tonka, nicht Sri Lanka. Kapiert? The Tonka.«
Vanden schlägt die Augen nieder und sagt dann kleinlaut: »Oh.«
»Ja, weißt du denn gar nichts über Sri Lanka? Dass die Sikhs da unzählige Israelis abschlachten?«, stichelt Timothy weiter. »Geht uns das nichts an?«
»Möchte jemand Kappamaki-Roll?«, unterbricht Evelyn fröhlich und hält einen Teller hoch.
»Ach, komm schon, Price«, sage ich. »Es gibt wichtigere Probleme als Sri Lanka. Natürlich ist unsere Außenpolitik wichtig, aber es liegen dringlichere Probleme an.«
»Was zum Beispiel?«, fragt er, ohne den Blick von Vanden zu lassen. »Übrigens, warum ist ein Eiswürfel in meiner Sojasoße?«
»Nein«, beginne ich zögerlich. »Also, zum einen müssen wir der Apartheid ein Ende setzen. Und das nukleare Wettrüsten stoppen, dem Terrorismus und dem Hunger auf der Welt Einhalt gebieten. Eine starke nationale Verteidigung sicherstellen, die Ausbreitung des Kommunismus in Mittelamerika verhindern, auf eine Nahost-Friedenskonferenz hinarbeiten, militärische Einsätze der USA in Übersee verhindern. Wir müssen dafür sorgen, dass Amerika eine angesehene Weltmacht bleibt. Dabei darf man allerdings nicht unsere Probleme im eigenen Lande aus den Augen verlieren, die genauso drängend sind, wenn nicht noch drängender. Bessere und erschwinglichere Pflegebetreuung für unsere älteren Mitbürger, Eindämmung der Aids-Epidemie und Forschung nach einem Heilmittel, Kampf gegen die Umweltverschmutzung, entscheidende Verbesserung der Ausbildung an unseren Grundschulen und weiterführenden Schulen, schärfere Gesetze, um gegen das organisierte Verbrechen und Drogenhändler durchgreifen zu können. Ferner müssen wir sicherstellen, dass eine solide College-Ausbildung auch für die Mittelschicht erschwinglich ist, die soziale Absicherung der älteren Mitbürger gewährleisten sowie unsere natürlichen Ressourcen und Wildgebiete schützen und den Einfluss der Political Action Committees einschränken.«
Die Tischrunde starrt mich unbehaglich an, sogar Stash, aber ich bin jetzt richtig in Fahrt.
»Aber die Wirtschaftslage ist immer noch katastrophal. Es muss ein Weg gefunden werden, die Inflationsrate zu senken und die Staatsverschuldung abzubauen. Außerdem müssen wir für die Arbeitslosen Stellen und Ausbildungsplätze schaffen und gleichzeitig amerikanische Arbeitsplätze sichern, die durch Importe aus Billiglohnländern gefährdet sind. Amerika muss wieder marktführend auf dem Gebiet modernster Technologie sein. Zugleich müssen wir Wirtschaftswachstum und Unternehmensexpansionen fördern und energisch gegen die überhöhte Einkommensteuer zu Felde ziehen und die Zinsen niedrig halten, während wir mittelständische Unternehmen fördern und eine schärfere Kontrolle bei Fusionen und großen Firmenübernahmen ausüben.«
Nach diesem Kommentar spuckt Price fast seinen Absolut aus, aber ich versuche, allen fest in die Augen zu blicken, besonders Vanden, die, ohne die grüne Strähne und das Leder und mit etwas gesunder Bräune – sie könnte einen Aerobic-Kurs belegen, eine Bluse anziehen, irgendwas von Laura Ashley –, durchaus hübsch sein könnte. Aber warum schläft sie mit Stash? Er ist pummelig und bleich, hat kurz geschnittenes Haar und mindestens zehn Pfund Übergewicht; unter dem schwarzen T-Shirt zeichnet sich kein Muskel ab.
»Aber wir dürfen auch nicht unsere sozialen Probleme vernachlässigen. Wir müssen dem Missbrauch des Sozialstaates ein Ende machen. Wir müssen den Obdachlosen Nahrung und Obdach gewähren, sowohl dem Rassenhass entgegentreten und die Bürgerrechte verteidigen als auch die Gleichberechtigung für Frauen durchsetzen, dabei jedoch die Abtreibungsgesetze ändern, um das Recht des ungeborenen Lebens zu schützen, aber dennoch irgendwie die Entscheidungsfreiheit der Frau gewährleisten.
Zudem müssen wir den Zustrom illegaler Einwanderer kontrollieren. Wir müssen eine Rückkehr zu den traditionellen moralischen Werten propagieren und Sex und Gewalt in Fernsehen, Film und Popmusik, überall, aufs Entschiedenste entgegentreten. Vordringlichstes Ziel aber ist, in den jungen Menschen gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein zu wecken, anstatt schnödes Anspruchsdenken zu fördern.«
Ich trinke mein Glas aus. Die Tischrunde blickt mich immer noch in völligem Schweigen an. Courtney lächelt und wirkt angenehm überrascht. Timothy schüttelt einfach ungläubig den Kopf. Evelyn stellt die Wendung des Gesprächs vor ein völliges Rätsel, sie steht auf und fragt unsicher, ob jemand Nachtisch möchte.
»Ich habe … Sorbet«, sagt sie leicht benommen. »Kiwi, Carambola, Cherimoya, Kaktusfeige und, oh … was ist das …« Sie unterbricht ihr zombiehaftes Geleier und überlegt, was die letzte Geschmackssorte war: »Oh ja, Japanische Birne.«
Alles bleibt still. Tim blickt kurz zu mir herüber. Ich sehe zu Courtney, dann wieder zu Tim, dann zu Evelyn. Evelyns Blick begegnet meinem und schwenkt dann besorgt auf Tim. Auch ich schaue zu Tim herüber, dann zu Courtney und dann wieder zu Tim, der mich nochmals anblickt, bevor er langsam und unsicher antwortet: »Kaktusbirne.«
»Kaktusfeige«, korrigiert Evelyn.
Ich sehe misstrauisch zu Courtney herüber, und nachdem sie »Cherimoya« gesagt hat, sage ich »Kiwi«, und dann sagt auch Vanden »Kiwi«, und Stash sagt leise, aber jede Silbe ganz deutlich betonend: »Chocolate-Chip.«
Die Verwirrung, die sich kurz auf Evelyns Gesicht abzeichnet, als sie dies hört, wird blitzschnell durch eine lächelnde, bemerkenswert gutmütige Maske ersetzt, und sie sagt: »Oh Stash, du weißt, dass ich kein Chocolate-Chip-Eis habe, obwohl ich zugeben muss, dass das ein recht exotischer Vorschlag für ein Sorbet wäre. Wie gesagt, ich habe Cherimoya, Kaktusbirne, Carambola, ich meine Kaktusfeige …«
»Ich weiß. Ich hab’s gehört, ich hab’s gehört«, winkt er ab. »Ich lass mich überraschen.«
»Gut«, meint Evelyn. »Courtney? Würdest du mir helfen?«
»Natürlich.« Courtney steht auf, und ich schaue ihr nach, wie sie mit klackernden Absätzen in der Küche verschwindet.
»Keine Zigarren, Jungs!«, ruft Evelyn zurück.
»Hätt ich im Traum nicht dran gedacht«, sagt Price und stopft eine Zigarre zurück in seine Jackentasche.
Stash starrt das Sushi immer noch mit einer Intensität an, die mich beunruhigt, und ich muss ihn einfach fragen, in der Hoffnung, dass er den Sarkasmus registriert: »Hat es sich, äh, wieder bewegt oder so was?«
Vanden hat aus all den Scheiben California Roll, die sie auf ihrem Teller angehäuft hat, ein Smiley-Gesicht zusammengelegt und hält es Stash zur Begutachtung hin: »Rex?«
»Cool«, grunzt Stash.
Evelyn kommt mit dem Sorbet in Margaritagläsern von Odeon und einer ungeöffneten Flasche Glenfiddich zurück, die auch geschlossen bleibt, während wir das Sorbet essen.
Courtney muss früh gehen, weil sie Luis auf einer Firmenparty im Bedlam, einem neuen Club in Midtown Manhattan, treffen will. Stash und Vanden verschwinden kurz darauf, um irgendwo in SoHo irgendwas zu »checken«. Ich beobachte als Einziger, wie Stash das Stück Sushi von seinem Teller nimmt und in die Tasche seiner olivgrünen Leder-Bomberjacke steckt. Als ich es Evelyn erzähle, während sie den Geschirrspüler vollpackt, wirft sie mir einen derart hasserfüllten Blick zu, dass die Aussicht auf späteren Sex eher unwahrscheinlich wird. Aber ich bleibe trotzdem. Price auch. Er liegt jetzt auf einem Aubusson-Teppich, ausgehendes 18. Jahrhundert, in Evelyns Zimmer und trinkt Espresso aus einer Ceralene-Kaffeetasse. Ich liege auf Evelyns Bett, knuddele ein Tapisseriekissen von Jenny B. Goode und nuckele an einem Absolut mit Preiselbeersaft. Evelyn sitzt an der Frisierkommode und bürstet sich die Haare, ein grün-weiß gestreiftes Seidenhauskleid von Ralph Lauren um den ausgesprochen hübschen Körper drapiert, und starrt ihr Abbild im Schminkspiegel an.
»Bin ich der Einzige, der bemerkt hat, dass Stash sein Stück Sushi für ein … äh …« Ich räuspere mich und fahre fort: »… ein Haustier zu halten schien?«
»Bitte hör auf, deine ›Künstler‹-Freunde einzuladen«, sagt Tim müde. »Ich bin es leid, der Einzige beim Dinner zu sein, der noch nie mit einem Außerirdischen gesprochen hat.«
»Das war nur das eine Mal«, meint Evelyn und prüft ihre Lippe, traumverloren in ihrer friedlichen Schönheit.
»Aber ausgerechnet im Odeon«, murrt Price.
Ich frage mich, warum ich nicht zum Künstler-Dinner ins Odeon eingeladen war. Hatte Evelyn die Rechnung übernommen? Wahrscheinlich. Und plötzlich sehe ich eine lächelnde Evelyn vor mir, die insgeheim verstimmt in einer Tischrunde mit Stashs Freunden sitzt – die alle kleine Blockhäuser aus ihren Pommes frites bauen oder so tun, als würde ihr gegrillter Lachs noch leben, sie schieben die Fischstückchen über den Tisch und lassen die Fische über die »Kunstszene« und neue Galerien plaudern; vielleicht versuchen sie sogar, die Fische in die kleinen Fritten-Blockhäuser einzuquartieren …
»Wie du dich sicherlich erinnern kannst, habe ich auch noch nie einen Außerirdischen gesehen«, meint Evelyn.
»Gut, aber Bateman ist dein Freund, und das zählt auch«, prustet Price, und ich schmeiße das Kissen nach ihm. Er fängt es auf und wirft es zurück.
»Lass Patrick in Ruhe. Er ist der nette Junge von nebenan«, sagt Evelyn, während sie sich irgendeine Creme ins Gesicht reibt. »Du bist doch kein Außerirdischer, stimmt’s, Schätzchen?«
»Soll ich diese Frage einer Antwort für würdig erachten?«, seufze ich.
»Ach, Liebling.« Sie zieht im Spiegel einen Schmollmund, und ihr Spiegelbild sieht mich an. »Ich weiß, dass du kein Außerirdischer bist.«
»Gott sei Dank«, murmele ich still vor mich hin.
»Gut, aber Stash war an dem Abend im Odeon.« Mit Blick zu mir fährt Price dann fort: »Im Odeon. Hörst du zu, Bateman?«
»War er nicht«, sagt Evelyn.
»Oh doch, war er wohl, aber damals hieß er nicht Stash. Sein Name war Horseshoe,Magnet oder Lego oder irgendwas ähnlich Seriöses«, höhnt Price. »Ich hab’s vergessen.«
»Timothy, wovon redest du eigentlich?«, fragt Evelyn mit müder Stimme. »Ich höre ja nicht mal hin.« Sie feuchtet einen Wattebausch an und wischt sich damit über die Stirn.
»Also, wir waren im Odeon.« Price setzt sich mit einiger Mühe auf. »Und frag mich nicht, warum, aber ich erinnere mich genau, dass er Thunfisch-Cappuccino bestellte.«
»Carpaccio«, korrigiert Evelyn.
»Nein, Evelyn, mein Schatz, Frau meines Lebens. Ich erinnere mich deutlich, dass er Thunfisch-Cappuccino bestellte«, sagt Price und starrt an die Decke.
»Er sagte ›Carpaccio‹«, erwidert sie, während sie mit dem Wattebausch über ihre Lider streicht.
»Cappuccino«, insistiert Price. »Bis du ihn verbessert hast.«
»Du hast ihn heute Abend ja nicht mal wiedererkannt«, meint sie.
»Oh, aber jetzt erinnere ich mich«, sagt Price und wendet sich an mich. »Evelyn hat ihn mir als den ›gutmütigen Bodybuilder‹ beschrieben. Genauso hat sie ihn mir vorgestellt. Ich schwör’s.«
»Ach, halt den Mund«, sagt sie verärgert, aber schenkt Timothy im Spiegel ein kokettes Lächeln.
»Ich möchte nur stark bezweifeln, ob Stash es in die Klatschspalte von W schafft, und ich dachte immer, das sei das Kriterium, nach dem du deine Bekannten aussuchst«, kontert Price, der den Blick erwidert und sie auf seine wölfische, gemeine Art angrinst. Ich konzentriere mich auf das Glas Absolut und Preiselbeersaft in meiner Hand, und es sieht aus wie ein Glas dünnes, wässeriges Blut mit Eis und einem Zitronenstückchen drin.
»Wie läuft es mit Courtney und Luis?«, frage ich in der Hoffnung, ihren Blickkontakt zu stören.
»Oh Gott«, stöhnt Evelyn und wendet sich wieder dem Spiegel zu. »Das wirklich Grässliche an Courtney ist ja nicht, dass sie Luis nicht mehr mag. Sondern dass …«
»Man ihr Konto bei Bergdorfs gestrichen hat?«, fragt Price. Ich lache. Wir geben uns High Five.
»Nein«, fährt Evelyn fort, jetzt selbst amüsiert. »Sondern dass sie tatsächlich verliebt in ihren Immobilienmakler ist. Irgendein kleiner Gimpel bei The Feathered Nest.«
»Mit Courtney mag’s manchmal nicht leicht sein«, meint Tim, seine letzte Maniküre prüfend, »aber Gott im Himmel, was ist eine … Vanden?«
»Fang nicht wieder damit an«, stöhnt Evelyn und beginnt ihr Haar zu bürsten.
»Vanden ist eine Mischung aus … The Limited und … Second-Hand-Benetton«, erklärt Price mit erhobenen Händen und geschlossenen Augen.
»Nein.« Ich lächle, bemüht, mich ins Gespräch einzuschalten: »Second-Hand-Fiorucci.«
»Gut«, sagt Tim, »kann stimmen.« Seine Augen, jetzt wieder geöffnet, heften sich auf Evelyn.
»Timothy, lass das«, sagt Evelyn. »Sie ist ein Camden-Girl. Was erwartest du?«
»Großer Gott«, stöhnt Timothy. »Ich bin es dermaßen leid, Camden-Girl-Probleme zu hören. Oh, mein Boyfriend, ich liebe ihn, aber er liebt jemand anders, und oh, wie ich mich nach ihm sehne, und er ignoriert mich einfach und blablablablabla – Gott, wie langweilig. College Kids. Üble Sache. Traurig, wie, Bateman?«
»Ja. Üble Sache. Traurig.«
»Guck, Bateman ist ganz meiner Meinung«, sagt Price süffisant.
»Oh nein, das stimmt nicht.« Evelyn wischt mit einem Kleenex ab, was immer sie vorher aufgetragen hat. »Patrick ist kein Zyniker, Timothy. Er ist der nette Junge von nebenan, nicht wahr, Schätzchen?«
»Nein, bin ich nicht«, flüstere ich vor mich hin. »Ich bin ein gottverdammter bösartiger Psychopath.«
»Also, was soll’s«, seufzt Evelyn. »Sie ist nicht gerade eine der Hellsten.«
»Ha, Untertreibung des Jahrhunderts!«, platzt Price heraus. »Aber Stash ist auch nicht gerade einer der Hellsten. Perfektes Paar. Haben sie sich bei Love Connection oder so was kennengelernt?«
»Lass sie in Ruhe«, sagt Evelyn. »Stash hat Talent, und ich bin sicher, dass wir Vanden unterschätzen.«
»Das ist ein Mädchen …« Price wendet sich an mich. »Hör zu, Bateman: das ist ein Mädchen – Evelyn hat mir das erzählt – das ist ein Mädchen, das sich High Noon ausleiht, weil sie es für einen Film über …«, er schluckt, »Marihuana-Farmer hält.«
»Das haut mich vom Hocker«, sage ich. »Aber haben wir schon ergründet, wie Stash – ich nehme an, er hat einen Nachnamen, aber sag ihn mir nicht Evelyn, ich will’s nicht wissen – seinen Lebensunterhalt bestreitet?«
»Erst mal: er ist grundanständig und nett«, sagt Evelyn zu seiner Verteidigung.
»Der Typ hat Chocolate-Chip-Sorbet verlangt, Herrgott noch mal«, zetert Tim ungläubig. »Was redest du bloß?«
Evelyn überhört das und nimmt ihre Tina-Chow-Ohrringe ab. »Er ist Bildhauer«, sagt sie knapp.
»Ach, Scheiße«, meint Tim. »Ich erinnere mich noch an ein Gespräch mit ihm im Odeon.« Er wendet sich wieder mir zu. »Das war da, wo er den Thunfisch-Cappuccino bestellt hat, und ich bin mir sicher, wäre er unbeaufsichtigt gewesen, hätte er den Lachs au lait bestellt, und da hat er mir gesagt, er mache Partys, also genau genommen wäre er dann – korrigier mich, falls ich mich irre, Evelyn – ein Mietkellner.« »Er ist Mietkellner!«, schreit Price. »Kein verdammter Bildhauer!«
»Ach, Quatsch. Reg dich ab«, sagt Evelyn, während sie sich noch mehr Creme in ihr Gesicht schmiert.
»Das ist ja, als würde man dich als Dichterin verkaufen.« Timothy ist betrunken, und ich frage mich langsam, wann er die Platte putzen will.
»Schön«, fängt Evelyn an. »Bekanntlich bin ich …«
»Du bist ein verdammtes Textprogramm!«, platzt Tim heraus. Er geht zu Evelyn rüber, beugt sich neben ihr nieder und prüft sein Spiegelbild.
»Hast du zugenommen, Tim?«, fragt Evelyn nachdenklich. Sie studiert Tims Gesicht im Spiegel und sagt: »Dein Gesicht wirkt … voller.«
Im Gegenzug schnuppert Timothy an Evelyns Nacken und sagt: »Was ist das für ein faszinierender … Geruch?«
»Obsession.« Evelyn lächelt kokett und schiebt Tim sanft weg. »Es ist Obsession. Patrick, sorg dafür, dass mir dein Freund von der Pelle rückt.«
»Nein, nein, warte«, sagt Timothy, laut schnüffelnd. »Das ist nicht Obsession. Das ist … das ist …« Dann, das Gesicht in gespieltem Schrecken verzerrt: »Es ist … oh, mein Gott, es ist Q. T. Instatan!«
Evelyn zögert und rechnet sich ihre Chancen aus. Sie inspiziert noch mal Price‹ Kopf. »Hast du etwa Haarausfall?«
»Evelyn«, erwidert Tim. »Versuch nicht, das Thema zu wechseln, aber …« Und dann, ernsthaft beunruhigt: »Jetzt, wo du es erwähnst … zu viel Gel vielleicht?« Besorgt fährt er sich übers Haar.
»Kann sein«, meint Evelyn. »Nun mach dich nützlich, und setz dich bitte hin.«
»Na ja, wenigstens ist mein Haar nicht grün, und ich habe auch nicht versucht, es mit einem Brotmesser zu schneiden«, sagt Tim, auf Vandens Färbeaktion und Stashs zugegebenermaßen billigen, schlechten Haarschnitt anspielend.
»Hast du zugenommen?«, fragt Evelyn, diesmal ernsthafter.
»Mein Gott«, sagt Tim beleidigt und will sich abwenden. »Nein, Evelyn.«
»Dein Gesicht sieht wirklich … voller aus«, sagt Evelyn. »Nicht mehr so … fein geschnitten.«
»Das ist doch nicht zu fassen.« Tim wieder.
Er schaut lange in den Spiegel. Sie kämmt weiter ihr Haar, aber mit weniger energischen Bewegungen, weil sie Tim dabei ansieht. Er bemerkt es und riecht an ihrem Nacken, ich glaube, er leckt kurz daran und grinst.
»Ist das Q. T.?«, fragt er. »Na los, mir kannst du’s sagen. Ich rieche es.«
»Nein«, sagt Evelyn eisig. »Du benutzt das.«
»Nein, eben nicht. Ich gehe in ein Bräunungsstudio. Daraus mach ich kein Geheimnis«, sagt er.
»Du benutzt Q. T.«
»Du schließt von dir auf andere«, erwidert sie schwach.
»Ich sagte es ja«, sagt Tim. »Ich gehe in ein Bräunungsstudio. Ich meine, ich weiß, dass es teuer ist, aber …« Price erbleicht. »Trotzdem, Q. T.?«
»Oh, du gehst ins Bräunungsstudio, was für ein mutiges Eingeständnis«, sagt sie.
»Q. T.« Er kichert.
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, sagt Evelyn und bürstet wieder ihr Haar. »Patrick, begleite deinen Freund doch zur Tür.«
Price liegt jetzt auf den Knien und riecht und schnüffelt an Evelyns nackten Beinen, und sie lacht. Die Wut steigt in mir hoch.
»Mein Gott«, stöhnt sie laut. »Mach dass du rauskommst.«
»Du bist orange.« Er lacht, auf den Knien, seinen Kopf in ihrem Schoß. »Du siehst orange aus.«
»Tu ich nicht«, sagt sie, ein gedehntes Aufstöhnen zwischen Pein und Ekstase. »Wichser.«
Ich liege auf dem Bett und beobachte die beiden. Timothy stützt sich auf ihren Schoß und will seinen Kopf unter ihr Ralph-Lauren-Hauskleid stecken. Evelyn hat den Kopf vor Lust zurückgeworfen und versucht, Price wegzuschubsen, aber nur spielerisch, und schlägt ihm leicht mit ihrer Jan-Hové-Bürste auf den Rücken. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Timothy und Evelyn ein Verhältnis haben. Timothy ist der einzige interessante Mensch, den ich kenne.
»Du solltest gehen«, sagt sie schließlich schwer atmend. Sie wehrt sich nicht mehr gegen ihn.
Er blickt zu ihr auf, zeigt ein breites, attraktives Lächeln und sagt: »Wie die Lady befiehlt.«
»Danke«, sagt sie in einem Ton, in dem für meine Ohren Bedauern mitschwingt.
Er steht auf. »Dinner? Morgen?«
»Da muss ich erst meinen Freund fragen«, sagt sie und lächelt mich im Spiegel an.
»Wirst du das sexy schwarze Anne-Klein-Kleid tragen?«, fragt er, die Hände auf ihren Schultern, flüstert es in ihr Ohr, während er daran riecht. »Bateman ist nicht willkommen.«
Ich lache gutmütig, während ich vom Bett aufstehe und ihn hinausbegleite.
»Augenblick! Mein Espresso!«, ruft er aus.
Evelyn lacht und klatscht in die Hände, als sei sie erfreut über Timothys widerstrebenden Abgang.
»Komm schon, alter Knabe«, sage ich, während ich ihn rüde aus dem Schlafzimmer schubse. »Das Sandmännchen wartet.«
Er schafft es trotzdem noch, ihr einen Handkuss zuzuwerfen, bevor ich ihn mir endlich vom Hals schaffen kann. Er sagt kein Wort, während ich ihn zur Haustür bringe.
Nachdem er gegangen ist, gieße ich mir einen Brandy ein und trinke ihn aus einem gerippten italienischen Tumbler, und als ich ins Schlafzimmer zurückkomme, liegt Evelyn auf dem Bett und sieht sich den Home Shopping Club an. Ich lege mich neben sie und lockere meine Armani-Krawatte. Schließlich stelle ich eine Frage, ohne sie anzusehen.
»Warum angelst du dir nicht einfach Price?«
»Mein Gott, Patrick«, sagt sie mit geschlossenen Augen. »Warum Price? Price?« Und aus der Art, wie sie es sagt, schließe ich, dass sie mit ihm geschlafen hat.
»Er ist reich«, sage ich.
»Jeder ist reich«, sagt sie und konzentriert sich auf den Fernseher.
»Er sieht gut aus«, erkläre ich ihr.
»Jeder sieht gut aus, Patrick«, sagt sie abwesend.
»Er hat eine tolle Figur«, sage ich.
»Jeder hat heutzutage eine tolle Figur«, meint sie.
Ich stelle den Tumbler aufs Nachttischchen und rolle mich über sie. Während ich ihren Nacken küsse und lecke, starrt sie ungerührt auf den Panasonic-Großbild-Fernseher mit Fernbedienung und stellt den Ton leiser. Ich ziehe mein Armani-Hemd hoch und lege ihre Hand auf meinen Körper, damit sie fühlt, wie stahlhart, wie durchtrainiert mein Bauch ist, ich spanne meine Muskeln an und bin dankbar, dass das Zimmer so hell erleuchtet ist, dass sie sehen kann, wie tiefbraun und straff meine Bauchdecke geworden ist.
»Weißt du«, sagt sie betont, »Stashs Aids-Test war positiv. Und …« Sie hält inne, irgendetwas im Fernsehen hat ihre Aufmerksamkeit erregt; die Lautstärke steigt leicht an und wird dann wieder gesenkt. »Und … ich glaube, er wird heute wohl mit Vanden ins Bett gehen.«
»Schön«, sage ich, beiße sie sanft in den Nacken, eine Hand auf einer festen, kühlen Brust.
»Du bist scheußlich«, sagt sie leicht erregt und fährt mit ihren Händen über meine breite, harte Schulter.
»Nein«, seufze ich. »Nur dein Verlobter.«
Nachdem ich gut fünfzehn Minuten lang versucht habe, sie zu ficken, gebe ich es auf. Sie sagt: »Weißt du, man kann immer noch besser in Form sein.«
Ich greife nach dem Glas Brandy. Ich trinke es aus. Evelyn ist abhängig von Parnate, einem Antidepressivum. Ich liege neben ihr und verfolge mit abgestelltem Ton den Home Shopping Club – Glaspuppen, bestickte Zierkissen, Lampen in Fußballform, Lady Zirconia. Evelyn döst langsam weg.
»Nimmst du Minoxidil?«, fragt sie nach langem Schweigen.
»Nein, tu ich nicht«, sage ich. »Warum sollte ich?«
»Dein Haaransatz scheint zurückzugehen«, murmelt sie.
»Keine Spur«, höre ich mich sagen. Schwer zu beurteilen. Mein Haar ist sehr dicht, und ich weiß nicht, ob ich es verliere. Ich bezweifele es stark.
Ich gehe nach Hause, sage ›Gute Nacht‹ zu einem Portier, den ich nicht erkenne (es könnte irgendjemand sein), dann Überblendung auf mein Wohnzimmer hoch über der Stadt, aus der leuchtenden Wurlitzer 1015 Jukebox (die nicht so gut ist wie die rare Wurlitzer 850) in der Ecke singen die Tokens »The Lion Sleeps Tonight«. Ich masturbiere, denke erst an Evelyn, dann an Courtney, dann an Vanden und wieder an Courtney, aber kurz bevor ich komme – ein schlapper Orgasmus – an ein halb nacktes Model in einem Trägertop, das ich heute in einer Calvin-Klein-Anzeige gesehen habe.
Im Licht eines frühen Maimorgens sieht mein Wohnzimmer folgendermaßen aus: Über dem mit Gas betriebenen Kamin aus weißem Marmor und Granit hängt ein echter David Onica. Es ist ein 1,80 × 1,20 großes, hauptsächlich in gedämpften Grau- und Olivtönen gehaltenes Porträt einer nackten Frau, die auf einer Chaiselongue sitzt und MTV sieht, der Hintergrund ist eine Marslandschaft, eine glühende malvenfarbene Wüste, übersät mit toten, ausgenommenen Fischen; zerbrochene Teller steigen hinter dem gelben Kopf der Frau empor wie ein plötzlicher Sonnenaufgang, das Ganze ist in schwarzes Aluminium gerahmt. Das Gemälde blickt herab auf eine weiße daunengefüllte Couch und einen Digital-Fernseher von Toshiba mit 75-Zentimeter-Bildröhre; es ist ein hochauflösendes Modell mit Farbkonturschärferegelung und High-Tech-Tube-Combination von NEC mit digitaler Bild-in-Bild-Funktion (und digitalem Standbild); zum Audioteil gehört ein eingebautes MTS und ein Fünf-Watt-Pro-Kanal-Ausgangsverstärker. Ein Toshiba-Videorekorder steht unter dem Fernseher in einer Glasvitrine; es ist ein Super-High-Band Betagerät mit eingebauter Schnittfunktion, Acht-Seiten-Charaktergenerator, High-Band-Record und Playback sowie einem Drei-Wochen-Timer mit acht Programmplätzen. In jeder Ecke des Wohnzimmers steht eine Hurricane-Halogenlampe. Schmale weiße Jalousien bedecken alle acht raumhohen Fenster. Vor dem Sofa steht ein Couchtisch mit Glasplatte und Eichenbeinen von Turchin, darauf sind gläserne Steuben-Tierfiguren sorgfältig um kostbare Kristallaschenbecher von Fortunoff arrangiert, obwohl ich nicht rauche. Neben der Wurlitzer-Jukebox steht ein Baldwin-Konzertflügel aus schwarzem Ebenholz. Ein polierter weißer Eichenholzboden zieht sich durchs ganze Apartment. Auf der anderen Seite des Zimmers, neben einem Tisch und einem Zeitschriftenständer von Gio Ponti, steht eine komplette Stereoanlage (CD-Player, Tape-Deck, Tuner, Amplifier) von Sansui mit 1,80 Meter hohen Duntech-Sovereign 2001-Boxen aus brasilianischem Rosenholz. An der Wand steht ein Panasonic-Fernseher mit 78-Zentimeter-Bildschirm, Sofortbild und Stereoton, darunter ein Toshiba-Videorekorder in einer Glasvitrine. Ich bin mir nicht sicher, ob die Zeit auf der Digital-Weckuhr von Sony stimmt, also muss ich mich aufsetzen und nachsehen, welche Uhrzeit auf dem Videorekorder blinkt, dann nehme ich das Ettore-Sottsass-Tastentelefon, das auf dem Nachttisch aus Glas und Stahl neben dem Bett steht, und wähle die Zeitansage. In einer Ecke des Zimmers steht ein cremefarbener Stuhl aus Leder, Stahl und Holz, Design von Eric Marcus, in einer anderen ein Stuhl aus formverleimtem Sperrholz. Ein schwarz getupfter Maud-Sienna-Teppich in Beige und Weiß bedeckt den größten Teil des Bodens. Eine Wand wird von vier gigantischen Kommoden aus gebleichtem Mahagoni eingenommen. Im Bett trage ich Seidenpyjamas von Ralph Lauren, und wenn ich aufstehe, schlüpfe ich in einen Morgenmantel aus Ancient-Madder-Seide mit Paisleymuster und gehe ins Badezimmer. Ich uriniere, während ich versuche, in dem Glas, das das Baseballposter über der Toilette schützt, mein verquollenes Spiegelbild zu erkennen. Nachdem ich in Boxershorts von Ralph Lauren mit Monogramm, einen Fair-Isle-Sweater und gepunktete Enrico-Hidolin-Seidenslipper geschlüpft bin, binde ich eine Eispackung aus Plastik um mein Gesicht und beginne mit dem morgendlichen Stretchingpensum. Anschließend stehe ich vor einem Reisewaschbecken aus Chrom und Acryl – mit Seifenschale, Zahnglashaltern und Griffleisten, die als Handtuchhalter dienen, das ich bei Hastings Tile gekauft habe, um die Zeit zu überbrücken, in der das Marmorbecken geschliffen wird, das ich in Finnland bestellt habe – und schaue mit der Eispackung auf dem Gesicht in den Spiegel. Ich schütte etwas Plax-Antiplaque in einen Becher aus rostfreiem Stahl und spüle damit dreißig Sekunden meinen Mund. Dann drücke ich Rembrandt auf eine Zahnbürste aus Schildpattimitat und beginne mit dem Zähneputzen (ich bin zu verkatert, um Zahnseide zu benutzen, wie es sich gehört – aber vielleicht habe ich das ja noch vor dem Schlafengehen getan?) und spüle mit Listerine nach. Anschließend inspiziere ich meine Hände und mache Gebrauch von der Nagelbürste. Ich nehme die Eispackung ab, benutze eine Reinigungslotion mit Tiefenwirkung, die die Poren öffnet, trage dann eine Kräuter-Minz-Gesichtsmaske auf, die ich zehn Minuten einwirken lasse, während ich mich meinen Fußnägeln widme. Anschließend verwende ich die Probright-Munddusche und danach das Interplak-Zahncenter (dies ergänzend zur Zahnbürste), das auf 4200 Umdrehungen in der Minute kommt und 46-mal in der Sekunde die Drehrichtung ändert; die längeren Borsten säubern die Zahnzwischenräume und massieren das Zahnfleisch, während die kürzeren die Zähne polieren. Ich spüle noch mal nach, diesmal mit Cepacol. Ich nehme die Gesichtsmaske mit einem Grüne-Minze-Gesichtswasser ab. Die Dusche hat eine mehrfach verstellbare Handbrause mit einem Sprühradius von 75 Zentimetern. Hergestellt aus schwarz-goldenem australischem Messing mit weißem Emaille-Finish. Unter der Dusche benutze ich als Erstes ein wasseraktives Waschgel, dann ein Honig-Mandel-Body-Scrub und fürs Gesicht eine Gel-Schälkur. Vidal Sassoon Shampoo ist unübertroffen, wenn es gilt, den Film aus eingetrocknetem Schweiß, Salzen, Fetten, Schadstoffen und Schmutz aus der Luft zu entfernen, der das Haar schwer machen und niederdrücken kann, was einen älter aussehen lässt. Die Pflegespülung ist auch gut – Silikon-Technik ermöglicht Pflegevorteile, ohne dass das Haar zusammenfällt, was einen auch älter aussehen lassen kann. Am Wochenende oder vor Verabredungen bevorzuge ich Greune Natural Revitalizing Shampoo, die Pflegespülung und den Nährstoffkomplex. Das sind Mittel, die D-Panthenol enthalten, einen Faktor der Vitamin-B-Gruppe, Polysorbat 80, ein Reinigungsmittel für die Kopfhaut, und natürliche Kräuterauszüge. Ich habe vor, am Wochenende zu Bloomingdale’s oder Bergdorfs zu gehen, um auf Evelyns Rat hin Foltene European Supplement zu besorgen und Shampoo für dünnes Haar, das komplexe Kohlenhydrate enthält, die in die Haarwurzeln dringen und dem Haar mehr Kraft und Glanz verleihen. Außerdem Vivagen Hair Enrichment Treatment, ein neues Redken-Produkt, das Mineralablagerungen verhindert und die Lebensdauer des Haares verlängert. Luis Carruthers empfahl das Aramis Nutriplexx System, einen Nährstoffkomplex, der die Durchblutung verbessert. Raus aus der Dusche und abgetrocknet, ziehe ich wieder die Ralph-Lauren-Boxershorts an, und bevor ich Mousse A Raiser auftrage, eine Rasiercreme von Pour Hommes, presse ich für zwei Minuten ein feuchtheißes Handtuch auf mein Gesicht, um die störrischen Barthaare weicher zu machen. Anschließend trage ich stets reichlich Moisturizer auf (ich schätze Clinique) und lasse ihn eine Minute einziehen. Man kann ihn abwaschen oder drauflassen und die Rasiercreme darüber auftragen – am besten mit einem Rasierpinsel, da er durch das Anheben der Barthaare den Bart weicher macht –, was nach meiner Erfahrung die Rasur erleichtert. Durch dieses Vorgehen verdunstet das Wasser weniger schnell, und die Reibung zwischen Haut und der Klinge wird gemildert. Vor der Rasur ist das Rasiermesser stets mit heißem Wasser anzufeuchten, und rasiert wird immer mit dem Strich, unter sanftem Druck auf die Haut. Mit Koteletten und Kinn wartet man bis zuletzt, denn dort sind die Barthaare kräftiger und brauchen längere Einweichzeit. Vorher spült man das Rasiermesser gründlich und schüttelt Restwasser ab. Danach reichlich kaltes Wasser ins Gesicht, um alle Rasierschaumreste zu entfernen. Die After-Shave-Lotion sollte stets wenig oder gar keinen Alkohol enthalten. Eau de Cologne sollte nie fürs Gesicht verwendet werden, da der hohe Alkoholanteil die Gesichtshaut austrocknet und sie älter aussehen lässt. Dann trägt man mit einem befeuchteten Wattebausch alkoholfreien, antibakteriellen Toner auf, um die Haut zu normalisieren. Zuletzt kommt die Feuchtigkeitscreme. Ehe man eine beruhigende Lotion aufträgt, die Feuchtigkeit bindet und die Haut geschmeidig macht, sollte man das Gesicht noch mal mit klarem Wasser reinigen. Anschließend noch Gel Appaisant, auch von Pour Hommes, eine hervorragende, milde Hautlotion. Sollte das Gesicht trocken sein und schuppen, wodurch es alt und grau aussieht, verwendet man eine Klärungslotion, die verbrauchte Hautschichten abträgt und das Hautbild frischer wirken lässt (außerdem wird dadurch die Sonnenbräune verstärkt). Dann trägt man ein Anti-Age-Augengel (Baume Des Yeux) auf, anschließend eine letzte Feuchtigkeitscreme mit Schutzfaktor gegen Umwelteinflüsse. Nachdem ich mein Haar trockengerubbelt habe, benutze ich eine Lotion, die die Kopfhaut strafft. Außerdem föhne ich das Haar etwas, um ihm Halt und Fülle zu geben (ohne zu verkleben), trage dann noch mehr Lotion auf, bringe es mit einer Kent-Naturborsten-Bürste in Form und kämme es schließlich mit einem groben Kamm zurück. Ich ziehe den Fair-Isle-Sweater wieder an, schlüpfe erneut in die gepunkteten Seidenslipper, eile ins Wohnzimmer und lege die neue Talking Heads in den CD-Player, aber sie beginnt zu springen, also nehme ich sie wieder raus und lege den Laserlinsen-Reiniger ein. Die Laserlinse ist hoch empfindlich und anfällig gegen Staub, Schmutz, Rauch, Verunreinigungen oder Feuchtigkeit, und wenn sie verschmutzt ist, wird die CD nicht richtig abgetastet, was zu Fehlstarts, unhörbaren Zwischenstellen, Sprüngen, Leiern und allgemeiner Verzerrung führen kann; der Linsenreiniger hat ein Reinigungsbürstchen, das sich automatisch auf die Linse ausrichtet, wenn sich die Disk dreht, um Schlieren und Staubteilchen zu entfernen. Als ich die Talking-Heads-CD wieder einlege, läuft sie einwandfrei. Ich greife mir die USA Today,